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Document 52020IR5137
Opinion of the European Committee of the Regions — Safe and sustainable chemicals for a toxic-free environment in Europe's cities and regions
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Sichere und nachhaltige Chemikalien für eine schadstofffreie Umwelt in den europäischen Städten und Regionen
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Sichere und nachhaltige Chemikalien für eine schadstofffreie Umwelt in den europäischen Städten und Regionen
COR 2020/05137
OJ C 300, 27.7.2021, p. 29–35
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
27.7.2021 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 300/29 |
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Sichere und nachhaltige Chemikalien für eine schadstofffreie Umwelt in den europäischen Städten und Regionen
(2021/C 300/07)
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POLITISCHE EMPFEHLUNGEN
DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bedeutung der Chemikalienstrategie
1. |
begrüßt und unterstützt die Maßnahmen zur Umsetzung der Chemikalienstrategie, da Chemikalien nunmehr nahezu den gesamten Markt für die Herstellung von Produkten dominieren und eine grundlegende Bedeutung für das tägliche Leben haben; betont, dass diese Maßnahmen besonders wichtig für die menschliche Gesundheit sowie den Schutz der Umwelt und der Wirtschaft sind, wozu auch die Entwicklung sicherer und nachhaltiger Chemikalien gehört; |
2. |
sieht den Mehrwert der Strategie in Bezug auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemiebranche, die Nutzung der Schlüsselrolle von Chemikalien für die Verwirklichung der Klimaneutralität, die Umsetzung der Ziele des Übereinkommens von Paris, die Realisierung der ehrgeizigen Vorgaben in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft, die Unterstützung des Aufbauplans und der Energiewende sowie die Einbeziehung verschiedener Aspekte des Chemikalienmanagements, etwa Sicherheit, Energieeffizienz, Umweltauswirkungen, Wissenschaft und Innovation; |
3. |
weist darauf hin, dass die COVID-19-Krise die Anfälligkeit unserer Gesellschaften gegenüber Bedrohungen verdeutlicht und uns vor Augen geführt hat, dass ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Schocks gestärkt werden muss; bekräftigt die zentrale Rolle des neuen europäischen Aufbauinstruments zur Unterstützung der EU, das zugleich den Weg für einen grüneren und gerechten Wandel und eine nachhaltige Zukunft bereiten soll; |
4. |
stuft Technologiesouveränität und ein resilientes und nachhaltiges europäisches Wertschöpfungsnetz sowie geschlossene europäische Wertschöpfungsketten als essentiell ein, insbesondere für die Umsetzung des Grünen Deals und der Energiewende; gibt zu bedenken, dass im Interesse nachhaltiger Lösungen eine Verlagerung der Herstellung oder Verwendung von in der EU regulierten Stoffen in Drittstaaten vermieden werden sollte, in denen keine vergleichbar hohen Arbeitsschutz- und Umweltschutzstandards gewährleistet sind — nur attraktive und stabile Rahmenbedingungen können Wertschöpfungsstufen und Produktionen in den europäischen Regionen halten oder zurückholen und Wertschöpfungsketten schließen; |
5. |
fordert, die Bedeutung des Regierens auf mehreren Ebenen als Instrument für eine wirksame Verknüpfung der Ziele und Vorgaben der Chemikalienstrategie mit einem grünen Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft anzuerkennen; betont, dass das breite Spektrum an Themen, auf die sich die Bestimmungen der Chemikalienstrategie beziehen, die Integration neuer und bestehender Pläne in der Chemiebranche sowie die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen ermöglicht, die den Bedürfnissen des lokalen Marktes angemessen Rechnung tragen und die nationalen Bemühungen im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip ergänzen können; |
6. |
betont, dass die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne eine Chance zur Ausschöpfung des Potenzials des Regierens auf mehreren Ebenen bieten — auch bei der Umsetzung der Chemikalienstrategie. Die einschlägigen Maßnahmen müssen durch einen geeigneten Regelungsrahmen und entsprechende Ressourcen flankiert werden, während die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in vollem Umfang in die Ausarbeitung und Umsetzung der Pläne einbezogen werden und unmittelbaren Zugang zu EU-Mitteln erhalten sollten; |
7. |
weist auf eine Reihe von rechtlichen, finanziellen und technischen Hindernissen hin, denen sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Umgang mit Chemikalien gegenübersehen. Ein kohärenter, berechenbarer und vereinfachter Rechtsrahmen wird einen einheitlichen Ansatz bei der Bewertung der Chemikalien und beim Chemikalienmanagement in allen EU-Staaten begünstigen. Diese Maßnahmen werden das Entstehen neuer rechtlicher Unterschiede zwischen der EU und anderen Regionen einschränken. Beihilfen sowie technische Unterstützung ermöglichen es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften darüber hinaus, Investitionen im Zusammenhang mit der Entwicklung, Vermarktung, Verbreitung und Verwendung von sicheren und nachhaltigen Stoffen, Werkstoffen und Produkten zu fördern; |
8. |
begrüßt, dass die Europäische Kommission die Möglichkeit erhält, wissenschaftliche Forschung und Innovation zu unterstützen, unter anderem etwa die Entwicklung auf dem Gebiet der fortgeschrittenen Werkstoffe für Anwendungen in den Sektoren Energie, Bauwesen, Mobilität, Gesundheit, Landwirtschaft und Elektronik zur Verwirklichung der grünen Wende, Forschung, Entwicklung und Einsatz von CO2-armen und umweltschonenden Herstellungsverfahren für Chemikalien und Werkstoffe, innovativer Geschäftsmodelle, etwa auf der Grundlage einer effizienteren Verwendung von Chemikalien und anderen Ressourcen sowie der Minimierung von Abfällen und Emissionen (1); |
Kohärenz der Chemikalienstrategie mit den in anderen EU-Dokumenten angesprochenen Themen
9. |
begrüßt, dass die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit aufgrund zahlreicher Lösungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt eng mit den Zielen des Grünen Deals verknüpft ist. Die Einführung umfassender Vorschriften für die chemische Industrie kann zu ihrer transparenten Anwendung und effizienten Umsetzung beitragen. Die Einführung neuer Auflagen und Beschränkungen für die Verwendung von Chemikalien in Verbraucherprodukten, etwa Detergenzien, Kosmetika und Lebensmittelkontaktmaterial, wird sich positiv auf die Umwelt und die Gesundheit der Verbraucher auswirken. Ob die geplanten Änderungen für die Chemiebranche nachhaltig und wirksam sein werden, wird in hohem Maße davon abhängen, ob sie mit den bereits jetzt geltenden Regelungen sowie dem für ihre Umsetzung vorgesehenen zeitlichen und finanziellen Rahmen vereinbar sind; |
10. |
fordert die Konzipierung einer klaren und schlüssigen Strategie, die auf lokaler und regionaler wie auch globaler Ebene Instrumente und Mittel zur Förderung der Kreislaufwirtschaft bereitstellt, von der Entwicklung von Lösungen über die Nachhaltigkeit in Sachen Herstellung, Vertrieb und Verwendung bis hin zum Recycling sowie zur Rückgewinnung und Entsorgung von Chemikalien bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bürger; fordert zu diesem Zweck größere rechtliche Klarheit bezüglich der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht („CPW Interface“), damit das Kreislaufprinzip in allen Mitgliedstaaten eingeführt werden kann; |
Besondere Rolle der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften
11. |
erklärt, dass die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften sehr daran interessiert und bereit sind, Maßnahmen zu ergreifen, die einer sichereren Produktion und nachhaltigen Verwendung von Chemikalien dienen. Diese Maßnahmen müssen durch einen geeigneten Regelungsrahmen und entsprechende Ressourcen flankiert werden, und zugleich müssen die Gebietskörperschaften uneingeschränkten Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und die Garantie auf die Bereitstellung von finanziellen Mitteln erhalten. Darüber hinaus könnten die Gebietskörperschaften nützliche Rückmeldungen über Schwierigkeiten und Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften erhalten; |
12. |
betont in Anbetracht der engen Beziehungen zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihren Bewohnern sowie der unmittelbaren Kenntnis der Besonderheiten der einzelnen Regionen, dass zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit Kampagnen über die Bestimmungen und Ziele der Chemikalienstrategie entwickelt und durchgeführt werden könnten. Dank der direkten Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und den in ihrer Region tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern lassen sich die Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung neuer Bestimmungen aus praktischer Sicht ermitteln. Es ist wichtig, dass sowohl lokale Behörden, die für die direkte Umsetzung der Rechtsvorschriften zuständig sind, als auch Durchsetzungsbehörden über die geeigneten Rechtsinstrumente verfügen, um die Einhaltung der Vorschriften überwachen und kontrollieren zu können; |
13. |
ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Chemikalienstrategie leisten können; betont, dass es wichtig ist, die regionalen Behörden an der Durchführung einer Informationskampagne zur Sensibilisierung (z. B. von KMU und Einwohnern/Bürgern) zu beteiligen, da sie die vor Ort herrschenden Besonderheiten kennen, und einzelne Branchen durch Anreize zu motivieren, schädliche Chemikalien durch Alternativen zu ersetzen und durch eine entsprechende Gestaltung sichere und nachhaltige Chemikalien und Materialien herzustellen; |
14. |
hält es für wichtig, dass die lokale und regionale Ebene bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sichere Chemikalien in Produkten und Waren fordert, und dadurch dazu beiträgt, dass unerwünschte Produkte und Waren schrittweise verschwinden; |
15. |
betont die besondere Bedeutung von Innovationen und Investitionsfähigkeit von KMU für sichere und nachhaltige Stoffherstellung und -verwendungen, deren Potentiale sich gut durch Unterstützung und Dialog auf lokaler und regionaler Ebene erschließen lassen. Gerade KMU bieten für innovative Spezial- und Nischenprodukte spezifische Chemikalien und deren bedarfsgerechte Anpassung an. Da sie eher geringe Mengen und hohe Varietät von Chemikalien benötigen, sind sie eher vom Problem betroffen, dass die etablierten Verfahren pro Stoff sehr kosten- und zeitaufwändig sind und sie auf Informationen oder die Kooperation von Vorregistranten, Zulassungsinhabern, Lieferanten und Kunden angewiesen sind. Hier kann eine interregionale Unterstützung sehr hilfreich sein; |
16. |
fordert, dass Vorgaben für lokale Behörden und KMU verständlich, transparent und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand umsetzbar und vollziehbar sein müssen; erinnert in diesem Kontext daran, dass nach wie vor viele wichtige Informationen nur auf Englisch verfügbar sind und diese Sprachbarriere ein Problem darstellt; |
Umsetzung der Strategie
17. |
ist der Ansicht, dass die Bemühungen nach einem Bottom-up-Ansatz festgelegt und im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gerecht auf alle EU-Gebiete verteilt werden müssen, damit die Chemikalienstrategie erfolgreich umgesetzt werden kann, und dass zugleich unter Berücksichtigung der Kosten und des Nutzens die erforderliche Flexibilität gesichert werden sollte; |
18. |
betont, dass ein Plan für die Umsetzung der Chemikalienstrategie erstellt werden muss, mit dem das Sicherheitsgefühl der verpflichteten Parteien erhöht und die mit ihrer Einführung einhergehenden Risiken minimiert werden und der eine ständige Überwachung der Fortschritte sowie eine wirksame Reaktion auf Bedrohungen ermöglicht; |
19. |
gibt gleichzeitig zu bedenken, dass die für bestimmte Verwendungen benötigte Funktionalität und Reaktivität bestimmter chemischer Stoffe oft untrennbar mit ihren gefährlichen Eigenschaften verbunden ist. Es sind daher auch Verfahren und Technologien einzubeziehen und zu fördern, die eine gefahrlose Verwendung des gefährlichen Stoffes während seines gesamten Lebenszyklus ermöglichen, wobei seine ordnungsgemäße Entsorgung als Abfall nach Ablauf seiner Lebensdauer zu gewährleisten ist. Spezifische inakzeptable Risiken sind zu identifizieren und auszuschließen. |
20. |
weist darauf hin, dass die Umsetzung der Strategie flexible und innovative Lösungen sowie neue Geschäftsmodelle erfordern wird, die es gestatten, innovative Technologien einzuführen und bekannt zu machen. Diese Maßnahmen werden zur Erholung der Wirtschaft, zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU sowie zur Anwendung von Lösungen führen, die der Verbesserung der menschlichen Gesundheit und des Zustands der Umwelt dienen. Erreicht werden soll dies durch
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21. |
empfiehlt, bei der Erstellung nationaler Pläne für die Strategie und zur Stärkung der Resilienz die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu konsultieren; ruft die Europäische Kommission auf, die mithilfe des AdR-Netzwerks regionaler Hubs gewonnenen Erfahrungen zu nutzen; |
22. |
ermuntert die Kommission und die in die Chemikalienregulierung eingebundenen Behörden (ECHA, Behörden der Mitgliedstaaten) sowie Expertengremien (z. B. RAC), im Interesse praxisgerechter und nachhaltiger Lösungen mehr Verfahrenstransparenz und fachlich-wissenschaftlichen Austausch mit den betroffenen Unternehmen und Regionen zu ermöglichen; fordert zudem die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Änderungen an den europäischen Rechtsvorschriften, die sich aus dieser Strategie ergeben, stets im Einklang mit der Agenda der Kommission für bessere Rechtsetzung stehen, weshalb sie immer Gegenstand einer entsprechenden Folgenabschätzung sein müssen. Das ist insbesondere bei Folgenabschätzungen sowie bei der Ermittlung und Festlegung der „wesentlichen gesellschaftlichen Verwendungszwecke“ erforderlich, welche nicht dazu führen dürfen, sichere Verwendungen von Stoffen ohne angemessene Rechtfertigung auszuschließen; bittet zu prüfen, ob jeder Entscheidung, ob ein Stoff auf die Kandidatenliste (für eine Zulassungspflicht) gesetzt werden soll, eine Risiko-Management-Options-Analyse vorgeschaltet werden sollte; |
23. |
sieht in Bezug auf die Umsetzung der Chemikalienstrategie großes Potenzial in der Landwirtschaft, der Textilindustrie sowie der Elektronikindustrie und der Baubranche. Diese Branchen sind wichtige Akteure des gesamten Verfahrens, da sie sich durch eine breite Anwendung von Chemikalien auszeichnen und die Entwicklung nachhaltiger und sicherer Chemikalien deshalb beeinflussen; |
24. |
betont, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Abnehmer von Chemikalien (darunter auch Pflanzenschutz- und Düngemittel) ist, die direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und den Zustand der Umwelt haben. Im Rahmen des europäischen Grünen Deals besteht die Verpflichtung zum Ausbau der Erzeugung biologischer Lebensmittel, was infolge die Anwendung von Chemikalien in der Landwirtschaft verringern wird; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, nach innovativen Lösungen zu suchen, was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit bietet, Chemikalien aus biobasierten Rohstoffen zu entwickeln; |
Unterstützung durch ordnungspolitische Instrumente
25. |
verweist erneut auf die Untersuchung der Europäischen Umweltagentur, der zufolge die unzureichende Umsetzung der EU-Umweltvorschriften in den meisten Fällen auf eine mangelhafte Koordinierung zwischen den lokalen, regionalen und nationalen Behörden zurückzuführen ist. Dies hängt mit dem Fehlen von Verwaltungskapazitäten und einer unzureichenden Finanzausstattung, Mangel an Wissen, Daten und Mechanismen zur Compliance-Sicherung sowie mangelnder Integration der Politikbereiche zusammen; betont deshalb, dass die Defizite bei der bestehenden Strategie und den geltenden Rechtsvorschriften beseitigt werden müssen, dass die Kohärenz der Maßnahmen und die Nachhaltigkeit der rechtlichen Regelungen sichergestellt sein müssen und dass Mittel für die Anpassung der Unternehmer an die neuen Vorschriften und die Schulung von Verwaltungsmitarbeitern bereitgestellt werden müssen; |
26. |
weist darauf hin, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften durch die vorgenommenen Änderungen wirksame rechtliche Mittel erhalten sollten, die ihnen die Möglichkeit geben, ihre Gebiete und deren Bewohner sowohl vor Gefahren im Zusammenhang mit der Verwendung von Chemikalien als auch vor Gefahren im Zusammenhang mit der Behandlung gefährlicher Chemikalien während der Umstellung der Chemieindustrie zu schützen; |
27. |
ist der Auffassung, dass eine Überarbeitung und Stärkung der REACH- und der CLP-Verordnung wie auch ihrer Schnittstelle mit den Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (Arbeitsschutz) sowie eine Vereinfachung der Verfahren erforderlich sind; hält es für sinnvoll, dass die Europäische Kommission vor der Einführung neuer Rechtsvorschriften die Meinung der für die Umsetzung der REACH-Verordnung und der Arbeitsschutzvorschriften zuständigen nationalen Organe einholt. Die neuen Vorschriften sollten das geltende Recht ergänzen und seine Effizienz bei der Anwendung und Durchsetzung mithilfe festgelegter und gut funktionierender Verfahren stärken; |
28. |
stellt fest, dass die Vorschriften betreffend die Anforderungen der REACH-Verordnung für in Verkehr gebrachte recycelte Stoffe in Bezug auf die sichere Anwendung gestärkt werden müssen; |
29. |
betont, dass es notwendig ist, die öffentlichen Maßnahmen mithilfe eines einzigen Instruments zu koordinieren. Dies wird den Zugang zu stets aktuellen Informationen über die geplanten und laufenden chemikalienbezogenen Initiativen der Behörden in allen Rechtsbereichen gewährleisten; |
Stärkung der Kontrolle und der Durchsetzung der Vorschriften
30. |
ist der Auffassung, dass Europa eine starke und koordinierte Strategie für die Durchsetzung der Vorschriften insbesondere beim Import benötigt, darunter auch im Rahmen des Online-Handels, wo die meisten Verstöße gegen die Vorschriften für Stoffe in Erzeugnissen auftreten; |
31. |
weist darauf hin, dass Änderungen von Rechtsvorschriften Gegenstand von Überwachung und Berichterstattung sein müssen. So sollte reagiert, kontrolliert und ihre Einhaltung durchgesetzt werden, und es sollten Abhilfemaßnahmen ergriffen werden; |
32. |
unterstreicht, dass Kontrollen und die Einhaltung der geltenden Vorschriften gestärkt werden müssen. Kohärente und vereinfachte rechtliche Regelungen für den gesamten EU-Markt dienen einer einheitlichen und abgestimmten Strategie für ihre Kontrolle und Durchsetzung; |
33. |
weist darauf hin, dass die im Rahmen des Systems vorgesehenen Genehmigungsverfahren für Erzeuger aus Drittländern in gleichem Maße gelten sollten wie für europäische Erzeuger. Deshalb sollte der Schwerpunkt der Strategie auf der Schaffung gleicher Bedingungen für alle Beteiligten liegen. Dadurch lässt sich ein System schaffen, in dem alle Unternehmerinnen und Unternehmer sowohl aus den Mitgliedstaaten als auch aus Drittländern vor dem Gesetz gleich sind, wodurch wiederum die Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der europäischen Unternehmen sichergestellt wird; |
Innovation und Wettbewerbsfähigkeit
34. |
unterstreicht, dass die chemische Industrie zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 ihre Herstellungsverfahren umstellen muss. Die Energiewende in der Industrie wird in vielen Fällen mit einer radikalen Modernisierung der vorhandenen Anlagen oder ihrem gänzlichen Austausch verbunden sein, was zu Problemen führen kann, wenn zugleich Innovationen für sichere und nachhaltige Chemikalien vorgenommen werden. Die Herausforderungen in Bezug auf die Klimaneutralität und innovative Lösungen können jedoch zur Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beitragen; |
35. |
stellt fest, dass die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen, insbesondere der KMU, in Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums geschützt werden muss. Bei den geplanten Maßnahmen ist darauf zu achten, dass die zuständigen Organe einheitliche Regeln und Rahmen schaffen, etwa durch verlässliche rechtliche Bedingungen und den Schutz vertraulicher geschäftlicher Informationen, die sich in ihrem Besitz befinden; |
36. |
empfiehlt, bei Änderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Chemikalienstrategie auch die Zeit zu berücksichtigen, die für die Anpassung/Umrüstung von Anlagen und die Behandlung gefährlicher chemischer Stoffe, die vom EU-Markt genommen werden, nötig ist. Die ergriffenen Maßnahmen können auch Auswirkungen auf die nachgeschalteten Anwender der Chemikalien und ihre Geschäftsmodelle haben. In diesem Zusammenhang ist bei der Einführung europäischer Rechtsvorschriften der Standpunkt der gesamten Industrie zur Möglichkeit von Alternativen bei der Ersetzung der vom Markt genommenen Rohstoffe bzw. Produkte zu berücksichtigen. Bei der Bewertung der Auswirkungen sind zudem die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie die Gesellschaft einzubeziehen; |
37. |
hält eine bessere zeitliche Abstimmung von chemikalienrechtlichen Stoffzulassungen auf die Investitions- und Innovationszyklen insbesondere für komplexe Produkte sowie auf die Verfahrensdauer erforderlicher Produkt- und Materialzulassungen und Anlagengenehmigungen für erforderlich; |
38. |
unterstreicht die Bedeutung der Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Vorhandensein gefährlicher Chemikalien in der Umwelt zu erweitern, einschließlich zu Lande und in der Luft, im Trinkwasser, in der Flora und Fauna und in Lebensmitteln, sowie über ihre Quellen und ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit; begrüßt daher, dass die Strategie das Verursacherprinzip stärken will; |
Stofffluss
39. |
betont, dass die Bemühungen der verschiedenen Branchen und Unternehmen zur Ersetzung potenziell gefährlicher Stoffe durch Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung, Investitionen in nachhaltige Chemikalien und technische Innovation unterstützt werden müssen; |
40. |
betont, dass neue Normen und Zertifizierungen für nachhaltige Chemikalien verbreitet und eingeführt werden müssen. Die Anwendung von Umweltkriterien durch die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften würde die Motivation zur Anwendung und die Bekanntheit nachhaltiger Erzeugnisse fördern; |
41. |
unterstützt die Umsetzung des Konzepts der Nachhaltigkeit bereits in der Phase der Entwicklung von Chemikalien. Nachhaltige Stoffe müssen sich dadurch auszeichnen, dass die aus ihnen hergestellten Erzeugnisse vollständig recycelt und damit zu einem sicheren Rohstoff für die weitere Produktion werden können. Der Prozess der Herstellung ist direkt und untrennbar mit dem Prozess der Produktgestaltung und -entwicklung verbunden. Wenn der Lebenszyklus eines Produkts bereits bei seiner Konzipierung berücksichtigt wird, wird die nachhaltige Produktion zur Schaffung nachhaltiger Produkte beitragen und dadurch die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verringern oder gar beseitigen. Ziel ist die Schaffung einer CO2-armen, energieeffizienten, in Bezug auf die Produktion und Anwendung sicheren und wettbewerbsfähigen chemischen Industrie mit zu bewältigenden Herausforderungen; |
42. |
betont, dass die Umsetzung der Chemikalienstrategie in hohem Maße von der Verwirklichung der Ziele in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft abhängt. Das chemische Recycling ist eine Chance für die chemische Industrie, da es die Umweltauswirkungen verringert und zur Entdeckung innovativer Lösungen beiträgt, die die Verwendung von Rezyklaten in Erzeugnissen sowie die Erzeugung qualitativ hochwertiger recycelbarer Materialien ermöglichen; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass für diesen Bereich ein besonderes Fördersystem geschaffen werden muss, das die Verwendung von Rezyklaten vorantreibt; |
43. |
betont die Bedeutung von Fragen im Zusammenhang mit der erforderlichen Behandlung von Abfällen, die entstehen, wenn ein Teil der Stoffe/Erzeugnisse in der EU vom Markt genommen wird. Dabei spielen nicht nur finanzielle Fragen, sondern auch die Umweltkosten eine Rolle. Die EU sollte diesbezüglich sowohl die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften als auch die Unternehmen bei der Umrüstung/Modernisierung der Anlagen sowie bei Investitionen in nachhaltige Innovationen zur Reinigung von Abfallströmen, zum Ausbau des Recyclings und zur Reduzierung der Entsorgung von Abfällen unterstützen, darunter vor allem von Kunststoff- und Textilabfällen; |
Bewertung von Chemikalien und Zugang zu entsprechenden Informationen
44. |
unterstreicht die Bedeutung der interregionalen Zusammenarbeit bei der Entwicklung einer kohärenten Politik zur Förderung sicherer Chemikalien, der Maßnahmen zu ihrer sichereren Verwendung sowie der Förderung der Kreislaufwirtschaft; |
45. |
betont die Bedeutung der Produktsicherheit, insbesondere im Hinblick darauf, dass möglichst keine potenziell gefährlichen Stoffe in Produkten verwendet werden und dass der Zugang zu Informationen über die chemischen Inhaltsstoffe während des gesamten Produktlebenszyklus erleichtert wird; |
46. |
weist in diesem Zusammenhang auf das Recht auf Information hin, das wichtig ist, damit die Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können; verweist darauf, dass diese Maßnahmen durch die Einführung effizienter Informationspflichten umgesetzt werden können bzw. durch die Möglichkeit, die Präsenz gefährlicher Stoffe ab dem Moment der Herstellung eines Erzeugnisses zu verfolgen, etwa auf der Grundlage der SCIP-Datenbank der ECHA und der Einführung von Produktpässen; |
47. |
unterstreicht, dass eine vollständig vernetzte und interdisziplinäre EU-Datenbank für Chemikaliensicherheit eingerichtet werden muss, die von der Europäischen Chemikalienagentur erstellt wird. Diese Maßnahmen werden die Festlegung eines einheitlichen und transparenten Konzepts für Chemikalien sowie für die entsprechende Risikobewertung gewährleisten. Darüber hinaus wird damit sichergestellt, dass genaue und eindeutige Definitionen und Kriterien vorliegen, die einem guten Verständnis der Verwendung von Chemikalien und der potenziellen Exposition förderlich sind und auf fundierten und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. |
48. |
Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit eines Erzeugnisses müssen der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt und das höchstmögliche Kreislaufniveau zugrunde gelegt werden, wozu etwa die Effizienz des Rohstoffs, der Verbrauch an Energie, Wasser und Fläche sowie die Senkung der Treibhausgas- und anderer Schadstoffemissionen gehören. Zusätzlich müssen die Methoden für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Erzeugnissen angewandt werden, mit deren Erarbeitung die europäischen Chemieunternehmen bereits begonnen haben; hebt hervor, dass diese Bewertung auch eine wesentliche Informationsquelle für Entscheidungen über die Substitution von Stoffen sein kann; |
Bioökonomie
49. |
weist auf die Bedeutung der Zusammenarbeit von Industrie und Landwirtschaft hin. Die Landwirtschaft ist eine wichtige Informationsquelle bei der Herstellung und Verwendung biologischer Stoffe, wobei das Potenzial von Biomasse als Rohstoff für die Chemikalienherstellung besondere Aufmerksamkeit verdient. Zugleich ist eine erhebliche Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden, Insektiziden und weiteren in der Landwirtschaft genutzten Chemikalien im Einklang mit den Zielen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ entscheidend für die Bewahrung der biologischen Vielfalt und die Eindämmung der Umweltschäden; |
50. |
unterstreicht die Bedeutung des Wasserstoffs für die Steigerung der Energieeffizienz und die Entwicklung von Innovationen. Wasserstofftechnologien sind ein Schwerpunkt bei der Umsetzung des europäischen Grünen Deals sowie ein wesentliches Element für die Umstellung der chemischen Industrie, und ihre Einführung erfordert die Erarbeitung kohärenter und vereinfachter Rechtsvorschriften sowie finanzielle Unterstützung; |
51. |
weiß um das Potenzial von Wasserstoff, der zu einem Schlüsselelement der Umstellung der Chemiebranche werden kann, die zu den energieintensiveren Industrien gehört; betont jedoch, dass die Ausschöpfung seines Potenzials finanzielle Unterstützung erfordert; |
Vermittlung von Kompetenzen
52. |
betont, dass ein wichtiger Bereich bei der Umsetzung der Chemikalienstrategie das Humankapital ist; weist darauf hin, dass personelle Kontinuität bei der Digitalisierung und der Ökowende sowie der Umgestaltung und Umstellung in diesem Bereich gewährleistet sein muss. Wichtig ist auch, dass ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die Arbeitnehmer für den Umgang mit Chemikalien angemessen zu schulen. Die Weiterbildung und Umschulung der Arbeitnehmer ist von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit; |
53. |
begrüßt, dass die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitnehmern, die mit der Herstellung und Verwendung von Chemikalien befasst sind, mit EU-Mitteln unterstützt werden kann (2). Diese Maßnahmen ermöglichen neue wirtschaftliche Chancen, fördern zugleich die soziale Gerechtigkeit und Resilienz, vor allem in Regionen, die sich in einer besonders schwierigen Situation befinden, und treiben die Ökowende voran; |
54. |
weist darauf hin, dass eine sachgerechte Bewertung von Risiken, die Priorisierung von Maßnahmen, die Suche nach sicheren und nachhaltigen Stoffen und Materialien und die Diskussion jeweiliger Vor- und Nachteile sehr komplexes Wissen, spezialisierte Expertise und hohen Zeitaufwand bei Unternehmen und Behörden erfordert und hier ein kontinuierlicher Bedarf nach Information, Beratung und Weiterbildung besteht. |
Finanzielle Unterstützung
55. |
fordert die Schaffung eines finanziellen Rahmens, der gleiche Bedingungen für die Umstellung der Branche auf sichere und nachhaltige Chemikalien und Materialien sicherstellt und zu Verhaltensänderungen anregt, zugleich jedoch die Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen und internationalen Markt gewährleistet. Mit diesen Maßnahmen soll eine nachhaltige Umstellung ermöglicht werden, die dem sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt förderlich ist; |
56. |
fordert angesichts der Krise nach der COVID-19-Pandemie, die spürbare Auswirkungen auf die Finanzen und das Funktionieren der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hat, dass die Europäische Union direkten Zugang zur Finanzierung von Projekten für nachhaltige Chemikalien gewährt. Darüber hinaus muss die EU den Regionen im Wandel zusätzliche Unterstützung gewähren; |
57. |
unterstreicht, dass rechtliche und finanzielle Instrumente bereitgestellt werden müssen, die die Bekanntmachung und Unterstützung innovativer Lösungen für die Entwicklung einer neuen Generation von Chemikalien auf lokaler und regionaler Ebene sowie die ökologische Umstellung der chemischen Industrie ermöglichen; |
58. |
unterstützt die Einrichtung eines Fonds für das EU-weite Human- und Umwelt-(Bio-)Monitoring im Rahmen von Horizont Europa. |
Brüssel, den 7. Mai 2021
Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen
Apostolos TZITZIKOSTAS
(1) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit — Für eine schadstofffreie Umwelt.
(2) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit — Für eine schadstofffreie Umwelt.