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Document 52018AR0925

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Mitteilung „Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“

COR 2018/00925

OJ C 461, 21.12.2018, p. 30–36 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.12.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 461/30


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Mitteilung „Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“

(2018/C 461/05)

Berichterstatter:

André VAN DE NADORT (NL/SPE), Bürgermeister von Weststellingwerf

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft

COM(2018) 28 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

A.   Allgemeine Bemerkungen

Der Ausschuss der Regionen:

1.

begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission über eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, befürwortet die darin ermittelten Herausforderungen und zentralen Maßnahmen und betont, dass die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft und die Bewältigung der gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen und praktischen Fragen in Verbindung mit der Kunststoffproblematik zielstrebig angegangen werden müssen. In diesem Zusammenhang nimmt er den Legislativvorschlag der Europäischen Kommission zur Kenntnis, mit dem die zehn Einwegprodukte aus Kunststoff, die in Europa am häufigsten an den Stränden und in den Meeren gefunden werden und die zusammen mit Fischfanggeräten, die im Meer verloren gegangen sind oder zurückgelassen wurden, 70 % aller Abfälle im Meer ausmachen, ins Visier genommen werden;

2.

räumt ein, dass Kunststoffe als äußerst langlebige, hygienische und kostengünstige Werkstoffe eine Reihe Vorteile aufweisen, ist jedoch tief besorgt angesichts der derzeit niedrigen Kunststoffsammel- und -recyclingraten und vertritt die Meinung, dass die gegenwärtigen Problemlösungskonzepte zu stark auf nachsorgende bzw. End-of-Pipe-Lösungen (Sammlung, Trennung, Behandlung) ausgerichtet sind;

3.

hebt die wichtige Rolle und die Motivation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft hervor. Die Zuständigkeiten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich Abfallwirtschaft und Umweltschutz umfassen u. a. Vermeidung, Sammlung, Transport, Verwertung (darunter Sortierung, Wiederverwendung und Recycling) und Entsorgung von Abfällen, die Beseitigung der Vermüllung von Straßen, Küsten, Seen und Meeren zur Unterstützung von Fischerei und Fremdenverkehr sowie die Sensibilisierung der Bürger für die Abfallfrage, die Vermüllungsgefahr und Recyclingmöglichkeiten;

4.

befasst sich insbesondere mit dem Zukunftsentwurf kreislauffähiger Kunststoffe aus lokaler und regionaler Sicht, was weniger und bessere Kunststoffe, bessere Sammlung, besseres Recycling und bessere Märkte bedeutet;

5.

erachtet eine bessere und materialorientierte Zusammenarbeit zwischen allen Interessenträgern entlang der Kunststoffwertschöpfungskette als entscheidende Voraussetzung für wirksame Lösungen. Die Maßnahmen müssen auf alle Glieder der Wertschöpfungskette ausgerichtet sein, einschließlich Produktgestaltung, Herstellung von Kunststoffen, Beschaffung, Verbrauch, Sammlung und Recycling;

6.

betont den Beitrag von Innovation und Investitionen in kreislauforientierte Lösungen zur Förderung des gesellschaftlichen Umdenkens und der Verhaltensänderungen, die mit der Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft einhergehen müssen, als einen wichtigen Schritt hin zur Verwirklichung der UN-Nachhaltigkeitsziele auf EU-, nationaler, regionaler und lokaler Ebene und fordert in diesem Sinn die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der Verhandlungen über den nächsten MFR alle Möglichkeiten für eine Aufstockung der EU-Mittel zur Finanzierung der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft auszuschöpfen;

B.   Weniger Kunststoffe

Vermeidung als oberste Priorität bei der Verringerung des Kunststoffabfallaufkommens

7.

macht geltend, dass die Vermeidung von Kunststoffabfall im Einklang mit der EU-Abfallhierarchie oberste Priorität haben sollte. Kunststoffe, die nicht zu Abfall werden, müssen auch nicht sortiert, behandelt oder verbrannt werden. Abfallvermeidung fängt bei der Verwendung von weniger Kunststoffen und bei der Produktgestaltung an;

8.

weist darauf hin, dass es viele Möglichkeiten gibt, die unnötige Verwendung von Kunststoff in Einwegartikeln sowie überflüssige Verpackungen zu vermeiden. Die grundlegenden Verpackungskriterien müssen erhärtet werden, um unnötige und überflüssige Verpackungen zu verhindern. Auch sollte regelmäßig überprüft werden, ob wichtige Produkte auf dem EU-Markt diese Kriterien erfüllen;

9.

fordert eine eingehendere Erforschung des Bezugs zwischen Verpackung und Lebensmittelhaltbarkeit auf der Grundlage der Ökobilanz sowie möglicher Lösungen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ohne die Verwendung (komplexer) Kunststoffverpackungen;

Vermeidung von Vermüllung und Plastiksuppe und Verringerung von Einwegartikeln

10.

hebt die große Plastikmüllproblematik hervor: Die Reinigung ist mit hohen Kosten für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verbunden, weshalb der Vermüllung an Land und auf See dringend entgegengewirkt werden muss;

11.

befürwortet die Rechtsetzungsinitiative der Europäischen Kommission für Einwegkunststoffe, in der Ziele für die Begrenzung des Einsatzes von Einwegkunststoffen festgelegt werden, die den überwiegenden Teil des Plastikmülls auf unseren Straßen ausmachen. Diesbezüglich betrachtet er den jüngsten Vorschlag zu den am häufigsten an den Stränden und in den Meeren gefundenen Einwegprodukten als einen wichtigen ersten Schritt, erwartet jedoch weitere ehrgeizige Maßnahmen zur Bekämpfung der — auch landseitigen — Vermüllung durch andere Einweg-Kunststoffprodukte;

12.

geht davon aus, dass im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung ehrgeizige Sammelziele für Einweg- und To-Go-Kunststoffanwendungen festgelegt werden, sodass die Hersteller beispielsweise für die Vermeidung von Müll durch Getränkeverpackungen Verantwortung übernehmen;

13.

betont die umfassende Verantwortung der Hersteller und Importeure für die negativen Auswirkungen ihrer Erzeugnisse als Abfälle, weshalb sie für die Kosten der Sammlung und Behandlung des durch ihre Erzeugnisse verursachten Mülls voll und ganz aufkommen müssen;

14.

verweist auf die zahlreichen Schwierigkeiten bestimmter Gemeinden und Regionen in der EU — Randregionen, Flussanrainergemeinden, Inseln, Küsten- und Hafengemeinden — bei der Bekämpfung von Müll im Meer und betont die zentrale Notwendigkeit, Interessenträger aus diesen Gemeinden in die Erarbeitung positiver und praktisch anwendbarer Lösungskonzepte einzubinden;

15.

unterstützt die Durchführung von Sensibilisierungskampagnen gegen Vermüllung und für Säuberungsmaßnahmen, befürwortet die Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an Initiativen wie „Let’s Clean Up Europe“ und der Europäischen Woche der Abfallvermeidung, ruft sie auf, sich weitere Initiativen auszudenken, und will die Möglichkeiten eines freiwilligen Engagements über das Europäische Solidaritätskorps ausloten;

16.

befürwortet in diesem Zusammenhang nachdrücklich den in dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen (COM(2018) 33 final) enthaltenen Grundsatz, dass die Gebühren für die Nutzung von Hafenauffangeinrichtungen verringert werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Schiff aufgrund seiner Bauart, seiner Ausrüstung und seines Betriebs geringere Abfallmengen erzeugt, und wenn es seine Abfälle nachhaltig und umweltverträglich bewirtschaftet;

Vermeidung von Mikroplastik

17.

betont, dass Mikroplastik sich zu einem flächendeckenden Problem auswächst und mittlerweile in nahezu jedem Teil eines jeden Ökosystems zu finden ist und auch in die menschliche Nahrungskette gelangt. Die Auswirkungen von Mikroplastik auf die tierische und menschliche Gesundheit und auf unsere Ökosysteme sind noch weitgehend unbekannt;

18.

plädiert für eine eingehendere Erforschung der wesentlichen Quellen und Transportwege von Mikroplastik, das bspw. durch Reifenabrieb, durch Textilien und durch Abfälle freigesetzt werden kann, sowie des Zusammenhangs zwischen Kunststoffrecycling und Mikroplastik und der Auswirkungen von Mikroplastik auf die tierische und menschliche Gesundheit und Ökosysteme. Deshalb betont er auch die Notwendigkeit der Entwicklung zuverlässiger und wirksamer Messtechniken und -verfahren und fordert die Europäische Kommission auf, entsprechende Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu fördern;

19.

fordert ein Verbot oxo-abbaubarer Kunststoffe und absichtlich zugesetzten Mikroplastiks in allen Produkten, wo sie vom gesundheitlichen Standpunkt aus entbehrlich sind, u. a. in Hautpflege- und Reinigungsmitteln. Der AdR fordert zudem Mindestanforderungen für den unabsichtlichen Austrag von Mikroplastik aus bspw. Autoreifen und Textilien und für Maßnahmen zur Verringerung der Verluste von Kunststoffgranulat;

C.   Bessere Kunststoffe

Bessere Gestaltung von Kunststoffen

20.

ist von der dringenden Notwendigkeit einer besseren Gestaltung von Kunststoffen überzeugt, die den künftigen Möglichkeiten für Getrenntsammlung, Sortierung und Recycling von Kunststoffen und Kunststofferzeugnissen Rechnung trägt, damit Kunststoffe eine nachhaltige Komponente der Kreislaufwirtschaft werden, und hebt den hohen Innovationsbedarf in diesem Bereich hervor;

21.

unterstreicht, dass es in einer Kreislaufwirtschaft grundsätzlich nicht vertretbar ist, nicht recyclingfähige Erzeugnisse oder Materialien auf den EU-Markt zu bringen. Deshalb sollten bis 2025 sämtliche auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachten Kunststoffe, Kunststofferzeugnisse und Kunststoffverpackungen mindestens kosteneffizient recycelt werden können. Dazu ist auch erforderlich, dass bis 2025 umweltschädliche und gefährliche Stoffe vollständig aus Kunststoffen und Kunststofferzeugnissen entfernt werden;

22.

betont, dass eine Kreislaufwirtschaft auch eine Wirtschaft ohne fossile Kunststoffe ist. Um die derzeitigen fossilbasierten Kunststoffe durch innovative, nachhaltige und umweltschonende Kunststoffe abzulösen, bedarf es zunächst einer starken Innovationsagenda und anschließend einer Förderung der flächendeckenden Einführung von Kunststoffen nicht-fossilen Ursprungs;

23.

hält es für notwendig, die Anzahl der verschiedenen, für die Kunststoffherstellung verfügbaren Polymere insbesondere bei Einwegprodukten auf zweckmäßige Polymere zu beschränken, die einfach getrennt, sortiert und recycelt werden können. Gegebenenfalls müssen für diese Anwendungen auf EU-Ebene Industriestandards entwickelt werden;

24.

spricht sich für eine eingehende Prüfung der Notwendigkeit einer Harmonisierung sowie einer eventuellen Begrenzung von Additiven aus, die Kunststoffen im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Materialeigenschaften zugesetzt werden, um Kunststoffrecycling und die Verwendung von Recyclaten weiter zu vereinfachen. Gegebenenfalls müssen dazu auf EU-Ebene Industriestandards für Additive in Kunststoffen entwickelt werden;

25.

ist ferner der Auffassung, dass auch Kunststoffprodukte, die keine Verpackungen sind, das Abfallaufkommen erhöhen können und daher so konzipiert sein müssen, dass dies vermieden wird. Ebenso müssen die Hersteller entsprechende Systeme für die Entsorgung dieser Produkte nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer einrichten;

26.

weist darauf hin, dass Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung erheblich zur Förderung von Ökodesign beitragen können, wenn die Beiträge in Abhängigkeit von der Kreislauffähigkeit des Produkts unter Berücksichtigung der Möglichkeiten für Wiederverwendung, Getrenntsammlung, Behandlung und Recycling sowie des Recyclat-Anteils gestaffelt werden. In Rechtsvorschriften über die erweiterte Herstellerverantwortung muss daher auch die Verantwortung für Ökodesign aufgenommen werden. Ferner sollte darin auch auf EU-Industriestandards für die Verwendung von Polymeren und Additiven in Einwegprodukten verwiesen werden;

27.

unterstreicht, dass in den kommenden Jahrzehnten Materialien entwickelt werden müssen, die nicht die schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen aller heutigen Kunststoffe aufweisen und Kunststoff vollständig ersetzen können. Er fordert daher Forschungsanstrengungen und Instrumente zur Förderung einer kunststofffreien Zukunft mit modernen neuen Materialien;

Biologisch abbaubare Kunststoffe

28.

ist sich darüber im Klaren, dass die gegenwärtige Generation biologisch abbaubarer Kunststoffe keine Lösung für das Plastikmüll- und Plastiksuppenproblem bietet, da diese Kunststoffe sich in einer natürlichen Umgebung oder in Wasser nicht biologisch abbauen;

29.

hebt hervor, dass die Informationen über eine getrennte Sammlung eines Teils der Kunststoffe als Biomüll verwirrend sind. Das verkompliziert die Kommunikation mit den Verbrauchern und führt zu Fehlern bei der Trennung herkömmlicher und biologisch abbaubarer Kunststoffe;

30.

betont, dass biologisch abbaubare Kunststoffe, die in den Kunststoff-Recyclingstrom gelangen, das Recycling herkömmlicher Kunststoffe behindern. Deshalb sollte die Verwendung biologisch abbaubare Kunststoffe auf Anwendungen begrenzt werden, bei denen die biologische Abbaubarkeit einen bestimmten Zweck erfüllt, wie bspw. bei der Verwendung von kompostierbaren Kunststoffsäcken zur Biomüllsammlung;

31.

betont die Notwendigkeit besserer Definitionen und/oder Standards für die verschiedenen Formen der biologischen Abbaubarkeit. Sie sollten mit der Abfallbehandlung in Verbindung stehen, Standards für Kompostierbarkeit und Fermentierbarkeit beinhalten und die gängigen Verfahren in europäischen Abfallbehandlungsanlagen berücksichtigen. Dadurch können die Kennzeichnung verbessert bzw. vereinfacht, die Vermüllung verringert, die richtige Sortierung sichergestellt und die Innovation im Bereich biologisch abbaubarer Kunststoffe gefördert werden;

32.

betont insbesondere, dass als kompostierbar vermarktete Kunststoffe tatsächlich ohne die Notwendigkeit einer industriellen Kompostierung biologisch abbaubar sein müssen. Eine entsprechende Auflage kann die Gefahr der Verbreitung von Mikroplastik infolge einer irrtümlichen Annahme der Verbraucher, dass derzeit als kompostierbar gekennzeichnete Kunststoffe ohne weitere Behandlungsschritte biologisch abbaubar sind, erheblich verringern;

D.   Bessere Sammlung

33.

unterstreicht, dass wirksame Systeme für die Getrenntsammlung von Kunststoffabfällen eine wesentliche Voraussetzung für eine Kunststoff-Kreislaufwirtschaft sind. Die Sammelsysteme müssen daher für die Nutzer einfach und logisch gestaltet sein;

34.

macht darauf aufmerksam, dass bei der gegenwärtigen Wertstoffsammlung in den EU-Mitgliedstaaten Nichtverpackungskunststoffe in der Regel nicht angenommen und deshalb nicht getrennt gesammelt werden und als Teil des Hausmülls auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen landen oder gar zur Vermüllung (der Meere) beitragen. Dies führt zu Umweltschäden, zum Verlust wertvoller Recyclingmaterialien und zur Verwirrung der Verbraucher, die nicht verstehen, warum nur ein Teil der Kunststoffe als Wertstoffe gesammelt werden; Durch bessere Informationskampagnen und eine einheitlichere Logik bei der Getrenntsammlung in den Mitgliedstaaten ließen sich die recycelten Mengen erhöhen und die Beachtung der Hinweise für die Mülltrennung sowohl seitens der lokalen Bevölkerung als auch der Touristen verbessern;

35.

sieht ein, dass im Fall einer Einbeziehung der Sammlung von Kunststoffen und Kunststofferzeugnissen in die erweiterte Herstellerverantwortung die Hersteller über die Formulierung wirksamer Ziele motiviert werden müssen, so weit wie möglich über diese Ziele hinauszugehen;

Wirksame Getrenntsammlung von Kunststoffen

36.

fordert die Europäische Kommission auf, alle Interessenträger, auch diejenigen, die im Bereich Abfallvermeidung und -bewirtschaftung von Nichtkunststoffen tätig sind, in die Verbesserung der Getrenntsammlung einzubeziehen;

37.

betont, dass im Mittelpunkt der Wertstoffsysteme Kunststoff als Material und nicht Kunststoff als Verpackungsprodukt stehen sollte. Dadurch könnte die Kommunikation mit den Verbrauchern erheblich vereinfacht und die Sammelrate gesteigert werden. Die Abstimmung zwischen den Systemen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und dem System der erweiterten Herstellerverantwortung müsste verbessert werden, um in dem Dialog mit den Herstellern und Importeuren Nichtverpackungskunststoffabfälle zu thematisieren. Dies muss auch bei der Überarbeitung der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle berücksichtigt werden;

38.

begrüßt die Aufstellung neuer Leitlinien für die getrennte Sammlung und das Sortieren von Abfällen und fordert die Europäische Kommission auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Anbetracht ihrer wichtigen Rolle in vielen Mitgliedstaaten in die Erarbeitung und Verbreitung der Leitlinien einzubeziehen;

39.

betont, dass die lokalen und regionalen Abfallwirtschaftsstrategien auf der Abfallhierarchie gründen sollten, d. h. auf Abfallvermeidung, Getrenntsammlung und Hausmüllverminderung. Es gibt viele bewährte Beispiele und Erfahrungswerte für diese Art Strategien. Innovationen bei der Wertstoffsammlung sollten gefördert und der Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollte nachdrücklich unterstützt werden, bspw. durch das Instrument für technische Hilfe und Informationsaustausch TAIEX oder die EU-Städteagenda;

40.

betont, dass die vermehrte Deponierung, (widerrechtliche) Lagerung oder Verbrennung von Abfällen infolge des von China verhängten Plastikmüllimportstopps verhindert werden müssen und dass in moderne Recyclingkapazitäten investiert werden muss;

Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Verhaltensänderungen

41.

betont, dass die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sich über die Zusammenhänge zwischen Infrastruktur, Kommunikation und öffentlicher Wahrnehmung auf lokaler und regionaler Ebene sowie die zur Förderung von Verhaltensänderungen einsetzbaren Instrumente im Klaren sein müssen, um erfolgreiche Abfallwirtschaftsstrategien entwickeln zu können;

42.

unterstreicht, dass die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Abfallwirtschaft entscheidend für das ordnungsgemäße Funktionieren wirksamer Sammelsysteme ist. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit führt zur Unterstützung von Trennung und Müllvermeidung sowie zur Entstehung lokaler Initiativen, nicht aber automatisch zu Verhaltensänderungen. Ein besseres Verständnis der Mechanismen, die positive Verhaltensänderungen bewirken können, ist daher entscheidend. Der AdR befürwortet deshalb die Förderung der Entwicklung von Strategien zur Herbeiführung von Verhaltensänderungen durch herkömmliche positive und negative Anreize und durch innovative Verfahrensweisen sowie die nachdrückliche Unterstützung des Erfahrungs- und Wissensaustauschs zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

43.

fordert alle lokalen und regionalen Interessenträger auf, zur Sensibilisierung für die Vorteile recycelter Kunststoffe beizutragen;

Erwägung einer europaweiten Anwendung eines einheitlichen Pfandsystems für Getränkeverpackungen

44.

nimmt zur Kenntnis, dass Pfandsysteme erwiesenermaßen sehr hohe Sammelraten und hochwertiges Recycling ermöglichen und auch wirksam zur Verringerung der Vermüllung und der Plastiksuppe beitragen;

45.

gibt zu bedenken, dass immer mehr EU-Mitgliedstaaten Pfandsysteme einführen, was teilweise zwischen Regionen mit unterschiedlichen Pfandsystemen grenzüberschreitende Probleme verursachen kann;

46.

schlägt vor, für diejenigen Mitgliedstaaten, die Pfandsysteme eingeführt haben oder neue Pfandsysteme entwickeln wollen, einen auf EU-Ebene harmonisierten Ansatz oder zumindest eine möglichst weitreichende Koordinierung in Betracht zu ziehen, um negative grenzüberschreitende Auswirkungen zu verhindern und den freien Warenverkehr zu erleichtern;

Auslotung von Alternativen zu quantitativen Zielvorgaben

47.

stellt fest, dass in verschiedenen einschlägigen EU-Richtlinien (Verpackungsrichtlinie, Richtlinie über erweiterte Herstellerverantwortung, Elektronikschrott-Richtlinie) ohne Berücksichtigung eventueller Leistungsunterschiede für alle Mitgliedstaaten die gleichen Zielvorgaben für die Getrenntsammlung und das Recycling von Kunststoffen festgelegt sind. Dies führt dazu, dass einige Mitgliedstaaten noch große Anstrengungen unternehmen müssen, andere indes die Ziele ohne Weiteres erreichen können und keinerlei Anreiz haben, darüber hinauszugehen;

48.

drängt darauf, dass die Zielvorgaben in den verschiedenen Richtlinien überprüft werden sollten, um unter Berücksichtigung nachstehender Möglichkeiten stärkere Anreize zu setzen und eine höhere Recyclingqualität zu fördern:

Einführung eines Bonus bei Zielüberschreitung;

Ausweitung der finanziellen Verantwortung der Hersteller auf die Gesamtkosten für die Abfallbehandlung ihrer Produkte, einschließlich der Kosten für die Müllbeseitigung oder der Kosten für die Sammlung und Behandlung ihrer Produkte, die nicht getrennt gesammelt werden und im Hausmüll landen;

E.   Besseres Recycling

Entwicklung der Sortierungs- und Recyclingtechnologien

49.

befürwortet nachdrücklich Forschung und Innovation im Bereich neuer Sortierungs- und Recyclingtechnologien einschl. Depolymerisation. Theoretisch könnten hierdurch viele der derzeitigen Probleme beim Sortieren und Recycling von Kunststoffen gelöst werden;

50.

betont das Potenzial der Regionen und Städte zur Entwicklung und Unterstützung basisgetriebener Initiativen in Form von Living Labs, Innovationszentren und anderen kollaborativen und innovativen Förderkonzepten für intelligentes Design und Sekundärmaterialeinsatz;

51.

begrüßt die vorgeschlagene zusätzliche Finanzierung prioritärer FuI-Maßnahmen im Rahmen der Strategie und bietet der Europäischen Kommission seine Zusammenarbeit bei der Aufstellung der neuen strategischen Forschungs- und Innovationsagenda für Kunststoffe an. Über eine solche Zusammenarbeit könnte die Berücksichtigung der lokalen und regionalen Dimension sowohl bei der Ermittlung der vorrangigen Probleme als auch bei der praktischen Verbreitung von Innovationen sichergestellt werden;

52.

unterstützt die Entwicklung von Qualitätsstandards für sortierte Kunststoffabfälle und Kunststoffrecyclate;

Energetische Verwertung vor Deponierung

53.

gibt zu bedenken, dass nicht recycelbare oder schadstoffhaltige Kunststoffabfälle kurzfristig in den saubersten Müllheizkraftwerken mit dem höchsten Wirkungsgrad behandelt werden sollten, in denen das hohe Energiepotenzial von Kunststoffabfällen zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt werden kann;

F.   Bessere Märkte

Förderung des Recyclatgehalts in Neuprodukten

54.

setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass die Endverbrauchernachfrage nach Produkten mit Recyclinganteil durch finanzielle Anreize gefördert werden sollte, sodass eine finanziell attraktive Alternative zu Primärmaterial und fossilbasierten Kunststoffen entsteht, wie auch durch die Beseitigung der Hemmnisse für einen Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe;

55.

weist darauf hin, dass die anhaltende Subventionierung fossiler Brennstoffe, aufgrund derer Primärkunststoffe preiswerter sind als recycelte oder biobasierte Kunststoffe, ein maßgebendes wirtschaftliches Hemmnis für die Entwicklung einer Kunststoff-Kreislaufwirtschaft darstellt, und fordert daher die Beseitigung dieser Fehlanreize. Zusätzlich könnten die Hersteller oder Importeure von Kunststoffen oder Kunststofferzeugnissen auf Rohölbasis finanziell für die Senkung der durch die Endbehandlung ihrer Kunststoffabfälle erzeugten CO2-Emissionen in die Verantwortung genommen werden;

56.

betont, dass die Hersteller von Kunststoffprodukten bis 2025 bei der Herstellung neuer Kunststoffe mindestens 50 % Recyclate verwenden sollten, sofern keine rechtlichen Einschränkungen gegen die Verwendung von Recyclaten in den betreffenden Enderzeugnissen bestehen. Er macht geltend, dass eine Abstimmung der Interessen der Hersteller, Verbraucher, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Recyclingindustrie auf der Grundlage eines Wertschöpfungskettenansatzes erforderlich ist, um die Recyclingqualität und den Sekundärmaterialeinsatz zu steigern;

57.

unterstützt deshalb die EU-Initiative für Selbstverpflichtungen von Unternehmen bzw. Industrieverbänden und fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, Selbstverpflichtungen von lokalen Interessenträgern bekannt zu machen und dadurch bewährte Verfahren zu fördern und zur Nachahmung anzuregen, wobei gleichzeitig die Umsetzung der Selbstverpflichtungen überprüft und ggf. auch Fehlschläge herausgestellt werden sollten, um zu gewährleisten, dass Selbstverpflichtungen nicht nur leere Versprechungen zur Aufbesserung des Umweltimages bestimmter Produkte oder Sektoren sind;

Öffentliches Beschaffungswesen

58.

hebt hervor, dass die Behörden in Europa durch umweltorientierte Auftragsvergabe (Green Public Procurement, GPP) zur Plastikmüllvermeidung beitragen können, indem sie ihre Kaufkraft gezielt zur Beschaffung umweltverträglicher Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen nutzen und anderen Organisationen ein Beispiel geben. Deshalb hält er alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an, über ihre Beschaffungspolitik zur Recyclingfähigkeit von Kunststoffen beizutragen und dazu die Anwendung von Ökodesign-Grundsätzen sowie die Verwendung von Recyclat in von ihnen beschafften Produkten vorzuschreiben;

59.

begrüßt in diesem Zusammenhang die von der Europäischen Kommission und einigen europäischen Ländern gebotene Orientierung im Bereich der umweltorientierten Auftragsvergabe in Form nationaler GPP-Kriterien (1), fordert aber die Europäische Kommission auf, ausführlichere Leitfäden vorzuschlagen und darin Informationen über die Arten von Recyclingkunststoffen und deren Einsatzmöglichkeiten sowie die ökologischen und eventuellen wirtschaftlichen Vorteile der Verwendung von Recyclingkunststoffen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu erteilen;

60.

macht darauf aufmerksam, dass der größte Teil des Plastikmülls im Meer aus Asien stammt und weltweit nur 9 % der Kunststoffabfälle recycelt werden. Die Umsetzung der neuen EU-Handelsstrategie „Handel für alle“, die über Handelsabkommen und Präferenzsysteme auf die Förderung einer weltweit nachhaltigen Entwicklung abhebt, birgt diesbezüglich ein großes Potenzial zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit in den globalen Lieferketten. In diesem Kontext befürwortet er die vom Europäischen Parlament im März 2017 vorgeschlagene „EU-Leitinitiative für die Bekleidungsbranche“ (2) und betont, dass ein Erfolg dieser Art Initiativen auch von der Unterstützung durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften abhängt und dass sie Maßstab für das lokale und regionale Handeln im Rahmen der dezentralen Entwicklungszusammenarbeit sein sollten.

Brüssel, den 10. Oktober 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  http://ec.europa.eu/environment/gpp/pubs_en.htm.

(2)  http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2017-0196+0+DOC+PDF+V0//DE.


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