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Document 52016AR6726

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine Weltraumstrategie für Europa

OJ C 54, 13.2.2018, p. 66–71 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

13.2.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 54/66


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine Weltraumstrategie für Europa

(2018/C 054/12)

Berichterstatter:

Andres Jaadla (EE/ALDE), Mitglied des Stadtrates von Rakvere

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine Weltraumstrategie für Europa

COM(2016) 705 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

1.

Wie in dem Dokument „Eine Weltraumstrategie für Europa“ festgestellt, hat die Raumfahrt für Europa große Bedeutung. Europa hat zahlreiche Erfolge in der Raumfahrttechnologie erzielt, mit einzigartigen Erdbeobachtungskapazitäten, bei der Geopositionierung und mit Erkundungsmissionen. Weltraumtechnologien, -daten und -dienste sind für die europäischen Bürger ein unabdingbarer Bestandteil des täglichen Lebens geworden und müssen systematisch weiterentwickelt werden.

2.

Auch die strategische Bedeutung der Raumfahrt für Europa ist hervorzuheben. Sie festigt Europas Rolle als starker globaler Akteur und bietet Vorteile in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Die Weltraumpolitik kann zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum und Investitionen in Europa beitragen. Investitionen in die Raumfahrt eröffnen neue Möglichkeiten in Wissenschaft und Forschung. Der AdR unterstützt daher nachdrücklich die Forderung des Europäischen Parlaments (1) nach einer umfassenden Kommunikationsstrategie, mit der über die Vorteile informiert wird, die die Weltraumtechnik für Bürger und Unternehmen hat.

3.

Es geht darum, konkrete Möglichkeiten dafür zu finden, wie Weltraumtechnologien, -daten und -dienste zahlreiche EU-Maßnahmen und zentrale politische Prioritäten unterstützen können — in Bereichen wie der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, der Migrationspolitik, der Bewältigung des Klimawandels, dem digitalen Binnenmarkt und der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen.

4.

Der Europäische Ausschuss der Regionen begrüßt, dass die Europäische Union und die Europäische Weltraumorganisation ihre Kräfte bündeln und die europäische Zusammenarbeit im Weltraumbereich gemeinsam voranbringen wollen und daher am 26. Oktober 2016 die gemeinsame Erklärung der EU und der ESA zu gemeinsamen Visionen und Zielen unterzeichnet haben. Zwar verfolgt die ESA eigenständige Ziele, doch schafft die Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen Synergien. Sehr begrüßenswert ist, dass die EU und die ESA gemeinsame Standpunkte in Bezug auf langfristige Visionen und Ziele entwickeln konnten (2), was einen kohärenten Rahmen für die EU und die ESA bei der Umsetzung der einschlägigen Strategien bietet. Bei der Zusammenarbeit sollten Doppelungen bzw. schädlicher Wettbewerb unbedingt vermieden werden.

5.

Der AdR begrüßt, dass Europa und die Mitgliedstaaten über eine Europäische Weltraumorganisation mit mehr als fünfzig Jahren Erfahrung beim Aufbau europäischer Fähigkeiten zur Entwicklung von Weltraumtechnologien und -anwendungen in allen Bereichen der Raumfahrt verfügen. Diese Rolle muss für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Regionen und unter anderem im Bereich der intelligenten Spezialisierung aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden.

6.

Der AdR ist davon überzeugt, dass die Weltraumstrategie der EU nur über die aktive Beteiligung aller Mitgliedstaaten langfristig funktionieren und nur so auch der Erfolg des europäischen Raumfahrtsektors bei der Schaffung von Wachstum und Beschäftigung gesichert werden kann. Erreicht werden kann dies durch konkrete und gezielte Maßnahmen sowie mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem Kapazitätsaufbau und der Einbeziehung derjenigen Mitgliedstaaten, die gerade erst in die Raumfahrt einsteigen.

7.

Die Ausbildung von Ingenieuren, Technikern und Wissenschaftlern ist von entscheidender Bedeutung für die europäische Industrie. Die Schaffung von Kompetenz- und Exzellenzzentren sowie von Zentren für lebenslanges Lernen trägt durch die Stärkung des europäischen Arbeitsmarktes und den Ausbau der Infrastruktur für Erprobungen, Tests und neue Rechen- und Analysekapazitäten dazu bei, das Wissen und die Fähigkeiten in den mit der Raumfahrt verbundenen Bereichen und der Weltraumwissenschaft kontinuierlich zu erweitern. Hierauf muss die europäische Weltraumstrategie aufbauen.

8.

Die Einbeziehung junger Menschen sowie ihre Begeisterung und Motivation sind eine Investition in die Zukunft Europas. Es sollte mehr in die Sensibilisierung und die Schaffung von Erfolgsbeispielen investiert werden, die zeigen, welche Rolle die europäischen Bürger bei der Entwicklung komplexer Systeme (auf der Erde sowie bei der Entwicklung von Satelliten) haben. Der Nutzen des Weltraums für die Gesellschaft zeigt sich auf vielerlei Weise: durch Kommunikationstechnologien, die Ermöglichung eines Informationsaustausches in Echtzeit, kontinuierlich und hochauflösend arbeitende Überwachungssysteme, eine rasche Reaktion bei Naturkatastrophen, die Unterstützung der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Fischerei und des Seeverkehrs, eine stärkere Kontrolle der Grenzen und der Sicherheit sowie in vielen weiteren Anwendungen.

9.

Der Bedarf an kosteneffizienten Kleinsatelliten zu Kommunikations- und Überwachungszwecken wächst stetig. In Bezug auf die Anwendungen und Dienste im Bereich der Erdbeobachtung zeichnet sich eine schnelle Verbesserung der technischen Möglichkeiten kleiner Satelliten und das Aufkommen neuer Anwendungen ab, sowohl für die Beobachtung und die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen als auch für Wetterprognosen, vor allem durch Fortschritte bei neuer Radartechnik. Daher muss auch die EU ihre Aufmerksamkeit auf die Kontinuität von Copernicus und Galileo richten, um auf diesem Markt nicht den Anschluss an die weltweite Entwicklung zu verlieren.

10.

In etlichen Beratungen wurde auf die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit auf hoher Ebene (3) in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Diplomatie aufmerksam gemacht, um den Weltraumzugang der EU-Mitgliedstaaten und die Sicherheit der Weltrauminfrastruktur zu gewährleisten. Dies betrifft sowohl Weltraummüll, erforderliche freie Umlaufbahnen als auch Vereinbarungen über Frequenzen und das Weltraum-Verkehrsmanagement. Die Weltraumangelegenheiten müssen durch internationale Abkommen geregelt werden. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind ideale Mittler zwischen den einzelnen Gemeinschaften (gesellschaftliche Gruppen, Verbraucher, Unternehmer und Wissenschaftler).

11.

Der Erfolg und die Nachhaltigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie hängen von der Nutzung und Verarbeitung großer Informations- und Datenmengen aus einer Vielzahl von Quellen ab (Big Data). Innovative Lösungen, neue Verfahren, höhere Sicherheit und besserer Schutz vor Cyberangriffen sind nur dann sichergestellt, wenn Unternehmen einen besseren Zugang zu Daten bekommen und eine inspirierende Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Universitäten und dem öffentlichen Sektor zustande kommt.

Allgemeine Bemerkungen

12.

Die früheren einschlägigen Stellungnahmen des AdR, darunter die Stellungnahmen zum Thema „Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger“ und „Raumfahrtindustriepolitik der EU“, ferner der Bericht zu Raumfahrtfähigkeiten für die europäische Sicherheit und Verteidigung des EP-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, die Studie zum Aufschwung des Raumfahrtmarktes in Europa („Space Market Uptake in Europe“), die im April 2016 von NEREUS veröffentlichten Empfehlungen zur Erweiterung der Europäischen Raumfahrtstrategie um eine regionale Dimension („Recommendations on adding a regional dimension to the European Space Strategy“) und die Ratschläge der beratenden Gruppe für Raumfahrt (SAG) im Rahmen von Horizont 2020 für mögliche Prioritäten für Forschung und Innovation im Arbeitsprogramm 2018-2020 („Advice on potential priorities for Research and Innovation in the work programme 2018-2020“) werden in diesem Dokument zur europäischen Weltraumstrategie berücksichtigt und teilweise aufgegriffen.

13.

Mit der Weltraumstrategie für Europa wird konkret auf die internationalen Entwicklungen im Bereich der Raumfahrt reagiert; dort hat sich der Wettbewerb durch das neue Paradigma des „New Space“, das in den 1980er-Jahren in den USA aufkam, verschärft, als Unternehmen auf dem Markt erschienen, die in den Weltraum vorstoßen wollten. Die digitalen Technologien und die Digitalisierung eröffnen neue Geschäftsmöglichkeiten, während gleichzeitig bedeutende technologische Umstellungen traditionelle Industrie- und Geschäftsmodelle sprengen, die für Weltraumzugang und -nutzung eingesetzt wurden.

14.

Die Zusammenarbeit aller Institutionen ist erforderlich, weil der Raumfahrtsektor durch lange Entwicklungszyklen gekennzeichnet ist. Dadurch vergrößern sich die marktbezogenen Risiken, da das Marktpotenzial neuer Anwendungen weit im Voraus bewertet werden muss und eine Anpassung der Bestände schwierig ist. Mithin kann es für Unternehmer, die in den Weltraumsektor einsteigen wollen, schwierig sein, Investoren zu finden, denn der zyklische Markt und die Bestände lassen sich nur sehr schwer mit einer geänderten Nachfrage in Einklang bringen.

15.

Die EU und die ESA müssen ihre Zusammenarbeit intensivieren, um die Mitgliedstaaten bei europäischen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im Weltraumbereich zu unterstützen, die Nutzung innovativer Beschaffungsprogramme zu stärken, privaten Investitionen und Partnerschaften mit der Industrie mehr Schwung zu verleihen und die Entwicklung von Mini- und Nanosatelliten zu fördern.

16.

Die EU und die ESA müssen gemeinsame Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Pläne für den Technologieeinsatz konzipieren, um die auf verschiedenen Gebieten gewonnenen Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung wirksam anzuwenden. Globale Herausforderungen durch wachsende Bevölkerungen, steigende Ressourcennachfrage und Klimawandel erfordern Informationen über unseren Planeten, die nur durch eine weltraumbasierte Lösung geliefert werden können.

17.

Folgende spezifische Prioritäten wurden vom AdR herausgestellt:

proaktive Gestaltung politischer Maßnahmen, mit deren Hilfe KMU stärker einbezogen, die Entstehung neuer Unternehmen (Spin-off- und Start-up-Unternehmen) gefördert und Arbeitsplätze in den Bereichen geschaffen werden können, die Weltraumtechnologien nutzen;

FuE-Förderung, zusätzliche Bildungsprogramme auf allen Ebenen in den Bereichen IT, Naturwissenschaften, Mathematik, Technik und Sozialwissenschaft;

Investitionen in die Raumfahrt unter Hervorhebung der Rolle von Investitionsfonds und der Investitionsfazilitäten sowie der Einbeziehung privater Investoren;

Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den europäischen, staatlichen und regionalen Stellen sowie zwischen der Industrie und den Nutzern, insbesondere durch eine strukturierte Unterstützung seitens der Europäischen Kommission, die dazu beiträgt, dass die Kapazität des Datenverkehrs auf die mit Fernerkundungstechnologien verbundenen aktuellen Herausforderungen abgestimmt wird;

deutliche Verbesserung der Lenkung und Verwaltung des Raumfahrtsektors sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene, Förderung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der ESA, wobei der Schwerpunkt auf den Nutzern sowie auf den Regionen unter Berücksichtigung ihres Potenzials in diesem Bereich liegen soll;

Kofinanzierung der Schaffung von Gründerzentren der Europäischen Weltraumorganisation in den Regionen mit dem Ziel, das Unternehmertum im Raumfahrtsektor zu fördern;

Unterstützung von Bildungsmaßnahmen und öffentlichen Institutionen, die im Bereich der Ausbildung von Führungskräften für die Wirtschaft tätig sind, unter Berücksichtigung des besonderen Bedarfs des Unternehmertums im Raumfahrtsektor.

Die Rolle der „Raumfahrtregionen“ bei der Umsetzung der europäischen Weltraumstrategie

18.

Der AdR begrüßt, dass bei der Weltraumstrategie für Europa die Bedeutung der Beteiligung der Regionen an ihrer Durchführung berücksichtigt wird, insbesondere durch konkrete Maßnahmen der Europäischen Kommission gemeinsam mit der Agentur für das Europäische GNSS, die für die Programme EGNOS und Galileo zuständig ist. Davon zeugen die Netzwerke der Copernicus Relays und der Copernicus Academy, die die Nutzung von Fernerkundungsdaten und ihrer Anwendungen fördern.

19.

Die regionale Dimension ist von wesentlicher Bedeutung, um die Nutzer stärker von den Vorteilen der Raumfahrt profitieren zu lassen und sie somit in den Mittelpunkt der europäischen Raumfahrtstrategie zu rücken. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind kompetent und bereit, sich an der Umsetzung der europäischen Weltraumpolitik zu beteiligen, da diese auch Strategien für intelligente Spezialisierung in vielen Regionen unterstützt.

20.

Der AdR begrüßt, dass sich zahlreiche Regionen dem NEREUS-Netz (Netz der europäischen Regionen, die Raumfahrttechnologien nutzen) angeschlossen haben, was von der wachsenden Bedeutung der Raumfahrt für die Wirtschaft in den Regionen zeugt. Hinter NEREUS steht das Ziel, das Potenzial der Weltraumtechnologie für die europäischen Regionen in den Bereichen FuE sowie wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit voll zu erschließen, die regionale Dimension der Weltraumpolitik auf politischer Ebene hervorzuheben und einen Bottom-up-Ansatz für die europäischen Weltraumvorhaben zu verfolgen. Die Maßnahmen der Regionen, die sich NEREUS angeschlossen haben, müssen hervorgehoben werden. Die regionalen Gebietskörperschaften verfügen über das Potenzial und die Erfahrungen bei der Einbeziehung der Maßnahmen von Akteuren aus dem Bereich der Wirtschaft, der Wissenschaft sowie der öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, was zum Aufbau von Partnerschaften für die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Weltraumstrategie genutzt werden sollte.

21.

Die Weltraumpolitik der EU braucht einen klaren Blick dafür, wie die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik Europas für das Potenzial des Weltraums gewonnen werden können. Der Weltraumpolitik sollte auch in anderen regionalpolitischen Strategien der EU mehr Bedeutung beigemessen werden, da sie unter anderem Möglichkeiten im Rahmen der Ziele in folgenden Bereichen eröffnet: EU-Städteagenda, Lösungen für intelligente Städte, intelligente Energie, Stadtplanung, Landwirtschaft, Klimapolitik usw.

22.

Die regionalen Gebietskörperschaften, die ihre grundlegenden Aufgaben zur Förderung von Wissenschaft und Technologie sowie der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung ihrer territorialen Einheiten wahrnehmen, sind als Koordinatoren der regionalen Raumfahrtpolitik zu betrachten. Die regionalen Gebietskörperschaften verfügen über das Potenzial und die Erfahrungen bei der Einbeziehung der Maßnahmen von Akteuren aus dem Bereich der Wirtschaft, der Wissenschaft sowie der öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, was zum Aufbau von Partnerschaften für die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Weltraumstrategie genutzt werden sollte.

23.

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat einige Initiativen mit den Regionen entwickelt, darunter die European Space Education Resource Offices (ESERO). Der Nutzen dieser Initiativen sollte maximiert und ihre Entwicklung weiter gefördert werden.

24.

Die Kommission sollte unterstützende Maßnahmen entwickeln, die auf Tätigkeiten in Verbindung mit regionalen Clustern, Verbindungsbüros, Agenturen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausgerichtet sind, um die branchenübergreifende Einführung weltraumgestützter Produkte und Dienste zu fördern.

25.

Zudem sollte die Kommission mit Blick auf die Befugnisse und Erfordernisse staatlicher Behörden Kriterien für die Bewertung des Nutzens von Weltraumdiensten für die Allgemeinheit festlegen, anhand derer die Europäische Kommission und die nationalen Behörden die Förderfähigkeit der Anträge beurteilen können, die potenzielle Nutzer gestellt haben, um Beihilfen für die Einführung von Diensten und Anwendungen zu erhalten.

26.

Der AdR unterstützt die Ausarbeitung und Umsetzung dieses umfassenden und ehrgeizigen europäischen Weltraumprogramms, das auf dem bisher Erreichten aufbaut und die Schwerpunktbereiche Umweltüberwachung, Klimawandel, Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Weltraumforschung fortführt und weiterentwickelt.

27.

Es ist abzusehen, dass die Nutzer — u. a. die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die Unternehmen — auch weiterhin Anreize und Unterstützung seitens der EU und der Mitgliedstaaten benötigen werden. Angesichts der Innovationskraft der Raumfahrt und ihrer Bedeutung für die Wirtschaft ruft der Ausschuss dazu auf, unter Einbeziehung der Strukturfonds und der Banken sowie in Zusammenarbeit mit der ESA nach neuen Wegen zur Finanzierung der Entwicklung und großflächigen Nutzung von Anwendungen zu suchen. Aufgrund der Probleme bei der Finanzierung von Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ist es zweckmäßig, die Möglichkeiten der Finanzierung von Forschungsprojekten, die unter Beteiligung von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie Wirtschaftsakteuren durchgeführt werden, zu stärken.

Beitrag zu den großen europäischen Programmen EGNOS und Galileo (Satellitennavigation) und Copernicus (Umwelt- und Sicherheitsüberwachung)

28.

Der AdR ist der Überzeugung, dass die EU die Finanzierung der operationellen Phase von Galileo (u. a. Wartung und Erneuerung der Satelliten, Sicherstellung der Integrität des Systems, Bodenbetrieb und Zugang zu Daten) sicherstellen muss. Nur so können die gewünschten wirtschaftlichen Effekte dauerhaft gewährleistet werden.

29.

Die operationelle Phase des Programms Copernicus ist entscheidend für den wirtschaftlichen Durchbruch dieser neuen technischen Entwicklungen, jedoch wird sie auch künftig finanzielle Unterstützung zur Deckung der bei der Übernahme neuer Technologien durch die verschiedensten Nutzer anfallenden Anlaufkosten erfordern.

30.

Die Kommission sollte für die Zukunft sicherstellen, dass die langfristige Finanzierung des operationellen Betriebs der Copernicus-Infrastruktur mit Mitteln aus dem EU-Haushalt gewährleistet wird, um sowohl die finanzielle Tragfähigkeit als auch die Transparenz und demokratische Kontrolle der Finanzierung sicherzustellen.

31.

Dringend notwendig ist die Einrichtung großer Rechenzentren für die Aufbereitung und Speicherung der von Copernicus heruntergeladenen Daten. Die Möglichkeit des Rückgriffs auf historische Daten ist im Hinblick auf die Entwicklung neuer Dienste und Anwendungen in diesem Bereich ebenso wichtig wie Kapazitäten für die zeitnahe Übermittlung großer Datenmengen für ihre Nutzung.

32.

Der AdR unterstreicht die große Bedeutung von Weltraumüberwachungs- und Satellitennavigationssystemen wie Galileo und Copernicus, die eine rasche Reaktion auf Naturkatastrophen wie Erdbeben, Waldbrände, Erdrutsche und Überschwemmungen ermöglichen. Er ruft dazu auf, dies bei der Entwicklung von nachgelagerten Diensten für lokale und regionale Gebietskörperschaften gebührend zu berücksichtigen. Eine wirksame Weltraumstrategie ist ein wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Entwicklung, die dazu beiträgt, Leben zu retten und die Umwelt und Gebäude zu schützen.

33.

Um Daten von Copernicus und Galileo verwenden und auf dieser Grundlage neue Dienste entwickeln zu können, sind rechtliche Änderungen erforderlich, damit dies im Einklang mit anderen Maßnahmen der Regional-, Energie- und Umweltpolitik, der Landwirtschaft und Umweltüberwachung geschieht, in denen Geodaten verwendet werden. Es muss sichergestellt werden, dass die mittels dieser Programme gewonnenen Daten auch für die Berichterstattung auf EU-Ebene verwendet werden können und dieses Verfahren dort, wo es möglich ist, rechtmäßig eingesetzt werden kann.

Doppelte Verwendung von Weltraumdaten für Sicherheit und Verteidigung

34.

Den Kapazitäten und Dienstleistungen mit Raumfahrtbezug kommt eine wichtige Rolle bei der europäischen Verteidigung und Sicherheit zu, denn sie ermöglichen die konsequente Umsetzung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und verknüpfen darüber hinaus die EU-Politik mit Bereichen wie auswärtiges Handeln, Grenzschutz, maritime Sicherheit, Klimapolitik, Energiesicherheit, Katastrophenmanagement, humanitäre Hilfe und Verkehr. Die strategische Partnerschaft mit anderen Staaten, die Raumfahrtprogramme durchführen, muss verstärkt werden, um Europas Unabhängigkeit in Bezug auf entscheidende Raumfahrttechnologien und den Zugang zum Weltraum sicherzustellen.

Aktivere Beteiligung der Mitgliedstaaten und gesellschaftlicher Gruppen an verschiedenen Aufgaben im Rahmen der Umsetzung der Weltraumstrategie für Europa

35.

Alle Mitgliedstaaten müssen Zugang zu Weltraumdienstleistungen und zu den neuen Möglichkeiten zur Stimulierung der Wirtschaft und Erweiterung ihrer Kenntnisse haben. Das Bewusstsein dafür, wie Raumfahrt im öffentlichen Sektor, u. a. auf regionaler Ebene, in vielen unterschiedlichen Bereichen wirksam genutzt werden könnte, muss geschärft werden, indem diese Regionen sowohl durch den Aufbau von Kompetenzen als auch durch verschiedene Finanzierungsmechanismen unterstützt werden.

36.

Weltraumtechnologien können im öffentlichen Sektor von Nutzen sein, z. B. für die tägliche Überwachung eines Territoriums, die Bewertung des Zustands der natürlichen Ressourcen (Süßwasser, Küstengewässer, Luftqualität usw.) und der Wälder sowie zur Beurteilung der Holzbestände, bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und der Überprüfung des Beihilfesystems, bei der frühzeitigen Ermittlung und Verhinderung illegaler Bautätigkeiten, für die Nutzung von Solar- und Windenergie, für eine bessere Energieeffizienz von Gebäuden und in vielen anderen Fällen.

37.

Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um das Bewusstsein der europäischen Öffentlichkeit für den Nutzen des Weltraums zu schärfen, außerdem brauchen wir besser ausgebildete Spezialisten und Beamte sowie mehr Ingenieure und Wissenschaftler, um den erforderlichen zusätzlichen Nutzen für die Gesellschaft zu schaffen und für eine intensivere Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Organisationen und Unternehmen zu sorgen. Zu den obersten Prioritäten einer auf den tatsächlichen Bedarf der Bürger ausgerichteten neuen Weltraumpolitik sollten lokale Initiativen, gegenseitiger Erfahrungsaustausch, die Schaffung von Synergien zwischen verschiedenen Funktionsbereichen sowie Information und Sensibilisierung gehören.

Festlegung konkreter Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen mit dem Ziel, das Interesse jüngerer Generationen zu wecken

38.

Die Weltraumstrategie ist auf die entschiedene Unterstützung und das Interesse der jüngeren Generationen angewiesen. Die Millenniumgeneration ist in einer Welt aufgewachsen, in der neue Anwendungen nicht nur zu kommerziellen Zwecken, sondern auch für den alltäglichen Gebrauch eine Selbstverständlichkeit sind. Die neuen Ideen und Perspektiven, die junge Menschen einbringen, sollten gefördert werden.

39.

Die neue Weltraumstrategie für Europa bietet der jungen Generation nicht genügend Inspiration. Der Weltraum sollte Inspirations- und Motivationsquelle sein und zu einem besseren Leben der Menschen beitragen. In der Strategie sollte vor allem die Förderung von Bildung und die Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit weltraumgestützten Informationen und Daten thematisiert werden. Die Aufnahme von Weltraumtätigkeiten in die Lehrpläne von Schulen, Hochschulen und Einrichtungen, die wissenschaftliche Fortschritte im Rahmen der informellen Bildung vermitteln, würde wesentlich dazu beitragen, die Aufmerksamkeit auf diesen wichtigen Bereich zu lenken.

Weitere Schritte des AdR für eine erfolgreiche Umsetzung der Weltraumstrategie für Europa

40.

Der AdR ruft die Kommission, das Europäische Parlament und den Rat auf, diese Strategie zu erörtern und zu unterstützen und ihre wirksame Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit den Städten und den Regionen sowie mit allen einschlägigen Interessenträgern voranzutreiben.

41.

Um die Bedeutung des Weltraumsektors auf regionaler Ebene hervorzuheben und die mit der Umsetzung der europäischen Weltraumpolitik verbundenen Chancen für die Städte und Regionen bestmöglich zu nutzen, wird die AdR-Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie Sitzungen mit dem Themenschwerpunkt Weltraum veranstalten. Dies ist insbesondere mit Blick auf die 2017 anstehende Zwischenbewertung der EU-Weltraumprogramme erforderlich.

42.

Der AdR kann die Durchführung und Umsetzung des Copernicus-Programms auf der lokalen und regionalen Ebene besser unterstützen, wenn er als ständiges Vollmitglied am Nutzerforum des Copernicus-Programms beteiligt wird und einen offiziellen Vertreter in das Forum entsenden kann. Dadurch würde der Bedeutung der lokalen Akteure bei der Nutzung von Copernicus-Daten Rechnung getragen.

43.

Für eine erfolgreiche Umsetzung der europäischen Weltraumstrategie sollten Partnerschaften zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten, der ESA, EUMETSAT sowie den Behörden, Interessenträgern, Branchen, Wissenschaftlern und Nutzergemeinschaften anderer Bereiche gefördert werden. Der AdR kann dabei ein wichtiger Partner sein.

Brüssel, den 11. Oktober 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. September 2017 zu dem Thema „Eine Weltraumstrategie für Europa“.

(2)  http://www.esa.int/About_Us/Welcome_to_ESA/Joint_statement_on_shared_vision_and_goals_for_the_future_of_Europe_in_space_by_the_EU_and_ESA.

(3)  High Level Forum — Space as a driver for socio-economic sustainable development. Dubai, 24. November 2016.


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