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Document 52017IE0528

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema: „Ein Steuersystem zur Förderung von fairem Wettbewerb und Wachstum“ (Initiativstellungnahme)

OJ C 434, 15.12.2017, p. 18–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 434/18


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema: „Ein Steuersystem zur Förderung von fairem Wettbewerb und Wachstum“

(Initiativstellungnahme)

(2017/C 434/03)

Berichterstatter:

Petru Sorin DANDEA

Beschluss des Plenums

26.1.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung

 

Initiativstellungnahme

 

 

Zuständige Fachgruppe

Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

7.9.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

20.9.2017

Plenartagung Nr.

528

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

149/6/18

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Die aggressive Steuerplanung bestimmter Unternehmen führt neben der Steuerhinterziehung zu erheblichen Steuerausfällen für die Haushalte der Mitgliedstaaten. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) fordert die Mitgliedstaaten auf, stärker gegen dieses äußerst negative Phänomen vorzugehen, indem sie so bald wie möglich die erforderlichen Steuervorschriften erlassen.

1.2.

Der EWSA ist sich der Tatsache bewusst, dass die Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung nur dann erfolgreich sein kann, wenn auch auf globaler Ebene entsprechend gehandelt wird. Deshalb empfiehlt er der Kommission und den Mitgliedstaaten, ihre Verhandlungsbemühungen in den internationalen Organisationen, wie etwa der OECD und der G20, fortzusetzen und zu intensivieren, um wirkungsvolle Bestimmungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung zu schaffen.

1.3.

Der EWSA begrüßt den Beschluss des Rates, die von der Kommission vorgeschlagenen Kriterien für die Einstufung von Ländern als Steueroasen zu genehmigen. Der Ausschuss sieht darin nur dann einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die aggressive Steuerplanung, wenn diese Liste durch Sanktionen gegen solche Länder und Unternehmen begleitet wird, die weiterhin auf derartige Praktiken bei ihren finanziellen Operationen zurückgreifen. Diese Sanktionen könnten auch ein Verbot des Zugangs dieser Unternehmen zu öffentlichen Mitteln umfassen.

1.4.

Der EWSA empfiehlt den Mitgliedstaaten, von einer weiteren Befeuerung des Steuerwettbewerbs durch den Einsatz zahlreicher Steuervorbescheide abzusehen, die von der wirtschaftlichen Natur der Transaktionen her nicht gerechtfertigt sind und den Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil vor ihren Wettbewerbern verschaffen.

1.5.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Steuervorschriften eine Priorität der Mitgliedstaaten sein muss. Das gilt auch für die vollständige Beseitigung der Steuerhindernisse, die die Bemühungen um eine Harmonisierung begleiten müssen.

1.6.

Angetrieben durch die Globalisierung wurde die Besteuerung vom Kapital auf die Arbeit verlagert, was jedoch die Kosten der Arbeitskraft erhöht und die Ungleichheiten vertieft hat. Der EWSA empfiehlt den Mitgliedstaaten, bei der Reform ihrer Steuersysteme darauf hinzuarbeiten, von der Besteuerung der Arbeit auf die Besteuerung der Finanzpraktiken bzw. der Umweltschädigung überzugehen.

1.7.

Der EWSA schlägt vor, die gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer (GKKB) auf den gesamten Binnenmarkt und darüber hinaus auszudehnen. So könnte ein Steuersystem entstehen, das berechenbarer und unternehmensfreundlicher ist, und außerdem würden die Befolgungskosten für grenzüberschreitende Investitionen sinken.

1.8.

Der EWSA empfiehlt, dass die Formel zur Aufteilung des zu versteuernden Gewinns im Rahmen der GKKB soweit wie möglich auf dem Prinzip der Besteuerung des Gewinns an dem Ort, an dem er erwirtschaftet wurde, basieren sollte. So wäre es einfacher, einen Konsens über die Genehmigung der Maßnahme zu erzielen. Wenn die jüngsten europäischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung ergebnislos bleiben und die GKKB hinter den Zielen zurückbleibt, könnte ein Mindestkörperschaftsteuersatz in Betracht gezogen werden, um eine Abwärtsspirale bei den Standards zu vermeiden.

1.9.

Was die Problematik der Eigenmittel der EU angeht, empfiehlt der EWSA den Mitgliedstaaten, nach Lösungen zur Umsetzung der Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe „EU-Eigenmittel“ zu suchen. Mehr Eigenmittel würden es der EU ermöglichen, die Entwicklung und die Kohäsionspolitik in den Mitgliedstaaten stärker zu unterstützen.

1.10.

Die einheitliche Währung ist eine der bemerkenswertesten Errungenschaften der EU. Allerdings hat sie ihr maximales Potenzial aufgrund der Fragmentierung des europäischen Steuersystems noch nicht entfalten können. Der EWSA verweist erneut auf den Vorschlag zur Einführung einer „Steuerschlange“ nach dem Modell der „Währungsschlange“ (1), mit der die Einführung der gemeinsamen Währung vorbereitet worden war. Der EWSA vertritt die Auffassung, dass in einer ersten Phase drei Typen von Steuereinnahmen abgedeckt werden könnten, die 90 % der Haushaltseinnahmen der Mitgliedstaaten ausmachen: MwSt, Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge.

1.11.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bemühungen um eine Harmonisierung der Vorschriften (2) über die Bemessungsgrundlagen für die wichtigsten Steuerarten durch die Einführung der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Bereich der direkten Steuern wirkungsvoller unterstützt werden können. Fortschritte in der Steuerpolitik könnten schneller und mit Vorteilen für den Binnenmarkt erreicht werden; sie könnten zudem ein erhebliches Wachstumspotenzial freisetzen, da ein harmonisiertes System die Befolgungskosten für Unternehmen erheblich verringern und ein besser vorhersehbares Steuersystem in der EU schaffen könnte.

2.   Hintergrund

2.1.

Steuern sind im Kampf um die soziale Gerechtigkeit und eine faire Wirtschaft von elementarer Bedeutung — darum haben sie auch eine soziale, geschlechtsspezifische und generationenübergreifende Dimension. Die Regierungen erheben Steuern, um die Sozialschutzsysteme und die öffentlichen Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen angemessen und nachhaltig zu finanzieren. Außerdem ist das Steuerwesen eine wichtige Stellschraube, um in der Gesellschaft Einkommen und Reichtum im Sinne einer größeren Gerechtigkeit umzuverteilen und dadurch soziale Ungleichheiten zu verringern.

2.2.

Steuerbetrug und Steuervermeidung, aber auch die von manchen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen betriebene Steuervermeidung durch aggressive Steuerplanung sowie Schwarzmarktaktivitäten leisten der zunehmenden Ungleichheit infolge der Wirtschaftskrise und der Sparprogramme Vorschub und stellen somit eine ernste Bedrohung dar. Selbst die vorsichtigste Schätzung der Verluste, die den Mitgliedstaaten aufgrund der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung entstanden sind, gehen von Hunderten Mrd. Euro aus.

2.3.

Durch die Globalisierung haben sich das Tempo und das Volumen des Kapitalverkehrs vergrößert. Tendenziell fließt das Kapital dorthin, wo es sich aufgrund günstiger steuerlicher Bestimmungen schneller vermehrt. Dies verursacht den Regierungen Probleme, da sie diese internationalen Kapitalbewegungen bei der Gestaltung ihrer Steuerpolitik stärker berücksichtigen müssen als die eigenen nationalen wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten.

2.4.

In den vergangenen Jahren hat der von den Mitgliedstaaten (3) geförderte Steuerwettbewerb dazu geführt, dass Steuereinnahmen dauerhaft weggebrochen sind, wodurch die Finanzierung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen und öffentlicher Investitionen, die zu den wichtigsten Triebkräften des Wachstums gehören, beeinträchtigt wurden. Obwohl eine Senkung des Besteuerungsniveaus einigen Mitgliedstaaten, die diese Art des Steuerwettbewerbs fördern, kurzfristigen Nutzen bringt, hat sich der langfristige Einnahmerückgang als negativ für das Wirtschaftswachstum im Allgemeinen erwiesen (4). Die Mitgliedstaaten ermutigen den Steuerwettbewerb durch eine Vielzahl an Ausnahmeregelungen im Bereich der Verbrauchsteuern oder der Einnahmen, aber auch durch die Steuervorbescheide für multinationale Unternehmen.

2.5.

Die Fragmentierung der Steuerbestimmungen in der EU (in der quasi jeder Mitgliedstaat sein eigenes Steuersystem hat) hat dazu geführt, dass die Mitgliedstaaten allgemein viel anfälliger für die aggressive Steuerplanung geworden sind. Eine Folge davon könnten erhebliche Einnahmeverluste für die nationalen Haushalte sein. Gleichzeitig schadet die übermäßige steuerliche Fragmentierung dem Binnenmarkt, und sie schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber ihren wichtigsten globalen Wettbewerbern. Eine Harmonisierung der Steuerpolitik auf EU-Ebene kann zum einen zu höheren Steuereinnahmen in allen Mitgliedstaaten führen und zum anderen ein unternehmensfreundlicheres Umfeld durch eine Vereinfachung der Vorschriften und geringere Befolgungskosten schaffen. Die Harmonisierung sollte die Schwächen der Steuersysteme sowie die Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten beheben.

2.6.

Die Öffentlichkeit ist nach den Skandalen der vergangenen Jahre sehr negativ in Bezug auf die Steuervermeidung durch wohlhabende Einzelpersonen oder multinationale Unternehmen eingestellt. Bei diesen Skandalen — man denke etwa an die Fälle Panama Papers, LuxLeaks und Apple — kamen finanzielle Operationen in Höhe von Dutzenden, wenn nicht gar Hunderten von Milliarden Euro ans Licht, die durchgeführt wurden, um Steuern in den Mitgliedstaaten zu vermeiden.

2.7.

Die Abschaffung von Ausnahmen im Bereich der Steuern auf Verbrauch und Einkünfte und eine stärkere Harmonisierung der Besteuerungsgrundlagen würde zu erheblich größeren Steuereinnahmen und zur Förderung von Investitionen im gesamten Binnenmarkt führen. Bekanntlich führen die hohen Befolgungskosten dazu, dass KMU, die grenzüberschreitend investieren wollen, schlechteren Zugang bzw. schlechtere Chancen haben.

2.8.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission auf Ersuchen des Rates eine Reihe von Bestimmungen vorgelegt, durch die eine deutliche Verringerung der Steuervermeidung und der aggressiven Steuerplanung sowie der Doppelbesteuerung von Unternehmen in der EU erreicht werden soll. Allerdings konnten aufgrund der Tatsache, dass die direkte Besteuerung weiterhin in der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, nur begrenzte Fortschritte erzielt werden; über einige der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen wurde im Rat kein Einvernehmen erzielt.

2.9.

Die wichtigsten Maßnahmen der Kommission zur Bekämpfung der Steuervermeidung und aggressiven Steuerplanung umfassen: Verbesserung des automatischen Informationsaustauschs (Automatic exchange of information — AEOI) zwischen nationalen Steuerstellen, Aufnahme einer allgemeinen Klausel zur Verhinderung von Missbrauch in die Vorschriften für Unternehmen, Schaffung einer Verpflichtung zur Meldung der erzielten Gewinne und der darauf entrichteten Steuern nach Ländern aufgeschlüsselt (CBCR) für große multinationale Unternehmen sowie die Wiederaufnahme des Vorhabens zur Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB). Ferner wurden zahlreiche Maßnahmen gegen den Mehrwertsteuerbetrug und zur Senkung der Einnahmeverluste um 15 % (Mehrwertsteuerlücke) ergriffen.

2.10.

Die Kommission hat aktiv an den Verhandlungen auf OECD-Ebene teilgenommen, die 2015 zur Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens geführt haben. Dabei handelt es sich um einen Standard, durch den strengere steuerliche Vorschriften für grenzüberschreitende Transaktionen eingeführt werden sollen, um vor allem die aggressive Steuerplanung zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten haben nun mit der Umsetzung der im Rahmen dieses Standards vorgeschlagenen Maßnahmen begonnen und zusätzliche Maßnahmen in diesem Bereich ergriffen.

3.   Vorschläge des AdR

3.1.   Bekämpfung von Steuervermeidung und aggressiver Steuerplanung

3.1.1.

Die aggressive Steuerplanung bestimmter Unternehmen führt zu erheblichen Einnahmeausfällen in den Haushalten der Mitgliedstaaten. Der EWSA ist der Ansicht, dass eine aggressive Steuerplanung aufgrund der durch sie verursachten Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlagen, die die Mitgliedstaaten zu einer Anhebung der Steuersätze zwingen, unmoralisch ist und schwere Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes hat sowie zu für die Steuerpflichtigen ungerechten Verzerrungen der Steuersysteme führt. In vielen Fällen müssen Privatleute und Kleinunternehmen höhere Steuern zahlen als die großen Unternehmen. Der Ausschuss empfiehlt den Mitgliedstaaten, ihr Engagement für eine möglichst rasche Einführung von Vorschriften zu intensivieren, um dieses extrem schädliche Phänomen zu bekämpfen.

3.1.2.

Über 100 Staaten waren an den Verhandlungen im OECD-Rahmen beteiligt, die zur Erarbeitung einer Reihe von Maßnahmen geführt haben, die in den BEPS-Standard integriert wurden. Die Bemühungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung und der aggressiven Steuerplanung können nicht in vollem Umfang erfolgreich sein, wenn sie nicht zu weltweit anerkannten Standards werden. Der EWSA empfiehlt der Kommission und den Mitgliedstaaten, ihre Verhandlungsbemühungen auf Ebene der internationalen Organisationen fortzusetzen und zu intensivieren, um wirkungsvolle und ordnungsgemäß umzusetzende Bestimmungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung und der aggressiven Steuerplanung zu schaffen.

3.1.3.

Der Rat hat die von der Kommission vorgeschlagenen Kriterien für die Erstellung der Liste von Ländern, die als Steueroasen gelten, gebilligt. Der EWSA sieht darin nur dann einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die aggressive Steuerplanung, wenn diese Liste durch Sanktionen gegen solche Länder und Unternehmen begleitet wird, die weiterhin auf derartige Praktiken bei ihren finanziellen Operationen zurückgreifen. Diese Sanktionen könnten auch ein Verbot des Zugangs dieser Unternehmen zu öffentlichen Mitteln und Aufträgen umfassen.

3.1.4.

Steuervorbescheide wurden auf Initiative der Kommission im Jahr 2015 im Rahmen des automatischen Informationsaustausch (Automatic exchange of information — AEOI) eingeführt. Die Mitgliedstaaten sollten mithilfe dieses Systems Steuervorbescheide aufspüren können, die zu Marktstörungen führen, indem Unternehmen Steuerbefreiungen und -ausnahmen gewährt werden, die möglicherweise ungerechtfertigte staatliche Beihilfen sind. Der Ausschuss empfiehlt den Mitgliedstaaten, von einer weiteren Befeuerung des Steuerwettbewerbs durch den Einsatz zahlreicher Steuervorbescheide abzusehen, die von der wirtschaftlichen Natur der Transaktionen her nicht gerechtfertigt sind und den Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil vor ihren Wettbewerbern verschaffen.

3.2.   Steuerreform auf EU-Ebene

3.2.1.

Die Fragmentierung des Steuersystems in der EU beeinträchtigt den Binnenmarkt, da die Möglichkeiten grenzüberschreitender Investitionen — vor allem von KMU — eingeschränkt werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Steuervorschriften eine Priorität der Mitgliedstaaten sein muss. Das gilt auch für die vollständige Beseitigung der Steuerhindernisse, die die Bemühungen um eine Harmonisierung begleiten müssen.

3.2.2.

Die Globalisierung hat zu einer Verlagerung der steuerlichen Belastung vom Kapital auf den Arbeitsmarkt geführt. So kam es zu einem Anstieg der Kosten für die Arbeitskraft bei zunehmender Vertiefung der Ungleichheiten. Der EWSA spricht sich dafür aus, von der Besteuerung der Arbeit auf die Besteuerung der Finanzpraktiken bzw. der Umweltschädigung überzugehen.

3.2.3.

Die Kommission hat unlängst ihren Vorschlag für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) für Großunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Mio. EUR wieder aufgenommen. Der Vorschlag der Kommission könnte zu einer Harmonisierung der Unternehmenseinkünfte in der EU führen. Sofern sich dieses System als wirksam erweist, beschäftigungs- und investitionsfördernd ist und eine bessere Steuererhebung ermöglicht bzw. zu einem Steuersystem führt, das berechenbarer und unternehmensfreundlicher ist, schlägt der EWSA dessen Einführung in der EU und darüber hinaus vor.

3.2.4.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Formel zur Aufteilung des zu versteuernden Gewinns im Rahmen der GKKB soweit wie möglich auf dem Prinzip der Besteuerung des Gewinns an dem Ort, an dem er erwirtschaftet wurde, basieren sollte. So wäre es einfacher, einen Konsens über die Genehmigung der Maßnahme zu erzielen. Wenn die jüngsten europäischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung ergebnislos bleiben und die GKKB hinter den Zielen zurückbleibt, könnte ein Mindestkörperschaftsteuersatz in Betracht gezogen werden, um eine Abwärtsspirale bei den Standards zu vermeiden.

3.2.5.

Nach Auffassung des EWSA könnte eine mit mehr Eigenmitteln ausgestattete EU die Entwicklung und die Kohäsionspolitik in den Mitgliedstaaten besser unterstützen. Daher empfiehlt der EWSA den Mitgliedstaaten, sich bei Lösungen zur Umsetzung an den Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe „EU-Eigenmittel“ zu orientieren.

3.2.6.

Im Zusammenhang mit der Harmonisierung der Steuersysteme in der EU verweist der EWSA erneut auf den Vorschlag zur Einführung einer „Steuerschlange“ nach dem Modell der „Währungsschlange“, mit der die Einführung der gemeinsamen Währung vorbereitet worden war. Obwohl es bei diesem Ansatz etliche, ziemlich schwierig zu bewältigende politische Faktoren gibt, was auf die Komplexität der Steuersysteme in den Mitgliedstaaten zurückzuführen ist, ist der EWSA der Auffassung, dass in einer ersten Phase drei Typen von Steuereinnahmen abgedeckt werden könnten, die 90 % der Haushaltseinnahmen der Mitgliedstaaten ausmachen: MwSt, Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge.

3.2.7.

Im Bereich der direkten Steuern liegt die Zuständigkeit gemäß den Bestimmungen des EU-Vertrags bei den Mitgliedstaaten. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bemühungen um eine Harmonisierung der Vorschriften über die Bemessungsgrundlagen für die wichtigsten Steuerarten durch die Einführung der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Bereich der direkten Steuern wirkungsvoller unterstützt werden können. Fortschritte in der Steuerpolitik könnten schneller und mit Vorteilen für den Binnenmarkt erreicht werden; sie könnten zudem ein erhebliches Wachstumspotenzial freisetzen, da ein harmonisiertes System die Befolgungskosten für Unternehmen erheblich verringern und ein besser vorhersehbares Steuersystem in der EU schaffen könnte.

3.2.8.

Die Existenz des Euro-Raums als ein einheitlicher Währungsraum, dem in Zukunft die Mehrheit der Mitgliedstaaten angehören wird, macht die Harmonisierung der Steuersysteme- und Sozialsysteme eventuell erforderlich. Nach Auffassung von Fachleuten für Geld- und Währungspolitik hat die Uneinheitlichkeit der Steuersysteme in der Eurozone zu einer Verschärfung der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise geführt. Wenn die jetzige Lage — einheitlicher Währungsraum, aber verschiedene Steuersysteme — fortbesteht, wird der Binnenmarkt weiter geschwächt. Durch eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen für die wichtigsten Steuerarten könnten die Befolgungskosten für die Unternehmen sinken und zusätzliche Ressourcen für Investitionen, Forschung und Innovation frei werden.

3.2.9.

Die Einführung einer differenzierten Regelung für Gewinne zur Begünstigung von Unternehmen, die Gewinne reinvestieren, wird zu Wachstum und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der EU beitragen. Auch die Abschaffung sämtlicher Steuerbefreiungen für Unternehmen, die den Großteil ihrer Gewinne als Dividenden ausschütten, könnte das Wirtschaftswachstum stimulieren.

3.2.10.

Mit einer auf dem Konvergenzprinzip beruhenden Steuerharmonisierung im Euro-Währungsgebiet und einer angemessenen Besteuerung lassen sich die Ressourcen generieren, die für die Ankurbelung der öffentlichen Investitionen benötigt werden, und dadurch auch private Investitionen erleichtern.

Brüssel, den 20. September 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  ABl. C 230 vom 14.7.2015, S. 24, Ziffer 1.11.

(2)  ABl. C 198 vom 10.7.2013, S. 34, Ziffern 3.4 und 3.6.

(3)  Business and Economics Research Journal, volume 6, number 2, 2015, S. 52-53.

(4)  COM(2009) 201 final, S. 5-6.


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