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Document 62016CN0483

Rechtssache C-483/16: Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Törvényszék (Ungarn), eingereicht am 6. September 2016 — Zsolt Sziber/ERSTE Bank Hungary Zrt.

OJ C 419, 14.11.2016, p. 32–34 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

14.11.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 419/32


Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Törvényszék (Ungarn), eingereicht am 6. September 2016 — Zsolt Sziber/ERSTE Bank Hungary Zrt.

(Rechtssache C-483/16)

(2016/C 419/43)

Verfahrenssprache: Ungarisch

Vorlegendes Gericht

Fővárosi Törvényszék

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Zsolt Sziber

Beklagte: ERSTE Bank Hungary Zrt.

Beteiligte: Mónika Szeder

Vorlagefragen

1.

Sind die nachstehenden Vorschriften des Unionsrechts, nämlich Art. 129a Abs. 1 und 2 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Römischer Vertrag) in Verbindung mit Abs. 3 dieses Artikels, Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2012, C 362, S. 2), Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (1) in Verbindung mit Art. 8 dieser Richtlinie sowie der 47. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (2) dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung (und deren Anwendung) entgegenstehen, die zusätzliche Anforderungen zum Nachteil derjenigen Partei (Kläger oder Beklagter) festlegt, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem 26. Juli 2014 als Verbraucher einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, der eine missbräuchliche Vertragsklausel enthält, die eine einseitige Erhöhung der Zinsen, Gebühren oder Provisionen gestattet oder eine Geld-Brief-Spanne einbaut, wobei gemäß diesen zusätzlichen Anforderungen zur gerichtlichen Geltendmachung von sich aus der Unwirksamkeit dieser mit Verbrauchern geschlossenen Verträge ergebenden Rechte und insbesondere, damit das Gericht über die Begründetheit der Sache entscheiden kann, die Einreichung eines zivilrechtlichen Schriftsatzes (insbesondere eine Klage, Klageänderung oder Einrede der Rechtswidrigkeit als Verteidigungsmittel gegen eine Verurteilung des Verbrauchers oder eine Änderung dieser Einrede, eine Widerklage oder eine Änderung dieser Widerklage), der zwingend einen bestimmten Inhalt aufweisen muss, erforderlich ist, während eine andere Partei, die keinen Kreditvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat oder die im selben Zeitraum als Verbraucher einen Kreditvertrag eines anderen Typs als des vorgenannten abgeschlossen hat, keinen solchen Schriftsatz einreichen muss, der zwingend einen bestimmten Inhalt aufzuweisen hat?

2.

Sind die in der ersten Frage genannten Vorschriften des Unionsrechts unabhängig davon, ob der Gerichtshof die erste Frage, die allgemeiner formuliert ist als die zweite Frage, bejaht oder verneint, dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die folgenden zusätzlichen zwingenden Anforderungen (unten Buchst. a bis c) für die Partei gelten, die als Verbraucher einen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage abgeschlossen hat:

a)

die Klage, Klageänderung oder Einrede der Rechtswidrigkeit als Verteidigungsmittel gegen eine Verurteilung des Verbrauchers oder eine Änderung dieser Einrede, eine Widerklage oder Änderung dieser Widerklage, die von der Partei (Kläger oder Beklagter), die als Verbraucher einen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage abgeschlossen hat, im gerichtlichen Verfahren eingereicht werden muss, ist nur zulässig und wird auf ihre Begründetheit hin geprüft, wenn die Partei in dem Schriftsatz nicht nur beantragt, dass das Gericht den mit Verbrauchern abgeschlossenen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage ganz oder teilweise für unwirksam erklärt, sondern auch, dass es die mit der vollumfänglichen Unwirksamkeit einhergehenden Rechtsfolgen zur Anwendung bringt, während eine andere Partei, die keinen Kreditvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat oder die im selben Zeitraum als Verbraucher einen Kreditvertrag eines anderen Typs als des vorgenannten abgeschlossen hat, keinen solchen Schriftsatz einreichen muss, der zwingend einen bestimmten Inhalt aufzuweisen hat;

b)

die Klage, Klageänderung oder Einrede der Rechtswidrigkeit als Verteidigungsmittel gegen eine Verurteilung des Verbrauchers oder eine Änderung dieser Einrede, eine Widerklage oder Änderung dieser Widerklage, die von der Partei (Kläger oder Beklagter), die als Verbraucher einen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage abgeschlossen hat, im gerichtlichen Verfahren eingereicht werden muss, ist nur zulässig und wird auf ihre Begründetheit hin geprüft, wenn die Partei in dem Schriftsatz über die gerichtliche Feststellung der vollumfänglichen Unwirksamkeit des mit Verbrauchern geschlossenen Vertrags im Sinne der ersten Frage hinaus unter den mit der vollumfänglichen Unwirksamkeit einhergehenden Rechtsfolgen nicht die gerichtliche Wiederherstellung der vor Vertragsschluss bestehenden Situation beantragt, während eine andere Partei, die keinen Kreditvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat oder die im selben Zeitraum als Verbraucher einen Kreditvertrag eines anderen Typs als des vorgenannten abgeschlossen hat, keinen solchen Schriftsatz einreichen muss, der zwingend einen bestimmten Inhalt aufzuweisen hat;

c)

die Klage, Klageänderung oder Einrede der Rechtswidrigkeit als Verteidigungsmittel gegen eine Verurteilung des Verbrauchers oder eine Änderung dieser Einrede, eine Widerklage oder Änderung dieser Widerklage, die von der Partei (Kläger oder Beklagter), die als Verbraucher einen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage abgeschlossen hat, im gerichtlichen Verfahren eingereicht werden muss, ist nur zulässig und wird auf ihre Begründetheit hin geprüft, wenn in dem Schriftsatz hinsichtlich des Zeitraums zwischen dem Beginn der Vertragsrechtsbeziehung und der Erhebung der Klage ein (nach den nationalen Bestimmungen ermittelter) aus mathematischer Sicht hochkomplexer Rechnungsabschluss enthalten ist, der auch unter Berücksichtigung der regulatorischen Bestimmungen zur Umrechnung in Forint zu erstellen ist und eine detaillierte Entwicklung, die in einer rechnerisch überprüfbaren Art und Weise aufgeschlüsselt ist, enthalten muss, in der die nach dem Vertrag zu zahlenden fälligen Raten, die vom Kläger gezahlten Raten, die nach dem Vertrag zu zahlenden Raten, die ohne Berücksichtigung der nichtigen Klausel ermittelt worden sind, und der Unterschiedsbetrag zwischen diesen angegeben sind, und der in Form eines Gesamtbetrags angeben muss, auf welchen Betrag sich die Schuld beläuft, die die Partei, die als Verbraucher einen Kreditvertrag im Sinne der ersten Frage abgeschlossen hat, bei dem Kreditinstitut hat, oder in welcher Höhe es gegebenenfalls zu einer Überzahlung gekommen ist, während eine andere Partei, die keinen Kreditvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat oder die im selben Zeitraum als Verbraucher einen Kreditvertrag eines anderen Typs als des vorgenannten abgeschlossen hat, keinen solchen Schriftsatz einreichen muss, der zwingend einen bestimmten Inhalt aufzuweisen hat?

3.

Sind die in der ersten Frage angeführten Vorschriften des Unionsrechts dahin auszulegen, dass der Verstoß gegen diese Vorschriften durch das Aufstellen der oben (in der ersten und der zweiten Frage) genannten zusätzlichen Anforderungen zugleich einen Verstoß gegen die Art. 20, 21 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2012, C 326, S. 2) bedeutet, wobei (zum Teil auch in der ersten und in der zweiten Frage) zu berücksichtigen ist, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten nach den Urteilen des Gerichtshofs vom 5. Dezember 2000, Guimont (C-448/98, EU:C:2000:663), Rn. 23, und vom 10. Mai 2012, Duomo Gpa u. a. (C-357/10 bis C-359/10, EU:C:2012:283), Rn. 28, und dem Beschluss vom 3. Juli 2014, Tudoran (C-92/14, EU:C:2014:2051), Rn. 39, das Unionsrecht auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte ohne grenzüberschreitenden Charakter anzuwenden haben? Oder ist davon auszugehen, dass es sich, da die Kreditverträge, auf die sich die erste Vorlagefrage bezieht, „Kreditverträge, die auf einer ausländischen Währung basieren“, sind, allein aufgrund dieses Umstands um einen Fall mit grenzüberschreitendem Charakter handelt?


(1)  Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

(2)  Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66).


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