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Document 52013AE3907

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen COM(2013) 236 final — 2013/0124 (COD)

OJ C 341, 21.11.2013, p. 54–58 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 341/54


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen

COM(2013) 236 final — 2013/0124 (COD)

2013/C 341/13

Berichterstatter: Luis Miguel PARIZA CASTAÑOS

Mitberichterstatterin: Vladimíra DRBALOVÁ

Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 21. Mai bzw. 13. Mai 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 46 und 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen

COM(2013) 236 final - 2013/0124 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. September 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 492. Plenartagung am 18./19. September 2013 (Sitzung vom 19. September) mit 133 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss stellt fest, dass unter den im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten vier Grundfreiheiten die Freizügigkeit der Arbeitnehmer jene ist, die in der Praxis mit den meisten Hindernissen konfrontiert bleibt.

1.2

Der EWSA ist der Ansicht, dass eine unproblematische und diskriminierungslose Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer – als eine Säule der Europa-2020-Strategie – zum Schutz der Grundrechte beitragen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der EU, die Produktivität der Unternehmen und die Qualität der Beschäftigung der Arbeitnehmer verbessern wird.

1.3

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa muss weiterhin politische Priorität für die EU haben. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Richtlinie zu einer gerechten und ausgewogenen Form der Mobilität beitragen wird.

1.4

Der EWSA befürwortet den Richtlinienvorschlag der Kommission, der die Gleichbehandlung und die Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit für europäische Arbeitnehmer bei der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit erleichtern wird. Dennoch bleiben andere Mobilitätshemmnisse bestehen, worauf der EWSA in mehreren Stellungnahmen hingewiesen hat.

1.5

Um die vorhandenen Mobilisierungshemmnisse weiter abzubauen, sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, für mobile Arbeitnehmer verständliche arbeits- und sozialrechtliche Informationen in den jeweiligen Landessprachen zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollte für Arbeitnehmer ein eigenständiges Recht auf Beratung etabliert werden. Die entsprechenden Beratungsstrukturen sollten eng mit den Sozialpartnern und EURES vernetzt arbeiten und gewährleisten, dass mobile Arbeitnehmer schon in den Herkunftsländern über die sozialen und rechtlichen Gegebenheiten in den Zielländern informiert werden.

1.6

Der EWSA unterstützt die Ziele, die die Kommission mit der Richtlinie erreichen möchte, wie den Schutz der Rechte resultierend aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und ihren Familienangehörigen im Bereich der Beschäftigung und verschiedener Sozialrechte durch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren; die Beteiligung von Verbänden, Organisationen oder sonstigen Rechtssubjekten; die Benennung von Unterstützungs- und Überwachungsstellen auf nationaler Ebene; den sozialen Dialog; die Verbesserung der Information von Unternehmen und Arbeitnehmern. Der EWSA begrüßt, dass die Umsetzung in einzelstaatliches Recht unter Achtung der nationalen Rechtsverfahren und -methoden erfolgt.

1.7

Der EWSA befürwortet, dass Dienste zur Information und Beratung über die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit und Mobilität als Hilfe für Arbeitnehmer eingerichtet werden. Darüber hinaus sollten die Arbeitgeber angemessen informiert werden.

1.8

Der EWSA unterstützt die Anstrengungen der Europäischen Kommission zur Änderung und Erweiterung der Rolle von EURES zwecks leichterer Mobilität und besserer Übereinstimmung zwischen Kompetenzen und Arbeitsmarkterfordernissen.

2.   Der Vorschlag für eine Richtlinie

2.1

In dem im Mai 2010 von Mario Monti vorgelegten Bericht "Eine neue Strategie für den Binnenmarkt" wird unterstrichen, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus rechtlicher Sicht ein Erfolg ist, aber von den vier Grundfreiheiten des Binnenmarkts die am wenigsten genutzte ist. Die Kluft zwischen Theorie und Praxis zeigt sich auch an den von Kommissionspräsident BARROSO vorgestellten politischen Leitlinien 2010-2014.

2.2

Die Europäische Kommission schlägt eine Richtlinie mit dem Ziel vor, die Anwendung der EU-Rechtsvorschriften zu verbessern und die Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen, zu erleichtern. Der Vertrag und die Umsetzungsvorschriften der EU verleihen allen Unionsbürgerinnen und -bürgern das Recht, ungehindert in einen anderen Mitgliedstaat einzureisen, um dort zu arbeiten und zu leben, schützen sie im Beschäftigungsbereich vor Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und gewährleisten ihre Gleichbehandlung.

2.3

In den letzten Jahren (1997, 2002, 2007) wurden drei Aktionspläne (1) für die Mobilität von Arbeitnehmern auf den Weg gebracht. Gleichwohl üben nur 3 % der europäischen Arbeitnehmer das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU aus. Die Kommission, das Parlament, der Ausschuss der Regionen und der EWSA sowie die Sozialpartner haben auf die Schwierigkeiten bei der praktischen Ausübung dieses Rechts hingewiesen:

Nichteinhaltung des EU-Rechts durch nationale Behörden (nichtkonforme Rechtsvorschriften oder fehlerhafte Anwendung) mit negativen Auswirkungen auf Wanderarbeitnehmer in der EU;

Nichteinhaltung des EU-Rechts durch Arbeitgeber und Rechtsberater;

EU-Wanderarbeitnehmer haben keinen Zugang zu Informationen oder können ihre Rechte nicht durchsetzen.

2.4

Infolge dieser Probleme ist die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit weiterhin vielfach ein sehr großes Hindernis für EU-Wanderarbeitnehmer.

2.5

Die Kommission hat ein umfangreiches Programm zur Anhörung der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner, der Zivilgesellschaft und der Fachagenturen durchgeführt und ist zu dem Schluss gelangt, dass zur Vereinfachung der Ausübung der Freizügigkeitsrechte der Arbeitnehmer eine Richtlinie das am besten geeignete Rechtsinstrument ist, um eine einheitliche Ausübung der Rechte gemäß Artikel 45 des Vertrags (AEUV) und Artikel 1 bis 10 der Verordnung Nr. 492/2011 zu erreichen.

2.6

Der Geltungsbereich der Richtlinie bezieht sich auf die Aspekte der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 492/2011, die die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung in folgenden Bereichen garantiert:

Zugang zur Beschäftigung;

Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere in Bezug auf Entgelt und Kündigung;

Zugang zu sozialen und steuerlichen Vergünstigungen;

Mitgliedschaft in Gewerkschaften;

Zugang zur beruflichen Bildung;

Zugang zu Wohnraum;

Zugang zur Bildung für die Kinder der Arbeitnehmer.

2.7

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu,

nationale Kontaktstellen einzurichten, um Wanderarbeitnehmer über die im EU-Recht garantierten Rechte (u.a. Nichtdiskriminierung und Freizügigkeit) zu informieren und sie beratend zu unterstützen;

auf nationaler Ebene administrative und/oder gerichtliche Rechtsbehelfe bereitzustellen und zu garantieren;

zu ermöglichen, dass Gewerkschaften, nichtstaatliche Organisationen und andere juristische Personen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren einleiten, um die Rechte, die sich aus Artikel 45 AEUV und Artikel 1 bis 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ergeben, mit Zustimmung der Arbeitnehmer oder ihrer Familienangehörigen in deren Namen oder als deren Rechtsbeistand im Einklang mit den im innerstaatlichen Recht festgelegten Kriterien durchzusetzen;

die Wanderarbeitnehmer der EU und die Arbeitgeber über die europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der Freizügigkeit besser zu informieren.

3.   Allgemeine Bemerkungen: Unionsbürger und Freizügigkeit

3.1

Die EU muss alle Möglichkeiten des Arbeitsmarkts mobilisieren, um Wachstum und Beschäftigung anzuregen, das Potenzial des Binnenmarkts voll ausschöpfen und einen dynamischen und integrativen europäischen Arbeitsmarkt schaffen, der bestmögliche Perspektiven einer langfristigen Beschäftigung bietet. Dazu müssen die Hürden für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beseitigt und die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und der Unternehmen gewährleistet werden.

3.2

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission im Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger diesen Richtlinienvorschlag zur Erleichterung der Freizügigkeit der europäischen Arbeitnehmer vorgelegt hat. Der freie Personenverkehr ist eine der vier im Vertrag verankerten Grundfreiheiten (neben dem freien Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen), auf denen der Binnenmarkt beruht. Sie sichert Unionsbürgern, die in einen anderen Mitgliedstaat einreisen, um dort zu arbeiten, das Recht auf Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu.

3.3

Auf Ersuchen des belgischen Ratsvorsitzes erarbeitete der EWSA 2011 eine Sondierungsstellungnahme (2), in der die Rolle der Einwanderung im demografischen Kontext der EU untersucht wurde. Der EWSA kam darin zu dem Schluss, dass Europa infolge der negativen demografischen Situation und der Unausgewogenheit des Arbeitsmarkts die interne Mobilität der europäischen Arbeitnehmer verbessern und die Einwanderung aus Drittstaaten erleichtern muss.

3.4

Der tschechische Ratsvorsitz ersuchte den Ausschuss 2009 ebenfalls um eine Sondierungsstellungnahme (3) zur Ermittlung der im Binnenmarkt noch verbliebenen Mobilitätshemmnisse. Nach Auffassung des EWSA sind die Unionsbürger, die in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten wollen, trotz des Vertrags und der europäischen Rechtsvorschriften bei der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit weiterhin mit einer Vielzahl gravierender Schwierigkeiten konfrontiert. In der Stellungnahme wird u.a. festgestellt, dass "die Mobilität in Europa (…) auch weiterhin zu den Prioritäten der EU gehören" muss und dass "die Bestimmungen zu einer fairen und ausgewogenen Mobilität beitragen sowie Sozialdumping und Schwarzarbeit verhindern" sollten.

3.5

Der Richtlinienvorschlag der Kommission wird die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit für europäische Arbeitnehmer bei der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit erleichtern. Dennoch gibt es weiterhin Mobilitätshemmnisse und Mobilitätsrisiken für Arbeitnehmer, auf die der EWSA in mehreren Stellungnahmen (4) hingewiesen und für die er verschiedene Lösungen vorgeschlagen hat, z.B. in Bezug auf:

die Übergangsfristen, die in bestimmten Branchen oder generell die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die europäische Bürger sind, zeitweise einschränken;

die Arbeitsgesetze der Mitgliedstaaten, die juristische und administrative Hemmnisse schaffen; außerdem müssen die Tarifabkommen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer erleichtern;

die Probleme von Grenzgängern im Bereich der Freizügigkeit, der Besteuerung und der sozialen Sicherheit;

fehlende Sprachkenntnisse;

die ungenügende Koordinierung der öffentlichen Systeme der sozialen Sicherheit und die Probleme bei der Übertragbarkeit und Anerkennung von Zusatzrenten;

die fortbestehenden gravierenden Probleme bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und Hochschulabschlüssen;

die Schwierigkeiten beim Zugang zur Weiterbildung;

die fehlende Information und Beratung über europäische Rechtsvorschriften und Verfahren der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, mit der Arbeitnehmer, Unternehmen, Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen sowie Gerichte und andere Rechtsakteure auf nationaler Ebene konfrontiert sind;

fehlende (eigentlich schon in den Herkunftsländern zu gewährleistende) Information und Beratung für Arbeitnehmer über arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Fragen und Ansprechpartner im Zielland;

die Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt und die Kosten von Wohnraum sowie fehlende Sozialwohnungen;

diskriminierende Steuern, Abgaben und Sozialleistungen;

Probleme beim Zugang zu Gesundheitsdiensten;

Schwierigkeiten der Kinder im Bildungswesen.

3.6

Der EWSA hat sich in seinen Stellungnahmen (5) auch zu Rechtsvorschriften gegen unterschiedlich motivierte Formen der Diskriminierung geäußert. Er ist der Ansicht, dass sowohl die Verordnung (EU) Nr. 492/2011 als auch die Antidiskriminierungsrichtlinien Nr. 2000/43 und Nr. 2000/78 durchgesetzt und dazu genutzt werden sollten, Diskriminierungen im Bereich der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, der administrativen wie auch der gerichtlichen Verfahren und der Tarifabkommen zu beseitigen, um die Arbeitsmobilität in der EU zu erleichtern.

3.7

Mobilität gilt sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer als positiv, wenn sie in angemessener, freiwilliger und gerechter Form erfolgt, wie BusinessEurope und der Europäische Gewerkschaftsbund herausgestellt haben. Die Unternehmen verfügen über ein größeres Einstellungsreservoir, während die Arbeitnehmer zwischen mehr Beschäftigungsmöglichkeiten wählen können.

3.8

Die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, die Gegenstand dieses Richtlinienvorschlags ist, muss vom freien Dienstleistungsverkehr der Unternehmen unterschieden werden. Zu dem letzten Richtlinienvorschlag für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen hat der EWSA vor Kurzem eine Stellungnahme (6) verabschiedet.

3.9

Der EWSA unterstützt die neuen Anstrengungen zur Verbesserung der Funktionsweise des EU-Binnenmarkts und die Maßnahmen zur Erleichterung der Mobilität, mit denen bestehende Hürden aus dem Weg geräumt werden. Durch die vorgeschlagene Richtlinie werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihre Rechtsvorschriften und ihre Institutionen anzupassen. Dies unterstützt der EWSA zwar, empfiehlt aber, unnötigen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen zu vermeiden.

3.10

Die nationalen Behörden und die Unterstützungs- und Überwachungsstellen sollen insbesondere auf die Gewährleistung der Gleichbehandlung der EU-Wanderarbeitnehmer mit Behinderungen achten.

4.   Besondere Bemerkungen und Empfehlungen

4.1

Auch wenn Artikel 45 AEUV und die Verordnung (EU) Nr. 492/2011 bei ordnungsgemäßer Umsetzung in den Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung der EU-Wanderarbeitnehmer im Rahmen der Freizügigkeit garantieren, verbleiben zahlreiche Probleme bei ihrer praktischen Anwendung. Deshalb ist der EWSA der Ansicht, dass die vorgeschlagene Richtlinie das angemessene Rechtsinstrument ist, um die Ausübung der Arbeitnehmerrechte zu erleichtern, weil sie es ermöglicht, die vorgesehenen Ziele im Zuge der Umsetzung in nationales Recht auf einheitliche Weise zu erreichen. Nach Auffassung des Ausschusses sollten das Europäische Parlament und der Rat den Richtlinienvorschlag ebenfalls unterstützen.

4.2

Der EWSA ist der Ansicht, dass durch den Schutz der aus der Freizügigkeit der europäischen Arbeitnehmer erwachsenden Rechte, die die Gleichbehandlung gewährleisten, die Mobilität erleichtert und der Binnenmarkt gestärkt werden. Unternehmen und Arbeitnehmer in der EU erhalten neue Chancen, indem ihnen alle Möglichkeiten des EU-Binnenmarkts offenstehen.

4.3

Darüber hinaus ist der EWSA der Ansicht, dass die Gleichbehandlung und die Nichtdiskriminierung die Integration von Wanderarbeitern und ihren Familien erleichtern.

4.4

Der Beratende Ausschuss für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (7) sowie der Europäische Gewerkschaftsbund und BusinessEurope haben sich zustimmend zu einem Richtlinienvorschlag geäußert. Der EWSA begrüßt die gemeinsamen Anstrengungen der europäischen Sozialpartner zur Unterstützung einer fairen Mobilität und der Wirtschaftsmigration in der EU (8).

4.5

Darüber hinaus sollte der Ausschuss für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (9) neue Leitlinien zur Verbesserung der Arbeitsmobilität annehmen.

4.6

Um die vorhandenen Mobilisierungshemmnisse weiter abzubauen, sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, für mobile Arbeitnehmer verständliche arbeits- und sozialrechtliche Informationen in den jeweiligen Landessprachen zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollte für Arbeitnehmer ein eigenständiges Recht auf Beratung etabliert werden. Die entsprechenden Beratungsstrukturen sollten eng mit den Sozialpartnern und EURES vernetzt arbeiten und gewährleisten, dass mobile Arbeitnehmer schon in den Herkunftsländern über die sozialen und rechtlichen Gegebenheiten in den Zielländern informiert werden.

4.7

Die Richtlinie wird nach ordnungsgemäßer Umsetzung in nationales Recht die staatlichen Behörden dazu verpflichten, die Einhaltung der europäischen Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit sicherzustellen. Darüber hinaus wird sie Arbeitgebern und Rechtsberatern, die derzeit mit dem EU-Recht wenig vertraut sind, die Arbeit erleichtern. Ebenso werden Information und Rechtsschutz der Arbeitnehmer und ihrer Familien verbessert.

4.8

Der EWSA befürwortet die vier Ziele, die die Kommission verfolgt:

Eindämmung der Diskriminierung von EU-Wanderarbeitnehmern aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit;

Beseitigung der Diskrepanz zwischen den auf dem Papier anerkannten Rechten von EU-Wanderarbeitnehmern und deren Ausübung in der Praxis durch Erleichterung der ordnungsgemäßen Anwendung des geltenden Rechts;

Verringerung der Häufigkeit von Fällen unfairer Behandlung von EU-Wanderarbeitnehmern;

bessere Befähigung der EU-Wanderarbeitnehmer zur Wahrnehmung ihrer Rechte.

4.9

Der EWSA unterstützt voll und ganz das Ziel der Richtlinie (Artikel 1), die sich aus Artikel 45 des Vertrags (AEUV) und den Artikeln 1 bis 10 der Verordnung Nr. 492/2011 ergebenden Rechte einheitlich anzuwenden und durchzusetzen, und befürwortet auch uneingeschränkt den Geltungsbereich (Artikel 2), der sich auf die Aspekte der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung bezieht.

4.10

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Verordnung und die Richtlinie die Rechte der Grenzgänger schützen, die auch europäische Arbeitnehmer sind, die das Recht auf Freizügigkeit ausüben.

4.11

Des Weiteren befürwortet der EWSA die Aufnahme des Schutzes des Rechts auf Gleichbehandlung, der Rechtsbehelfe und der Fristen in die administrativen und gerichtlichen Systeme und Verfahren jedes Landes (Artikel 3). Er empfiehlt jedoch den Mitgliedstaaten, die Gebührensätze für die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu senken, damit sie für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen erschwinglich sind.

4.12

Der EWSA erachtet auch den Wortlaut von Artikel 4 als angemessen: "Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Verbände, Organisationen oder sonstige Rechtssubjekte, die im Einklang mit den im innerstaatlichen Recht festgelegten Kriterien ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie haben, mit Zustimmung von Arbeitnehmern oder ihren Familienangehörigen in deren Namen oder als deren Rechtsbeistand sich an etwaigen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen oder solche einleiten können, um die Rechte, die sich aus Artikel 45 des Vertrages und den Artikeln 1 bis 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ergeben, durchzusetzen", unbeschadet des nationalen Verfahrensrechts bezüglich der Vertretung und Verteidigung vor Gericht. In diesem Zusammenhang ist die Rolle, die das einzelstaatliche Recht den Gewerkschaften zuweist, von grundlegender Bedeutung, was in der Richtlinie berücksichtigt werden muss.

4.13

Der EWSA befürwortet Artikel 5, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, Strukturen oder Stellen zur Förderung, Analyse, Überwachung und Unterstützung der Gleichbehandlung zu benennen. Er ist damit einverstanden, dass diese konkreten Aufgaben, je nach den Gegebenheiten der Länder, entweder neu zu schaffenden Strukturen oder bereits existierenden nationalen Stellen übertragen werden können, die ähnliche Ziele auf dem Gebiet der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung verfolgen. Die Sozialpartner sollten im Rahmen der einzelstaatlichen Systeme in diese Entscheidung verbindlich eingebunden werden. In beiden Fällen sollten die Strukturen und Stellen die neuen Aufträge eindeutig in ihren Zuständigkeitsbereich aufnehmen und für deren Verwirklichung angemessene personelle und finanzielle Mittel erhalten. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass diese Strukturen und Stellen vollkommen unabhängig von den Regierungen sein sollten. Darüber hinaus sollten die nationalen und regionalen Sozialpartner im Rahmen der einzelstaatlichen Systeme angemessen in diesen Stellen mitwirken.

4.14

In der Richtlinie wird die Rolle der Arbeits- und Gewerbeaufsichtsbehörden nicht erwähnt, die im Zuge der Umsetzung der Richtlinie auf die Einhaltung der Gleichbehandlungsvorschriften in den Arbeitsverträgen, Tarifabkommen und Sozialschutzsystemen achten müssen. Der EWSA schlägt vor, diesem Aspekt in der Richtlinie Rechnung zu tragen.

4.15

Der EWSA befürwortet die vier Bereiche, in denen diese Stellen Befugnisse haben sollen (Artikel 5 Absatz 2): Rechtsberatung und Unterstützung sonstiger Art, Erhebungen, Berichte und Information.

4.15.1

Das System der "zentralen Anlaufstellen" kann sehr wichtig sein, um die Arbeitnehmer über das Leben und Arbeiten in den einzelnen Mitgliedstaaten zu informieren und zu beraten. Die Sozialpartner müssen dabei eng einbezogen werden. Sie müssen aber auch mit den bereits auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene bestehenden Informations- und Unterstützungsdiensten sowie Weiterbildungsstellen zusammenarbeiten. Die wesentliche Rolle des EURES-Portals muss aufrechterhalten und gefördert werden, weil es sich dabei um ein wichtiges Instrument der EU handelt, das sowohl auf die Mobilität von Arbeitnehmern als auch auf die bessere Übereinstimmung zwischen Kompetenzen und Arbeitsmarkterfordernissen abzielt. Auch hier muss die Beteiligung der Sozialpartner verbessert und weiter sichergestellt werden.

4.16

Der EWSA ist der Ansicht, dass der soziale Dialog zwischen den Sozialpartnern auf dem Arbeitsmarkt, der Trilog zwischen Staat, Gewerkschafts- und Arbeitgeberorganisationen sowie der Dialog mit der Zivilgesellschaft (10) sehr wichtige Mittel der öffentlichen Politik sind und positive Folgen für die Bürger zeitigen. Deshalb befürwortet er Artikel 6 über den sozialen Dialog im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften.

4.17

Die Verbreitung von Informationen in den Mitgliedstaaten (Artikel 7) ist für einen angemessenen Ablauf der Migration der EU-Arbeitnehmer von großer Bedeutung. Der Zugang von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu Informationen ist für das reibungslose Funktionieren des europäischen Binnen- und Arbeitsmarkts maßgeblich. Durch adäquate und leicht zugängliche Informationen kann Missbräuchen durch die Arbeitgeber und der tatenlosen Hinnahme der Diskriminierung durch die Arbeitnehmer entgegengewirkt werden.

4.18

Der EWSA rät den Wanderarbeitnehmern und ihren Familien, auch auf die bestehenden Informationssysteme wie Your Europe, EURES usw. zurückzugreifen.

4.19

Der EWSA begrüßt, dass die europäischen Sozialpartner die Frage der Freizügigkeit innerhalb der EU und der Wirtschaftsmigration aus Drittstaaten in ihrem aktuellen gemeinsamen Arbeitsprogramm 2012-2014 behandeln, und schlägt vor, dass die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund und BusinessEurope neue Programme auf den Weg bringt, um den Informationsaustausch zwischen den Gewerkschafts- und Arbeitgeberorganisationen auf nationaler Ebene zu verbessern sowie die Freizügigkeit der europäischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen und den Schutz ihrer Rechte zu erleichtern.

Brüssel, den 19. September 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  COM(1997) 586 final; COM(2002) 72 final; COM(2007) 773 final.

(2)  ABl. C 48 vom 15.2.2011, S. 6-13.

(3)  ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 14-23.

(4)  ABl. C 68 vom 6.3.2012, S. 11-14, ABl. C 191 vom 29.6.2012, S. 103-107.

(5)  ABl. C 204 vom 18.7.2000, S. 82-90, ABl. C 155 vom 29.5.2001, S. 65-71, ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 102-108.

(6)  ABl. C 351 vom 15.11.2012, S. 61-64.

(7)  Sitzung vom30. Oktober 2012.

(8)  Gemeinsames Arbeitsprogramm der europäischen Sozialpartner (2012-2014): Mobilität, Wirtschaftsmigration und Integration von Arbeitsmigranten in den Arbeitsmarkt.

(9)  Vorgesehen in der Verordnung (EU) Nr. 492/2011.

(10)  ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 137.


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