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Document 52010AE1371

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss — Eine europäische Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge“ KOM(2010) 186 endg.

OJ C 51, 17.2.2011, p. 37–42 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

17.2.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/37


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss — Eine europäische Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge“

KOM(2010) 186 endg.

2011/C 51/08

Hauptberichterstatter: Peter MORGAN

Die Europäische Kommission beschloss am 28. April 2010, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Eine europäische Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge

KOM(2010) 186 endg.

Aufgrund der Neubesetzung des Ausschusses hat das Plenum beschlossen, diese Stellungnahme auf der Oktober-Plenartagung zu erörtern, und Peter MORGAN gemäß Artikel 20 der Geschäftsordnung zum Hauptberichterstatter bestellt.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 466. Plenartagung am 21. Oktober 2010 mit 183 Stimmen bei 14 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss befürwortet die Ausarbeitung einer EU-Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge, in der die Anliegen des Ausschusses in Bezug auf die zu Neige gehenden Vorräte an fossilen Brennstoffen, die CO2-Emissionen und die Luftverschmutzung aufgegriffen werden. Diese Strategie muss ganzheitlich angelegt sein. Wenn die Verschmutzung und die Emissionen lediglich auf die Stromerzeugung und die Fahrzeugproduktion verlagert werden oder Öko-Strategien zu Umweltschäden wie z.B. Entwaldung führen, ist nichts gewonnen. Die Erreichung der Kyoto-Ziele in der EU wurde durch den Straßenverkehr beeinträchtigt. Diese Strategie ist überfällig.

1.2   In den kommenden 20 Jahren werden mit Verbrennungsmotoren ausgerüstete Fahrzeuge nach wie vor der wichtigste Verkehrsträger sein. Daher erwartet der Ausschuss, dass mit dieser Strategie Anreize für bahnbrechende Technologien für Verbrennungsmotoren ebenso wie für die innovativeren Antriebsformen geschaffen werden. Es ist zu früh, um eine endgültige Entscheidung über die Technologie der Zukunft zu treffen. Zum derzeitigen Zeitpunkt müssen alle Optionen offen gehalten werden.

1.3   Mit dieser Strategie muss die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Automobilindustrie gestärkt werden. Mittels Rechtsvorschriften sollte gewährleistet werden, dass die Fahrzeuge immer sauberer und energieeffizienter werden. Die künftige Wettbewerbsfähigkeit hängt jedoch neben der Entwicklung von Elektrofahrzeugen auch von radikalen Innovationen bei in Pkw, Bussen und Lkw zur Anwendung kommenden Verbrennungsmotoren ab.

1.4   Seit mehr als 100 Jahren wird an der Entwicklung von Elektrofahrzeugen gearbeitet, doch waren sie wegen verschiedener Probleme, insbesondere der Batterielebensdauer, bislang keine wirtschaftlich tragfähige Alternative zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Umweltthematik hat die Gegebenheiten jedoch gründlich verändert. Je mehr Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen, desto besser wird auch die Umweltleistung von Herstellern und Nutzern. In der Zwischenzeit können mit Verbrennungsmotoren ausgerüstete Kleinfahrzeuge zur Verringerung der Verkehrbelastung in den Städten beitragen.

1.5   Im Juli 2010 verabschiedete der Ausschuss eine Stellungnahme zum Thema „Hin zu einer starken Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen“, für die Frederic Osborn als Berichterstatter verantwortlich zeichnete (CESE 429/2010 fin). Die darin enthaltenen Empfehlungen werden in dieser Strategie angemessen berücksichtigt.

1.6   Diese Strategie ist eine europäische Strategie, doch hängt ihr Erfolg von den nationalen, regionalen und lokalen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten, ihrer Industriekapazitäten, der Kaufkraft und dem Verbraucherverhalten ab. Aufgrund der äußerst ungleichen Ausgangslage der Mitgliedstaaten wird die Umsetzung dieser Strategie zwangsläufig unterschiedlich rasch erfolgen. Weiter fortgeschrittene Städte und Länder müssen sich unbedingt der Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten und den asiatischen Ländern stellen.

1.7   Für den Erfolg dieser Strategie ist eine Einbindung der europäischen Gesellschaft unerlässlich. Mit der Richtlinie 2009/33/EG wird der öffentliche Sektor eingespannt. Privatunternehmen müssen über ihre Umweltberichterstattung in die Pflicht genommen werden. Einzelpersonen, die ein Fahrzeug entweder für berufliche oder private Zwecke anschaffen, sollten mit einer Mischung aus positiven und negativen finanziellen Anreizen zum Ankauf sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge angehalten werden.

1.8   Da die EU-Institutionen zumeist nur Kurzstreckenfahrten in Brüssel, Luxemburg oder Straßburg durchführen, könnten sie nach Meinung des Ausschusses ein beispielhaftes Konzept für sauberen und effizienten Transport entwickeln.

1.9   Der Ausschuss verweist auf das Investitionsvolumen, das für den Aufbau der künftigen Verteilungsnetze und Infrastrukturen erforderlich ist, um die milliardenschweren Investitionen in die Kohlenwasserstoff-Wirtschaft zu ersetzen.

1.10   Folgende Empfehlungen sind aus Ziffer 5 übernommen:

1.10.1

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten Forschung und Entwicklung in den Bereichen Verbrennungsmotoren für innovative Kleinfahrzeuge und revolutionäre Produktionssysteme fördern sowie Hemmnisse für deren Markteinführung abbauen.

1.10.2

Für schwere Nutzfahrzeuge sollten Ziele, die in ihrer Bandbreite mit den geltenden Zielen für Fahrzeughersteller vergleichbar sind, Anwendung finden.

1.10.3

Programme für saubere und energieeffiziente Lkw und Busse sollten auf Dauer gefördert werden, bis diese international wettbewerbsfähig sind.

1.10.4

Da Biokraftstoffe bis 2020 7 % des EU-Kraftstoffbedarfs decken sollen, fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, dieses Ziel zu bekräftigen oder ihre Politik zu ändern.

1.10.5

Die Mitgliedstaaten sollten Automobilhersteller und potenzielle Nutzer zur Entwicklung innovativer Konzepte in Bezug auf gasförmige Alternativkraftstoffe anhalten.

1.10.6

Die Mitgliedstaaten sollten eine rasche Akzeptanz von Elektrofahrzeugen fördern, damit die EU bei der Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen nicht hinter andere Regionen zurückfällt.

1.10.7

Die maßgeblichen Fahrzeughersteller sollten zum Auf- und Ausbau der Batterieproduktion in Europa ermuntert werden.

1.10.8

Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass die Normungsgremien in Bezug auf Elektrofahrzeuge zügig handeln.

1.10.9

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen zusammenarbeiten, um die Verfügbarkeit von Seltenerdmetallen und Edelmetallen auch in Zukunft sicherzustellen.

1.10.10

Die langfristige Wasserstoff-Strategie sollte Optionen für den Fall enthalten, dass Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb sich nicht als wirtschaftlich tragfähig erweisen.

1.10.11

Es sollten Leitlinien und Ziele betreffend den Kraftstoffverbrauch und den Schadstoffausstoß für Behörden, öffentliche Dienstleister und große öffentliche wie auch private Unternehmen ausgearbeitet werden.

1.10.12

Es gilt, Leitlinien für die verschiedenen Kriterien zu erstellen, die gemäß Richtlinie 2009/33/EG auf das Beschaffungswesen Anwendung finden.

1.10.13

Die Berichterstattungspflicht öffentlicher und privater Unternehmen über die Nutzung fossiler Brennstoffe und CO2-Emissionen sollte dahingehend geändert werden, dass der diesbezüglich auf Transport entfallende Anteil eigens ausgewiesen wird.

1.10.14

In Bezug auf globale Aspekte fehlt in dem Aktionsplan ein Verweis auf die WTO.

1.10.15

Vertreter der Zivilgesellschaft, die sich dem Umweltschutz verschrieben haben, sollten in die neue hochrangige Gruppe CARS 21 eingebunden werden.

1.10.16

Bei der Neuausrichtung ihres strategischen Ansatzes für den Industriebereich sollte die EU als einen der ersten Sektoren die Automobilindustrie ins Visier nehmen. Sie muss eine starke Governance-Struktur schaffen mit dem dringlichen Auftrag, die erforderlichen Änderungen des Rechtsrahmens, Anreizmaßnahmen sowie die notwendigen Investitionen und die Entstehung neuer Märkte zu fördern.

1.10.17

Die EU darf nicht ins Hintertreffen geraten. Die zuständigen Kommissionsmitglieder müssen gemeinsam handeln; Mitgliedstaaten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die über die erforderlichen Ressourcen verfügen, müssen umgehend tätig werden. Der Aktionsplan muss als dringender Aufruf zum Handeln verstanden werden.

2.   Einleitung

2.1   Die Strategie der Europäischen Kommission hat die Schaffung eines geeigneten und technologieneutralen politischen Rahmens zum Ziel. Kurzfristig ist diese Strategie zweigleisig angelegt, und zwar auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und auf batteriegetriebene Elektrofahrzeuge.

2.2   Die Strategie für Verbrennungsmotoren ist ihrerseits ebenfalls wieder auf zwei Achsen ausgerichtet: Sie erfordert die weitere Verbesserung herkömmlicher Otto- und Dieselkraftstoffe sowie die Einführung alternativer Kraftstoffe einschl. flüssiger Biokraftstoffe und gasförmiger Kraftstoffe. Die Verwendung gasförmiger Kraftstoffe erfordert Umbauten an den Verbrennungsmotoren, ein besonderes Kraftstoffspeicherungssystem im Fahrzeug und ein ausreichend ausgedehntes Betankungsnetz. Dies ist bei Biokraftstoffen nicht der Fall.

2.3   Die Strategie für Elektrofahrzeuge umfasst batteriegetriebene Elektrofahrzeuge wie den Nissan Leaf, Hybridfahrzeuge wie den Toyota Prius und Plug-in-Hybridfahrzeuge wie den Chevrolet Volt. Hybridfahrzeuge sind keine echten Elektrofahrzeuge, da sie nicht direkt an eine Stromladestation angeschlossen werden können.

2.4   Sollten Forschung und Entwicklung in die Wasserstofftechnologie endlich erfolgreich sein, werden Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb das ultimative Elektrofahrzeug werden.

3.   Aktionsplan der Europäischen Kommission für umweltfreundliche Fahrzeuge

3.1   Regulierungsrahmen

Typgenehmigung für zwei-, drei- und vierrädrige Kraftfahrzeuge;

Durchführung der Verordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen bis 2011;

Vermarktung des „Ökobonus“ von Fahrzeugen;

Vorschlag zum Treibstoffverbrauch von mobilen Klimaanlagen;

zusätzliche Maßnahmen für CO2- und Schadstoffemissionen;

Überarbeitung des Prüfzyklus zur Emissionsmessung;

Inventar von umweltpolitisch nützlichen Maßnahmen;

Vorschlag zur Änderung der Richtlinie zur Verringerung der Geräuschemissionen;

Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe;

Strategie zur Förderung von sauberen und energieeffizienten schweren Nutzfahrzeugen.

3.2   Forschung und Innovation

Verbesserung herkömmlicher Motoren, Elektroantriebe einschließlich alternativer Batterietechnologien und Wasserstofftechnologien;

Vereinfachung der Vorschriften für die Bewilligung von Forschungszuschüssen;

langfristige Forschungsstrategie;

Unterstützung seitens der EIB.

3.3   Marktakzeptanz

Leitlinien für finanzielle Anreize seitens der Mitgliedstaaten;

Überarbeitung der Richtlinie zur Energiebesteuerung;

Leitlinien für die Mitgliedstaaten in Bezug auf Besteuerungssysteme;

Überwachung der Umsetzung der Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge;

Forschungsprojekt zu Verbrauchererwartungen und zum Kaufverhalten;

Änderung der Richtlinie über die Kennzeichnung von Personenkraftwagen;

Demonstrationsprojekt zur Elektromobilität.

3.4   Globale Aspekte

Internationale Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der Normung;

harmonisierte Vorschriften seitens der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN-ECE);

Rohstoff-Initiative für Seltenerdmetalle und Edelmetalle.

3.5   Beschäftigung

Europäischer Qualifikationsrat für den Sektor (European Sectoral Skills Council);

Europäischer Sozialfonds.

3.6   Halbzeitbewertung der Rechtsvorschriften zu CO2-Emissionen

Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen für 2020 und 2030;

Verringerung der CO2-Emissionen von leichten Nutzfahrzeugen bis 2013 und 2020.

4.   Besondere Maßnahmen für Elektrofahrzeuge

4.1   Sicherheit

Anforderungen an die elektrische Sicherheit;

Anforderungen an die Crashsicherheit.

4.2   Normung der Ladeschnittstellen

Entwicklung und Umsetzung der Norm;

Interaktion mit den globalen Entwicklungen in der Normung.

4.3   Infrastruktur

Betankungsinfrastruktur;

Investitionen in Infrastruktur und Dienstleistungen.

4.4   Stromerzeugung und -verteilung

Lebenszyklus-Ansatz;

kohlenstoffarme Energiequellen;

Lastmanagement.

4.5   Batterien

Fahrzeugwracks/Wiederverwertung von Batterien;

Forschung im Bereich Batterien;

Transport von Batterien.

4.6   Governance

Wiedereinsetzung der hochrangigen Gruppe CARS 21, um Hemmnisse für die Markteinführung alternativer Technologien zu beseitigen;

Umsetzung der Strategie zur Verringerung der CO2-Emissionen im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung (ECCP);

Weißbuchs zur europäischen Verkehrspolitik;

Vorbeugung einer Zersplitterung des Binnenmarktes und Sicherstellung der kritischen Masse auf dem Binnenmarkt.

5.   Position des Ausschusses zum Aktionsplan

5.1   Verbesserung herkömmlicher Verbrennungsmotoren

5.1.1   Der Ausschuss befürwortet die Verbesserung von Verbrennungsmotoren, insbesondere die Maßnahmen bezüglich CO2- und Schadstoffemissionen, die Überarbeitung des Prüfzyklus zur Emissionsmessung, Forschung und Entwicklung zur Verbesserung herkömmlicher Motoren, die Aufnahme von Nutzfahrzeugen in den Geltungsbereich der Verordnungen und die Halbzeitbewertung der Rechtsvorschriften zu CO2-Emissionen.

5.1.2   Fortgeschrittene Werkstoffe eröffnen erhebliche Innovationsmöglichkeiten für Design und Herstellung von Kleinfahrzeugen. Dank dieser neuen Werkstoffe zeichnen sich nun revolutionäre neue Produktionsverfahren ab. Damit wird wiederum das Entstehen neuer Unternehmen in der Automobilindustrie gefördert, die die etablierten Akteure herausfordern. Derartige Innovationen müssen durch FuE-Förderungen unterstützt werden; neue Marktakteure sollten durch die strikte Anwendung der Wettbewerbsvorschriften auf die Automobilindustrie gefördert werden.

5.1.3   Der Ausschuss begrüßt, dass der Aktionsplan auf den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß schwerer Nutzfahrzeugen abhebt. Dieses Marktsegment mit Bussen, schweren Nutzfahrzeugen und Spezialfahrzeugen wie Müllsammelfahrzeugen muss im Mittelpunkt jedweden Plans stehen. Für schwere Nutzfahrzeuge sollten Ziele, die in ihrer Bandbreite mit den geltenden Zielen für Fahrzeughersteller vergleichbar sind, Anwendung finden. Außerdem sollten diese Ziele wie für Personenkraftwagen auch auf die Nutzer ausgeweitet werden.

5.1.4   Aufgrund der so zahlreichen in Europa ansässigen Nutzfahrzeughersteller ist eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Nutzern und Herstellern zur Entwicklung neuer und innovativer Fahrzeuge möglich. Es gibt bereits Beispiele für Pionierprojekte in Asien, Amerika und Europa wie kohlenstoffarme Busse, die 30 % weniger Kraftstoff verbrauchen und 35 % weniger CO2 ausstoßen. Der hydraulische Hybridantrieb, bei dem die beim Bremsen gesammelte Energie verwendet wird, kann 30 % effizienter sein und eignet sich hervorragend für Nutzungszwecke mit oftmaligem Anfahren und Bremsen („Stop-and-Go“-Betrieb) wie die Müllabfuhr. Es gibt zahlreiche Hybrid-Elektrofahrzeugprojekte. Einige Mitgliedstaaten nutzen Anschubfinanzierungen zur Förderung derartiger Innovationen; so vergeben sie oftmals Beihilfen für Versuchsfahrzeuge. Derartige Programme sollten auf Dauer gefördert werden, bis wettbewerbsfähige Fahrzeuge in Serie produziert werden und für europäische Produktion aus dem Ausland Bestellungen eingehen.

5.2   Alternative Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren

5.2.1   Das Programm der Europäischen Kommission für Biokraftstoffe tritt Berichten zufolge auf der Stelle. Die gegenwärtige Lage wurde als Machtkampf zwischen den Landwirtschafts- und den Klimaexperten der Europäischen Kommission sowie zwischen den Automobil- und Agrar-Lobbys einerseits und den Umweltschützer andererseits beschrieben. Es geht um das relativ neue Konzept der „indirekten Flächennutzungsänderungen“, wobei die möglichen globalen Umweltauswirkungen der Flächennutzungsänderungen, die zur Bereitstellung der Energiepflanzen für die Verwirklichung der EU-Ziele für den Anteil an Biokraftstoffen erforderlich ist, im Mittelpunkt der Diskussionen stehen. Da Biokraftstoffe bis 2020 7 % des EU-Kraftstoffbedarfs decken sollen, fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, dieses Ziel zu bekräftigen oder ihre Politik zu ändern. Diese Politik ist vielleicht nur dann wirklich durchführbar, wenn die Technologie endlich die zweite Generation von Biokraftstoffen liefert.

5.2.2   In der Mitteilung werden die Einschränkungen für gasförmige Alternativkraftstoffe wie Flüssiggas (LPG), komprimiertes Erdgas (CNG) und Biogas hervorgehoben. So müssen die Motoren und Tanks umgebaut werden; außerdem ist eine zugängliche Betankungsinfrastruktur erforderlich, Diese Voraussetzungen können gegeben sein, wenn eine umfangreiche Fahrzeugflotte in einem Fahrzeugdepot betrieben wird. Dies ist bei manchen Privatunternehmen und zahlreiche Behörden und öffentlichen Dienstleistern der Fall. Zur Verwirklichung ihrer Ziele sollten die Mitgliedstaaten nicht nur Behörden und Unternehmen zur Einführung sauberer und effizienterer Fahrzeuge auffordern, sondern auch Hersteller und potenzielle Nutzer zur Entwicklung innovativer Konzepte anhalten.

5.3   Elektrofahrzeuge, Hybridfahrzeuge, Plug-in-Hybridfahrzeuge

5.3.1   Die Stellungnahme von Frederic Osborn war bahnbrechend. In ihr wurden die Voraussetzungen für den breiten Umstieg vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb auf dem Privatfahrzeugmarkt dargelegt. Ein derartiger Übergang wird allerdings in der Wirklichkeit nicht kurzfristig stattfinden; daher muss die Kampagne für „grüne Autos“ auf eine breitere Basis gestellt werden.

5.3.2   In der von Bain & Company durchgeführten Studie wird betont, dass Elektrofahrzeuge die iPhones der Automobilindustrie sind. Vor Einführung des iPhone machten sich Mobiltelefonnutzer Gedanken über die Lebensdauer von Handy-Batterien. Da das iPhone revolutionäre Anwendungen bietet, nehmen die Nutzer in Kauf, dass ihre Telefone tagtäglich aufgeladen werden müssen. Das Fahrgefühl mit einem Elektrofahrzeug unterscheidet sich so stark von dem mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, dass Erstkäufer sich wohl kaum Gedanken über das begrenzte Angebot an Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybridfahrzeugen machen werden, die 2011 und 2012 auf den Markt kommen.

5.3.3   Sie werden sich Elektrofahrzeuge als Zweitauto anschaffen für die Fahrt zum Arbeitsplatz, zum Bahnhof oder für Fahrten im Umkreis ihres Wohnortes. Eine Ladung wird für einen Tag ausreichen. Die Batterie kann dann über Nacht über den Stromanschluss in der Garage aufgeladen werden.

5.3.4   Durch Aufladen der Batterie am Arbeitsplatz kann die tägliche Reichweite der Elektrofahrzeuge vergrößert werden. Dafür ist keine hochkomplizierte Infrastruktur erforderlich. Aufgrund der derzeitigen begrenzten Reichweite ist auch eine internationale Normung kaum von Bedeutung. Die Belastung der Stromnetze sollte durch das Aufladen über Nacht minimiert werden, wobei auf die nachts normalerweise ungenutzten Erzeugerkapazitäten zurückgegriffen wird.

5.3.5   Viele Mitgliedstaaten wie beispielsweise das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland stellen umfassende Anreize für die Käufer von Elektrofahrzeugen in Aussicht. Auch wenn Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auch nach Abzug der Beihilfen immer noch überdurchschnittlich teuer sein werden, sollten die Technologie und die Möglichkeit des Ausdrucks eines neuen Lebensstils als Anreiz ausreichen, um Käufer für die ersten Produktionsserien zu finden. Außerdem wird der Besitzerstolz durch kostenfreies Parken, Befreiung von der Innenstadtmaut und weitere Anreize in den Städten noch weiter gefördert.

5.3.6   Der Ausschuss befürwortet den Vorschlag, Leitlinien für finanzielle Anreize seitens der Mitgliedstaaten auszuarbeiten, fordert die Mitgliedstaaten jedoch auf, entsprechende Anreize für den Erstkauf von Elektrofahrzeugen zu schaffen, damit die EU bei der Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen nicht hinter andere Regionen zurückfällt, in denen ebenfalls Anreize geboten werden.

5.3.7   Der wichtigste Kostenfaktor eines Elektrofahrzeugs ist die Batterie. Für die Verwendung in Fahrzeugen sind Größe, Gewicht, Kapazität, Sicherheit, Effizienz, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit von grundlegender Bedeutung.

5.3.8   Die EU hat das strategische Problem, dass es in Europa keine großen Batteriehersteller gibt, auch wenn Nissan Werke im Vereinigten Königreich und in Portugal plant. Die Batterietechnologie wird zu einer ausgesprochen hochentwickelten Technik werden, und ihre Bedeutung wird zunehmen, da sie die größten Auswirkungen auf Fahrzeugleistung und -wettbewerbsfähigkeit haben wird. Europa muss in dieser Industriebranche vertreten sein. Der Ausschuss empfiehlt eine Zusammenarbeit der wichtigsten Fahrzeughersteller für den Aufbau und Ausbau der Batterieproduktion in Europa. Die neu eingesetzte hochrangige Gruppe CARS 21 sollte diese Empfehlung in Betracht ziehen.

5.3.9   Es gibt viele Aspekte im Zusammenhang mit der Batterieindustrie, die aufgegriffen werden müssen: Garantie, Austausch, Leasing sowie Verfahren für Altbatterien, Sammlung, Entsorgung und Wiederverwertung. EU-Unternehmen müssen in dieser Industrie Fuß fassen.

5.3.10   Langfristig müssen für Elektrofahrzeuge Ladestationsnetze zur Verfügung stehen. Die derzeit in London und Paris stadtweiten sowie die in Dänemark und Israel landesweit in der Testphase befindlichen Konzepte dürften wertvolle Informationen für die in Ziffer 4.2 und 4.3 dargelegten Pläne liefern. Angesichts der Absicht Chinas, in fünf Städten eine Elektrifizierung des Verkehrssystems vorzunehmen, muss die EU rasch handeln, vor allem in Normungsfragen.

5.3.11   Das Rohstoffangebot ist ein weiterer Aspekt des Aktionsplanes. Japan und Südkorea verhandeln mit südamerikanischen Ländern über Konzessionen und Joint Ventures. So hat Südkorea 12 Mio. US-Dollar in Bolivien investiert. Es gibt keinerlei Hinweis, dass die EU ebenso gut positioniert ist. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sollten sich mit den in der EU ansässigen Bergwerksunternehmen ins Benehmen setzen, um die künftige Versorgung sicherzustellen.

5.4   Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb

5.4.1   Die EU finanziert Forschungsvorhaben betreffend die künftige Wasserstoff-Wirtschaft und die Entwicklung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb, Der Ausschuss hat die Wasserstoffstrategie der Europäischen Kommission in früheren Stellungnahmen unterstützt. Allerdings wird nach Ansicht einiger Beobachter das Konzept der Wasserstoff-Wirtschaft nicht aufgehen. Sie führen ins Treffen, dass es keine leicht nutzbaren Wasserstoffquellen und auch keine guten Speicherungs- und Versorgungsmöglichkeiten für Wasserstoff gibt. Viele der Probleme im Zusammenhang mit Wasserstoff sind auf seine physikalischen und chemischen Eigenschaften zurückzuführen. Möglicherweise können diese Probleme technologisch nicht gelöst werden. Daher sollte die EU-Strategie Optionen für den Fall beinhalten, dass Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb sich langfristig nicht als wirtschaftlich tragfähig erweisen. Es ist zu früh, um technologische Entscheidungen zu treffen. In der derzeitigen Phase müssen alle Optionen offen gehalten werden.

5.5   Engagement des öffentlichen und des privaten Sektors sowie der Bürger

5.5.1   Fahrzeughersteller müssen Kraftstoffeinsparungs- und Emissionsminderungsziele einhalten, die ganz allgemein für ihre gesamte Fahrzeugpalette gelten. Der Ausschuss empfiehlt, dass Leitlinien und Ziele betreffend den Kraftstoffverbrauch und den Schadstoffausstoß für Behörden, öffentliche Dienstleister und große Privatunternehmen ausgearbeitet werden. Dies ist eine Möglichkeit, um Anreize für die Verwendung von gasförmigen Alternativkraftstoffen zu schaffen. Aber es gibt noch weitaus mehr Möglichkeiten.

5.5.2   Der Ausschuss begrüßt, dass die Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge Ende 2010 in Kraft tritt. Seiner Meinung nach hätten jedoch Leitlinien für die verschiedenen Kriterien für das Beschaffungswesen sowie ein Verfahren beinhaltet sein müssen, damit diese Kriterien immer strenger werden. Derartige Kriterien sollten so schnell wie möglich in die Richtlinie aufgenommen werden. Nach Ansicht des Ausschusses sollten diese noch vor der Frist für die geplante Bewertung in zwei Jahren in Kraft treten.

5.5.3   Nach dem Vorbild des öffentlichen Sektors sollte aus Sicht des Ausschusses auch die Berichterstattungspflicht der Unternehmen über die Nutzung fossiler Brennstoffe und CO2-Emissionen dahingehend geändert werden, dass der diesbezüglich auf Transport entfallend Anteil eigens ausgewiesen wird, um schrittweise Verbesserungen bewerten zu können.

5.6   Internationale Wettbewerbsfähigkeit

5.6.1   Die internationale Lage ist schwierig. In den Vereinigten Staaten, China, Japan und Südkorea verfolgt die Regierung einmütig eine Politik zur Nutzung sauberer und effizienter Verkehrsmöglichkeiten. In der EU gibt es 27 Regierungen mit sehr unterschiedlichen industriellen und finanziellen Kapazitäten und mit einer großen Wohlfahrtspanne in ihren Gesellschaften. Da sich der „grüne Verkehr“ radikal von allem Bisherigen unterscheidet, macht er in der Tat industrielle Vorteile zunichte und ermöglicht es beispielsweise China, Japan zu überflügeln, zumal die chinesische Industrie durch Einfuhrzölle geschützt ist. Die EU darf nicht ins Hintertreffen geraten. Die zuständigen Kommissionsmitglieder müssen gemeinsam handeln; Mitgliedstaaten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die über die erforderlichen Ressourcen verfügen, müssen umgehend tätig werden. Der Aktionsplan muss als dringender Aufruf zum Handeln verstanden werden.

5.6.2   Die in Ziffer 3.4 angeführten globalen Aspekte sind von grundlegender Bedeutung, doch wird die WTO ausgeklammert. Unter diesen revolutionären neuen Gegebenheiten müssen die EU-Unternehmen freien Marktzugang ohne protektionistische Handelsbarrieren vorfinden.

5.7   Governance

5.7.1   Die Europäische Kommission will die hochrangige Gruppe CARS 21 wieder einsetzen. Der von der ursprünglichen Gruppe ausgearbeitete Bericht wurde zwar von der Automobilindustrie befürwortet, von Umweltschutzorganisationen dahingehend kritisiert, dass er ihrer Meinung nach keine ökologische und ökonomische Strategie für Neuwagen hergibt. Der neuen hochrangigen Gruppe sollten auch Vertreter der Zivilgesellschaft, die sich Umweltfragen verschrieben haben, als Gegengewicht zu den Interessen der Industrie angehören.

5.7.2   China, Korea und die Vereinigten Staaten treiben Innovation, Entwicklung und Investition in diesem Bereich voran. Europa läuft Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten und Opfer einer kurzsichtigen konservativen und ängstlichen Haltung der Industrie sowie einer fehlenden politischen Vision und eines mangelnden Führungswillens der Regierungen zu werden. Will die europäische Industrie dieses Schicksal abwenden, muss die EU eine starke Governance-Struktur schaffen, in die schrittweise auch Unternehmen, politische Führungskräfte und Akteure der Zivilgesellschaft eingebunden werden und mit der eine einzige und dringliche Aufgabe verfolgt wird, und zwar die erforderlichen Änderungen des Rechtsrahmens, Anreizmaßnahmen sowie die notwendigen Investitionen und die Entstehung neuer Märkte zu fördern.

Brüssel, den 21. Oktober 2010

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


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