EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32010D0424(04)

Beschluss Nr. F1 vom 12. Juni 2009 zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen (Text von Bedeutung für den EWR und das Abkommen EG/Schweiz)

OJ C 106, 24.4.2010, p. 11–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

24.4.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/11


BESCHLUSS Nr. F1

vom 12. Juni 2009

zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen

(Text von Bedeutung für den EWR und das Abkommen EG/Schweiz)

2010/C 106/04

DIE VERWALTUNGSKOMMISSION FÜR DIE KOORDINIERUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT —

gestützt auf Artikel 72 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (1), wonach die Verwaltungskommission alle Verwaltungs- und Auslegungsfragen zu behandeln hat, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (2) ergeben,

gestützt auf Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004,

gestützt auf Artikel 1 Buchstaben a und b der Verordnung (EG) Nr. 883/2004,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Sind von mehr als einem Mitgliedstaat Familienleistungen zu zahlen, so ruht der Anspruch auf Familienleistungen eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften Ansprüche durch den Bezug einer Rente oder den Wohnsitz ausgelöst werden, bis zu der Höhe der Familienleistungen eines anderen Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften Ansprüche durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden. Um die Rangfolge beim Zusammentreffen von Leistungen festlegen zu können, muss daher klargestellt werden, welche anderen Zeiträume als Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit gelten.

(2)

Nach den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten werden Zeiten des Ruhens oder der Unterbrechung der tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit wegen Urlaubs, Arbeitslosigkeit, vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Streiks oder Aussperrung entweder für den Erwerb des Anspruchs auf Familienleistungen mit Zeiten einer Beschäftigung oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgesetzt oder gelten als Zeiten ohne Erwerbstätigkeit, die gegebenenfalls als solche oder wegen einer früheren Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit zur Zahlung von Familienleistungen berechtigen.

(3)

In Artikel 1 Buchstaben a und b der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sind „Beschäftigung“ und „selbstständige Erwerbstätigkeit“ definiert als „Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt“.

(4)

Um Ungewissheiten und unterschiedliche Auslegungen zu vermeiden, ist es wichtig, die Bedeutung des Ausdrucks „durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöste Ansprüche“ gemäß Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 klarzustellen.

(5)

In einer Rechtssache, in der der Arbeitnehmerstatus einer Person wegen ihres unbezahlten Urlaubs im Anschluss an die Geburt eines Kindes und für die Erziehung dieses Kindes ruhte, verwies der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (3) auf Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates (4) in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (5). Ein solcher unbezahlter Urlaub muss daher auch als Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit gemäß Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten. In diesem Zusammenhang bekräftigte der Gerichtshof, dass diese Vorschriften nur so lange anwendbar sind, wie die betreffende Person als Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (6) gilt; dieser Begriffsbestimmung gemäß muss die betreffende Person in zumindest einem Zweig der sozialen Sicherheit versichert sein. Personen in unbezahltem Urlaub, die von keinem System der sozialen Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats mehr erfasst werden, sind dadurch ausgeschlossen.

(6)

Fälle, in denen die Urlaubszeit einer Person mit einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgesetzt wird, können wegen der Vielfalt der Systeme für den unbezahlten Urlaub in den Mitgliedstaaten und wegen des ständigen Wandels der einzelstaatlichen Vorschriften nur in einer nicht abschließenden Liste aufgeführt werden. Daher ist es nicht zweckmäßig, alle Fälle, in denen ein solcher unbezahlter Urlaub mit einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichzusetzen ist bzw. in denen die erforderliche enge Verbindung zur Erwerbstätigkeit nicht vorliegt, zu bestimmen.

In Übereinstimmung mit den in Artikel 71 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 festgelegten Bedingungen —

BESCHLIESST:

1.

Für die Zwecke des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten Ansprüche auf Familienleistungen insbesondere dann als „durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst“, wenn sie erworben wurden

a)

aufgrund einer tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder auch

b)

während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer solchen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit

i)

wegen Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Arbeitslosigkeit, solange Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit diesen Versicherungsfällen zu zahlen sind, oder

ii)

durch bezahlten Urlaub, Streik oder Aussperrung oder

iii)

durch unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist.

2.

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Er gilt ab dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 987/2009.

Die Vorsitzende der Verwaltungskommission

Gabriela PIKOROVÁ


(1)  ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)  ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1.

(3)  Urteil vom 7. Juni 2005 in der Rechtssache C-543/03, Christine Dodl und PETRA Oberhollenzer gegen Tiroler Gebietskrankenkasse.

(4)  ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 2.

(5)  Jetzt Artikel 67 und Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004.

(6)  Jetzt Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 883/2004.


Top