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Document 52009AE0334(01)

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über Interoperabilitätslösungen für europäische öffentliche Verwaltungen (ISA)

OJ C 218, 11.9.2009, p. 36–40 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

11.9.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 218/36


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über Interoperabilitätslösungen für europäische öffentliche Verwaltungen (ISA)“

KOM(2008) 583 endg. — 2008/0185 (COD)

2009/C 218/07

Der Rat beschloss am 14. Oktober 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 156 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über Operabilitätslösungen für europäische öffentliche Verwaltungen (ISA)“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastruktur, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 29. Januar 2009 an. Berichterstatter war Herr PEZZINI.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 451. Plenartagung am 25./26. Februar 2009 (Sitzung vom 25. Februar) mit 130 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA begrüßt die Initiative der Kommission für den Start des Programms ISA in der Überzeugung, dass damit eine effektive und effiziente Interoperabilität in den komplexen, neuen Systemen des europäischen Binnenmarktes weiterhin gewährleistet und weiter ausgebaut werden kann.

1.2

Der EWSA erachtet es im Hinblick auf die konkrete Wahrnehmung der im Vertrag verankerten Freiheiten als unerlässlich, dass die Interoperabilitätsmechanismen nicht nur zum Nutzen der Verwaltungen und der Institutionen, sondern auch zum Vorteil der Bürger, der Unternehmen und ganz allgemein der organisierten Zivilgesellschaft ohne Abstriche angewandt werden.

1.3

Im Hinblick auf die Sicherheit der Daten von Personen und Unternehmen liegt es auf der Hand, dass eine besondere Strategie verfolgt werden muss, wie vom EWSA bereits wiederholt in seinen Stellungnahmen hervorgehoben wurde (1): „Der Aspekt Informatiksicherheit (darf) keineswegs von der Stärkung des Datenschutzes und dem Schutz der Freiheiten losgelöst werden (…), die ja in der europäischen Menschenrechtskonvention garantiert sind“.

1.4

Der Ausschuss betont, dass den Nutzern interoperierende Systeme zur Verfügung stehen müssen, die bereits mit einer Schutzgarantie für Personen-, Unternehmens- und Verwaltungsdaten verkauft werden: Deshalb muss unverzüglich ein europäisches System von Rechtsvorschriften für das Unter-Strafe-stellen und die Bestrafung von Internetpiraterie geschaffen und damit auch auf die Interoperabilität der Rechtsverfahren der Union hingearbeitet werden.

1.5

Nach Ansicht des Ausschusses sind die getroffenen Maßnahmen noch unzureichend, um der Zersplitterung des Marktes vorzubeugen und einem System vernetzter, interaktiver und zugänglicher öffentlicher Verwaltungen eine wirklich europaweite Dimension zu verleihen.

1.6

Der Ausschuss fordert, dass der Vorschlag für ein Programm ISA mit einer entschlossenen Gemeinschaftsinitiative einhergeht, die die Mitgliedstaaten und die Kommission zu verbindlichen Instrumenten verpflichtet, durch die ein verstärkter gemeinsamer Interoperabilitätsrahmen auf neue sichere und solide Grundlagen gestellt wird.

1.7

Im Zuge der neuen europäischen Interoperabilitätsstrategie sowie des gemeinsamen Rahmens müssen unbedingt die gemeinschaftspolitischen Prioritäten festgelegt werden, wozu es neben klarer Haushaltsansätze auch beschleunigter Bemühungen um gemeinsame Rahmenbedingungen, gemeinsame Dienste und allgemeine Instrumente bedarf.

1.8

Nach Auffassung des EWSA ist eine digitale Konvergenz in der Form anzustreben, dass Folgendes gewährleistet wird:

interoperable Geräte, Plattformen und Dienste,

Sicherheit und Zuverlässigkeit,

Identitäts- und Rechtemanagement,

Zugänglichkeit und leichte Nutzung,

Einsatz von Informatiksystemen und technischen Architekturen, die unter linguistischen Gesichtspunkten neutral sind;

tatkräftige Unterstützung und ständige Fortbildung der Nutzer, vor allem der schwächsten Gruppen (2) unter ihnen, um die „digitale Spaltung“ zu vermeiden und in hohem Grad Verlässlichkeit und Vertrauen zwischen Nutzern und Dienstleistern sicherzustellen.

1.9

Ferner hält er eine engere Koordinierung und eine bessere Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinschaftsprogrammen für erforderlich, durch die ebenfalls ein Beitrag zu neuen Ideen und Lösungen in Sachen europaweite Interoperabilität geleistet wird.

1.10

Der Ausschuss bekräftigt, dass vor allem im Bereich der elektronischen Verwaltung quelloffene Software notwendig ist, um ihre Sicherheit und Kontinuität sowie die Vertraulichkeit von Informationen und Zahlungen zu gewährleisten, und dass der Quellcode verfügbar sein muss; darüber hinaus ist er der Auffassung, dass auf den Einsatz von open- source-Software hingewirkt werden sollte, durch welche Softwarelösungen, die für die öffentlichen Verwaltungen von großer Bedeutung sind, analysiert, abgeändert, weitergegeben und wiederverwendet werden können.

1.11

Nach Meinung des Ausschusses muss der europäische Bezugsrahmen für Interoperabilität im Hinblick auf seine Multidimensionalität erweitert werden, die neben dem politischen Aspekt einer übereinstimmenden Sicht gemeinsamer Prioritäten und dem rechtlichen Aspekt untereinander abgestimmter Rechtsvorschriften auch die technischen, semantischen und organisatorischen Gesichtspunkte umfasst.

1.12

Nach Ansicht des Ausschusses müsste eine europäische Berechnungsmethode für den „Gegenwert“ der von den öffentlichen Verwaltungen eingerichteten gesamteuropäischen Dienste für eGovernment (PEGS) eingeführt werden.

1.13

Eine entsprechende Informations- und Schulungskampagne wird vom Ausschuss als unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg der Initiative angesehen. Auch ein sozialer und ziviler Dialog auf europäischer Ebene und regelmäßige gesamteuropäische Konferenzen über elektronische Dienste sind von grundlegender Bedeutung, um die Tätigkeiten der Verwaltungen in den einzelnen Staaten im Rahmen eines gemeinsamen Entwicklungsrahmens zu verbreiten, zu unterstützen und auszurichten.

2.   Einleitung

2.1   Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien seit Anfang der 90er-Jahre hat den Kontext der Interaktion zwischen öffentlichen Verwaltungen, Unternehmen, Arbeitswelt und Bürgern entscheidend verändert. Durch den im Binnenmarkt erreichten Integrationsstand wurden den grenzüberschreitenden Aspekten der elektronischen Behördendienste beispiellose Impulse verliehen.

2.2   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hatte bereits, auch in jüngster Zeit, darauf hingewiesen, dass „die Umstellung der Behörden auf digitale Dienstleistungen mit ihrer Modernisierung im Sinne einer besseren Qualität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Dienste für die Bürger, mit einem wirksameren Einsatz öffentlicher Mittel, Kostensenkungen, Benutzerzufriedenheit, einer stärkeren Verzahnung der Behörden untereinander und mit einer Vereinfachung der Verwaltungsverfahren einhergeht“ (3).

2.3   Die Themen Konvergenz und Interoperabilität gehören zu den wichtigsten Elementen einer europäischen eGovernment-Strategie, wie in der Manchester-Erklärung von 2005 hervorgehoben wurde (4).

2.4   Der Ausschuss hat sich bereits in mehreren Stellungnahmen zu diesen Themen (5) und zu zahlreichen Gesetzesinitiativen geäußert, die zwangsläufig Interoperabilitätsstrukturen erfordern, wie etwa die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG, die Vergaberichtlinie 2004/18/EG, die INSPIRE-Richtlinie 2007/2/EG und die PSI-Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors.

2.5   Der EWSA unterstützte ferner wiederholt (6) die spezifischen Initiativen der Kommission, mit denen Programme zum elektronischen Datenaustausch zwischen den Verwaltungen verabschiedet wurden: IDA I (1995-1999), IDA II (1999-2004) und IDABC (2005-2009), die die Vorphasen des gegenwärtigen Vorschlags für einen Beschluss über das neue Programm ISA - Interoperabilitätslösungen für europäische öffentliche Verwaltungen (2010-2015) - bilden.

2.6   Der EWSA bekräftigte, dass „die Interoperabilität der Informationssysteme, die gemeinsame Nutzung und Weiterverwendung von Informationen sowie die Zusammenführung von Verwaltungsverfahren wesentliche Voraussetzungen für hochwertige, nahtlose und interaktive, auf den Nutzer ausgerichtete eGovernment-Dienste sind“ (7). Dabei wies er unter anderem darauf hin,

dass die europäischen Initiativen nicht nur zum Nutzen der Verwaltungen und der Institutionen, sondern auch zum Vorteil der Bürger, der Unternehmen und ganz allgemein der organisierten Zivilgesellschaft ausgebaut werden müssen,

wie wichtig eine effiziente EU-Zertifizierungsbehörde zur Gewährleistung eines angemessenen Sicherheitsstandards für Netzzugang und Datenaustausch ist,

dass die größtmögliche Öffentlichkeitswirkung, Zugänglichkeit und Interoperabilität der Netze in Bezug auf die Endnutzer gewährleistet sein muss,

dass auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelte Initiativen zur Gewährleistung der laufenden Nutzer-Weiterbildung gefördert und diese Netzinfrastrukturen auch für Maßnahmen des lebensbegleitenden Lernens genutzt werden müssen,

dass es aufgrund der Sensibilität der verarbeiteten Daten unerlässlich ist, mittels Einsatz geeigneter Datenschutzinstrumente und eventuell erforderlicher sicherer Übertragungsprotokolle sowohl auf gemeinschaftlicher als auch auf einzelstaatlicher Ebene entsprechende Sicherheitsstandards für die Netze zu gewährleisten.

2.7   Im Übrigen enthalten die Arbeitsdokumente, die der Mitteilung „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ vom 20. November 2007 - zu der der EWSA bereits Stellung bezogen hat (8) - an die Seite gestellt sind, zahlreiche Verweise auf die Interoperabilitätsinstrumente beim elektronischen Datenaustausch: das Online-Netz SOLVIT; das Internal Market Information System IMI; das Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte RAPEX; das System TRACES zur Verfolgung von Tierverbringungen und zur Verhinderung der Ausbreitung von Tierseuchen.

2.8   Bei diversen Untersuchungen (9) hat sich allerdings gezeigt, dass einer vollständigen grenz- und sektorübergreifenden Interoperabilität der öffentlichen Verwaltungen zahlreiche Hindernisse entgegenstehen: mangelnde Koordinierung, geringe Flexibilität auf organisatorischer Ebene, verschiedenartige Verantwortlichkeiten der einzelnen Einrichtungen, ungleicher Rechtsrahmen, unterschiedlicher kultureller und politischer Ansatz, unzureichender Dialog mit der Industrie, unzulängliche Nutzbarmachung der erzielten Ergebnisse, Barrieren aufgrund der Mehrsprachigkeit.

2.8.1   Neben diesen Hindernissen gibt es noch Sicherheits- und Datenschutzprobleme und eine unzureichende Integration in die Verwaltungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten. Auch die Zollsysteme müssten besser vernetzt werden, wie bereits verschiedentlich auch vom Ausschuss gefordert wurde.

2.9   Nach Auffassung des Ausschusses bedarf es daher noch größerer Koordinierungsanstrengungen zwecks Förderung des Verbunds, der Interoperabilität und der Zugänglichkeit der Netze, damit die Vorteile des europäischen Wirtschaftsraums ohne Binnengrenzen in vollem Umfang genutzt werden können, und zwar mittels eines gemeinsamen Mindestnenners an Spezifikationen sowie gemeinsamer Lösungen und des wirksamen Einsatzes offener Standards.

3.   Der Vorschlag der Kommission

3.1

Der Kommissionsvorschlag zielt darauf ab - durch Auflage eines Programms ISA (Interoperabilitätslösungen für europäische öffentliche Verwaltungen) -, eine wirksame und effiziente grenz- und sektorübergreifende elektronische Interaktion zwischen öffentlichen Verwaltungen in Europa zu fördern, um die Erbringung elektronischer öffentlicher Dienstleistungen zu ermöglichen und die Umsetzung der Gemeinschaftspolitik und -maßnahmen zu unterstützen; dabei geht es insbesondere um den Binnenmarkt, indem dem Entstehen verschiedener technologischer Schranken innerhalb der Staaten entgegengewirkt wird.

3.2

Ziel des Programms ISA sind die Unterstützung und Förderung:

der Erstellung und Verbesserung gemeinsamer Rahmen zur Unterstützung der grenz- und sektorübergreifenden Interoperabilität,

der Beurteilung der IKT-Implikationen vorgeschlagener oder verabschiedeter gemeinschaftlicher Rechtsakte sowie der Planung der Verwirklichung von IKT-Systemen zur Unterstützung der Umsetzung dieser Rechtsakte,

der Nutzung und Verbesserung bestehender gemeinsamer Dienste sowie der Entwicklung, Aufbereitung zur Nutzungsreife, Anwendung und Verbesserung neuer gemeinsamer Dienste,

der Verbesserung vorhandener sowie der Erarbeitung, Bereitstellung und Verbesserung neuer allgemeiner und mehrfach verwendbarer Instrumente.

3.3

Die für die Durchführung des Programms ISA für den Zeitraum 2010-2015 vorgeschlagene Finanzausstattung wird auf 164,1 Mio. EUR festgesetzt; davon sind entsprechend der Finanzplanung 2007-2013 für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2013 103,5 Mio. EUR und für den Zweijahreszeitraum 2014-201560,6 Mio. EUR vorgesehen.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss unterstützt nachdrücklich die Initiativen zur Sicherstellung eines reibungslosen und wirksamen Funktionierens des erweiterten europäischen Binnenmarktes und erachtet es im Hinblick auf die konkrete Wahrnehmung der im Vertrag verankerten Freiheiten als unerlässlich, dass die Interoperabilitätsmechanismen nicht nur zum Nutzen der Verwaltungen und der Institutionen, sondern auch zum Vorteil der Bürger, der Unternehmen und ganz allgemein der organisierten Zivilgesellschaft ohne Abstriche angewandt werden.

4.2

Nach Ansicht des Ausschusses sind - trotz der drei aufeinanderfolgenden Mehrjahresprogramme IDA I, IDA II und IDABC - die getroffenen Maßnahmen noch unzureichend, um der Zersplitterung des Marktes vorzubeugen und den vernetzten öffentlichen Verwaltungen eine wirklich europaweite Dimension zu verleihen, die Dienstleistungen ohne Beeinträchtigungen und Benachteiligungen der Einheitlichkeit des Marktes und der uneingeschränkten Ausübung der Rechte der Bürger und der Gemeinschaftsunternehmen in der gesamten Union ermöglicht.

4.3

Der EWSA begrüßt die Initiative der Kommission für den Start des Programms ISA, vorausgesetzt, dass damit nicht lediglich die Reihe der seit 1993 bis heute durchgeführten Programme verlängert und refinanziert wird, sondern eine effektive und effiziente „europäische Interoperabilitätsstrategie“ und ein „europäischer Interoperabilitätsrahmen“ (10) sichergestellt werden, die beide für einen integrierten Binnenmarkt sowie für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige europäische Wirtschaft im Rahmen der erneuerten Lissabon-Agenda unerlässlich sind.

4.4

Der Ausschuss fordert, dass der Vorschlag für ein Programm ISA mit einer entschlossenen Gemeinschaftsinitiative einhergeht, die die Mitgliedstaaten und die Kommission zu verbindlichen Instrumenten verpflichtet, durch die eine europäische Interoperabilitätsstrategie und ein gemeinsamer Interoperabilitätsrahmen auf neue sichere und solide Grundlagen gestellt und den öffentlichen und privaten Akteuren sowie den nationalen und internationalen Nutzern damit zuverlässige und transparente gemeinsame Mittel und Wege gewährleistet werden.

4.5

Nach Ansicht des Ausschusses müssen im Zuge der neuen europäischen Interoperabilitätsstrategie sowie des gemeinsamen Rahmens unbedingt die gemeinschaftspolitischen Prioritäten festgelegt werden, um die in Vorbereitung befindlichen Richtlinien- und Verordnungsvorschläge effektiv zur Anwendung zu bringen.

4.6

Der EWSA hält die Bemühungen um Koordinierung und Zusammenwirken mit den anderen Gemeinschaftsprogrammen, durch die ebenfalls ein Beitrag zu neuen Ideen und Lösungen in Sachen europaweite Interoperabilität geleistet wird, und insbesondere mit dem Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (ICT PSP-Programm) sowie mit dem Siebten gemeinschaftlichen FTED-Rahmenprogramm für noch unzulänglich und empfiehlt zur synergetischen Vorbereitung von Ausschreibungen die Einrichtung eines Ausschusses für Interoperabilitätsprogramme, der die für die Durchführung aller implizierten Programme Verantwortlichen versammelt.

4.7

Nach Auffassung des Ausschusses sollte bereits dann, wenn von den öffentlichen Verwaltungen neue Betriebsprogramme entwickelt werden, deren volle Übereinstimmung mit den Grundsätzen der europaweiten Interoperabilität gemäß dem Verfahren laut der vorangegangenen Mitteilung, die für die Erarbeitung neuer technischer Normen (11) verabschiedet wurde, geprüft werden. Das Haupthindernis ist nach wie vor das kulturelle Handicap von Verwaltungen, die nicht bereit und nicht von der Notwendigkeit überzeugt sind, offene, in einen europäischen Interoperabilitätsrahmen integrierte technologisch-innovative Lösungen zu übernehmen.

4.8

Eine entsprechende Informations- und Schulungskampagne wird vom Ausschuss als unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg der Initiative angesehen, ebenso die regelmäßige Veranstaltung gesamteuropäischer Konferenzen über elektronische Dienste, damit - auch auf der Grundlage von Maßnahmen zum Benchmarking der verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen - die ständige Überprüfung und Neuausrichtung des Arbeitsprogramms gewährleistet ist.

4.9

Die digitale Konvergenz verlangt interoperable Geräte, Plattformen und Dienste, notwendige Sicherheit und Zuverlässigkeit, Identitäts- und Rechtemanagement (12), Zugänglichkeit und leichte Nutzung, Einsatz von Informatiksystemen und technischer Architekturen, die unter linguistischen Gesichtspunkten neutral sind - und dazu große Bemühungen um die ständige Fortbildung der Nutzer, vor allem der sozial schwächsten unter ihnen, um die „digitale Spaltung“ zu vermeiden.

4.10

Der Ausschuss bekräftigt, dass vor allem im Bereich der elektronischen Verwaltung (eGovernment)„quelloffene Software notwendig ist, um ihre Sicherheit und Kontinuität sowie die Vertraulichkeit von Informationen und Zahlungen zu gewährleisten“, und der „Quellcode für die Codepflege, Stabilität und Sicherheit, selbst wenn der Herausgeber aus dem Markt ausscheidet“ (13), verfügbar sein muss.

4.11

Nach Ansicht des Ausschusses müsste der „Gegenwert“ der von den öffentlichen Verwaltungen eingerichteten interoperablen PEGS-Dienste (14) nach einer europäischen Methode berechnet werden, bei der nicht nur der Rückfluss an Investitionen, Eigentum, Flexibilität und Verringerung des Verwaltungsaufwands, sondern auch und vor allem der Gesamtwert im Sinne der Funktionstüchtigkeit und der Zuverlässigkeit des Binnenmarktes für Bürger und Unternehmen berücksichtigt werden.

4.12

Nach Meinung des Ausschusses muss der europäische Bezugsrahmen für Interoperabilität im Hinblick auf seine Multidimensionalität erweitert werden, die neben dem politischen Aspekt einer übereinstimmenden Sicht gemeinsamer Prioritäten und dem rechtlichen Aspekt untereinander abgestimmter Rechtsvorschriften auch die technischen, semantischen und organisatorischen Gesichtspunkte umfasst.

4.13

Es wäre nach Auffassung des Ausschusses eine vorbildliche soziale Praxis für die einzelstaatlichen Behörden, im Rahmen des informellen Dialogs EUPAN/TUNED (15) einen Dialog mit Vertretern der interessierten Verwaltungen auf europäischer Ebene zu eröffnen, um den Bürgern die erforderlichen Informationen mitzuteilen.

4.14

Was die bestehenden und die neuen allgemeinen Instrumente angeht, müssen im Rahmen des von der Kommission mit den Mitgliedstaaten festgelegten GPSCM-Modells (16)

Rolle, Rechte und Verantwortlichkeiten der Dateneigentümer, Diensteanbieter und Nutzer nach einem standardisierten, einheitlichen Konzept in einer gemeinsamen grenzübergreifenden Dimension genau festgelegt werden;

die öffentlichen Verwaltungen ein solches Modell als wesentliches Element ihrer Bemühungen übernehmen, ihre Interoperabilitätssysteme im Zuge grenzüberschreitender Prozesse mit gemeinsamen Leistungsbewertungskriterien auszustatten;

nationale Infrastrukturen zur Identifikation, Authentifizierung und Zertifizierung eingerichtet bzw. ausgebaut werden, um zwischen Nutzern und Diensteanbietern ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Vertrauen sicherzustellen.

4.15

Nach Ansicht des Ausschusses muss ein gemeinsamer Rahmen für die von CEN, CENELEC und ETSI erarbeiteten einschlägigen offenen technischen Normen festgelegt werden, damit sie für alle interessierten Kreise verwendet werden können.

4.16

Der EWSA ist der Auffassung, dass der Einsatz von open-source-Software propagiert werden sollte, damit Software-Lösungen analysiert, abgeändert, weitergegeben und wiederverwendet werden können, die für die öffentlichen Verwaltungen von großer Bedeutung sind. Dies hätte Vorteile sowohl in Bezug auf die Kosteneffizienz als auch die Kontrolle der Einhaltung der Standards, die funktionale Reichweite über die Beschränkungen durch Lizenzen und Copyright hinaus, auf die Wartungsfreundlichkeit der angewandten Lösungen und schließlich in Bezug auf die Anpassung an lokale Erfordernisse.

Brüssel, den 25. Februar 2009

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema Sichere Informationsgesellschaft, Berichterstatter: PEZZINI, ABl. C 97 vom 18.4.2007, S. 21.

(2)  Unter „schwächsten Gruppen“ sind zu verstehen einerseits Jugendliche und ältere Menschen, die mit der Nutzung des Internet kaum vertraut sind, und andererseits Menschen, die sich Internet finanziell nicht leisten können.

(3)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema E-Government-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Initiative, Berichterstatter: HERNÁNDEZ BATALLER. ABl. C 325 vom 30.12.2006, S. 78.

(4)  Vgl. http://archive.Cabinetoffice.gov.uk/egov2005conference/documents/proceedings/pdf/051124declaration.pdf

(5)  Vgl. unter anderem folgende Stellungnahmen: CESE zum Programm MODINIS, Berichterstatter: RETUREAU, ABl. C 61 vom 14.3.2003, S. 184; CESE zur Verlängerung des Programms MODINIS, Berichterstatter: RETUREAU, ABl. C 28 vom 3.2.2006, S. 89; CESE zum Abschlussbericht zu eEurope 2002, Berichterstatter: KorYfidis, ABl. C 220 vom 16.9.2003, S. 36; CESE zur Gründung einer Europäischen Agentur für Informations- und Netzsicherheit, Berichterstatter: LAGERHOLM, ABl. C 220 vom 16.9.2003, S. 33; CESE zum Thema i2010 - Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung, Berichterstatter: LAGERHOLM; ABl. C 110 vom 9.5.2006, S. 83; CESE zum Thema eAccessibility, Berichterstatter: CABRA DE LUNA; ABl. C 110, 9.5.2006, S. 26; CESE zum Thema Elektronischer Geschäftsverkehr/Go Digital, Berichterstatter: MCDONOGH, ABl. C 108 vom 30.4.2004, S. 23; CESE zum EU-Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, Berichterstatter: MCDONOGH, ABl. C 97 vom 28.4.2007, S. 27.

(6)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Elektronischen Datenaustausch zwischen Verwaltungen, Berichterstatter: Bento Gonçalves; ABl. C 214 vom 10.7.1998, S. 33; Stellungnahme CESE zur Änderung des IDA-Programms, Berichterstatter: Bernabei, ABl. C 80 vom 3.4.2002, S. 21; Stellungnahme CESE zum Thema Elektronische Behördendienste, Berichterstatter: Pezzini, ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 83.

(7)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema Elektronische Behördendienste, Berichterstatter: Pezzini, ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 83.

(8)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts, Berichterstatter: CASSIDY, Mitberichterstatter: HENCKS und CAPPELLINI [noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

(9)  Vgl. http://www.egovbarriers.org

(10)  Vgl. Artikel 8 des Vorschlags für einen Beschluss KOM(2008) 583 endg.

(11)  Vgl. Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über ein neues Konzept auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung (ABl. C 136 vom 4.6.1985, S. 1): „Bereitschaft zu raschen Konsultationen auf geeigneter Ebene innerhalb der Gemeinschaft im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 189/83/EWG“.

(12)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema Sicherheit der Netze und Informationen, Berichterstatter: RETUREAU, ABl. C 48 vom 21.2.2002, S. 33.

(13)  Vgl. Stellungnahme CESE zum Thema Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, Berichterstatter: RETUREAU, ABl. C 61 vom 14.3.2003, S. 154.

(14)  PEGS = Pan-European e-Government Services - gesamteuropäische Dienste für eGovernment.

(15)  EUPAN (European Public Administration Network - Europäisches Netz der öffentlichen Verwaltungen) ist ein informelles Netz der Generaldirektoren im öffentlichen Dienst in der Eu. Tuned (Trade Union Network for European Dialog) ist ein gewerkschaftliches Netz für den europäischen Dialog.

(16)  GPSCM = Generic Public Services Conceptual Model (Allgemeines konzeptionelles Modell des öffentlichen Dienstes).


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