EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document E2009C0709(04)

Empfehlung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 5. November 2008 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund des in Anhang XI Ziffer 5cl des EWR-Abkommens genannten Rechtsakts (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste) in der mit Protokoll 1 zum EWR-Abkommen und durch die sektoralen Anpassungen in Anhang XI zu diesem Abkommen geänderten Fassung für eine Vorabregulierung in Betracht kommen

OJ C 156, 9.7.2009, p. 18–23 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

9.7.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 156/18


EMPFEHLUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

vom 5. November 2008

über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund des in Anhang XI Ziffer 5cl des EWR-Abkommens genannten Rechtsakts (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste) in der mit Protokoll 1 zum EWR-Abkommen und durch die sektoralen Anpassungen in Anhang XI zu diesem Abkommen geänderten Fassung für eine Vorabregulierung in Betracht kommen

2009/C 156/12

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE —

GESTÜTZT auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1),

GESTÜTZT auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes, insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b,

GESTÜTZT auf den in Anhang XI Ziffer 5cl des EWR-Abkommens genannten Rechtsakt (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2) in der mit Protokoll 1 zum EWR-Abkommen und durch die sektoralen Anpassungen in Anhang XI geänderten Fassung, insbesondere auf Artikel 15 Absatz 1,

GESTÜTZT auf den Beschluss der Überwachungsbehörde Nr. 194/04/KOL vom 14. Juli 2004 zur Annahme einer Empfehlung über relevante Märkte des elektronischen Kommunikationssektors, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, und der Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Rahmenrichtlinie gibt die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Bereich der elektronischen Kommunikation vor. Diese sollen den Konvergenzbestrebungen Rechnung tragen, indem sie sämtliche elektronische Netze und Dienste abdecken. Der Rechtsrahmen sieht vor, dass die bereichsspezifischen Vorabregelungen mit zunehmendem Wettbewerb schrittweise abgebaut werden.

(2)

Gemäß Artikel 15 der Rahmenrichtlinie erlässt die EFTA-Überwachungsbehörde (nachstehend: „die Überwachungsbehörde“) im Anschluss an die Anhörung der Öffentlichkeit und der nationalen Regulierungsbehörden (NRB) in den EFTA-Staaten eine Empfehlung in Bezug auf relevante Produkt- und Dienstmärkte.

(3)

In dieser Empfehlung werden Produkt- und Dienstmärkte festgelegt, die gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie für eine Vorabregulierung in Betracht kommen. Jede Vorabregelung dient letztlich dazu, im Interesse der Endnutzer einen nachhaltigen Wettbewerb auf den Endkundenmärkten sicherzustellen. Bedingt durch die Weiterentwicklung der Produkt- und Dienstmerkmale und neue Substitutionsmöglichkeiten auf der Angebots- und der Nachfrageseite ändert sich die Definition relevanter Märkte im Laufe der Zeit. Nachdem die Empfehlung vom 14. Juli 2004 (3) bereits seit über vier Jahren in Kraft ist, ist deren Fassung nun entsprechend den Marktentwicklungen im EWR zu überarbeiten. Diese Empfehlung ersetzt daher die Empfehlung vom 14. Juli 2004, angenommen durch Beschluss Nr. 194/04/KOL.

(4)

Artikel 15 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie sieht vor, dass die Überwachungsbehörde die Bestimmung der Märkte in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts vornimmt. Die Abgrenzung der relevanten Produktmärkte im Bereich der elektronischen Kommunikation erfolgt in dieser Empfehlung daher nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen, während die Bestimmung oder Auswahl derjenigen Märkte, auf denen Vorabregulierung erfolgen soll, davon abhängt, ob deren Merkmale die Auferlegung von Vorabverpflichtungen gerechtfertigen. Die in dieser Empfehlung verwendete Terminologie beruht auf der in der Rahmenrichtlinie und der Richtlinie 2002/22/EG (4) verwendeten Terminologie. Gemäß der Rahmenrichtlinie legen die nationalen Regulierungsbehörden die relevanten Märkte entsprechend den nationalen Gegebenheiten fest und berücksichtigen dabei insbesondere die relevanten geografischen Märkte ihres Hoheitsgebiets.

(5)

Ausgangspunkt für die Festlegung von Märkten in dieser Empfehlung ist eine vorausschauende Definition der Endkundenmärkte unter Berücksichtigung der Substituierbarkeit auf Nachfrage- und Angebotsseite. Im Anschluss an die Definition der Endkundenmärkte werden die relevanten Vorleistungsmärkte (Großkundenmärkte) festgelegt. Wird der nachgelagerte Markt von einem oder mehreren vertikal integrierten Unternehmen bedient, besteht ohne eine Regulierung möglicherweise gar kein (kommerzieller) Vorleistungsmarkt. Ist eine Vorabregulierung gerechtfertigt, kann es daher notwendig sein, von einem fiktiven vorgelagerten Vorleistungsmarkt auszugehen. Die Märkte der elektronischen Kommunikation sind oft zweiseitig, da die Nutzer auf beiden Seiten des Marktes durch die über Netze oder Plattformen erbrachten Dienste miteinander verbunden werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um miteinander kommunizierende Endnutzer oder die Sender und Empfänger von Informationen oder Inhalten handeln. Diese Gesichtspunkte sind bei der Festlegung und Definition der Märkte zu berücksichtigen, da sie sich sowohl auf die Marktabgrenzung als auch auf die Frage auswirken, ob die für eine Vorabregulierung erforderlichen Merkmale vorliegen.

(6)

Bei der Festlegung der Märkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, sind die folgenden kumulativen Kriterien anzuwenden. Erstens ist zu prüfen, ob beträchtliche anhaltende Zugangshindernisse bestehen. Dabei kann es sich um strukturelle, rechtliche oder regulatorische Hindernisse handeln. Angesichts des dynamischen Charakters und der Funktionsweise der Märkte der elektronischen Kommunikation ist jedoch bei der Erstellung einer vorausschauenden Analyse zur Ermittlung der relevanten Märkte, die für eine etwaige Vorabregulierung in Betracht kommen, zu berücksichtigen, dass Hindernisse möglicherweise in einem relevanten Zeitraum abgebaut werden können. Das zweite Kriterium sieht daher vor, dass nur diejenigen Märkte in Betracht kommen, die nicht innerhalb des relevanten Zeitraums zu einem wirksamen Wettbewerb tendieren. Bei der Anwendung dieses Kriteriums ist der Stand des Wettbewerbs hinter den Zugangsschranken zu prüfen. Das dritte Kriterium ist erfüllt, wenn dem betreffenden Marktversagen mit wettbewerbsrechtlichen Mitteln allein nicht angemessen entgegengewirkt werden kann.

(7)

Die bei der Prüfung des ersten und zweiten Kriteriums zu berücksichtigenden Hauptindikatoren ähneln den bei einer vorausschauenden Marktanalyse zugrunde zu legenden Indikatoren, insbesondere was die Zugangshindernisse bei fehlender Regulierung (einschließlich des Ausmaßes der Ist-Kosten der Vergangenheit), die Marktstruktur sowie die Marktentwicklung und -dynamik angeht. So sind die Marktanteile und Marktpreise mit ihren jeweiligen Tendenzen sowie das Ausmaß und die Verbreitung konkurrierender Netze und Infrastrukturen zu berücksichtigen. Jeder Markt, der bei fehlender Vorabregulierung die drei Kriterien erfüllt, kommt für eine Vorabregulierung in Betracht.

(8)

Aus Wettbewerbssicht sollten neu entstehende Märkte gemäß der Rahmenrichtlinie keinen unangemessenen Verpflichtungen unterworfen werden, auch wenn Marktvorreiter über Wettbewerbsvorteile verfügen. Als neu entstehende Märkte gelten Märkte, in denen sich die Nachfragebedingungen oder die Angebots- und Markzugangsbedingungen aufgrund der Neuartigkeit der Produkte oder Dienste nur sehr schwer vorhersagen lassen und somit die Anwendung der drei Kriterien schwierig ist. Diese Märkte sollten keinen regulatorischen Maßnahmen im Namen des Wettbewerbs unterworfen werden, um gemäß Artikel 8 der Rahmenrichtlinie die Innovation zu fördern; gleichzeitig ist eine Abschottung der Märkte durch den Marktführer zu verhindern, wie dies bereits in den Leitlinien der Überwachungsbehörde zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (5) gefordert wird. Ein schrittweise erfolgender Ausbau bestehender Netzinfrastrukturen geht nur selten mit einem neuen oder sich abzeichnenden Markt einher. Die mangelnde Substituierbarkeit eines Produkts ist sowohl aus Nachfrage- als auch aus Angebotssicht nachzuweisen, bevor gefolgert werden kann, dass das Produkt keinem bereits bestehenden Markt zuzuordnen ist. Das Entstehen neuer Endkundendienste kann zu einem neuen abgeleiteten Vorleistungsmarkt führen, soweit diese Endkundendienste nicht mit Hilfe von Produkten erbracht werden können, für die bereits ein Vorleistungsmarkt besteht.

(9)

Was die Zugangshindernisse angeht, ist im Sinne dieser Empfehlung zu unterscheiden zwischen strukturellen und rechtlich oder regulatorisch bedingten Hindernissen.

(10)

Strukturelle Zugangshindernisse ergeben sich aus der anfänglichen Kosten- oder Nachfragesituation, die zu einem Ungleichgewicht zwischen etablierten Betreibern und Einsteigern führt, deren Marktzugang so behindert oder verhindert wird. Beträchtliche strukturelle Hindernisse liegen beispielsweise vor, wenn absolute Kostenvorteile, erhebliche mengen- und größenbedingte Vorteile, Kapazitätsengpässe und hohe Ist-Kosten der Vergangenheit für den Markt charakteristisch sind. Bislang treten derartige Hindernisse noch immer im Zusammenhang mit der weit verbreiteten Entwicklung bzw. Bereitstellung von Ortsanschlussnetzen an festen Standorten auf. Ein entsprechendes strukturbedingtes Hindernis kann auch vorliegen, wenn die Bereitstellung eines Dienstes eine Netzkomponente erfordert, die sich technisch nicht oder nur zu hohen Kosten nachbauen lässt, so dass der Dienst für Mitbewerber unrentabel wird.

(11)

Rechtlich oder regulatorisch bedingte Hindernisse sind nicht auf die Wirtschaftsbedingungen zurückzuführen, sondern ergeben sich aus legislativen, administrativen oder sonstigen staatlichen Maßnahmen, die sich unmittelbar auf die Zugangsbedingungen und/oder die Stellung von Betreibern auf dem betreffenden Markt auswirken. Beispiele hierfür sind rechtliche oder regulatorische Hindernisse für den Marktzugang, wenn nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen Zugang zu Frequenzen für die Bereitstellung grundlegender Dienste hat. Weitere Beispiele sind Preiskontrollen oder anderweitige preisspezifische Maßnahmen, die den Unternehmen auferlegt werden und sich nicht nur auf ihren Zugang, sondern auch auf ihre Stellung auf dem Markt auswirken. Rechtliche oder regulatorische Hindernisse, die in dem relevanten Zeitraum beseitigt werden können, sind normalerweise nicht als wirtschaftliches Zugangshindernis im Sinne des ersten Kriteriums zu betrachten.

(12)

Zugangshindernisse können bei innovativen, von stetigem technischen Fortschritt gekennzeichneten Märkten an Bedeutung verlieren. Hier entsteht ein Wettbewerbsdruck häufig durch bevorstehende Innovationen möglicher Mitbewerber, die derzeit noch nicht auf dem Markt präsent sind. Auf derart innovationsbestimmten Märkten kann ein dynamischer oder längerfristiger Wettbewerb unter Firmen stattfinden, die nicht zwangsläufig auf einem vorhandenen „statischen“ Markt miteinander konkurrieren. Märkte, auf denen in absehbarer Zeit ein Abbau der Zugangshindernisse zu erwarten steht, werden in dieser Empfehlung nicht berücksichtigt. Bei der Entscheidung der Frage, ob Zugangshindernisse ohne Regulierung voraussichtlich weiterbestehen werden, ist zu prüfen, ob in der Branche Markteintritte häufig und erfolgreich stattfinden und ob ausreichend schnelle und andauernde Markteintritte die Marktmacht begrenzen können oder dies in Zukunft zu erwarten ist. Die Bedeutung der Zugangshindernisse hängt unter anderem von der für eine effiziente Tätigkeit erforderlichen Mindestleistung („minimum efficient scale of output“) und den Ist-Kosten der Vergangenheit ab.

(13)

Selbst auf einem Markt mit beträchtlichen Zugangshindernissen können andere strukturelle Faktoren bewirken, dass der Markt über den relevanten Zeitraum einen wirksamen Wettbewerb verspricht. Die Marktdynamik kann sich zum Beispiel aufgrund von technischen Entwicklungen oder der Konvergenz von Produkten und Märkten erhöhen, die einen Wettbewerbsdruck zwischen Betreibern auf verschiedenen Produktmärkten nach sich ziehen. Dies kann auch auf Märkten mit einer begrenzten — aber hinreichenden — Anzahl von Unternehmen mit abweichenden Kostenstrukturen der Fall sein, die sich mit einer preiselastischen Nachfrage konfrontiert sehen. Ferner kann es einen Kapazitätsüberschuss auf einem Markt geben, der es konkurrierenden Firmen normalerweise gestattet, ihre Leistung als Reaktion auf eine Preiserhöhung sehr rasch zu steigern. Auf solchen Märkten können sich die Marktanteile mit der Zeit verändern oder die Preise sinken. Im Falle einer sich rasch ändernden Marktdynamik ist der relevante Zeitraum sorgfältig zu wählen, um den zugehörigen Marktentwicklungen Rechnung zu tragen.

(14)

Bei der Entscheidung, ob ein Markt für eine Vorabregulierung in Betracht kommt, ist darüber hinaus zu prüfen, ob ein Marktversagen, das anhand der ersten beiden Kriterien besteht, durch wettbewerbsrechtliche Maßnahmen allein behoben werden kann. Wettbewerbsrechtliche Eingriffe reichen gewöhnlich dann nicht aus, wenn umfassende Durchsetzungsmaßnahmen zur Behebung eines Marktversagens erforderlich sind oder wenn häufig oder schnell eingegriffen werden muss.

(15)

Mit der Anwendung der drei Kriterien soll die Anzahl der Märkte der elektronischen Kommunikation begrenzt werden, in denen regulatorische Vorabverpflichtungen auferlegt werden, um bereichsspezifische Vorabverpflichtungen entsprechend dem Ziel des Rechtsrahmens mit zunehmendem Wettbewerb abzubauen. Diese Kriterien sind kumulativ anzuwenden; d.h., wenn ein Kriterium nicht erfüllt ist, sollte der Markt keiner Vorabregulierung unterworfen werden.

(16)

Regulierungsmaßnahmen sollten in Bezug auf Endkundendienste nur dann auferlegt werden, wenn die nationalen Regulierungsbehörden der Auffassung sind, dass entsprechende Maßnahmen auf Vorleistungsmärkten oder hinsichtlich der Betreiberauswahl oder -vorauswahl nicht ausreichen würden, um einen wirksamen Wettbewerbs zu gewährleisten und Ziele von öffentlichem Interessen zu erreichen. Mit Maßnahmen auf Vorleistungsmärkten, die sich unter anderem auf Endkundenmärkte auswirken, können die EFTA-Staaten dafür sorgen, dass die Wertschöpfungskette im Interesse der Endkunden soweit wie möglich für den normalen Wettbewerbsprozess offen bleibt. Diese Empfehlung zielt daher vor allem auf Vorleistungsmärkte ab, die angemessen reguliert werden sollen, um einem unzureichenden Wettbewerb auf den Endkundenmärkten entgegenzuwirken. Wenn eine nationale Regulierungsbehörde nachweist, dass Maßnahmen auf Vorleistungsmärkten erfolglos geblieben sind, kann eine Vorabregulierung des betreffenden Endkundenmarkts angezeigt sein, sofern die drei vorstehend genannten Kriterien erfüllt sind.

(17)

Die Europäische Kommission hat am 17. Dezember 2007 eine neue Empfehlung 2007/879/EG über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors erlassen, die aufgrund der Rahmenrichtlinie für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (6).

(18)

Ausgangspunkt für die Änderung der Empfehlung der Überwachungsbehörde über relevante Märkte sind die neue Empfehlung der Kommission und die Erwägungen der Kommission in der Begründung zu ihrer Empfehlung. Bei ihren Änderungen hat die Überwachungsbehörde den Ansatz vertreten, dass der Vergleich der Marktentwicklungen vor dem Hintergrund einer EWR-Referenz vorgenommen werden sollte und nicht nur vor dem Hintergrund der Marktsituation innerhalb der einzelnen EFTA-Staaten.

(19)

Auf der Grundlage der Marktentwicklungen in den EFTA-Staaten sowie den in der öffentlichen Anhörung vorgebrachten Bemerkungen und anderen der Überwachungsbehörde vorliegenden Informationen scheint das Funktionieren der elektronischen Kommunikationsmärkte der drei EFTA-Staaten generell wahrscheinlich nicht in größerem Umfang vom durchschnittlichen Funktionieren der Märkte in der Europäischen Union oder dem EWR insgesamt abzuweichen als das Funktionieren der jeweiligen Märkte in einzelnen EU-Mitgliedstaaten im Vergleich zu diesem Durchschnitt.

(20)

Das Ziel des EWR-Abkommens besteht darin, „einen dynamischen und homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu errichten, der auf gemeinsamen Regeln und gleichen Wettbewerbsbedingungen beruht“. (7) Angesichts dieses Ziels und der vorstehenden Erwägungen verabschiedet die Überwachungsbehörde eine an die Empfehlung der Kommission angepasste Empfehlung, um eine einheitliche Anwendung des gemeinsamen regulatorischen Rahmens und Rechtssicherheit für Interessierte innerhalb der elektronischen Kommunikationsmärkte im EWR sicherzustellen. Die Zahl der für eine Vorabregulierung in Betracht kommenden Märkte verringert sich daher in dieser Empfehlung von 18 auf 7 Märkte.

(21)

Die Verringerung der Zahl der für eine Vorabregulierung in Betracht kommenden Märkte bedeutet nicht notwendigerweise, dass die herausgenommenen Märkte in jedem der EFTA-Staaten tatsächlich wettbewerbsbestimmt sind und dass eine Vorabregulierung für diese Märkte nicht mehr angezeigt ist. Aus Beiträgen, die der Überwachungsbehörde während des Änderungsprozesses vorgelegt wurden, geht hervor, dass eine fortgesetzte Regulierung für bestimmte Märkte gerechtfertigt sein könnte.

(22)

Die im Anhang aufgeführten Märkte wurden anhand dieser drei kumulativen Kriterien festgelegt. Märkte, die nicht in dieser Empfehlung genannt werden, sollten von den nationalen Regulierungsbehörden anhand der drei Kriterien geprüft werden. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten darüber hinaus Märkte anhand der drei Kriterien prüfen können, die im Anhang der Empfehlung Nr. 194/04/KOL vom 14. Juli 2004 aufgeführt, jedoch nicht im Anhang dieser Empfehlung genannt sind, um festzustellen, ob die nationalen Gegebenheiten die Vorabregulierung dieser Märkte noch immer rechtfertigen. Ein Marktanalyseverfahren ist bei den in dieser Empfehlung genannten Märkten nicht erforderlich, wenn die nationalen Regulierungsbehörden feststellen, dass der betreffende Markt die drei Kriterien nicht erfüllt. Die nationalen Regulierungsbehörden können unter Einhaltung von Artikel 7 der Rahmenrichtlinie Märkte festlegen, die von denen in dieser Empfehlung abweichen. Wird eine geplante Maßnahme, die den Handel zwischen EFTA-Staaten im Sinne des Erwägungsgrunds 38 der Rahmenrichtlinie beeinträchtigt, nicht gemeldet, so kann ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den fraglichen Staat eingeleitet werden. Von den nationalen Regulierungsbehörden festgelegte Märkte, die nicht in dieser Empfehlung genannt sind, sollten den Wettbewerbsgrundsätzen der Bekanntmachung der Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des EWR-Wettbewerbsrechts (8) und den Leitlinien der Überwachungsbehörde zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht entsprechen und die drei vorstehend genannten Kriterien erfüllen.

(23)

Aus der vorliegenden Festlegung von Produkt- und Dienstmärkten, die eine Vorabregulierung rechtfertigen können, folgt nicht, dass eine Regulierung stets angebracht ist oder für diese Märkte rechtliche Verpflichtungen aufgrund der spezifischen Richtlinien gelten. Insbesondere ist eine Regulierung dann nicht vorzuschreiben bzw. aufzuheben, wenn ohne Regulierung ein wirksamer Wettbewerb auf diesen Märkten herrscht, d. h. wenn kein Marktteilnehmer über eine beträchtliche Marktmacht im Sinne von Artikel 14 der Rahmenrichtlinie verfügt. Rechtliche Verpflichtungen müssen sinnvoll sein, dem aufgezeigten Problem entsprechen sowie verhältnismäßig und aufgrund der Ziele der Rahmenrichtlinie gerechtfertigt sein. Darüber hinaus müssen sie dem Nutzer größtmögliche Vorteile bieten, Wettbewerbsverzerrungen oder -einschränkungen ausschließen, effiziente Infrastrukturinvestitionen und Innovationen sowie die effiziente Nutzung und Verwaltung von Frequenzen und Nummern fördern.

(24)

Unbeschadet der in dieser Empfehlung aufgeführten Märkte können in bestimmten Fällen Märkte nach dem Wettbewerbsrecht definiert werden. Darüber hinaus können Tätigkeiten ungeachtet der Vorabregulierung auch wettbewerbsrechtlich analysiert werden.

(25)

Die Öffentlichkeit, die nationalen Regulierungsbehörden und andere nationale Behörden in den EFTA-Staaten wurden zu dieser Empfehlung konsultiert.

(26)

Diese Empfehlung ist gemäß den Erläuterungen zur Empfehlung 2007/879/EG der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors auszulegen, die aufgrund der Rahmenrichtlinie für eine Vorabregulierung in Betracht kommen. In den Erläuterungen zu dieser Empfehlung werden unter anderem die technischen Entwicklungen auf diesen Märkten beschrieben —

HAT DIE FOLGENDE EMPFEHLUNG ERLASSEN:

1.

Den nationalen Regulierungsbehörden wird empfohlen, bei der Festlegung relevanter Märkte entsprechend den nationalen Gegebenheiten gemäß Artikel 15 Absatz 3 des in Ziffer 5cl des Anhangs XI zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakts (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste) in der mit Protokoll 1 zum EWR-Abkommen und durch die sektoralen Anpassungen in Anhang XI zu diesem Abkommen geänderten Fassung, die im Anhang zu dieser Empfehlung aufgeführten Produkt- und Dienstmärkte zu prüfen.

2.

Die nationalen Regulierungsbehörden sollten bei der Festlegung von Märkten, die nicht in dem Anhang aufgeführt sind, sicherstellen, dass die folgenden drei Kriterien kumulativ erfüllt sind:

a)

Es bestehen beträchtliche anhaltende Zugangshindernisse. Dabei kann es sich um strukturelle, rechtliche oder regulatorische Hindernisse handeln.

b)

Der Markt tendiert innerhalb des relevanten Zeitraums nicht zu einem wirksamen Wettbewerb. Bei der Zugrundelegung dieses Kriteriums ist der Stand des Wettbewerbs hinter den Zugangsschranken zu prüfen.

c)

Das Wettbewerbsrecht allein reicht nicht aus, um dem betreffenden Marktversagen angemessen entgegenzuwirken.

3.

Diese Empfehlung gilt unbeschadet der Marktdefinitionen, Ergebnisse von Marktanalysen und Regulierungsverpflichtungen, die von den nationalen Regulierungsbehörden gemäß Artikel 15 Absatz 3 und Artikel 16 des in Ziffer 5cl des Anhangs XI zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakts (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste) in der mit Protokoll 1 zum EWR-Abkommen und durch die sektoralen Anpassungen in Anhang XI zu diesem Abkommen geänderten Fassung, vor dem Datum der Verabschiedung dieser Empfehlung festgelegt wurden.

4.

Diese Empfehlung ist an alle EFTA-Staaten gerichtet.

Brüssel, den 5. November 2008

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Per SANDERUD

Der Präsident

Kurt JÄGER

Mitglied des Kollegiums


(1)  Nachstehend als „das EWR-Abkommen“ bezeichnet.

(2)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 717/2007 (ABl. L 171 vom 29.6.2007, S. 32). Nachstehend als „Rahmenrichtlinie“ bezeichnet.

(3)  Empfehlung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 194/04/KOL vom 14. Juli 2004 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum aufgenommenen Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 113 vom 27.4.2006, S. 18, und EWR-Beilage Nr. 21 vom 27.4.2006, S. 33). Angenommen durch Beschluss Nr. 194/04/KOL.

(4)  Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51), die in Ziffer 5 cm Anhang XI des EWR-Abkommens durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 11/2004, ABl. L 116 vom 22.4.2004, S. 60, und EWR-Beilage Nr. 20 vom 22.4.2004, S. 14, eingefügt wurde.

(5)  Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde vom 14. Juli 2004 zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste gemäß Anhang XI des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. C 101 vom 27.4.2006, S. 1, und EWR-Beilage Nr. 21 vom 27.4.2006, S. 1).

(6)  ABl. L 344 vom 28.12.2007, S. 65.

(7)  4. Erwägung in der Präambel zum EWR-Abkommen.

(8)  Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 46/98/KOL vom 4. März 1998 über die Veröffentlichung von zwei Bekanntmachungen über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bzw. über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen (ABl. L 200 vom 16.7.1998, S. 46, und EWR-Beilage Nr. 28 vom 16.7.1998, S. 1).


ANHANG

Endkundenebene

1.

Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten.

Vorleistungsebene

2.

Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten.

Im Sinne dieser Empfehlung umfasst der Verbindungsaufbau die Weiterleitung auf lokaler Ebene und ist so abzugrenzen, dass er der jeweiligen nationalen Abgrenzung der Märkte für Transitverbindungen und Anrufzustellung im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten entspricht.

3.

Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen von einem festen Standort aus.

Im Sinne dieser Empfehlung umfasst die Anrufzustellung die Weiterleitung auf lokaler Ebene und ist so abzugrenzen, dass sie der jeweiligen nationalen Abgrenzung der Märkte für den Verbindungsaufbau und für Transitverbindungen im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten entspricht.

4.

Vorleistungsmarkt für den (physischen) Zugang zu Netzinfrastrukturen (einschließlich des gemeinsamen oder vollständig entbündelten Zugangs) an festen Standorten.

5.

Breitbandzugang für Großkunden.

Dieser Markt umfasst den nicht-physischen oder virtuellen Netzzugang einschließlich des „Bitstromzugangs“ an festen Standorten. Dieser Markt ist dem mit dem vorstehendem Markt 4 erfassten physischen Zugang nachgelagert, da der Breitbandzugang auf der Vorleistungsebene über den physischen Zugang in Verbindung mit weiteren Elementen bereitgestellt werden kann.

6.

Abschluss-Segmente von Mietleitungen für Großkunden, unabhängig von der für die Miet- oder Standleitungskapazitäten genutzten Technik.

7.

Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen.


Top