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Document 52007AR0255

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Umfassende gesellschaftliche Beteiligung von jungen Menschen

OJ C 172, 5.7.2008, p. 65–69 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.7.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 172/65


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Umfassende gesellschaftliche Beteiligung von jungen Menschen“

(2008/C 172/13)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

bedauert, dass die Kommission in der Mitteilung zwar die notwendige Zusammenarbeit zwischen Politik und Interessengruppen auf europäischer, nationaler sowie regionaler und lokaler Ebene bei der Entwicklung der Jugendstrategie erläutert, aber die Rolle der regionalen und lokalen Ebene in der Jugendpolitik nicht näher darstellt;

hebt hervor, dass Jugendpolitik in besonderem Maße auf regionaler und lokaler Ebene umgesetzt wird. Lokale und regionale Strategien tragen wesentlich dazu bei, dass hochwertige Maßnahmen für eine bessere Aus- und Weiterbildung, für eine bessere soziale und berufliche Eingliederung und für aktives bürgerschaftliches Engagement von Jugendlichen ergriffen werden;

ist wie die Kommission der Ansicht, dass es Aufgabe der nationalen bzw. regionalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sein muss, arbeitsmarktrelevante Grundkompetenzen zu vermitteln. Nicht vergessen werden darf aber, dass eine solide allgemein- und persönlichkeitsbildende Basisbildung darüber hinausgehende Bedeutung hat, besonders auch in Bezug auf die persönliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben;

sieht bei Kindern im Vorschulalter im Gegensatz zur Kommission nicht so sehr die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen sondern jene der Gesamtpersönlichkeit im Vordergrund;

sieht das in mehreren Staaten praktizierte duale Ausbildungssystem, also die kombinierte Ausbildung im Betrieb und in der Schule, als im Hinblick auf die berufliche Integration möglichst vieler junger Menschen vorbildhafte Ausbildungsform und bedauert, dass die berufliche Bildung in vielen Staaten unter Attraktivitäts- und Akzeptanzproblemen leidet.

Berichterstatter

:

Herr HALDER (AT/EVP), Präsident des Vorarlberger Landtages

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Förderung der umfassenden Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft

KOM(2007) 498 endg.

Politische Empfehlungen

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Generelle Anmerkungen zur Mitteilung der Kommission

1.

hält fest, dass junge Menschen das Potenzial für die Entwicklung einer Gesellschaft sind. Die Zukunft der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten und regionalen sowie lokalen Gebietskörperschaften hängt immer mehr davon ab, dass es gelingt, eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft zu schaffen;

2.

betont, dass junge Menschen auch einen entscheidenden Faktor für die wirtschaftliche Leistungskraft der europäischen Regionen und Kommunen und ihre Fähigkeit, im globalen Wettbewerb zu bestehen, darstellen. Das Engagement der Unionsbürgerinnen und -bürger ist außerdem wichtiger Grundstein für den sozialen Zusammenhalt und die friedliche und demokratische Weiterentwicklung Europas und muss bereits in der Jugend grundgelegt werden;

3.

verweist auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur demografischen Zukunft Europas (1). Demnach werden weniger Kinder geboren als für die Reproduktion der Bevölkerungszahl erforderlich. Dies führt zu weit reichenden Änderungen bei der Größe und Altersstruktur der europäischen Bevölkerung und unterstreicht die Notwendigkeit nach einer generationengerechten und nachhaltigen Politik;

4.

erkennt deshalb an, dass der vom Europäischen Rat im Frühjahr 2005 beschlossene Europäische Pakt für die Jugend (2), die Mitteilung der Kommission über europäische Politiken im Jugendbereich (3) und die gegenständliche Mitteilung der Kommission eine Thematik von größter Bedeutung aufgreifen;

5.

unterstützt den von der Kommission vorgeschlagenen querschnittsbezogenen Ansatz. Es ist wichtig, die Belange junger Menschen durchgängig in allen Politikbereichen zu berücksichtigen und dadurch eine stärkere Fokussierung auf die speziellen Bedürfnisse der jungen Menschen zu erreichen;

6.

verweist darauf, dass in den von der Mitteilung angesprochenen Bereichen der allgemeinen und beruflichen Bildung, der Jugend und der Beschäftigung die Kompetenz, entsprechende Maßnahmen zu setzen, bei den Mitgliedstaaten bzw. bei der regionalen und lokalen Ebene liegt. Der europäischen Ebene kommt hier eine koordinierende, unterstützende und ergänzende Funktion zu.

7.

fordert vor diesem Hintergrund die Kommission auf, die beabsichtigten Maßnahmen danach zu prüfen, ob sie dem mit dem EU-Reformvertrag gestärkten Grundsatz der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gerecht werden;

8.

hält fest, dass die Kommission im Zusammenhang mit der Mitteilung keine Folgenabschätzung vorgelegt hat und bedauert, dass die aus der Umsetzung resultierenden administrativen und finanziellen Mehrbelastungen der regionalen bzw. lokalen Ebene nicht eruiert wurden;

Bedeutung für die regionale und lokale Ebene

9.

bedauert, dass die Kommission in der Mitteilung zwar die notwendige Zusammenarbeit zwischen Politik und Interessengruppen auf europäischer, nationaler sowie regionaler und lokaler Ebene bei der Entwicklung der Jugendstrategie erläutert, aber die Rolle der regionalen und lokalen Ebene in der Jugendpolitik nicht näher darstellt;

10.

hebt hervor, dass Jugendpolitik in besonderem Maße auf regionaler und lokaler Ebene umgesetzt wird. Lokale und regionale Strategien tragen wesentlich dazu bei, dass hochwertige Maßnahmen für eine bessere Aus- und Weiterbildung, für eine bessere soziale und berufliche Eingliederung und für aktives bürgerschaftliches Engagement von Jugendlichen ergriffen werden. Gerade auf regionaler und lokaler Ebene ist es möglich, stärker auf die spezifischen Bedürfnisse von Jugendlichen zu fokussieren und damit zielgerichteter zu handeln;

11.

fordert die Kommission auf, die nationale, regionale und lokale Diversität im Bildungs-, Jugend- und Beschäftigungsbereich zu achten. Bei der Konzeption und Umsetzung der koordinierenden, unterstützenden und ergänzenden Maßnahmen ist nicht nur die nationale, sondern auch die regionale und lokale Ebene zu beteiligen;

Bessere und mehr Bildung für alle jungen Menschen

12.

unterstreicht, dass die europäischen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung Schlüsselfaktoren für die Entwicklung des langfristigen Wettbewerbspotenzials der EU sind und begrüßt deshalb die Inhalte des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ (4), weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Verantwortung der Mitgliedstaaten bzw. der regionalen und lokalen Ebene für die Lehrinhalte und die Gestaltung der Bildungssysteme sowie die Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen zu achten ist;

13.

ist wie die Kommission der Ansicht, dass es Aufgabe der nationalen bzw. regionalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sein muss, arbeitsmarktrelevante Grundkompetenzen zu vermitteln. Nicht vergessen werden darf aber, dass eine solide allgemein- und persönlichkeitsbildende Basisbildung darüber hinausgehende Bedeutung hat, besonders auch in Bezug auf die persönliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben;

14.

sieht bei Kindern im Vorschulalter im Gegensatz zur Kommission nicht so sehr die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen sondern jene der Gesamtpersönlichkeit im Vordergrund. Dennoch können so auf spielerische Art bereits bei sehr kleinen Kindern unter anderem durch technische bzw. naturwissenschaftliche Spielangebote Potenziale geweckt und Interessen gefördert werden, die für die spätere Berufsorientierung von großer Bedeutung sein können;

15.

weist auf die Bedeutung der Förderung der Sprachbildung in Rahmen der frühkindlichen Erziehung hin. Besonders wichtig ist dies bei Migrantenkindern. Damit wird auch die Basis für den späteren Erwerb weiterer Sprachen gelegt;

16.

sieht das in mehreren Staaten praktizierte duale Ausbildungssystem, also die kombinierte Ausbildung im Betrieb und in der Schule, als im Hinblick auf die berufliche Integration möglichst vieler junger Menschen vorbildhafte Ausbildungsform und bedauert, dass die berufliche Bildung in vielen Staaten unter Attraktivitäts- und Akzeptanzproblemen leidet. Allerdings ist dieses Ausbildungssystem wie auch alle anderen postsekundären oder universitären Ausbildungen damit konfrontiert, dass die Qualifikationsanforderungen, die heute für eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bestehen, immer höher werden. Auch ist die Attraktivität dieses Ausbildungssystems insbesondere durch die Verbesserung der Durchlässigkeit des dualen Bildungswegs bis zur Universität zu steigern;

17.

ist deshalb der Ansicht, dass das Bildungsniveau generell zu heben ist. Wesentliche Grundlage dafür sind hoch qualifizierte und motivierte Lehrkräfte und Ausbildner, die nicht nur über fachlich-didaktische, sondern auch über sozial-integrative Kompetenzen verfügen müssen (5). Zudem müssen sich die Anforderungen des Arbeitsmarkts in den Lehrplänen widerspiegeln;

18.

begrüßt, dass die Kommission die Mitgliedstaaten um Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens ersucht und fordert in diesem Zusammenhang, dass dabei auf die nationale und regionale Vielfalt im Bildungswesen Bedacht genommen wird. So sind zum Beispiel Lösungen für die Einordnung berufsorientierter Ausbildungsmodule zu finden;

19.

hebt die Bedeutung des EU-Programms für lebenslanges Lernen und des EU-Programms „Jugend in Aktion“ hervor. Diese Programme, die die grenzüberschreitende Mobilität und das damit verbundene formelle und informelle Lernen in den Vordergrund stellen, sind eine wertvolle Ergänzung der nationalen und regionalen bzw. lokalen Bildungspolitiken;

20.

fordert die Kommission auf, in der Mitteilung bzw. bei den von ihr gesetzten Maßnahmen (z.B. in den EU-Programmen) stärker auf die Situation von benachteiligten Jugendlichen einzugehen. Um diesen eine Chance zur Entfaltung ihrer individuellen Möglichkeiten und zur Integration in den Arbeitsmarkt zu geben, können Modelle, wie zum Beispiel jenes der integrativen Berufsausbildung, hilfreich sein. Diese eröffnen benachteiligten jungen Menschen die Möglichkeit, eine Ausbildung in einem verlängerten Zeitraum oder mit einer Teilqualifikation zu absolvieren. Wichtig dabei ist auch die intensive soziale Begleitung und das Mentoring der Jugendlichen, eine Arbeit, die nur auf regionaler und lokaler Ebene geleistet werden kann. Diese Modelle können auch dabei helfen, die immer noch hohe Schulabbrecherquote zu senken;

Jugend und Beschäftigung: eine Herausforderung für Europa

21.

konstatiert, dass sich der Übergang von der Schule in den Beruf für junge Menschen zunehmend schwierig gestaltet;

22.

dabei besteht in vielen europäischen Regionen bereits jetzt die paradoxe Situation, dass neben zum Teil beträchtlicher Jugendarbeitslosigkeit (6) ein Mangel an — besonders höher qualifizierten — Arbeitskräften besteht, der sich zukünftig noch verschärfen wird;

23.

hebt hervor, dass die berufliche und soziale Integration von jungen Menschen in benachteiligen städtischen und ländlichen Gebieten besonders schwierig ist und weist vor diesem Hintergrund auf die Bedeutung der europäischen, nationalen sowie regionalen und lokalen Politiken für Konvergenz und Verbesserung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit hin, auch um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass qualifizierte junge Menschen in diesen Regionen bleiben;

24.

stimmt mit der Kommission darin überein, dass in den nationalen Reformprogrammen für Wachstum und Beschäftigung der Jugendbeschäftigung besonderes Augenmerk gegeben werden muss und fordert, dass diese Reformprogramme mit den im Rahmen des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ gesetzten Maßnahmen optimal abgestimmt werden;

25.

fordert eine Ausweitung des für die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bestehenden Lissabonner „Peer-Review“-Prozesses der EU, damit lokale und regionale Gebietskörperschaften sowie andere Interessenträger ebenfalls von solchen EU-weiten „Peer-Reviews“ profitieren können, um lokale und regionale Maßnahmen zu untersuchen, die auf die Lösung des Problems der jungen Menschen, die sich derzeit nicht in Arbeit oder Schul-/Berufsbildung befinden, abzielen;

26.

sieht die stetige Zunahme an prekären Arbeitsverhältnissen mit geringer Arbeitsplatzsicherheit als besonders für junge Arbeitnehmer grundlegendes Problem, da sie oftmals über viele Jahre keine stabilen und angemessenen Arbeits- und Einkommensverhältnisse schaffen und dadurch auch keine selbstständigen Lebensführung erreichen können;

27.

fordert deshalb die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten bzw. die regionale und lokale Ebene auf, auf ein gutes Gleichgewicht zwischen den Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. von Flexibilität und Sicherheit zu achten, wenn sie den Flexicurity-Ansatz umsetzen. Auch darf die soziale Eingliederung junger Menschen nicht erschwert werden;

28.

ist der Ansicht, dass die Kommission die Beschäftigung benachteiligter Jugendlicher nicht ausreichend anspricht. Neben präventiven Maßnahmen, die vor allem die arbeitsmarktorientierte Ausbildung der jungen Menschen betreffen, sind für die Integration von Jugendlichen am Arbeitsmarkt, besonders von benachteiligten Jugendlichen, intensive — auch soziale — individuell maßgeschneiderte Unterstützungsmaßnahmen erforderlich. Wichtig ist dabei — wie auch in der Europäischen Beschäftigungsstrategie vorgegeben —, alle Jugendlichen lückenlos zu erfassen und innert möglichst kurzer Frist in den Beschäftigungsprozess zu integrieren. Dazu können auch Auffangnetze für Beschäftigung suchende benachteiligte Jugendliche und die Durchführung von jugendspezifischen, öffentlich finanzierten Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogrammen erforderlich sein (7);

29.

weist darauf hin, dass die EU-Strukturfonds, besonders der Europäische Sozialfonds, die Förderung solcher Projekte ermöglichen und unterstützt die von der Kommission in der Mitteilung geforderte verstärkte Ausrichtung des ESF auf Jugendbeschäftigung, sofern dies die regionalen Gegebenheiten — hohe Jugendarbeitslosigkeit — erfordern;

30.

sieht eine wesentliche Aufgabe der nationalen und regionalen bzw. lokalen Ebene in der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und -bereitschaft der jungen Menschen. Unter anderem sind die persönliche Berufs- und Bildungsberatung und -information und die damit verbundenen Sensibilisierungsmöglichkeiten für zukunftsorientierte Berufslaufbahnen zu forcieren. Dies kann auch zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis in bestimmten Berufsgruppen beitragen;

31.

unterstützt den von der Kommission vorgeschlagenen Qualitätsrahmen für Praktika mit empfehlendem Charakter, zumal Praktikanten — die zunehmend grenzüberschreitend tätig sind — zum Teil als „billige Arbeitskräfte“ missbraucht werden. Ordnungsgemäße Praktika bieten aber eine wertvolle Möglichkeit für junge Menschen, um erste Berufserfahrung zu sammeln, die sich bei der weiteren Berufswahl oder auf dem weiteren Bildungsweg oft als wesentlicher und entscheidender Faktor erweisen kann; auch müssen in Ausbildung befindliche junge Menschen motiviert werden, Praktika zu absolvieren und die dafür zur Verfügung stehenden Angebote vergrößert werden;

32.

weist darauf hin, dass neben der Erstausbildung die berufsbezogene Weiterbildung eine immer größere Bedeutung gewinnt Das technische Wissen und die im Arbeitsprozess nachgefragten Fähigkeiten verändern sich rasch. Die Herausforderung ist daher, die Attraktivität und Offenheit für Weiterbildung zu verbessern und das Angebot an Instrumenten der Weiterbildung auszubauen. Für junge Menschen, die über keine ausreichende Basisbildung verfügen, ist es wichtig, dass die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten nachgeholt werden können (zweite Chance) (8);

Das Potenzial aller umfassend nutzen

33.

stellt fest, dass gerade Kinder und Jugendliche aus armen Familien in vielerlei Hinsicht benachteiligt und zum Teil ausgegrenzt sind. Dies betrifft sowohl ihre Bildungs- und Beschäftigungschancen wie auch ihre gesundheitliche Situation. Zudem wird Armut oft „vererbt“: Armut und soziale Ausgrenzung im Erwachsenenalter sind die Folge von Benachteiligungen in der Kindheit und Jugend;

34.

fordert daher, dass die Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung Priorität haben muss. Dies ist eine primär nationale bzw. regionale und lokale Aufgabe und bedarf eines abgestimmten Zusammenwirkens zwischen Wirtschafts-, Beschäftigungs-, Bildungs- und Sozialpolitik und einer querschnittsbezogenen Berücksichtigung von jugendpolitischen Aspekten;

35.

ist der Ansicht, dass erster Ansatzpunkt die Reduktion der Armutsgefährdung von Familien mit Kindern sein muss. Sozioökonomische Faktoren, wie z.B. Ausgrenzung und Langzeitarbeitslosigkeit und niedriger Bildungsstand der Eltern, verdienen im Hinblick auf die Vermeidung permanenter Armutsfallen besonderes Augenmerk;

36.

erinnert daran, dass es vielfach die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind, die für den Unterhalt von Waisen und Kindern aus Problemfamilien sowie für ihre Schulbildung verantwortlich sind, und dass sie die Vorbedingungen schaffen, um diesen Kindern ein selbstständiges Leben zu ermöglichen;

37.

weist darauf hin, dass die Beherrschung der Sprache des Aufenthaltslands Voraussetzung für eine rasche Integration, bessere Schulerfolge und größere Chancen am Arbeitsmarkt und damit auch ein wesentlicher Faktor der Armutsbekämpfung ist;

Aktive junge Bürger

38.

hebt hervor, dass die Partizipation junger Menschen — ihre Mitgestaltung und Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben — Kinder und Jugendliche stärkt, Selbstvertrauen schafft und Demokratie sowie aktives Verhalten fördert;

39.

weist auf die besondere Bedeutung der Partizipationsprozesse auf der lokalen und regionalen Ebene hin. Partizipation ist für junge Menschen dort besonders anschaulich und nachhaltig, wo sie ihren Lebensraum mitgestalten und die Auswirkungen des Partizipationsprozesses unmittelbar und direkt erfahren können;

40.

bemerkt, dass es sehr wichtig ist, Kinder und Jugendliche an die Mechanismen der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung heranzuführen, indem sie mit den Ämtern, Funktionen und der Verantwortung kommunaler und regionaler Mandatsträger sowie deren Möglichkeiten, Menschen vor Ort bei der Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen behilflich zu sein, vertraut gemacht werden;

41.

begrüßt zur Stärkung der lokalen und regionalen Partizipationsinitiativen einen Erfahrungsaustausch auf europäischer Ebene und fordert die nationale und die EU-Ebene wie auch die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, Jugendpolitik sektorübergreifend und in enger Zusammenarbeit mit den jungen Menschen zu entwickeln;

42.

sieht die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene regelmäßige Erstellung eines EU-Jugendberichts positiv. Dieser kann dazu beitragen, die Lebensbedingungen junger Menschen zu analysieren, ihre Anliegen darzustellen und damit eine Grundlage für die sektorübergreifenden Jugendpolitiken der nationalen, regionalen, lokalen und der EU-Ebene bieten. Darauf zu achten ist, dass keine neuen Berichtspflichten für die Mitgliedstaaten und Regionen bzw. Kommunen geschaffen werden. Die bereits vielfach vorzulegenden Berichte, die auch die Lebenssituation junger Menschen darstellen, enthalten viele notwendige Informationen;

43.

hebt hervor, dass freiwillige Aktivitäten von Jugendlichen eine wichtige Möglichkeit sind, dass sich diese zum einen aktiv in die Gesellschaft einbringen und zum anderen auch bereits erste Arbeitserfahrungen zur besseren Berufsorientierung machen können;

44.

weist darauf hin, dass Freiwilligentätigkeiten auch zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten führen, die für eine spätere Berufstätigkeit wichtig sein können. Voraussetzung für die Steigerung der Attraktivität dieser Tätigkeiten für junge Menschen ist die Anerkennung der im Rahmen dieses nicht-formalen Lernens erworbenen Qualifikationen;

45.

begrüßt vor diesem Hintergrund den von der Kommission im Rahmen des EU-Programms „Jugend in Aktion“ eingeführten „Youthpass“, der ein individuelles Zertifikat über die Qualität der Mitarbeit junger Menschen bei Programmaktivitäten darstellt und unterstützt die von der Kommission beabsichtigte Ergänzung des europäischen Rahmenkonzepts zur Förderung der Transparenz bei Qualifikationen und Kompetenzen (Europass) (9) um die Darstellung der erworbenen nicht-formalen Qualifikationen;

46.

fordert, dass alle Ebenen verstärkt darauf achten, dass sowohl bei Partizipationsprozessen wie auch bei der Freiwilligentätigkeit vermehrt auch benachteiligte junge Menschen Zugang finden.

Brüssel, den 10. April 2008

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Luc VAN DEN BRANDE


(1)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur demografischen Zukunft Europas, CdR 341/2006 rev. 3.

(2)  Anhang I der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates, Brüssel, 22./23. März 2005 (7619/05).

(3)  Mitteilung der Kommission an den Rat über europäische Politiken im Jugendbereich „Die Anliegen Jugendlicher in Europa aufgreifen — Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend und Förderung der aktiven Bürgerschaft“, KOM(2005) 206 endg.

(4)  Detailliertes Arbeitsprogramm zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa, ABl. C 142/1 vom 14.6.2002.

(5)  Vgl. auch Mitteilung der Kommission „Verbesserung der Qualität der Lehrerbildung“, KOM(2007) 392 endg. und Schlussfolgerungen des Rats und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Lehrerausbildung, ABl. C 300/6 vom 12.12.2007.

(6)  Die Jugendarbeitslosigkeit liegt laut Mitteilung bei durchschnittlich 17,4 %.

(7)  Zum Teil müssen für institutions- und bildungsferne Jugendliche niederschwellige Angebote geschaffen werden, um ihnen eine „Arbeitserfahrung“ zu ermöglichen. Auch die (teilweise und) zeitlich befristete Übernahme der Lohnkosten kann für Unternehmen eine Motivation zur Beschäftigung von Berufseinsteigern sein. Untersuchungen belegen, dass der volkswirtschaftliche Effekt deutlich positiv sein kann, wenn man die gesellschaftspolitischen Auswirkungen einer größeren Zahl langzeitarbeitsloser Jugendlicher mitberücksichtigt.

(8)  Diese Bildungsmaßnahmen, die auch durch den ESF gefördert werden, sind eine essenzielle Voraussetzung für das Fußfassen auf dem Arbeitsmarkt. Zu nennen sind zum Beispiel „Alphabetisierungskurse“ und das „Nachholen des Pflichtschulabschlusses“.

(9)  Vgl. Entscheidung Nr. 2241/2004/EG.


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