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Document 52008AR0016

Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen Den Haushalt reformieren, Europa verändern

OJ C 172, 5.7.2008, p. 1–6 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.7.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 172/1


Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen „Den Haushalt reformieren, Europa verändern“

(2008/C 172/01)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

hält es für unbedingt erforderlich, einen starken politischen und wirtschaftlichen Rahmen beizubehalten, der auf mittlere und lange Sicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, um einen gemeinsamen Willen zur Erreichung der gesteckten Ziele zum Ausdruck zu bringen;

ist der Meinung, dass der künftige EU-Haushalt auf den im Vertrag von Lissabon definierten EU-Zuständigkeiten und dem Subsidiaritätsprinzip aufbauen und die Ausweitung der Rechtsgrundlagen des Vertrags widerspiegeln muss; er verwirft die Hypothese einer Konkurrenzsituation zwischen den bestehenden Politikbereichen und den neuen Handlungsbereichen der EU bzw. den neuen, durch die neuen globalen Herausforderungen notwendig gewordenen Politiken;

ersucht darum, die Entwicklung des Gemeinschaftshaushalts unter dem Blickwinkel einer schrittweisen Integrationsdynamik zu betrachten, indem Gemeinschaftsaktionen mit experimentellem Charakter eingeführt werden, und sich deutlich von dem derzeit für den Umfang des EU-Haushalts maßgeblichen Trend abzuheben;

fordert, das Ziel der Ausschöpfung aller Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Regieren auf mehreren Ebenen in den Mittelpunkt der Strategie zur Reform des EU-Haushalts zu stellen und erinnert daran, dass Konzeption, Planung, Mitfinanzierung und Umsetzung der europäischen Politiken durch den Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften deutlich gewinnen können;

ist besonders besorgt, dass eine mögliche Renationalisierung der von der EU finanzierten Politiken nur zu unzureichenden und wirkungslosen, auf europäischer Ebene inkohärenten Ergebnissen bzw. zum Verlust der Hebelwirkung führen könnte;

bekräftigt, dass ein deutlich über 5 Jahre hinausgehender, stabiler mehrjähriger Finanzrahmen eine wesentliche Vorbedingung ist, um die Wirksamkeit des Handelns der Europäischen Union zu gewährleisten und schlägt daher vor, den Programmplanungszeitraum auf 10 Jahre zu verlängern, wobei die Beträge nur für die ersten 5 Jahre ganz zugewiesen würden, und anschließend im Rahmen einer echten Halbzeitbewertung die zurückbehaltenen Beträge, bspw. 25 %, neuen Ausgaben zugewiesen würden: so könnte eine Kohärenz mit den Mandatszeiten in den EU-Institutionen gewährleistet werden;

ist der Meinung, dass das neue System zur Finanzierung des EU-Haushalts auf Transparenz und Eigenmitteln beruhen muss, die die Grundsätze der Gerechtigkeit und Solidarität Stabilität, Sichtbarkeit, Klarheit, Genauigkeit und Einfachheit garantieren, und dass es weitgehend frei von Ausnahmen sein muss;

Berichterstatter

:

Michel DELEBARRE — Bürgermeister von Dünkirchen (FR/SPE)

Luc VAN DEN BRANDE — Mitglied des flämischen Parlaments (BE/EVP)

Referenzdokument

SEK(2007) 1188 endg. — Mitteilung der Kommission „Den Haushalt reformieren, Europa verändern“ — Konsultationspapier im Hinblick auf die Überprüfung des EU-Haushalts 2008/2009'

Politische Empfehlungen

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Den EU-Haushalt reformieren, Europa stärken

1.

ist der Ansicht, dass die Reform des EU-Haushalts — so sie die Erwartungen der Europäerinnen und Europäer auf ambitionierte Weise erfüllen will — in erster Linie dazu dienen muss, den demokratischen Vertrauenspakt zu stärken, der die Bürger mit der EU verbindet, und dadurch die Partnerschaft zwischen den Institutionen zu erneuern, die auf den verschiedenen territorialen Ebenen politisch verantwortlich sind;

2.

erinnert daran, dass die Europäische Union ein weltweites Modell für Wohlstand und Zusammenhalt schaffen möchte, bei dem das Europa umspannende, politische Vorhaben mit der Wahrung der Identität der Beteiligten und der Förderung von Teilhabe und Demokratie auf lokaler und regionaler Ebene im Einklang steht;

3.

ist der Überzeugung, dass die Europäische Union folgenden Mehrwert bietet: Sie gewährleistet ihren Bürgern Frieden, Schutz und Stabilität; sie eröffnet Möglichkeiten, damit die Europäer ihr individuelles Potenzial über Landesgrenzen hinaus und europaweit entfalten können; sie stiftet ein europäisches Bewusstsein und eine europäische Solidarität bei Bürgern unterschiedlicher Nationalität und Kultur durch die Förderung von wirtschaftlichem, sozialem und territorialem Zusammenhalt; sie schafft einen Raum — einen Binnenmarkt -, wo Europäer miteinander Handel treiben können; sie verfolgt gemeinsame Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts;

4.

stellt fest, dass die Herausforderung bei der Haushaltsüberprüfung eben gerade darin besteht, dieses wirtschaftliche und soziale Modell voranzubringen, zu vermeiden, dass sein Fundament untergraben wird, und den territorialen Reichtum Europas und seine Vielfalt, insbesondere die kulturelle, stärker zugunsten seines Zusammenhalts auszunutzen;

5.

hält es für unbedingt erforderlich, einen starken politischen und wirtschaftlichen Rahmen beizubehalten, der auf mittlere und lange Sicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, um einen gemeinsamen Willen zur Erreichung der gesteckten Ziele zum Ausdruck zu bringen;

6.

erinnert an den unverzichtbaren Wert des EU-Haushalts, der sich auf Solidarität und Stabilität seines mehrjährigen Finanzrahmens sowie auf den Grundsatz stützt, dass für die Inanspruchnahme von Mitteln aus diesem Haushalt Bedingungen gelten; damit ist er ein wesentliches Element zur Gewährleistung der Effizienz und der räumlich-zeitlichen Kontinuität des Handelns der gesamten Europäischen Union;

7.

ist überzeugt, dass der mehrjährige Finanzrahmen des Haushalts der Europäischen Union ein Garant für die Kontinuität der strategischen Ausrichtung auf die Grundzüge der europäischen Politiken ist und eine sichere Grundlage für die dezentralen Investitionen bietet;

8.

erneuert diesbezüglich seine Unterstützung für den neuen Vertrag, der — mit der Verstärkung, Modernisierung und sogar Neugestaltung jener Politikbereiche, die schon heute im Zentrum des europäischen Aufbauwerks stehen, und der Vergemeinschaftung anderer wichtiger Politikfelder — einen weiteren Durchbruch auf dem Weg zur europäischen Integration darstellt;

9.

vertritt die Meinung, dass der künftige EU-Haushalt auf den im Vertrag von Lissabon definierten EU-Zuständigkeiten und dem Subsidiaritätsprinzip aufbauen und soweit erforderlich die Ausweitung der Rechtsgrundlagen des Vertrags widerspiegeln muss, und verwirft die Hypothese einer Konkurrenzsituation zwischen den bestehenden Politikbereichen einerseits, deren Ziele immer noch relevant sind, und den neuen Handlungsbereichen der EU bzw. den neuen, durch die neuartigen globalen Herausforderungen notwendig gewordenen Politiken andererseits;

10.

ersucht darum, die Entwicklung des Haushalts auch unter dem Blickwinkel einer schrittweisen Integrationsdynamik zu betrachten und sich dabei auf die Umsetzung von Maßnahmen zugunsten des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts zu stützen;

11.

hofft deshalb, dass der künftige EU-Haushalt in der Lage ist, für Gemeinschaftsaktionen mit experimentellem Charakter aufzukommen;

12.

glaubt fest an die Notwendigkeit, im Gesamtkontext der Haushaltszwänge einen umfassenden Überblick über die öffentlichen finanziellen Maßnahmen und Ressourcen auf europäischer und nationaler Ebene sowie auf Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu gewinnen. Es wäre deshalb zweckmäßig, darin andere Finanzierungsmodalitäten als nur Subventionen aufzunehmen, also auch steuerliche Maßnahmen, und auch die Interventionen anderer Finanzpartner wie der Europäischen Investitionsbank zu berücksichtigen;

13.

ist der Auffassung, dass das Ziel dieser Reform des EU-Haushalts eindeutig darin besteht, der Europäischen Union die Finanzinstrumente an die Hand zu geben, die ihren durch die Verträge übertragenen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Aufgaben und Perspektiven entsprechen, und sie mit einem einfachen und transparenten System auszustatten, das den Bürgerinnen und Bürgern einen klaren Blick auf den europäischen Mehrwert ermöglicht;

14.

vertritt die Meinung, dass Europa diese Chance wahrnehmen muss, um eine kohärentere politische Einheit zu werden, der unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Stolz angehören und die ihnen Vertrauen in die Zukunft und in ihre Beziehungen zur übrigen Welt gibt.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften — Partner, um Europa vor Ort zu verändern

15.

verweist nachdrücklich darauf, dass der neue Vertrag mit der Ausweitung des Subsidiaritätsprinzips auf die lokale und regionale Ebene und der Aufnahme der territorialen Dimension des Zusammenhalts einen wichtigen Vorstoß auf dem Weg zu einem europäischen Regieren auf mehreren Ebenen darstellt. Durch weitere Fortschritte in dieser Richtung werden die Bindungen zwischen der EU und ihren Bürgerinnen und Bürgern gestärkt, und die Integration kann unter Wahrung der Vielfalt und der Identität aller Beteiligten vorankommen;

16.

unterstreicht, dass die Partnerschaft zwischen EU-Institutionen, Mitgliedstaaten und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften denn auch ein Governance-Modell ist, das für die heutige Zeit viel geeigneter ist — einer Zeit, in der die Chancen und Herausforderungen häufig in den Territorien liegen, ihre Auswirkungen jedoch weitere Kreise ziehen;

17.

erinnert daran, dass Konzeption, Planung, Mitfinanzierung und Umsetzung der europäischen Politiken durch den Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und insbesondere durch ihre Erfahrung auf transnationaler, interinstitutioneller und sektorübergreifender Ebene deutlich gewinnen können;

18.

fordert daher einen glaubwürdigen EU-Haushalt, der es ermöglicht, die großen europäischen Ziele an den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen territorialen Gegebenheiten auszurichten;

19.

macht diesbezüglich darauf aufmerksam, dass den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aufgrund einer allgemeinen Tendenz zur Dezentralisierung in mehreren EU-Mitgliedstaaten immer mehr Befugnisse und Aufgaben übertragen wurden, die eine wichtige Grundlage für die Intervention in den von den großen Herausforderungen Europas am meisten betroffenen Bereichen bilden;

20.

weist ferner darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auch zu öffentlichen Finanzakteuren ersten Ranges geworden sind, auf die der EU-Haushalt eine erhebliche quantitative und qualitative Hebelwirkung ausüben kann. 2004 kontrollierten sie bereits mehr als 60 % aller öffentlichen Investitionen im erweiterten Europa;

21.

schließt sich der Feststellung der Europäischen Kommission aus dem Vierten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt an, dass die Verantwortung für die öffentlichen Investitionen in vielen Mitgliedstaaten den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zum großen Teil ebenso obliegt wie der Zentralregierung. Sie sind auch für Investitionen in die Bereiche Bildung, Wohnungswesen, Forschung und Entwicklung, Verkehr, Einrichtungen zur kollektiven Nutzung und Umweltschutz zuständig. Diese Tendenz hat sich in den letzten zehn Jahren noch verstärkt;

22.

unterstreicht, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften angesichts der Forderung nach einer integrierten und flexiblen Umsetzung der EU-Politiken die auf europäischer Ebene vereinbarten strategischen Leitlinien in konkrete Maßnahmen umsetzen können, indem sie mit den europäischen und nationalen Institutionen zusammenarbeiten;

23.

verweist darauf, dass es häufig Aufgabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ist, die nationalen und europäischen Politiken durch eine Kombination der verschiedenen sektorbezogenen Maßnahmen auf regionaler und städtischer Ebene in Einklang zu bringen;

24.

betont nachdrücklich, wie wichtig es ist, das Ziel des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts zu erreichen, die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen und sich dabei auf die Grundsätze der Solidarität, der Integration, des Regierens auf mehreren Ebenen und der — in Europa bereits umgesetzten — territorialen Zusammenarbeit zu stützen sowie aus dem Fundus an Erfahrungen mit erweiterten institutionellen Partnerschaften zu schöpfen;

25.

vertritt die Auffassung, dass das neue Vertragsziel territorialer Zusammenhalt zusätzliche Impulse dazu verleiht, alle politischen Maßnahmen der Europäischen Union auf einer territorialen Grundlage zu konzipieren und durchzuführen. Es treibt uns an, sowohl die Vielfalt unserer Regionen wertzuschätzen als auch Lösungen zu suchen, um die auf verschiedenen Regierungsebenen der Europäischen Union fortbestehenden Unterschiede abzubauen;

26.

fordert, das Ziel der Ausschöpfung aller Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Regieren auf mehreren Ebenen und dem Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den Mittelpunkt der Strategie zur Reform des EU-Haushalts zu stellen.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Die Hebelwirkung des EU-Haushalts

27.

gibt zu bedenken, dass die Europäische Union als erweiterte und sich erweiternde Gemeinschaft und Hauptakteur auf der internationalen Bühne derzeit tief greifende soziale und wirtschaftliche Veränderungen durchmacht und sie sich darüber hinaus großen ökologischen und energiepolitischen, demografischen, technologischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen stellen muss;

28.

stellt fest, dass die Mitgliedstaaten für sich allein genommen nicht immer in der Lage sind, auf diese Veränderungen und Herausforderungen angemessen zu reagieren;

29.

weist darauf hin, dass sich bei der „Methode der offenen Koordinierung“ in den meisten Bereichen noch nicht gezeigt hat, dass mit dieser Methode Defizite behoben werden können, und sei es in ergänzender Funktion.

30.

erinnert daran, dass die gemeinsamen bzw. gemeinschaftlichen Politiken und die „Gemeinschaftsmethode“ ein wirksames Mittel sind, um ein kollektives politisches Ziel zu verfolgen;

31.

ist besonders besorgt, dass eine mögliche — teilweise oder vollständige — Renationalisierung der von der EU finanzierten Politiken zu unzureichenden und wirkungslosen, auf europäischer Ebene inkohärenten Ergebnissen oder zu einem Rückstand bei der Verzahnung zwischen den globalen Veränderungen und den fragmentierten Entwicklungen vor Ort führen könnte;

32.

macht zudem darauf aufmerksam, dass die Renationalisierung der gemeinschaftlichen Politiken zum Verlust der Hebelwirkung führen könnte, die das finanzielle Engagement der EU durch seine vielfältigen positiven Effekte auf die Finanzierung der durchgeführten konkreten Maßnahmen hat;

33.

erinnert daran, dass die Renationalisierung letztlich die kohärente und nachhaltige Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Maßnahmen erschweren würde.

34.

bekräftigt erneut, dass die Hebelwirkung des finanziellen Engagements der EU weit über eine Steigerung des Finanzvolumens hinausgeht, die traditionell aus den Systemen der öffentlichen Kofinanzierung entspringt. Die Hebelwirkung zeigt sich vom praktischen und finanziellen Standpunkt aus auch in der Ermöglichung öffentlich-privater Partnerschaften;

35.

unterstreicht im Übrigen, dass durch mit der Hebelwirkung der Gemeinschaftsfinanzierung auch die strategische Ausrichtung der anderen öffentlichen Investitionsmaßnahmen in den EU-Gebieten unterstützt wird. Dies trägt dazu bei, die Planungs- und Verwaltungskapazitäten der öffentlichen Verwaltungen und privaten Akteure erheblich zu verbessern, und ist ein wesentliches Element des gemeinschaftlichen Integrationsprozesses, der so für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger besser sichtbar wird;

36.

plädiert für eine Bewertung des Mehrwerts der Europäischen Union, bei der die verschiedenen Regierungsebenen gebührend berücksichtigt werden: die europäische, die nationale, die regionale und die lokale;

37.

nimmt zur Kenntnis, dass der Mehrwert des finanziellen Engagements der EU auch aus Aktionen hervorgehen kann, die auf nationaler oder subnationaler Ebene nicht unbedingt relevant oder vorrangig sind, wie dies bspw. bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Fall ist;

38.

vertritt die Auffassung, dass der Mehrwert eng mit der Anwendung des Zusätzlichkeitsprinzips verknüpft ist, dem zufolge das Tätigwerden der Gemeinschaft kein Vorwand für ein rückläufiges Engagement auf nationaler Ebene sein darf; ein Beispiel hierfür ist die Kohäsionspolitik;

39.

fordert schließlich dazu auf, den Einsatz von Haushaltsmitteln der Gemeinschaft als Anreizfaktor schlechthin zu würdigen, weil letzten Endes das gesamte sozioökonomische System der EU gewinnt, wenn die Länder und Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand angehalten werden, zu den anderen aufzuschließen und sich zu modernisieren.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ein Haushalt, der die Werte Europas widerspiegelt, auf die großen Herausforderungen reagiert und den territorialen Zusammenhalt gewährleistet

40.

räumt ein, dass auf Europa große Herausforderungen zukommen, wie der Zusammenhalt und die Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund der Innovation, die Verbesserung der Qualität und des Niveaus der Humanressourcen und der Beschäftigung, der Klimawandel, die Modernisierung unseres Energiemodells, das demografische Ungleichgewicht und der Migrationsdruck sowie die Sicherheit in der Welt und auf dem europäischen Kontinent;

41.

unterstreicht jedoch, dass sich die Aufgabe der EU nicht darauf beschränken darf, auf neue Herausforderungen zu reagieren, sondern dass die EU ihr Integrationsziel weiterverfolgen muss;

42.

hält es daher für überaus wichtig, dass die EU auch weiterhin auf die Vollendung des Binnenmarkts im Sinne von nachhaltiger Entwicklung, Gerechtigkeit und Integration hinarbeitet, indem sie den territorialen Reichtum Europas und seine kulturelle Vielfalt besser ausnutzt;

43.

verlangt, dass sich die Union, wenn es darum geht, ihre Werte zu propagieren und ihre politischen Ziele zu erreichen, für eine demokratischere Gestaltung des politischen Lebens in der EU einsetzt, indem sie die Entwicklung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung und der Zivilgesellschaft vorantreibt;

44.

weist darauf hin, dass es die neuen Herausforderungen insgesamt erforderlich machen, einerseits die Globalisierung zu bewältigen und andererseits den territorialen Zusammenhalt im Innern der EU und an ihren Grenzen zu gewährleisten;

45.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europas unabhängig von ihren sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden gefordert sind, ähnlichen Herausforderungen zu begegnen, dabei aber zu berücksichtigen, dass diese in den verschiedenen Gebieten jeweils besondere Formen annehmen;

46.

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diesem Prozess, der von einem System des Regierens auf mehreren Ebenen geleitet sein sollte, auch eine Möglichkeit zur Nutzung ihres brachliegenden Potenzials finden können;

47.

ist der Meinung, dass der kommende Haushaltsrahmen der Gemeinschaft geeignet sein muss zu gewährleisten,

a.

dass die am wenigsten entwickelten europäischen Regionen sowie die Gebiete mit besonderen Wesensmerkmalen und dauerhaften geografischen Nachteilen ihre Konvergenzbestrebungen insbesondere durch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit konsolidieren können, wodurch für eine ausgewogenere wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung in der gesamten EU gesorgt wird;

b.

dass es jedoch, soweit Regionen aus der Förderung ausscheiden, angemessener und gerechter Übergangsregelungen bedarf, damit die mit Hilfe der europäischen Kohäsionspolitik erreichten Erfolge nicht wieder in Frage gestellt werden. Dabei ist die europaweite Gleichbehandlung der betroffenen Länder und Regionen zu gewährleisten, unabhängig davon, in welchem Staat sie liegen;

c.

dass auch weiterhin solche Regionen gezielt beim Ausbau ihrer Kompetenzen, insbesondere im Innovationsbereich, unterstützt werden, die schon heute einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der EU in einer globalisierten Welt leisten;

d.

dass einer europäischen Politik für nachhaltiges regionales Wachstum und nachhaltige regionale Wettbewerbsfähigkeit, an der alle Regionen beteiligt sind, Priorität eingeräumt wird. Mithilfe einer solchen Politik können alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die nötigen strategischen Vorgaben und ausreichende Finanzmittel finden, um die innovativen Investitionen zu tätigen, durch die ihre Gemeinwesen leichter an die strukturellen Veränderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie angepasst und die spezifischen Gegebenheiten und Möglichkeiten ihrer Gebiete im weltweiten Kontext und insbesondere die mittelständischen Betriebe als Rückgrat der europäischen Wirtschaft genutzt werden können;

e.

dass eine solidarische Politik eingeführt wird, um allen Bürgerinnen und Bürgern gleiche Chancen beim Zugang zu den Infrastrukturen und den Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu gewährleisten und allen talentierten Köpfen die Möglichkeit zu bieten, in den fortschrittlichsten Forschungsstrukturen zu arbeiten. Die lokalen und regionalen, nationalen und europäischen Behörden müssen die Möglichkeit haben, ihre Anstrengungen zu bündeln, damit sie den Hochschulen, Forschungsinstituten und Unternehmen eine Zusammenarbeit vor Ort erleichtern und ihre Vernetzung auf europäischer und weltweiter Ebene fördern können;

f.

dass die dem Projekt europäische Integration zugrunde liegende Freizügigkeit dank einer Aufstockung der Investitionen in die transeuropäischen Verkehrsnetze neue Impulse bekommt. Die Politik sollte nachhaltige Mobilität, modale Verkehrssysteme sowie ein gut verbundenes transeuropäisches Schienennetz fördern, wodurch der Kohlendioxidausstoß gesenkt und sowohl für Passagiere wie für Güter Zeit und Kosten gespart werden können. Die Entwicklung eines nachhaltigen Seeverkehrs sollte ebenfalls gefördert werden;

g.

dass alle europäischen Gebiete auf gleiche Weise für den Klimawandel gerüstet sind und über die Mittel verfügen, den Ursachen vorzubeugen und sich auf die Folgen einzustellen, insbesondere für die am stärksten betroffenen Bevölkerungen und Wirtschaftsakteure. Es muss in Modelle für nachhaltige Entwicklung investiert werden, bei denen sowohl das Potenzial als auch die Zwänge der lokalen Gebietskörperschaften eingehend berücksichtigt werden;

h.

dass die Europäische Union über eine gemeinschaftliche Energiepolitik verfügt, die auf der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, der Versorgungssicherheit und der Nachhaltigkeit der Muster bei Energieerzeugung, -transport und -verbrauch gründet und die Freiheit der Wahl der Energieträger durch die Mitgliedstaaten respektiert. Die kommunale und regionale Ebene hat die besten Möglichkeiten, um für Innovation und weit reichende Änderungen des Verbraucherverhaltens zu sorgen;

i.

dass die Steuerung der Migrationsströme auf europäischer Ebene beschlossen wird, wobei die besten, auf lokaler und regionaler Ebene bereits erprobten Lösungen einfließen müssen. Diejenigen, die vor Ort tagtäglich mit Notsituationen konfrontiert sind, müssen auf die europäische Solidarität und Zusammenarbeit zählen können;

j.

dass die zentrale Rolle anerkannt wird, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Anpassung an die Auswirkungen des demografischen Wandels wahrnehmen;

k.

dass Europa auf eine moderne, wettbewerbsfähige, diversifizierte und nachhaltige Landwirtschaft bauen kann, die eine sichere Versorgung mit und Präferenz von europäischen Lebensmitteln garantiert und ihre Präsenz im weltweiten Handel aufrechterhält, ohne das Konzept der Gemeinschaftspräferenz außer Acht zu lassen. Sie muss die notwendige Unterstützung erhalten, damit sie zu einem Instrument wird, das unsere Lebensqualität steigert, die der kommenden Generationen bewahrt und zum Klimaschutz, zum Erhalt unserer Umwelt, zur Biovielfalt und zur Qualität unserer Landschaften beiträgt;

l.

dass Europa seine Nachbarschaftspolitik fortsetzen und mit seinen entfernteren Partnern gemeinsame Vorhaben durchführen kann. Die Außenbeziehungen der EU müssen zunehmend von den Beiträgen der grenzübergreifenden und dezentralisierten Zusammenarbeit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften profitieren können. Der Schwerpunkt muss hierbei auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelegt werden, angesichts ihrer Bedeutung als Mittel für die Festigung des Friedens, die Ermittlung und Festlegung gemeinsamer Ziele und Werte sowie die Förderung des territorialen Zusammenhalts.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ein reaktiver, wirksamer, effizienter und transparenter Haushalt

48.

ist der Ansicht, dass die Europäische Union mit dem Lissabon-Vertrag potenziell einen wirksameren Beschlussfassungsmechanismus zur Festlegung der Struktur des Haushaltsplans in der Hand hat;

49.

bekräftigt erneut, dass ein deutlich über 5 Jahre hinausgehender, stabiler mehrjähriger Finanzrahmen eine wesentliche Vorbedingung ist, um die Wirksamkeit des Handelns der Europäischen Union zu gewährleisten und es den Akteuren zu ermöglichen, ihre Investitionen langfristig zu planen und Vorhaben für die Territorialentwicklung durchzuführen;

50.

schlägt daher vor, den Planungszeitraum des mehrjährigen Finanzrahmens auf 10 Jahre zu verlängern, ohne sofort die gesamten Beträge aufzuteilen. Um eine Kohärenz mit den Mandatszeiten in den EU-Institutionen zu gewährleisten, könnte ein Weg zum Fortschritt darin bestehen, den Zeitraum zweizuteilen: Die Beträge für die ersten 5 Jahren würden ganz zugewiesen, und anschließend würde eine Halbzeitbewertung vorgenommen, um die zurückbehaltenen Beträge, bspw. 25 %, für neue Ausgaben zu verwenden und damit neue Initiativen zu starten oder die Politikbereiche zu verstärken, die dies am nötigsten haben;

51.

vertritt die Auffassung, dass die Flexibilität zwar interessante Perspektiven eröffnet, um den Effekt der Gemeinschaftsausgaben zu maximieren, und eine Anpassung an eventuell veränderte Gegebenheiten erleichtert, sie aber — wenn sie nicht in klare Rahmenbedingungen eingebettet ist — auch die Gefahr birgt, einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten den Weg zu bereiten;

52.

ist der Meinung, dass Mechanismen zur Konzentration der Mittel wie diejenigen, die für die Kohäsionspolitik 2007-2013 erprobt wurden, eine bessere Verknüpfung der großen politischen Ziele mit Hilfe der einzelnen Haushaltslinien ermöglichen können;

53.

fordert, dass der künftige EU-Haushalt einen Prozentsatz von Mitteln zur Unterstützung experimenteller Erprobungen enthalten soll, der von den Mitteln für die Begleitung von Maßnahmen allgemeiner Art getrennt ist;

54.

plädiert für die Klarstellung der Kontrollmechanismen und ggf. einer direkten und wirksamen Anwendung von Sanktionen;

55.

verweist erneut auf die Notwendigkeit, das Partnerschaftsprinzip sowohl in der Ausarbeitungs- als auch in der Durchführungsphase des EU-Haushalts umzusetzen;

56.

erinnert daran, dass die Europäische Kommission die Idee der dreiseitigen Zielverträge und Zielvereinbarungen vorgebracht und weiterentwickelt hat, und er wiederholt seinen Vorschlag, diese Instrumente zu überprüfen, und schlägt — ausgehend von den Ergebnissen der von der Europäischen Kommission eingeleiteten Erprobungsphase für dreiseitige Vereinbarungen — die Einführung europäischer Territorialpakte vor;

57.

verweist nachdrücklich darauf, dass es ohne einen finanziellen Beitrag jeder der Parteien der Vereinbarung keine wirkliche Partnerschaft geben kann, und schlägt vor, die Überlegungen über die Finanzierung der europäischen Territorialpakte auf die möglichen Synergien und den Mehrwert zwischen den (auf europäischer Ebene) bestehenden Haushaltslinien in den betroffenen Bereichen und den Strukturfonds einerseits und den (auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene) verfügbaren Haushaltslinien andererseits auszurichten, ohne ein zusätzliches Finanzinstrument der gemeinschaftlichen Regionalpolitik einzurichten oder weitere Finanzmittel zu diesem Zweck zu beantragen;

58.

ist der Ansicht, dass mit dem EU-Haushalt durch eine Verstärkung der Partnerschaft vor Ort und die Intensivierung der Kommunikationsbemühungen auf lokaler und regionaler sowie europäischer Ebene mehr Transparenz angestrebt werden könnte.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ein neues System zur Finanzierung des EU-Haushalts

59.

teilt die Ansicht, dass Europa seinen Rahmen für politisches Handeln und Finanzmittel neu ausrichten und dabei den Blick auf einen ausreichend langen Zeithorizont (zwischen 2020 und 2030) richten muss;

60.

weist darauf hin, dass die vereinbarte Obergrenze der Eigenmittel derzeit bei 1,24 % des Bruttonationaleinkommens der EU liegt;

61.

stellt fest, dass der EU-Haushalt

a.

im Laufe des letzten und des derzeitigen Planungszeitraums stark rückläufige Tendenz hatte und

b.

bis Ende des Planungszeitraums 2007-2013 einen Rückgang des Anteils der Eigenmittel am Bruttonationaleinkommen der EU auf weniger als 1 % aufweisen wird;

62.

bedauert, dass die Differenz zwischen den dem Haushalt tatsächlich zur Verfügung gestellten Mitteln und der vereinbarten Obergrenze der Eigenmittel weiter zunimmt;

63.

macht darauf aufmerksam, dass die Berechnungen „der gerechten Netto-Belastung“ die Mitgliedstaaten schrittweise in ein Logikkorsett gezwängt haben, das vom europäischen Ideal und den Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu weit entfernt ist;

64.

spricht sich im Namen der Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die die wesentlichen Triebfedern der Vermögensbildung auf nationaler Ebene und in einigen Fällen auch die unmittelbar in die Festlegung der Steuersysteme auf nationaler Ebene einbezogenen institutionellen Akteure sind, dagegen aus, diese Logik auf die Spitze zu treiben;

65.

vertritt die Auffassung, dass ein qualitativer Sprung im System der Finanzierung des EU-Haushalts unabdingbar geworden ist, um es den einzelnen Institutionen zu ermöglichen, eine fortschrittliche Sicht des Haushalts zu teilen;

66.

ist der Meinung, dass das neue System zur Finanzierung des EU-Haushalts auf Eigenmitteln beruhen muss, die die Grundsätze der Öffentlichkeit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Stabilität, Transparenz, Klarheit, Genauigkeit und Einfachheit garantieren;

67.

verlangt von den Institutionen mit Haushaltsbefugnis die Ausarbeitung und Umsetzung einer neuen Finanzierungsformel, die weitgehend frei von Ausnahmen ist und darauf abzielt, die Zielsetzungen im Hinblick auf die Förderung des Wirtschafts- und Sozialmodells zu erreichen;

68.

kündigt an, dass er beabsichtigt, auch weiterhin aktiv an den Überlegungen und der europäischen Debatte über die Haushaltsreform teilzunehmen, insbesondere im Rahmen der Prüfung des Überprüfungsvorschlags der Europäischen Kommission;

69.

ist der Ansicht, dass die Reform des EU-Haushalts und seiner Finanzierungsquellen mit einer starken und transparenten Kommunikationspolitik an die Adresse der Öffentlichkeit insgesamt sowie der am stärksten betroffenen institutionellen und sozioökonomischen Akteure einhergehen muss. Dadurch wären die Bürgerinnen und Bürger besser darüber informiert, wie ihr Geld verwendet wird, was sie den für die Verwaltung der Gemeinschaftsprogramme und -vorhaben zuständigen Institutionen näher bringen würde. Der Ausschuss ist bereit, sich zusammen mit den anderen Institutionen in diesem Bemühen um Demokratie zu engagieren.

Brüssel, den 9. April 2008

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Luc VAN DEN BRANDE


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