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Document 52006AE1176

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Die Energieversorgung der Europäischen Union — eine Strategie für einen sinnvollen Energiemix

OJ C 318, 23.12.2006, p. 185–194 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

23.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 318/185


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Energieversorgung der Europäischen Union — eine Strategie für einen sinnvollen Energiemix“

(2006/C 318/31)

Mit Schreiben vom 29. August 2005 ersuchte die Europäische Kommission den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um eine Stellungnahme zum: „Die Energieversorgung der Europäischen Union — eine Strategie für einen sinnvollen Energiemix“

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 30. Mai 2006 an. Berichterstatterin war Frau SIRKEINEN.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 429. Plenartagung am 13./14. September 2006 (Sitzung vom 13. September) mit 162 gegen 27 Stimmen bei 15 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Ansicht, dass sich Europa ein strategisches Ziel für einen breit gefächerten Energiemix setzen sollte, bei dem auf bestmögliche Weise Ziele in den Bereichen Wirtschaft, Versorgungssicherheit und Klimapolitik berücksichtigt werden. Alle Energiequellen und -technologien haben im Hinblick auf diese Ziele Vor- und Nachteile, die offen erörtert und auf ausgewogene Weise berücksichtigt werden müssen.

1.2

Ein Mix aus verschiedenen Energieträgern ist nötig, um

vertretbare Energiekosten sicherzustellen, indem Wettbewerb unter den Energieträgern hergestellt und eine bestmögliche Gesamteffizienz von Energiesystemen, insbesondere bei Elektrizität, angestrebt wird. Eine Diversifizierung muss es auch bei den Versorgungsquellen geben, indem für Wettbewerb unter den Energielieferanten gesorgt wird;

die Versorgungssicherheit durch Möglichkeiten der Substitution bei Lieferengpässen zu verbessern und die Marktmacht der Energienutzer zu erhöhen;

eine europäische und sogar weltweite Solidarität bei der Nutzung von Ressourcen und im Hinblick auf die Umweltwirkungen zu üben.

1.3

Die Abhängigkeit der EU von Energieimporten lässt sich derzeit nicht vermeiden. Politische, wirtschaftliche und technische Probleme können sich aus einer starken und weiter zunehmenden Abhängigkeit von einem einzelnen Energieträger ergeben, insbesondere wenn er aus Gebieten stammt, in denen andere Spielregeln gelten oder die politisch instabil sind, wie bei Erdöl und -gas der Fall ist.

1.4

Für Kohle und Uran gibt es auf dem Weltmarkt verschiedene Lieferquellen, auch in der EU selbst, so dass hier kein Anlass zur Besorgnis besteht.

1.5

Das Potenzial des Einsatzes von erneuerbaren Energieträgern bei der Stromerzeugung ist noch längst nicht ausgeschöpft. Doch selbst wenn das vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Ziel von 20 % erneuerbare Energien bis 2020 erreicht würde, werden erneuerbare Energieträger voraussichtlich in absehbarer Zukunft die traditionellen Energieträger nicht voll und ganz ersetzen können.

1.6

Der Anteil von Gas ist gestiegen und nimmt weiter zu, weil der Markt sich in diese Richtung bewegt, aber auch aufgrund politischer Weichenstellungen. Mehr und mehr zeigt sich, dass ein Andauern dieser Entwicklung auch Probleme mit sich bringt. Aus Gründen der Versorgungssicherheit und aus Kostenerwägungen kann Gas kaum weiter als Substitut für Kohle eingesetzt werden; wegen der Emissionen kommt es aber auch nicht als Ersatz für die Kernkraft in Frage. Außerdem werden Einwände laut gegen die energetische Nutzung der endlichen Vorräte an Gas, das — ebenso wie Erdöl — ein wertvoller Rohstoff für industrielle Verwendungszwecke mit hoher Wertschöpfung ist.

1.7

Auf Fragen hinsichtlich der Sicherheit der Kernenergie, der Abschaltung von Kernkraftwerken und des bisher in den meisten Mitgliedstaaten ungeklärten Umgangs mit abgebrannten Kernbrennstoffen, besonders der Endlagerung, muss vor dem Hintergrund der kritischen gesellschaftlichen Diskussion in vielen Mitgliedstaaten der EU eine Antwort gegeben werden, wenn diese Technik angesichts ihrer Vorteile im Hinblick auf den Klimawandel, die geringe wirtschaftliche Abhängigkeit von Importen und stabile Kosten weiter oder sogar verstärkt genutzt werden soll. Die derzeitigen Szenarios zeigen, dass eine mögliche Substitution der Kernkraft in naher Zukunft ohne einen vermehrten Einsatz fossiler Brennstoffe nur schwer realisierbar sein dürfte.

1.8

Der EWSA hält Umsicht bei Entscheidungen über die künftige Energieversorgung für nötig. Es wäre unklug anzunehmen, dass sich die künftige Entwicklung vollständig vorhersehen lässt und alles voll und ganz entsprechend den politischen Zielen oder höchsten Erwartungen verläuft. Die Politik muss durch ihre Entscheidungen sicherstellen, dass auch bei einem ungünstigen Verlauf der weiteren Entwicklung eine ausreichende Energieversorgung zu annehmbaren Preisen zur Verfügung steht. Alles andere wäre grob verantwortungslos.

1.9

Alle Optionen müssen offen gehalten werden. Die in Abschnitt 4 dargelegten Szenarios für die EU-25 untermauern diese Schlussfolgerung deutlich. Auch in dem Szenario, das auf der Annahme einer optimalen Entwicklung der Energieeffizienz und maximalen Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energiequellen beruht, wird keine Energietechnik verzichtbar, ohne dass dies negative Wirkungen entweder für die Umwelt oder für die Wirtschaft mit sich bringen würde.

1.10

Der gegenwärtige Energiemix sollte mit Hilfe politischer Strategien in Richtung einer geringeren Außenabhängigkeit und einer größeren Verfügbarkeit emissionsneutraler Quellen in Europa weiterentwickelt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Entscheidungen über Investitionen in verschiedene Technologien von den Markakteuren getroffen werden.

1.11

Der EWSA empfiehlt die Entwicklung einer Strategie für einen sinnvollen Energiemix. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die jeweilige Rolle der EU, der Mitgliedstaaten, unabhängiger Instanzen und der Marktakteure zu klären. Da die Mitgliedstaaten im Energiebereich stark aufeinander angewiesen sind, könnte besser auf interne und externe Probleme reagiert werden, wenn die Energiepolitik innerhalb der EU stärker abgestimmt wäre.

Die Strategie für einen sinnvollen Energiemix sollte aus folgenden Elementen bestehen:

1.12

Energieeffizienz, einschließlich der Kraft-Wärme-Kopplung, ist die erste wichtige Antwort auf die energiepolitischen Herausforderungen. Eine bessere Effizienz hat zwar nicht direkt mit einem ausgewogenen Energiemix zu tun, kommt aber allen energiepolitischen Zielen zugute — Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz.

1.13

Erneuerbare Energieträger haben ein großes Potenzial in der EU und brauchen weitere Förderung. Bei einigen Technologien muss nur die Effizienz verbessert werden, um sie zur Marktreife zu bringen, andere erfordern eher langfristige Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen. Entsprechende Maßnahmen müssen sorgfältig konzipiert werden, damit sie nicht den ohnehin schon starken Aufwärtsdruck bei den Energiepreisen verstärken.

1.14

Die Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehr sollte behutsam — nach eingehenden Folgenabschätzungen — gesteigert werden. Als Erstes muss die geltende Richtlinie zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen umgesetzt werden (1).

1.15

Die Energieeffizienz im Verkehr sollte durch ein vielfältiges Maßnahmenbündel verbessert werden (siehe Ziffer 6.3.1.5).

1.16

Die Verbesserung der Nuklearsicherheit und die Lösung des in den meisten Ländern bisher ungeklärten Problems der abgebrannten Brennelemente ist ein drängendes Problem. Die Verantwortung wird von den Betreibern zu tragen sein; die Sicherheitsbehörden und die zuständigen internationalen Stellen müssen entsprechende Vorgaben treffen. Was den Transport abgebrannter Brennelemente angeht, so müssen die entsprechenden Gemeinschaftsvorschriften und internationalen Verpflichtungen eingehalten werden.

1.17

Es sind ernsthafte Bemühungen zur Entwicklung der Technologien für „saubere“ Kohle, d.h. zur Erhöhung der Effizienz der Kraftwerke und zur Konzipierung kommerzieller Anwendungen im Bereich der Bindung und Speicherung von Kohlenstoff zu unternehmen. Angesichts der globalen Entwicklungen ist dies von besonderer Wichtigkeit.

1.18

Für ein Wiederhochfahren der Verwendung heimischer Kohlereserven der EU, auch durch Verflüssigung und Vergasung, sind Vorkehrungen zu treffen. In diesem Kontext und anderen Zusammenhängen sollte die Tatsache im Auge behalten werden, dass energiepolitische Entscheidungen in der Regel erhebliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen haben und Veränderungen in diesem Bereich umfangreich und langwierig sind.

1.19

Im Hinblick auf eine Diversifizierung der Gasversorgungsquellen und eine Entwicklung von Gasspeicheranlagen und entsprechenden Maßnahmen sind Investitionen in Flüssigerdgas-Terminals zu fördern. Dies kann dazu beitragen, das Problem der Aufrechterhaltung und Erhöhung des Anteils von Gas am Energiemix zu lösen.

1.20

Es muss für ausreichende Investitionen in die Erzeugung und den Transport von Energie Sorge getragen werden, sowohl durch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen als auch durch angemessene finanzielle Maßnahmen. So können z.B. langfristige Verträge innerhalb der Grenzen, die von dem erforderlichen ausreichenden Wettbewerb gesetzt werden, ein nützliches Instrument sein.

1.21

Die EU sollte mit einer Stimme sprechen und ihre Position als einer der stärksten Akteure ausspielen — auf internationaler Ebene durch Verhandeln mit ihren Energielieferanten, insbesondere Russland. Bei ihren Reaktionen und Verhandlungen im Zusammenhang mit Energieversorgungsfragen muss sie verschiedenen Besonderheiten gegenseitiger Abhängigkeiten Rechnung tragen. Die Union kann zwar nicht als Akteur auf dem Energiemarkt auftreten, doch da der Energiesektor in vielen Lieferantenländern weitgehend staatlich kontrolliert ist, sollte sie die Interessen der EU-Akteure nachdrücklich unterstützen.

1.22

Bei der Bewertung der Rahmenbedingungen, die die Wahl des Energieträgers bestimmen, müssen sowohl die externen Kosten als auch die Auswirkungen von Subventionen analysiert werden. Auch die Auswirkungen gegenwärtiger und künftiger klima- und umweltpolitischer Maßnahmen auf die übrigen energiepolitischen Ziele — Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit — sowie auf eine diversifizierte Energieversorgung müssen sorgfältig abgeschätzt werden.

1.23

In der Klimapolitik muss eine weltweite Post-Kyoto-Lösung gefunden werden, in die zumindest alle großen Emissionsverursacher einbezogen werden müssen. Anderenfalls werden nicht nur beim Klimaschutz keine entscheidenden Fortschritte gemacht, sondern es wird auch die Gefahr bestehen, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der EU Schaden nimmt.

1.24

Es muss mehr für Forschung und Entwicklung getan werden, und angesichts dessen, wie wichtig die Energie für die Gesellschaft ist und welch große Herausforderungen sie an sie stellt, muss die EU der Forschung und Entwicklung im Energiebereich eine stärkere Unterstützung zuteil werden lassen. Dies betrifft kurzfristig konkrete Bemühungen um eine bessere Energieeffizienz, längst noch nicht marktreife erneuerbare Technologien, Techniken für eine saubere Kohlenutzung und Nuklearsicherheit. Viele Technologien im Bereich der erneuerbaren Energieträger und zur Effizienzsteigerung müssen vor allem auf intelligente Weise weiterentwickelt werden, um ihre Kosten zu senken. Es ist viel grundlegende und längerfristige Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich, um die Vision von Energie aus erneuerbaren Quellen, Kernfusion und Wasserstoff Wirklichkeit werden zu lassen. Bis dahin sollten auch Elemente anderer viel versprechender Zukunftsvisionen aufgegriffen und unterstützt werden.

2.   Einleitung

2.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat seit 2002 in mehreren Initiativ- und Sondierungsstellungnahmen zu verschiedenen Energiequellen und -technologien Stellung genommen: Kernenergie, erneuerbare Energieträger, fossile Brennstoffe und Energieeffizienz. Die jetzige Stellungnahme baut auf den früheren auf, ohne im Einzelnen ausdrücklich Bezug auf die darin enthaltenen Aussagen und Erwägungen zu nehmen.

2.2

Es ist unmöglich, die Entwicklungen im Energiebereich genau vorherzusehen. Alle Prognosen und Szenarien haben ihre Grenzen. Durch überraschende Ereignisse oder durchgreifende politische Maßnahmen können sich Trends verändern. Politische Erwägungen, ganz zu schweigen von politischen Entscheidungen, müssen sich jedoch auf gründliche Informationen über die aktuelle Lage, möglichst gute Prognosen und Szenarien sowie ein Verständnis der Kräfte, die Veränderungen vorantreiben bzw. bremsen, stützen. Dieser Stellungnahme liegen im Wesentlichen Szenarien der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Europäischen Kommission zugrunde, und sie deckt einen Zeitraum bis 2030 ab. Danach wird das Bild deutlich unschärfer.

2.3

Die Wahl von Energiequellen und Technologien treffen die Investoren; sie kann aber durch Beschlüsse der Politik beeinflusst werden. Die EU kann nicht direkt in die von den Mitgliedstaaten getroffene Wahl der Energieversorgungsquellen eingreifen, hat jedoch die Möglichkeit einer indirekten Einflussnahme durch ihr Mandat für Umweltfragen. Die Mitgliedstaaten sollten die Nutzung ihrer einheimischen Quellen soweit wie möglich fördern. Die energiepolitischen Entscheidungen der Mitgliedstaaten beeinflussen sich wechselseitig. Außerdem sind die Energienutzer in Mitgliedstaaten, die bei der Stromerzeugung z.B. auf die Nukleartechnik oder auf Kohle verzichten, auf einen Markt angewiesen, auf dem Nuklearenergie und Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt werden.

2.4

Die Hauptfrage ist: Lassen sich bereits jetzt gegenwärtige oder potenzielle künftige Systeme oder mögliche Optionen ausschließen? Oder anders gefragt: Reichen unser Wissensstand und unser Vertrauen, um die Auswahl an Möglichkeiten zur Verwirklichung unserer energiepolitischen Ziele (eine sichere Energieversorgung in ausreichenden Mengen, angemessene und wettbewerbsfähige Preise und eine geringere Belastung von Umwelt und Klima) einzuengen? Auf diese Frage soll eine Antwort gefunden werden; gleichzeitig sollen Schlussfolgerungen gezogen und Empfehlungen ausgesprochen werden, die sich daraus ergeben.

3.   Entwicklung der Energiemärkte und der Kohlendioxidemissionen weltweit

3.1

Die künftige Weltenergielage wirkt sich auf die künftige Energielandschaft Europas aus. Der Energieverbrauch ist heute außerhalb Europas am höchsten und nimmt dort auch am stärksten zu. Die steigende weltweite Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wirkt sich auf die Preise und Verfügbarkeit in Europa aus. Preisänderungen ziehen auch Veränderungen bei der Wahl des Energieträgers, im Verhalten der Verbraucher und der Unternehmen und bei der Ausrichtung der Bemühungen im Bereich Forschung und Entwicklung nach sich. All dies beeinflusst auch die Situation in der EU. Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, bei der Abwägung der sich Europa bietenden Möglichkeiten ein allgemeines Gesamtbild von der zukünftigen energiepolitischen Lage vor Augen zu haben. Die internationale Energieagentur (IEA) erläutert im World Energy Outlook 2004 ihre Ansichten zur Zukunft der Energie in der Welt, wobei sie zwei Szenarien für den Zeitraum von 2004 bis 2030 aufstellt.

Das Referenzszenario (WEO-R04) trägt den Strategien und Maßnahmen der Regierungen Rechnung, die bis Mitte 2004 durchgeführt oder verabschiedet wurden. In dem World Alternative Policy scenario (WEO-A04) wird analysiert, wie sich der Energieweltmarkt entwickeln könnte, wenn alle Länder der Erde ein Paket von Strategien und Maßnahmen verabschieden, die sie entweder schon derzeit in Erwägung ziehen oder deren Durchführung im Prognosezeitraum vernünftigerweise von ihnen erwartet werden kann. Sowohl das Referenzszenario als auch das Alternativ-Szenario wurden zum Teil im World Energy Outlook 2005 (WEO-R05, WEO-A05) der IEA aktualisiert.

3.2

Gemäß dem WEO-R05-Szenario dürfte die weltweite Primärenergienachfrage von 2002 bis 2030 um 52 % steigen. Dieser Anstieg wird zu mehr als zwei Dritteln durch die Entwicklungsländer verursacht. Die jährliche Wachstumsrate der Energienachfrage (1,6 %) wird gegenüber dem Schnitt von 2,1 % der letzten drei Jahrzehnte sinken. Der Verkehrs- und der Stromerzeugungssektor werden einen immer größeren Anteil am Gesamtenergieverbrauch haben. Der weltweite Stromverbrauch wird sich in diesem Zeitraum verdoppeln.

3.3

Im WEO-A05-Szenario wäre die weltweite Energienachfrage um 10 % niedriger als im WEO-R05-Szenario.

3.4

Der Energieverbrauch in den Endverbrauchssektoren wird bis 2030 um 1,6 % pro Jahr zunehmen (WEO-R04). Am schnellsten wird die Nachfrage des Verkehrssektors steigen, nämlich um 2,1 % pro Jahr. Der Verbrauch der Haushalte und des Dienstleistungssektors wird sich um durchschnittlich 1,5 % pro Jahr erhöhen, ebenso die Nachfrage der Industrie.

3.5

Die weltweite Stromnachfrage wird sich dem WEO-R04-Szenario zufolge von 2002 bis 2030 verdoppeln. Der größte sektorale Anstieg wird beim Stromverbrauch der Haushalte (119 %) zu verzeichnen sein, gefolgt vom Dienstleistungssektor (97 %) und der Industrie (86 %). Ungefähr 4800 GW an neuer Kapazität bzw. nahezu 10.000 neue Kraftwerke sind erforderlich, um die prognostizierte gestiegene Stromnachfrage befriedigen und Altanlagen ersetzen zu können.

3.6

Den größten Anteil am weltweiten Energieverbrauch haben gemäß dem WEO-R05-Szenario nach wie vor die fossilen Brennstoffe. Auf sie werden ca. 83 % des Anstiegs der weltweiten Primärenergienachfrage entfallen. Der Anteil der Kernkraft sinkt von 6,4 % auf 4,7 %, während der Anteil der erneuerbaren Energieträger voraussichtlich von 13 % auf 14 % ansteigen wird.

Beim WEO-A04-Szenario wird die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen bis 2030 um 14 % niedriger liegen als im WEO-RO4-Szenario, während die Nutzung der Kernenergie um 14 % und diejenige erneuerbarer Energieträger (ausgenommen Wasserkraft und Biomasse) um 27 % zunimmt.

3.7

Erdöl wird weiterhin der wichtigste Einzelenergieträger bleiben. Die weltweite Erdölnachfrage wird bis 2030 um 1,4 % pro Jahr steigen (WEO-R05). Der Marktanteil der OPEC-Länder wird von 39 % im Jahr 2004 auf 50 % im Jahr 2030 steigen. Der interregionale Nettoerdölhandel wird sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppeln. Die Einfuhren aus dem Nahen Osten werden am stärksten zunehmen.

Die primäre Ölnachfrage ist im WEO-A04-Szenario im Vergleich zum WEO-R04-Szenario um 11 % niedriger.

3.8

Die Nachfrage nach Erdgas wird ein gleichmäßiges Wachstum von 2,1 % pro Jahr aufweisen (WEO-R05-Szenario). Der Erdgasverbrauch wird von 2003 bis 2030 um drei Viertel zunehmen. Gasverflüssigungsanlagen werden einen großen neuen Markt für Erdgas entstehen lassen und die Nutzung von weit von den herkömmlichen Märkten entfernten Vorkommen ermöglichen. In Russland und im Nahen Osten wird die Förderung am stärksten zunehmen.

Im WEO-A04-Szenario wird die Erdgasnachfrage um 10 % niedriger sein.

3.9

Kohle wird mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 1,4 % (WEO-R05) im Weltenergiemix nach wie vor eine wichtige Rolle einnehmen. Am stärksten wird die Kohlenachfrage in den Entwicklungsländern im asiatischen Raum steigen. Auf den Stromsektor werden über 95 % des Anstiegs entfallen. Mehr als 40 % der Kohlereserven der Welt, was gemessen am heutigen Rhythmus fast 200 Förderjahren entspricht, befinden sich in OECD-Ländern.

Dem Alternativ-Szenario zufolge wird die Kohlenachfrage 2030 um nahezu ein Viertel niedriger sein als im Referenzszenario.

3.10

Die Kohlendioxidemissionen werden laut WEO-R05-Szenario im Zeitraum 2003-2030 weltweit um 1,6 % pro Jahr zunehmen. Nahezu 70 % dieser Zunahme werden aus Entwicklungsländern stammen. Voraussichtlich wird ungefähr die Hälfte der Gesamtzunahme der Stromerzeugung zuzuschreiben sein. Der Verkehrssektor steht nach wie vor bei den Kohlendioxidemissionen weltweit an zweiter Stelle.

Im WEO-A05-Szenario sind die Kohlendioxidemissionen im Jahr 2030 um 16 % niedriger als im Referenzszenario. Die jährliche Wachstumsrate beläuft sich im Prognosezeitraum auf nur 1,1 %.

4.   Entwicklung der Energiemärkte und der Kohlendioxidemissionen in der EU

4.1

Die Europäische Kommission hat für die Zukunft der EU im Energiebereich zahlreiche Szenarios auf der Grundlage unterschiedlicher Hypothesen erstellt. In diesem Kapitel werden zwei davon vorgestellt. Das Baseline 2005 scenario (BL-05) zeichnet ein Bild der künftigen Entwicklung auf der Grundlage der gegenwärtigen Trends und der von der EU und den Mitgliedstaaten vor dem Ende des Jahres 2004 beschlossenen politischen Maßnahmen. Das Szenario High levels of energy efficiency and renewables (HLEER-04) zielt darauf ab zu simulieren, wie sich die erfolgreiche Umsetzung durchgreifender politischer Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energieträger auf den Energiemarkt und die Umwelt auswirkt, soweit solche Maßnahmen nachgebildet werden können. Das HLEER-04-Szenario wurde nicht aktualisiert, weshalb Vergleiche mit dem Szenario Baseline 2004 (BL-04) angestellt wurden, d.h. die beiden Szenarien lassen sich nicht direkt miteinander vergleichen. Die Kommission hat keine Berechnungen in Bezug auf die Kostenunterschiede zwischen dem BL- und dem HLEER-Szenario vorgelegt.

4.2

Im Jahr 2005 entfielen vom Primärenergieverbrauch in der heutigen EU-25 18 % auf feste Brennstoffe (in erster Linie Kohle), 37 % auf flüssige (Erdöl), 24 % auf Erdgas, 14 % auf die Kernenergie und 7 % auf erneuerbare Energieträger. Zur Stromerzeugung dienten 29 % Kohle und Braunkohle, 20 % Gas, 31 % Kernenergie, 15 % erneuerbare Energieträger (einschl. großer Wasserkraftanlagen) und 5 % Erdölprodukte.

4.3

Für die Primärenergienachfrage der EU wird im BL-05-Szenario für das Jahr 2030 eine Steigerung von 15 % gegenüber 2000 (+ 0,5 % p.a.) bei einem Wachstum des BIP um 79 % prognostiziert. Dem BL-05-Szenario zufolge wird sich die Entkopplung der Energienachfrage vom BIP fortsetzen. Die Energieintensität (das Verhältnis des Energieverbrauchs zum BIP) verbessert sich um 1,5 % p.a.

Im HLEER-04-Szenario wird für 2030 ein Primärenergiebedarf vorausgesagt, der um 14,1 % unter dem Niveau des BL-04-Szenarios, aber noch leicht über dem Niveau des Jahres 2000 liegt.

4.4

Der Energieverbrauch in den Endverbrauchssektoren dürfte bis 2030 um 25 % zunehmen (BL-05). Die Energienachfrage des Dienstleistungssektors dürfte 2030 um 49 % höher sein als im Jahr 2000. Diese Entwicklung wird durch eine steigende Stromnachfrage vorangetrieben. Die Energienachfrage der privaten Haushalte wird im Zeitraum von 2000 bis 2030 voraussichtlich um 29 % zunehmen. Für den Verkehrssektor und die Industrie wird bis 2030 eine Steigerung der Energienachfrage um jeweils 21 % und 19 % im Vergleich zum Jahr 2000 prognostiziert.

Gemäß dem HLEER-04-Szenario liegt die Energienachfrage im Jahr 2030 um 10,9 % unter dem Niveau des BL-04-Szenarios.

4.5

Die Stromnachfrage in der EU wird sich zwischen 2005 und 2030 um 43 % erhöhen (BL-05). Am stärksten wird die Nachfrage bei den privaten Haushalten steigen (62 %), gefolgt vom Tertiärsektor (53 %) und der Industrie (26 %).

4.6

Die Stromerzeugung der EU wird im Zeitraum von 2000 bis 2030 voraussichtlich um 51 % ansteigen (BL-05). Ein immer größerer Teil des Stroms wird mit Hilfe von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erzeugt (es wird ein Anstieg von fast 10 Prozentpunkten auf einen Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung von 24 % im Jahr 2030 zu verzeichnen sein). Die Struktur der Stromerzeugung ändert sich erheblich zugunsten der erneuerbaren Energien und des Erdgases, während die Kernbrennstoffe und die festen Brennstoffe Marktanteile verlieren.

Laut HLEER-04-Szenario wird die Stromerzeugung im Jahr 2030 insgesamt um 16 % niedriger als im BL-04-Szenario sein. In absoluten Zahlen sinkt der Anteil der festen Brennstoffe und der Kernenergie an der Stromerzeugung in ähnlichem Maße (bis 2030 um jeweils 9,3 % im Vergleich zum BL-04-Szenario).

4.7

Erdöl bleibt der wichtigste Brennstoff, obwohl der Erdölverbrauch im Jahr 2030 den heutigen Stand nicht übersteigen dürfte (BL-05). Die Erdgasnachfrage wird nach dem deutlichen Anstieg, der bereits in den 90er Jahren zu verzeichnen war, voraussichtlich noch erheblich zunehmen (38 % bis 2030). Für die festen Brennstoffe wird bis 2020 ein geringer Rückgang, bis 2030 aufgrund der hohen Erdöl- und Erdgaspreise und des in einigen Mitgliedstaaten vollzogenen schrittweisen Ausstiegs aus der Kernkraft aber ein erneuter Anstieg fast bis auf den heutigen Stand vorhergesagt.

Bei dem HLEER-04-Szenario wird die künftige Nachfrage nach fossilen Brennstoffen infolge eines geringeren Energiebedarfs in Verbindung mit Maßnahmen zur Förderung der erneuerbaren Energieträger erheblich zurückgehen. Der stärkste Rückgang wird bei den festen Brennstoffen zu verzeichnen sein (-37,5 % gegenüber dem BL-04-Szenario).

4.8

Relativ gesehen wird gemäß dem BL-05-Szenario bei den erneuerbaren Energieträgern ein stärkerer Anstieg zu verzeichnen sein als bei den anderen Brennstoffen (ihr Anteil wird sich von heute bis 2030 mehr als verdoppeln). Sie tragen beinahe genauso stark zur Deckung der steigenden Energienachfrage bei wie das Erdgas.

Im HLEER-04-Szenario werden Maßnahmen zur Förderung der erneuerbaren Energieträger vorhergesehen, die zu einer viel stärkeren Beteiligung dieser Energieträger an der Energieversorgung der EU-25 führen. Diese Steigerung wird im Jahr 2030 um 43,3 % höher als das entsprechende Niveau des BL-04-Szenarios sein.

4.9

Die Nachfrage nach Kernenergie ist laut BL-05-Szenario im Jahr 2030 etwas geringer als 2000 (um 11 %), was auf die von einigen alten Mitgliedstaaten hinsichtlich des allmählichen Ausstiegs aus der Kernenergie getroffenen politischen Entscheidungen und auf die Sicherheitsprobleme, die die Kernkraftwerke in einigen neuen Mitgliedstaaten aufweisen, zurückzuführen ist.

Im HLEER-04-Szenario ist der Anteil der Kernenergie um 19,9 % niedriger als im BL-04-Szenario.

4.10

Die Importabhängigkeit steigt bis 2030 weiter bis auf ein Niveau von 65 %, das fast 15 Prozentpunkte über dem heutigen Niveau liegt (BL-05). Bei Erdöl wird die Importabhängigkeit auch weiterhin am höchsten sein und im Jahr 2030 einen Stand von 94 % erreichen. Bei Erdgas wird sie bis 2030 vom heutigen Niveau, das bei etwas mehr als 50 % liegt, auf 84 % steigen. Ähnlich wird die Versorgung mit festen Brennstoffen zunehmend von Importen abhängen, bis 2030 zu 59 %.

Im HLEER-04-Szenario ist die Importabhängigkeit um 4-6 % niedriger als im BL-04-Szenario.

4.11

Die Kohlendioxidemissionen gingen im Zeitraum von 1990 bis 2000 zurück. Heute befinden sie sich erneut auf dem Niveau von 1990. In den kommenden Jahren dürften die Kohlendioxidemissionen so stark ansteigen, dass sie bis 2010 den Stand von 1990 um 3 % und bis 2030 um 5 % übertreffen. Langfristig gesehen spiegelt der gemäßigte weitere Anstieg der Kohlendioxidemissionen eine schwache Zunahme des Energieverbrauchs und die relativ wichtige Rolle der kohlendioxidfreien Quellen erneuerbare Energieträger und Kernenergie wider.

Das HLEER-04-Szenario sieht die Kohlendioxidemissionen auf einem wesentlich geringeren Niveau als die BL-04-Prognosen (11,9 % unter dem BL-04-Niveau im Jahr 2010 und 22,5 % im Jahr 2030). Dies würde einer Verringerung um knapp 10 % gegenüber dem Jahr 2000 entsprechen.

5.   Politische Herausforderungen

5.1   Preisentwicklungen

5.1.1

Nachfragebedingte und allgemeine Preissteigerungen wirken sich nicht stark auf die betroffenen Volkswirtschaften aus — obgleich sie die Verbraucher beeinflussen -, wenn sie im Erzeugerland für eine höhere Nachfrage sorgen. Steigen die Preise in einem bestimmten wirtschaftlichen Sektor, was derzeit zum Teil auf die Strompreise zutrifft, wird sowohl den Verbrauchern als auch der Wettbewerbsfähigkeit geschadet. Höhere Preise verändern auf längere Sicht die Wettbewerbsrelation zwischen den verschiedenen Energiequellen und -technologien, die Rentabilität der zur Steigerung der Effizienz ergriffenen Maßnahmen sowie das Verhalten im Allgemeinen.

5.1.2

Die Preise für Erdöl und Erdölprodukte sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen. In den kommenden Jahren könnten die Erdölpreise aus verschiedenen Gründen auf einem hohen Niveau bleiben oder sogar weiter steigen, insbesondere aufgrund von

starkem Nachfragedruck aus den rasch wachsenden Volkswirtschaften der asiatischen Länder,

zu geringen Investitionen in die Versorgungsinfrastruktur sowie

geopolitischen Faktoren und politischer Instabilität.

5.1.3

Die Erdgaspreise sind im Gefolge der steigenden Erdölpreise in allen Regionen stark gestiegen. In Europa sind die Erdgaspreise in der Regel an die Erdölpreise gekoppelt. Da die Gasversorgungsquellen Europas überwiegend in Russland und Norwegen liegen und Flüssigerdgas in absehbarer Zeit wohl nicht konkurrenzfähig sein wird, wird diese Preiskoppelung auch weiter bestehen bleiben. Ein Wettbewerb auf dem Erdgasmarkt könnte die Gaspreise drücken, doch würde diese Wirkung weitgehend von steigenden Lieferkosten aufgehoben.

5.1.4

Die Kohlepreise werden wahrscheinlich auf lange Sicht gemäßigt sein, da viele grundlegende Gegebenheiten des Marktes unverändert bleiben. Die Zahl der gegenwärtigen und potenziellen Lieferanten ist hoch, auf dem Kohlemarkt herrscht noch immer ein starker Wettbewerb, und die Kohlepreise werden im Verhältnis zu anderen Primärenergieträgern voraussichtlich niedrig bleiben.

5.1.5

Die Kapitalkosten für erneuerbare Energien werden wohl in Zukunft weiter zurückgehen. Der schnellste Kostenrückgang wird bei der Photovoltaik zu verzeichnen sein, der gegenwärtig kapitalintensivsten Energietechnologie. Ein beträchtlicher Rückgang wird außerdem bei den Kapitalkosten für die Technik der Offshore-Windenergie, solarthermischen Energie sowie der Wellen- und Gezeitenenergie erwartet. Die Kosten für Wasserkraft sind in der Regel niedrig und stabil, aber im Hinblick auf den Bau neuer Wasserkraftwerke ist das Potenzial begrenzt, und neue Anlagen werden immer kostspieliger.

5.1.6

Die Strompreise sind in der EU aus mehreren Gründen gestiegen. Die höheren Erdgaspreise wirken sich in den meisten Teilen der Union auf die Strompreise aus, in denen Erdgas für den Spitzenlastbereich der Stromerzeugung eingesetzt wird. Preiserhöhungen bei Strom aus Kohlekraftwerken können hingegen nur schwer mit steigenden Rohstoffpreisen begründet werden. Auch das Einandernäherrücken von Angebot und Nachfrage zeigt allmählich Auswirkungen auf die Preise. Die Energieversorgungsunternehmen begründen Preiserhöhungen teilweise mit dem Emissionsrechtehandel, indem sie angebliche „Kosten“ der Emissionsrechte auf den Endverkaufspreis aufschlagen, obwohl ihnen die Emissionsrechte kostenlos zugeteilt wurden. In einigen Fällen wurden die Strompreise durch Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energieträger ebenso wie durch Steuern und andere Abgaben erhöht. Darüber hinaus untersucht die Kommission zurzeit, ob die Preise durch mangelnden Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt negativ beeinflusst wurden.

5.2   Versorgungssicherheit

5.2.1

Die Kommission ließ in ihrem Grünbuch zur Versorgungssicherheit ernsthafte Besorgnisse erkennen. Den Prognosen zufolge wird die Abhängigkeit der EU von der externen Energieversorgung innerhalb von drei Jahrzehnten von 50 % auf 70 % anwachsen. In seiner Stellungnahme zu diesem Grünbuch (2) teilte der EWSA ausdrücklich diese Sorge. Heute gestaltet sich die Frage der Versorgungssicherheit sogar noch viel dringender.

5.2.2

Die Abhängigkeit von Erdölimporten aus externen Versorgungsquellen nimmt stetig zu und konzentriert sich immer stärker auf den Nahen Osten. Auch ein größerer Erdgasbedarf verstärkt die Abhängigkeit von externen Energiequellen, die sich vorwiegend in Russland befinden. Eine weiterer Anlass zur Sorge ist der Transport über lange Fernleitungen, die oft durch politisch unsichere Regionen verlaufen.

5.2.3

Einige Netzausfälle sowie Probleme des Managements und zuweilen auch der rechtlichen Rahmenbedingungen haben deutlich gemacht, dass im Verhältnis zum steigenden Stromtransportbedarf und den immer größeren Entfernungen viel zu wenig investiert wird. Zwar wurden bei dem europaweiten Verbund der Strom- und der Gasnetze Fortschritte gemacht, doch gibt es beträchtliche strukturelle Engpässe bei den Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten. Bei der Regelung der Verbunde müssen die Sicherheit, Qualität und ausreichende Investitionen gefördert werden.

5.2.4

In den letzten beiden Jahrzehnten waren nur geringe Investitionen in Kraftwerke und Erdölraffinerien zu verzeichnen. Im Bereich der Elektrizität geht die Zeit der Überkapazität zu Ende und bis 2030 sind Investitionen in 600-750 GW an Stromerzeugungskapazität erforderlich, um der steigenden Stromnachfrage gerecht zu werden und veraltete Anlagen zu ersetzen. Dem Bedarf an Investitionen in zusätzliche Erzeugungskapazität, insbesondere für Spitzenlast, könnte teilweise durch eine vollständige Vernetzung entgegengewirkt werden.

5.2.5

EU-Strategien zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energieträger sind ein wirkungsvolles Mittel gegen die zunehmende Abhängigkeit von externen Versorgungsquellen. Gleichzeitig werden die Treibhausgasemissionen eingedämmt, und in einigen Fällen wird die Netzabhängigkeit reduziert. Im Fall von Biomasse und Biokraftstoffen muss auf eine längerfristig optimale Landnutzung geachtet werden.

5.2.6

Uran wird zu 95 % aus verschiedenen Quellen in die EU importiert. Laut IAEA und OECD-Kernenergie-Agentur dürften die gegenwärtig bekannten wirtschaftlichen Uranquellen die weltweite Nachfrage auf ihrem jetzigen Stand für die nächsten 50 Jahre befriedigen können. Da aufgrund von geologischen Messungen weitere potenzielle Vorkommen vermutet werden, verlängert sich die Abbauphase voraussichtlich auf 280 Jahre. Später werden möglicherweise neue Technologien weitere Möglichkeiten für die Versorgung mit Kernbrennstoffen bieten.

5.3   Klimawandel

5.3.1

Die EU hat weltweit eine führende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels übernommen. Die von ihr ergriffenen politischen Maßnahmen sind einzigartig, sehr fortschrittlich und ehrgeizig, insbesondere das Emissionshandelssystem und die Förderung erneuerbarer Energieträger. In vielen Teilen der Welt, einschließlich derjenigen, wo die meisten Emissionen abgegeben werden, hat die EU keine Mitstreiter gefunden.

5.3.2

Vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung nehmen sich die Kyoto-Ziele bescheiden aus; dennoch scheinen sie für die meisten EU-Mitgliedstaaten schwer zu erreichen zu sein.

5.3.3

Die meisten bisherigen Reduzierungen wurden erzielt, indem beim Heizen und bei der Stromerzeugung (im VK) Kohle durch Erdgas ersetzt wurde und alte Kraftwerke (im Osten Deutschlands) stillgelegt oder saniert wurden. Weitere Emissionsreduktionen in Gegenwart und in Zukunft dürften sich zu einem großen Teil als schwieriger und kostspieliger erweisen.

5.3.4

In der Klimapolitik muss eine weltweite Post-Kyoto-Lösung gefunden werden, in die zumindest alle großen Emissionsverursacher einbezogen werden müssen. Anderenfalls werden nicht nur beim Klimaschutz keine entscheidenden Fortschritte gemacht, sondern es wird auch die Gefahr bestehen, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der EU Schaden nimmt.

6.   Zukunftsperspektiven

6.1   Langfristige Aussichten

6.1.1

Vom jetzigen Standpunkt aus muss als eine ideale energiepolitische Vision für die Zukunft, die Schadauswirkungen auf Umwelt und Klima gering hält und gleichzeitig eine ausreichende globale Versorgung sichert, ein Szenario angesehen werden, in dem erneuerbare Energiequellen für Heizen und Stromerzeugung bei variabler Last, Kernfusion für die Grundlast und Wasserstoff als Energieträger genutzt werden. Ein dergestaltiger Energiemix dürfte erst 2050, wahrscheinlich aber viel später in der Praxis einsetzbar sein. Eine weitere Vision beinhaltet eine hohe Energieeffizienz, erneuerbare Energieträger, die durch eine technische Lösung für die Speicherung von Strom — beispielsweise Wasserstoff — vorangebracht werden, und die mit der CO2-Bindung und -Speicherung gekoppelte Nutzung von Kohle.

6.1.2

Die Technik der Kernfusion hat noch große Hürden zu meistern und Unsicherheiten zu beseitigen. In mehreren grundlegenden Fragen ist der technische Durchbruch noch nicht gelungen, und es bedarf insbesondere noch einer großen Entwicklungsarbeit bis zur Erreichung der Marktfähigkeit. Eine in großem Umfang auf Wasserstoff gestützte Wirtschaft setzt wiederum die reichliche Verfügbarkeit von Elektrizität voraus. Eine nur auf erneuerbare Energiequellen oder Gas gestützte Wasserstofferzeugung kann nicht, oder zumindest nicht allein, den Einstieg in eine vollständige Wasserstoff-Wirtschaft leisten.

6.1.3

Das globale Potenzial erneuerbarer Energiequellen, berücksichtigt man einige natürliche Beschränkungen und die Wirtschaft, lässt sich nur schwer benennen. In einigen Studien wird es als möglich angesehen, dass erneuerbare Energieträger im Jahr 2050 in Europa einen Anteil von nahezu 100 % erreichen, aber diese Einschätzung wird nicht allgemein geteilt und auch in den Szenarien der Kommission nicht gestützt — selbst das Alternativ-Szenario mit der größten Einsatzdichte erneuerbarer Energieträger weist für diese nur einen Anteil von 15 % im Jahr 2030 aus. Bisher ist die bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen in der EU-25 zu verzeichnende Entwicklung hinter den gesteckten Zielen zurückgeblieben.

6.2   Energieeffizienz

6.2.1

Energieeffizienz und Energieeinsparung sind Schlüsselelemente der Energiepolitik. Der EWSA hat in jüngster Zeit in seiner in Reaktion auf das Grünbuch über Energieeffizienz vorgelegten Stellungnahme nachdrücklich Maßnahmen in diesem Politikbereich befürwortet und sich zu zahlreichen potenziellen Instrumenten und Maßnahmen geäußert.

6.2.2

Eine höhere Effizienz wirkt sich auf den künftigen Energiemix aus. Auf einen relativen Nachfragerückgang würde der Markt mit einer verminderten Nutzung der unwirtschaftlichsten Versorgungsquelle reagieren, oder eventuell die Politik mit dem Ausklammern der am wenigsten erwünschten Versorgungsquelle.

6.2.3

In ihrem vor kurzem vorgelegten Grünbuch zur Energieeffizienz schätzt die Kommission das Potenzial an Verbesserungen der wirtschaftlichen Effizienz auf 20 %, 1,5 % jährlich, wodurch wieder das Nachfrageniveau von 1990 für die EU-25 erreicht würde. Die von der Kommission veröffentlichten Szenarios zeigen keinen solchen Rückgang bis 2030, auch nicht das Szenario, in dem die drastischsten Maßnahmen von Seiten der Politik ergriffen werden.

6.2.4

Der EWSA hat sich in seiner Stellungnahme nachdrücklich für den Gedanken einer besseren Energieeffizienz als Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Unabhängigkeit ausgesprochen. Eine höhere Energieeffizienz zahlt sich einfach wirtschaftlich aus, solange man es damit nicht übertreibt. Die Unternehmen bemühen sich in ihren täglichen Betriebsabläufen um eine höhere Energieeffizienz, und freiwillige Vereinbarungen sind ein Instrument, das Wirkung zeigt. In anderen Sektoren sind viele Maßnahmen erforderlich, wie z.B. Bewusstseinsbildung und Wissensvermittlung ebenso wie geeignete wirtschaftliche Maßnahmen. Dennoch hält der EWSA die im Grünbuch dargelegten Ziele für optimistisch.

6.2.5

Bei allen Bemühungen um mehr Effizienz lassen es die Szenarios als unwahrscheinlich erscheinen, dass in der Energienachfrage bis 2030 in der EU-25 eine Wende in Richtung eines Rückganges eintritt — im Gegenteil: sie könnte sogar möglicherweise steigen. Eine stärkere Verbesserung der Energieeffizienz wäre von großem Nutzen.

6.3   Optionen in einzelnen Einsatzbereichen

Bei der Analyse der Optionen für einen optimalen Energiemix vor dem Hintergrund der oben genannten energiepolitischen Herausforderungen sollten die verschiedenen Sektoren, in denen Primärenergie genutzt wird — Verkehr, Heizen und Strom — sinnvollerweise getrennt beleuchtet werden, denn sie sind nur in begrenztem Maße miteinander verflochten.

6.3.1   Verkehr

6.3.1.1

Der Verkehrssektor ist fast ganz von flüssigen Kraftstoffen abhängig, in der Praxis von Erdölprodukten. Zurzeit ist die einzige Alternative in gewissem Maße der elektrische Schienenverkehr. Der öffentliche Personenverkehr fährt in geringem, aber zunehmenden Maße mit Gas, was zwar eine Diversifizierung bedeutet, aber die mit einem höheren Gasverbrauch verbundenen Bedenken aufwirft.

6.3.1.2

Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2010 Kraftstoffe auf Erdölbasis bis zu 5,75 % durch Biokraftstoffe zu ersetzen. Angesichts der aktuellen hohen Erdölpreise ist ein deutlich höherer Prozentsatz in der Diskussion. Die Kommission hat im Februar 2006 eine Mitteilung zur stärkeren Nutzung von Biokraftstoffen (Aktionsplan für Biomasse) vorgelegt. Bei der Gestaltung von in diese Richtung gehenden Maßnahmen sind viele Faktoren wie Nettoenergiebilanzen, Handel, Finanz-, Umwelt- und Landwirtschaftspolitik sowie Endverbrauchspreise zu berücksichtigen. Weitere wichtige Aspekte sind eine gesicherte kontinuierliche Versorgung sowie die Auswirkung auf alternative Nutzungsmöglichkeiten für Biomasse.

6.3.1.3

Brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge befinden sich noch in der Testphase. Eine wesentliche Frage betrifft den verwendeten Treibstoff. Künftig könnte Wasserstoff aus erneuerbaren Energieträgern oder Erdgas sowie durch Stromzufuhr aus Wasser gewonnen werden. Nach heutigem Stand sind Brennstoffzellen wesentlich teurer als Verbrennungsmotoren.

6.3.1.4

Eine brauchbare Alternative als Energieträger für den Verkehr kann die Elektrizität bieten, beispielsweise an der Steckdose aufladbare Hybridfahrzeuge.

6.3.1.5

Es zeichnet sich keine rasche Lösung für ein nicht auf Erdöl gestütztes Verkehrssystem ab. Daher müssen große Anstrengungen für eine Verbesserung der Energieeffizienz im Verkehr in folgenden Bereichen unternommen werden:

bessere Motor- und Kraftstofftechnik,

leichtere Fahrzeuge, effizientere Lastkraftwagen,

bessere öffentliche Verkehrsmittel, unterstützt durch City-Maut in Innenstädten,

so weit wie möglich Verlagerung auf den Schienen- und Schiffsverkehr aufgrund ihrer Energieeffizienz,

Maßnahmen gegen Verkehrsüberlastung, z.B. durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Der Bedarf an Verkehrskapazität kann mit Hilfe einer regionalen Planung und durch Telearbeit gesenkt werden.

Eine allgemeinere eingehende Analyse der europäischen Verkehrsinfrastruktur und ihrer künftigen Herausforderungen ist in der Stellungnahme des EWSA zum Thema „Die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig gestalten: Planung und Nachbarländer — nachhaltige Mobilität — Finanzierung“ zu finden.

6.3.2   Heizen und Kühlen

6.3.2.1

In Europa werden in erster Linie fossile Brennstoffe zum Heizen verwendet — Heizöl, Erdgas und Kohle. Der Erdgas-Anteil nimmt rapide zu. Zum Teil wird auf Elektrizität zurückgegriffen, während im Norden die Biomasse und im Süden die Solarenergie Einzug gehalten hat. Zum Kühlen wird nach wie vor überwiegend Strom eingesetzt, aber andere Techniken, insbesondere Fernkühlsysteme aus KWK-Anlagen, machen Boden gut.

6.3.2.2

In Europa werden 40 % der Energie zur Beheizung und Klimatisierung von Gebäuden verbraucht. Fachleuten zufolge ist ein großes Potenzial für eine bessere Energieeffizienz und Energieeinsparungen vorhanden, und die EU hat bereits in diesem Sinne Maßnahmen ergriffen.

6.3.2.3

Die erneuerbaren Energien besitzen auf diesem Gebiet ein großes Potenzial. Biomasse könnte stärker in modernen Block- bzw. Fernwärme- und Fernkühlsystemen, gegebenenfalls in Kombination mit Stromerzeugung, eingesetzt werden. Die Erdwärme ist noch nahezu ungenutzt. In einigen südlichen Ländern wird die Solarenergie erstaunlich wenig zum Heizen genutzt. Darüber hinaus stellt die Gewinnung von Wärme aus der Umgebungsluft mit Hilfe von Wärmepumpen eine ergiebige und energieeffiziente Quelle an erneuerbarer Energie dar.

6.3.2.4

Heizen und Kühlen sind sehr lokale Einsatzzwecke der Energienutzung. Maßnahmen für einen effizienteren Umgang mit Energie in Gebäuden müssen lokal ergriffen werden. Die EU kann hier durch die Unterstützung der technischen Entwicklung und des Austauschs von Wissen und bewährten Techniken und durch die Gewährleistung eines funktionierenden Binnenmarkts für entsprechende Erzeugnisse und Dienstleistungen einen Beitrag leisten.

6.3.3   Elektrizität

6.3.3.1

Es gibt verschiedene Energieträger für die Stromerzeugung — Kohle, Erdgas, Erdöl, Wasserkraft, Kernenergie und Windkraft sowie nichtfossile feste Brennstoffe wie Biomasse. Die Photovoltaik und die Nutzung der Gezeitenkraft befinden sich noch im Entwicklungsstadium.

6.3.3.2

Die meisten Kraftwerke in Europa müssen in naher Zukunft ersetzt werden. Dies gilt für die am meisten verbreiteten, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke sowie für die Kernkraftwerke. Hierdurch bietet sich eine einmalige Gelegenheit zu einer weitgehenden Umstellung auf nicht kohlenstoffhaltige Energieträger und gleichzeitig zu einer Verringerung der Abhängigkeit von externen Energiequellen sowie einer Verbesserung der Effizienz bei der Stromerzeugung.

6.3.3.3

Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz können für die gesamte Stromerzeugungs- und -verbrauchskette getroffen werden — von der Brennstoff- und Kraftwerkstechnologie bis hin zu einer ökoeffizienten Gestaltung elektrischer Geräte.

6.3.3.4

Allgemein herrscht allerdings die Ansicht vor, dass die Elektrizitätsnachfrage einige Jahrzehnte lang weiter steigen wird und fast 400 GW an neuer Kraftwerkskapazität, d.h. 400-800 neue Kraftwerke, in der EU-25 gebaut werden müssen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Darüber hinaus werden neue Kraftwerke mit einer Kapazität von Hunderten von Gigawatt benötigt, um die alten zu ersetzen.

6.3.3.5

Ein optimaler Stromversorgungsmix schließt verschiedene Arten von Erzeugungskapazität entsprechend der unterschiedlichen Nachfrage ein. Die Grundlastkapazität für einen beständigen und kontinuierlichen Bedarf wird im Idealfall durch Wasser- oder Kernkraftwerke oder Feuerungsanlagen gedeckt, die mit billigeren Brennstoffen, wie Kohle, betrieben werden. Für schwankende Lasten — die häufigste Einsatzsituation — ist eine leicht zu regulierende Versorgung mithilfe von Wasserkraft oder Wärmekraft erforderlich. Spitzenlaststrom wird möglichst von Kraftwerken mit niedrigen Kapitalkosten geliefert, die in der Regel mit hohen Betriebskosten gekoppelt sind, wie es bei Gasturbinen der Fall ist. Die Grundlastkapazität kann auch so genutzt werden, dass mehr Wasserkraft für Spitzenlaststrom zum Einsatz kommt. Der Einsatz intermittierender Energiequellen setzt eine leicht regulierbare Reservestromversorgung voraus.

6.3.3.6

Eine ausreichende und gut funktionierende Infrastruktur an Stromleitungsnetzen, einschließlich Verbindungsleitungen, ist erforderlich, um die Kraftwerksleistung wirkungsvoller zu nutzen und den Neubaubedarf zu verringern. Andererseits muss das System optimiert werden, um zu vermeiden, dass Strom über lange Fernleitungen transportiert wird, anstatt an Standorten mit hoher Nachfrage in neuen Kraftwerken erzeugt zu werden. Die dezentrale Erzeugung, möglichst mithilfe von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, ist eine Möglichkeit, die weiterentwickelt werden sollte. Durch ein gut konzipiertes bedarfsorientiertes Management könnten in einem gut funktionierenden Markt die Spitzenlasten gesenkt werden.

Brüssel, den 13. September 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Richtlinie 2003/30/EG, ABl. L 123 vom 17.5.2003.

(2)  „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“, ABl. C 221 vom 7.8.2001.


ANHANG

zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Auf folgenden abgelehnten Änderungsantrag entfiel mehr als Formula der abgegebenen Stimmen:

Neue Ziffer 2.2.1

Der EWSA gibt zu bedenken, dass sich diese verwendeten Prognosen durch die aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärkten, speziell die Ölpreisentwicklung, als falsch bzw. überholt erweisen könnten. Denn für alle Prognosen sind die verwendeten Rahmendaten entscheidend, und diese haben sich in den letzten Monaten entscheidend verändert. So kommt eine im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums in Deutschland angefertigte Studie  (1) zum Ergebnis, dass bei einem nun angenommenen zukünftigen Ölpreis von 60 $ je Barrel der Energieverbrauch bis 2030 um 17 % zurückgehen wird und verstärkt Kohle und regenerative Energien zum Tragen kommen werden. Bislang war man — bei einem angenommenen Ölpreis von 37 $ — von Verbrauchssteigerungen ausgegangen.

Begründung

Selbstverständlich müssen unsere Aussagen auf bestimmten Prognosen beruhen, und die Berichterstatterin hat gut daran getan, die Internationale Energieagentur und die Kommission zu zitieren. Jedoch sollte der EWSA die neuesten Entwicklungen in die Überlegungen zumindest einbeziehen, ohne dadurch zu veränderten Schlussfolgerungen in seiner Stellungnahme zu geraten.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen 69

Nein-Stimmen 85

Stimmenthaltungen 19

Ziffer 2.3

wie folgt ändern:

„Die Wahl von Energiequellen und Technologien treffen die Investoren; sie kann aber durch Beschlüsse der Politik beeinflusst werden. Die EU kann nicht direkt in die von den Mitgliedstaaten getroffene Wahl der Energieversorgungsquellen eingreifen, hat jedoch die Möglichkeit einer indirekten Einflussnahme durch ihr Mandat für Umweltfragen. Die Mitgliedstaaten sollten die Nutzung ihrer einheimischen Quellen soweit wie möglich fördern. Die energiepolitischen Entscheidungen der Mitgliedstaaten beeinflussen sich wechselseitig. Außerdem sind die Energienutzer in Mitgliedstaaten, die bei der Stromerzeugung z.B. auf die Nukleartechnik oder auf Kohle verzichten, auf einen Markt angewiesen, auf dem Nuklearenergie und Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt werden.“

Begründung

Die Aussage stimmt in dieser Form nicht. Auf der einen Seite existieren in jenen Ländern, die z.B. auf die Kernenergie verzichten bzw. verzichten wollen, häufig genug ausreichend alternative Kraftwerkskapazitäten. Die Tatsache, dass z.B. nach Deutschland Atomstrom aus Frankreich oder der Tschechischen Republik importiert wird, liegt am europäischen Binnenmarkt und an bewusst geschaffenen Überkapazitäten in bestimmten Ländern, und ist nicht darauf zurückzuführen, dass eine sich angebliche ergebende Energielücke z.B. nur durch ausländische AKW gedeckt werden kann.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen 60

Nein-Stimmen 115

Stimmenthaltungen 13

Ziffer 5.2.6

wie folgt ergänzen:

Uran wird zu 95 % aus verschiedenen Quellen in die EU importiert. Laut IAEA und OECD-Kernenergie-Agentur dürften die gegenwärtig bekannten wirtschaftlichen Uranquellen die weltweite Nachfrage auf ihrem jetzigen Stand für die nächsten 50 Jahre befriedigen können. Da aufgrund von geologischen Messungen weitere potenzielle Vorkommen vermutet werden, verlängert sich die Abbauphase voraussichtlich auf 280 Jahre. Jedoch dürfte sich dieser Zeitraum radikal verkürzen, sollten die nuklearen Ausbaupläne bestimmter Staaten Realität werden. So plant beispielsweise Indien, den jetzigen AKW-Park von 3.000 MW auf 300.000 MW auszubauen, was selbstverständlich gravierende Auswirkungen auf die globale Verfügbarkeit von Uran haben würde. Später werden möglicherweise neue Technologien weitere Möglichkeiten für die Versorgung mit Kernbrennstoffen bieten, aber solche sind bisher weder erprobt noch stehen sie real zur Verfügung.“

Begründung

Klarstellung.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen 62

Nein-Stimmen 124

Stimmenthaltungen 6

Ziffer 6.3.3.2

wie folgt ändern:

„Die meisten Kraftwerke in Europa müssen in naher Zukunft ersetzt werden. Dies gilt für die am meisten verbreiteten, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke sowie für die Kernkraftwerke. Hierdurch bietet sich eine einmalige Gelegenheit zu einer weitgehenden Umstellung auf nicht kohlenstoffhaltige weniger umweltbelastende Energieerzeugungssysteme (Blockheizkraftwerke, clean coal-Technologie)Energieträger und gleichzeitig zu einer Verringerung der Abhängigkeit von externen Energiequellen sowie einer Verbesserung der Effizienz bei der Stromerzeugung.“

Begründung

Selbst erklärend. Siehe auch Ziffer 1.17 und 1.18, wo wir u.a. Aussagen zur clean coal-Technologie machen.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen 62

Nein-Stimmen 121

Stimmenthaltungen 12


(1)  Erstellt vom Basler Prognos Institut und dem Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln.


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