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Document 52006AE0592

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission: Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung — Strategische Leitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013 KOM(2005) 299 endg. — SEK(2005) 904

OJ C 185, 8.8.2006, p. 52–61 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

8.8.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 185/52


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission: Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung — Strategische Leitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013“

KOM(2005) 299 endg. — SEK(2005) 904

(2006/C 185/11)

Am 5. Juli 2005 beschloss die Kommission, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 23. März 2006 an. Berichterstatter war Herr VEVER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 426. Plenartagung am 20./21. April 2006 (Sitzung vom 21. April) mit 47 Ja-Stimmen ohne Gegenstimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss bedauert, dass die strategischen Leitlinien der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 erst ein Jahr nach den Vorschlägen für die Haushaltsplanung und für Verordnungen über die Strukturfonds vorgelegt wurden, anstatt sie zusammen mit den Vorschlägen, wenn nicht schon vor diesen zu unterbreiten. So scheint es sich eher um Zusatzbestimmungen zu handeln als um wirkliche Leitlinien, was sie eigentlich sein sollten.

1.2

Diese Verzögerung ist umso bedauerlicher, als in Anbetracht der ebenso zahlreichen wie komplexen Herausforderungen, die sich im Zeitraum 2007-2013 im Zusammenhang mit der Kohäsion stellen, dringender Bedarf an solchen Leitlinien besteht: Es geht darum, die Erweiterungen zu begleiten, den Euro zu stärken und die Rückstände bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie angesichts der beschleunigten Globalisierung aufzuholen. Angesichts der Schwierigkeiten, die sich aus einem unzureichenden Wachstum, den beträchtlichen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten und den zu geringen Haushaltsmitteln der Gemeinschaft ergeben, kann die EU auf Stärken bauen, die jedoch nach wie vor eher Möglichkeiten als gesicherte Tatsachen darstellen (Konsolidierung des erweiterten Binnenmarktes, künftige Infrastrukturen, auf Anpassung ausgerichtete Reformen).

1.3

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Verbindungen zwischen den Prioritäten der strategischen Leitlinien und den Zielen der Strukturfonds nicht klar dargelegt sind und dass die Bedingungen ihrer Umsetzung genauer festgelegt werden sollten. So wirft die erste Priorität, die Stärkung der Anziehungskraft für Investitionen, die zentrale Frage der erforderlichen Stärkung des Vertrauens in die Entwicklung der EU selbst auf. Die zweite Priorität, die Unterstützung von Innovation und Unternehmertum, wirft die Frage der weiterhin bestehenden mangelnden Anpassung der Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft auf (Blockierung des Gemeinschaftspatents, Lücken bei der Verwirklichung eines europäischen Unternehmensstatuts, zu stark auf Zuschüsse beschränkte Fondsinterventionen). Mit Blick auf die dritte Priorität, die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen, stellt sich angesichts des Globalisierungsdrucks die Frage, wie die Verzögerungen bei der Lissabon-Strategie aufzuholen sind und ein optimales wirtschaftliches und soziales Funktionieren des Binnenmarktes zu erreichen ist, das noch in weiter Ferne liegt.

1.4

Der Ausschuss stellt — ebenso wie das Parlament — mit Besorgnis fest, dass die auf dem Europäischen Rat im Dezember 2005 eingeplanten Haushaltsmittel für den Zeitraum 2007-2013 unzureichend sind: Durch die dauerhafte Begrenzung der Haushaltsmittel auf 1,045 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) (d.h. auf 0,36 % für die Kohäsionsmittel) sind diese geringer als vor der Erweiterung von 15 auf 25 Mitgliedstaaten, obwohl die durch das unionsinterne Gefälle und den internationalen Wettbewerb bedingten Herausforderungen erheblich gewachsen sind. Somit muss mit den strategischen Leitlinien der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 die zentrale Frage beantwortet werden, wie mit weniger Mitteln mehr zu erreichen ist. Der Ausschuss empfiehlt, die Interventionsmöglichkeiten der Kohäsionspolitik breiter zu fächern, die Interventionen stärker zu konzentrieren und die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen.

1.5

Der EWSA regt an, die Interventionsmöglichkeiten der Kohäsionspolitik durch ein innovatives Finanz-Engineering der Union breiter zu fächern.

1.5.1

Im Rahmen der Strukturfonds sollten neben den Zuschüssen weitere Instrumente bereitstehen und gemeinsam mit der EIB und dem EIF Kredite, Zinsvergünstigungen, Kreditbürgschaften sowie Unterstützung für Investitionskapital und Risikokapital entwickelt werden können.

1.5.2

Eine solche Umschichtung — in wesentlich größerem Maßstab als nur über das Programm Jeremie — würde bei den so besser auf die öffentlichen und privaten Investitionen abgestimmten Fondsinterventionen zu einem Multiplikatoreffekt führen, der die geringeren Haushaltsmittel ausgleichen würde.

1.5.3

Zu diesem Zweck spricht sich der EWSA für eine erhebliche Aufstockung der Kapazitäten für EU-Kredite und -Bürgschaften, eine verstärkte Partnerschaft mit dem Banken- und Finanzsektor sowie entsprechende Anpassungen in den neuen Strukturfondsverordnungen aus. Um diese drei Voraussetzungen zu schaffen, wären dringend einschlägige Vorschläge der Europäischen Kommission erforderlich.

1.6

Der EWSA empfiehlt, die Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds stärker auf die prioritären Interessen Europas zu konzentrieren.

1.6.1

Neben der direkten Unterstützung der Staaten und der bedürftigsten Regionen, die fortgesetzt und intensiviert werden muss, sind hierzu die verstärkte Finanzierung der transeuropäischen Infrastrukturnetze und die verstärkte Förderung der Grenzregionen mit Hilfe öffentlich-privater Partnerschaften erforderlich.

1.6.2

Zu diesem Zweck fordert der EWSA eine erhebliche Aufstockung der Finanzmittel für die transeuropäischen Netze, die bei der Haushaltsplanung im Dezember 2005 trotz der Ziele der Lissabon-Strategie nicht berücksichtigt wurden.

1.6.3

Das setzt auch voraus, dass Gemeinschaftsbeihilfen in stärkerem Maße dafür eingesetzt werden, die Mitgliedstaaten bei der besseren Umsetzung der Leitlinien, Entscheidungen und Verpflichtungen der EU zu unterstützen, egal ob es um Richtlinien oder die Lissabon-Strategie geht. Insbesondere die Mittel für Ausbildungsbeihilfen, die im Dezember 2005 ebenfalls extrem gekürzt wurden, sollten aufgestockt werden.

1.7

Schließlich empfiehlt der EWSA, die Verwaltungsverfahren der Kohäsionspolitik zu modernisieren, um Transparenz und Interaktivität zu fördern.

1.7.1

Dazu müssen die Gemeinschaftsbeihilfen, ebenso wie die staatlichen Beihilfen, voll und ganz mit der europäischen Wettbewerbspolitik vereinbar sein.

1.7.2

Dazu ist auch eine bessere Einbindung der Akteure der organisierten Zivilgesellschaft, vor allem der Sozialpartner, in die Ausarbeitung, Umsetzung und Überwachung der europäischen Kohäsionspolitik notwendig.

1.7.3

Deshalb fordert der Ausschuss, in die strategischen Leitlinien ausdrückliche Bestimmungen für die Einbindung der sozialen und wirtschaftlichen Akteure aufzunehmen. Die Bedingungen für ihre Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten sollten im Anhang zu den Programmplanungs- und Überprüfungsdokumenten enthalten sein.

2.   Einleitung

2.1

Die am 5. Juli 2005 angenommene Mitteilung der Kommission über die strategischen Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013 ergänzt eine Reihe vorangegangener Vorschläge.

2.1.1

Die am 17. Februar 2004 vorgelegten Haushaltsleitlinien für den Zeitraum 2007-2013 wurden auf der Basis von 1,14 % des BNE berechnet.

2.1.2

Die Entwürfe von Verordnungen zur Änderung der Bestimmungen für die Strukturfonds (EFRE, ESF, Kohäsionsfonds) für den Zeitraum 2007-2013 wurden am 14. Juli 2004 vorgelegt (1). Die Kommission schlägt für die Fonds drei Ziele vor:

2.1.2.1

das Ziel „Konvergenz“, das das derzeitige Ziel 1 ersetzt und die Regionen der Union mit dem größten Entwicklungsrückstand betrifft, deren Pro-Kopf-BIP weniger als 75 % des EU-Durchschnitts beträgt: Die für das Ziel „Konvergenz“ vorgesehenen Mittel belaufen sich auf 78,54 % der Gesamtmittel;

2.1.2.2

das Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“. Es tritt an die Stelle des derzeitigen Ziels 2 und kommt für die Regionen der EU in Frage, die nicht unter Ziel 1 fallen. Diese sollen bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie und der Verbesserung der Beschäftigungslage unterstützt werden. Die hierfür vorgesehenen Mittel betragen 17,22 % der Gesamtmittel;

2.1.2.3

das Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, das die derzeitige Gemeinschaftsinitiative Interreg ersetzen soll: Hierfür sind 3,94 % der Gesamtmittel veranschlagt.

2.1.3

Darüber hinaus legte die Kommission am 14. Juli 2004 den Entwurf eines Statuts für den Europäischen Verbund für grenzübergreifende Zusammenarbeit vor, der solche innergemeinschaftlichen Initiativen erleichtern soll (2).

2.2

Am 5. Juli 2005 legte die Kommission die strategischen Leitlinien der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 vor und legte drei Prioritäten fest, die anders formuliert sind als die oben genannten Interventionsziele der Strukturfonds, obwohl sie sich mit diesen decken:

2.2.1

Die erste Priorität der strategischen Leitlinien ist auf eine Verbesserung der Attraktivität für Investitionen ausgerichtet.

2.2.2

Die zweite Priorität der strategischen Leitlinien betrifft die Förderung von Innovation und Unternehmertum.

2.2.3

Die dritte Priorität der strategischen Leitlinien stellt darauf ab, die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen.

2.3

Zur Umsetzung dieser strategischen Leitlinien sollen zu einem späteren Zeitpunkt von der Kommission, den Mitgliedstaaten und den Regionen einzelstaatliche strategische Rahmenpläne festgelegt werden.

2.4

Die Vorlage der strategischen Leitlinien war der letzte noch fehlende Teil für die Diskussion eines Gesamtpakets zur Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013. Im Übrigen wäre es logischer gewesen, wenn die Kommission die Aussprache über die Kohäsionspolitik mit der Vorlage dieser strategischen Leitlinien eröffnet hätte, mit denen ein politischer Gesamtrahmen festgelegt werden soll, statt mit den Entwürfen für die Strukturfondsverordnungen, die die Bestimmungen für die Durchführung dieser Leitlinien darstellen sollten. In Ermangelung einer besseren Verknüpfung dieser beiden Elemente, wobei den strategischen Leitlinien nicht eine flankierende, sondern die maßgebliche Rolle gebührt, besteht die Gefahr, dass sich der aus der europäischen Kohäsionspolitik ergebende zusätzliche Nutzen in seiner Wirkung abschwächt und so einer Renationalisierung der Entwicklungsstrategien Vorschub geleistet wird, die sich sehr nachteilig auf die Kohärenz, die Wettbewerbsfähigkeit sowie die wirtschaftliche und soziale Effizienz der Union auswirken würde.

2.5

Die Debatte über die Haushaltsleitlinien für den Zeitraum 2007-2013 und die Strukturfondsverordnungen für diesen Zeitraum wurde unter schwierigen Bedingungen eröffnet und ist von erheblichen Unterschieden zwischen den 25 Mitgliedstaaten gekennzeichnet, was die Einschätzung der Interventionsbeträge und -modalitäten betrifft. Nach einem ersten Misserfolg im Juni 2005 einigte sich der Europäische Rat am 17. Dezember 2005 auf einen Haushalt auf einer sehr eingeschränkten Grundlage: Die Haushaltsmittel für den Zeitraum 2007-2013 werden auf 1,045 % des BNE begrenzt, wobei 252 Mrd. EUR, d.h. 82 %, für das Ziel „Konvergenz“, 48,5 Mrd. EUR, d.h. 15,5 %, für das Ziel „Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ und 7,5 Mrd. EUR, d.h. weniger als 2,5 %, für das Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ vorgesehen sind.

2.6

Das Europäische Parlament hat diese weit hinter seinen Erwartungen zurückbleibende Haushaltsplanung am 18. Januar 2006 abgelehnt. Folglich wurden wieder Gespräche zwischen Rat und Parlament aufgenommen, die am 4. April 2006 zu einem Kompromiss führten. Dieser Kompromiss sieht eine Mittelaufstockung von 4 Mrd. EUR vor (2 davon als Reserve) und muss noch von beiden Seiten ratifiziert werden.

3.   Anmerkungen zu den Herausforderungen der Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013

3.1

Der Zeitraum 2007-2013, auf den sich die strategischen Leitlinien für die Kohäsion erstrecken, wird von sehr großen Herausforderungen gekennzeichnet sein:

3.1.1

Zunächst gilt es, die Erweiterung fortzuführen und zu festigen. Nach ihrer Erweiterung von 15 auf 25 Mitgliedstaaten im Jahr 2004 wird die Europäische Union 2007 voraussichtlich zwei weitere Mitgliedstaaten aufnehmen. Nach 2013, wenn nicht schon früher, könnten andere Staaten folgen, denn die Liste der Beitrittskandidaten ist derzeit bei weitem noch nicht komplett. Auf jeden Fall wird die stetige Zunahme der wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten einen echten Qualitätssprung in der Koordinierung der europäischen und der nationalen Politik, der Verwaltung und Stärkung des Binnenmarktes und der gemeinsamen Raumordnungspolitik der Union erforderlich machen, selbst wenn die Erweiterungen dem Binnenmarkt ein größeres Gewicht verleihen und seine Kapazitäten mit Blick auf Wachstum, Beschäftigung, Handel, Produktion, Konsum und Wettbewerbsfähigkeit angesichts der Globalisierung erhöhen.

3.1.2

Darüber hinaus sollte auch die Erweiterung der Eurozone gelingen, wobei zugleich die Stärkung der gemeinsamen Währung, ihre Attraktivität und die Verbesserung ihrer Wachstums- und Beschäftigungswirksamkeit gewährleistet werden müssen. Bisher ist der Euro nur in zwölf der 25 Mitgliedstaaten eingeführt. Bis 2013 soll die Eurozone auf die meisten Mitgliedstaaten ausgedehnt werden, sofern diese alle einschlägigen Bedingungen erfüllen. Ebenso wie die Erweiterung der Union erfordert auch die Erweiterung der Eurozone unter Wettbewerbsbedingungen mehr Konvergenz, und zwar in erster Linie auf wirtschaftlichem Gebiet, aber auch in zahlreichen damit zusammenhängenden Bereichen, von der Besteuerung, insbesondere der Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen, bis zur Sozialpolitik.

3.1.3

Im Verlauf dieses Zeitraums wird der Strukturwandel weiter Raum greifen:

3.1.3.1

Die Globalisierung und der Durchbruch der aufstrebenden neuen Wirtschaftsmächte werden den Wettbewerbsdruck verstärken und zu einer noch größeren Zahl von Standortverlagerungen führen.

3.1.3.2

Der technologische Wandel wird sich, insbesondere beflügelt durch die Innovationen einer globalisierten Informationsgesellschaft, weiter beschleunigen.

3.1.3.3

Die Bevölkerungsalterung in Europa wird mit dem Renteneintritt der Baby-Boom-Generation der Nachkriegszeit weiter anhalten und die Lebens- und Beschäftigungsbedingungen sowie das Gleichgewicht der Sozialleistungssysteme in den Mitgliedstaaten verändern.

3.1.3.4

Der Migrationsdruck aus weniger entwickelten Drittländern dürfte sich weiter verstärken. Er sollte auf angemessenere Weise gelenkt werden, und zwar einerseits durch eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse und die Integrationskapazitäten der Union und andererseits durch eine erheblich wirksamere Entwicklungshilfe für die Auswanderungsländer, um vor Ort mehr Arbeitsplätze zu schaffen sowie wirtschaftliche und soziale Fortschritte zu erzielen. Zudem müssen die Lehr- und Ausbildungspläne auf den verschiedenen Ebenen besser an die durch Zuwanderung entstehenden Erfordernisse angepasst werden.

3.1.3.5

Die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut sowohl der Arbeitslosen als auch der unter der Armutsgrenze lebenden Erwerbstätigen ist nach wie vor eine wichtige Anforderung an die europäische Kohäsionspolitik. Werden solche Probleme, die über Beschäftigungsfragen als solche hinausgehen, nicht gelöst, so wird es in der Praxis nicht nur schwierig sein, den sozialen Zusammenhalt, sondern auch den wirtschaftlichen Zusammenhalt zu gewährleisten.

3.1.4

Der Zieltermin 2010 für die Lissabon-Strategie, der vom Europäischen Rat im Jahr 2000 festgelegt wurde, liegt genau in der Mitte dieses Zeitraums tief greifender Veränderungen. Bei der Umsetzung dieser Strategie ist es jedoch zu Verzögerungen gekommen. Es wird für Europa dringlicher, aber auch schwieriger sein, diese Verzögerungen aufzuholen, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

3.2

Angesichts dieser großen Herausforderungen der kommenden Jahre kann sich die europäische Kohäsionspolitik auf mehrere wichtige Pluspunkte stützen. Es sei insbesondere verwiesen auf:

3.2.1

die spezifische Bedeutung des EU-Binnenmarktes, der mehr als eine halbe Milliarde Europäer umfasst und ein Wirtschafts-, Handels- und Humanpotenzial darstellt, das mit Blick auf Angebot und Nachfrage in der Wirtschaft sowie auf den Arbeitsmarkt noch nicht voll ausgeschöpft wird;

3.2.2

das europäische Modell der Arbeitsbeziehungen und der europäische soziale Dialog, bei denen der Schwerpunkt angesichts der Herausforderungen, die sich für Beschäftigung, Entwicklung, Gesundheit und Lebensqualität in einer globalisierten Welt stellen, auf der Nutzung der Humanressourcen liegt;

3.2.3

die Wachstumsdynamik der neuen Mitgliedstaaten, die häufig doppelt so groß ist wie im Gemeinschaftsdurchschnitt und dazu beitragen dürfte, die großen Entwicklungsunterschiede zu verringern und die Dynamik von Wirtschaft und Handel der Union zu unterstützen;

3.2.4

die neuen Gestaltungs- und Investitionsmöglichkeiten, die sich durch die Vereinigung des gesamten europäischen Kontinents ergeben und die es ermöglichen, seine interne wirtschaftliche Organisation zu überdenken und innovative Infrastruktur- und Raumordnungsmodelle umzusetzen;

3.2.5

die Wirtschafts- und Sozialreformen der Lissabon-Strategie, sofern sie mit aktiver Unterstützung der Sozialpartner erfolgreich verlaufen und sich gegenseitig Impulse geben, die ebenfalls eine maßgebliche Unterstützung für eine erfolgreiche Kohäsionspolitik der Europäischen Union darstellen dürften.

3.2.6

Insgesamt sollte mit den Beihilfen der europäischen Kohäsionspolitik durch positive Interaktionen zwischen diesen Elementen (Vertiefung und Erweiterung des Binnenmarktes, Investitionen und Raumordnung, Reformen in den Mitgliedstaaten) vor allem eine nach oben verlaufende Wachstums- und Beschäftigungsspirale gefördert werden.

3.3

Die europäische Kohäsionspolitik wird voraussichtlich auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, die ihre Aufgabe verkomplizieren werden.

3.3.1

Zunächst sei darauf verwiesen, dass es nach wie vor schwierig ist, in Europa wieder eine starke wirtschaftliche Dynamik in Gang zu setzen. Die Europäische Union ist weit davon entfernt, den Rückstand gegenüber ihren Wettbewerbern aufzuholen, der sich derzeit noch vergrößert. Das Wachstum ist insgesamt gering, in vielen Mitgliedstaaten besteht eine hohe Arbeitslosigkeit, von der sowohl Jugendliche als auch ältere Menschen betroffen sind, die Schaffung von Arbeitsplätzen lässt häufig zu wünschen übrig, im Bereich der Forschung ist nach wie vor ein Defizit zu verzeichnen und die Betriebsverlagerungen nehmen zu. Der derzeitige Stand Europas im weltweiten Leistungsvergleich entspricht keinesfalls den vor fünf Jahren gehegten Ambitionen. Eine deutliche Verbesserung dieser Lage ist offenbar noch nicht in Sicht.

3.3.2

Eine weitere große Herausforderung für die Kohäsionspolitik hängt mit den starken wirtschaftlichen und sozialen Unterschieden infolge der Erweiterungen zusammen, deren Ausgleich viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Der Ansatz und die Vorgehensweisen der Kohäsionspolitik sollten gegenüber denen der vorangegangenen Jahre, in denen die Entwicklungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten wesentlich geringer waren, erneuert werden.

3.3.3

Ein maßgeblicher Schwachpunkt der Kohäsionspolitik ist die unzureichende Koordinierung der Wirtschaftspolitik einschließlich der Steuerpolitik, die selbst zwischen den Ländern, die den Euro eingeführt haben, nach wie vor zu halbherzig ist. Angesichts der wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten muss dem dringend abgeholfen werden, obwohl dies ebenfalls schwieriger wird. Eine solche stärkere wirtschaftliche Koordinierung sollte auch mit einer besseren Abstimmung der sozialen Ansätze einhergehen.

3.3.4

Schließlich sei als eine der zu beseitigenden Fehlfunktionen die zu geringe Einbindung der Akteure der Zivilgesellschaft im Vergleich zu der herausragenden Stellung der Behörden und der stark bilateral ausgerichteten Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik genannt (3).

3.3.5

Die EU-Finanzmittel sind in Anbetracht des noch gewachsenen Bedarfs verhältnismäßig gering, und das wird sich auch nicht ändern. Durch die am 17. Dezember 2005 für den Zeitraum 2007-2013 erzielte Einigung, den EU-Haushalt auf 1,045 % des BNE zu begrenzen, verringern sich die Haushaltsmittel für die Kohäsionspolitik auf 0,36 % des BNE. Die EU-Haushaltsmittel sind somit geringer als vor der Erweiterung von 15 auf 25 Mitgliedstaaten, was den EWSA ebenso wie das Europäische Parlament mit Besorgnis erfüllt. Eine solche Größenordnung, die natürlich nichts mit einem föderalen Haushalt gemein hat (der Haushalt der USA entspricht mehr als 20 % des BIP), erscheint auch für sich genommen extrem gering angesichts der Herausforderungen, die die Union für den Zusammenhalt bewältigen muss.

3.3.6

Demnach stellt sich die zentrale Frage, die mit den strategischen Leitlinien der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 beantwortet werden muss, wie mit weniger Mitteln mehr zu erreichen ist. Aus diesem Grund muss mehr denn je auf die bestmögliche Verwendung der sehr begrenzten Mittel geachtet werden, d.h. statt einer auf Dauer angelegten Hilfe gilt es, die Bedingungen für eine autonome und nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Dazu ist es erforderlich, einerseits auf eine größtmögliche Konvergenz und Komplementarität mit den einzelstaatlichen Haushalten und andererseits auf die Aktivierung und Unterstützung der Marktkräfte abzustellen, da sie gemeinsam mit dem Staat in der Lage sind, Mittel in einer Größenordnung zu mobilisieren, die den Erfordernissen der kollektiven Entwicklung Europas angemessen ist.

3.3.7

Um all diese Herausforderungen bewältigen zu können, sollten die Möglichkeiten der Kohäsionspolitik breiter gefächert, die Maßnahmen stärker konzentriert und die Verwaltungsverfahren vereinfacht werden. Diese Überlegungen werden in den folgenden Abschnitten genauer dargelegt.

4.   Anmerkungen zu den Zielen der Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013

4.1

Die Leitlinien für die Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 sind auf die Hauptpriorität „Wachstum und Beschäftigung“ ausgerichtet und betreffen insbesondere die Partnerschaft, auf die der Europäische Rat im März 2005 unter diesem Titel Bezug nahm, sowie die integrierten Leitlinien, die die Kommission ebenfalls unter diesem Titel im Juni 2005 vorlegte.

4.2

In der Kommissionsmitteilung werden als Beitrag zur Verwirklichung dieser allgemeinen Priorität „Wachstum und Beschäftigung“ drei Einzelprioritäten genannt: Förderung der Attraktivität Europas für Investitionen, Entwicklung von Innovation und Unternehmertum sowie Förderung von Beschäftigung und Ausbildung. Ergänzt werden diese drei Prioritäten durch das Querschnittsanliegen, Raumordnungsfragen der Union mit Blick auf die ländlichen und die städtischen Gebiete sowie auf nationale und regionale grenzübergreifende Verbindungen besser zu lösen.

4.3

Die erste Priorität, die auf eine größere Attraktivität Europas für Investitionen ausgerichtet ist, erscheint besonders sinnvoll. Sie sollte vor allem in den weniger entwickelten Gebieten der erweiterten Union verfolgt werden, die bei Interventionen vorrangig berücksichtigt werden sollten, wobei jedoch auch Übergangsregelungen für die Regionen bereitgestellt werden müssen, denen ehemals Vorrang eingeräumt wurde. Da die europäischen Interventionsfonds Beschränkungen unterliegen, ist vor allem eine Förderung privater Investitionen im Dienste der Entwicklungsprioritäten der europäischen Wirtschaft anzustreben.

4.3.1

Der Europäischen Union ist es jedoch trotz der Fortschritte, die bei der Verwirklichung des Binnenmarktes, bei der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion und bei einigen Reformen im Rahmen der Lissabon-Strategie erzielt wurden, noch nicht gelungen, einen Mechanismus für ein starkes selbsttragendes Wachstum zu schaffen, durch den die Synergien und ergänzenden Elemente ihrer nationalen Volkswirtschaften zum Tragen kommen. Daher wird es schwierig sein, eine wirksame Kohäsionspolitik durchzuführen, ohne wieder mehr Vertrauen aller beteiligten Gruppen (Unternehmer, Arbeitnehmer, Investoren) in die Zukunft der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und natürlich auch der politischen und institutionellen Zukunft der Union herzustellen.

4.3.2

Das setzt also voraus, dass in den nächsten Jahren die Unsicherheitsfaktoren abgebaut werden, die derzeit auf so wichtigen Fragen wie der Vollendung des Binnenmarktes, der Verwirklichung einer integrierten wettbewerbsfähigen Wirtschaft auf der Grundlage des Euro, der Stärkung von Wachstum und Beschäftigung, der Verbesserung der Lebensbedingungen, der erfolgreichen Umsetzung der Lissabon-Strategie, dem effizienten Regieren der EU-Institutionen sowie einer optimalen und nachhaltigen Gestaltung des erweiterten Europas im Sinne einer Harmonisierung des wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritts lasten.

4.3.3

In der Mitteilung der Kommission wird der Schwerpunkt auf Investitionen in Infrastrukturnetze, vor allem Verkehrsinfrastrukturnetze gelegt. Es fehlt jedoch eine Analyse der Ursachen für die anhaltenden Verzögerungen in diesem Bereich. Um diese Verzögerungen aufzuholen, sollte der Finanzierung der transeuropäischen Transport-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur, die eine Voraussetzung für den Zusammenhalt der EU darstellt, höhere Priorität eingeräumt werden. Die in der Einigung vom 17. Dezember 2005 vorgesehene drastische Reduzierung der Finanzmittel für diese Netze ist bedauerlich: Die Tatsache, dass der Europäische Rat bei dieser Priorität die größten Einschnitte vorgenommen hat, steht in direktem Widerspruch zu den Verpflichtungen von Lissabon, deren Zieltermin genau in der Mitte des Zeitraums 2007-2013 liegt. Folglich fordert der EWSA, in Anlehnung an die Position des Europäischen Parlaments, dass die Haushaltsmittel zur Finanzierung der transeuropäischen Netze deutlich aufgestockt werden.

4.3.4

Darüber hinaus werden in der Mitteilung der Kommission zwei weitere Investitionsschwerpunkte für die Kohäsionspolitik hervorgehoben: die Förderung von Umweltinvestitionen und die Stärkung der Autonomie Europas auf dem Gebiet der Energie.

4.3.4.1

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine direkte Verbindung zwischen diesen Schwerpunkten und der zuvor erwähnten Unterstützung für die europäischen Infrastrukturnetze gewährleistet werden muss.

4.3.4.2

Ferner ist sicherzustellen, dass die Empfänger von EU-Beihilfen die Umweltauflagen einhalten.

4.4

Die zweite Priorität, die für die Kohäsionspolitik festgelegt wurde, ist die Verbesserung von Innovation und Unternehmertum. Damit greift die Kommission unmittelbar die Prioritäten der Lissabon-Strategie in Bezug auf die Förderung eines Europas des Wissens auf.

4.4.1

Diese Priorität schließt in erster Linie die Erhöhung der Investitionsausgaben für Forschung ein.

4.4.1.1

Es ist einfach eine Tatsache, dass Europa insgesamt gegenüber seinen großen Technologiepartnern an Boden verliert. In den vergangenen Jahren wurden die Forschungsmittel der Mitgliedstaaten, die häufig um mehr als ein Drittel unter dem in der Lissabon-Strategie festgelegten Ziel von 3 % des BIP liegen, häufig begrenzt, ja sogar gekürzt statt aufgestockt. Die für das Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung bereitgestellten EU-Haushaltsmittel sind verglichen mit den Forschungsbudgets der Mitgliedstaaten gering und eine Koordinierungsfunktion gegenüber den einzelstaatlichen Programmen wird nur in unzureichendem Maße wahrgenommen. Darüber hinaus bestehen in den institutionellen Verfahren der Gemeinschaft nach wie vor ernsthafte Blockaden selbst auf höchster Ebene, die ein ganz schlechtes Signal darstellen. Das Scheitern des Gemeinschaftspatents, das sich nun schon dreißig Jahre hinzieht, ist kennzeichnend für die höchst besorgniserregende Unfähigkeit der Union, die Voraussetzungen für die Verwirklichung ihrer Ambitionen zu schaffen.

4.4.1.2

Daher sollte eine echte europäische Forschungspolitik auf den Weg gebracht werden, die sich durch eine hohe Glaubwürdigkeit auszeichnet. Dies würde im Rahmen einer dazu erforderlichen Umschichtung des Gemeinschaftshaushalts eine erhebliche Aufstockung der EU-Forschungsmittel voraussetzen, wobei in stärkerem Maße sicherzustellen wäre, dass die einzelstaatlichen Programme durch diese Mittel tatsächlich auch koordiniert werden. Eine weitere Voraussetzung wäre, dass in der Frage des Gemeinschaftspatents endlich ein Durchbruch erzielt wird, auf die Gefahr hin, dass es, wenn nach wie vor keine Einstimmigkeit erzielt werden kann, zunächst nicht in allen Mitgliedstaaten angewandt wird. Was wäre aus dem Euro, aus Schengen oder aus der europäischen Sozialpolitik geworden, wenn ihre Umsetzung ebenso von einer einstimmigen Entscheidung abhängig gemacht worden wäre?

4.4.2

Ein weiteres in der Mitteilung der Kommission hervorgehobenes Erfordernis ist die Förderung der Gründung und der Entwicklung von Unternehmen — insbesondere zur Abdeckung neuer technologischer Nischen — sowie ihrer europaweiten Vernetzung.

4.4.2.1

In diesem Zusammenhang ist zu bedauern, dass kleine Unternehmen immer noch nicht die Möglichkeit haben, sich für eine vereinfachte europäische Rechtsform zu entscheiden, die ihre grenzübergreifende Geschäftstätigkeit erleichtern würde.

4.4.2.2

Daher bekräftigt der EWSA die in seiner Initiativstellungnahme zum Thema „Ein europäisches Rechtsstatut für KMU“ (4) aufgestellte Forderung nach Vorlage einer solchen europäischen Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen durch die Kommission und nach ihrer raschen Annahme.

4.4.2.3

Darüber hinaus bedauert der EWSA, dass die Kommission im Herbst 2005 Vorschläge für ein europäisches Statut für Gegenseitigkeitsgesellschaften und europäische Verbände, das notwendiger denn je ist, zurückgezogen hat.

4.4.3

In der Mitteilung der Kommission wird ferner der Frage der Unternehmensfinanzierung große Bedeutung beigemessen und die Notwendigkeit betont, den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten insbesondere für innovative Unternehmen zu erleichtern.

4.4.3.1

Es sei darauf hingewiesen, dass die Strukturfonds in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nach wie vor nur in sehr begrenztem Maße in der Lage sind, den Zugang der Unternehmen zu Finanzierungsmöglichkeiten maßgeblich zu erleichtern, und in diesem Bereich nur eine untergeordnete Rolle spielen, auch wenn die begrenzte Unterstützung und die Kofinanzierung von Pilotprojekten in ganz gezielt ausgewählten und beispielhaften Bereichen nützlich sein können. Der EWSA stellt zu seiner Zufriedenheit fest, dass die Initiativen Jaspers und Jeremie gemeinsam von der Kommission, der Europäischen Investitionsbank, dem Europäischen Investitionsfonds und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auf den Weg gebracht wurden. Mit der Initiative Jaspers sollen die nationalen und regionalen Behörden in den unter dem Konvergenzziel förderfähigen Regionen bei der Vorbereitung auf die großen Infrastrukturprojekte unterstützt werden. Das Programm Jeremie zielt auf einen besseren Zugang der kleinen Unternehmen zu Finanzmitteln ab. Der EWSA wünscht, dass diese Initiativen auf lokaler Ebene wirklich operativ und verständlich gestaltet werden, so dass dieser neue Aktionsrahmen sich maximal auf die Wirtschaftsentwicklung und die Erhöhung der Wirtschaftsaktivität, also die Schaffung von Arbeitsplätzen, vor Ort auswirkt.

4.4.3.2

Um eine stärkere direkte Wirkung von Fondsinterventionen auf die Finanzierung von Unternehmen zu erzielen, müssten die Fonds in die Lage versetzt werden, auf breiterer Basis zu wirken, was die Vergabe von Bankkrediten, die Bereitstellung von Risikokapital, den Zugang zu Mikrokrediten und Bürgschaften für Kleinunternehmen betrifft. Dies würde eine Neufestlegung der den Fonds zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und insbesondere ihres Finanz-Engineering voraussetzen, das derzeit im Wesentlichen auf die Gewährung von Zuschüssen begrenzt ist. Nach dem Vorbild des Programms Jeremie, aber in wesentlich größerem Maßstab, würden diese Zuschüsse in Finanzprodukte umgewandelt werden: So könnten mit einem für die Bürgschaft für einen Risikokapitalkredit bereitgestellten Euro fünf bis zehn Euro Investitionen eines KMU finanziert werden, wodurch die Interventionen im Rahmen der europäischen Fonds einen Multiplikatoreffekt hätten. Die Empfehlungen des EWSA zu dieser zentralen Frage sind in Kapitel 5 dieser Stellungnahme dargelegt.

4.4.3.3

Es sei auch daran erinnert, dass die rasche und effektive Verwirklichung des europäischen Finanzbinnenmarktes in Verbindung mit einer wirksamen Wettbewerbspolitik und einer Festigung der Wirtschafts- und Währungsunion es ermöglichen würde, den Zugang von Unternehmen jeder Größenordnung zu Finanzierungsmöglichkeiten entscheidend zu verbessern. Darauf wird jedoch in der Mitteilung der Kommission kaum hingewiesen, obwohl die Verwirklichung dieses Ziels im Verlauf der nächsten Jahre eine der Hauptaufgaben der Kommission bleibt.

4.5

Die dritte Priorität der Kohäsionspolitik ist der Kommissionsmitteilung zufolge die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und die Verbesserung ihrer Qualität.

4.5.1

Für mehr Beschäftigung ist es in erster Linie erforderlich, das Wirtschaftswachstum zu beleben und in diesem Rahmen die Schaffung von Arbeitsplätzen zu erleichtern. Dieses Ziel setzt eine Wirtschaft mit größerer Angebots- und Nachfragedynamik und mit beschäftigungsfreundlicheren verwaltungstechnischen, steuerlichen und sozialen Bedingungen, die vor allem der Lage von Kleinunternehmen, Selbstständigen und Handwerkern entsprechen, sowie die Förderung der beruflichen Qualifikationen voraus. Wie bereits erwähnt, sind die direkten Einflussmöglichkeiten der Strukturfonds in diesen Bereichen begrenzt, aber sie können Einzelmaßnahmen und Pilotprojekte sinnvoll unterstützen sowie vorbildliche Verfahrensweisen fördern.

4.5.2

Ferner sollten, wie die Kommission betont, Korrekturen am Arbeitsmarkt erfolgen. Die Strukturfonds sollten insbesondere auf ein besseres Funktionieren des Binnenmarktes in diesem Bereich ausgerichtet sein. Hierfür gilt es, die Mobilität, einschließlich der Übertragbarkeit von Rentenansprüchen, zu fördern, die Hindernisse auf dem europäischen Arbeitsmarkt unter Respektierung der in Gesetzen und Tarifvereinbarungen festgelegten sozialen Bedingungen zu beseitigen, vor allem im Dienstleistungssektor (5), in dem mehr als zwei Drittel der neuen Arbeitsplätze entstehen.

4.5.3

Außerdem betont die Kommission richtigerweise die Notwendigkeit, Verbesserungen auf dem Gebiet der Berufsbildung zu erzielen. Allerdings ist der EWSA sehr darüber besorgt, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Haushaltsmittel für das lebenslange Lernen bei der Haushaltsplanung im Dezember 2005 um die Hälfte gekürzt wurden. Der EWSA fordert ihre Aufstockung auf ein Niveau, das den im Rahmen der Lissabon-Strategie eingegangenen Verpflichtungen entspricht. In diesem Bereich werden in Zukunft neue Kompetenzen erforderlich sein, die mehr Verantwortung und Eigeninitiative umfassen. Insofern sollte bei den künftigen Programmen die Berücksichtigung der regionalen Prioritäten möglich sein. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die Finanzierungen über den Europäischen Sozialfonds so weit wie möglich den Bedürfnissen der Regionen angepasst werden und nicht allein der Kofinanzierung der nationalen Politik vorbehalten sind.

4.5.3.1

Ganz allgemein unterstreicht der EWSA, dass alles dafür getan werden sollte, die Komplementarität und Wirksamkeit der Maßnahmen zu fördern und die öffentlichen und privaten Akteure im Rahmen einer nachhaltigen Partnerschaft für regionale Strategien zu mobilisieren, die sich auf folgende Schwerpunkte stützen: Förderung des Zugangs aller zur Innovation und zum lebenslangen Lernen, Verbesserung der Verwaltung und Entwicklung der Humanressourcen in allen Unternehmen, Erhöhung der Beschäftigungsquote von Frauen, Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte bis zum Rentenalter, bessere Abstimmung zwischen den Anforderungen der Wirtschaft und der Beratungs- und Bildungspolitik, Förderung der Berufs- und der Lehrlingsausbildung auf allen Ebenen, insbesondere in Berufen mit Einstellungsschwierigkeiten, Privilegierung von Ausbildungen über die eine wachsende Gruppe von Ausgegrenzten durch eine Erwerbstätigkeit de facto integriert wird.

4.5.3.2

Über die Strukturfonds sollten auch vorrangig Bildungsprogramme auf EU-Ebene kofinanziert werden, entsprechend den erfolgreichen Programmen Erasmus und Leonardo. Diese Programme sollten künftig ausgebaut werden, um zwei bis drei Mal so viele junge Europäer unterstützen zu können.

4.5.4

Besondere Erwähnung sollte darüber hinaus die Bevölkerungsalterung finden, die im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und mit den Sozialsystemen eine spezielle Anpassung der verschiedenen oben erwähnten Aspekte erfordert (siehe verwaltungstechnische, steuerliche und soziale Aspekte, Angebote für Kinder, darunter Betreuung zu erschwinglichen Preisen, Arbeitsmarkt, Bildung und Humanressourcen).

4.6

Ergänzt werden diese drei Prioritäten der strategischen Leitlinien durch eine Querschnittsanforderung als eine Art vierte Priorität, die die Berücksichtigung der territorialen Dimension der Kohäsionspolitik betrifft.

4.6.1

In der Mitteilung wird auf den Beitrag der Städte zu Wachstum und Beschäftigung verwiesen (bessere wirtschaftliche, soziale und ökologische Kontrolle der Stadtentwicklung) und darüber hinaus die wirtschaftliche Diversifizierung des ländlichen Raums befürwortet (Sicherung der Leistungen der Daseinsvorsorge, Ausbau der Netze, Förderung von Entwicklungszentren). Die Wechselwirkungen zwischen diesen Anforderungen und den drei Prioritäten der strategischen Leitlinien hätten genauer dargelegt werden sollen.

4.6.2

Ferner wird in der Mitteilung auf die Notwendigkeit der territorialen Zusammenarbeit auf drei Ebenen verwiesen:

4.6.2.1

grenzübergreifende Zusammenarbeit, vor allem zur Entwicklung des gegenseitigen Austauschs und zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Integration;

4.6.2.2

transnationale Zusammenarbeit zur Verstärkung mitgliedstaatenübergreifender Maßnahmen in strategisch wichtigen Bereichen (Verkehr, Forschung, soziale Eingliederung);

4.6.2.3

interregionale Zusammenarbeit, insbesondere zur Förderung der Verbreitung vorbildlicher Verfahrensweisen in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt.

4.6.3

Der EWSA bedauert allerdings, dass dieser Verweis auf die Notwendigkeit der territorialen Zusammenarbeit nur als ergänzender wenn nicht gar nebensächlicher Aspekt der Prioritäten der strategischen Leitlinien erscheint anstatt ausdrücklicher Bestandteil zu sein.

4.7

Insgesamt wirft die Prüfung der drei Prioritäten der strategischen Leitlinien, die durch die territoriale Dimension ergänzt werden, mehrere wichtige Fragen auf:

4.7.1

Erstens sind die Prioritäten der strategischen Leitlinien zu unpräzise, um einen wirklichen „strategischen“ Interventions- und Handlungsrahmen für die Kohäsionspolitik darzustellen. Sie sind eher ein Verweis auf vorbildliche Verfahrensweisen, die es durch verschiedene Maßnahmen zu fördern gilt.

4.7.2

Vor allem die Zusammenhänge zwischen den Prioritäten der strategischen Leitlinien und den drei Interventionszielen der Fonds sind nicht genau festgelegt. Das ist ein erheblicher Nachteil: Während die strategischen Leitlinien eigentlich den Rahmen für die Interventionen der Fonds bilden sollten, haben sie in Wirklichkeit nur eine flankierende Funktion. So erscheinen sie eher als Begleit- und Durchführungsanweisungen denn als die Leitlinien, die sie sein sollten.

4.7.3

Damit die strategischen Leitlinien diesen Namen verdienen und ihrer Rolle wirksamer entsprechen können, müssten ihre prioritären Ziele in den nachstehend genannten Bereichen genauer herausgearbeitet werden:

4.7.3.1

dem „zusätzlichen Nutzen“ der Kohäsionspolitik gegenüber der Politik auf nationaler und kommunaler Ebene;

4.7.3.2

der „räumlichen Konzentration“ auf die europäischen Entwicklungsschwerpunkte und -achsen, um eine allgemeine Sogwirkung zu erzielen;

4.7.3.3

dem „Leitrahmen“ für die Interventionen der europäischen Fonds, der sicherstellt, dass die strategischen Leitlinien einen effizienten und kohärenten Rahmen bilden und nicht nur einfach flankierende Bestimmungen darstellen.

5.   Anmerkungen zu den Mitteln der Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013

5.1

Die Kommission verweist insbesondere auf die Rolle der Strukturfonds (Regionalfonds und Sozialfonds) sowie des Kohäsionsfonds bei der Unterstützung der Kohäsionspolitik. Sie erklärt, dass die Strukturfondsinterventionen im Rahmen der oben genannten strategischen Ziele es ermöglichen müssen, das Wachstum zu stimulieren, die Möglichkeiten des Binnenmarktes besser zu nutzen, eine stärkere Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, die regionale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken sowie eine bessere Integration des Gebiets der Union in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht zu bewirken.

5.2

Zunächst ist festzustellen, dass die Europäische Union mit einer immer größeren Kluft zwischen der begrenzten Ausstattung mit Fondsmitteln und dem Ausmaß des Bedarfs konfrontiert sein wird (Entwicklungsgefälle zwischen den Mitgliedstaaten, Verzögerungen beim Ausbau der Infrastrukturanlagen, bei der Verwirklichung des Binnenmarktes, bei der Wettbewerbsfähigkeit sowie bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie). Eine interne Neufestsetzung der Prioritäten des Gemeinschaftshaushalts ist erforderlich, einschließlich der Weiterführung der laufenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Dadurch wird der Spielraum für eine Aufstockung der Strukturfondsmittel jedoch nur geringfügig erweitert, da der Umfang des Gemeinschaftshaushalts insgesamt sehr begrenzt bleiben wird. Jedenfalls scheinen dem EWSA die 0,36 % (308 Mrd. EUR bei einem Haushalt von 862 Mrd. EUR, vorbehaltlich des am 4. April 2006 vereinbarten Nachtragshaushalts von 4 Mrd. EUR, der noch von Parlament und Rat ratifiziert werden muss), die bei einer Obergrenze des Gemeinschaftshaushalts von 1,045 % des BIP auf die Kohäsionspolitik entfallen würden, an sich nicht auszureichen, damit die EU ihre Kohäsionsziele für den Zeitraum 2007-2013 erreichen kann.

5.3

Daher sollte folgenden Aspekten größte Aufmerksamkeit gewidmet werden:

5.3.1

einerseits den Modalitäten für den Einsatz der Strukturfonds, die eine stärkere Hebelwirkung auf die Investitionen haben müssen; dafür ist es erforderlich, dass in diesem Bereich innovativer vorgegangen wird als in der Vergangenheit;

5.3.2

andererseits der tatsächlichen Konzentration der Fondsinterventionen, die eine in stärkerem Maße strukturierende Wirkung vor allem auf transnationaler und grenzübergreifender Ebene haben muss.

5.4

Was die Modalitäten für den Einsatz der Fonds betrifft, so sind folgende Punkte besonders hervorzuheben:

5.4.1

Zunächst sei daran erinnert, dass Strukturfondsinterventionen lediglich flankierende Maßnahmen zur Kohäsionspolitik der EU sein können. Sie sind weder als ausschließliches noch als vorherrschendes Instrument dieser Politik geeignet. Strukturfondsinterventionen müssen im Wesentlichen darauf abzielen, im Dienste der gemeinsamen Leitlinien die Mobilisierung der auf den Märkten verfügbaren Gelder und eine stärkere Konvergenz bei der Verwendung der nationalen und regionalen Haushaltsmittel zu fördern. Es geht also vor allem darum, eine Hebelwirkung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang müssen die Strukturinstrumente der Union als zentrales Mittel der europäischen Raumordnung fungieren und zugleich die laufende Gemeinschaftspolitik sowie den derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Wandel flankieren.

5.4.2

Zu diesem Zweck sollte bei der Verwendung von Mitteln des EU-Haushalts und der Europäischen Investitionsbank eine flexiblere und innovativere Konzeption des Finanz-Engineering zugrunde gelegt werden. Wie die Kommission richtigerweise anerkennt, sollten die Fonds nicht auf die Gewährung von Zuschüssen beschränkt bleiben, sondern weitere Instrumente wie Kredite, Kreditbürgschaften, wandelbare Instrumente, Investitionskapital und Risikokapital unterstützen. Der EWSA stimmt diesen Erwägungen nicht nur zu, sondern fordert darüber hinaus, alle entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen und eine wirkliche Reform der Modalitäten für finanzielle Interventionen der Union auf den Weg zu bringen.

5.4.2.1

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass die Wirksamkeit der Gemeinschaftsinterventionen erheblich gesteigert werden könnte und sie sich besser auf öffentliche und private Investitionen abstimmen ließen, wenn solche alternativen Interventionsmöglichkeiten der Strukturfonds in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Investitionsfonds und der Europäischen Investitionsbank entwickelt würden. Sie würden vor allem zu einer öffentlich-privaten Finanzierung von Investitionen, insbesondere bei KMU beitragen, die von den herkömmlichen Finanzpartnern als zu riskant eingestuft werden und für die künftig infolge des Basel-II-Übereinkommens wahrscheinlich noch schärfere Kreditvergabebedingungen gelten. Sie würden ein wirksames Mittel darstellen, die Beschränkungen des EU-Haushalts auszugleichen. Denn ein als Zuschuss verwendeter Euro wäre häufig sinnvoller als Bürgschaft für fünf bis zehn Euro Kredit eingesetzt worden. Dadurch wäre es insbesondere möglich, die Zahl der Begünstigten zu erhöhen und diese gleichzeitig stärker in die Pflicht zu nehmen, als dies bei nicht rückzahlbaren Zuschüssen der Fall ist.

5.4.2.2

Diese neuen Interventionsmöglichkeiten sollten möglichst nah vor Ort umgesetzt werden, um eine maximale Hebelwirkung auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu gewährleisten. Durch eine bessere Koordinierung der Strukturfondsinterventionen mit den Maßnahmen anderer Finanzinstitutionen, die bereits im Bereich der europäischen Entwicklung tätig sind, wie zum Beispiel die EBWE, könnten noch weitere Ressourcen mobilisiert werden. Ein vorrangiger Interventionsbereich sollte — unter transparenten und offenen Wettbewerbsbedingungen — die viel umfassendere und aktivere Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften auf EU-Ebene sein, vor allem wenn es um die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte geht, die sowohl für die durchgängige Kohäsion als auch für die Wettbewerbsfähigkeit Europas insgesamt unabdingbar sind. Wie weiter oben festgestellt (6), müssten die Haushaltsmittel für die transeuropäischen Netze auf jeden Fall erheblich aufgestockt werden, da die öffentlich-privaten Partnerschaften für die europäische Infrastruktur ohne eine ausreichende Grundlage an Gemeinschaftsmitteln nicht erfolgreich sein können.

5.4.2.3

Eine solche Reform bei den Interventionsmodalitäten der Gemeinschaftsfonds würde eine Erhöhung der Kreditkapazität der Europäischen Union voraussetzen. Darüber hinaus würde sie, abgesehen von einer intensiveren Koordinierung mit der EIB und anderen Finanzinstitutionen, den Aufbau einer wirklichen Partnerschaft mit dem europäischen Banken- und Finanznetz erfordern. Zugleich müssten Beihilfen auf der Ebene der Mitgliedstaaten und der Direktbegünstigten in stärkerem Maße an Auflagen geknüpft werden. Schließlich sollte die Reform der europäischen Fonds für 2007-2013 in diesem Sinne ergänzt werden, um die neuen Finanz-Engineering-Systeme voll einsatzfähig zu machen. Deshalb fordert der EWSA, dass die Europäische Kommission in diesen drei Bereichen neue Vorschläge unterbreitet.

5.4.3

Darüber hinaus ist zu bedauern, dass die eigentliche Verwaltung der Strukturfonds in den letzten Jahren zu undurchsichtig und zu sehr von bilateralen Beziehungen zwischen Gemeinschaftsbehörden und nationalen Behörden beherrscht war, wobei weder eine wirksame Gesamtkoordinierung noch eine ausreichende Kontrolle und Überwachung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung erkennbar waren. Der Europäische Rechnungshof hat diese Situation zwar häufig beklagt, aber die daraufhin vorgenommenen, punktuellen Anpassungen waren zu begrenzt. Der allgemeine Grundsatz von mehr Transparenz bei der Gestaltung, Annahme und Umsetzung der Gemeinschaftspolitik wurde noch nicht auf das Funktionieren und die Verwaltung der Fonds ausgedehnt, wie dies eigentlich hätte geschehen müssen. Die strategischen Leitlinien für die Kohäsionspolitik sollten künftig die Basis für einen klaren Kurswechsel in diesem Sinne darstellen.

5.4.4

Was die für dieses bessere Management der EU-Beihilfen erforderlichen Innovationen betrifft, so sei auf die Notwendigkeit einer systematischeren Überprüfung der Vereinbarkeit der Gemeinschaftsbeihilfen mit den Wettbewerbsregeln hingewiesen. In der Vergangenheit haben einige Fondsinterventionen, die nicht in ausreichendem Maße überprüft wurden, unter dem Deckmantel der Verringerung regionaler Unterschiede zu schwerwiegenden und nachteiligen Verstößen gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs geführt, obwohl es durchaus möglich ist, diese zwei Ziele miteinander in Einklang zu bringen. Bei EU-Beihilfen handelt es sich um öffentliche Beihilfen, die mit staatlichen Beihilfen vergleichbar sind und ebenso wie diese kontrolliert werden müssen. Dieser Grundsatz entspricht auch der Notwendigkeit einer besseren gegenseitigen Verknüpfung der EU-Beihilfen und der nationalen und regionalen Beihilfen. Daher sollte der Jahresbericht der Kommission über die Wettbewerbspolitik künftig ein Kapitel über die Bedingungen der Kontrolle der Gemeinschaftsbeihilfen gemäß der EU-Wettbewerbspolitik enthalten. Diese vom EWSA bereits früher ausgesprochene Empfehlung ist bislang ohne Ergebnis geblieben.

5.5

Was die Konzentration der Interventionen betrifft, so sollte die Kommission sicherstellen, dass die Interventionen der Europäischen Strukturfonds ausgehend von einer stärker europäisch ausgerichteten Dimension der EU-Raumordnung — über die punktuellen, durch die Pläne für Gemeinschaftsinterventionen eingeleiteten Fortschritte hinaus — gezielter eingesetzt werden, was derzeit bei weitem noch nicht der Fall ist.

5.5.1

Bislang wurde beim Einsatz der Strukturfonds trotz der rechtlichen und wirtschaftlichen Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes, dem nunmehr 25 Mitgliedstaaten angehören, de facto kaum versucht, einer transnationalen Dimension den Vorrang einzuräumen. Die Strukturfonds wurden von der Kommission hauptsächlich auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten vorgelegten nationalen Prioritäten verwaltet, ohne direkten Bezug zu den neuen Kooperationserfordernissen, die sich aus der Beseitigung der physischen, technischen und steuerlichen Handelshemmnisse ergeben, während sich die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede vergrößert haben, was eine Verstärkung der transnationalen Beziehungen und Netze erfordert hätte.

5.5.2

Hier sollte durch die Festlegung klarerer Prioritäten für die Interventionen Abhilfe geschaffen werden, um die „Nahtstellen“ zwischen den Mitgliedstaaten auf transnationaler, transregionaler und grenzübergreifender Ebene zu verstärken. Die stichhaltigen Feststellungen der Kommission zu diesen Aspekten sollten neu bewertet, weiterentwickelt und direkt in die Interventionsprioritäten der Fonds einbezogen werden, statt diese nur zusätzlich zu ergänzen.

6.   Anmerkungen zur Integration in die nationalen und regionalen Politiken

6.1

Die Integration der Kohäsionspolitik in die nationale und regionale Politik ist ein zentrales Erfordernis, auf das die Kommission zutreffend verweist. Der Ausschuss betont die Notwendigkeit, in zwei Bereichen Fortschritte zu erzielen:

6.2

Erstens sollte sichergestellt werden, dass die Gemeinschaftsbeihilfen tatsächlich dafür verwendet werden, die optimale Umsetzung der Leitlinien, Beschlüsse und Verpflichtungen der EU in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu unterstützen. Es sei insbesondere verwiesen auf:

6.2.1

die richtige und fristgemäße Umsetzung der EU-Richtlinien;

6.2.2

die Verstärkung der Verwaltungszusammenarbeit auf EU-Ebene, insbesondere mit Blick auf ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes;

6.2.3

eine bessere Anwendung beider Bestandteile des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der statt die Länder lediglich von übermäßigen Defiziten abzuhalten, den Weg zu einer gemeinsamen Wirtschaftsführung eröffnen sollte.

6.3

Zweitens sollte sichergestellt werden, dass die Gemeinschaftsbeihilfen dazu beitragen, die Kohärenz zwischen europäischer und einzelstaatlicher Politik zu stärken, vor allem damit die Lissabon-Strategie wirksamer umgesetzt werden kann. Es sei insbesondere verwiesen auf:

6.3.1

flankierende Maßnahmen zu Strukturreformen in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Verwaltung;

6.3.2

die Vereinfachung des Regelungsrahmens und die Weiterentwicklung der europäischen Ansätze zur Selbstverwaltung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure, die Unterstützung verdient (7);

6.3.3

die rasche Vollendung des Europäischen Finanzraums zur Optimierung der Vorteile des Euro;

6.3.4

die Angleichung der Steuersysteme auf investitions- und innovationsfreundlicher Basis, um einen geeigneteren Rahmen für den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Systemen der Mitgliedstaaten zu schaffen.

6.4

Damit die erforderliche Flexibilität bei der Festlegung der Inhalte künftiger Programme gewahrt bleibt, muss möglichst vermieden werden, dass dem von der EU festgelegten Rahmen zusätzliche nationale oder regionale Kriterien hinzugefügt werden. Ebenso sollte die Einführung von Verfahren, bei denen die Zuweisung von Mitteln von vornherein für sieben Jahre erfolgt, vermieden werden. Deshalb sollte die Möglichkeit bestehen, die Programme im Verlauf ihrer Umsetzung ohne weiteres anzupassen.

6.5

Der EWSA wünscht zudem, dass die Gemeinschaftsbeihilfen zur Förderung eines europäischen Ansatzes für die Industriepolitik beitragen, der die Koordinierung der Arbeit der Behörden und der Akteure der organisierten Zivilgesellschaft auf den verschiedenen Ebenen (europäischer, nationaler und regionaler Ebene) ermöglicht (8).

6.6

Schließlich begrüßt der EWSA, dass sich der Europäische Rat im Dezember 2005 grundsätzlich mit der Einrichtung eines Fonds zur Anpassung an die Globalisierung einverstanden erklärt hat, „der zusätzliche Unterstützung für Arbeitnehmer, die aufgrund größerer Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge arbeitslos geworden sind, bereitstellen und sie bei Umschulung und Stellensuche unterstützen soll“. Die Staats- und Regierungschefs haben den Rat aufgefordert, die Kriterien für die Förderfähigkeit im Rahmen dieses Fonds festzulegen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die branchenübergreifenden oder auch sektoralen europäischen Sozialpartner dabei eingebunden werden könnten.

7.   Anmerkungen zur Beteiligung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure

7.1

Die Beteiligung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure an der Kohäsionspolitik stellt eine nachdrückliche Forderung dar. Der EWSA hatte bereits in seiner Stellungnahme von 2003 zum Thema „Partnerschaft bei der Durchführung der Strukturfonds“ (9) eine stärkere Beteiligung dieser Akteure gefordert. Die Kommission erkennt diese Notwendigkeit an und betont, dass sich die Akteure vor Ort die Kohäsionspolitik so stärker zu Eigen machen. Sie unterbreitet jedoch keine Vorschläge für die Gestaltung der entsprechenden Modalitäten und ihre Einbeziehung in die strategischen Leitlinien für die Kohäsion.

7.2

Daher schlägt der EWSA vor, die strategischen Leitlinien der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 durch eine entsprechende Rahmenregelung für die Beteiligung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure zu ergänzen. Ebenso wie die Bestimmungen des Abkommens von Cotonou zugunsten der nicht staatlichen Akteure in den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifikraums, die ausdrücklich angehört und in die Verwaltung der EU-Beihilfen eingebunden werden, sollte diese Rahmenregelung als vollwertiger Bestandteil in die strategischen Leitlinien aufgenommen werden und für die Mitgliedstaaten verbindlich sein.

7.3

Die Rahmenregelung sollte die nachstehend genannten Ziele umfassen:

7.3.1

Einbeziehung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure sowie der Sozialpartner in die Festlegung der Grundzüge auf EU-Ebene (insbesondere des allgemeinen Strategiepapiers) und ihrer dezentralen Umsetzung auf nationaler Ebene (insbesondere der von den Mitgliedstaaten festgelegten einzelstaatlichen strategischen Rahmenpläne) sowie auf regionaler und lokaler Ebene;

7.3.2

Vertiefung dieses Dialogs in den verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bereichen im Interesse einer effizienten, partizipativen und nachhaltigen Entwicklung;

7.3.3

direkte Einbeziehung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure in die Bemühungen um die Verbesserung der Beschäftigungslage, vor allem durch die Vertragspolitik der Sozialpartner, insbesondere um die Modernisierung der Systeme der beruflichen Bildung und die bessere Anpassung des Arbeitsmarktes voranzutreiben;

7.3.4

Ermutigung der Akteure der Zivilgesellschaft zu einer besseren Nutzung des Binnenmarktes durch den Ausbau der transeuropäischen Produktions-, Handels- und Infrastrukturnetze und durch die Einführung von Selbst- und Koregulierung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure, die zur Vollendung des Binnenmarktes beitragen;

7.3.5

Festlegung effizienter Modelle für öffentlich-private Partnerschaften gemeinsam mit den wirtschaftlichen und sozialen Akteuren, unter Einbeziehung entsprechend angepasster Formen von Konzessionen, Anreizen, Garantien und der Vergabe von Unteraufträgen;

7.3.6

Entwicklung zusätzlicher Programme im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften auf dieser Grundlage, vor allem von Infrastrukturprogrammen und Programmen zur Finanzierung von KMU auf lokaler Ebene;

7.3.7

Ermutigung der wirtschaftlichen und sozialen Akteure zur Intensivierung der Kooperationsinitiativen auf EU-Ebene in den Bereichen Forschung und technologische Innovation;

7.3.8

Unterstützung innovativer Ansätze der wirtschaftlichen und sozialen Akteure, die zu den Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

7.4

Ein solcher Dialog muss im Interesse seiner Wirksamkeit sowohl in Brüssel als auch in den verschiedenen Mitgliedstaaten und in den Regionen besser organisiert und strukturiert sein. So sollte der Rahmen hierfür folgende Bestimmungen enthalten:

7.4.1

Der Dialog muss auf einschlägigen, von den Behörden der Mitgliedstaaten reibungslos übermittelten Informationen zu den strategischen Leitlinien und den Modalitäten für ihre Umsetzung basieren.

7.4.2

Die Konsultationen müssen in einem entsprechend frühen Stadium stattfinden, damit die wirtschaftlichen und sozialen Akteure an der Folgenabschätzung mitwirken können.

7.4.3

Die wirtschaftlichen und sozialen Akteure müssen über die Folgemaßnahmen im Anschluss an die Konsultationen und die von ihnen unterbreiteten Vorschläge in Kenntnis gesetzt werden.

7.4.4

Den offiziellen Programmplanungs- bzw. Überprüfungsdokumenten ist ein Überblick über die Bedingungen der Konsultation der wirtschaftlichen und sozialen Akteure beizufügen.

7.4.5

Bei grenzübergreifenden bzw. interregionalen Programmen müssen gemeinsame Konsultationen und Partnerschaften von wirtschaftlichen und sozialen Akteuren gefördert werden, die ebenfalls grenzübergreifend bzw. interregional angelegt sind.

7.4.6

Ermutigung zu Initiativen für einen grenzübergreifenden und interregionalen sozialen Dialog, insbesondere durch die konkrete Gestaltung des optionalen Rahmens für transnationale Tarifverhandlungen, wie er in der Sozialpolitischen Agenda für den Zeitraum 2005-2010 angekündigt wurde.

7.5

Darüber hinaus bekräftigt der EWSA seine Unterstützung für den Kommissionsvorschlag, 2 % der Mittel des Europäischen Sozialfonds für den Ausbau der Kapazitäten der Sozialpartner und der von ihnen gemeinsam durchgeführten Aktivitäten bereitzustellen.

7.6

Der EWSA hat mit ausdrücklicher Unterstützung des Europäischen Rates vom März 2005 vereinbart, ein europäisches Informations- und Unterstützungsnetz für die Initiativen der zivilgesellschaftlichen Akteure aufzubauen, die sich an der Umsetzung der Lissabon-Strategie beteiligen. Die Initiativen, die die betreffenden Akteure im Interesse einer größeren Wirksamkeit der europäischen Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 auf den Weg bringen, sollen vollständig in dieses Netz aufgenommen werden.

Brüssel, den 21. April 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Stellungnahme des EWSA zu den „Fonds (allgemeine Bestimmungen)“, dem „Kohäsionsfonds“ und dem „Fonds für regionale Entwicklung“, ABl. C 255 vom 14.10.2005, S. 79, 88 und 91.

(2)  Stellungnahme des EWSA, ABl. C 255 vom 14.10.2005, S. 76.

(3)  Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen. Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union 2007-2013“, ABl. C 74 vom 23.3.2005, S. 32.

(4)  ABl. C 125 vom 27.5.2002, S. 100.

(5)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt“, ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 113.

(6)  Siehe Ziffer 4.3.3.

(7)  Informationsbericht der Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch zum Thema „Aktueller Stand der Koregulierung und der Selbstregulierung im Binnenmarkt“.

(8)  Siehe Stellungnahme des EWSA zum Thema „Moderne Industriepolitik“ (INT/288) (ABl. C 110 vom 9.5.2006).

(9)  ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 21.


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