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Document 52005AE1491

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz (KOM(2005) 137 endg.)

OJ C 65, 17.3.2006, p. 41–45 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

17.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 65/41


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz“

(KOM(2005) 137 endg.)

(2006/C 65/08)

Die Kommission beschloss am 3. Juni 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 9. November 2005 an. Berichterstatterin war Frau SÁNCHEZ MIGUEL.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 422. Plenartagung am 14./15. Dezember 2005 (Sitzung vom 14. Dezember) mit 133 Stimmen bei 1 Gegenstimmen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Auf dem Hoheitsgebiet der Union ereignen sich wie überall auf der Welt immer häufiger Katastrophen. Ein Teil dieser Katastrophenfälle hat natürliche Ursachen wie Überschwemmungen, Erdbeben, Brände, Dürreperioden, Hurrikane usw., andere sind die Folge terroristischer Anschläge, die unschuldige Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Man kann die Meinung vertreten, menschliches Handeln sei in beiden Fällen mehr oder weniger der Auslöser, auch wenn der Schaden nicht in gleichem Maße auf Vorsatz zurückzuführen ist. Die EU hat sich angesichts des Klimawandels zur Umsetzung von Präventivmaßnahmen verpflichtet, und zwar nicht nur aufgrund der im Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungen, sondern auch durch eine Vielzahl von Bestimmungen mit Auswirkungen auf die Maßnahmen zum Schutz des Bodens, des Wassers und der Luft. Aus diesen Bemühungen lassen sich Präventivwirkungen ableiten, und sie können dazu dienen, den Zustand des Unionsgebiets, unsere Meere und unsere Atmosphäre zu erhalten bzw. wiederherzustellen sowie gleichzeitig dazu beitragen, dass sich diese Anstrengungen weltweit allgemein durchsetzen. Zudem sind im Zuge der Terrorismusbekämpfung (1) sowohl im polizeilichen als auch im justiziellen Bereich zahlreiche Koordinierungsinstrumente geschaffen worden, durch die die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden konnte.

1.2

Dennoch musste die EU für den Fall wie auch immer gearteter Katastrophenfälle auf dem Unionsgebiet ein Gemeinschaftssystem für die Hilfeleistung einrichten. Hierbei handelt es sich um nichts anderes als den Katastrophenschutz, der die Mobilisierung lebenswichtiger Hilfe zur Deckung des unmittelbaren Bedarfs in Katastrophengebieten unterstützt und erleichtert, wobei sich diese Hilfe auch auf Gebiete außerhalb der Union erstreckt. Ziel der Kommissionsvorlage ist die Verbesserung des 2001 geschaffenen Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz (2) sowie die Ergänzung des Aktionsprogramms für den Katastrophenschutz (3) durch den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle (4).

1.3

Zudem muss definiert werden, was unter Katastrophenschutz zu verstehen ist, da sich dieser Begriff häufig mit dem der humanitären Hilfe überschneidet. Im Hinblick darauf werden die beiden Bezeichnungen in der Kommissionsmitteilung inhaltlich genau voneinander abgegrenzt, zumal beide Hilfsformen demselben Zweck dienen, nämlich „der Rettung von Menschenleben und der Linderung der Auswirkungen der Katastrophe in den ersten Tagen“. So werden die Unterschiede aufgezeigt: zunächst kann Katastrophenhilfe nicht nur zur Linderung der Auswirkungen von Katastrophen für die Menschen eingesetzt werden, sondern auch zur Linderung der Umweltauswirkungen; zweitens werden die Einsatzmittel und -teams für die Katastrophenhilfe von den Mitgliedstaaten gestellt und nicht von humanitären Organisationen oder NRO; drittens kann Katastrophenhilfe sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU geleistet werden, obschon bei Einsätzen in Drittstaaten unterschiedliche Verfahren zur Anwendung kommen (5).

1.4

Der besondere Zweck des Verfahrens besteht darin, auf Gemeinschaftsebene und stets auf Ersuchen des Mitgliedstaats, in dem sich die Katastrophe ereignet hat, Maßnahmen einzuleiten. Es sei jedoch angemerkt, dass sich der Aufgabenbereich auch auf die internationale Ebene erstreckt, und zwar in Abstimmung mit anderen international tätigen Organisationen — insbesondere dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), mit dem einige gemeinsame operative Verfahren bestehen — sowie gestützt auf die Tätigkeit des Roten Kreuzes und der vor Ort operierenden NRO.

1.5

Veranlasst durch die Stellungnahmen der Union zu den Katastrophenfällen, die leider nicht abzureißen scheinen, hat der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen auf seiner außerordentlichen Tagung am 7. Januar 2005 vorgeschlagen, das Gemeinschaftsverfahren zu verbessern und ein Schnellreaktionssystem im Bereich der Katastrophenhilfe aufzubauen. Wenige Tage später, am 13. Januar 2005, verabschiedet das Europäische Parlament eine „Entschließung des Europäischen Parlaments zu der jüngsten Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean“, in der dazu aufgerufen wird, personelle und materielle Ressourcen sowie Schulungskapazitäten zu schaffen, auf die in Katastrophenfällen aller Art zurückgegriffen werden kann.

1.6

Den derzeitigen Regelungsrahmen für das Handeln im Bereich des Katastrophenschutzes bilden die beiden erwähnten Instrumente, das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz und das Aktionsprogramm für den Katastrophenschutz. Ersteres ist Gegenstand der Kommissionsmitteilung, zu der der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hiermit Stellung nimmt. Die operative Zentrale des Gemeinschaftsverfahrens ist das rund um die Uhr besetzte Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) bei der Europäischen Kommission. Unterstützt wird das Verfahren durch eine Datenbank mit Angaben zu den in jedem einzelnen Mitgliedstaat verfügbaren Ressourcen für die Katastrophenhilfe sowie durch Informationen aus der Militärdatenbank.

2.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsdokuments

2.1

Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz. Die jüngsten Ereignisse haben verdeutlicht, dass eine Verbesserung des Katastrophenschutzverfahrens sowie eine bessere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und mit sonstigen an der Katastrophenhilfe beteiligten Organen vonnöten ist. Die Kommission schlägt im Hinblick auf eine solche Verbesserung vier Maßnahmen vor:

2.1.1

Bessere Vorsorge durch die Schulung der Hilfsteams sowie die Durchführung von Vorbereitungsübungen, die in erster Linie zur Evaluierung der derzeit vorhandenen Katastrophenschutzressourcen dienen sollen; zweitens Erstellung eines modularen Konzepts, in dessen Rahmen rasch einsetzbare Module benannt werden sollen, sowie schließlich die Durchführung von Schulungskursen und gemeinsamen Übungen, die zur Verstärkung der Interoperabilität und zur Entwicklung einer gemeinsamen Einsatzkultur beitragen sollen.

2.1.2

Bedarfsanalyse und -evaluierung durch ein Warnsystem, das die Kapazitäten des Beobachtungs- und Informationszentrums nutzt und alle Informationen bündelt, sodass das Zentrum in Abstimmung mit sonstigen Organen, insbesondere mit den Vereinten Nationen, aktiv werden kann. Durch die Stärkung der Bedarfsermittlung vor Ort kann der spezifische Bedarf für jeden einzelnen Katastrophenfall ermittelt werden, was eine effektivere Hilfe ermöglicht. Es wird vorgeschlagen, den Personenkreis, aus dem sich das MIC zusammensetzt, zu erweitern und die Evaluierungsmethoden und -standards zu überprüfen.

2.1.3

Stärkere Koordinierung. Dies ist einer der Bereiche, in denen besonders umfangreiche Verbesserungsvorschläge unterbreitet werden. Es geht darum, die Beiträge der Mitgliedstaaten besser aufeinander abzustimmen, damit eine koordinierte europäische Katastrophenhilfe sowie eine bessere Ergänzung und Koordinierung mit den Vereinten Nationen, mit weiteren im Bereich der humanitären Hilfe tätigen Organisationen sowie mit militärischen Stellen erreicht werden kann. Diese Koordinierung soll die operative Planungskapazität vor Ort, einschließlich der verschiedenen Kommissionsdienststellen, erhöhen.

2.1.4

Verbesserte Hilfe für die Bürger. Wie die Erfahrungen mit der Tsunami-Katastrophe gezeigt haben, kann der Schutz der EU-Bürger durch die Zusammenarbeit zwischen den Katastrophenschutzstellen und den Konsularbehörden der betroffenen Länder erreicht werden. Folglich muss die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Ländern, in denen sich die Katastrophe ereignet hat, vertieft werden.

2.2

Die von der Kommission vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen müssen von einem Ausbau der Katastrophenschutzressourcen begleitet werden. Daher hat der Rat um Unterbreitung von Vorschlägen zur Stärkung der derzeitigen Ressourcen gebeten. In dem EU-Aktionsplan vom 31. Januar 2005 wurden bereits die wichtigsten zu behandelnden Aspekte aufgezeigt.

2.2.1

Zunächst wird eine Zusammenlegung der Katastrophenschutzressourcen vorgeschlagen. Im Hinblick auf ein effektiveres Handeln soll es hierdurch ermöglicht werden, auf europäischer Ebene Maßnahmen zu ergreifen, wenn die nationalen Einsatzmittel und Fähigkeiten zur Bedarfsdeckung nicht ausreichen.

2.2.2

Die Stärkung der Analysekapazitäten des MIC setzt ein aktiveres Konzept für das Zentrum voraus, insbesondere in Bezug auf die Aufgabe der Unterrichtung von Drittstaaten. Dies macht reibungslos funktionierende Beziehungen erforderlich, die auf der Grundlage des Hilfsersuchens des betroffenen Landes eine flexible Nutzung der verfügbaren Handlungsressourcen ermöglichen.

2.2.3

Die Bereitschaftsteams erfüllen eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit Einsätzen bei gravierenden Katastrophen und stets dann, wenn sie von einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat in Anspruch genommen werden. Deshalb ist es wichtig, dass das in der Kommissionsmitteilung vorgeschlagene System umgesetzt wird, denn dadurch könnten in jedem Land bestimmte Schlüsselmodule ständig für Katastrophenschutzeinsätze in Europa oder in Drittstaaten in Bereitschaft gehalten werden.

2.2.4

Die Stärkung der logistischen Grundlage sowie die Bereitstellung ausreichender Ressourcen, um dem Kontrollzentrum ein rasches und effizientes Handeln zu ermöglichen. Die Finanzierung der Kosten für das Anmieten von Einsatzausrüstung wird mit europäischen Mitteln gefördert (6). Für Einsätze in Drittstaaten muss geprüft werden, ob es in diesem Bereich Synergien mit den Vereinten Nationen gibt.

2.2.5

Schließlich ist die internationale Koordinierung ein Schlüsselelement für eine schnelle Reaktion in Katastrophenfällen. Für das Gemeinschaftsverfahren stehen Ressourcen zur Verfügung, die in Koordinierung mit den Kapazitäten anderer Organisationen eine bessere Reaktion ermöglichen. Hierbei müssen sowohl die VN-Organe als auch die verschiedenen Organisationen berücksichtigt werden, die humanitäre Hilfe leisten.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Inhalt des Vorschlags zur Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz angesichts der Notwendigkeit, alle verfügbaren Handlungsressourcen für Katastrophenfälle sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unionsgebiets auszubauen und zu verbessern. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Funktionsweise des Katastrophenschutzes auf Gemeinschaftsebene in vieler Hinsicht verbesserungsbedürftig ist. In diesem Zusammenhang ist der EWSA der Ansicht, dass einige Vorbemerkungen nötig sind, damit die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens effizient durchgeführt werden können.

3.2

Zunächst müssen die Reaktionskapazitäten der EU auf der Grundlage der nationalen Katastrophenschutzsysteme ausgebaut werden, und zwar im Hinblick auf mehrere Aspekte:

3.2.1   Territoriale Informations- und Kommunikationssysteme

3.2.1.1

Es wäre angezeigt, das CECIS-System (7) auszubauen, indem zu einer auf Satellitenverbindungen gestützten, sicheren Struktur mit Video-, Sprach- und Datenübermittlung übergegangen wird, die über das MIC (8) mit Strukturen oder Zentren mit besonderem Fachwissen verbunden sein sollte, um so über Daten, Experten und auf die Umstände des spezifischen Notfalls zugeschnittene Modelle (z.B. über vorhersehbare Folgen) verfügen zu können. Einige einfache Beispiele für eine aktualisierte Kartografierung von Drittländern, eine aktuelle Schadensbewertung bzw. eine Neuanpassung der Kartografierung nach einer Katastrophe (z.B. Erdbeben oder Überschwemmung), die das Infrastrukturnetz für die Zuleitung der Hilfe unbrauchbar machen kann, liefern die Europäische Weltraumbehörde und das Gemeinsame Forschungszentrum. Das beschriebene Netz sollte sich auf die Kontaktstellen in den einzelnen Mitgliedstellen stützen, die somit einen Beitrag zur Behebung des Notfalls leisten könnten.

3.2.1.2

Der Informationsfluss zwischen den Hilfseinheiten der EU und dem MIC muss konstant, sicher und störungsfrei sein.

Die Kommunikation mit den Katastrophengebieten ist meist unzulänglich, sei es, weil die entsprechende Infrastruktur — konventionelle oder Mobilfunknetze — zerstört wurde oder weil diese überlastet sind;

zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Regierungen einschalten, die darauf bedacht sind, die Informationen zu überwachen, die über eine Katastrophe in ihrem nationalen Hoheitsgebiet nach außen gelangen, und die ebenso die Bewegungen der Hilfseinheiten kontrollieren.

3.2.1.3

Die Lösung dieser Probleme liegt klar auf der Hand und besteht in der Nutzung der Satellitenkommunikation. Die Erfahrung hat gezeigt, dass

Satellitenverbindungen gegen Umweltzerstörungen relativ resistent sind (ein Koffer und unabhängige Stromerzeugungskapazitäten reichen aus, um senden zu können);

die Satellitenkommunikation gegen Informationsüberwachung und -verfolgung durch Dritte sicher ist.

3.2.1.4

Bei der Kommunikation über Satellit ist die Datenübertragungskapazität jedoch begrenzt, und in bestimmten Fällen ist das Netz durch anderweitige Inanspruchnahme oder andere Nutzer (u.a. die Kommunikationsmedien) ausgelastet. Daher ist es sinnvoll, über Satellit einige Frequenzen dauerhaft für die eigenen Zwecke zu sichern, um eine zufrieden stellende Kommunikation zwischen der (den) betroffenen Zone(n) und dem MIC sowie zwischen den verschiedenen Einsatzgebieten zu ermöglichen.

3.2.1.5

In Bezug auf das abzudeckende Gebiet könnte zunächst davon ausgegangen werden, dass eine Beschränkung auf einen kleineren geografischen Bereich (EU und nähere Umgebung) ausreichend wäre. Dagegen sollte aber eine weltweite Netzabdeckung angestrebt werden, denn die jüngste Tsunami-Katastrophe macht deutlich, dass eine solche einschränkende Lösung nicht ausreicht. Es müsste nicht nur die Kommunikation mit dem MIC gewährleistet sein, sondern auch zwischen so weit entfernten Einsatzgebieten wie den Malediven, Sri Lanka, Thailand und Indonesien.

3.2.1.6

Aus diesen Gründen muss sich die EU zwecks effizienter Kommunikation mit einem eigenen (d.h. exklusiv nutzbaren), sicheren (nicht störanfälligen), zuverlässigen Satellitenübertragungssystem mit weltweiter Netzabdeckung ausstatten. Dieses System sollte eine Sprach- und Datenübertragung (Faxe, Schriftverkehr und Bilder mit hoher Auflösung) sowie die Durchführung von Videokonferenzen ermöglichen.

3.2.1.7

Das Gemeinsame Forschungszentrum, die Europäische Weltraumbehörde und die Kommission (GD Informationsgesellschaft) verfügen über ausreichende Kapazitäten, um dem Bedarf Rechnung zu tragen, den der für das Aktionsprogramm und das Verfahren zuständige Verwaltungsausschuss ermittelt hat. Dieser Verwaltungsausschuss ist der für Katastrophenschutz zuständigen Generaldirektion (GD Umwelt) unterstellt.

3.2.2   Mindestanforderungen an die Handlungsmittel

3.2.2.1

Einsatz der Hilfseinheiten:

Die Einsatzteams werden von den Mitgliedstaaten mit angemessenen Systemen für die Kommunikation vor Ort sowie mit Mitteln ausgestattet, die ihnen eine ausreichende Autonomie ermöglichen.

Die Koordinierung dieser Einheiten obliegt einem Koordinator der Europäischen Union, der u.a. folgende Aufgaben wahrnimmt: Koordinierung der unterschiedlichen von den Mitgliedstaaten entsandten Hilfseinheiten, Kontakt und Austausch mit den Behörden des betroffenen Landes, Abstimmung mit dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA), usf.

Bislang hat die Union den Koordinator noch nicht mit entsprechenden Mitteln ausgestattet; er verfügt lediglich über einige Kommunikationsgeräte. Die EU wird sich angemessenen mit Einsatzmitteln und -ausrüstungen zur Erleichterung der Arbeit des Koordinators und seines Unterstützungsteams ausstatten müssen, von Kommunikationsgeräten bis hin zu Feldzelten. Diese Ressourcen sind sowohl für die Koordinierung mit anderen Hilfseinheiten und den Behörden des betroffenen Landes als auch zur Gewährleistung einer effizienten Arbeit des Koordinators unter zuweilen schwierigen Umständen erforderlich.

Ferner sollen diese Einsatzmittel und -ausrüstungen, die eindeutig mit dem EU-Logo zu kennzeichnen sind, dazu dienen, die Präsenz der EU und deren Unterstützung für die betroffene Bevölkerung klar hervorzuheben. Dadurch wird innerhalb der EU die Botschaft der interterritorialen Solidarität vermittelt und außerhalb der Union die Stellung der EU in der Welt bekräftigt.

3.2.2.2

Bei der Unterstützung von Mitgliedstaaten in Notfällen

In bestimmten Fällen sind die Mitgliedstaaten nicht in der Lage, die erforderliche Hilfe zu leisten. Dies kann zum einen darauf zurückzuführen sein, dass diejenigen Staaten, die über die erforderlichen Einsatzmittel und -ausrüstungen verfügen, diese selbst benötigen, um auf einen vorhersehbaren Notfall oder einen gegenwärtigen Notstand reagieren zu können. Zum anderen können Einsatzmittel erforderlich sein, die nur in bestimmten Ausnahmefällen verwendet werden, sodass deren Anschaffung nicht gerechtfertigt ist.

Waldbrände sind ein Musterbeispiel für den ersten Fall, da sich die Staaten, die über entsprechende Luftfahrzeuge verfügen, im gleichen Zeitraum in derselben Lage befinden. In der Regel ist es aufgrund der Gefahrenlage im eigenen Hoheitsgebiet heikel, Kapazitäten an ein anderes Land zu vergeben. Die Solidarität zwischen den Mittelmeerländern der EU ist sehr groß, und in sehr schwerwiegenden Fällen werden Einsatzmittel normalerweise rechtzeitig von einem Gebiet in ein anderes verlegt.

Schwere Überschwemmungen, bei denen Hochleistungspumpen benötigt werden, sind ein Beispiel für den zweiten Fall, da solche Pumpen im Allgemeinen nicht zur Standardausstattung der Einsatzkräfte in den meisten Mitgliedstaaten der Union gehören.

In anderen Sachlagen im Zusammenhang mit neuen Formen des Terrorismus müssen ebenfalls Einsatzmittel und -ausrüstungen gefordert werden, die es ermöglichen, in bestimmten Fällen zu reagieren, die zwar Ausnahmecharakter haben, jedoch ständig eine große potenzielle Gefahr darstellen.

Aus diesen Gründen sollte die Union künftig in die Lage versetzt werden, sich entweder durch eigene Anschaffung oder im Wege vertraglicher Vereinbarungen Einsatzmittel und -ausrüstungen zu beschaffen, mit der sie die Reaktionskapazitäten der Mitgliedstaaten unterstützen kann.

3.2.3   Schaffung einer zentralen Operationsbasis

3.2.3.1

Die derzeitigen Strukturen des Verfahrens basieren auf der unionsweiten Bereitstellung bestimmter Einsatzmannschaften sowie von Bewertungsressourcen und -teams. Dies ist gegenüber früheren Defiziten als Fortschritt zu werten, was jedoch nicht heißt, dass die gegenwärtige Lösung völlig zufrieden stellend ist.

3.2.3.2

Die geografische Erweiterung der Union und die vielfältigen Gefahren, denen sie sich zu stellen hat, eröffnen die Möglichkeit, innerhalb des Verfahrens die Einrichtung von Unterstützungsstrukturen auf regionaler Ebene in Erwägung zu ziehen. Mit Hilfe dieser Strukturen könnten bestimmte Einsatzkräfte und -mittel schon im Voraus positioniert werden und wären somit schneller verfügbar und besser an die spezifischen Gefahren für die Regionen innerhalb der Union angepasst.

3.2.3.3

Diese Einsatzmittel könnten saisonweise (z.B. Flugzeuge zur Bekämpfung von Waldbränden) oder ständig zur Verfügung gestellt werden.

3.2.3.4

Eine andere mögliche Verbesserung wäre die Zuleitung der gesamten Hilfsressourcen über Nachbarländer, die Kapazitäten für sämtliche Länder der Region verfügbar halten würden. So könnte in Erwägung gezogen werden, dass die Union die Beschaffung von Ressourcen fördert, die von Ländern mittlerer Größe oder von Staaten, die einer gemeinsamen Gefahr (Überschwemmungen in einem bestimmten Flussgebiet, Erdbeben etc.) ausgesetzt sind, gemeinschaftlich genutzt werden.

3.2.4   Einrichtung von zentralen, rund um die Uhr funktionsbereiten technischen Unterstützungsstrukturen

3.2.4.1

Zur Zeit ist das MIC ebenso wie die Notfallzentralen der meisten Mitgliedstaaten zwar rund um die Uhr besetzt, doch mangelt es an ausreichenden personellen wie technischen Ressourcen. Die Kommission muss sich dafür einsetzen, dies zu ändern.

3.2.4.2

Der derzeit von der Kommission verfolgte Ansatz beschränkt sich indes darauf, entsprechend dem jeweiligen Notfall bestimmte Ressourcen zu beschaffen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Konzept ehrgeizig genug ist, um der Sachlage gerecht zu werden.

3.2.4.3

Es steht außer Frage, dass das MIC per definitionem weder ein Entscheidungszentrum noch ein Zentrum für die Koordinierung der Einsätze in einem Notfall ist. Wenn jedoch Unterstützung beim Treffen bestimmter Entscheidungen oder bei der Planung von Hilfseinsätzen geleistet wird, ist es erforderlich, Improvisationen zu verhindern und ein festgelegtes Handlungsverfahren anzuwenden, das zudem je nach den Umständen des jeweiligen Notfalls variiert. Bei einer Überschwemmung werden nicht dieselben Maßnahmen ergriffen wie bei einem Erdrutsch, einem Erdbeben oder einem Vulkanausbruch. Auch werden jeweils unterschiedliche Einsatzmittel angewandt.

3.2.4.4

Daher muss das MIC in einem Notfall nicht nur über höchst verlässliche Daten verfügen, damit die Kommission Kontakte zu den spezialisierten Organen innerhalb und außerhalb der Union herstellen kann, sondern auch über im Voraus festgelegte Hilfspläne, mittels derer je nach Art und Schwere des Notfalls sowie je nach betroffenem Land eine effiziente und rasche Reaktion angestrebt wird. Zweifelsohne müssten hier die einsetzbaren Module eingebunden werden, die in jedem einzelnen Land verfügbar sind.

3.2.4.5

Es sollte ein Ansatz gewählt werden, der sich auch mit der Frage befasst, ob das MIC zusätzlich zu seiner Funktion als Beobachtungs- und Informationszentrum auch Aufgaben im Hinblick auf die Koordinierung der nationalen Stellen, der spezialisierten Organisationen im Bereich der humanitären Hilfe und insbesondere der freiwilligen Helfer übernehmen könnte, die bei Katastrophenfällen Unterstützung leisten. Die Aufgabe der Koordinierung muss von Stellen wahrgenommen werden, die über sämtliche relevanten Informationen und die für die Koordinierung erforderlichen Mittel verfügen.

3.2.5   Schulung der Einsatzkräfte

3.2.5.1

Die von den Mitgliedstaaten im Vorfeld ausgewählten Einsatzkräfte wissen ohne Zweifel, wie sie im Notfall zu handeln haben. Das derzeit laufende Schulungsprogramm bringt gute Resultate in Bezug auf die Fähigkeit des gemeinsamen Handelns. Es müssen mehr Kurse durchgeführt werden, und diese Kurse sollten möglichst auch in anderen Sprachen als Englisch stattfinden, da z.B. auch Maßnahmen in Ländern denkbar sind, die anderen Sprachen wie dem Französischen oder Spanischen kulturell näher stehen.

3.2.5.2

Die zuvor erstellten Hilfspläne sollten nach ihrer Festlegung allen Einsatzteams bekannt sein. Zu diesem Zweck müssten sie in die Schulungsprogramme aufgenommen werden.

3.2.5.3

Es ist die Möglichkeit zu bedenken, die neuen Techniken des Fernstudiums für die Durchführung dieser neuen Kurse zu nutzen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der Vorschlag ist zweifellos positiv zu werten, auch wenn noch Verbesserungen möglich sind. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Verfahren grundsätzlich um ein Instrument zur Nutzung innerhalb der EU handelt, und dass es somit derzeit ein Instrument (um nicht zu sagen das Instrument überhaupt) der interterritorialen Solidarität in der EU ist.

4.2

Daher sollte die Union keine Mittel scheuen, um eine schnellstmögliche und effiziente Reaktion auf verschiedene Notfallsituationen zu gewährleisten. Grundlegend hierfür sind im Voraus festgelegte Handlungsverfahren bzw. Hilfspläne, die in Simulationsszenarien erprobt und entsprechend den Erfahrungen angepasst werden müssen, die aufgrund dieser Simulationen oder tatsächlicher Einsätze gewonnen wurden.

4.3

Im Rahmen dieser Pläne müssen Kommunikationsmittel, aktuelle Karten und angemessene Ressourcen für eine zufrieden stellende Koordinierung zur Verfügung gestellt werden. Über diese Einsatzmittel muss die Union verfügen können. Die europäischen Einsatzpläne sollen auf internationaler Ebene als Muster gelten und das Bild der Union auf der Weltbühne sowie ihren internationalen Einfluss fördern.

4.4

Ferner müssen die Bewertungsteams und die Koordinatoren der Union bezüglich des Wiederaufbaus des betroffenen Gebiets sowie zu möglichen vorherigen Handlungsplänen konsultiert werden.

4.5

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass alle im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens durchgeführten Maßnahmen mit ausreichenden Haushaltsmitteln ausgestattet werden müssen, damit nicht nur genügend technische Unterstützungsstrukturen, sondern auch eigene Einsatzmittel verfügbar sind, die der EU ein besseres Handeln ermöglichen und dazu beitragen, dass ihr Einsatz, vor allem bei Katastrophen außerhalb des Unionsgebiets, stärker wahrgenommen wird. Hinsichtlich der eigenen Einsatzmittel sollte besonderes Augenmerk auf den Transportbereich gelegt werden; durch die Schaffung speziell verfügbarer Transportkapazitäten könnte ein schnelles Handeln zur Linderung der Katastrophenfolgen ermöglicht werden.

4.6

Bei Einsätzen in Drittstaaten müssen die im Rahmen des Verfahrens ergriffenen Maßnahmen als fester Bestandteil der Außenpolitik der EU angesehen werden, und es muss ihnen die Bedeutung beigemessen werden, die ihnen als Zeichen der unmittelbaren Solidarität der Union mit von Katastrophen heimgesuchten Ländern gebührt.

5.   Schlussfolgerungen

5.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Inhalt der Mitteilung „Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz“. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Kommissionsvorlage in einigen konkreten Aspekten verbessert werden kann und weist insbesondere darauf hin, dass einige Bemerkungen des Ausschusses aus den Einschätzungen der Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft resultieren, die dem EWSA angehören.

5.2

Als Ausgangspunkt und angesichts der Notwendigkeit, der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen verbindlichen Charakter zu verleihen, sollte auf ein angemessenes Rechtsinstrument zurückgegriffen werden. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass eine Verordnung (9) hier das geeignete Instrument ist, da sie zur Harmonisierung beitragen würde und für alle Mitgliedstaaten der EU bindend wäre.

5.3

Ein weiterer Aspekt, der hervorgehoben werden muss, ist die angemessene Mittelausstattung für das Verfahren. Es müssen ausreichende Mittel zur Deckung der Kosten für die Personalaufstockung und die Beschaffung eigener Einsatzmittel zugewiesen werden. Auch wenn in der Mitteilung nicht speziell auf die den Mitgliedstaaten zugestandene finanzielle Unterstützung eingegangen wird, sollten ferner sämtliche Naturkatastrophen, einschließlich Dürrekatastrophen, in dem neuen Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (10) berücksichtigt und einbezogen werden.

5.4

In Bezug auf die Vorschläge des EWSA zur Verbesserung des Verfahrens, die ihren Niederschlag in den Bemerkungen dieser Stellungnahme gefunden haben, sind folgende Punkte besonders hervorzuheben:

Aufbau eines Satellitenkommunikationssystems;

Bereitstellung eigener Hilfseinheiten für das Verfahren;

Kennzeichnung der Einsatzkräfte und Hilfseinheiten als EU-zugehörig, insbesondere bei Einsätzen außerhalb des Unionsgebiets;

Regionalisierung der Operationsbasis und Koordinierung zwischen den einzelnen Einsatzzentren;

technische Schulung der Hilfseinheiten unter Berücksichtigung der Sprachproblematik.

5.5

Als Vertretungsorgan der Zivilgesellschaft möchte der EWSA seine Unterstützung für die Tätigkeit der freiwilligen Helfer zum Ausdruck bringen, die bei Katastrophenfällen zum Einsatz kommen. Ihre unvergütete und häufig über einen längeren Zeitraum hinweg geleistete Arbeit ist nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern eine Notwendigkeit, wenn es darum geht, zwecks Behebung und Linderung von Personen- wie Sachschäden in den Katastrophengebieten aktiv zu handeln.

Brüssel, den 14. Dezember 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Folgende Instrumente sind von der Kommisson vorgelegt worden (KOM(2005) 124 endg., 6.4.2005): Mitteilung der Kommission zum Rahmenprogramm „Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte“ 2007-2013; Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufstellung des Programms „Prävention, Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung im Zusammenhang mit Terrorakten“ für den Zeitraum 2007-2013; Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Auflegung des Programms „Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung“ für den Zeitraum 2007-2013 (SEK(2005) 436).

(2)  Entscheidung (2001/792/EG, Euratom) des Rates.

(3)  Entscheidung (1999/847/EG) des Rates vom 9. Dezember 1999.

(4)  KOM(2005) 113 endg. / 2005/0052 (CNS) vom 6.4.2005.

(5)  Entscheidung (2001/792/EG, Euratom), Art. 6.

(6)  Bereits erwähnter Vorschlag für eine Verordnung des Rates vom 6.4.2005.

(7)  Gemeinsames Kommunikations- und Informationssystem für Notfälle (Common emergency communication and information center).

(8)  Beobachtungs- und Informationszentrum des Verfahrens.

(9)  Es wurde beispielsweise ein Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle vorgelegt (KOM(2005) 113 endg. vom 6.4.2005).

(10)  Das Kommissionsdokument (KOM(2005) 108 endg.) wurde am 6. April 2005 angenommen.


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