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Document 51998AC1155

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen"

OJ C 407, 28.12.1998, p. 214 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51998AC1155

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen"

Amtsblatt Nr. C 407 vom 28/12/1998 S. 0214


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen" () (98/C 407/36)

Der Rat beschloß am 30. März 1998, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 43 und 198 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft und Fischerei nahm ihre Stellungnahme am 23. Juli 1998 an. Berichterstatter war Herr Gardner.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 357. Plenartagung am 9. und 10. September 1998 (Sitzung vom 10. September) folgende Stellungnahme mit 62 gegen 37 Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen.

1. Einführung

1.1. Der Vorschlag der Kommission stützt sich auf einen Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses, der im Oktober 1996 vorgelegt wurde und einen früheren Bericht von 1992 aktualisiert.

1.2. In der Europäischen Union werden 93 % aller Legehennen (Gesamtzahl 1997: 320 Millionen) in Batteriekäfigsystemen gehalten, für die die Bestimmungen der Richtlinie 88/166/EWG gelten, die in allen Mitgliedstaaten seit 1995 verbindlich anzuwenden ist. Gegenwärtig gibt es keine europäischen Mindestanforderungen für das Wohlbefinden von Legehennen, die in anderen Systemen als Batteriekäfigen gehalten werden.

1.3. Der vorliegende Vorschlag sieht vor, diese Richtlinie zu ersetzen und auch Normen für andere Systeme der Hühnerhaltung festzulegen. Er gründet sich auf einen kürzlich vom Wissenschaftlichen Veterinärausschuß vorgelegten Bericht über das Wohlbefinden von Legehennen, der gemäß der Richtlinie von 1988 erarbeitet wurde. Durch die meisten der genau ausgearbeiteten Verbesserungen würden die Hennen mehr Raum erhalten. Ein Großteil der Stallausstattung müßte daher durch größere Einheiten ersetzt werden. In der vorgeschlagenen Richtlinie wird dafür eine Übergangsperiode von zehn Jahren eingeräumt.

1.4. Darin wird jedoch nicht vorgeschlagen, Batteriekäfige allmählich abzuschaffen.

1.5. Im Zusammenhang mit den wirtschaftlich-sozialen Aspekten ist darauf hinzuweisen, daß die Gefluegelzucht ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft und des ländlichen Wirtschaftslebens ist, der in einigen Regionen der EU einen hohen Stellenwert hat. Die europäische Gefluegelwirtschaft erhält praktisch keine Mittel aus Steuergeldern und ist Abnehmer großer Mengen von in der EU produziertem Getreide. Darüber hinaus arbeitet sie unter den durch mehr und mehr Liberalisierung und Wettbewerb gekennzeichneten Bedingungen des Weltmarktes.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Aus dem Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses geht ganz klar hervor, daß die Bedingungen der Hühnerhaltung verbessert werden müssen. Organisationen aus verschiedenen Ländern, wie z. B. der britische Farm Animal Welfare Council, kamen in ihren Berichten zu denselben generellen Schlußfolgerungen.

2.1.1. In einem Käfig mit einem Platzangebot von 450 cm2/Tier beispielsweise wird die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und natürliche Verhaltensweisen wie Flügelschlag können nicht ausgelebt werden. Bei einer maximalen Höhe von 40 cm können die meisten Tiere nicht aufrecht stehen.

2.2. In der Europäischen Union gilt dem Tierschutz generell große Aufmerksamkeit. Allerdings besteht in den Mitgliedstaaten ein sehr unterschiedliches Problembewußtsein für die Lebensumstände von Legehennen, daher drängt die Öffentlichkeit unterschiedlich stark auf eine Reform. In einigen Mitgliedstaaten halten die Bürger Verbesserungen für äußerst wichtig, in anderen wiederum wird dieses Thema vernachlässigt. In einem Binnenmarkt jedoch muß jede Anhebung der Mindestanforderungen in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden, ungeachtet dessen, ob von der Öffentlichkeit Druck ausgeübt wird oder nicht.

2.3. Eine Verbesserung der Tierschutznormen für Legehennen treibt den Preis für Eier und Eiprodukte in die Höhe und wirkt sich natürlich entsprechend auf den Verbraucherpreis aus. Umfragen in fünf Mitgliedstaaten () haben jedoch gezeigt, daß die Verbraucher bereit wären, für Eier, die gemäß strengen Tierschutznormen erzeugt wurden, mehr zu bezahlen.

2.4. Den Erzeugern entstehen erhebliche Investitionskosten, da ein Großteil der Infrastruktur den neuen Normen angepaßt oder völlig erneuert werden müßte. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten werden durch Restriktionen aus Umwelt- oder Planungsgründen verschärft, da viele Gebäude ausgebaut werden müßten. Außerdem wird es wahrscheinlich zu erhöhten Betriebskosten kommen, die das Einkommen der Erzeuger schmälern. Einige Erzeuger könnten sogar in den Konkurs getrieben werden, so daß der Gefluegelbestand in der EU allgemein schrumpfen würde.

2.5. Die vorgeschlagene Verbesserung der Haltungsbedingungen würde daher die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte der Europäischen Union beeinträchtigen und sich durch die Zunahme von Einfuhren aus Ländern mit geringeren Auflagen, wie den USA oder China, möglicherweise sowohl auf das landwirtschaftliche Einkommen als auch auf den Arbeitsmarkt auswirken.

2.6. Die Kommission will sich um die Unterstützung anderer Ländern für die Aufstellung von Mindestanforderungen für den Schutz von Legehennen in den verschiedenen Haltungssystemen bemühen. In diesem Punkt ist ganz klar darauf hinzuweisen, daß die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz weltweit die einzigen Länder sind, in denen es Rechtsvorschriften für den Schutz von Legehennen gibt.

2.7. Gemäß den WTO-Übereinkommen können solche Einfuhren nicht mehr unterbunden werden. In der Begründung wird auf die Möglichkeit einer Änderung der WTO-Übereinkommen hingewiesen, um den Tierschutz zu berücksichtigen. Der Ausschuß besteht darauf, daß sich die Kommission in ihren Verhandlungspositionen für die nächste Phase der WTO-Verhandlungen auf dieses politische Ziel festlegt. Dies wäre allerdings ein sehr langfristiges Ziel und geht weit über den Zeitrahmen dieses Vorschlags hinaus.

2.8. Die Kommission bestätigte kürzlich, daß ihre Erklärung an den Rat von 1986 betreffend geeignete Maßnahmen zur Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen dieser Richtlinie noch immer gültig ist. Der Ausschuß mißt diesem Standpunkt der Kommission große Bedeutung bei.

2.9. Im Rahmen des Tarifikationsprozesses führte die EU Einfuhrzölle auf Eier und Eiprodukte ein. Dem WTO-Übereinkommen für die Landwirtschaft gemäß werden diese Einfuhrzölle bis zum Jahr 2000 um ungefähr ein Drittel gesenkt. Zölle gehören jedoch nicht zu den handelsbezogenen Maßnahmen, die die WTO vordringlich abschaffen will. Im Hinblick auf Eier und Eiprodukte könnten zukünftige Zollzugeständnisse davon abhängig gemacht werden, ob Drittländer akzeptieren, daß niedrigere Zölle (oder Nullzölle) nur für solche Eier gelten, die den Mindestanforderungen der Gemeinschaft entsprechen.

2.10. Eine weitere mögliche Langzeitlösung bestuende darin, den Druck seitens der Konsumenten dazu zu nutzen, den Verkauf von Importprodukten, die unter für die Tiere belastenden Bedingungen erzeugt wurden, unattraktiv zu machen. Derzeit ist die Angabe der Erzeugungsbedingungen auf dem Etikett fakultativ. Die Kommission möchte sie verbindlich einführen (zwölfter Erwägungsgrund der Präambel). In diesem Fall könnten die Angaben durch die Worte "gemäß anerkannten EU-Normen" oder einfach durch das übliche CE-Zeichen ergänzt werden. Die Erfahrung in anderen Bereichen hat gezeigt, daß eine solche Angabe Handel und Vertrieb dazu veranlassen könnte, Produkten, die den Herstellungserwartungen der Konsumenten entsprechen, starke Präferenz einzuräumen. Eine solche Etikettierung müßte selbstverständlich auch für Eiprodukte gelten, wenn diese im Verzeichnis der Inhaltsstoffe aufgeführt sind.

3. Schlußfolgerung

3.1. Durch die vorgeschlagene Richtlinie würden die Tierschutznormen deutlich verbessert, der Preis von Eiern für die Verbraucher sowie die Kosten der Eiererzeugung jedoch empfindlich erhöht. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile kann der Ausschuß einer grundlegenden Änderung der Richtlinie nicht zustimmen, solange nicht sichergestellt ist, daß:

- die Mindestanforderungen der alten Richtlinie tatsächlich in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt wurden;

- Drittlandsimporte den gleichen Produktions- und Haltungsvoraussetzungen unterliegen;

- ausreichende Gemeinschaftsbeihilfen für die Umstellung zur Verfügung gestellt werden.

4. Besondere Bemerkungen

4.1. "Ausgestalteter Käfig" ist nicht der richtige Terminus und muß in einigen Sprachen geändert werden, z. B. im Deutschen in "Ausgestattete Batterie".

4.2. Artikel 2.6 (neu)

Vom Standpunkt des Tierschutzes aus gesehen sollte die Schnabelkürzung allmählich eingestellt werden - soweit dies möglich ist -, und zwar zunächst in Produktionssystemen, bei denen es nicht unbedingt erforderlich ist. Bis dahin ist eine Definition des Begriffs notwendig, um ihn von einer Schnabelentfernung, die gänzlich verboten werden sollte, zu unterscheiden. Folgende Definition wird vorgeschlagen:

"'Schnabelstutzung`: Entfernung der hakenförmigen Krümmung an der Spitze des Oberschnabels und der Spitze des Unterschnabels."

4.3. Artikel 3

Die Frist 1. Januar 1999 sowie auch alle anderen Fristen, die in diesem Vorschlag für eine Richtlinie angegeben werden, müssen wie folgt geändert werden:

"x Monate/Jahre ab Annahme dieses Vorschlags"

4.4. Artikel 3.1.a

Es sollte eingefügt werden:

"Nestkästen oder Nestflächen sollten nachts verschlossen werden, um zu verhindern, daß sich die Tiere dort niederlassen und sie verschmutzen."

4.5. Artikel 3.1.e

Rundtränken sollten hinzugefügt werden.

4.6. Artikel 3.2. (neu)

Es muß angegeben werden, wieviel nutzbarer Raum jedem Tier insgesamt zur Verfügung steht und wie hoch die Bestandsdichte insgesamt ist. Ein Beispiel für derzeitige Regelungen lautet wie folgt:

"Bei Haltungssystemen, die lediglich zwei Dimensionen umfassen, sollen jedem Tier mindestens 1 400 cm2 nutzbarer Raum zur Verfügung stehen, oder eine Bestandsdichte von 7 Tieren/m2 sollte eingehalten werden.

Bei Systemen, in denen dreidimensionaler Raum verfügbar ist (z. B. Volierenhaltung, Etagenkäfige), kann die Bestandsdichte bis auf höchstens 15,5 Tiere pro m2 nutzbarer Bodenfläche erhöht werden."

4.7. Artikel 3.3

Ausgestattete Batterien sind erst in der Versuchsphase, und eine zu genaue Definition der Haltungsbedingungen wäre falsch. Es hat sich z. B. herausgestellt, daß bei einigen Käfigarten und Hennenrassen eine Schnabelkürzung sogar erforderlich ist.

4.8. Artikel 3.4

Dieser Artikel fördert den Tierschutz ganz besonders und erhöht gleichzeitig den Kostenaufwand für Erzeuger in der Union erheblich. Derzeit liegt die Mindestnorm im gesamten EU-Raum bei 450 cm2/Tier, einige Mitgliedstaaten verlangen jedoch mehr Fläche (bis zu 600 cm2/Tier bei Gruppenkäfigen). 800 cm2 Käfigfläche würden daher, wie im übrigen einige andere Bestimmungen - Mindestbreite der Gänge und Mindesthöhe der Käfige -, erhebliche Investitionen in der gesamten Gemeinschaft erfordern.

Besonders durch diesen Artikel werden große Investitionen notwendig, und Gemeinschaftsbeihilfen müssen gewährt werden. Die Kosten würden außerdem im Vergleich zum Wettbewerb außerhalb der Gemeinschaft anwachsen.

4.9. Artikel 3.4.a

In dem Vorschlag oder in der Begründung muß besser dargelegt werden, warum eine Fläche von exakt 800 cm2 erforderlich ist.

4.10. Artikel 3.4.e

Zur Festlegung der richtigen Gangbreite sollte eine Kosten/Nutzen-Rechnung durchgeführt werden. Die vorgeschlagene Erhöhung auf mindestens 1 m ist kostspielig, dürfte jedoch die Käfigräumung erleichtern. Aber auch 1 m Gangbreite mag unzureichend sein für modulare Horden-Transportsysteme, die der Vereinfachung der Käfigräumung dienen und eine weitaus humanere Methode darstellen als die Einzelentnahme und das Einsperren der Tiere in Transportkäfige.

4.11. Artikel 7

Die von der Kommission vorgeschlagenen Kontrollvorschriften sind weniger streng als die derzeitige Richtlinie, die bereits Probleme bei der Umsetzung aufwirft. (Derzeit sind Klagen gegen vier Mitgliedstaaten für Nicht-Einhaltung von Teilen dieser Richtlinie anhängig.)

Zumindest sollte dieser Artikel wie folgt geändert werden:

"Tierärztliche Sachverständige werden, wenn dies ... erforderlich ist, ..."

Angesichts der großen Veränderungen, die dieser Vorschlag für den Wettbewerb und den Tierschutz bedeutet, müssen die Tierkontrollen generell verschärft werden, insbesondere bei den Einfuhren. Die Kommission sollte dazu eigene Vorschläge erarbeiten.

4.12. Anhang

6. Dies bedeutet eine Verdoppelung der derzeit vorgeschriebenen Kontrollen auf zweimal täglich. Eine Kontrolle täglich könnte nur dann beibehalten werden, wenn zusätzlich ein effizientes Video-Überwachungssystem eingesetzt wird.

15. (neu) Wo die Möglichkeit des Sandbadens besteht, dürfen die verwendeten Materialien kein Gesundheitsrisiko für die in der Gefluegelzucht Beschäftigten darstellen.

Brüssel, den 10. September 1998.

Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Tom JENKINS

() ABl. C 123 vom 22.4.1998, S. 15.

() Mori Umfrage für die Tierschutzvereinigung Eurogroup for Animal Welfare, Juni 1998.

ANHANG zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgender Text der Stellungnahme der Fachgruppe wurde im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

1. Einführung

1.1. Die Kommission gibt an, sich mit ihrem Vorschlag auf einen Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses zu stützen, der im Oktober 1996 vorgelegt wurde und einen früheren Bericht von 1992 aktualisiert.

1.2. In der Europäischen Union werden 93 % aller Legehennen (Gesamtzahl 1997: 320 Millionen) in Batteriekäfigsystemen gehalten, für die die Bestimmungen der Richtlinie 88/166/EWG gelten, die in allen Mitgliedstaaten seit 1995 verbindlich anzuwenden ist. Gegenwärtig gibt es keine europäischen Mindestanforderungen für das Wohlbefinden von Legehennen, die in anderen Systemen als Batteriekäfigen gehalten werden.

1.3. Im Zusammenhang mit den wirtschaftlich-sozialen Aspekten ist darauf hinzuweisen, daß die Gefluegelzucht ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft und des ländlichen Wirtschaftslebens ist, der in einigen Regionen der EU einen hohen Stellenwert hat (siehe Anhang I). Die europäische Gefluegelwirtschaft erhält praktisch keine Mittel aus Steuergeldern und ist Abnehmer großer Mengen von in der EU produziertem Getreide. Darüber hinaus arbeitet sie unter den durch mehr und mehr Liberalisierung und Wettbewerb gekennzeichneten Bedingungen des Weltmarktes.

1.4. Der Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses beschreibt die Vor- und Nachteile der einzelnen Haltungssysteme. Die Haltung von Legehennen in Batterien bietet gegenüber anderen Haltungssystemen eine ganze Reihe von Vorteilen: selteneres Vorkommen von Parasitenbefall, bessere Kontrolle der Nahrungsaufnahme, kaum Gefahr von Aggression und Kannibalismus, geringere Verseuchung der Eier, Stabilität der sozialen Gruppen, niedrigere Produktionskosten, hohe Eiqualität, bessere Arbeitsbedingungen in den Legebetrieben, geringere Belastung der Umwelt und niedrigere Sterblichkeits- und Infektionsrate der Tiere.

1.5. Die Kommission plant, daß alle Systeme für die Haltung von Legehennen mit Legenestern, Sitzstangen und Einstreu ausgestattet sein müssen, was nach dem Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses, auf den sich der Vorschlag stützt, keinerlei Gewähr einer Besserung für das Wohlbefinden der Tiere bietet. Außerdem schlägt sie vor, "ausgestaltete Käfige" zu verwenden; diese befinden sich aber noch in der Erprobung und sind auf dem europäischen Markt noch gar nicht im Handel erhältlich.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Die Kommission spricht sich in den Schlußfolgerungen ihrer Mitteilung (dritter Absatz) offen für die Abschaffung des Batteriekäfigsystems nach einer Übergangszeit aus, die "großzügig genug bemessen" sein müsse, um die wirtschaftlichen Probleme für die Gefluegelbetriebe abzumildern und nachteilige Folgen für die Eierqualität zu vermeiden. Sie macht jedoch keine Angaben dazu, wie diese Ziele erreicht werden sollen; diese Fragen bleiben in der Richtlinie gänzlich ungelöst.

2.2. Um die wirtschaftlichen Folgen ihres Vorschlags zu dämpfen, schlägt die Kommission flankierende Maßnahmen vor, wie z. B. die obligatorische Angabe der Art der Haltung für in der EU produzierte Eier. Eine derartige Kennzeichnungspflicht ist in keiner Weise dazu angetan, Einfuhren aus Drittländern in den Binnenmarkt zu verhindern.

2.3. Die Kommission schlägt des weiteren eine Kofinanzierung der Investitionsbeihilfen vor. Die für die Anpassung des Sektors an die vorgeschlagenen Mindestanforderungen nötigen Kapitalinvestitionen stehen in keinem Verhältnis zu den verfügbaren Gemeinschaftsmitteln für die in der EU-Strukturpolitik vorgesehenen Investitionsbeihilfen. Es steht eher zu befürchten, daß die Erzeuger gar keinen finanziellen Ausgleich erhalten, denn in ihren Vorschlägen zur "Agenda 2000" sieht die Kommission in der Haushaltslinie für die Gefluegelindustrie keinerlei Mittel vor.

2.4. Der Kommission will sich um die Unterstützung anderer Ländern für die Aufstellung von Mindestanforderungen für den Schutz von Legehennen in den verschiedenen Haltungssystemen bemühen. In diesem Punkt ist ganz klar darauf hinzuweisen, daß die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz weltweit die einzigen Länder sind, in denen es Rechtsvorschriften für den Schutz von Legehennen gibt.

2.5. Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag ein Verbot der Hühnerhaltung in Legebatterien vor, das nach dem Ermessen der Mitgliedstaaten nach einer Übergangszeit von höchstens zehn Jahren wirksam wird. Ein Verbot der Hühnerhaltung in Batterien geht jedoch vollkommen an der Realität der Eierproduktion in der EU und in anderen Ländern der Welt vorbei.

2.6. Eine Änderung der gegenwärtigen Mindestanforderungen für Legehennen in Batteriehaltung, die seit dem 1. Januar 1995 gelten, ist inakzeptabel, solange die Kommission nicht sichergestellt hat, daß die gegenwärtigen Mindestanforderungen auch wirklich in allen Mitgliedstaaten der Union angewandt werden, solange die von den europäischen Erzeugern einzuhaltenden Auflagen nicht auch auf internationaler Ebene anerkannt werden und solange keine Maßnahmen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Gefluegelwirtschaft in der EU im Umfeld eines immer stärker liberalisierten Welthandels ergriffen werden.

3. Besondere Bemerkungen

3.1. Neben den Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Tiere sind bei jedem zur Erörterung vorliegenden Vorschlag auch die gesundheitlichen, wirtschaftlich-sozialen und umweltpolitischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die von der Kommission vorgelegte wirtschaftliche Analyse ist entschieden unzureichend. Da der Vorschlag 93 % der Eiererzeugung in der Gemeinschaft betrifft, ist eine unabhängige Untersuchung seiner Folgen in allen genannten Bereichen unerläßlich.

3.2. Die vorgeschlagene Richtlinie kann u.a. folgende Auswirkungen haben:

3.2.1. Wohlbefinden der Tiere

Das Argument, die Abschaffung des gegenwärtigen Batteriekäfigsystems und seine Ersetzung durch alternative Haltungsarten werde das Wohlbefinden der Tiere verbessern, entbehrt der Grundlage: Es gibt keine ausgezüchteten Legehühnerrassen, die den alternativen Systemen angepaßt wären. Bei diesen Systemen gibt es Probleme mit Federpicken, Kannibalismus, Parasitosen, Verseuchung durch von außen eindringende Stoffe, hohe Staub- und Ammoniakkonzentration in der Luft und schwierige Bekämpfung von Mikrobeninfektionen. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, ist ein erhöhter Aufwand an Veterinärbehandlungen erforderlich. Aber selbst dann liegen die Mortalitätsraten eindeutig über denen der Batteriehaltung.

3.2.2. Wirtschaftlich-soziale Folgen

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie wird in sehr unterschiedlichen Bereichen Auswirkungen haben:

- Beschäftigung: Der Kostenanstieg würde viele Gefluegelbetriebe zwingen, ihre Tätigkeit wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit aufzugeben. In der Gefluegelindustrie sind gegenwärtig etwa 90 000 Menschen direkt beschäftigt, außerdem gibt es 120 000 indirekte Arbeitsplätze in verbundenen Wirtschaftszweigen.

- Preise: Die höheren Kosten der Eiererzeugung würden zu einem Anstieg der Eierpreise auf den Märkten führen, worunter insbesondere einkommensschwächere Bevölkerungsschichten zu leiden hätten.

- Qualität und Gesundheit: Die Durchsetzung der vorgeschlagenen Initiative könnte zu einer ernsten Beeinträchtigung der Qualität und Lebensmittelsicherheit der in der EU erzeugten Eier führen. Krankheiten wie Salmonellose sind unter den in der Richtlinie vorgeschlagenen Bedingungen schwerer zu verhüten. Dieses Risiko ist nicht tragbar. Bei einer Ersetzung von in der EU produzierten Eiern auf dem europäischen Markt durch importierte Eier oder Eiprodukte hat der Verbraucher weniger Sicherheit.

- Arbeitsbedingungen: Der Vorschlag der Kommission bedeutet eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den Legebetrieben sowie ein höheres Gesundheitsrisiko (durch Flugstaub und wegen der höheren Ammoniakkonzentration aufgrund der Einstreu) und verlangt haltungsschädigende Tätigkeiten vom Personal (Aufheben und Einsammeln der Eier vom Boden, Auswechseln der Einstreu, Kontrolle der Tiere u.a.).

- Andere Märkte: Der Verbrauch von Getreide für Legehennen dürfte bei ca. zehn Millionen Tonnen pro Jahr liegen (Gerste, Mais und Weizen zusammengerechnet). Der abzusehende Produktionsrückgang würde sich unmittelbar auf das Gleichgewicht des Getreidemarktes der EU auswirken.

3.2.3. Gesundheitliche Folgen

Bei alternativen Systemen lassen sich Krankheiten weniger wirksam verhüten und bekämpfen als bei der Batteriekäfighaltung, da Legenester, Sitzstangen und Einstreu sowie sonstige zusätzliche Vorrichtungen die vollkommene Desinfektion und Desinfestation der Ställe erschweren.

Das Krankheitsrisiko innerhalb eines Betriebes ist bei alternativen Systemen höher; bei Freilufthaltung ist außerdem die Gefahr größer, daß sich Krankheiten auf andere Betriebe oder Einrichtungen in der Nähe ausbreiten. Auch die Vermeidung von Kontakten mit anderen Tieren (Vögeln, Nage- und Raubtieren) bereitet Schwierigkeiten. Folglich steigt das Gesundheitsrisiko für die Hühner und den Menschen, weil Zoonosen übertragen werden können.

3.2.4. Umweltfolgen

Die vorgeschlagene Richtlinie hat verschiedene nachteilige Folgen für die Umwelt:

- Für die Legebetriebseinrichtungen wird bis zu dreimal mehr Platz benötigt.

- Bei Systemen mit Einstreu fallen größere Menge an Rückständen an, die nachteiligere Eigenschaften haben: die Geruchsentwicklung ist stärker, und mehr Ammoniak wird in die Luft freigesetzt. Eine mechanisierte Beseitigung dieser Abfälle ist nicht möglich, und der Kot kann nicht in der Legehalle selbst trocknen, wie es bei Batteriekäfighaltung der Fall ist. Zusätzliche Anlagen zur Dungbehandlung sind notwendig, und die Umweltbelastung steigt (durch Sickerwasser aus Filteranlagen, Gerüche, Bodenverseuchung u.a.). Bei Freilufthaltung ist die Belastung des Geländes durch die Tiere und ihren Kot höher.

4. Schlußfolgerungen

4.1. Die vorgeschlagene Richtlinie bringt keine Verbesserungen für das Wohlbefinden der Legehennen. Sie birgt vielmehr die Gefahr einer Verschlechterung der Bedingungen, unter denen sie gegenwärtig gehalten werden. Unter "Wohlbefinden" ist nicht nur die Fähigkeit der Tiere zu verstehen, bestimmte Bewegungen auszuführen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben. Es sind vielmehr alle Aspekte zu berücksichtigen, die mit dem Begriff des Wohlbefindens zusammenhängen, insbesondere die Gesundheit der Tiere und der Schutz vor Aggression.

4.2. Im Hinblick auf gesundheitliche, wirtschaftlich-soziale und Umweltaspekte ist die vorgeschlagene Richtlinie kontraproduktiv, denn sie bringt erhebliche Risiken mit sich: große Teile eines Wirtschaftszweiges, der von der Erzeugung von Eiern in Europa abhängt, könnten untergehen, die Preise für Eier würden erheblich steigen, der europäische Verbraucher hatte weniger Gewähr für die Lebensmittelsicherheit, und die Umweltbelastung durch Legebetriebe wäre höher als heute.

4.3. In Erwägung dieser Aspekte lehnt die Fachgruppe Landwirtschaft und Fischerei den ihr zur Stellungnahme vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates ab. Sie vertritt die Auffassung, daß die Anforderungen für den Schutz von Legehennen in Batteriehaltung bereits in der Richtlinie 88/166/EWG ausreichend geregelt sind. Wenn dagegen eine Regelung über die Bedingungen für die Haltung von Legehennen in anderen Systemen getroffen werden soll, bedarf dies eines gesonderten Vorschlags zu diesem Thema.

Brüssel, den 24. Juli 1998.

Der Vorsitzende der Fachgruppe Landwirtschaft und Fischerei

Pere MARGALEF i MASIÀ

ANHANG I zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Erzeugung von Eiern in der Europäischen Union

In den 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden jährlich mehr als 87 Milliarden Konsumeier (5 007 000 Tonnen) erzeugt (Stand: 1997).

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Legehennen

In der Europäischen Union werden ca. 320 Millionen Legehennen gehalten.

Ein Teil davon (etwa 50 Millionen) wird in traditionellen landwirtschaftlichen Betrieben gehalten; die erzeugten Eier dienen dem Selbstverbrauch.

Ein weiterer Teil (etwa 20 Millionen) befindet sich in Freiluft-, Extensiv-, Volieren- oder Bodenhaltung.

Der Rest (etwa 250 Millionen) wird in Legebatterien gehalten; aus dieser Haltungsart stammen 93 % der für den Verbrauch in der Gemeinschaft bestimmten Eier.

Marktfähige Bruttoerzeugung und Umsatz

Die marktfähige Bruttoerzeugung im Sektor Konsumeier der EU erreicht 4,5 Milliarden ECU, der geschätzte Gesamtumsatz für Eier und Eiprodukte beläuft sich auf 5,6 Milliarden ECU.

Zahl der Beschäftigten

Im Sektor Eier und Eiprodukte sind in der Europäischen Union unmittelbar (in Lege-, Verpackungs- und Weiterverarbeitungsbetrieben) etwa 90 000 Menschen beschäftigt.

In den verbundenen Wirtschaftszweigen (Betriebe zur Herstellung von Tiernahrung, Ausrüstungs- und Anlagenhersteller, Verpackung) finden - nur in der Sparte Eier - weitere 120 000 Menschen Beschäftigung.

Getreideverbrauch

Die europäische Gefluegelindustrie ist Abnehmer von jährlich etwa 10 Millionen Tonnen Getreide (vorwiegend Mais, Gerste und Weizen) aus EU-Erzeugung.

Eierkonsum

Der durchschnittliche Pro-Kopf-Einheitsverbrauch in der Europäischen Union liegt gegenwärtig bei 210 Eiern (Stand: 1997).

Je nach den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten wird ein Teil der Eier direkt in den Haushalten verbraucht, während ein weiterer Teil für die Nahrungsmittelerzeugung in der Industrie und im Handwerk bestimmt ist.

In den letzten 10 Jahren ist die Nachfrage nach Eiprodukten schrittweise und stetig gestiegen, sowohl in der Nahrungsmittelindustrie als auch im Handwerk.

Sie machen gegenwärtig einen Anteil von 28 % bis 40 % (je nach den Ernährungsgewohnheiten) am Eiverbrauch in der EU aus.

Lage Außerhalb der EU

Die weltweit einzigen Länder, in denen es Rechtsvorschriften über das Wohlbefinden von Legehennen in Batteriehaltung gibt, sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die Schweiz, in der diese Art der Haltung verboten ist.

Mehr als 88 % der weltweiten Eiererzeugung unterliegt keinerlei gesetzlichen Auflagen.

In den Vereinigten Staaten (mit einem Anteil von 10 % an der Weltproduktion) sowie in den übrigen großen Erzeugerländern (China, ehemalige Sowjetunion, Japan, Brasilien mit Anteilen von 28 %, 9 %, 6 % bzw. 4 % an der Weltproduktion) beträgt die empfohlene Mindestfläche je Henne 310 cm2.

In Australien werden 349 cm2 für Hennen mit höherem Gewicht und 327 cm2 für Hennen mit geringerem Gewicht empfohlen, während es in Neuseeland für ausreichend gehalten wird, eine Fläche von 363 cm2 für Hennen mit höherem Gewicht und 340 cm2 für Hennen mit geringerem Gewicht vorzusehen.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 59, Nein-Stimmen: 44, Stimmenthaltungen: 5.

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