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Document 62018CJ0627

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 30. April 2020.
Nelson Antunes da Cunha Lda gegen Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP).
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Art. 108 AEUV – Mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilferegelung – Entscheidung der Europäischen Kommission, mit der die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen angeordnet wird – Verordnung (EU) 2015/1589 – Art. 17 Abs. 1 – Verjährungsfrist von zehn Jahren – Anwendung auf die Rückforderungsbefugnisse der Kommission – Art. 16 Abs. 2 und 3 – Nationale Regelung, die eine kürzere Verjährungsfrist vorsieht – Effektivitätsgrundsatz.
Rechtssache C-627/18.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:321

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

30. April 2020 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Art. 108 AEUV – Mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilferegelung – Entscheidung der Europäischen Kommission, mit der die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen angeordnet wird – Verordnung (EU) 2015/1589 – Art. 17 Abs. 1 – Verjährungsfrist von zehn Jahren – Anwendung auf die Rückforderungsbefugnisse der Kommission – Art. 16 Abs. 2 und 3 – Nationale Regelung, die eine kürzere Verjährungsfrist vorsieht – Effektivitätsgrundsatz“

In der Rechtssache C‑627/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra (Verwaltungs- und Finanzgericht Coimbra, Portugal) mit Entscheidung vom 31. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Oktober 2018, in dem Verfahren

Nelson Antunes da Cunha Lda

gegen

Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter P. G. Xuereb (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

des Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP), vertreten durch J. Saraiva de Almeida und P. Estevão, advogados,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Barros da Costa, H. Almeida und A. Gameiro als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. França, B. Stromsky und G. Braga da Cruz als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Dezember 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 Abs. 2 und 3 sowie Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nelson Antunes da Cunha Lda und dem Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP) (Institut für die Finanzierung der Landwirtschaft und der Fischerei, Portugal) wegen der Zwangsbeitreibung einer rechtswidrigen Beihilfe in Höhe von insgesamt 14953,56 Euro bei der Nelson Antunes da Cunha nach einer Rückforderungsentscheidung der Europäischen Kommission.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 25 und 26 der Verordnung 2015/1589 heißt es:

„(25)

Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind, sollte wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. Die Anwendung dieser Verfahren sollte jedoch die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs durch Verhinderung der sofortigen und tatsächlichen Vollstreckung des Beschlusses der Kommission nicht erschweren. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirksamkeit des Beschlusses der Kommission treffen.

(26)

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in Bezug auf rechtswidrige Beihilfen eine Frist von zehn Jahren vorgesehen werden, nach deren Ablauf keine Rückforderung mehr angeordnet werden kann.“

4

Art. 16 („Rückforderung von Beihilfen“) der Verordnung 2015/1589 sieht vor:

„(1)   In Negativbeschlüssen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (im Folgenden ‚Rückforderungsbeschluss‘). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde.

(2)   Die aufgrund eines Rückforderungsbeschlusses zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

(3)   Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nach Artikel 278 AEUV erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung des Beschlusses der Kommission ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Unionsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen.“

5

Art. 17 („Verjährung der Rückforderung von Beihilfen“) der Verordnung 2015/1589 bestimmt in Abs. 1:

„Die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen gelten für eine Frist von zehn Jahren.“

6

Die vorstehenden Bestimmungen wurden aus der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 734/2013 des Rates vom 22. Juli 2013 (ABl. 2013, L 204, S. 15) geänderten Fassung, die durch die Verordnung 2015/1589 aufgehoben wurde, übernommen.

Portugiesisches Recht

7

Nach Art. 306 Abs. 1 des Código Civil (Zivilgesetzbuch) beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, sobald der Anspruch geltend gemacht werden kann.

8

Art. 309 („Allgemeine Frist“) des Zivilgesetzbuchs sieht vor:

„Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt 20 Jahre.“

9

Art. 310 dieses Gesetzbuchs bestimmt:

„In fünf Jahren verjähren:

d)

vertragliche oder gesetzliche Zinsen, auch wenn sie noch nicht fällig sind, sowie von Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden;

…“

10

Nach Art. 323 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs wird durch eine Ladung oder eine gerichtliche Benachrichtigung über eine Handlung, die mittelbar oder unmittelbar die Absicht ausdrückt, den Anspruch geltend zu machen, unterbrochen.

11

Art. 40 des Decreto-Lei no 155/92 (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 155/92) vom 28. Juli 1992 (Diário da República, Reihe I‑A, Nr. 172 vom 28. Juli 1992) legt die Regelung über die Finanzverwaltung des Staates fest. Diese Vorschrift („Verjährung“) sieht vor:

„1   – Die Verpflichtung zur Rückerstattung der erhaltenen Beträge verjährt in fünf Jahren ab deren Empfang.

2   – Diese Frist wird durch das Vorliegen allgemeiner Gründe der Verjährungsunterbrechung oder ‑hemmung unterbrochen bzw. gehemmt.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12

Am 8. April 1993 und am 7. Juli 1993 schloss die Klägerin des Ausgangsverfahrens, Nelson Antunes da Cunha, mit der Caixa de Crédito Agrícola Mútuo – Coimbra (CCAM Coimbra) auf eine Kreditlinie zur Wiederherstellung landwirtschaftlicher Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit bezogene Kreditverträge ab.

13

Mit dem Decreto-Lei n.o 146/94 (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 146/94) vom 24. Mai 1994 (Diário da República, Reihe I‑A, Nr. 120 vom 24. Mai 1994) wurde eine Regelung über die Bereitstellung von Kreditlinien geschaffen, mit der zum einen die Entschuldung von Intensivhaltungsbetrieben und zum anderen die Wiederherstellung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Schweinesektors gefördert werden sollte. Diese Regelung wurde von der Portugiesischen Republik entgegen den Anforderungen von Art. 88 Abs. 3 EG nicht bei der Kommission angemeldet.

14

Im Rahmen dieser Kreditverträge zahlte der Rechtsvorgänger des IFAP Nelson Antunes da Cunha nach dem Gesetzesvertretenden Dekret Nr. 146/94 zwischen 1994 und 1996 insgesamt 7526,90 Euro als Zinszuschüsse (4189,90 Euro wurden am 12. Juli 1994 ausgezahlt, 2513,94 Euro am 12. Juli 1995 und 823,06 Euro am 30. April 1996, im Folgenden: in Rede stehende Beihilfe).

15

Am 25. November 1999 erließ die Kommission die Entscheidung 2000/200/EG über die von Portugal durchgeführte Beihilferegelung zur Entschuldung von Intensivhaltungsbetrieben und zur Wiederherstellung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Schweinesektors (ABl. 2000, L 66, S. 20, im Folgenden: Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999).

16

Aus dem verfügenden Teil dieser an die Portugiesische Republik gerichteten Entscheidung geht im Wesentlichen hervor, dass die mit dem Gesetzesvertretenden Dekret Nr. 146/94 geschaffene Regelung über die Bereitstellung von Kreditlinien eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilferegelung ist. Ferner ergibt sich daraus, dass die Portugiesische Republik diese Beihilferegelung aufheben und alle notwendigen Maßnahmen ergreifen muss, um die bereits rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern. Die Rückforderung erfolgt im Einklang mit den nationalen Verfahrensvorschriften, und die zurückgeforderten Beträge schließen Zinsen ab dem Zeitpunkt ein, ab dem die rechtswidrige Beihilfe den Empfängern zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Portugiesische Republik teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

17

Am 23. Juli 2002 übermittelte der Rechtsvorgänger des IFAP an Nelson Antunes da Cunha ein Schreiben, in dem von Letzterer die Rückerstattung der in Rede stehenden Beihilfe gefordert wurde. Nelson Antunes da Cunha kam diesem Schreiben nicht nach.

18

Am 12. August 2009 übermittelte das IFAP ein weiteres Schreiben an diese Gesellschaft, das bei ihr am 13. August 2009 einging und in dem sie aufgefordert wurde, innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen ab Erhalt dieses Schreibens die in Rede stehende Beihilfe zurückzuzahlen.

19

Am 7. Juli 2013 wurde vom Serviço de Finanças de Cantanhede (Finanzamt Cantanhede, Portugal) gegen Nelson Antunes da Cunha ein Steuervollstreckungsverfahren zur Einziehung der Forderungen des IFAP in Höhe von 7526,90 Euro für die in Rede stehende Beihilfe zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 7426,66 Euro eingeleitet.

20

Nelson Antunes da Cunha legte gegen dieses Verfahren beim vorlegenden Gericht, dem Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra (Verwaltungs- und Finanzgericht Coimbra, Portugal), Einspruch ein. Sie behauptet zum einen, nach Art. 40 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 155/92 verjähre die Verpflichtung zur Rückerstattung der erhaltenen Beträge mit dem Ablauf von fünf Jahren nach Erhalt dieser Beträge, so dass die Verpflichtung zur Rückerstattung der in Rede stehenden Beihilfe verjährt sei. Zum anderen macht sie hinsichtlich der Verzugszinsen geltend, auch diese seien nach Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs verjährt, weil seit dem Zeitpunkt, an dem die Verbindlichkeit, mit der sie verbunden seien, fällig geworden sei, mehr als fünf Jahre vergangen seien.

21

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das nationale Recht keine besondere Verjährungsfrist für die Vollstreckung eines Bescheids zur Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe vorsehe, so dass die nationalen Obergerichte entschieden hätten, dass für Verbindlichkeiten gegenüber dem IFAP aus der Rückforderung von durch den portugiesischen Staat gewährten finanziellen Beihilfen, die durch Beschluss der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen angesehen würden, die in Art. 309 des Zivilgesetzbuchs vorgesehene allgemeine Verjährungsfrist von 20 Jahren gelte.

22

Das vorlegende Gericht fügt hinsichtlich der Verjährung der für die eigentliche Beihilfe anfallenden Zinsen hinzu, die nationalen Obergerichte hätten entschieden, dass nicht ohne weitere Formalitäten der Schluss gezogen werden könne, dass für solche Zinsen die in Art. 309 des Zivilgesetzbuchs vorgesehene Verjährungsfrist von 20 Jahren gelte. Tatsächlich verjähren nach Ansicht dieser Gerichte vertragliche oder gesetzliche Zinsen, auch wenn sie noch nicht fällig sind, gemäß Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren, einer Frist, die nach der Vorschrift des Art. 306 dieses Gesetzbuchs ab Fälligkeit der Verpflichtung zu laufen beginnt.

23

Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu staatlichen Beihilfen, nach der die Anwendung der nationalen Verfahren die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs nicht erschweren darf, indem sie die sofortige und tatsächliche Durchführung des Rückforderungsbeschlusses der Kommission verhindert, und in Anbetracht der sich aus dem 26. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/1589 ergebenden Absicht des Unionsgesetzgebers möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren nur im Verhältnis zwischen der Europäischen Union und dem Mitgliedstaat, der die Beihilfe gewährt hat, oder auch im Verhältnis zwischen diesem Staat und dem Empfänger der rechtswidrigen Beihilfe gilt.

24

Das vorlegende Gericht möchte auch wissen, ob Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, nach dem die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen umfasst, und der Effektivitätsgrundsatz der Anwendung der in Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs vorgesehenen Verjährungsfrist von fünf Jahren auf die Rückforderung der Zinsen, die auf eine solche staatliche Beihilfe anfallen, entgegenstehen.

25

Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass dann, wenn die Zinsen, die für den Zeitraum zahlbar seien, der vor den fünf Jahren liege, die der in Art. 323 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs genannten verjährungsunterbrechenden Handlung vorangingen, als verjährt betrachtet werden, die Forderung in Bezug auf die Zinsen, die auf eine staatliche Beihilfe anfallen, verjährt sein könnte, noch bevor das Recht der Kommission, die Rückforderung dieser Beihilfe zu verlangen, selbst verjährt sei.

26

Auf ein Ersuchen um Klarstellung, das der Gerichtshof gemäß Art. 101 seiner Verfahrensordnung dem vorlegenden Gericht übermittelt hatte, hat dieses zu den Umständen des Ausgangsverfahrens ausgeführt, dass die Verjährungsfrist von fünf Jahren erst durch ein Einschreiben ohne Rückschein vom 26. Juli 2013 unterbrochen worden sei und dass alle vor dem 26. Juni 2008 fälligen Zinsen verjährt seien.

27

Zudem könne die in Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs vorgesehene Verjährungsfrist von fünf Jahren im Licht des nationalen Rechts nicht als durch ein wie auch immer geartetes Schreiben unterbrochen betrachtet werden, das von der Kommission an die portugiesischen Behörden oder durch Letztere an die Beihilfeempfängerin geschickt worden sei, da dieses Schreiben keine Ladung oder Benachrichtigung über eine gerichtliche Handlung im Sinne von Art. 323 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs sei.

28

Unter diesen Umständen hat das Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra (Verwaltungs- und Finanzgericht Coimbra) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Gilt die Verjährungsfrist zur Ausübung der in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 vorgesehenen Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen nur im Verhältnis zwischen der Union und dem Mitgliedstaat, an den sich der Rückforderungsbeschluss richtet, oder gilt sie auch im Verhältnis zwischen diesem Staat und dem Vollstreckungsgegner als Begünstigten der als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehenen Beihilfe?

2.

Falls diese Frist auch im Verhältnis zwischen dem Mitgliedstaat, an den sich der Beschluss zur Rückforderung der Beihilfen richtet, und dem Begünstigten der als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehenen Beihilfe gelten sollte, ist dann davon auszugehen, dass sie lediglich für das Verfahren zum Erlass des Rückforderungsbeschlusses gilt, oder gilt sie auch für dessen Vollstreckung?

3.

Sollte diese Frist im Verhältnis zwischen dem Mitgliedstaat, an den sich der Beschluss zur Rückforderung der Beihilfen richtet, und dem Begünstigten der als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehenen Beihilfe gelten, ist dann davon auszugehen, dass diese Frist durch jede Handlung der Kommission oder des betreffenden Mitgliedstaats unterbrochen wird, die mit der rechtswidrigen Beihilfe im Zusammenhang steht, auch wenn sie dem Begünstigten der zu erstattenden Beihilfe nicht bekannt gegeben worden ist?

4.

Stehen Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589 und die Grundsätze des Unionsrechts – konkret die Grundsätze der Effektivität und der Unvereinbarkeit von staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt – der Möglichkeit entgegen, auf die Zinsen, die auf die zurückzufordernde Beihilfe anfallen, eine kürzere als die in Art. 17 der angeführten Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist anzuwenden, etwa diejenige, die in Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs festgelegt ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

29

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift für die Ausübung der Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren nur im Verhältnis zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat, an den sich der Rückforderungsbeschluss der Kommission richtet, oder auch im Verhältnis zwischen diesem Staat und dem Begünstigten der als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehenen Beihilfe gilt.

30

Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589, der eine Verjährungsfrist von zehn Jahren vorsieht, zielt ausschließlich auf die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung der Beihilfe ab (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Januar 2019, Fallimento Traghetti del Mediterraneo, C‑387/17, EU:C:2019:51, Rn. 52).

31

Diese Frist kann also nicht auf das Verfahren der Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe durch die zuständigen nationalen Behörden angewandt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 108 und 109).

32

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass die Verordnung 2015/1589, soweit sie Vorschriften verfahrensrechtlicher Art enthält, die auf alle staatliche Beihilfen betreffenden Verwaltungsverfahren anwendbar sind, die bei der Kommission anhängig sind, die Praxis der Kommission auf dem Gebiet der Prüfung staatlicher Beihilfen kodifiziert und verstärkt und keine Vorschrift über die Befugnisse und Pflichten der nationalen Gerichte enthält, für die weiter die Bestimmungen des Vertrags in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof gelten (vgl. entsprechend Urteile vom 23. Januar 2019, Fallimento Traghetti del Mediterraneo, C‑387/17, EU:C:2019:51, Rn. 66, und vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 110). Dies gilt genauso für die Befugnisse und Pflichten der nationalen Verwaltungsbehörden (Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 111).

33

Demnach ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift für die Ausübung der Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren nur im Verhältnis zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat, an den sich der Rückforderungsbeschluss der Kommission richtet, gilt.

Zur zweiten und zur dritten Frage

34

Unter Berücksichtigung der Antwort auf die erste Frage brauchen die zweite und die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

Zur vierten Frage

35

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen umfasst, und der in Art. 16 Abs. 3 dieser Verordnung zum Ausdruck kommende Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sind, dass sie der Anwendung einer nationalen Verjährungsfrist auf die Rückforderung dieser Zinsen entgegenstehen, die kürzer ist als die in Art. 17 Abs. 1 der genannten Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren.

Vorbemerkungen

36

Sowohl das IFAP als auch die portugiesische Regierung bestreiten die Auslegung des vorlegenden Gerichts, wonach die Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs auf die Rückforderung von für die zurückzufordernde Beihilfe anfallenden Zinsen Anwendung finden und die Rückforderung dieser Zinsen erschweren kann.

37

Das IFAP ist der Ansicht, dass es im vorliegenden Fall seine Forderung gegen Nelson Antunes da Cunha erst ab dem Ende des Verwaltungsverfahrens zur Rückforderung der Beihilfen, also ab dem in Rn. 17 des vorliegenden Urteils genannten Datum des Schreibens vom 23. Juli 2002, geltend machen könne. Folglich sei der Anspruch auf Rückforderung der auf die in Rede stehende Beihilfe anfallenden Zinsen nicht verjährt. Die portugiesische Regierung trägt vor, sowohl für die Rückforderung der eigentlichen Beihilfe als auch für die Verzugszinsen, die auf diese Beihilfe anfielen, gelte die allgemeine nationale Verjährungsfrist von 20 Jahren, da das portugiesische Recht keine besondere Frist für die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen staatlichen Beihilfen vorsehe.

38

Hierzu genügt der Hinweis, dass der Gerichtshof, wenn ihm ein nationales Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen vorlegt, von der Auslegung des nationalen Rechts ausgeht, die ihm dieses Gericht vorgetragen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games u. a., C‑685/15, EU:C:2017:452, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher muss die Prüfung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens, ungeachtet der Kritik der Parteien des Ausgangsverfahrens und der Beteiligten an der vom vorlegenden Gericht vorgenommenen Auslegung des nationalen Rechts, in Ansehung der von diesem Gericht vorgenommenen Auslegung dieses Rechts erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2016, New Valmar, C‑15/15, EU:C:2016:464, Rn. 25).

Zur Frage

39

Es ist unstreitig, dass die Portugiesische Republik verpflichtet war, die in der Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999 genannte Beihilfe einschließlich Zinsen gemäß dem verfügenden Teil dieser Entscheidung und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589 zurückzufordern.

40

Nach Art. 16 Abs. 3 dieser Verordnung erfolgt die Rückforderung einer solchen Beihilfe nach den im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung des Beschlusses der Kommission ermöglicht wird.

41

Zwar sind nämlich die nationalen Verjährungsvorschriften grundsätzlich auf die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen anwendbar, diese Vorschriften sind jedoch so anzuwenden, dass die nach dem Unionsrecht verlangte Rückforderung nicht praktisch unmöglich gemacht wird und das Interesse der Union in vollem Umfang berücksichtigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juni 2003, Kommission/Spanien, C‑404/00, EU:C:2003:373, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42

Ferner ist hervorzuheben, dass das Hauptziel der Rückerstattung einer zu Unrecht gezahlten staatlichen Beihilfe in der Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung besteht, die durch den aufgrund der rechtswidrigen Beihilfe entstandenen Wettbewerbsvorteil verursacht wurde (Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Wiederherstellung der Situation vor der Zahlung einer rechtswidrigen oder mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe ist für die Erhaltung der praktischen Wirksamkeit der Bestimmungen der Verträge über staatliche Beihilfen unbedingt erforderlich (Urteil vom 19. Dezember 2019, Arriva Italia u. a., C‑385/18, EU:C:2019:1121, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Die Rückforderungspflicht gilt nur dann als erfüllt, wenn der betreffende Mitgliedstaat den Betrag der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe einschließlich Zinsen tatsächlich wiedererlangt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Februar 2008, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, EU:C:2008:79, Rn. 54, und vom 3. September 2015, A2A, C‑89/14, EU:C:2015:537, Rn. 42).

44

Außerdem ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Verjährungsfristen allgemein den Zweck erfüllen, Rechtssicherheit zu gewährleisten (Urteil vom 23. Januar 2019, Fallimento Traghetti del Mediterraneo, C‑387/17, EU:C:2019:51, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Auch wenn die Gebote der Rechtssicherheit gewahrt werden müssen, sind sie jedoch gegen das öffentliche Interesse abzuwägen, mit dem verhindert werden soll, dass das Funktionieren des Marktes durch wettbewerbsschädliche Beihilfen verfälscht wird; deshalb ist es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderlich, dass rechtswidrige Beihilfen zur Wiederherstellung der früheren Lage zurückgezahlt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, C‑169/95, EU:C:1997:10, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Da die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission in Art. 108 AEUV zwingend vorgeschrieben ist, dürfen nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung zum einen die von einer Beihilfe begünstigten Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn sie unter Einhaltung des in diesem Artikel vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde; zum anderen ist es einem sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmer regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde. Insbesondere kann der Empfänger einer Beihilfe, wenn sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde, so dass sie gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig ist, in diesem Moment kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben (Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie der Generalanwalt in Nr. 67 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gilt dies sowohl im Fall von Einzelbeihilfen als auch im Fall von Beihilfen, die im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt wurden.

47

Aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass im Ausgangsverfahren die für die auf die in Rede stehende Beihilfe anfallenden Zinsen gemäß Art. 310 Buchst. d des Zivilgesetzbuchs geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren erst am 26. Juli 2013 unterbrochen wurde und nach dieser Bestimmung alle vor dem 26. Juni 2008 fälligen Zinsen verjährt sind. Daraus ergibt sich also, dass die Anwendung dieser Verjährungsfrist die Rückforderung eines Teils der auf die in Rede stehende Beihilfe anfallenden Zinsen und damit die vollständige Rückforderung dieser Beihilfe erschweren kann.

48

Darüber hinaus hat das vorlegende Gericht festgestellt, dass die Forderung in Bezug auf die auf eine Beihilfe anfallenden Zinsen verjährt sein könnte, noch bevor das Recht der Kommission, die Rückforderung dieser Beihilfe zu verlangen, verjährt sei, da die Zinsen, die für den Zeitraum zahlbar seien, der vor den fünf Jahren liege, die der verjährungsunterbrechenden Handlung vorangingen, als verjährt betrachtet würden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat die Kommission zudem hervorgehoben, dass die Anwendung einer solchen nationalen Verjährungsfrist im vorliegenden Fall zur Verjährung eines Teils der Zinsen, die auf die erste Zahlung der in Rede stehenden Beihilfe anfielen, führen würde, da zwischen dieser ersten Zahlung im Laufe des Jahres 1994 und der Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999 mehr als fünf Jahre vergangen seien.

49

Was erstens die Verjährung eines Teils der Zinsen, die auf die in Rede stehende Beihilfe vor dem Erlass der Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999 anfallen, anbelangt, ist festzustellen, dass diese Verjährung die nach dem Unionsrecht verlangte vollständige Rückforderung unmöglich machen würde.

50

Wie der Generalanwalt in Nr. 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann die Kommission innerhalb der in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 vorgesehenen Frist von zehn Jahren stets die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe verlangen, und zwar ungeachtet des möglichen Ablaufs der im nationalen Verfahren geltenden Verjährungsfrist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 114).

51

Wie sich außerdem aus der in Rn. 46 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, kann Nelson Antunes da Cunha sich im vorliegenden Fall nicht auf ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe berufen, da diese von der Portugiesischen Republik ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde.

52

Eine nationale Verjährungsfrist, die auf die Beitreibung einer zurückzufordernden Beihilfe anwendbar ist, die abgelaufen ist, noch bevor der Rückforderungsbeschluss der Kommission erlassen wurde, ist daher vom vorlegenden Gericht unangewendet zu lassen.

53

Was zweitens die Verjährung eines Teils der Zinsen, die auf die in Rede stehende Beihilfe nach dem Erlass der Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999 anfallen, anbelangt, ist festzustellen, dass gemäß Art. 16 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 die Vollstreckung eines Rückforderungsbeschlusses der Kommission sofort erfolgen muss.

54

Aus den schriftlichen Erklärungen des IFAP geht jedoch hervor, dass sein Rechtsvorgänger, um der genannten Entscheidung nachzukommen, am 23. Juli 2002, also fast drei Jahre nach dem Erlass dieser Entscheidung, Nelson Antunes da Cunha ein Schreiben übermittelte, in dem von Letzterer die Rückerstattung des Betrags in Höhe von 7526,90 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Zinsen gefordert wurde. Da Nelson Antunes da Cunha dieser Forderung nicht nachkam, übermittelte das IFAP ihr am 12. August 2009, also fast zehn Jahre nach dem Erlass dieser Entscheidung, ein neues Schreiben, in dem die Rückerstattung der in Rede stehenden Beihilfe verlangt wurde. Nach einiger Korrespondenz zwischen Nelson Antunes da Cunha und dem IFAP wurde am 26. Juli 2013 schließlich ein Verfahren zur Beitreibung dieser Forderung eingeleitet, das die Verjährungsfrist unterbrochen hat.

55

Die Verjährung eines Teils der Zinsen, die auf die in Rede stehende Beihilfe nach dem Erlass der Entscheidung der Kommission vom 25. November 1999 anfallen, folgt also in erster Linie daraus, dass der Rechtsvorgänger des IFAP und das IFAP die Vollstreckung dieser Entscheidung verzögert haben; fast 14 Jahre vergingen zwischen dem Erlass dieser Entscheidung und der Verjährungsunterbrechung, wie die Kommission während der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof betont hat.

56

Die Verjährung der Zinsen, die auf eine rechtswidrige Beihilfe anfallen, zuzulassen, weil die nationalen Behörden der Rückforderungsentscheidung der Kommission vom 25. November 1999 verspätet nachgekommen sind, hieße jedoch, die vollständige Rückforderung dieser Beihilfe praktisch unmöglich zu machen und den Unionsvorschriften über die staatlichen Beihilfen jede praktische Wirksamkeit zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 37).

57

Darüber hinaus beschränkt sich die Rolle der nationalen Behörden bei staatlichen Beihilfen, die von der Kommission für unvereinbar erklärt werden, auf die Durchführung der Entscheidungen der Kommission. Diese Behörden verfügen somit bezüglich der Rückforderung dieser Beihilfe über keinerlei Ermessen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 34).

58

Da die nationale Behörde kein Ermessen besitzt, ist der Empfänger einer rechtswidrig gewährten Einzelbeihilfe nicht mehr im Ungewissen, sobald die Kommission eine Entscheidung erlassen hat, in der die Beihilfe für unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung verlangt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 36). Wie der Generalanwalt in den Nrn. 77 und 78 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gilt diese Beurteilung auch für Beihilfen im Rahmen einer Beihilferegelung.

59

Im vorliegenden Fall kann diese Situation von Nelson Antunes da Cunha daher nicht mit derjenigen gleichgesetzt werden, in der ein Wirtschaftsteilnehmer nicht weiß, ob die zuständige Behörde eine Entscheidung treffen wird, und in der der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt, dass diese Ungewissheit nach Ablauf einer bestimmten Frist beendet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 35).

60

Unter diesen Umständen darf, wie der Generalanwalt in Nr. 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der Grundsatz der Rechtssicherheit, den die Verjährungsfristen gewährleisten sollen, die Rückforderung einer für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärten Beihilfe nicht erschweren.

61

Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen umfasst, und der in Art. 16 Abs. 3 dieser Verordnung zum Ausdruck kommende Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sind, dass sie der Anwendung einer nationalen Verjährungsfrist auf die Rückforderung einer Beihilfe entgegenstehen, wenn diese Frist abgelaufen ist, noch bevor der Beschluss der Kommission erlassen wurde, mit dem diese Beihilfe für rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung verlangt wird, oder wenn diese Verjährungsfrist in erster Linie deshalb abgelaufen ist, weil die nationalen Behörden die Vollstreckung dieses Beschlusses verzögert haben.

Kosten

62

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift für die Ausübung der Befugnisse der Europäischen Kommission zur Rückforderung von Beihilfen vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren nur im Verhältnis zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat, an den sich der Rückforderungsbeschluss der Kommission richtet, gilt.

 

2.

Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen umfasst, und der in Art. 16 Abs. 3 dieser Verordnung zum Ausdruck kommende Effektivitätsgrundsatz sind dahin auszulegen, dass sie der Anwendung einer nationalen Verjährungsfrist auf die Rückforderung einer Beihilfe entgegenstehen, wenn diese Frist abgelaufen ist, noch bevor der Beschluss der Kommission erlassen wurde, mit dem diese Beihilfe für rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung verlangt wird, oder wenn diese Verjährungsfrist in erster Linie deshalb abgelaufen ist, weil die nationalen Behörden die Vollstreckung dieses Beschlusses verzögert haben.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.

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