EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62015CJ0112

Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 17. März 2016.
Kødbranchens Fællesråd gegen Ministeriet for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri und Fødevarestyrelsen.
Vorabentscheidungsersuchen des Østre Landsret.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Verordnung (EG) Nr. 882/2004 – Verordnung (EG) Nr. 854/2004 – Amtliche Kontrollen von Lebens- und Futtermitteln – Gebühren, die von den Mitgliedstaaten zur Deckung der durch die amtlichen Kontrollen entstehenden Kosten erhoben werden können – Kosten in Verbindung mit der Ausbildung von amtlichen Fachassistenten.
Rechtssache C-112/15.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:185

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

17. März 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Rechtsangleichung — Verordnung (EG) Nr. 882/2004 — Verordnung (EG) Nr. 854/2004 — Amtliche Kontrollen von Lebens- und Futtermitteln — Gebühren, die von den Mitgliedstaaten zur Deckung der durch die amtlichen Kontrollen entstehenden Kosten erhoben werden können — Kosten in Verbindung mit der Ausbildung von amtlichen Fachassistenten“

In der Rechtssache C‑112/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Østre Landsret (Landgericht der Region Ost, Dänemark) mit Entscheidung vom 2. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2015, in dem Verfahren

Kødbranchens Fællesråd, handelnd für die Århus Slagtehus A/S, die Danish Crown A.m.b.A. Oksekødsdivisionen, die Hadsund Kreaturslagteri A/S, die Hjalmar Nielsens Eksportslagteri A/S, die Kjellerup Eksportslagteri A/S, die Mogens Nielsen Kreaturslagteri A/S und die Vejle Eksportslagteri A/S,

gegen

Ministeriet for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri,

Fødevarestyrelsen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter), des Richters E. Juhász und der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

des Kødbranchens Fællesråd, handelnd für die Århus Slagtehus A/S, die Hadsund Kreaturslagteri A/S, die Hjalmar Nielsens Eksportslagteri A/S, die Kjellerup Eksportslagteri A/S, die Vejle Eksportslagteri A/S, vertreten durch H. Sønderby Christensen, advokat,

des Kødbranchens Fællesråd, handelnd für die Danish Crown A.m.b.A. Oksekødsdivisionen und die Mogens Nielsen Kreaturslagteri A/S, vertreten durch M. Honoré und H. Djurhuus, advokater,

der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von R. Holdgaard, advokat,

der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Støvlbæk und D. Bianchi als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und des Anhangs VI Nrn. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel‑ und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165, S. 1, Berichtigung im ABl. 2004, L 191, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Kødbranchens Fællesråd (Verband der Fleischwirtschaft), der als Bevollmächtigter von sieben Schlachtbetrieben, nämlich der Århus Slagtehus A/S, der Danish Crown A.m.b.A. Oksekødsdivisionen, der Hadsund Kreaturslagteri A/S, der Hjalmar Nielsens Eksportslagteri A/S, der Kjellerup Eksportslagteri A/S, der Mogens Nielsen Kreaturslagteri A/S und der Vejle Eksportslagteri A/S (im Folgenden zusammen: Schlachtbetriebe), handelt, auf der einen und dem Ministerium for Fødevarer, Landbrug og Fiskeri (Ministerium für Lebensmittel, Landwirtschaft und Fischerei) und der Fødevarestyrelse (Lebensmittelbehörde) auf der anderen Seite wegen der Erhebung von Gebühren zur Deckung der Kosten, die durch die amtlichen Kontrollen von Lebens‑ und Futtermitteln entstehen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 854/2004

3

Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. L 139, S. 206, Berichtigung im ABl. 2004, L 226, S. 83) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 517/2013 des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 854/2004) sieht in ihrem Art. 2 Abs. 1 Buchst. h vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

h)

‚amtlicher Fachassistent‘ eine Person, die im Sinne dieser Verordnung qualifiziert ist, als solche zu handeln, die von der zuständigen Behörde benannt wird und unter Aufsicht und Verantwortung eines amtlichen Tierarztes arbeitet“.

4

Art. 5 Nr. 1, Nr. 4, Nr. 5 Buchst. a und Nr. 7 der Verordnung Nr. 854/2004 bestimmt:

„1.   Gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Anhangs I Abschnitt I Kapitel II und den besonderen Bestimmungen des Anhangs I Abschnitt IV führt der amtliche Tierarzt in Schlachthöfen, Wildbearbeitungsbetrieben und Zerlegungsbetrieben, die frisches Fleisch in Verkehr bringen, Inspektionen vor allem in Bezug auf Folgendes durch:

4.   Amtliche Fachassistenten können den amtlichen Tierarzt bei der amtlichen Überwachung nach Anhang I Abschnitte I und II in der in Anhang I Abschnitt III Kapitel I dargestellten Weise unterstützen. Dabei arbeiten sie als Teil eines unabhängigen Teams.

a)

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass sie über genügend amtliches Personal verfügen, damit die amtliche Überwachung gemäß Anhang I in der in Anhang I Abschnitt III Kapitel II festgelegten Häufigkeit erfolgen kann.

7.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die amtlichen Tierärzte und die amtlichen Fachassistenten über die erforderliche Qualifikation verfügen und sich gemäß Anhang I Abschnitt III Kapitel IV einer entsprechenden Ausbildung unterziehen.“

5

Anhang I der Verordnung Nr. 854/2004 betrifft Frischfleisch und umfasst u. a. einen Abschnitt I über die Überprüfungs- und Inspektionsaufgaben des amtlichen Tierarztes sowie einen Abschnitt III („Zuständigkeiten und Häufigkeit der Kontrollen“).

6

Anhang I Abschnitt III der Verordnung Nr. 854/2004 enthält ein Kapitel I („Amtliche Fachassistenten“), wonach „[a]mtliche Fachassistenten … den amtlichen Tierarzt bei allen Aufgaben unterstützen [dürfen], wobei folgende Einschränkungen und die in Abschnitt IV festgelegten spezifischen Vorschriften gelten“. Im gleichen Abschnitt befindet sich ein Kapitel III („Beteiligung von Schlachthofpersonal“), das vorsieht, dass die Mitgliedstaaten gestatten können, dass Schlachthofpersonal die Tätigkeiten der amtlichen Fachassistenten bei der Kontrolle der Erzeugung von Geflügel- und Kaninchenfleisch übernimmt.

7

Abschnitt III umfasst auch ein Kapitel IV („Berufliche Qualifikationen“). Teil B („Amtliche Fachassistenten“) dieses Kapitels bestimmt:

„1.

Die zuständige Behörde darf nur Personen zu amtlichen Fachassistenten ernennen, die sich … einer Schulung unterzogen und eine Prüfung bestanden haben.

6.

Die amtlichen Fachassistenten müssen durch regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen und Fachliteratur ihre Kenntnisse aktualisieren und sich über neue Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

Die amtlichen Fachassistenten müssen sich so weit irgend möglich jährlichen Fortbildungsmaßnahmen unterziehen.

…“

Verordnung Nr. 882/2004

8

In den Erwägungsgründen 6, 11, 12 und 32 der Verordnung Nr. 882/2004 heißt es:

„(6)

Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und das Lebensmittelrecht sowie die Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden. Zu diesem Zweck sollten amtliche Kontrollen durchgeführt werden.

(11)

Die für amtliche Kontrollen zuständigen Behörden sollten eine Reihe operationeller Kriterien erfüllen, damit ihre Unparteilichkeit und Effizienz gewährleistet ist. So sollten sie über ausreichendes und entsprechend qualifiziertes und erfahrenes Personal sowie über adäquate Einrichtungen und Ausrüstungen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügen.

(12)

Die amtlichen Kontrollen sollten unter Anwendung geeigneter, eigens hierfür entwickelter Methoden durchgeführt werden, einschließlich Routinekontrollen, aber auch intensiverer Kontrollen wie Inspektionen, Verifizierungen, Überprüfungen, Entnahme und Untersuchung von Proben. Die ordnungsgemäße Anwendung dieser Techniken setzt eine entsprechende Schulung des die amtlichen Kontrollen durchführenden Personals voraus. Außerdem sind Schulungen erforderlich, damit sichergestellt ist, dass die Kontrollbehörden einheitliche Entscheidungen treffen, insbesondere was die Umsetzung der Grundsätze der Gefahrenanalyse und der Überwachung kritischer Kontrollpunkte (HACCP-Grundsätze) anbelangt.

(32)

Für die Durchführung amtlicher Kontrollen sollten ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden. Daher sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben können, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen. Dabei steht es den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten frei, die Gebühren und Kostenbeiträge auf der Grundlage der entstandenen Kosten und unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten als Pauschalbeträge festzulegen. Werden die Unternehmer zur Abgabe von Gebühren verpflichtet, so sollten hierfür einheitliche Grundsätze gelten. Es ist daher angezeigt, die Kriterien für die Bestimmung der Höhe von Inspektionsgebühren festzulegen …“

9

Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 882/2004 bestimmt:

„In dieser Verordnung werden allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen festgelegt, mit denen überprüft werden soll, ob Bestimmungen eingehalten werden, die insbesondere darauf abzielen,

a)

unmittelbar oder über die Umwelt auftretende Risiken für Mensch und Tier zu vermeiden, zu beseitigen oder auf ein annehmbares Maß zu senken“.

10

Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung nennt die allgemeinen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Organisation amtlicher Kontrollen und sieht insbesondere vor, dass diese amtlichen Kontrollen „regelmäßig, auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit … durchgeführt werden, damit die Ziele der vorliegenden Verordnung erreicht werden“; dabei berücksichtigen sie die in dieser Bestimmung angeführten Gesichtspunkte.

11

In Art. 6 („Kontrollpersonal“) dieser Verordnung heißt es:

„Die zuständige Behörde stellt sicher, dass das gesamte Kontrollpersonal:

a)

eine seinem Aufgabenbereich angemessene Ausbildung bzw. Schulung erhält, die es dazu befähigt, seine Aufgaben fachkundig wahrzunehmen und amtliche Kontrollen sachgerecht durchzuführen. Diese Ausbildung bzw. Schulung deckt die in Anhang II Kapitel I genannten entsprechenden Bereiche ab;

b)

sich in seinem Aufgabenbereich regelmäßig weiterbildet und sich bei Bedarf regelmäßig einer Nachschulung unterzieht;

…“

12

Art. 26 der Verordnung sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene finanzielle Mittel für die amtlichen Kontrollen verfügbar sind, und zwar aus beliebigen Mitteln, die sie für angemessen halten, einschließlich einer allgemeinen Besteuerung oder der Einführung von Gebühren oder Kostenbeiträgen, damit die erforderlichen personellen und sonstigen Mittel bereitgestellt werden können.“

13

Art. 27 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 882/2004 bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten können Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen.

(4)   Die gemäß Absatz 1 oder 2 zum Zwecke von amtlichen Kontrollen erhobenen Gebühren:

a)

dürfen nicht höher sein als die von den zuständigen Behörden getragenen Kosten in Bezug auf die Ausgaben gemäß Anhang VI“.

14

Anhang VI der Verordnung Nr. 882/2004 legt die bei der Berechnung der Gebühren zu berücksichtigenden Kriterien wie folgt dar:

„1.

Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals,

2.

Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzte Personal, einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten,

3.

Kosten für Probenahme und Laboruntersuchung.“

Dänisches Recht

15

§ 1 der Ministerialverordnung Nr. 1455 über die Ausbildung zum Inspektionstechniker bei der Überwachung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs vom 13. Dezember 2006 (Bekendtgørelse nr. 1455 om uddannelsen til tilsynstekniker inden for kontrol med animalske produkter) (im Folgenden: Ministerialverordnung Nr. 1455/2006) bestimmt:

„Ziel der Ausbildung ist es, die Absolventen dazu zu qualifizieren, unter Aufsicht und Verantwortung des amtlichen Tierarztes diesen bei besonderen Überwachungsaufgaben in Schlachthöfen, Wildbearbeitungsbetrieben und Zerlegungsbetrieben, die Frischfleisch in Verkehr bringen, gemäß der [Verordnung Nr. 854/2004] zu unterstützen. Der Absolvent soll außerdem dazu qualifiziert werden, unter der Verantwortung des Tierarztes die Überwachung in Mastgeflügelhaltungen durchzuführen.“

16

In § 2 der Ministerialverordnung Nr. 1455/2006 heißt es:

„(1)   Die Ausbildung ist eine Teilzeit-Berufsausbildung, die von Einrichtungen, die insoweit vom Undervisningsministerium [Unterrichtsministerium] zugelassen sind, als Erwachsenenfortbildung angeboten wird.

(2)   Die Ausbildung hat einen Umfang von 36 Wochen Vollzeitausbildung, die ein Praktikum von 16 Wochen umfasst.

…“

17

§ 3 der Ministerialverordnung Nr. 1455/2006 lautet:

„(1)   Die Einrichtungen können Bewerber mit einer einschlägigen Berufsausbildung oder drei Jahren einschlägiger Berufserfahrung zur Ausbildung zulassen.

(2)   Voraussetzung für die Zulassung zur Ausbildung ist eine Praktikumsvereinbarung zwischen dem Teilnehmer und einer regionalen Einheit der Lebensmittelbehörde [Fødevarestyrelse]“.

18

§ 1 der Ministerialverordnung Nr. 1649 vom 27. Dezember 2013 über die Vergütungen für die Kontrolle von Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren etc. (Bekendtgørelse om betaling for kontrol af fødevarer, foder og levende dyr m.v.) (im Folgenden: Ministerialverordnung Nr. 1649/2013) sieht vor:

„Die Verordnung erfasst die Bezahlung der Abgaben zur Finanzierung der Kontrollen etc., einschließlich der Aufsicht, Zulassung, Registrierung, Genehmigung, Anmeldung, Bescheinigung und Untersuchung in Verbindung mit Lebensmitteln, Futtermitteln, lebenden Tieren und Betrieben samt Ausrüstung und Erzeugnissen, einschließlich Nonfood-Erzeugnisse und nicht tierische Erzeugnisse. Ferner wird die Bezahlung der Abgaben zur Finanzierung der Unterstützung im Zusammenhang mit der Ausfuhr erfasst.“

19

§ 3 der Ministerialverordnung Nr. 1649/2013 bestimmt:

„Betriebe, die nach dem Lebensmittelrecht zur Schlachtung zugelassen sind und nicht von § 23 erfasst sind, bezahlen für die Kontrollen der Lebensmittelbehörde [Fødevarestyrelse] gemäß diesem Kapitel.“

20

In § 4 der Ministerialverordnung Nr. 1649/2013 heißt es:

„(1)   Die Höhe der Bezahlung nach § 3 bestimmt sich nach den festgestellten direkten und gemeinsamen Kontrollkosten.

(2)   Direkte Kontrollkosten für jeden einzelnen Betrieb umfassen Löhne und Gehälter etc. des Kontrollpersonals sowie die Aufwendungen für die Laboruntersuchungen von Proben und die Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der Durchführung der Kontrolle im jeweiligen Betrieb.

(4)   Folgende Gemeinkosten werden auf die Betriebe im Verhältnis zu ihren direkten Kontrollkosten umgelegt:

3)

Aufwendungen für und in Verbindung mit der Teilnahme des Kontrollpersonals an Fort- oder Weiterbildung, einschließlich der Ausbildung zum Inspektionstechniker für Kontrollpersonal, das zur Durchführung der Ausbildung eingestellt wird.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

21

Von allen dänischen Schlachtbetrieben werden seit dem Jahr 2000 Gebühren für Fleischhygienekontrollen erhoben, deren Höhe die Aufwendungen berücksichtigt, die der dänischen Lebensmittelbehörde für die Inspektionstechnikerausbildung entstanden sind. Zuvor bestanden für die Übernahme dieser Aufwendungen verschiedene Regelungen; gemäß einer dieser Regelungen gingen diese Aufwendungen als Staatsausgaben zulasten des Staatshaushalts.

22

Personen, die eine Ausbildung zum Inspektionstechniker im Lebensmittelsektor machen wollen, werden von der dänischen Lebensmittelbehörde als „Inspektionsassistenten“ mit einem befristeten Arbeitsverhältnis eingestellt. Ihre Einstellung ist an eine 36-wöchige Ausbildung gebunden. Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, haben die Inspektionsassistenten zuvor noch keine Fleischhygienekontrollen durchgeführt, müssen jedoch einen fachlichen Hintergrund von drei Jahren einschlägiger Berufserfahrung oder eine einschlägige Ausbildung als Schlachter, Fleischer oder Darmreiniger nachweisen, um zu dieser Ausbildung zugelassen zu werden. Während ihrer Ausbildung zum Inspektionstechniker müssen sie ein Praktikum in einem Schlachthof absolvieren sowie erfolgreich eine Prüfung ablegen, um als Inspektionstechniker eingestellt werden zu können. Dann können sie auf verschiedene Schlachtbetriebe verteilt werden, um in der Fleischhygienekontrolle tätig zu sein.

23

Aus dem vom vorlegenden Gericht festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sämtliche Kosten dieser Ausbildung, u. a. die Kosten für die den Auszubildenden gezahlten Löhne und Gehälter, auf die Schlachtbetriebe, einschließlich der Betriebe, denen kein oder nur wenige Inspektionstechniker zugewiesen wurden, umgelegt werden. Die Schlachtbetriebe sind somit verpflichtet, über die Gemeinkosten sämtliche mit der Ausbildung neuer Inspektionstechniker verbundene Kosten zu tragen, und zwar selbst dann, wenn die Inspektionsassistenten die für die Ernennung zum Inspektionstechniker erforderliche Prüfung nicht bestehen. Die Unternehmen müssen auch für die Assistenten zahlen, die als ausgebildete Inspektionstechniker bei der dänischen Lebensmittelbehörde auf anderen Dienstposten als solchen der Fleischhygienekontrolle beschäftigt werden oder Stellen außerhalb dieser Behörde antreten. Außerdem ist jeder Schlachtbetrieb verpflichtet, für die Ausbildung neuer Inspektionstechniker zu zahlen, unabhängig davon, ob ihm diese zugeteilt werden oder nicht.

24

Am 5. Februar 2009 erhob der Verband der Fleischwirtschaft als Bevollmächtigter von sieben dänischen Schlachtbetrieben eine Klage, mit dem Antrag, dass das Ministerium für Lebensmittel, Landwirtschaft und Fischerei anerkenne, dass weder die Aufwendungen für die Ausbildung von im Rahmen der Inspektionstechnikerausbildung eingestellten Personen noch die während dieser Ausbildung gezahlten Löhne und Gehälter bei der Festsetzung der Gebühr, die zur Deckung der durch die amtlichen Kontrollen entstandenen Kosten erhoben wird, berücksichtigt werden dürfen. Darüber hinaus beantragte der Verband die Erstattung etwaiger zu Unrecht erhobener Gebühren.

25

Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits eine Auslegung der Verordnung Nr. 882/2004 erforderlich ist, um festzustellen, ob die Löhne und Gehälter und die Kosten, die mit der Ausbildung neuer Inspektionstechniker verbunden sind, bei der Berechnung der Höhe der für die Fleischhygienekontrollen erhobenen Gebühren berücksichtigt werden können.

26

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts geht aus dem 32. Erwägungsgrund sowie aus den Art. 26 und 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 882/2004 hervor, dass die Mitgliedstaaten die durch die amtlichen Kontrollen entstehenden Kosten über eine Gebühr finanzieren können. Jedoch gehe aus Art. 27 Abs. 4 Buchst. a dieser Verordnung auch hervor, dass sich die gebührenfinanzierten Kosten auf die von den zuständigen Behörden getragenen Kosten in Bezug auf die Ausgaben gemäß Anhang VI dieser Verordnung beschränken müssten.

27

In diesem Zusammenhang hat das Østre Landsret (Landgericht der Region Ost) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 27 Abs. 4 Buchst. a in Verbindung mit Anhang VI Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 882/2004 dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, bei der Festsetzung der Gebühren, die von Unternehmen des Lebensmittelsektors erhoben werden, Aufwendungen für die Löhne und Gehälter und die Ausbildung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst einzubeziehen, die eingestellt wurden, um eine den Anforderungen an „amtliche Fachassistenten“ nach der Verordnung Nr. 854/2004 entsprechende Ausbildung zu absolvieren, die aber weder vor noch während ihrer Ausbildung Fleischhygienekontrollen durchführen?

Zur Vorlagefrage

28

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und Anhang VI Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 882/2004 dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Höhe der Gebühren, die von den Unternehmen des Lebensmittelsektors für amtliche Kontrollen erhoben werden, Aufwendungen für die Löhne und Gehälter und die Ausbildung der Personen einbeziehen, die die verpflichtende Grundausbildung zum amtlichen Fachassistenten absolvieren, die aber weder vor noch während ihrer Ausbildung Fleischhygienekontrollen durchführen.

29

Zunächst ist festzuhalten, dass nach Art. 5 Nrn. 1 und 4 der Verordnung Nr. 854/2004 sowie nach Anhang I Abschnitte I und III dieser Verordnung die amtlichen Tierärzte Überprüfungs- und Inspektionsaufgaben in den Schlachthöfen durchführen und dabei von amtlichen Fachassistenten unterstützt werden können. Des Weiteren geht aus Abschnitt III Kapitel III dieses Anhangs hervor, dass in bestimmten Fällen gestattet werden kann, dass das Schlachthofpersonal die Tätigkeiten der amtlichen Fachassistenten übernimmt.

30

Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 882/2004 bestimmt, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben [können], die durch die amtlichen Kontrollen entstehen“. Hierzu ist in Abs. 4 Buchst. a dieser Vorschrift ausgeführt, dass diese Gebühren „ … nicht höher sein [dürfen] als die von den zuständigen Behörden getragenen Kosten in Bezug auf die Ausgaben gemäß Anhang VI“, worin u. a. die Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals und die Kosten für dieses Personal, einschließlich der Kosten für „Schulung“, enthalten sind.

31

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Art. 27 der Verordnung Nr. 882/2004 entgegen dem Vorbringen der dänischen Regierung den Mitgliedstaaten keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der bei der Berechnung der Höhe der Gebühren zu berücksichtigenden Kriterien belässt.

32

Der Unionsgesetzgeber hat nämlich zur Bekämpfung von Wettbewerbsverzerrungen harmonisierte Regelungen hinsichtlich der amtlichen Kontrollen erlassen, die insbesondere mit den verschiedenen Kostenelementen in Verbindung stehen, die bei der Festsetzung der Gebühren zur Deckung der Kosten der amtlichen Kontrollen berücksichtigt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, C‑270/07, EU:C:2009:168, Rn. 42).

33

In diesem Rahmen geht aus dem in Rn. 30 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 882/2004 hervor, dass in ihrem Anhang VI die Kostenelemente, die bei der Berechnung der Höhe der Gebühren in Verbindung mit den in den Schlachtbetrieben durchgeführten amtlichen Kontrollen berücksichtigt werden können, abschließend aufgeführt sind.

34

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Sprachfassungen der Verordnung Nr. 882/2004 hinsichtlich der in ihrem Anhang VI zur Bezeichnung der Kategorie von Personen, deren Kosten durch die Gebühren gedeckt werden können, verwendeten Begriffe voneinander abweichen. So stellt diese Verordnung in ihrer deutschen („des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals“) und französischen („personnel chargé des contrôles officiels“) Fassung auf das die Kontrollen durchführende Personal ab, während sie in ihrer englischen („staff involved in the official controls“) und italienischen („personale partecipante ai controlli ufficiali“) Fassung Begriffe gebraucht, die einen weiteren Personenkreis bezeichnen könnten. Was die dänische Fassung dieser Verordnung angeht, so ist in Nr. 1 dieses Anhangs ausgeführt, dass die Löhne und Gehälter des die amtlichen Kontrollen durchführenden Personals („lønninger til personale, der udfører offentlig kontrol“) durch Gebühren finanziert werden können, während es in Nr. 2 desselben Anhangs unter Verwendung von Begrifflichkeiten, die einen weiteren Bedeutungsgehalt aufweisen, heißt, dass die Kosten des Personals mit Bezug zu den amtlichen Kontrollen („personaleudgifter i forbindelse med offentlig kontrol“) finanziert werden können.

35

Die dänische Regierung macht in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, dass in keiner der Sprachfassungen des Anhangs VI der Verordnung Nr. 882/2004 der Grad der Beteiligung an den Kontrollen beschrieben werde. Daher schließe dieser Anhang es nicht aus, dass ein Mitgliedstaat die Kosten für die Ausbildung als amtliche Fachassistenten über eine Gebühr finanziere, selbst wenn diese Kosten nicht für Personen anfielen, die diese Kontrollen tatsächlich und unmittelbar durchführten.

36

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen kann. Die Bestimmungen des Unionsrechts müssen nämlich im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Europäischen Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Unionstexts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil Axa Belgium, C‑494/14, EU:C:2015:692, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Im vorliegenden Fall besteht das Ziel der Verordnung Nr. 882/2004, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, insbesondere darin, mittels der Durchführung amtlicher Kontrollen Risiken für Mensch und Tier zu vermeiden, zu beseitigen oder auf ein annehmbares Maß zu senken. Nach Art. 3 dieser Verordnung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Kontrollen regelmäßig durchgeführt werden.

38

Des Weiteren ergibt sich aus den Erwägungsgründen 11 und 32 der Verordnung Nr. 882/2004, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben über ausreichendes und entsprechend qualifiziertes und erfahrenes Personal verfügen sollten und Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben können sollten, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen.

39

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, während Art. 26 dieser Verordnung sowohl die Heranziehung einer allgemeinen Besteuerung als auch die Einführung von Gebühren oder Kostenbeiträgen vorsieht, um die Zurverfügungstellung „der [für die amtlichen Kontrollen] erforderlichen personellen und sonstigen Mittel“ zu finanzieren, Art. 27 der Verordnung Nr. 882/2004 nur auf Gebühren oder Kostenbeiträge abstellt und den Mitgliedstaaten in seinem Abs. 1 deren Erhebung nur „zur Deckung der Kosten …, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen“, gestattet. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Gebühren nur dazu bestimmt sein dürfen, die Kosten zu decken, die den Mitgliedstaaten tatsächlich aus der Durchführung der Kontrollen in den Unternehmen des Lebensmittelsektors entstehen, und dass ihr Zweck nicht darin besteht, den Unternehmen des betreffenden Sektors die Kosten für die Grundausbildung dieses Personals aufzuerlegen.

40

Daher ist Anhang VI der Verordnung Nr. 882/2004, auf den Art. 27 dieser Verordnung verweist, dahin auszulegen, dass er ausschließlich die Löhne und Gehälter und die Kosten der Personen erfasst, die tatsächlich an der Ausführung der amtlichen Kontrollen beteiligt sind.

41

Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Durchführung dieser Kontrollen, wie in Rn. 29 des vorliegenden Urteils ausgeführt, in der Regel durch amtliche Tierärzte erfolgt, die dabei nur von amtlichen Fachassistenten, oder, in bestimmten Fällen, vom Schlachthofpersonal unterstützt werden können. Es geht aus keiner Bestimmung der Verordnung Nr. 854/2004 hervor, dass die Personen, die die verpflichtende Grundausbildung zum amtlichen Fachassistenten absolvieren, während dieser Ausbildung an der Durchführung der amtlichen Kontrollen teilnehmen können.

42

Daher ist die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und Anhang VI Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 882/2004 dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Höhe der Gebühren, die von den Unternehmen des Lebensmittelsektors erhoben werden, die Aufwendungen in Verbindung mit der verpflichtenden Grundausbildung zum amtlichen Fachassistenten einbeziehen.

Kosten

43

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und Anhang VI Nrn. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Höhe der Gebühren, die von den Unternehmen des Lebensmittelsektors erhoben werden, die Aufwendungen in Verbindung mit der verpflichtenden Grundausbildung zum amtlichen Fachassistenten einbeziehen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Dänisch.

Top