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Document 32012Q0929(01)

Verfahrensordnung des Gerichtshofs

ABl. L 265 vom 29.9.2012, p. 1–42 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (HR)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2012/929/oj

29.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 265/1


VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFS

Inhaltsverzeichnis

EINGANGSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Definitionen

Artikel 2

Regelungszweck der Verfahrensordnung

ERSTER TITEL

ORGANISATION DES GERICHTSHOFS

ERSTES KAPITEL –

RICHTER UND GENERALANWÄLTE

Artikel 3

Beginn der Amtszeit der Richter und der Generalanwälte

Artikel 4

Eidesleistung

Artikel 5

Feierliche Verpflichtung

Artikel 6

Amtsenthebung eines Richters oder Generalanwalts

Artikel 7

Dienstaltersrang

ZWEITES KAPITEL –

PRÄSIDENTSCHAFT DES GERICHTSHOFS, BILDUNG DER KAMMERN UND BESTIMMUNG DES ERSTEN GENERALANWALTS

Artikel 8

Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

Artikel 9

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichtshofs

Artikel 10

Zuständigkeit des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

Artikel 11

Bildung der Kammern

Artikel 12

Wahl der Kammerpräsidenten

Artikel 13

Verhinderung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

Artikel 14

Bestimmung des Ersten Generalanwalts

DRITTES KAPITEL –

ZUWEISUNG DER RECHTSSACHEN AN DIE BERICHTERSTATTER UND DIE GENERALANWÄLTE

Artikel 15

Bestimmung des Berichterstatters

Artikel 16

Bestimmung des Generalanwalts

VIERTES KAPITEL –

HILFSBERICHTERSTATTER

Artikel 17

Hilfsberichterstatter

FÜNFTES KAPITEL –

KANZLEI

Artikel 18

Ernennung des Kanzlers

Artikel 19

Beigeordneter Kanzler

Artikel 20

Zuständigkeit des Kanzlers

Artikel 21

Registerführung

Artikel 22

Konsultation des Registers, der Urteile und der Beschlüsse

SECHSTES KAPITEL –

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTSHOFS

Artikel 23

Ort der Sitzungen des Gerichtshofs

Artikel 24

Arbeitskalender des Gerichtshofs

Artikel 25

Generalversammlung

Artikel 26

Protokollaufnahme

SIEBTES KAPITEL –

SPRUCHKÖRPER

Erster Abschnitt.

Besetzung der Spruchkörper

Artikel 27

Besetzung der Großen Kammer

Artikel 28

Besetzung der Kammern mit fünf und mit drei Richtern

Artikel 29

Besetzung der Kammern bei Zusammenhang oder Abgabe

Artikel 30

Verhinderung eines Kammerpräsidenten

Artikel 31

Verhinderung eines Mitglieds des Spruchkörpers

Zweiter Abschnitt.

Beratungen

Artikel 32

Beratungsmodalitäten

Artikel 33

Zahl der an der Beratung teilnehmenden Richter

Artikel 34

Beschlussfähigkeit der Großen Kammer

Artikel 35

Beschlussfähigkeit der Kammern mit fünf und mit drei Richtern

ACHTES KAPITEL –

SPRACHENREGELUNG

Artikel 36

Verfahrenssprachen

Artikel 37

Bestimmung der Verfahrenssprache

Artikel 38

Verwendung der Verfahrenssprache

Artikel 39

Verantwortlichkeit des Kanzlers in sprachlichen Angelegenheiten

Artikel 40

Sprachenregelung für die Veröffentlichungen des Gerichtshofs

Artikel 41

Verbindliche Fassungen

Artikel 42

Sprachendienst des Gerichtshofs

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

ERSTES KAPITEL –

RECHTE UND PFLICHTEN DER BEVOLLMÄCHTIGTEN, BEISTÄNDE UND ANWÄLTE

Artikel 43

Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen

Artikel 44

Vertretereigenschaft

Artikel 45

Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung

Artikel 46

Ausschluss vom Verfahren

Artikel 47

Hochschullehrer und Parteien des Ausgangsrechtsstreits

ZWEITES KAPITEL –

ZUSTELLUNGEN

Artikel 48

Zustellungsarten

DRITTES KAPITEL –

FRISTEN

Artikel 49

Fristberechnung

Artikel 50

Klage gegen eine Handlung eines Organs

Artikel 51

Entfernungsfrist

Artikel 52

Fristsetzung und Fristverlängerung

VIERTES KAPITEL –

DIE VERSCHIEDENEN ARTEN DER BEHANDLUNG DER RECHTSSACHEN

Artikel 53

Arten der Behandlung der Rechtssachen

Artikel 54

Verbindung

Artikel 55

Aussetzung des Verfahrens

Artikel 56

Zurückstellung der Entscheidung einer Rechtssache

FÜNFTES KAPITEL –

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 57

Einreichung der Verfahrensschriftstücke

Artikel 58

Länge der Verfahrensschriftstücke

SECHSTES KAPITEL –

VORBERICHT UND VERWEISUNG AN DIE SPRUCHKÖRPER

Artikel 59

Vorbericht

Artikel 60

Verweisung an die Spruchkörper

SIEBTES KAPITEL –

PROZESSLEITENDE MASSNAHMEN UND BEWEISAUFNAHME

Erster Abschnitt.

Prozessleitende Maßnahmen

Artikel 61

Vom Gerichtshof beschlossene prozessleitende Maßnahmen

Artikel 62

Vom Berichterstatter oder vom Generalanwalt beschlossene prozessleitende Maßnahmen

Zweiter Abschnitt.

Beweisaufnahme

Artikel 63

Entscheidung über die Beweisaufnahme

Artikel 64

Festlegung der Beweisaufnahme

Artikel 65

Teilnahme an der Beweisaufnahme

Artikel 66

Zeugenbeweis

Artikel 67

Zeugenvernehmung

Artikel 68

Beeidigung der Zeugen

Artikel 69

Geldbußen

Artikel 70

Sachverständigengutachten

Artikel 71

Beeidigung des Sachverständigen

Artikel 72

Ablehnung von Zeugen oder Sachverständigen

Artikel 73

Kosten der Zeugen und der Sachverständigen

Artikel 74

Protokoll der Beweistermine

Artikel 75

Eröffnung des mündlichen Verfahrens nach Beweisaufnahme

ACHTES KAPITEL –

MÜNDLICHES VERFAHREN

Artikel 76

Mündliche Verhandlung

Artikel 77

Gemeinsame mündliche Verhandlung

Artikel 78

Leitung der Verhandlung

Artikel 79

Ausschluss der Öffentlichkeit

Artikel 80

Fragen

Artikel 81

Schließung der mündlichen Verhandlung

Artikel 82

Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts

Artikel 83

Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

Artikel 84

Protokoll der mündlichen Verhandlungen

Artikel 85

Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung

NEUNTES KAPITEL –

URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 86

Termin der Urteilsverkündung

Artikel 87

Inhalt der Urteile

Artikel 88

Verkündung und Zustellung der Urteile

Artikel 89

Inhalt der Beschlüsse

Artikel 90

Unterzeichnung und Zustellung der Beschlüsse

Artikel 91

Rechtskraft der Urteile und der Beschlüsse

Artikel 92

Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union

DRITTER TITEL

VORLAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG

ERSTES KAPITEL –

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 93

Anwendungsbereich

Artikel 94

Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens

Artikel 95

Anonymität

Artikel 96

Beteiligung am Vorabentscheidungsverfahren

Artikel 97

Parteien des Ausgangsrechtsstreits

Artikel 98

Übersetzung und Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens

Artikel 99

Antwort durch mit Gründen versehenen Beschluss

Artikel 100

Befassung des Gerichtshofs

Artikel 101

Ersuchen um Klarstellung

Artikel 102

Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens

Artikel 103

Berichtigung von Urteilen und Beschlüssen

Artikel 104

Auslegung von Vorabentscheidungen

ZWEITES KAPITEL –

BESCHLEUNIGTES VORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN

Artikel 105

Beschleunigtes Verfahren

Artikel 106

Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

DRITTES KAPITEL –

EILVORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN

Artikel 107

Anwendungsbereich des Eilvorabentscheidungsverfahrens

Artikel 108

Entscheidung über die Dringlichkeit

Artikel 109

Schriftlicher Abschnitt des Eilverfahrens

Artikel 110

Zustellungen und Mitteilungen nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens

Artikel 111

Absehen vom schriftlichen Verfahren

Artikel 112

Entscheidung in der Sache

Artikel 113

Spruchkörper

Artikel 114

Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

VIERTES KAPITEL –

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 115

Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Artikel 116

Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Artikel 117

Im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlende Beträge

Artikel 118

Entziehung der Prozesskostenhilfe

VIERTER TITEL

KLAGEVERFAHREN

ERSTES KAPITEL –

VERTRETUNG DER PARTEIEN

Artikel 119

Vertretungszwang

ZWEITES KAPITEL –

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 120

Inhalt der Klageschrift

Artikel 121

Angaben für Zustellungen

Artikel 122

Anlagen zur Klageschrift

Artikel 123

Zustellung der Klageschrift

Artikel 124

Inhalt der Klagebeantwortung

Artikel 125

Übermittlung von Schriftsätzen

Artikel 126

Erwiderung und Gegenerwiderung

DRITTES KAPITEL –

KLAGE- UND VERTEIDIGUNGSGRÜNDE, BEWEISE

Artikel 127

Neue Klage- und Verteidigungsgründe

Artikel 128

Beweise und Beweisangebote

VIERTES KAPITEL –

STREITHILFE

Artikel 129

Gegenstand und Wirkungen der Streithilfe

Artikel 130

Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

Artikel 131

Entscheidung über den Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

Artikel 132

Einreichung der Schriftsätze

FÜNFTES KAPITEL –

BESCHLEUNIGTES VERFAHREN

Artikel 133

Entscheidung über das beschleunigte Verfahren

Artikel 134

Schriftliches Verfahren

Artikel 135

Mündliches Verfahren

Artikel 136

Entscheidung in der Sache

SECHSTES KAPITEL –

KOSTEN

Artikel 137

Entscheidung über die Kosten

Artikel 138

Allgemeine Kostentragungsregeln

Artikel 139

Ohne angemessenen Grund oder böswillig verursachte Kosten

Artikel 140

Kosten der Streithelfer

Artikel 141

Kosten bei Klage- oder Antragsrücknahme

Artikel 142

Kosten bei Erledigung der Hauptsache

Artikel 143

Verfahrenskosten

Artikel 144

Erstattungsfähige Kosten

Artikel 145

Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten

Artikel 146

Zahlungsmodalitäten

SIEBTES KAPITEL –

GÜTLICHE EINIGUNG, KLAGERÜCKNAHME, ERLEDIGUNG DER HAUPTSACHE UND ZWISCHENSTREIT

Artikel 147

Gütliche Einigung

Artikel 148

Klagerücknahme

Artikel 149

Erledigung der Hauptsache

Artikel 150

Unverzichtbare Prozessvoraussetzungen

Artikel 151

Prozesshindernde Einreden und Zwischenstreit

ACHTES KAPITEL –

VERSÄUMNISURTEIL

Artikel 152

Versäumnisurteil

NEUNTES KAPITEL –

ANTRÄGE UND RECHTSBEHELFE IN BEZUG AUF URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 153

Zuständiger Spruchkörper

Artikel 154

Berichtigung

Artikel 155

Unterlassen einer Entscheidung

Artikel 156

Einspruch

Artikel 157

Drittwiderspruch

Artikel 158

Auslegung

Artikel 159

Wiederaufnahme

ZEHNTES KAPITEL –

VORLÄUFIGER RECHTSSCHUTZ: AUSSETZUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 160

Anträge auf Aussetzung oder einstweilige Anordnungen

Artikel 161

Entscheidung über den Antrag

Artikel 162

Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung oder über einstweilige Anordnungen

Artikel 163

Änderung der Umstände

Artikel 164

Neuer Antrag

Artikel 165

Anträge gemäß den Artikeln 280 AEUV und 299 AEUV sowie 164 EAGV

Artikel 166

Anträge gemäß Artikel 81 EAGV

FÜNFTER TITEL

RECHTSMITTEL GEGEN ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

ERSTES KAPITEL –

FORM DES RECHTSMITTELS, INHALT UND ANTRÄGE DER RECHTSMITTELSCHRIFT

Artikel 167

Einreichung der Rechtsmittelschrift

Artikel 168

Inhalt der Rechtsmittelschrift

Artikel 169

Rechtsmittelanträge, -gründe und -argumente

Artikel 170

Anträge für den Fall der Stattgabe des Rechtsmittels

ZWEITES KAPITEL –

RECHTSMITTELBEANTWORTUNG, ERWIDERUNG UND GEGENERWIDERUNG

Artikel 171

Zustellung der Rechtsmittelschrift

Artikel 172

Parteien, die eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen können

Artikel 173

Inhalt der Rechtsmittelbeantwortung

Artikel 174

Anträge der Rechtsmittelbeantwortung

Artikel 175

Erwiderung und Gegenerwiderung

DRITTES KAPITEL –

FORM DES ANSCHLUSSRECHTSMITTELS, INHALT UND ANTRÄGE DER ANSCHLUSSRECHTSMITTELSCHRIFT

Artikel 176

Anschlussrechtsmittel

Artikel 177

Inhalt der Anschlussrechtsmittelschrift

Artikel 178

Anschlussrechtsmittelanträge, gründe und argumente

VIERTES KAPITEL –

AUF DAS ANSCHLUSSRECHTSMITTEL FOLGENDE SCHRIFTSÄTZE

Artikel 179

Anschlussrechtsmittelbeantwortung

Artikel 180

Erwiderung und Gegenerwiderung nach Anschlussrechtsmittel

FÜNFTES KAPITEL –

DURCH BESCHLUSS ERLEDIGTE RECHTSMITTEL

Artikel 181

Offensichtlich unzulässiges oder offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel

Artikel 182

Offensichtlich begründetes Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel

SECHSTES KAPITEL –

FOLGEN DER STREICHUNG DES RECHTSMITTELS FÜR DAS ANSCHLUSSRECHTSMITTEL

Artikel 183

Folgen einer Rücknahme oder offensichtlichen Unzulässigkeit des Rechtsmittels für das Anschlussrechtsmittel

SIEBTES KAPITEL –

KOSTEN UND PROZESSKOSTENHILFE IN RECHTSMITTELVERFAHREN

Artikel 184

Kostenentscheidung in Rechtsmittelverfahren

Artikel 185

Prozesskostenhilfe in Rechtsmittelverfahren

Artikel 186

Vorabantrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Artikel 187

Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Artikel 188

Im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlende Beträge

Artikel 189

Entziehung der Prozesskostenhilfe

ACHTES KAPITEL –

SONSTIGE IN RECHTSMITTELVERFAHREN ANWENDBARE VORSCHRIFTEN

Artikel 190

Sonstige in Rechtsmittelverfahren anwendbare Vorschriften

SECHSTER TITEL

ÜBERPRÜFUNG VON ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

Artikel 191

Überprüfungskammer

Artikel 192

Anzeige und Übermittlung der Entscheidungen, die Gegenstand einer Überprüfung sein können

Artikel 193

Überprüfung von Rechtsmittelentscheidungen

Artikel 194

Überprüfung von Vorabentscheidungen

Artikel 195

Urteil in der Sache nach Überprüfungsentscheidung

SIEBTER TITEL

GUTACHTEN

Artikel 196

Schriftliches Verfahren

Artikel 197

Bestimmung des Berichterstatters und des Generalanwalts

Artikel 198

Mündliche Verhandlung

Artikel 199

Zeitraum, innerhalb dessen das Gutachten erstattet wird

Artikel 200

Bekanntgabe des Gutachtens

ACHTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Artikel 201

Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Schiedsausschusses

Artikel 202

Verfahren im Sinne des Artikels 103 EAGV

Artikel 203

Verfahren im Sinne der Artikel 104 EAGV und 105 EAGV

Artikel 204

Verfahren gemäß Artikel 111 Absatz 3 EWR Abkommen

Artikel 205

Entscheidungen über Streitigkeiten im Sinne von Artikel 35 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden Fassung

Artikel 206

Anträge im Sinne von Artikel 269 AEUV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 207

Zusätzliche Verfahrensordnung

Artikel 208

Durchführungsbestimmungen

Artikel 209

Aufhebung

Artikel 210

Veröffentlichung und Inkrafttreten der vorliegenden Verfahrensordnung

VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFS

DER GERICHTSHOF —

aufgrund des Vertrags über die Europäische Union, insbesondere seines Artikels 19,

aufgrund des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere seines Artikels 253 Absatz 6,

aufgrund des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere seines Artikels 106a Absatz 1,

aufgrund des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere seiner Artikel 63 und 64 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Obwohl die Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Lauf der Jahre mehrfach geändert wurde, hat sich ihre Struktur seit ihrem ursprünglichen Erlass am 4. März 1953 nicht grundlegend verändert. Die derzeit geltende Verfahrensordnung vom 19. Juni 1991 spiegelt immer noch das anfängliche Überwiegen der Klageverfahren wider, während in Wirklichkeit heute das Gericht für die meisten Klageverfahren zuständig ist und die Vorabentscheidungsersuchen der Gerichte der Mitgliedstaaten quantitativ die Hauptkategorie der Rechtssachen beim Gerichtshof ausmachen. Dieser Wirklichkeit ist Rechnung zu tragen, so dass Struktur und Inhalt der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Entwicklung der von ihr geregelten Streitsachen anzupassen sind.

(2)

Außer dass den Vorlagen zur Vorabentscheidung in der Verfahrensordnung der ihnen zukommende Platz eingeräumt wird, ist in dieser auch klarer zwischen den für alle Verfahrensarten geltenden Vorschriften und den spezifischen Bestimmungen für jede einzelne Verfahrensart zu unterscheiden, indem diese Bereiche in separaten Titeln geregelt werden. Der Klarheit halber sind deshalb in einem vorangestellten Titel die allgemeinen Verfahrensbestimmungen für alle Verfahren beim Gerichtshof zusammenzuziehen.

(3)

Im Licht der Erfahrungen mit der Durchführung der verschiedenen Verfahren erscheint es zudem geboten, die jeweils für sie geltenden Vorschriften zu vervollständigen oder für den Einzelnen wie für die nationalen Gerichte klarer zu gestalten. Diese Vorschriften betreffen insbesondere die Begriffe der Partei des Ausgangsrechtsstreits, der Streithilfepartei und der Partei des Verfahrens vor dem Gericht oder, in Vorlagesachen, die Vorschriften über die Befassung des Gerichtshofs und über den Inhalt der Vorlageentscheidung. Hinsichtlich der Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts ist zudem klarer zwischen Rechtsmitteln und nach deren Zustellung eingelegten Anschlussrechtsmitteln zu unterscheiden.

(4)

Umgekehrt hat die Durchführung mancher Verfahren wie des Überprüfungsverfahrens gezeigt, dass diese zu komplex sind. Sie sind deshalb zu vereinfachen, indem u. a. vorgesehen wird, dass für die Dauer eines Jahres eine Kammer mit fünf Richtern für die Entscheidung sowohl über den Überprüfungsvorschlag des Ersten Generalanwalts als auch über die Fragen, die Gegenstand der Überprüfung sind, bestimmt wird.

(5)

In der gleichen Perspektive sind die Verfahrensmodalitäten für die Behandlung der Gutachten zu entschlacken, indem sie den für die übrigen Sachen geltenden Verfahrensmodalitäten angepasst werden und folglich vorgesehen wird, dass nur ein Generalanwalt an der Behandlung des Antrags auf Gutachten beteiligt ist. Der besseren Lesbarkeit halber sind ferner alle besonderen Verfahrensarten, die zurzeit über mehrere verschiedene Titel und Kapitel der Verfahrensordnung verstreut sind, in einem einzigen Titel zusammenzuführen.

(6)

Zur Wahrung der Fähigkeit des mit immer mehr Rechtssachen konfrontierten Gerichtshofs, die Sachen, mit denen er befasst wird, in einem angemessenen Zeitraum zu erledigen, müssen außerdem die Bemühungen um eine Verkürzung der Dauer der vor ihm geführten Verfahren fortgesetzt werden, insbesondere durch die Ausweitung der Möglichkeiten für den Gerichtshof, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, durch die Vereinfachung der Vorschriften über den Streitbeitritt der in Artikel 40 Absätze 1 und 3 der Satzung bezeichneten Staaten und Organe und dadurch, dass für den Gerichtshof die Möglichkeit vorgesehen wird, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wenn er sich durch den gesamten in einer Rechtssache eingegangenen Schriftverkehr für ausreichend unterrichtet hält.

(7)

Zur besseren Lesbarkeit der vom Gerichtshof angewandten Regeln ist es schließlich erforderlich, bestimmte obsolete oder nicht angewandte Vorschriften abzuschaffen, alle Absätze der Artikel dieser Verfahrensordnung zu nummerieren, alle Artikel mit einem eigenen Titel, der summarisch ihren Inhalt beschreibt, zu versehen und eine sprachliche Harmonisierung vorzunehmen;

mit Genehmigung des Rates, die am 24. September 2012 —

ERTEILT WORDEN IST –ERLÄSST FOLGENDE VERFAHRENSORDNUNG:

EINGANGSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Definitionen

(1)   In dieser Verfahrensordnung werden bezeichnet:

a)

die Bestimmungen des Vertrags über die Europäische Union (EU-Vertrag) mit der Nummer des betreffenden Artikels dieses Vertrags, gefolgt von dem Kürzel „EUV“;

b)

die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) mit der Nummer des betreffenden Artikels dieses Vertrags, gefolgt von dem Kürzel „AEUV“;

c)

die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag) mit der Nummer des betreffenden Artikels dieses Vertrags, gefolgt von dem Kürzel „EAGV“;

d)

das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union als „Satzung“;

e)

das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1) als „EWR-Abkommen“;

f)

die Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (2) als „Verordnung Nr. 1 des Rates“.

(2)   In dieser Verfahrensordnung bezeichnet:

a)

der Ausdruck „Organe“ die in Artikel 13 Absatz 1 EUV genannten Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt geschaffen worden sind und die in Verfahren vor dem Gerichtshof Partei sein können;

b)

der Ausdruck „EFTA-Überwachungsbehörde“ die im EWR-Abkommen genannte Überwachungsbehörde;

c)

die Wendung „in Artikel 23 der Satzung bezeichnete Beteiligte“ alle Parteien, Staaten, Organe, Einrichtungen und Stellen, die nach jenem Artikel berechtigt sind, im Rahmen eines Vorlageverfahrens Schriftsätze einzureichen oder Erklärungen abzugeben.

Artikel 2

Regelungszweck der Verfahrensordnung

Mit den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung werden die einschlägigen Bestimmungen des EU-Vertrags, des AEU-Vertrags und des EAG-Vertrags sowie der Satzung umgesetzt und, soweit erforderlich, ergänzt.

ERSTER TITEL

ORGANISATION DES GERICHTSHOFS

Erstes Kapitel

RICHTER UND GENERALANWÄLTE

Artikel 3

Beginn der Amtszeit der Richter und der Generalanwälte

Die Amtszeit eines Richters oder eines Generalanwalts beginnt mit dem im Ernennungsakt dafür bestimmten Tag. Wird in diesem Akt der Tag des Beginns der Amtszeit nicht bestimmt, so beginnt die Amtszeit mit dem Tag der Veröffentlichung des Ernennungsakts im Amtsblatt der Europäischen Union.

Artikel 4

Eidesleistung

Die Richter und die Generalanwälte leisten vor Aufnahme ihrer Amtstätigkeit in der ersten öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs, an der sie nach ihrer Ernennung teilnehmen, folgenden Eid gemäß Artikel 2 der Satzung:

„Ich schwöre, dass ich mein Amt unparteiisch und gewissenhaft ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde.“

Artikel 5

Feierliche Verpflichtung

Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter und die Generalanwälte eine Erklärung, in der sie die in Artikel 4 Absatz 3 der Satzung vorgesehene feierliche Verpflichtung übernehmen.

Artikel 6

Amtsenthebung eines Richters oder Generalanwalts

(1)   Hat der Gerichtshof nach Artikel 6 der Satzung darüber zu entscheiden, ob ein Richter oder Generalanwalt die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so fordert der Präsident den Betroffenen auf, sich hierzu zu äußern.

(2)   Bei der Entscheidung des Gerichtshofs ist der Kanzler nicht zugegen.

Artikel 7

Dienstaltersrang

(1)   Das Dienstalter der Richter und der Generalanwälte wird ohne Unterschied beginnend mit der Aufnahme ihrer Amtstätigkeit berechnet.

(2)   Bei gleichem Dienstalter bestimmt sich der Dienstaltersrang nach dem Lebensalter.

(3)   Richter und Generalanwälte, die wiederernannt werden, behalten ihren bisherigen Rang.

Zweites Kapitel

PRÄSIDENTSCHAFT DES GERICHTSHOFS, BILDUNG DER KAMMERN UND BESTIMMUNG DES ERSTEN GENERALANWALTS

Artikel 8

Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

(1)   Die Richter wählen sogleich nach der teilweisen Neubesetzung von Richterstellen gemäß Artikel 253 Absatz 2 AEUV aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofs für die Dauer von drei Jahren.

(2)   Endet die Amtszeit des Präsidenten des Gerichtshofs vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

(3)   Die in diesem Artikel vorgesehenen Wahlen sind geheim. Gewählt ist der Richter, der die Stimmen von mehr als der Hälfte der Richter des Gerichtshofs erhält. Erreicht keiner der Richter diese Mehrheit, so finden weitere Wahlgänge statt, bis sie erreicht wird.

(4)   Die Richter wählen sodann gemäß dem Verfahren des Absatzes 3 aus ihrer Mitte den Vizepräsidenten des Gerichtshofs für die Dauer von drei Jahren. Endet dessen Amtszeit vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so findet Absatz 2 Anwendung.

(5)   Die Namen des Präsidenten und des Vizepräsidenten, die gemäß diesem Artikel gewählt worden sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 9

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichtshofs

(1)   Der Präsident vertritt den Gerichtshof.

(2)   Der Präsident leitet die Tätigkeit des Gerichtshofs. Er führt den Vorsitz in den Sitzungen der Generalversammlung der Mitglieder des Gerichtshofs sowie in den mündlichen Verhandlungen und bei den Beratungen des Plenums und der Großen Kammer.

(3)   Der Präsident sorgt für einen ordnungsgemäßen Arbeitsgang der Dienststellen des Organs.

Artikel 10

Zuständigkeit des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

(1)   Der Vizepräsident steht dem Präsidenten des Gerichtshofs bei der Erfüllung seiner Aufgaben zur Seite und vertritt ihn, wenn dieser verhindert ist.

(2)   Er vertritt ihn auf dessen Aufforderung bei der Erfüllung der Aufgaben gemäß Artikel 9 Absätze 1 und 3.

(3)   Der Gerichtshof legt durch Beschluss die Voraussetzungen fest, unter denen der Vizepräsident den Präsidenten des Gerichtshofs bei der Erfüllung seiner richterlichen Aufgaben vertritt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 11

Bildung der Kammern

(1)   Der Gerichtshof bildet aus seiner Mitte gemäß Artikel 16 der Satzung Kammern mit fünf und mit drei Richtern und teilt ihnen die Richter zu.

(2)   Der Gerichtshof bestimmt die Kammern mit fünf Richtern, die für die Dauer eines Jahres mit den in Artikel 107 sowie in den Artikeln 193 und 194 genannten Rechtssachen betraut sind.

(3)   Für die Rechtssachen, die gemäß Artikel 60 an einen Spruchkörper verwiesen worden sind, bezeichnet der Ausdruck „Gerichtshof“ in dieser Verfahrensordnung diesen Spruchkörper.

(4)   In den Rechtssachen, die an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern verwiesen worden sind, übt der Kammerpräsident die Befugnisse des Präsidenten des Gerichtshofs aus.

(5)   Die Zuteilung der Richter zu den Kammern und die Bestimmung der Kammern, die mit den in Artikel 107 sowie in den Artikeln 193 und 194 genannten Rechtssachen betraut sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 12

Wahl der Kammerpräsidenten

(1)   Die Richter wählen sogleich nach der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern für die Dauer von drei Jahren.

(2)   Die Richter wählen sodann für die Dauer eines Jahres die Präsidenten der Kammern mit drei Richtern.

(3)   Artikel 8 Absätze 2 und 3 findet Anwendung.

(4)   Die Namen der Kammerpräsidenten, die gemäß diesem Artikel gewählt worden sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 13

Verhinderung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

Sind der Präsident und der Vizepräsident des Gerichtshofs verhindert, so wird das Amt des Präsidenten gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung von einem der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern oder in Ermangelung dessen von einem der Präsidenten der Kammern mit drei Richtern oder in Ermangelung dessen von einem der übrigen Richter wahrgenommen.

Artikel 14

Bestimmung des Ersten Generalanwalts

(1)   Der Gerichtshof bestimmt nach Anhörung der Generalanwälte einen Ersten Generalanwalt für die Dauer eines Jahres.

(2)   Endet die Amtszeit des Ersten Generalanwalts vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

(3)   Der Name des gemäß diesem Artikel bestimmten Ersten Generalanwalts wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Drittes Kapitel

ZUWEISUNG DER RECHTSSACHEN AN DIE BERICHTERSTATTER UND DIE GENERALANWÄLTE

Artikel 15

Bestimmung des Berichterstatters

(1)   Der Präsident des Gerichtshofs bestimmt nach Eingang des verfahrenseinleitenden Schriftstücks so bald wie möglich den Berichterstatter für die Rechtssache.

(2)   Der Berichterstatter für die in Artikel 107 sowie in den Artikeln 193 und 194 genannten Rechtssachen wird unter den Richtern der nach Artikel 11 Absatz 2 bestimmten Kammer auf Vorschlag des Präsidenten dieser Kammer ausgewählt. Entscheidet die Kammer gemäß Artikel 109, die Vorlage nicht dem Eilverfahren zu unterwerfen, kann der Präsident des Gerichtshofs die Rechtssache einem einer anderen Kammer zugeteilten Berichterstatter neu zuweisen.

(3)   Der Präsident des Gerichtshofs trifft bei Verhinderung eines Berichterstatters die erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 16

Bestimmung des Generalanwalts

(1)   Der Erste Generalanwalt entscheidet über die Zuweisung der Rechtssachen an die Generalanwälte.

(2)   Der Erste Generalanwalt trifft bei Verhinderung eines Generalanwalts die erforderlichen Maßnahmen.

Viertes Kapitel

HILFSBERICHTERSTATTER

Artikel 17

Hilfsberichterstatter

(1)   Der Gerichtshof schlägt gemäß Artikel 13 der Satzung die Ernennung von Hilfsberichterstattern vor, wenn er dies für die Bearbeitung und Untersuchung der bei ihm anhängigen Rechtssachen für erforderlich hält.

(2)   Die Hilfsberichterstatter werden insbesondere damit beauftragt,

a)

den Präsidenten des Gerichtshofs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu unterstützen,

b)

die Berichterstatter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.

(3)   Die Hilfsberichterstatter unterstehen bei der Ausübung ihres Amtes dem Präsidenten des Gerichtshofs, dem Präsidenten einer Kammer oder einem Berichterstatter.

(4)   Vor Aufnahme ihrer Amtstätigkeit leisten die Hilfsberichterstatter vor dem Gerichtshof den in Artikel 4 vorgesehenen Eid.

Fünftes Kapitel

KANZLEI

Artikel 18

Ernennung des Kanzlers

(1)   Der Gerichtshof ernennt den Kanzler.

(2)   Ist die Stelle des Kanzlers unbesetzt, wird eine Anzeige im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Interessenten werden aufgefordert, innerhalb einer Frist von mindestens drei Wochen ihre Bewerbung einzureichen, die genaue Angaben über ihre Staatsangehörigkeit, akademischen Grade, Sprachkenntnisse, gegenwärtige und frühere Tätigkeit und etwaigen gerichtlichen und internationalen Erfahrungen enthalten muss.

(3)   Die Abstimmung, an der die Richter und die Generalanwälte teilnehmen, erfolgt nach dem Verfahren des Artikels 8 Absatz 3.

(4)   Der Kanzler wird für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Wiederernennung ist zulässig. Der Gerichtshof kann entscheiden, die Amtszeit des amtierenden Kanzlers zu verlängern, ohne von dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren Gebrauch zu machen.

(5)   Der Kanzler leistet den in Artikel 4 vorgesehenen Eid und unterzeichnet die in Artikel 5 vorgesehene Erklärung.

(6)   Der Kanzler kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der Gerichtshof entscheidet, nachdem er dem Kanzler Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

(7)   Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so ernennt der Gerichtshof einen neuen Kanzler für die Dauer von sechs Jahren.

(8)   Der Name des gemäß diesem Artikel gewählten Kanzlers wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 19

Beigeordneter Kanzler

Der Gerichtshof kann nach dem für die Ernennung des Kanzlers geltenden Verfahren einen Beigeordneten Kanzler ernennen, der den Kanzler unterstützt und ihn bei Verhinderung vertritt.

Artikel 20

Zuständigkeit des Kanzlers

(1)   Der Kanzler ist unter der Aufsicht des Präsidenten des Gerichtshofs mit der Entgegennahme, Übermittlung und Aufbewahrung aller Schriftstücke sowie mit den Zustellungen, die mit der Anwendung dieser Verfahrensordnung verbunden sind, beauftragt.

(2)   Der Kanzler steht den Mitgliedern des Gerichtshofs bei allen Amtshandlungen zur Seite.

(3)   Der Kanzler verwahrt die Siegel und ist für das Archiv verantwortlich. Er sorgt für die Veröffentlichungen des Gerichtshofs, insbesondere der Sammlung der Rechtsprechung.

(4)   Der Kanzler leitet unter der Aufsicht des Präsidenten des Gerichtshofs die Dienststellen des Organs. Er ist für die Leitung des Personals und der Verwaltung sowie für die Vorbereitung und Ausführung des Haushaltsplans verantwortlich.

Artikel 21

Registerführung

(1)   Die Kanzlei führt unter der Verantwortung des Kanzlers ein Register, in das fortlaufend und in der Reihenfolge ihres Eingangs alle Verfahrensschriftstücke sowie die zur Unterstützung eingereichten Belegstücke und Unterlagen einzutragen sind.

(2)   Der Kanzler vermerkt die Eintragung in das Register auf dem Original und, auf Antrag der Parteien, auf den von ihnen zu diesem Zweck vorgelegten Kopien.

(3)   Die Eintragung in das Register und die im vorstehenden Absatz vorgesehenen Vermerke stellen öffentliche Urkunden dar.

(4)   Im Amtsblatt der Europäischen Union wird eine Mitteilung veröffentlicht, die den Tag der Eintragung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes, die Namen der Parteien, die Anträge und die Angabe der geltend gemachten Gründe und wesentlichen Argumente oder je nach Lage des Falles den Tag des Eingangs des Vorabentscheidungsersuchens sowie die Angabe des vorlegenden Gerichts, der Parteien des Ausgangsrechtsstreits und der dem Gerichtshof unterbreiteten Vorlagefragen enthält.

Artikel 22

Konsultation des Registers, der Urteile und der Beschlüsse

(1)   Jeder kann das Register bei der Kanzlei einsehen und nach Maßgabe der vom Gerichtshof auf Vorschlag des Kanzlers erlassenen Gebührenordnung der Kanzlei Kopien oder Auszüge daraus erhalten.

(2)   Jede Partei kann nach Maßgabe der Gebührenordnung der Kanzlei Ausfertigungen der Verfahrensschriftstücke erhalten.

(3)   Außerdem kann jeder nach Maßgabe der Gebührenordnung der Kanzlei Ausfertigungen der Urteile und der Beschlüsse erhalten.

Sechstes Kapitel

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTSHOFS

Artikel 23

Ort der Sitzungen des Gerichtshofs

Der Gerichtshof kann einzelne Sitzungen an einem anderen Ort als seinem Sitz abhalten.

Artikel 24

Arbeitskalender des Gerichtshofs

(1)   Das Gerichtsjahr beginnt am 7. Oktober des Kalenderjahrs und endet am 6. Oktober des darauffolgenden Jahres.

(2)   Die Gerichtsferien werden vom Gerichtshof festgesetzt.

(3)   Während der Gerichtsferien kann der Präsident die Richter und die Generalanwälte in dringenden Fällen einberufen.

(4)   Der Gerichtshof hält die am Ort seines Sitzes geltenden gesetzlichen Feiertage ein.

(5)   Der Gerichtshof kann den Richtern und den Generalanwälten in begründeten Fällen Urlaub gewähren.

(6)   Die Daten der Gerichtsferien und das Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage werden jährlich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 25

Generalversammlung

Die Entscheidungen über Verwaltungsfragen oder über die Vorschläge, die in dem Vorbericht gemäß Artikel 59 enthalten sind, werden vom Gerichtshof in der Generalversammlung getroffen, an der alle Richter und Generalanwälte mit beschließender Stimme teilnehmen. Der Kanzler ist zugegen, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt.

Artikel 26

Protokollaufnahme

Tagt der Gerichtshof in Abwesenheit des Kanzlers, so beauftragt er den im Sinne des Artikels 7 dienstjüngsten Richter mit der Aufnahme eines etwa erforderlichen Protokolls, das vom Präsidenten und von dem genannten Richter unterzeichnet wird.

Siebtes Kapitel

SPRUCHKÖRPER

Erster Abschnitt.   Besetzung der Spruchkörper

Artikel 27

Besetzung der Großen Kammer

(1)   Die Große Kammer ist für jede Rechtssache mit dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten des Gerichtshofs, drei Präsidenten einer Kammer mit fünf Richtern, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl fünfzehn erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere und die drei Präsidenten einer Kammer mit fünf Richtern werden anhand der in den Absätzen 3 und 4 genannten Listen in der dort festgelegten Reihenfolge bestimmt. Ausgangspunkt auf jeder dieser Listen ist für jede an die Große Kammer verwiesene Rechtssache der Name des Richters, der unmittelbar auf den Richter folgt, der für die zuvor an diesen Spruchkörper verwiesene Rechtssache als Letzter anhand der betreffenden Liste bestimmt worden ist.

(2)   Nach der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs sowie danach der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden im Hinblick auf die Besetzung der Großen Kammer eine Liste der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern und eine Liste der übrigen Richter erstellt.

(3)   Die Liste der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern wird gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung erstellt.

(4)   Die Liste der übrigen Richter wird erstellt, indem abwechselnd der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung und deren Umkehrung gefolgt wird: Der erste Richter in dieser Liste ist der erste nach der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung, der zweite Richter in der Liste ist der letzte nach dieser Rangordnung, der dritte Richter ist der zweite nach dieser Rangordnung, der vierte Richter ist der vorletzte nach dieser Rangordnung und so fort.

(5)   Die in den Absätzen 3 und 4 genannten Listen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(6)   In Rechtssachen, die vom Beginn eines Kalenderjahrs, in dem eine teilweise Neubesetzung der Richterstellen stattfindet, bis zur tatsächlichen Neubesetzung an die Große Kammer verwiesen werden, können zwei Ergänzungsrichter bestimmt werden, um den Spruchkörper zu ergänzen, solange Ungewissheit über das Erreichen der gemäß Artikel 17 Absatz 3 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Zahl von Richtern besteht. Als Ergänzungsrichter fungieren die beiden Richter, die auf der in Absatz 4 genannten Liste unmittelbar nach dem Richter geführt werden, der als Letzter für die Besetzung der Großen Kammer in der Rechtssache bestimmt worden ist.

(7)   Die Ergänzungsrichter ersetzen in der Reihenfolge der in Absatz 4 genannten Liste die Richter, die gegebenenfalls nicht an der Entscheidung der Rechtssache mitwirken können.

Artikel 28

Besetzung der Kammern mit fünf und mit drei Richtern

(1)   Die Kammern mit fünf und mit drei Richtern sind für jede Rechtssache mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl von fünf oder drei Richtern erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere werden anhand der in den Absätzen 2 und 3 genannten Listen in der dort festgelegten Reihenfolge bestimmt. Ausgangspunkt auf diesen Listen ist für jede an eine Kammer verwiesene Rechtssache der Name des Richters, der unmittelbar auf den Richter folgt, der für die zuvor an diese Kammer verwiesene Rechtssache als Letzter anhand der Liste bestimmt worden ist.

(2)   Für die Besetzung der Kammern mit fünf Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind, mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden in derselben Weise erstellt wie die in Artikel 27 Absatz 4 genannte Liste.

(3)   Für die Besetzung der Kammern mit drei Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind, mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung erstellt.

(4)   Die in den Absätzen 2 und 3 genannten Listen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 29

Besetzung der Kammern bei Zusammenhang oder Abgabe

(1)   Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass mehrere Rechtssachen zusammen von demselben Spruchkörper zu entscheiden sind, so entspricht dessen Besetzung derjenigen, die für die Rechtssache festgelegt wurde, deren Vorbericht zuerst geprüft wurde.

(2)   Regt eine Kammer, an die eine Rechtssache verwiesen worden ist, beim Gerichtshof an, die Rechtssache nach Artikel 60 Absatz 3 an einen größeren Spruchkörper zu verweisen, so umfasst dieser Spruchkörper die Mitglieder der abgebenden Kammer.

Artikel 30

Verhinderung eines Kammerpräsidenten

(1)   Ist der Präsident einer Kammer mit fünf Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des Kammerpräsidenten von einem Präsidenten einer Kammer mit drei Richtern wahrgenommen, gegebenenfalls gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung, oder, wenn kein Präsident einer Kammer mit drei Richtern dem Spruchkörper angehört, von einem der übrigen Richter gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung.

(2)   Ist der Präsident einer Kammer mit drei Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des Kammerpräsidenten von einem Richter des Spruchkörpers gemäß der in Artikel 7 festgelegten Rangordnung wahrgenommen.

Artikel 31

Verhinderung eines Mitglieds des Spruchkörpers

(1)   Ist ein Mitglied der Großen Kammer verhindert, so wird es durch einen anderen Richter in der Reihenfolge ersetzt, die in der Liste nach Artikel 27 Absatz 4 festgelegt ist.

(2)   Ist ein Mitglied einer Kammer mit fünf Richtern verhindert, so wird es durch einen anderen Richter derselben Kammer in der Reihenfolge ersetzt, die in der Liste nach Artikel 28 Absatz 2 festgelegt ist. Ist eine Ersetzung des verhinderten Richters durch einen Richter derselben Kammer nicht möglich, so benachrichtigt der Kammerpräsident den Präsidenten des Gerichtshofs, der einen anderen Richter bestimmen kann, durch den die Kammer ergänzt wird.

(3)   Ist ein Mitglied einer Kammer mit drei Richtern verhindert, so wird es durch einen anderen Richter derselben Kammer in der Reihenfolge ersetzt, die in der Liste nach Artikel 28 Absatz 3 festgelegt ist. Ist eine Ersetzung des verhinderten Richters durch einen Richter derselben Kammer nicht möglich, so benachrichtigt der Kammerpräsident den Präsidenten des Gerichtshofs, der einen anderen Richter bestimmen kann, durch den die Kammer ergänzt wird.

Zweiter Abschnitt.   Beratungen

Artikel 32

Beratungsmodalitäten

(1)   Die Beratungen des Gerichtshofs sind und bleiben geheim.

(2)   Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, nehmen an der Beratung nur die an der Verhandlung beteiligten Richter und gegebenenfalls der Hilfsberichterstatter für die Rechtssache teil.

(3)   Jeder Richter, der an der Beratung teilnimmt, trägt seine Auffassung vor und begründet sie.

(4)   Das Ergebnis, auf das sich die Mehrheit der Richter nach der abschließenden Erörterung geeinigt hat, ist für die Entscheidung des Gerichtshofs maßgebend.

Artikel 33

Zahl der an der Beratung teilnehmenden Richter

Ergibt sich infolge Verhinderung eine gerade Zahl von Richtern, so nimmt der im Sinne des Artikels 7 dienstjüngste Richter an der Beratung nicht teil, es sei denn, er ist Berichterstatter. Im letzten Fall nimmt der Richter mit dem nächstniedrigen Dienstaltersrang an der Beratung nicht teil.

Artikel 34

Beschlussfähigkeit der Großen Kammer

(1)   Kann für eine an die Große Kammer verwiesene Rechtssache die gemäß Artikel 17 Absatz 3 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht erreicht werden, so bestimmt der Präsident des Gerichtshofs einen oder mehrere andere Richter in der Reihenfolge, die in der Liste nach Artikel 27 Absatz 4 festgelegt ist.

(2)   Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, bevor der oder die anderen Richter bestimmt werden, so werden die Parteien mit ihren mündlichen Ausführungen und der Generalanwalt mit seinen Schlussanträgen erneut gehört.

Artikel 35

Beschlussfähigkeit der Kammern mit fünf und mit drei Richtern

(1)   Ist für eine an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern verwiesene Rechtssache ein Erreichen der gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Zahl von Richtern nicht möglich, bestimmt der Präsident des Gerichtshofs einen oder mehrere andere Richter in der Reihenfolge, die in den Listen nach Artikel 28 Absätze 2 und 3 festgelegt ist. Ist eine Ersetzung des verhinderten Richters durch einen Richter derselben Kammer nicht möglich, so benachrichtigt der Kammerpräsident sogleich den Präsidenten des Gerichtshofs, der einen anderen Richter bestimmt, durch den die Kammer ergänzt wird.

(2)   Artikel 34 Absatz 2 findet auf die Kammern mit fünf und mit drei Richtern entsprechende Anwendung.

Achtes Kapitel

SPRACHENREGELUNG

Artikel 36

Verfahrenssprachen

Die Verfahrenssprachen sind Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.

Artikel 37

Bestimmung der Verfahrenssprache

(1)   In Klageverfahren wählt der Kläger vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen die Verfahrenssprache:

a)

Ist die Klage gegen einen Mitgliedstaat gerichtet, so ist die Amtssprache dieses Staates Verfahrenssprache; gibt es mehrere Amtssprachen, so ist der Kläger berechtigt, eine von ihnen zu wählen.

b)

Auf gemeinsamen Antrag der Parteien kann eine andere der in Artikel 36 genannten Sprachen ganz oder teilweise zugelassen werden.

c)

Auf Antrag einer Partei kann nach Anhörung der Gegenpartei und des Generalanwalts abweichend von den Buchstaben a und b eine andere der in Artikel 36 genannten Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zugelassen werden; dieser Antrag kann nicht von einem der Organe der Europäischen Union gestellt werden.

(2)   Unbeschadet des vorstehenden Absatzes Buchstaben b und c sowie des Artikels 38 Absätze 4 und 5

a)

ist bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidungen des Gerichts nach den Artikeln 56 und 57 der Satzung Verfahrenssprache diejenige Sprache, die für die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts Verfahrenssprache war;

b)

ist bei Entscheidungen des Gerichtshofs gemäß Artikel 62 Absatz 2 der Satzung, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, Verfahrenssprache diejenige Sprache, die für die Entscheidung des Gerichts, die Gegenstand der Überprüfung ist, Verfahrenssprache war;

c)

ist bei Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten, Einsprüchen gegen Versäumnisurteile, Drittwidersprüchen und Anträgen auf Auslegung, auf Wiederaufnahme oder auf Abhilfe gegen Unterlassen einer Entscheidung Verfahrenssprache diejenige Sprache, die für die Entscheidung, auf die sich diese Anträge oder Streitigkeiten beziehen, Verfahrenssprache war.

(3)   In Vorabentscheidungsverfahren ist die Sprache des vorlegenden Gerichts Verfahrenssprache. Auf gebührend begründeten Antrag einer Partei des Ausgangsrechtsstreits kann nach Anhörung der Gegenpartei des Ausgangsrechtsstreits und des Generalanwalts eine andere der in Artikel 36 genannten Sprachen für das mündliche Verfahren zugelassen werden. Wird sie zugelassen, so gilt diese Zulassung für alle in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten.

(4)   Die Entscheidung über die vorgenannten Anträge kann vom Präsidenten gefasst werden; dieser kann die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen; will er den Anträgen ohne Einverständnis aller Parteien stattgeben, so muss er sie dem Gerichtshof übertragen.

Artikel 38

Verwendung der Verfahrenssprache

(1)   Die Verfahrenssprache ist insbesondere in den Schriftsätzen und bei den mündlichen Ausführungen der Parteien, einschließlich der vorgelegten oder beigefügten Belegstücke und Unterlagen, sowie in den Protokollen und Entscheidungen des Gerichtshofs zu verwenden.

(2)   Vorgelegten oder beigefügten Belegstücken und Unterlagen, die in einer anderen Sprache abgefasst sind, ist eine Übersetzung in der Verfahrenssprache beizugeben.

(3)   Bei umfangreichen Belegstücken und Unterlagen können jedoch auszugsweise Übersetzungen vorgelegt werden. Der Gerichtshof kann jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine ausführlichere oder vollständige Übersetzung verlangen.

(4)   Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen können sich die Mitgliedstaaten ihrer eigenen Amtssprache bedienen, wenn sie sich an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten oder den Gerichtshof nach Artikel 259 AEUV anrufen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

(5)   Den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der EFTA-Überwachungsbehörde kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache einer anderen der in Artikel 36 genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie sich an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen oder einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

(6)   Den Drittstaaten, die sich gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache einer anderen der in Artikel 36 genannten Sprachen zu bedienen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

(7)   Erklären Zeugen oder Sachverständige, dass sie sich nicht hinlänglich in einer der in Artikel 36 genannten Sprachen ausdrücken können, so kann ihnen der Gerichtshof gestatten, ihre Erklärungen in einer anderen Sprache abzugeben. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

(8)   Der Präsident und der Vizepräsident des Gerichtshofs sowie die Kammerpräsidenten können sich bei der Leitung der Verhandlung statt der Verfahrenssprache einer anderen der in Artikel 36 genannten Sprachen bedienen; die gleiche Befugnis haben die Richter und die Generalanwälte für ihre Fragen und die Generalanwälte für ihre Schlussanträge. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Artikel 39

Verantwortlichkeit des Kanzlers in sprachlichen Angelegenheiten

Auf Ersuchen eines Richters oder des Generalanwalts oder auf Antrag einer Partei veranlasst der Kanzler die Übersetzung der mündlichen oder schriftlichen Äußerungen im Verfahren vor dem Gerichtshof in die in Artikel 36 genannten Sprachen, die gewünscht werden.

Artikel 40

Sprachenregelung für die Veröffentlichungen des Gerichtshofs

Die Veröffentlichungen des Gerichtshofs erscheinen in den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen.

Artikel 41

Verbindliche Fassungen

Verbindlich ist die Fassung in der Verfahrenssprache oder, falls der Gerichtshof gemäß den Artikeln 37 oder 38 eine andere Sprache zugelassen hat, die Fassung in dieser Sprache.

Artikel 42

Sprachendienst des Gerichtshofs

Der Gerichtshof richtet einen Sprachendienst ein, dessen Angehörige eine angemessene juristische Ausbildung und gründliche Kenntnisse in mehreren Amtssprachen der Union aufweisen müssen.

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Erstes Kapitel

RECHTE UND PFLICHTEN DER BEVOLLMÄCHTIGTEN, BEISTÄNDE UND ANWÄLTE

Artikel 43

Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen

(1)   Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte, die vor dem Gerichtshof oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht erscheinen, können wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Sache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden.

(2)   Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte genießen ferner folgende Vorrechte und Erleichterungen:

a)

Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten die betreffenden Schriftstücke und Urkunden versiegeln, die dann dem Gerichtshof zum Zwecke der Untersuchung im Beisein des Kanzlers und des Beteiligten umgehend übermittelt werden.

b)

Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte genießen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Reisefreiheit.

Artikel 44

Vertretereigenschaft

(1)   Um die im vorstehenden Artikel genannten Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen in Anspruch nehmen zu können, weisen zuvor ihre Eigenschaft nach

a)

die Bevollmächtigten durch eine von ihrem Vollmachtgeber ausgestellte amtliche Urkunde, die Letzterer dem Kanzler umgehend in Kopie übermittelt;

b)

die Anwälte durch einen Ausweis, mit dem ihre Berechtigung, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten, bescheinigt wird, und, wenn die von ihnen vertretene Partei eine juristische Person des Privatrechts ist, durch eine Vollmacht dieser Partei;

c)

die Beistände durch eine Vollmacht der Partei, der sie beistehen.

(2)   Der Kanzler des Gerichtshofs stellt ihnen erforderlichenfalls ein Berechtigungspapier aus. Dessen Gültigkeit ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt; sie kann je nach der Dauer des Verfahrens verlängert oder verkürzt werden.

Artikel 45

Aufhebung der Befreiung von gerichtlicher Verfolgung

(1)   Die in Artikel 43 genannten Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden ausschließlich im Interesse des Verfahrens gewährt.

(2)   Der Gerichtshof kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn dies nach seiner Auffassung dem Interesse des Verfahrens nicht zuwiderläuft.

Artikel 46

Ausschluss vom Verfahren

(1)   Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass das Verhalten eines Bevollmächtigten, Beistands oder Anwalts gegenüber dem Gerichtshof mit der Würde des Gerichtshofs oder mit den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege unvereinbar ist oder dass ein Bevollmächtigter, Beistand oder Anwalt seine Befugnisse missbraucht, so unterrichtet er den Betroffenen davon. Unterrichtet der Gerichtshof die zuständigen Stellen, denen der Betroffene untersteht, davon, so wird Letzterem eine Kopie des an diese Stellen gerichteten Schreibens übermittelt.

(2)   Aus denselben Gründen kann der Gerichtshof nach Anhörung des Betroffenen und des Generalanwalts jederzeit durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden, einen Bevollmächtigten, Beistand oder Anwalt vom Verfahren auszuschließen. Der Beschluss ist sofort vollziehbar.

(3)   Wird ein Bevollmächtigter, Beistand oder Anwalt vom Verfahren ausgeschlossen, so wird das Verfahren bis zum Ablauf einer Frist ausgesetzt, die der Präsident der betroffenen Partei zur Bestimmung eines anderen Bevollmächtigten, Beistands oder Anwalts setzt.

(4)   Die gemäß diesem Artikel getroffenen Entscheidungen können wieder aufgehoben werden.

Artikel 47

Hochschullehrer und Parteien des Ausgangsrechtsstreits

(1)   Die Bestimmungen dieses Kapitels finden Anwendung auf Hochschullehrer, die gemäß Artikel 19 der Satzung das Recht haben, vor dem Gerichtshof aufzutreten.

(2)   In Vorlageverfahren finden sie auch Anwendung auf die Parteien des Ausgangsrechtsstreits, wenn diese nach den anwendbaren nationalen Verfahrensvorschriften berechtigt sind, ohne den Beistand eines Anwalts vor Gericht aufzutreten, sowie auf die Personen, die nach diesen Vorschriften zu ihrer Vertretung berechtigt sind.

Zweites Kapitel

ZUSTELLUNGEN

Artikel 48

Zustellungsarten

(1)   Der Kanzler veranlasst die in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Zustellungen an die Zustellungsanschrift des Adressaten durch Übersendung einer Kopie des zuzustellenden Schriftstücks per Einschreiben mit Rückschein oder durch Übergabe der Kopie gegen Empfangsbestätigung. Die Kopien des zuzustellenden Originals werden vom Kanzler ausgefertigt und beglaubigt, es sei denn, dass sie gemäß Artikel 57 Absatz 2 von den Parteien eingereicht werden.

(2)   Hat sich der Adressat damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Telefax oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel erfolgen, so kann jedes Verfahrensschriftstück einschließlich der Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofs durch Übermittlung einer Kopie auf diesem Wege zugestellt werden.

(3)   Ist eine solche Übermittlung aus technischen Gründen oder wegen der Art oder des Umfangs des Schriftstücks nicht möglich, so wird dieses dem Adressaten, wenn er keine Zustellungsanschrift angegeben hat, gemäß dem Verfahren des Absatzes 1 an seine Anschrift zugestellt. Der Adressat wird davon mittels Telefax oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel benachrichtigt. Ein Einschreiben gilt dann am zehnten Tag nach der Aufgabe zur Post am Ort des Sitzes des Gerichtshofs als dem Adressaten übergeben, sofern nicht durch den Rückschein nachgewiesen wird, dass der Zugang zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist, oder der Adressat den Kanzler innerhalb von drei Wochen nach der Benachrichtigung mittels Telefax oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel davon unterrichtet, dass ihm das zuzustellende Schriftstück nicht zugegangen ist.

(4)   Der Gerichtshof kann durch Beschluss die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein Verfahrensschriftstück elektronisch zugestellt werden kann. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Drittes Kapitel

FRISTEN

Artikel 49

Fristberechnung

(1)   Die in den Verträgen, in der Satzung und in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Verfahrensfristen werden wie folgt berechnet:

a)

Ist eine nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird der Tag, an dem das Ereignis eintritt oder die Handlung vorgenommen wird, nicht mitgerechnet.

b)

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche, im letzten Monat oder im letzten Jahr dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c)

Ist eine Frist nach Monaten und nach Tagen bemessen, so werden zunächst die vollen Monate und dann die Tage berücksichtigt.

d)

Die Fristen umfassen die Samstage, die Sonntage und die gesetzlichen Feiertage im Sinne des Artikels 24 Absatz 6.

e)

Der Fristlauf wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.

(2)   Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

Artikel 50

Klage gegen eine Handlung eines Organs

Beginnt eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Handlung eines Organs mit der Veröffentlichung der Handlung, so ist diese Frist im Sinne von Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Handlung im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen.

Artikel 51

Entfernungsfrist

Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.

Artikel 52

Fristsetzung und Fristverlängerung

(1)   Die vom Gerichtshof gemäß dieser Verfahrensordnung gesetzten Fristen können verlängert werden.

(2)   Der Präsident und die Kammerpräsidenten können dem Kanzler die Zeichnungsbefugnis übertragen, bestimmte Fristen, die sie aufgrund dieser Verfahrensordnung anzuordnen haben, festzusetzen oder deren Verlängerung zu gewähren.

Viertes Kapitel

DIE VERSCHIEDENEN ARTEN DER BEHANDLUNG DER RECHTSSACHEN

Artikel 53

Arten der Behandlung der Rechtssachen

(1)   Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Satzung oder dieser Verfahrensordnung umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof ein schriftliches und ein mündliches Verfahren.

(2)   Ist der Gerichtshof für die Entscheidung über eine Rechtssache offensichtlich unzuständig oder ist ein Ersuchen oder eine Klage offensichtlich unzulässig, so kann er nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

(3)   Der Präsident kann in Anbetracht besonderer Umstände entscheiden, dass eine Rechtssache mit Vorrang entschieden wird.

(4)   Eine Rechtssache kann unter den in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen einem beschleunigten Verfahren unterworfen werden.

(5)   Eine Vorlage zur Vorabentscheidung kann unter den in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen einem Eilverfahren unterworfen werden.

Artikel 54

Verbindung

(1)   Mehrere gleichartige Rechtssachen, die den gleichen Gegenstand haben, können jederzeit wegen Zusammenhangs zu gemeinsamem schriftlichen oder mündlichen Verfahren oder zu gemeinsamem Endurteil verbunden werden.

(2)   Die Verbindung wird vom Präsidenten nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, falls die betreffende Rechtssache bereits zugewiesen worden ist, und – außer in Vorlageverfahren – nach Anhörung auch der Parteien beschlossen. Der Präsident kann die Entscheidung hierüber dem Gerichtshof übertragen.

(3)   Die Verbindung von Rechtssachen kann nach Maßgabe des Absatzes 2 wieder aufgehoben werden.

Artikel 55

Aussetzung des Verfahrens

(1)   Das Verfahren kann ausgesetzt werden:

a)

in den in Artikel 54 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Fällen durch Beschluss des Gerichtshofs nach Anhörung des Generalanwalts;

b)

in allen übrigen Fällen durch Entscheidung des Präsidenten nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts sowie – außer in Vorlageverfahren – der Parteien.

(2)   Die Fortsetzung des Verfahrens kann nach demselben Verfahren beschlossen oder entschieden werden.

(3)   Die in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Beschlüsse oder Entscheidungen werden den Parteien oder in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt.

(4)   Die Aussetzung des Verfahrens wird zu dem in dem Aussetzungsbeschluss oder der Aussetzungsentscheidung angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt dieses Beschlusses oder dieser Entscheidung wirksam.

(5)   Während der Aussetzung läuft keine Verfahrensfrist gegenüber den Parteien oder in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten ab.

(6)   Ist in dem Aussetzungsbeschluss oder der Aussetzungsentscheidung das Ende der Aussetzung nicht festgelegt, so endet die Aussetzung zu dem in dem Beschluss oder der Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt des Beschlusses oder der Entscheidung über die Fortsetzung.

(7)   An die Stelle der unterbrochenen Verfahrensfristen treten ab dem Zeitpunkt der Fortsetzung des Verfahrens nach einer Aussetzung neue Fristen, die zu dem Zeitpunkt der Fortsetzung zu laufen beginnen.

Artikel 56

Zurückstellung der Entscheidung einer Rechtssache

Der Präsident kann nach Anhörung des Berichterstatters, des Generalanwalts und der Parteien in Anbetracht besonderer Umstände von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei entscheiden, dass eine Rechtssache zu späterer Entscheidung zurückgestellt wird.

Fünftes Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 57

Einreichung der Verfahrensschriftstücke

(1)   Das Original jedes Verfahrensschriftstücks muss von dem Bevollmächtigten oder Anwalt der Partei oder, wenn es sich um im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens eingereichte Erklärungen handelt und die für den Ausgangsrechtsstreit geltenden nationalen Verfahrensvorschriften es zulassen, von der Partei des Ausgangsrechtsstreits oder ihrem Vertreter handschriftlich unterzeichnet sein.

(2)   Mit diesem Schriftstück und allen darin erwähnten Anlagen sind fünf Kopien für den Gerichtshof und, wenn es sich um andere Verfahren als Vorabentscheidungsverfahren handelt, je eine Kopie für jede andere am Rechtsstreit beteiligte Partei einzureichen. Die Kopien sind von der Partei, die sie einreicht, zu beglaubigen.

(3)   Die Organe haben außerdem innerhalb der vom Gerichtshof festgesetzten Fristen von jedem Verfahrensschriftstück Übersetzungen in den anderen in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen vorzulegen. Der vorstehende Absatz findet Anwendung.

(4)   Den Verfahrensschriftstücken ist ein Aktenstück beizufügen, das die zur Unterstützung herangezogenen Belegstücke und Unterlagen zusammen mit einem Verzeichnis dieser Belegstücke und Unterlagen enthält.

(5)   Werden dem Schriftstück von einem Belegstück oder einer Unterlage mit Rücksicht auf deren Umfang nur Auszüge beigefügt, so ist das gesamte Belegstück, die gesamte Unterlage oder eine vollständige Kopie bei der Kanzlei einzureichen.

(6)   Jedes Verfahrensschriftstück ist mit Datum zu versehen. Für die Berechnung der Verfahrensfristen sind allein der Tag und die Uhrzeit des Eingangs des Originals bei der Kanzlei maßgebend.

(7)   Unbeschadet der Absätze 1 bis 6 sind für die Wahrung der Verfahrensfristen der Tag und die Uhrzeit des Eingangs einer Kopie des unterzeichneten Originals eines Verfahrensschriftstücks einschließlich des in Absatz 4 genannten Verzeichnisses der Belegstücke und Unterlagen mittels Telefax oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei maßgebend, sofern das unterzeichnete Original des Schriftstücks zusammen mit den in Absatz 2 genannten Anlagen und Kopien spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht wird.

(8)   Unbeschadet der Absätze 3 bis 6 kann der Gerichtshof durch Beschluss die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein der Kanzlei elektronisch übermitteltes Verfahrensschriftstück als Original dieses Schriftstücks gilt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 58

Länge der Verfahrensschriftstücke

Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieser Verfahrensordnung kann der Gerichtshof durch Beschluss die maximale Länge der Schriftsätze oder Erklärungen festlegen, die bei ihm eingereicht werden. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Sechstes Kapitel

VORBERICHT UND VERWEISUNG AN DIE SPRUCHKÖRPER

Artikel 59

Vorbericht

(1)   Wenn das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, bestimmt der Präsident den Zeitpunkt, zu dem der Berichterstatter der Generalversammlung des Gerichtshofs einen Vorbericht vorzulegen hat.

(2)   Der Vorbericht enthält Vorschläge zu der Frage, ob besondere prozessleitende Maßnahmen, eine Beweisaufnahme oder gegebenenfalls ein Klarstellungsersuchen an das vorlegende Gericht erforderlich sind, sowie dazu, an welchen Spruchkörper die Rechtssache verwiesen werden sollte. Der Vorbericht enthält ferner den Vorschlag des Berichterstatters zu einem etwaigen Absehen von der mündlichen Verhandlung und zu einem etwaigen Absehen von Schlussanträgen des Generalanwalts gemäß Artikel 20 Absatz 5 der Satzung.

(3)   Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts über die Vorschläge des Berichterstatters.

Artikel 60

Verweisung an die Spruchkörper

(1)   Der Gerichtshof verweist alle bei ihm anhängigen Rechtssachen an die Kammern mit fünf oder mit drei Richtern, sofern nicht die Schwierigkeit oder die Bedeutung der Rechtssache oder besondere Umstände eine Verweisung an die Große Kammer erfordern, es sei denn, eine solche Verweisung ist gemäß Artikel 16 Absatz 3 der Satzung von einem am Verfahren beteiligten Mitgliedstaat oder Unionsorgan beantragt worden.

(2)   Der Gerichtshof tagt als Plenum, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Satzung befasst wird. Er kann eine Rechtssache an das Plenum verweisen, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Satzung zu der Auffassung gelangt, dass die Rechtssache von außergewöhnlicher Bedeutung ist.

(3)   Der Spruchkörper, an den eine Rechtssache verwiesen worden ist, kann in jedem Verfahrensstadium beim Gerichtshof anregen, die Rechtssache an einen größeren Spruchkörper zu verweisen.

(4)   Wird das mündliche Verfahren ohne Beweisaufnahme eröffnet, so bestimmt der Präsident des Spruchkörpers den Termin dafür.

Siebtes Kapitel

PROZESSLEITENDE MASSNAHMEN UND BEWEISAUFNAHME

Erster Abschnitt.   Prozessleitende Maßnahmen

Artikel 61

Vom Gerichtshof beschlossene prozessleitende Maßnahmen

(1)   Außer den Maßnahmen, die gemäß Artikel 24 der Satzung beschlossen werden können, kann der Gerichtshof die Parteien oder die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zur schriftlichen Beantwortung bestimmter Fragen innerhalb der von ihm gesetzten Frist oder zu deren Beantwortung in der mündlichen Verhandlung auffordern. Die schriftlichen Antworten werden den anderen Parteien oder den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten übermittelt.

(2)   Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, fordert der Gerichtshof, wann immer möglich, die Teilnehmer an dieser Verhandlung auf, ihre mündlichen Ausführungen auf eine oder mehrere festgelegte Fragen zu konzentrieren.

Artikel 62

Vom Berichterstatter oder vom Generalanwalt beschlossene prozessleitende Maßnahmen

(1)   Der Berichterstatter oder der Generalanwalt können die Parteien oder die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten auffordern, innerhalb einer bestimmten Frist von ihnen für relevant erachtete Auskünfte zum Sachverhalt, Schriftstücke oder sonstige Angaben zu übermitteln. Die erhaltenen Antworten und Schriftstücke werden den anderen Parteien oder den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten übermittelt.

(2)   Der Berichterstatter oder der Generalanwalt können den Parteien oder den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten ferner Fragen zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung übermitteln lassen.

Zweiter Abschnitt.   Beweisaufnahme

Artikel 63

Entscheidung über die Beweisaufnahme

(1)   Der Gerichtshof entscheidet in Generalversammlung, ob eine Beweisaufnahme durchzuführen ist.

(2)   Ist die Rechtssache bereits an einen Spruchkörper verwiesen worden, so entscheidet dieser.

Artikel 64

Festlegung der Beweisaufnahme

(1)   Der Gerichtshof bestimmt nach Anhörung des Generalanwalts die Beweismittel durch Beschluss, der die zu beweisenden Tatsachen bezeichnet.

(2)   Unbeschadet der Artikel 24 und 25 der Satzung sind folgende Beweismittel zulässig:

a)

persönliches Erscheinen der Parteien;

b)

Einholung von Auskünften und Aufforderung zur Vorlage von Urkunden;

c)

Zeugenbeweis;

d)

Sachverständigengutachten;

e)

Einnahme des Augenscheins.

(3)   Gegenbeweis und Erweiterung der Beweisangebote bleiben vorbehalten.

Artikel 65

Teilnahme an der Beweisaufnahme

(1)   Führt der Spruchkörper die Beweisaufnahme nicht selbst durch, so beauftragt er den Berichterstatter damit.

(2)   Der Generalanwalt nimmt an der Beweisaufnahme teil.

(3)   Die Parteien können der Beweisaufnahme beiwohnen.

Artikel 66

Zeugenbeweis

(1)   Der Gerichtshof beschließt die Vernehmung von Zeugen über bestimmte Tatsachen nach Anhörung des Generalanwalts von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei.

(2)   In dem Antrag einer Partei auf Vernehmung eines Zeugen sind die Tatsachen, über die der Zeuge vernommen werden soll, und die Gründe, die dessen Vernehmung rechtfertigen, genau zu bezeichnen.

(3)   Über einen Antrag im Sinne des vorstehenden Absatzes entscheidet der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss. Wird dem Antrag stattgegeben, sind in dem Beschluss die Tatsachen zu bezeichnen, über die Beweis zu erheben ist, und die Zeugen zu benennen, die zu den einzelnen Tatsachen vernommen werden sollen.

(4)   Die Zeugen werden vom Gerichtshof geladen, gegebenenfalls nach Hinterlegung des Vorschusses gemäß Artikel 73 Absatz 1.

Artikel 67

Zeugenvernehmung

(1)   Der Präsident weist die Zeugen nach Feststellung ihrer Identität darauf hin, dass sie die Richtigkeit ihrer Aussagen nach den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu versichern haben.

(2)   Die Zeugen werden vom Gerichtshof vernommen; die Parteien werden hierzu geladen. Der Präsident kann nach Beendigung der Aussage auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen Fragen an die Zeugen richten.

(3)   Die gleiche Befugnis steht den einzelnen Richtern und dem Generalanwalt zu.

(4)   Die Vertreter der Parteien können unter der Aufsicht des Präsidenten Fragen an die Zeugen richten.

Artikel 68

Beeidigung der Zeugen

(1)   Der Zeuge leistet nach Beendigung seiner Aussage folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt habe.“

(2)   Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Beeidigung des Zeugen verzichten.

Artikel 69

Geldbußen

(1)   Zeugen, die ordnungsgemäß geladen sind, haben der Ladung Folge zu leisten und in der mündlichen Verhandlung zu erscheinen.

(2)   Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge ohne berechtigten Grund nicht vor dem Gerichtshof, so kann dieser eine Geldbuße von bis zu 5 000 Euro gegen ihn verhängen und die erneute Ladung des Zeugen auf dessen Kosten beschließen.

(3)   Die gleiche Sanktion kann gegen einen Zeugen verhängt werden, der ohne berechtigten Grund die Aussage oder die Eidesleistung verweigert.

Artikel 70

Sachverständigengutachten

(1)   Der Gerichtshof kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschließen. In dem Beschluss, der den Sachverständigen ernennt, ist dessen Auftrag genau zu umschreiben und eine Frist für die Abgabe des Gutachtens zu bestimmen.

(2)   Nach Abgabe des Gutachtens und seiner Zustellung an die Parteien kann der Gerichtshof die Anhörung des Sachverständigen beschließen; die Parteien werden hierzu geladen. Der Präsident kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen Fragen an den Sachverständigen richten.

(3)   Die gleiche Befugnis steht den einzelnen Richtern und dem Generalanwalt zu.

(4)   Die Vertreter der Parteien können unter der Aufsicht des Präsidenten Fragen an den Sachverständigen richten.

Artikel 71

Beeidigung des Sachverständigen

(1)   Der Sachverständige leistet nach Abgabe des Gutachtens folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich meinen Auftrag nach bestem Wissen und Gewissen und unparteiisch erfüllt habe.“

(2)   Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Beeidigung des Sachverständigen verzichten.

Artikel 72

Ablehnung von Zeugen oder Sachverständigen

(1)   Lehnt eine Partei einen Zeugen oder Sachverständigen wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit oder aus sonstigen Gründen ab oder verweigert ein Zeuge oder Sachverständiger die Aussage, die Erstattung des Gutachtens oder die Eidesleistung, so entscheidet der Gerichtshof.

(2)   Die Ablehnung eines Zeugen oder Sachverständigen ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses, durch den der Zeuge geladen oder der Sachverständige ernannt worden ist, mit Schriftsatz zu erklären, der die Ablehnungsgründe und die Beweisangebote enthalten muss.

Artikel 73

Kosten der Zeugen und der Sachverständigen

(1)   Beschließt der Gerichtshof die Vernehmung von Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens, so kann er von den Parteien oder von einer Partei die Hinterlegung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten der Zeugen und der Sachverständigen verlangen.

(2)   Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Erstattung ihrer Reise- und Aufenthaltskosten. Die Kasse des Gerichtshofs kann ihnen einen Vorschuss auf diese Kosten gewähren.

(3)   Zeugen haben Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Diese Leistungen werden den Zeugen und Sachverständigen von der Kasse des Gerichtshofs nach Erfüllung ihrer Pflicht oder ihres Auftrags gezahlt.

Artikel 74

Protokoll der Beweistermine

(1)   Der Kanzler nimmt über jeden Beweistermin ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

(2)   Handelt es sich um einen Termin zur Vernehmung von Zeugen oder Anhörung von Sachverständigen, wird das Protokoll vom Präsidenten oder von dem mit der Vernehmung oder Anhörung beauftragten Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet. Vor dieser Unterzeichnung ist dem Zeugen oder Sachverständigen Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Protokolls zu überprüfen und es zu unterzeichnen.

(3)   Das Protokoll wird den Parteien zugestellt.

Artikel 75

Eröffnung des mündlichen Verfahrens nach Beweisaufnahme

(1)   Nach Abschluss der Beweisaufnahme bestimmt der Präsident den Termin für die Eröffnung des mündlichen Verfahrens, es sei denn, der Gerichtshof entscheidet, den Parteien eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme zu setzen.

(2)   Ist eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme gesetzt, so bestimmt der Präsident den Termin für die Eröffnung des mündlichen Verfahrens nach Ablauf dieser Frist.

Achtes Kapitel

MÜNDLICHES VERFAHREN

Artikel 76

Mündliche Verhandlung

(1)   Etwaige mit Gründen versehene Anträge auf mündliche Verhandlung sind innerhalb von drei Wochen, nachdem die Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens an die Parteien oder die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten erfolgt ist, zu stellen. Diese Frist kann vom Präsidenten verlängert werden.

(2)   Der Gerichtshof kann auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts entscheiden, keine mündliche Verhandlung abzuhalten, wenn er sich durch die im schriftlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen für ausreichend unterrichtet hält, um eine Entscheidung zu erlassen.

(3)   Der vorstehende Absatz findet keine Anwendung, wenn ein mit Gründen versehener Antrag auf mündliche Verhandlung von einem in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, der nicht am schriftlichen Verfahren teilgenommen hat, gestellt worden ist.

Artikel 77

Gemeinsame mündliche Verhandlung

Wenn die zwischen mehreren gleichartigen Rechtssachen bestehenden Gemeinsamkeiten es zulassen, kann der Gerichtshof entscheiden, eine gemeinsame mündliche Verhandlung für diese Rechtssachen durchzuführen.

Artikel 78

Leitung der Verhandlung

Der Präsident eröffnet und leitet die Verhandlung; ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung.

Artikel 79

Ausschluss der Öffentlichkeit

(1)   Der Gerichtshof kann aus wichtigen Gründen, insbesondere solchen der Sicherheit der Mitgliedstaaten oder des Schutzes Minderjähriger, die Öffentlichkeit ausschließen.

(2)   Mit der Entscheidung über den Ausschluss der Öffentlichkeit geht das Verbot einer Veröffentlichung der Verhandlung einher.

Artikel 80

Fragen

Die Mitglieder des Spruchkörpers und der Generalanwalt können in der mündlichen Verhandlung Fragen an die Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte der Parteien und unter den Umständen des Artikels 47 Absatz 2 an die Parteien des Ausgangsrechtsstreits oder deren Vertreter richten.

Artikel 81

Schließung der mündlichen Verhandlung

Der Präsident erklärt nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Parteien oder der in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten die mündliche Verhandlung für geschlossen.

Artikel 82

Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts

(1)   Findet eine mündliche Verhandlung statt, so werden die Schlussanträge des Generalanwalts nach deren Schließung gestellt.

(2)   Der Präsident erklärt nach der Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts das mündliche Verfahren für abgeschlossen.

Artikel 83

Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

Der Gerichtshof kann jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

Artikel 84

Protokoll der mündlichen Verhandlungen

(1)   Der Kanzler nimmt über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

(2)   Die Parteien und die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten können die Protokolle bei der Kanzlei einsehen und Kopien davon erhalten.

Artikel 85

Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung

Der Präsident kann den Parteien oder den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, die am schriftlichen oder mündlichen Verfahren teilgenommen haben, auf gebührend begründeten Antrag gestatten, die Tonaufzeichnung der mündlichen Verhandlung in der vom Vortragenden in der Verhandlung verwendeten Sprache in den Räumen des Gerichtshofs anzuhören.

Neuntes Kapitel

URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 86

Termin der Urteilsverkündung

Die Parteien oder die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten werden vom Termin der Urteilsverkündung benachrichtigt.

Artikel 87

Inhalt der Urteile

Das Urteil enthält:

a)

die Angabe, dass es vom Gerichtshof erlassen ist;

b)

die Bezeichnung des Spruchkörpers;

c)

das Datum der Verkündung;

d)

die Namen des Präsidenten und der Richter, die bei der Beratung mitgewirkt haben, unter Bezeichnung des Berichterstatters;

e)

den Namen des Generalanwalts;

f)

den Namen des Kanzlers;

g)

die Bezeichnung der Parteien oder der in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, die am Verfahren teilgenommen haben;

h)

die Namen ihrer Vertreter;

i)

in Klage- und in Rechtsmittelverfahren die Anträge der Parteien;

j)

gegebenenfalls das Datum der mündlichen Verhandlung;

k)

den Hinweis, dass der Generalanwalt gehört worden ist, und gegebenenfalls das Datum seiner Schlussanträge;

l)

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

m)

die Entscheidungsgründe;

n)

die Urteilsformel, gegebenenfalls einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

Artikel 88

Verkündung und Zustellung der Urteile

(1)   Das Urteil wird in öffentlicher Sitzung verkündet.

(2)   Der Präsident, die Richter, die an der Beratung mitgewirkt haben, und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; den Parteien und gegebenenfalls dem vorlegenden Gericht, den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten und dem Gericht wird eine Ausfertigung der Urschrift zugestellt.

Artikel 89

Inhalt der Beschlüsse

(1)   Der Beschluss enthält:

a)

die Angabe, dass er vom Gerichtshof erlassen ist;

b)

die Bezeichnung des Spruchkörpers;

c)

das Datum des Erlasses;

d)

die Angabe der Rechtsgrundlage, auf der er beruht;

e)

den Namen des Präsidenten und gegebenenfalls die Namen der Richter, die bei der Beratung mitgewirkt haben, unter Bezeichnung des Berichterstatters;

f)

den Namen des Generalanwalts;

g)

den Namen des Kanzlers;

h)

die Bezeichnung der Parteien oder der Parteien des Ausgangsrechtsstreits;

i)

die Namen ihrer Vertreter;

j)

den Hinweis, dass der Generalanwalt gehört worden ist;

k)

die Beschlussformel, gegebenenfalls einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

(2)   Ist ein Beschluss nach dieser Verfahrensordnung mit Gründen zu versehen, so enthält er ferner:

a)

in Klage- und in Rechtsmittelverfahren die Anträge der Parteien;

b)

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

c)

die Entscheidungsgründe.

Artikel 90

Unterzeichnung und Zustellung der Beschlüsse

Der Präsident und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Beschlusses, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; den Parteien und gegebenenfalls dem vorlegenden Gericht, den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten und dem Gericht wird eine Ausfertigung der Urschrift zugestellt.

Artikel 91

Rechtskraft der Urteile und der Beschlüsse

(1)   Das Urteil wird mit dem Tag seiner Verkündung rechtskräftig.

(2)   Der Beschluss wird mit dem Tag seiner Zustellung rechtskräftig.

Artikel 92

Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union

Eine Mitteilung, die das Datum und die Urteils- oder Beschlussformel der Endurteile und der das Verfahren beendenden Beschlüsse des Gerichtshofs enthält, wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

DRITTER TITEL

VORLAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG

Erstes Kapitel

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 93

Anwendungsbereich

Die Bestimmungen dieses Titels gelten für das Verfahren

a)

in den in Artikel 23 der Satzung genannten Fällen;

b)

im Fall von Vorlagen, die in Abkommen vorgesehen werden können, bei denen die Union oder Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind.

Artikel 94

Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens

Das Vorabentscheidungsersuchen muss außer den dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen enthalten:

a)

eine kurze Darstellung des Streitgegenstands und des maßgeblichen Sachverhalts, wie er vom vorlegenden Gericht festgestellt worden ist, oder zumindest eine Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die Fragen beruhen;

b)

den Wortlaut der möglicherweise auf den Fall anwendbaren nationalen Vorschriften und gegebenenfalls die einschlägige nationale Rechtsprechung;

c)

eine Darstellung der Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt.

Artikel 95

Anonymität

(1)   Ist vom vorlegenden Gericht Anonymität gewährt worden, so wahrt der Gerichtshof diese Anonymität in dem bei ihm anhängigen Verfahren.

(2)   Der Gerichtshof kann außerdem auf Ersuchen des vorlegenden Gerichts, auf gebührend begründeten Antrag einer Partei des Ausgangsrechtsstreits oder von Amts wegen eine oder mehrere Personen oder Einrichtungen, die von dem Rechtsstreit betroffen sind, anonymisieren, wenn er es für erforderlich hält.

Artikel 96

Beteiligung am Vorabentscheidungsverfahren

(1)   Gemäß Artikel 23 der Satzung können vor dem Gerichtshof Erklärungen abgeben

a)

die Parteien des Ausgangsrechtsstreits;

b)

die Mitgliedstaaten;

c)

die Europäische Kommission;

d)

das Organ, von dem die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist;

e)

die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde, wenn dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt wird, die einen der Anwendungsbereiche des genannten Abkommens betrifft;

f)

Drittstaaten, die Vertragsstaaten eines vom Rat über einen bestimmten Bereich geschlossenen Abkommens sind, wenn dieses Abkommen die Möglichkeit der Abgabe von Erklärungen vorsieht und wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegt, die in den Anwendungsbereich des betreffenden Abkommens fällt.

(2)   Die Nichtteilnahme am schriftlichen Verfahren hindert nicht an der Teilnahme am mündlichen Verfahren.

Artikel 97

Parteien des Ausgangsrechtsstreits

(1)   Parteien des Ausgangsrechtsstreits sind diejenigen, die vom vorlegenden Gericht gemäß den nationalen Verfahrensvorschriften als solche bezeichnet werden.

(2)   Unterrichtet das vorlegende Gericht den Gerichtshof von der Zulassung einer neuen Partei im Ausgangsrechtsstreit, während das Verfahren vor dem Gerichtshof bereits anhängig ist, so muss diese Partei das Verfahren in der Lage annehmen, in der es sich zum Zeitpunkt der Unterrichtung befindet. Der Partei werden alle den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten bereits zugestellten Verfahrensschriftstücke übermittelt.

(3)   Hinsichtlich der Vertretung und des persönlichen Erscheinens der Parteien des Ausgangsrechtsstreits trägt der Gerichtshof den vor dem vorlegenden Gericht geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung. Bestehen Zweifel, ob eine Person eine Partei des Ausgangsrechtsstreits nach dem nationalen Recht vertreten kann, so kann sich der Gerichtshof beim vorlegenden Gericht über die anwendbaren Verfahrensvorschriften kundig machen.

Artikel 98

Übersetzung und Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens

(1)   Die Vorabentscheidungsersuchen im Sinne dieses Titels werden den Mitgliedstaaten in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung in der Amtssprache des Empfängerstaats zugestellt. Sofern dies aufgrund der Länge des Ersuchens angebracht ist, wird diese Übersetzung durch die Übersetzung einer Zusammenfassung des Ersuchens in der Amtssprache des Empfängerstaats ersetzt, die dann als Grundlage für die Stellungnahme dieses Staates dient. Die Zusammenfassung enthält den vollständigen Wortlaut der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage(n). Sie umfasst insbesondere, soweit das Vorabentscheidungsersuchen diese Angaben enthält, den Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, die wesentlichen Argumente der Parteien des Ausgangsrechtsstreits, eine kurze Darstellung der Begründung der Vorlage sowie die angeführte Rechtsprechung und die angeführten Vorschriften des nationalen Rechts und des Unionsrechts.

(2)   In den in Artikel 23 Absatz 3 der Satzung bezeichneten Fällen werden die Vorabentscheidungsersuchen den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der EFTA-Überwachungsbehörde in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung des Ersuchens, gegebenenfalls einer Zusammenfassung, in einer der in Artikel 36 genannten Sprachen zugestellt, die vom Empfänger zu wählen ist.

(3)   Kann sich ein Drittstaat gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, so wird ihm das Vorabentscheidungsersuchen in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung des Ersuchens, gegebenenfalls einer Zusammenfassung, in einer der in Artikel 36 genannten Sprachen zugestellt, die von dem betreffenden Drittstaat zu wählen ist.

Artikel 99

Antwort durch mit Gründen versehenen Beschluss

Wenn eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage übereinstimmt, über die der Gerichtshof bereits entschieden hat, wenn die Antwort auf eine solche Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann oder wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, kann der Gerichtshof auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

Artikel 100

Befassung des Gerichtshofs

(1)   Der Gerichtshof bleibt mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst, solange das vorlegende Gericht es nicht zurückgenommen hat. Die Rücknahme eines Ersuchens kann bis zur Bekanntgabe des Termins der Urteilsverkündung an die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten berücksichtigt werden.

(2)   Der Gerichtshof kann jedoch jederzeit feststellen, dass die Voraussetzungen für seine Zuständigkeit nicht mehr erfüllt sind.

Artikel 101

Ersuchen um Klarstellung

(1)   Unbeschadet der in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen und Beweisaufnahme kann der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts das vorlegende Gericht um Klarstellungen innerhalb einer von ihm festgesetzten Frist ersuchen.

(2)   Die Antwort des vorlegenden Gerichts auf ein solches Ersuchen wird den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt.

Artikel 102

Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens

Die Entscheidung über die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Artikel 103

Berichtigung von Urteilen und Beschlüssen

(1)   Schreib- oder Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten in Urteilen und Beschlüssen können vom Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag eines in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, vorausgesetzt, ein solcher wird innerhalb von zwei Wochen nach Verkündung des Urteils oder Zustellung des Beschlusses gestellt, berichtigt werden.

(2)   Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

(3)   Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift der berichtigten Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift der berichtigten Entscheidung anzubringen.

Artikel 104

Auslegung von Vorabentscheidungen

(1)   Artikel 158 über die Auslegung von Urteilen und Beschlüssen findet keine Anwendung auf Entscheidungen, die in Beantwortung eines Vorabentscheidungsersuchens ergehen.

(2)   Es ist Sache der nationalen Gerichte, zu beurteilen, ob sie sich durch eine Vorabentscheidung für hinreichend unterrichtet halten oder ob es ihnen erforderlich erscheint, den Gerichtshof erneut anzurufen.

Zweites Kapitel

BESCHLEUNIGTES VORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN

Artikel 105

Beschleunigtes Verfahren

(1)   Der Präsident des Gerichtshofs kann auf Antrag des vorlegenden Gerichts oder ausnahmsweise von Amts wegen, nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, entscheiden, eine Vorlage zur Vorabentscheidung einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.

(2)   In diesem Fall bestimmt der Präsident umgehend den Termin für die mündliche Verhandlung, der den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten mit der Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens mitgeteilt wird.

(3)   Die im vorstehenden Absatz genannten Beteiligten können innerhalb einer vom Präsidenten gesetzten Frist von mindestens 15 Tagen Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen einreichen. Der Präsident kann diese Beteiligten auffordern, ihre Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen auf die wesentlichen mit dem Vorabentscheidungsersuchen aufgeworfenen Rechtsfragen zu beschränken.

(4)   Die etwaigen Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen werden allen in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten vor der mündlichen Verhandlung übermittelt.

(5)   Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Artikel 106

Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

(1)   Die im vorstehenden Artikel vorgesehenen Verfahrensschriftstücke gelten mit der Übermittlung einer Kopie des unterzeichneten Originals sowie der zur Unterstützung herangezogenen Belegstücke und Unterlagen mit dem in Artikel 57 Absatz 4 genannten Verzeichnis mittels Telefax oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel an die Kanzlei als eingereicht. Das Original des Schriftstücks und die vorstehend genannten Anlagen sind der Kanzlei umgehend zu übermitteln.

(2)   Die im vorstehenden Artikel vorgesehenen Zustellungen und Übermittlungen können durch Übersendung einer Kopie des Schriftstücks mittels Telefax oder sonstiger beim Gerichtshof und beim Empfänger vorhandener technischer Kommunikationsmittel bewirkt werden.

Drittes Kapitel

EILVORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN

Artikel 107

Anwendungsbereich des Eilvorabentscheidungsverfahrens

(1)   Eine Vorlage zur Vorabentscheidung, die eine oder mehrere Fragen zu den von Titel V des Dritten Teils des AEU-Vertrags erfassten Bereichen aufwirft, kann auf Antrag des vorlegenden Gerichts oder ausnahmsweise von Amts wegen einem Eilverfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unterworfen werden.

(2)   Das vorlegende Gericht stellt die rechtlichen und tatsächlichen Umstände dar, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt und die die Anwendung dieses abweichenden Verfahrens rechtfertigen, und gibt, soweit möglich, an, welche Antwort es auf die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen vorschlägt.

(3)   Hat das vorlegende Gericht keinen Antrag auf Durchführung des Eilverfahrens gestellt, so kann der Präsident des Gerichtshofs, wenn die Anwendung dieses Verfahrens dem ersten Anschein nach geboten ist, die in Artikel 108 bezeichnete Kammer zur Prüfung der Frage auffordern, ob es erforderlich ist, die Vorlage dem Eilverfahren zu unterwerfen.

Artikel 108

Entscheidung über die Dringlichkeit

(1)   Die Entscheidung, eine Vorlage dem Eilverfahren zu unterwerfen, wird von der für Eilverfahren bestimmten Kammer auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts getroffen. Die Besetzung der Kammer wird, wenn die Anwendung des Eilverfahrens vom vorlegenden Gericht beantragt wird, am Tag der Zuweisung der Rechtssache an den Berichterstatter oder, wenn die Anwendung dieses Verfahrens auf Aufforderung durch den Präsidenten des Gerichtshofs geprüft wird, am Tag des Ergehens dieser Aufforderung gemäß Artikel 28 Absatz 2 bestimmt.

(2)   Weist die Rechtssache einen Zusammenhang mit einer anhängigen Rechtssache auf, die einem Berichterstatter zugewiesen ist, der nicht der für Eilverfahren bestimmten Kammer angehört, so kann diese Kammer dem Präsidenten des Gerichtshofs vorschlagen, die Rechtssache jenem Berichterstatter zuzuweisen. Im Fall einer Neuzuweisung der Rechtssache an diesen Berichterstatter nimmt die Kammer mit fünf Richtern, der er angehört, für diese Rechtssache die Aufgaben der für Eilverfahren bestimmten Kammer wahr. Artikel 29 Absatz 1 findet Anwendung.

Artikel 109

Schriftlicher Abschnitt des Eilverfahrens

(1)   Wenn das vorlegende Gericht die Anwendung des Eilverfahrens beantragt hat oder der Präsident die für Eilverfahren bestimmte Kammer zur Prüfung der Frage aufgefordert hat, ob es erforderlich ist, die Vorlage dem Eilverfahren zu unterwerfen, so veranlasst der Kanzler sogleich die Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens an die Parteien des Ausgangsrechtsstreits, den Mitgliedstaat des vorlegenden Gerichts, die Europäische Kommission und das Organ, von dem die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist.

(2)   Die Entscheidung, die Vorlage zur Vorabentscheidung dem Eilverfahren zu unterwerfen oder nicht zu unterwerfen, wird dem vorlegenden Gericht sowie den im vorstehenden Absatz bezeichneten Parteien, dem dort genannten Mitgliedstaat und den dort angeführten Organen umgehend zugestellt. In der Entscheidung, die Vorlage dem Eilverfahren zu unterwerfen, wird die Frist festgesetzt, innerhalb deren sie Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen einreichen können. In der Entscheidung kann festgelegt werden, auf welche Rechtsfragen sich die Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen beziehen sollen und welche Länge sie höchstens haben dürfen.

(3)   Nimmt ein Vorabentscheidungsersuchen Bezug auf ein in einem anderen Mitgliedstaat als dem des vorlegenden Gerichts geführtes Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, so kann der Gerichtshof diesen Mitgliedstaat auffordern, schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung alle sachdienlichen Angaben zu machen.

(4)   Sogleich nach der in Absatz 1 genannten Zustellung wird das Vorabentscheidungsersuchen außerdem den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, die nicht Adressaten dieser Zustellung sind, übermittelt, und die Entscheidung, die Vorlage dem Eilverfahren zu unterwerfen oder nicht zu unterwerfen, wird diesen Beteiligten sogleich nach der in Absatz 2 genannten Zustellung übermittelt.

(5)   Die in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten werden so bald wie möglich vom voraussichtlichen Termin der mündlichen Verhandlung benachrichtigt.

(6)   Wird die Vorlage nicht dem Eilverfahren unterworfen, bestimmt sich das Verfahren nach Artikel 23 der Satzung und den anwendbaren Vorschriften dieser Verfahrensordnung.

Artikel 110

Zustellungen und Mitteilungen nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens

(1)   Wird eine Vorlage zur Vorabentscheidung dem Eilverfahren unterworfen, so werden das Vorabentscheidungsersuchen und die eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, die nicht zu den in Artikel 109 Absatz 1 genannten Parteien und Beteiligten zählen, zugestellt. Dem Vorabentscheidungsersuchen wird eine Übersetzung, gegebenenfalls nach Maßgabe des Artikels 98 eine Zusammenfassung, beigefügt.

(2)   Die eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen werden außerdem den in Artikel 109 Absatz 1 genannten Parteien und sonstigen Beteiligten zugestellt.

(3)   Der Termin für die mündliche Verhandlung wird den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten mit den Zustellungen nach den vorstehenden Absätzen mitgeteilt.

Artikel 111

Absehen vom schriftlichen Verfahren

Die für Eilverfahren bestimmte Kammer kann in Fällen äußerster Dringlichkeit entscheiden, von dem in Artikel 109 Absatz 2 vorgesehenen schriftlichen Verfahren abzusehen.

Artikel 112

Entscheidung in der Sache

Die für Eilverfahren bestimmte Kammer entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Artikel 113

Spruchkörper

(1)   Die für Eilverfahren bestimmte Kammer kann entscheiden, mit drei Richtern zu tagen. Sie ist in diesem Fall mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und dem ersten oder gegebenenfalls den ersten beiden Richtern besetzt, die bei der Besetzung dieser Kammer nach Artikel 108 Absatz 1 anhand der in Artikel 28 Absatz 2 genannten Liste bestimmt werden.

(2)   Die für Eilverfahren bestimmte Kammer kann auch beim Gerichtshof anregen, die Rechtssache an einen größeren Spruchkörper zu verweisen. Das Eilverfahren wird vor dem neuen Spruchkörper fortgeführt, gegebenenfalls nach Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens.

Artikel 114

Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

Die Übermittlung der Verfahrensschriftstücke erfolgt entsprechend Artikel 106.

Viertes Kapitel

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 115

Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

(1)   Ist eine Partei des Ausgangsrechtsstreits außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann sie jederzeit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen.

(2)   Dem Antrag sind alle Auskünfte und Belege beizufügen, die eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen, wie etwa eine Bescheinigung einer zuständigen nationalen Stelle über die wirtschaftliche Lage.

(3)   Hat der Antragsteller bereits Prozesskostenhilfe vor dem vorlegenden Gericht bezogen, so hat er den Beschluss dieses Gerichts vorzulegen und genau anzugeben, was von den bereits bewilligten Beträgen gedeckt ist.

Artikel 116

Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe

(1)   Der Präsident weist den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sogleich nach dessen Einreichung dem Berichterstatter für die Rechtssache zu, in der der Antrag gestellt worden ist.

(2)   Die Kammer mit drei Richtern, der der Berichterstatter zugeteilt ist, entscheidet auf dessen Vorschlag und nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise bewilligt oder ob sie versagt wird. Der Spruchkörper ist in diesem Fall mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und dem ersten oder gegebenenfalls den ersten beiden Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 3 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe befasst wird.

(3)   Gehört der Berichterstatter keiner Kammer mit drei Richtern an, so entscheidet die Kammer mit fünf Richtern, der er zugeteilt ist, unter denselben Voraussetzungen. Der Spruchkörper ist neben dem Berichterstatter mit vier Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 2 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe befasst wird.

(4)   Der Spruchkörper entscheidet durch Beschluss. Wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise versagt, so ist die Versagung in dem Beschluss zu begründen.

Artikel 117

Im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlende Beträge

Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so trägt die Kasse des Gerichtshofs – gegebenenfalls in den vom Spruchkörper festgesetzten Grenzen – die Kosten der Unterstützung und der Vertretung des Antragstellers vor dem Gerichtshof. Auf Antrag des Antragstellers oder seines Vertreters kann ein Vorschuss auf diese Kosten ausbezahlt werden.

Artikel 118

Entziehung der Prozesskostenhilfe

Der Spruchkörper, der über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden hat, kann diese jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag entziehen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens ändern.

VIERTER TITEL

KLAGEVERFAHREN

Erstes Kapitel

VERTRETUNG DER PARTEIEN

Artikel 119

Vertretungszwang

(1)   Die Parteien können nur durch ihren Bevollmächtigten oder Anwalt vertreten werden.

(2)   Die Bevollmächtigten und Anwälte haben bei der Kanzlei eine amtliche Urkunde oder eine Vollmacht der Partei, die sie vertreten, zu hinterlegen.

(3)   Anwälte, die als Beistand oder Vertreter einer Partei auftreten, haben bei der Kanzlei außerdem einen Ausweis zu hinterlegen, mit dem ihre Berechtigung, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten, bescheinigt wird.

(4)   Werden diese Papiere nicht hinterlegt, so setzt der Kanzler der betroffenen Partei eine angemessene Frist zur Beibringung der Papiere. In Ermangelung einer fristgemäßen Beibringung entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, ob die Nichtbeachtung dieser Förmlichkeit die formale Unzulässigkeit der Klageschrift oder des Schriftsatzes zur Folge hat.

Zweites Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 120

Inhalt der Klageschrift

Die Klageschrift im Sinne von Artikel 21 der Satzung muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Klägers;

b)

die Bezeichnung des Beklagten;

c)

den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe;

d)

die Anträge des Klägers;

e)

gegebenenfalls die Beweise und Beweisangebote.

Artikel 121

Angaben für Zustellungen

(1)   Die Klageschrift muss für die Zwecke des Verfahrens eine Zustellungsanschrift enthalten. Dazu ist der Name einer Person anzugeben, die ermächtigt ist und sich bereit erklärt hat, die Zustellungen entgegenzunehmen.

(2)   Zusätzlich zu oder statt der in Absatz 1 genannten Zustellungsanschrift kann in der Klageschrift angegeben werden, dass sich der Anwalt oder Bevollmächtigte damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Telefax oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel bewirkt werden.

(3)   Entspricht die Klageschrift nicht den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2, so erfolgen bis zur Behebung dieses Mangels alle Zustellungen an die betreffende Partei für die Zwecke des Verfahrens durch Einschreiben an den Bevollmächtigten oder Anwalt der Partei. Abweichend von Artikel 48 gilt dann die ordnungsgemäße Zustellung mit der Aufgabe des Einschreibens zur Post am Ort des Sitzes des Gerichtshofs als bewirkt.

Artikel 122

Anlagen zur Klageschrift

(1)   Der Klageschrift sind gegebenenfalls die in Artikel 21 Absatz 2 der Satzung bezeichneten Unterlagen beizufügen.

(2)   Bei Klagen gemäß Artikel 273 AEUV ist der Klageschrift eine Ausfertigung des zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten abgeschlossenen Schiedsvertrags beizufügen.

(3)   Entspricht die Klageschrift nicht den in Absatz 1 oder 2 genannten Voraussetzungen, so setzt der Kanzler dem Kläger eine angemessene Frist zur Beibringung der vorstehend genannten Unterlagen. Bei Ausbleiben dieser Mängelbehebung entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, ob die Nichtbeachtung dieser Voraussetzungen die formale Unzulässigkeit der Klageschrift zur Folge hat.

Artikel 123

Zustellung der Klageschrift

Die Klageschrift wird dem Beklagten zugestellt. In den Fällen der Artikel 119 Absatz 4 und 122 Absatz 3 erfolgt die Zustellung sogleich nach der Mängelbehebung oder nachdem der Gerichtshof in Anbetracht der in diesen beiden Artikeln aufgeführten Voraussetzungen die Zulässigkeit bejaht hat.

Artikel 124

Inhalt der Klagebeantwortung

(1)   Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift hat der Beklagte eine Klagebeantwortung einzureichen. Diese muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Beklagten;

b)

die geltend gemachten Verteidigungsgründe und -argumente;

c)

die Anträge des Beklagten;

d)

gegebenenfalls die Beweise und Beweisangebote.

(2)   Artikel 121 findet auf die Klagebeantwortung Anwendung.

(3)   Der Präsident kann die in Absatz 1 vorgesehene Frist auf gebührend begründeten Antrag des Beklagten ausnahmsweise verlängern.

Artikel 125

Übermittlung von Schriftsätzen

Sind das Europäische Parlament, der Rat oder die Europäische Kommission nicht Partei einer Rechtssache, so übermittelt ihnen der Gerichtshof eine Kopie der Klageschrift und der Klagebeantwortung mit Ausnahme der diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen, damit sie feststellen können, ob im Sinne des Artikels 277 AEUV die Unanwendbarkeit eines ihrer Rechtsakte geltend gemacht wird.

Artikel 126

Erwiderung und Gegenerwiderung

(1)   Die Klageschrift und die Klagebeantwortung können durch eine Erwiderung des Klägers und eine Gegenerwiderung des Beklagten ergänzt werden.

(2)   Der Präsident bestimmt die Fristen für die Einreichung dieser Verfahrensschriftstücke. Er kann festlegen, auf welche Punkte sich die Erwiderung und die Gegenerwiderung beziehen sollten.

Drittes Kapitel

KLAGE- UND VERTEIDIGUNGSGRÜNDE, BEWEISE

Artikel 127

Neue Klage- und Verteidigungsgründe

(1)   Das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens ist unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

(2)   Unbeschadet der späteren Entscheidung über die Zulässigkeit des Klage- oder Verteidigungsgrundes kann der Präsident der Gegenpartei auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts eine Frist zur Erwiderung auf diesen Klage- oder Verteidigungsgrund setzen.

Artikel 128

Beweise und Beweisangebote

(1)   Die Parteien können für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen. Sie haben die Verspätung der Vorlage zu begründen.

(2)   Ausnahmsweise können die Parteien noch nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens Beweise oder Beweisangebote vorlegen. Sie haben die Verspätung der Vorlage zu begründen. Der Präsident kann der Gegenpartei auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts eine Frist zur Stellungnahme zu diesen Beweisen oder Beweisangeboten setzen.

Viertes Kapitel

STREITHILFE

Artikel 129

Gegenstand und Wirkungen der Streithilfe

(1)   Die Streithilfe kann nur die völlige oder teilweise Unterstützung der Anträge einer Partei zum Gegenstand haben. Sie verleiht nicht die gleichen Verfahrensrechte, wie sie den Parteien zustehen, und insbesondere nicht das Recht, eine mündliche Verhandlung zu beantragen.

(2)   Die Streithilfe ist akzessorisch zum Rechtsstreit zwischen den Hauptparteien. Sie wird gegenstandslos, wenn die Rechtssache im Register des Gerichtshofs nach Klagerücknahme oder nach einer Vereinbarung zwischen diesen Parteien gestrichen wird oder wenn die Klage für unzulässig erklärt wird.

(3)   Der Streithelfer muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zum Zeitpunkt des Streitbeitritts befindet.

(4)   Ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe, der nach Ablauf der in Artikel 130 bezeichneten Frist, aber vor der in Artikel 60 Absatz 4 vorgesehenen Entscheidung über die Eröffnung des mündlichen Verfahrens gestellt wird, kann berücksichtigt werden. In diesem Fall kann der Streithelfer, wenn der Präsident die Streithilfe zulässt, in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn eine solche stattfindet.

Artikel 130

Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

(1)   Anträge auf Zulassung zur Streithilfe müssen innerhalb von sechs Wochen nach der Veröffentlichung im Sinne des Artikels 21 Absatz 4 gestellt werden.

(2)   Der Antrag auf Zulassung zur Streithilfe muss enthalten:

a)

die Bezeichnung der Rechtssache;

b)

die Bezeichnung der Hauptparteien;

c)

Namen und Wohnsitz des Antragstellers;

d)

die Anträge, zu deren Unterstützung der Antragsteller beitreten möchte;

e)

die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt, wenn der Antrag gemäß Artikel 40 Absatz 2 oder 3 der Satzung gestellt wird.

(3)   Der Streithelfer muss gemäß Artikel 19 der Satzung vertreten werden.

(4)   Die Artikel 119, 121 und 122 finden Anwendung.

Artikel 131

Entscheidung über den Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

(1)   Der Antrag auf Zulassung zur Streithilfe wird den Parteien zugestellt, um ihre etwaige schriftliche oder mündliche Stellungnahme zu diesem Antrag einzuholen.

(2)   Wird der Antrag gemäß Artikel 40 Absatz 1 oder 3 der Satzung gestellt, so wird die Streithilfe durch Entscheidung des Präsidenten zugelassen und dem Streithelfer sind alle den Parteien zugestellten Verfahrensschriftstücke zu übermitteln, wenn die Parteien nicht innerhalb von zehn Tagen nach der Zustellung im Sinne von Absatz 1 zu dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe Stellung genommen oder innerhalb derselben Frist geheime oder vertrauliche Belegstücke oder Unterlagen, deren Übermittlung an den Streithelfer ihnen zum Nachteil gereichen kann, bezeichnet haben.

(3)   In den übrigen Fällen entscheidet der Präsident über den Antrag auf Zulassung zur Streithilfe durch Beschluss oder überträgt die Entscheidung dem Gerichtshof.

(4)   Wird dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe stattgegeben, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Verfahrensschriftstücke zu übermitteln, mit Ausnahme gegebenenfalls der geheimen oder vertraulichen Belegstücke oder Dokumente, die nach Absatz 3 von der Übermittlung ausgenommen sind.

Artikel 132

Einreichung der Schriftsätze

(1)   Der Streithelfer kann innerhalb eines Monats nach Übermittlung der im vorstehenden Artikel bezeichneten Verfahrensschriftstücke einen Streithilfeschriftsatz einreichen. Diese Frist kann vom Präsidenten auf gebührend begründeten Antrag des Streithelfers verlängert werden.

(2)   Der Streithilfeschriftsatz muss enthalten:

a)

die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind;

b)

die vom Streithelfer geltend gemachten Gründe und Argumente;

c)

gegebenenfalls die Beweise und Beweisangebote.

(3)   Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.

Fünftes Kapitel

BESCHLEUNIGTES VERFAHREN

Artikel 133

Entscheidung über das beschleunigte Verfahren

(1)   Der Präsident des Gerichtshofs kann auf Antrag des Klägers oder des Beklagten und nach Anhörung der Gegenpartei, des Berichterstatters und des Generalanwalts entscheiden, eine Rechtssache einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.

(2)   Der Antrag, eine Rechtssache dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, ist mit gesondertem Schriftsatz gleichzeitig mit der Klageschrift oder der Klagebeantwortung einzureichen.

(3)   Der Präsident kann eine solche Entscheidung ausnahmsweise auch von Amts wegen nach Anhörung der Parteien, des Berichterstatters und des Generalanwalts treffen.

Artikel 134

Schriftliches Verfahren

(1)   Wird ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt, so können die Klageschrift und die Klagebeantwortung nur dann durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts für erforderlich hält.

(2)   Streithelfer können einen Streithilfeschriftsatz nur dann einreichen, wenn der Präsident dies nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts für erforderlich hält.

Artikel 135

Mündliches Verfahren

(1)   Der Präsident bestimmt sogleich nach Eingang der Klagebeantwortung oder, wenn die Entscheidung, die Rechtssache einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, erst nach Eingang dieses Schriftsatzes ergeht, sogleich nach dieser Entscheidung den Termin für die mündliche Verhandlung, der umgehend den Parteien mitgeteilt wird. Er kann den Termin für die mündliche Verhandlung verschieben, wenn eine Beweisaufnahme durchzuführen ist oder prozessleitende Maßnahmen es gebieten.

(2)   Unbeschadet der Artikel 127 und 128 können die Parteien im mündlichen Verfahren ihr Vorbringen ergänzen und Beweise oder Beweisangebote vorlegen. Sie haben die Verspätung des Vorbringens oder der Vorlage zu begründen.

Artikel 136

Entscheidung in der Sache

Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Sechstes Kapitel

KOSTEN

Artikel 137

Entscheidung über die Kosten

Über die Kosten wird im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

Artikel 138

Allgemeine Kostentragungsregeln

(1)   Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

(2)   Unterliegen mehrere Parteien, so entscheidet der Gerichtshof über die Verteilung der Kosten.

(3)   Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

Artikel 139

Ohne angemessenen Grund oder böswillig verursachte Kosten

Der Gerichtshof kann auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

Artikel 140

Kosten der Streithelfer

(1)   Die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen ihre eigenen Kosten.

(2)   Die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde tragen ebenfalls ihre eigenen Kosten, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind.

(3)   Der Gerichtshof kann entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den vorstehenden Absätzen genannten seine eigenen Kosten trägt.

Artikel 141

Kosten bei Klage- oder Antragsrücknahme

(1)   Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag zurück, so wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt.

(2)   Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

(3)   Einigen sich die Parteien über die Kosten, so wird gemäß der Vereinbarung entschieden.

(4)   Werden keine Kostenanträge gestellt, so trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Artikel 142

Kosten bei Erledigung der Hauptsache

Erklärt der Gerichtshof die Hauptsache für erledigt, so entscheidet er über die Kosten nach freiem Ermessen.

Artikel 143

Verfahrenskosten

Das Verfahren vor dem Gerichtshof ist vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen kostenfrei:

a)

Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts Kosten, die vermeidbar gewesen wären, der Partei auferlegen, die sie veranlasst hat.

b)

Kosten für Schreib- und Übersetzungsarbeiten, die nach Ansicht des Kanzlers das gewöhnliche Maß überschreiten, hat die Partei, die diese Arbeiten beantragt hat, nach Maßgabe der in Artikel 22 bezeichneten Gebührenordnung der Kanzlei zu erstatten.

Artikel 144

Erstattungsfähige Kosten

Unbeschadet des vorstehenden Artikels gelten als erstattungsfähige Kosten:

a)

Leistungen an Zeugen und Sachverständige gemäß Artikel 73;

b)

Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte.

Artikel 145

Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten

(1)   Bei Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet die Kammer mit drei Richtern, der der für die Rechtssache zuständige Berichterstatter zugeteilt ist, auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei sowie des Generalanwalts durch Beschluss. Der Spruchkörper ist in diesem Fall mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und dem ersten oder gegebenenfalls den ersten beiden Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 3 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit der Streitigkeit befasst wird.

(2)   Gehört der Berichterstatter keiner Kammer mit drei Richtern an, so entscheidet die Kammer mit fünf Richtern, der er zugeteilt ist, unter denselben Voraussetzungen. Der Spruchkörper ist neben dem Berichterstatter mit vier Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 2 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit der Streitigkeit befasst wird.

(3)   Die Parteien können eine Ausfertigung des Beschlusses zum Zweck der Vollstreckung beantragen.

Artikel 146

Zahlungsmodalitäten

(1)   Die Kasse des Gerichtshofs und dessen Schuldner leisten ihre Zahlungen in Euro.

(2)   Sind die zu erstattenden Auslagen in einer anderen Währung als dem Euro entstanden oder sind die Handlungen, deretwegen die Zahlung geschuldet wird, in einem Land vorgenommen worden, dessen Währung nicht der Euro ist, so ist der Umrechnung der am Zahlungstag geltende Referenzwechselkurs der Europäischen Zentralbank zugrunde zu legen.

Siebtes Kapitel

GÜTLICHE EINIGUNG, KLAGERÜCKNAHME, ERLEDIGUNG DER HAUPTSACHE UND ZWISCHENSTREIT

Artikel 147

Gütliche Einigung

(1)   Einigen sich die Parteien auf eine Lösung zur Beilegung des Rechtsstreits, bevor der Gerichtshof entschieden hat, und erklären sie gegenüber dem Gerichtshof, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so beschließt der Präsident durch Beschluss die Streichung der Rechtssache im Register und entscheidet gemäß Artikel 141 über die Kosten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der insoweit von den Parteien gemachten Vorschläge.

(2)   Absatz 1 findet keine Anwendung auf Klagen im Sinne der Artikel 263 AEUV und 265 AEUV.

Artikel 148

Klagerücknahme

Erklärt der Kläger gegenüber dem Gerichtshof schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung die Rücknahme der Klage, so beschließt der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register und entscheidet gemäß Artikel 141 über die Kosten.

Artikel 149

Erledigung der Hauptsache

Stellt der Gerichtshof fest, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist, so kann er auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts jederzeit von Amts wegen die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden. Er entscheidet über die Kosten.

Artikel 150

Unverzichtbare Prozessvoraussetzungen

Der Gerichtshof kann auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts jederzeit von Amts wegen die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss darüber zu entscheiden, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen.

Artikel 151

Prozesshindernde Einreden und Zwischenstreit

(1)   Will eine Partei vorab eine Entscheidung des Gerichtshofs über eine prozesshindernde Einrede oder einen Zwischenstreit herbeiführen, so hat sie dies mit gesondertem Schriftsatz zu beantragen.

(2)   Die Antragsschrift muss eine Darstellung der sie tragenden Gründe und Argumente, die Anträge und als Anlage die zur Unterstützung herangezogenen Belegstücke und Unterlagen enthalten.

(3)   Sogleich nach Eingang der Antragsschrift setzt der Präsident der Gegenpartei eine Schriftsatzfrist zur Einreichung ihrer Gründe und Anträge.

(4)   Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt.

(5)   Nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der Gerichtshof so bald wie möglich über den Antrag oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen.

(6)   Weist der Gerichtshof den Antrag zurück oder behält er die Entscheidung dem Endurteil vor, so bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.

Achtes Kapitel

VERSÄUMNISURTEIL

Artikel 152

Versäumnisurteil

(1)   Reicht der Beklagte, gegen den ordnungsgemäß Klage erhoben ist, seine Klagebeantwortung nicht form- und fristgerecht ein, so kann der Kläger beim Gerichtshof Versäumnisurteil beantragen.

(2)   Der Antrag wird dem Beklagten zugestellt. Der Gerichtshof kann entscheiden, das mündliche Verfahren über den Antrag zu eröffnen.

(3)   Vor Erlass eines Versäumnisurteils prüft der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Klage zulässig ist, ob die Formerfordernisse ordnungsgemäß erfüllt worden sind und ob die Anträge des Klägers begründet erscheinen. Er kann prozessleitende Maßnahmen ergreifen oder eine Beweisaufnahme beschließen.

(4)   Das Versäumnisurteil ist vollstreckbar. Der Gerichtshof kann jedoch die Vollstreckung aussetzen, bis er über einen gemäß Artikel 156 eingelegten Einspruch entschieden hat, oder sie von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind; wird kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch zurückgewiesen, so ist die Sicherheit freizugeben.

Neuntes Kapitel

ANTRÄGE UND RECHTSBEHELFE IN BEZUG AUF URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 153

Zuständiger Spruchkörper

(1)   Anträge und Rechtsbehelfe im Sinne dieses Kapitels mit Ausnahme der Anträge gemäß Artikel 159 werden dem Berichterstatter für die Rechtssache, auf die sich der Antrag oder Rechtsbehelf bezieht, zugewiesen und an den Spruchkörper verwiesen, der in dieser Rechtssache entschieden hat.

(2)   Bei Verhinderung des Berichterstatters weist der Präsident des Gerichtshofs den Antrag oder Rechtsbehelf im Sinne dieses Kapitels einem Richter zu, der dem Spruchkörper angehörte, der in der von dem Antrag oder Rechtsbehelf betroffenen Rechtssache entschieden hat.

(3)   Ist ein Erreichen der gemäß Artikel 17 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Zahl von Richtern nicht mehr möglich, so wird der Antrag oder Rechtsbehelf vom Gerichtshof auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts an einen neuen Spruchkörper verwiesen.

Artikel 154

Berichtigung

(1)   Unbeschadet der Bestimmungen über die Auslegung von Urteilen und Beschlüssen können Schreib- oder Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten vom Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, vorausgesetzt, ein solcher wird innerhalb von zwei Wochen nach Verkündung des Urteils oder Zustellung des Beschlusses gestellt, berichtigt werden.

(2)   Bezieht sich ein Berichtigungsantrag auf die Entscheidungsformel oder einen sie tragenden Entscheidungsgrund, so können die Parteien, die vom Kanzler ordnungsgemäß benachrichtigt werden, innerhalb einer vom Präsidenten gesetzten Frist schriftlich Stellung nehmen.

(3)   Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

(4)   Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift der berichtigten Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift der berichtigten Entscheidung anzubringen.

Artikel 155

Unterlassen einer Entscheidung

(1)   Hat der Gerichtshof eine Entscheidung über einen einzelnen Punkt der Anträge oder die Kostenentscheidung unterlassen, so hat die Partei, die dies geltend machen möchte, ihn innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung durch Antragsschrift anzurufen.

(2)   Die Antragsschrift wird der Gegenpartei zugestellt, der vom Präsidenten eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme gesetzt wird.

(3)   Nach Eingang dieser Stellungnahme entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts zugleich über die Zulässigkeit und die Begründetheit des Antrags.

Artikel 156

Einspruch

(1)   Gegen das Versäumnisurteil kann gemäß Artikel 41 der Satzung Einspruch eingelegt werden.

(2)   Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen; für ihn gelten die Formvorschriften der Artikel 120 bis 122.

(3)   Nach der Zustellung des Einspruchs setzt der Präsident der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

(4)   Auf das weitere Verfahren finden die Artikel 59 bis 92 Anwendung.

(5)   Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil, gegen das weiterer Einspruch nicht zulässig ist.

(6)   Die Urschrift dieses Urteils wird mit der Urschrift des Versäumnisurteils verbunden. Ein Hinweis auf das Urteil über den Einspruch ist am Rande der Urschrift des Versäumnisurteils anzubringen.

Artikel 157

Drittwiderspruch

(1)   Auf den Drittwiderspruch nach Artikel 42 der Satzung finden die Artikel 120 bis 122 Anwendung; er muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils oder Beschlusses;

b)

die Angabe, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung die Rechte des Dritten beeinträchtigt;

c)

die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich an dem Rechtsstreit zu beteiligen.

(2)   Der Drittwiderspruch ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten.

(3)   Der Drittwiderspruch muss innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung der Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union eingelegt werden.

(4)   Auf Antrag des Dritten kann die Aussetzung der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung beschlossen werden. Die Bestimmungen des Zehnten Kapitels dieses Titels finden Anwendung.

(5)   Die angefochtene Entscheidung wird insoweit geändert, als dem Drittwiderspruch stattgegeben wird.

(6)   Die Urschrift des Urteils über den Drittwiderspruch wird mit der Urschrift der angefochtenen Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf das Urteil über den Drittwiderspruch ist am Rande der Urschrift der angefochtenen Entscheidung anzubringen.

Artikel 158

Auslegung

(1)   Der Gerichtshof ist nach Artikel 43 der Satzung bei Zweifeln über Sinn und Tragweite eines Urteils oder Beschlusses zuständig, das Urteil oder den Beschluss auf Antrag einer Partei oder eines Organs der Union auszulegen, wenn die Partei oder das Organ ein Interesse hieran glaubhaft macht.

(2)   Der Auslegungsantrag ist innerhalb von zwei Jahren nach dem Tag der Verkündung des Urteils oder der Zustellung des Beschlusses zu stellen.

(3)   Auf den Auslegungsantrag finden die Artikel 120 bis 122 Anwendung. Er muss ferner bezeichnen:

a)

die auszulegende Entscheidung;

b)

die Stellen, deren Auslegung beantragt wird.

(4)   Er ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem die Entscheidung, deren Auslegung beantragt wird, ergangen ist.

(5)   Der Gerichtshof entscheidet, nachdem er den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, nach Anhörung des Generalanwalts.

(6)   Die Urschrift der auslegenden Entscheidung wird mit der Urschrift der ausgelegten Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf die auslegende Entscheidung ist am Rande der Urschrift der ausgelegten Entscheidung anzubringen.

Artikel 159

Wiederaufnahme

(1)   Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach Artikel 44 der Satzung beim Gerichtshof nur beantragt werden, wenn eine Tatsache von entscheidender Bedeutung bekannt wird, die vor Verkündung des Urteils oder Zustellung des Beschlusses dem Gerichtshof und der die Wiederaufnahme beantragenden Partei unbekannt war.

(2)   Unbeschadet der in Artikel 44 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Frist von zehn Jahren ist die Wiederaufnahme innerhalb von drei Monaten nach dem Tag zu beantragen, an dem der Antragsteller Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, auf die er seinen Wiederaufnahmeantrag stützt.

(3)   Auf den Wiederaufnahmeantrag finden die Artikel 120 bis 122 Anwendung. Er muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils oder Beschlusses;

b)

die Angabe der Punkte, in denen die Entscheidung angefochten wird;

c)

die Bezeichnung der Tatsachen, auf die der Antrag gestützt wird;

d)

die Benennung der Beweismittel für das Vorliegen der Tatsachen, die die Wiederaufnahme rechtfertigen, und für die Wahrung der in Absatz 2 genannten Fristen.

(4)   Der Wiederaufnahmeantrag ist gegen sämtliche Parteien des Verfahrens zu richten, dessen Wiederaufnahme beantragt wird.

(5)   Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts in Ansehung der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien durch Beschluss über die Zulässigkeit des Antrags, ohne der Entscheidung in der Sache vorzugreifen.

(6)   Erklärt der Gerichtshof den Antrag für zulässig, so fährt er mit der Prüfung in der Sache fort und entscheidet durch Urteil gemäß den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung.

(7)   Die Urschrift des abändernden Urteils wird mit der Urschrift der abgeänderten Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf das abändernde Urteil ist am Rande der Urschrift der abgeänderten Entscheidung anzubringen.

Zehntes Kapitel

VORLÄUFIGER RECHTSSCHUTZ: AUSSETZUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 160

Anträge auf Aussetzung oder einstweilige Anordnungen

(1)   Anträge auf Aussetzung der Vollziehung von Handlungen eines Organs im Sinne der Artikel 278 AEUV und 157 EAGV sind nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Handlung durch Klage beim Gerichtshof angefochten hat.

(2)   Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne des Artikels 279 AEUV sind nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.

(3)   Die in den vorstehenden Absätzen genannten Anträge müssen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie die den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen.

(4)   Der Antrag ist mit gesondertem Schriftsatz und nach Maßgabe der Artikel 120 bis 122 einzureichen.

(5)   Die Antragsschrift wird der Gegenpartei zugestellt, der vom Präsidenten eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme gesetzt wird.

(6)   Der Präsident beurteilt, ob es angebracht ist, eine Beweisaufnahme zu beschließen.

(7)   Der Präsident kann dem Antrag stattgeben, bevor die Stellungnahme der Gegenpartei eingeht. Die betreffende Anordnung kann später, auch von Amts wegen, abgeändert oder wieder aufgehoben werden.

Artikel 161

Entscheidung über den Antrag

(1)   Der Präsident entscheidet selbst oder überträgt die Entscheidung umgehend dem Gerichtshof.

(2)   Bei Verhinderung des Präsidenten finden die Artikel 10 und 13 Anwendung.

(3)   Wird die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen, so entscheidet dieser, nach Anhörung des Generalanwalts, umgehend.

Artikel 162

Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung oder über einstweilige Anordnungen

(1)   Die Entscheidung über den Antrag ergeht durch mit Gründen versehenen und unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss wird den Parteien umgehend zugestellt.

(2)   Die Vollstreckung des Beschlusses kann von der Leistung einer Sicherheit durch den Antragsteller abhängig gemacht werden, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind.

(3)   In dem Beschluss kann ein Zeitpunkt festgesetzt werden, zu dem die Anordnung außer Kraft tritt. Geschieht dies nicht, tritt die Anordnung mit der Verkündung des Endurteils außer Kraft.

(4)   Der Beschluss ist nur einstweiliger Natur und greift der Entscheidung des Gerichtshofs zur Hauptsache nicht vor.

Artikel 163

Änderung der Umstände

Auf Antrag einer Partei kann der Beschluss jederzeit infolge einer Änderung der Umstände abgeändert oder wieder aufgehoben werden.

Artikel 164

Neuer Antrag

Die Zurückweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung hindert den Antragsteller nicht, einen weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Antrag zu stellen.

Artikel 165

Anträge gemäß den Artikeln 280 AEUV und 299 AEUV sowie 164 EAGV

(1)   Für Anträge gemäß den Artikeln 280 AEUV und 299 AEUV sowie 164 EAGV auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung von Entscheidungen des Gerichtshofs oder von Rechtsakten des Rates, der Kommission oder der Europäischen Zentralbank gelten die Bestimmungen dieses Kapitels.

(2)   In dem Beschluss, mit dem dem Antrag stattgegeben wird, wird gegebenenfalls der Zeitpunkt festgesetzt, zu dem die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.

Artikel 166

Anträge gemäß Artikel 81 EAGV

(1)   Der Antrag im Sinne des Artikels 81 Absätze 3 und 4 EAGV muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz bzw. Sitz der Personen oder Unternehmen, die der Überwachungsmaßnahme unterworfen werden sollen;

b)

die Angabe von Gegenstand und Zweck der Überwachungsmaßnahme.

(2)   Der Präsident entscheidet durch Beschluss. Artikel 162 findet Anwendung.

(3)   Bei Verhinderung des Präsidenten finden die Artikel 10 und 13 Anwendung.

FÜNFTER TITEL

RECHTSMITTEL GEGEN ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

Erstes Kapitel

FORM DES RECHTSMITTELS, INHALT UND ANTRÄGE DER RECHTSMITTELSCHRIFT

Artikel 167

Einreichung der Rechtsmittelschrift

(1)   Das Rechtsmittel wird durch Einreichung einer Rechtsmittelschrift bei der Kanzlei des Gerichtshofs oder des Gerichts eingelegt.

(2)   Die Kanzlei des Gerichts übermittelt die erstinstanzlichen Akten und gegebenenfalls die Rechtsmittelschrift sogleich der Kanzlei des Gerichtshofs.

Artikel 168

Inhalt der Rechtsmittelschrift

(1)   Die Rechtsmittelschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Rechtsmittelführers;

b)

die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung des Gerichts;

c)

die Bezeichnung der anderen Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht;

d)

die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente sowie eine kurze Darstellung dieser Gründe;

e)

die Anträge des Rechtsmittelführers.

(2)   Die Artikel 119, 121 und 122 Absatz 1 finden auf die Rechtsmittelschrift Anwendung.

(3)   Es ist zu vermerken, an welchem Tag die angefochtene Entscheidung dem Rechtsmittelführer zugestellt worden ist.

(4)   Entspricht die Rechtsmittelschrift nicht den Absätzen 1 bis 3, so setzt der Kanzler dem Rechtsmittelführer eine angemessene Frist zur Mängelbehebung. In Ermangelung einer fristgemäßen Mängelbehebung entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, ob die Nichtbeachtung dieser Förmlichkeit die formale Unzulässigkeit der Rechtsmittelschrift zur Folge hat.

Artikel 169

Rechtsmittelanträge, -gründe und -argumente

(1)   Die Rechtsmittelanträge müssen auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts in der Gestalt der Entscheidungsformel gerichtet sein.

(2)   Die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente müssen die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen.

Artikel 170

Anträge für den Fall der Stattgabe des Rechtsmittels

(1)   Die Rechtsmittelanträge müssen für den Fall, dass das Rechtsmittel für begründet erklärt werden sollte, darauf gerichtet sein, dass den erstinstanzlichen Anträgen vollständig oder teilweise stattgegeben wird; neue Anträge sind nicht zulässig. Das Rechtsmittel kann den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.

(2)   Beantragt der Rechtsmittelführer für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, dass die Rechtssache an das Gericht zurückverwiesen wird, so hat er die Gründe darzulegen, aus denen der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung durch den Gerichtshof reif ist.

Zweites Kapitel

RECHTSMITTELBEANTWORTUNG, ERWIDERUNG UND GEGENERWIDERUNG

Artikel 171

Zustellung der Rechtsmittelschrift

(1)   Die Rechtsmittelschrift wird den anderen Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht zugestellt.

(2)   Im Fall des Artikels 168 Absatz 4 erfolgt die Zustellung sogleich nach der Mängelbehebung oder nachdem der Gerichtshof in Anbetracht der in dem genannten Artikel bezeichneten formalen Voraussetzungen die Zulässigkeit bejaht hat.

Artikel 172

Parteien, die eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen können

Jede Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Rechtsmittels hat, kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelschrift eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Eine Verlängerung der Beantwortungsfrist ist nicht möglich.

Artikel 173

Inhalt der Rechtsmittelbeantwortung

(1)   Die Rechtsmittelbeantwortung muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz der Partei, die sie einreicht;

b)

das Datum, an dem dieser die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist;

c)

die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente;

d)

die Anträge.

(2)   Die Artikel 119 und 121 finden auf die Rechtsmittelbeantwortung Anwendung.

Artikel 174

Anträge der Rechtsmittelbeantwortung

Die Anträge der Rechtsmittelbeantwortung müssen auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels gerichtet sein.

Artikel 175

Erwiderung und Gegenerwiderung

(1)   Die Rechtsmittelschrift und die Rechtsmittelbeantwortung können nur dann durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen entsprechenden, innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung gestellten und gebührend begründeten Antrag des Rechtsmittelführers nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts für erforderlich hält, insbesondere damit der Rechtsmittelführer zu einer Unzulässigkeitseinrede oder zu in der Rechtsmittelbeantwortung geltend gemachten neuen Gesichtspunkten Stellung nehmen kann.

(2)   Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung der Erwiderung und anlässlich der Zustellung dieses Schriftsatzes die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung. Er kann die Seitenzahl und den Gegenstand der Schriftsätze begrenzen.

Drittes Kapitel

FORM DES ANSCHLUSSRECHTSMITTELS, INHALT UND ANTRÄGE DER ANSCHLUSSRECHTSMITTELSCHRIFT

Artikel 176

Anschlussrechtsmittel

(1)   Die in Artikel 172 bezeichneten Parteien können innerhalb der gleichen Frist, wie sie für die Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung gilt, Anschlussrechtsmittel einlegen.

(2)   Das Anschlussrechtsmittel ist mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz einzulegen.

Artikel 177

Inhalt der Anschlussrechtsmittelschrift

(1)   Die Anschlussrechtsmittelschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz der Partei, die das Anschlussrechtsmittel einlegt;

b)

das Datum, an dem dieser die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist;

c)

die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente;

d)

die Anträge.

(2)   Die Artikel 119, 121 und 122 Absätze 1 und 3 finden auf die Anschlussrechtsmittelschrift Anwendung.

Artikel 178

Anschlussrechtsmittelanträge, -gründe und -argumente

(1)   Die Anschlussrechtsmittelanträge müssen auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts gerichtet sein.

(2)   Sie können auch auf die Aufhebung einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage vor dem Gericht gerichtet sein.

(3)   Die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente müssen die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen. Sie müssen sich von den in der Rechtsmittelbeantwortung geltend gemachten Gründen und Argumenten unterscheiden.

Viertes Kapitel

AUF DAS ANSCHLUSSRECHTSMITTEL FOLGENDE SCHRIFTSÄTZE

Artikel 179

Anschlussrechtsmittelbeantwortung

Wird Anschlussrechtsmittel eingelegt, so kann der Rechtsmittelführer oder jede andere Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Anschlussrechtsmittels hat, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Anschlussrechtsmittelschrift eine Beantwortung einreichen, deren Gegenstand auf die mit dem Anschlussrechtsmittel geltend gemachten Gründe zu begrenzen ist. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich.

Artikel 180

Erwiderung und Gegenerwiderung nach Anschlussrechtsmittel

(1)   Die Anschlussrechtsmittelschrift und ihre Beantwortung können nur dann durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen entsprechenden, innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung der Anschlussrechtsmittelbeantwortung gestellten und gebührend begründeten Antrag des Anschlussrechtsmittelführers nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts für erforderlich hält, insbesondere damit der Anschlussrechtsmittelführer zu einer Unzulässigkeitseinrede oder zu in der Anschlussrechtsmittelbeantwortung geltend gemachten neuen Gesichtspunkten Stellung nehmen kann.

(2)   Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung der Erwiderung und anlässlich der Zustellung dieses Schriftsatzes die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung. Er kann die Seitenzahl und den Gegenstand der Schriftsätze begrenzen.

Fünftes Kapitel

DURCH BESCHLUSS ERLEDIGTE RECHTSMITTEL

Artikel 181

Offensichtlich unzulässiges oder offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel

Ist das Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Gerichtshof es jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

Artikel 182

Offensichtlich begründetes Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel

Hat der Gerichtshof bereits über eine oder mehrere Rechtsfragen entschieden, die mit den durch die Rechtsmittel- oder Anschlussrechtsmittelgründe aufgeworfenen übereinstimmen, und hält er das Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel für offensichtlich begründet, so kann er es auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts durch mit Gründen versehenen Beschluss, der einen Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung enthält, für offensichtlich begründet erklären.

Sechstes Kapitel

FOLGEN DER STREICHUNG DES RECHTSMITTELS FÜR DAS ANSCHLUSSRECHTSMITTEL

Artikel 183

Folgen einer Rücknahme oder offensichtlichen Unzulässigkeit des Rechtsmittels für das Anschlussrechtsmittel

Das Anschlussrechtsmittel gilt als gegenstandslos,

a)

wenn der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel zurücknimmt;

b)

wenn das Rechtsmittel wegen Nichteinhaltung der Rechtsmittelfrist für offensichtlich unzulässig erklärt wird;

c)

wenn das Rechtsmittel allein deshalb für offensichtlich unzulässig erklärt wird, weil es nicht gegen eine Endentscheidung des Gerichts oder gegen eine Entscheidung im Sinne des Artikels 56 Absatz 1 der Satzung gerichtet ist, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen ist oder die einen Zwischenstreit über eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit beendet.

Siebtes Kapitel

KOSTEN UND PROZESSKOSTENHILFE IN RECHTSMITTELVERFAHREN

Artikel 184

Kostenentscheidung in Rechtsmittelverfahren

(1)   Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen finden die Artikel 137 bis 146 auf das Verfahren vor dem Gerichtshof, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung.

(2)   Wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet, so entscheidet er über die Kosten.

(3)   Ist ein Rechtsmittel eines dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetretenen Mitgliedstaats oder Organs der Union begründet, so kann der Gerichtshof die Kosten zwischen den Parteien teilen oder dem obsiegenden Rechtsmittelführer die Kosten auferlegen, die das Rechtsmittel einer unterliegenden Partei verursacht hat.

(4)   Hat eine erstinstanzliche Streithilfepartei das Rechtsmittel nicht selbst eingelegt, so können ihr im Rechtsmittelverfahren Kosten nur dann auferlegt werden, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen.

Artikel 185

Prozesskostenhilfe in Rechtsmittelverfahren

(1)   Ist eine Partei außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann sie jederzeit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen.

(2)   Dem Antrag sind alle Auskünfte und Belege beizufügen, die eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen, wie eine Bescheinigung einer zuständigen nationalen Stelle über die wirtschaftliche Lage.

Artikel 186

Vorabantrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

(1)   Wird der Antrag vor dem vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsmittel eingereicht, so ist darin der Gegenstand des Rechtsmittels kurz darzustellen.

(2)   Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

(3)   Die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hemmt für den Antragsteller den Lauf der Rechtsmittelfrist bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses, mit dem über diesen Antrag entschieden wird.

(4)   Der Präsident weist den Antrag sogleich nach Eingang einem Berichterstatter zu, der rasch einen Vorschlag für eine Entscheidung über den Antrag vorlegt.

Artikel 187

Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe

(1)   Die Kammer mit drei Richtern, der der Berichterstatter zugeteilt ist, entscheidet auf dessen Vorschlag und nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise bewilligt oder ob sie versagt wird. Der Spruchkörper ist in diesem Fall mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und dem ersten oder gegebenenfalls den ersten beiden Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 3 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe befasst wird. Gegebenenfalls prüft sie, ob das Rechtsmittel nicht offensichtlich unbegründet erscheint.

(2)   Gehört der Berichterstatter keiner Kammer mit drei Richtern an, so entscheidet die Kammer mit fünf Richtern, der er zugeteilt ist, unter denselben Voraussetzungen. Der Spruchkörper ist neben dem Berichterstatter mit vier Richtern besetzt, die anhand der in Artikel 28 Absatz 2 genannten Liste zu dem Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Kammer vom Berichterstatter mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe befasst wird.

(3)   Der Spruchkörper entscheidet durch Beschluss. Wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise versagt, so ist die Versagung in dem Beschluss zu begründen.

Artikel 188

Im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlende Beträge

(1)   Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so trägt die Kasse des Gerichtshofs – gegebenenfalls in den vom Spruchkörper festgesetzten Grenzen – die Kosten der Unterstützung und der Vertretung des Antragstellers vor dem Gerichtshof. Auf Antrag des Antragstellers oder seines Vertreters kann ein Vorschuss auf diese Kosten ausbezahlt werden.

(2)   In der Kostenentscheidung kann die Einziehung der als Prozesskostenhilfe gezahlten Beträge zugunsten der Kasse des Gerichtshofs ausgesprochen werden.

(3)   Der Kanzler veranlasst die Einziehung dieser Beträge von der Partei, die zu ihrer Erstattung verurteilt worden ist.

Artikel 189

Entziehung der Prozesskostenhilfe

Der Spruchkörper, der über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden hat, kann diese jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag entziehen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens ändern.

Achtes Kapitel

SONSTIGE IN RECHTSMITTELVERFAHREN ANWENDBARE VORSCHRIFTEN

Artikel 190

Sonstige in Rechtsmittelverfahren anwendbare Vorschriften

(1)   Die Artikel 127, 129 bis 136, 147 bis 150, 153 bis 155 und 157 bis 166 finden auf das Verfahren vor dem Gerichtshof, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand hat, Anwendung.

(2)   Abweichend von Artikel 130 Absatz 1 müssen Anträge auf Zulassung zur Streithilfe jedoch innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung im Sinne des Artikels 21 Absatz 4 gestellt werden.

(3)   Artikel 95 findet auf das Verfahren vor dem Gerichtshof, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung.

SECHSTER TITEL

ÜBERPRÜFUNG VON ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

Artikel 191

Überprüfungskammer

Für die Entscheidung nach Maßgabe der Artikel 193 und 194, ob eine Entscheidung des Gerichts gemäß Artikel 62 der Satzung zu überprüfen ist, wird eine Kammer mit fünf Richtern für die Dauer eines Jahres bestimmt.

Artikel 192

Anzeige und Übermittlung der Entscheidungen, die Gegenstand einer Überprüfung sein können

(1)   Sobald der Termin für die Verkündung oder Unterzeichnung einer Entscheidung im Sinne des Artikels 256 Absatz 2 oder 3 AEUV bestimmt ist, zeigt die Kanzlei des Gerichts dies der Kanzlei des Gerichtshofs an.

(2)   Sie übermittelt ihr die Entscheidung sogleich nach deren Verkündung oder Unterzeichnung sowie die Verfahrensakten, die sogleich dem Ersten Generalanwalt zur Verfügung gestellt werden.

Artikel 193

Überprüfung von Rechtsmittelentscheidungen

(1)   Der Vorschlag des Ersten Generalanwalts, eine Entscheidung des Gerichts im Sinne des Artikels 256 Absatz 2 AEUV zu überprüfen, wird dem Präsidenten des Gerichtshofs und dem Präsidenten der Überprüfungskammer übermittelt. Gleichzeitig wird der Kanzler von der Übermittlung unterrichtet.

(2)   Sogleich nach seiner Unterrichtung vom Vorliegen eines Vorschlags übermittelt der Kanzler den Mitgliedern der Überprüfungskammer die Akten des Verfahrens vor dem Gericht.

(3)   Der Präsident des Gerichtshofs bestimmt unter den Richtern der Überprüfungskammer auf Vorschlag des Präsidenten dieser Kammer sogleich nach Erhalt des Überprüfungsvorschlags den Berichterstatter. Die Besetzung des Spruchkörpers wird am Tag der Zuweisung der Rechtssache an den Berichterstatter gemäß Artikel 28 Absatz 2 bestimmt.

(4)   Diese Kammer entscheidet auf Vorschlag des Berichterstatters, ob die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen ist. In der Entscheidung, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, sind nur die Fragen anzugeben, die Gegenstand der Überprüfung sind.

(5)   Der Kanzler benachrichtigt sogleich das Gericht, die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht und die sonstigen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten von der Entscheidung des Gerichtshofs, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen.

(6)   Eine Mitteilung, die das Datum der Entscheidung, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, und die Fragen, die Gegenstand der Überprüfung sind, enthält, wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 194

Überprüfung von Vorabentscheidungen

(1)   Der Vorschlag des Ersten Generalanwalts, eine Entscheidung des Gerichts im Sinne des Artikels 256 Absatz 3 AEUV zu überprüfen, wird dem Präsidenten des Gerichtshofs und dem Präsidenten der Überprüfungskammer übermittelt. Gleichzeitig wird der Kanzler von der Übermittlung unterrichtet.

(2)   Sogleich nach seiner Unterrichtung vom Vorliegen eines Vorschlags übermittelt der Kanzler den Mitgliedern der Überprüfungskammer die Akten des Verfahrens vor dem Gericht.

(3)   Der Kanzler benachrichtigt auch das Gericht, das vorlegende Gericht, die Parteien des Ausgangsrechtsstreits und die sonstigen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten vom Vorliegen eines Überprüfungsvorschlags.

(4)   Der Präsident des Gerichtshofs bestimmt unter den Richtern der Überprüfungskammer auf Vorschlag des Präsidenten dieser Kammer sogleich nach Erhalt des Überprüfungsvorschlags den Berichterstatter. Die Besetzung des Spruchkörpers wird am Tag der Zuweisung der Rechtssache an den Berichterstatter gemäß Artikel 28 Absatz 2 bestimmt.

(5)   Diese Kammer entscheidet auf Vorschlag des Berichterstatters, ob die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen ist. In der Entscheidung, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, sind nur die Fragen anzugeben, die Gegenstand der Überprüfung sind.

(6)   Der Kanzler benachrichtigt sogleich das Gericht und das vorlegende Gericht, die Parteien des Ausgangsrechtsstreits und die sonstigen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten von der Entscheidung des Gerichtshofs, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen oder nicht zu überprüfen.

(7)   Eine Mitteilung, die das Datum der Entscheidung, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, und die Fragen, die Gegenstand der Überprüfung sind, enthält, wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 195

Urteil in der Sache nach Überprüfungsentscheidung

(1)   Die Entscheidung, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, wird den Parteien und den sonstigen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt. Die Zustellung an die Mitgliedstaaten, an die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und an die EFTA-Überwachungsbehörde erfolgt unter Beifügung einer Übersetzung der Entscheidung des Gerichtshofs nach Maßgabe des Artikels 98. Die Entscheidung des Gerichtshofs wird außerdem dem Gericht und gegebenenfalls dem vorlegenden Gericht übermittelt.

(2)   Innerhalb eines Monats nach der Zustellung im Sinne von Absatz 1 können die Parteien und die sonstigen Beteiligten, denen die Entscheidung des Gerichtshofs zugestellt worden ist, Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen zu den Fragen einreichen, die Gegenstand der Überprüfung sind.

(3)   Sogleich nach der Entscheidung, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, weist der Erste Generalanwalt die Überprüfung einem Generalanwalt zu.

(4)   Nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet die Überprüfungskammer in der Sache.

(5)   Sie kann jedoch beim Gerichtshof anregen, die Rechtssache an einen größeren Spruchkörper zu verweisen.

(6)   Ist die Entscheidung des Gerichts, die Gegenstand der Überprüfung ist, nach Artikel 256 Absatz 2 AEUV ergangen, entscheidet der Gerichtshof über die Kosten.

SIEBTER TITEL

GUTACHTEN

Artikel 196

Schriftliches Verfahren

(1)   Ein Antrag auf Gutachten kann gemäß Artikel 218 Absatz 11 AEUV von einem Mitgliedstaat, dem Europäischen Parlament, dem Rat oder der Europäischen Kommission gestellt werden.

(2)   Der Antrag auf Gutachten kann sich sowohl auf die Vereinbarkeit der beabsichtigten Übereinkunft mit den Verträgen als auch auf die Zuständigkeit der Union oder eines ihrer Organe für den Abschluss der Übereinkunft beziehen.

(3)   Er wird den Mitgliedstaaten und den in Absatz 1 bezeichneten Organen zugestellt, denen vom Präsidenten eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme gesetzt wird.

Artikel 197

Bestimmung des Berichterstatters und des Generalanwalts

Sogleich nach Eingang des Antrags auf Gutachten bestimmt der Präsident den Berichterstatter und weist der Erste Generalanwalt die Sache einem Generalanwalt zu.

Artikel 198

Mündliche Verhandlung

Der Gerichtshof kann entscheiden, dass das Verfahren vor ihm auch eine mündliche Verhandlung umfasst.

Artikel 199

Zeitraum, innerhalb dessen das Gutachten erstattet wird

Der Gerichtshof erstattet sein Gutachten, nach Anhörung des Generalanwalts, so rasch wie möglich.

Artikel 200

Bekanntgabe des Gutachtens

Das Gutachten wird vom Präsidenten, den Richtern, die an der Beratung mitgewirkt haben, und dem Kanzler unterzeichnet und in öffentlicher Sitzung erstattet. Es wird allen Mitgliedstaaten und den in Artikel 196 Absatz 1 bezeichneten Organen zugestellt.

ACHTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Artikel 201

Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Schiedsausschusses

(1)   Der Schriftsatz, mit dem das in Artikel 18 Absatz 2 EAGV bezeichnete Rechtsmittel eingelegt wird, muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Rechtsmittelführers;

b)

die Stellung des Unterzeichneten;

c)

die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung des Schiedsausschusses;

d)

die Bezeichnung der Gegenparteien;

e)

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

f)

die geltend gemachten Gründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Gründe;

g)

die Anträge des Rechtsmittelführers.

(2)   Die Artikel 119 und 121 finden auf dieses Rechtsmittel Anwendung.

(3)   Der Rechtsmittelschrift ist außerdem eine beglaubigte Kopie der angefochtenen Entscheidung beizufügen.

(4)   Der Kanzler des Gerichtshofs ersucht sogleich nach Eingang der Rechtsmittelschrift die Kanzlei des Schiedsausschusses um Übermittlung der Akten der Sache an den Gerichtshof.

(5)   Auf das weitere Verfahren finden die Artikel 123 und 124 Anwendung. Der Gerichtshof kann entscheiden, dass das Verfahren vor ihm auch eine mündliche Verhandlung umfasst.

(6)   Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil. Hebt er die Entscheidung des Ausschusses auf, so verweist er die Sache gegebenenfalls an den Ausschuss zurück.

Artikel 202

Verfahren im Sinne des Artikels 103 EAGV

(1)   In dem in Artikel 103 Absatz 3 EAGV bezeichneten Fall ist die Antragsschrift in vier Ausfertigungen einzureichen. Ihr sind der Entwurf des betreffenden Abkommens oder der in Rede stehenden Vereinbarung, die Einwendungen der Europäischen Kommission gegenüber dem betroffenen Staat und alle sonstigen Belegunterlagen beizufügen.

(2)   Die Antragsschrift und ihre Anlagen werden der Europäischen Kommission zugestellt, die nach Zustellung über eine Frist von zehn Tagen zur schriftlichen Stellungnahme verfügt. Die Frist kann vom Präsidenten nach Anhörung des betroffenen Staates verlängert werden.

(3)   Nach Eingang dieser Stellungnahme, die dem betroffenen Staat zugestellt wird, entscheidet der Gerichtshof rasch nach Anhörung des Generalanwalts und, falls beantragt, des betroffenen Staates und der Europäischen Kommission.

Artikel 203

Verfahren im Sinne der Artikel 104 EAGV und 105 EAGV

Für Anträge im Sinne von Artikel 104 Absatz 3 EAGV und Artikel 105 Absatz 2 EAGV gelten die Bestimmungen der Titel II und IV. Sie werden auch dem Staat zugestellt, dem die Personen oder Unternehmen, gegen die der Antrag gerichtet ist, angehören.

Artikel 204

Verfahren gemäß Artikel 111 Absatz 3 EWR-Abkommen

(1)   In dem in Artikel 111 Absatz 3 EWR-Abkommen bezeichneten Fall wird der Gerichtshof durch ein Ersuchen der an dem Streit beteiligten Vertragsparteien angerufen. Das Ersuchen wird den anderen Vertragsparteien, der Europäischen Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und gegebenenfalls den anderen Beteiligten zugestellt, denen ein Vorabentscheidungsersuchen, das die gleiche Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufwirft, zugestellt würde.

(2)   Der Präsident setzt den Vertragsparteien und den anderen Beteiligten, denen das Ersuchen zugestellt wird, eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

(3)   Das Ersuchen ist in einer der in Artikel 36 genannten Sprachen einzureichen. Artikel 38 findet Anwendung. Artikel 98 findet entsprechende Anwendung.

(4)   Sogleich nach Eingang des Ersuchens im Sinne von Absatz 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Der Erste Generalanwalt weist das Ersuchen sogleich danach einem Generalanwalt zu.

(5)   Der Gerichtshof erlässt nach Anhörung des Generalanwalts eine mit Gründen versehene Entscheidung über das Ersuchen.

(6)   Die Entscheidung des Gerichtshofs wird vom Präsidenten, den Richtern, die an der Beratung mitgewirkt haben, und dem Kanzler unterzeichnet und den Vertragsparteien sowie den sonstigen in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Beteiligten zugestellt.

Artikel 205

Entscheidungen über Streitigkeiten im Sinne von Artikel 35 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden Fassung

(1)   Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten nach Artikel 35 Absatz 7 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden und gemäß dem den Verträgen beigefügten Protokoll Nr. 36 fortgeltenden Fassung wird der Gerichtshof durch Antrag einer Streitpartei befasst. Der Antrag wird den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zugestellt.

(2)   Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission nach Artikel 35 Absatz 7 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden und gemäß dem den Verträgen beigefügten Protokoll Nr. 36 fortgeltenden Fassung wird der Gerichtshof durch Antrag einer Streitpartei befasst. Der Antrag wird den anderen Mitgliedstaaten, dem Rat und der Europäischen Kommission zugestellt, wenn er von einem Mitgliedstaat gestellt wird. Der Antrag wird den Mitgliedstaaten und dem Rat zugestellt, wenn er von der Europäischen Kommission gestellt wird.

(3)   Der Präsident setzt den Organen und den Mitgliedstaaten, denen der Antrag zugestellt wird, eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

(4)   Sogleich nach Eingang des Antrags im Sinne der Absätze 1 und 2 bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Der Erste Generalanwalt weist den Antrag sogleich danach einem Generalanwalt zu.

(5)   Der Gerichtshof kann entscheiden, dass das Verfahren vor ihm auch eine mündliche Verhandlung umfasst.

(6)   Der Gerichtshof entscheidet über die Streitigkeit durch Urteil nach Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts.

(7)   Das Verfahren nach den vorstehenden Absätzen findet Anwendung, wenn ein zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenes Übereinkommen dem Gerichtshof die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Streitigkeit zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen Mitgliedstaaten und einem Organ verleiht.

Artikel 206

Anträge im Sinne von Artikel 269 AEUV

(1)   In dem in Artikel 269 AEUV bezeichneten Fall ist die Antragsschrift in vier Ausfertigungen einzureichen. Ihr sind alle einschlägigen Unterlagen und insbesondere gegebenenfalls die gemäß Artikel 7 EUV abgegebenen Stellungnahmen und Empfehlungen beizufügen.

(2)   Die Antragsschrift und ihre Anlagen werden je nach Lage des Falles dem Europäischen Rat oder dem Rat zugestellt, der nach Zustellung über eine Frist von zehn Tagen zur schriftlichen Stellungnahme verfügt. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich.

(3)   Die Antragsschrift und ihre Anlagen werden auch den anderen Mitgliedstaaten als dem betroffenen Staat sowie dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission übermittelt.

(4)   Nach Eingang der in Absatz 2 bezeichneten Stellungnahme, die dem betroffenen Mitgliedstaat sowie den in Absatz 3 bezeichneten Staaten und Organen zugestellt wird, entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts innerhalb eines Monats nach Eingang der Antragsschrift. Der Gerichtshof kann auf Antrag des betroffenen Mitgliedstaats, des Europäischen Rates oder des Rates oder von Amts wegen entscheiden, dass das Verfahren vor ihm auch eine mündliche Verhandlung umfasst, zu der alle in diesem Artikel bezeichneten Staaten und Organe geladen werden.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 207

Zusätzliche Verfahrensordnung

Vorbehaltlich des Artikels 253 AEUV erlässt der Gerichtshof im Benehmen mit den beteiligten Regierungen für sich eine zusätzliche Verfahrensordnung mit Vorschriften über

a)

Rechtshilfeersuchen;

b)

Prozesskostenhilfe;

c)

Anzeigen des Gerichtshofs wegen Eidesverletzungen von Zeugen und Sachverständigen gemäß Artikel 30 der Satzung.

Artikel 208

Durchführungsbestimmungen

Der Gerichtshof kann durch gesonderten Rechtsakt praktische Durchführungsbestimmungen zu dieser Verfahrensordnung erlassen.

Artikel 209

Aufhebung

Diese Verfahrensordnung tritt an die Stelle der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 1991 in ihrer zuletzt am 24. Mai 2011 geänderten Fassung ( Amtsblatt der Europäischen Union, L 162 vom 22. Juni 2011, Seite 17).

Artikel 210

Veröffentlichung und Inkrafttreten der vorliegenden Verfahrensordnung

Diese in den in Artikel 36 genannten Sprachen verbindliche Verfahrensordnung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg am 25. September 2012.

 


(1)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 27.

(2)  ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385.


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