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Document C2006/143/20

    Rechtssache C-341/04: Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 2. Mai 2006 (Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court [Irland]) — Eurofood IFCS Ltd — Enrico Bondi/Bank of America N.A., Pearse Farrell, Official Liquidator, Director of Corporate Enforcement, Certificate/Note holders (Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen — Verordnung [EG] Nr. 1346/2000 — Insolvenzverfahren — Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens — Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners — Anerkennung des Insolvenzverfahrens — Ordre public)

    ABl. C 143 vom 17.6.2006, p. 11–11 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    17.6.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 143/11


    Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 2. Mai 2006 (Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court [Irland]) — Eurofood IFCS Ltd — Enrico Bondi/Bank of America N.A., Pearse Farrell, Official Liquidator, Director of Corporate Enforcement, Certificate/Note holders

    (Rechtssache C-341/04) (1)

    (Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen - Verordnung [EG] Nr. 1346/2000 - Insolvenzverfahren - Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens - Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners - Anerkennung des Insolvenzverfahrens - Ordre public)

    (2006/C 143/20)

    Verfahrenssprache: Englisch

    Vorlegendes Gericht

    Supreme Court

    Parteien des Ausgangsverfahrens

    Kläger: Enrico Bondi

    Beklagte: Bank of America N.A., Pearse Farrell, Official Liquidator, Director of Corporate Enforcement, Certificate/Note holders

    Gegenstand der Rechtssache

    Vorabentscheidungsersuchen des irischen Supreme Court — Auslegung der Artikel 1, 2, 3 und 16 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren — Beschluss, mit dem bis zum Erlass des endgültigen Beschlusses ein vorläufiger Verwalter bestellt wird — Möglichkeit, diesen Beschluss als Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anzusehen — Zuständiges Gericht für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Tenor des Urteils

    1.

    Wenn Schuldner eine Tochtergesellschaft ist, deren satzungsmäßiger Sitz in einem anderen Mitgliedstaat liegt als der der Muttergesellschaft, kann die in Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren aufgestellte Vermutung, wonach diese Tochtergesellschaft den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in dem Mitgliedstaat hat, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, nur widerlegt werden, sofern objektive und für Dritte feststellbare Elemente belegen, dass in Wirklichkeit die Lage nicht derjenigen entspricht, die die Verortung am genannten satzungsmäßigen Sitz widerspiegeln soll. Dies könnte insbesondere bei einer Gesellschaft der Fall sein, die im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, keiner Tätigkeit nachgeht. Wenn jedoch eine Gesellschaft ihrer Tätigkeit im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, nachgeht, so reicht die Tatsache, dass ihre wirtschaftlichen Entscheidungen von einer Muttergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat kontrolliert werden oder kontrolliert werden können, nicht aus, um die mit der Verordnung aufgestellte Vermutung zu entkräften.

    2.

    Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1346/2000 ist dahin auszulegen, dass das von einem Gericht eines Mitgliedstaats eröffnete Hauptinsolvenzverfahren von den Gerichten der übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen ist, ohne dass diese die Zuständigkeit des Gerichts des Eröffnungsstaats überprüfen können.

    3.

    Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1346/2000 ist dahin auszulegen, dass die von einem Gericht eines Mitgliedstaats auf einen entsprechenden, auf die Insolvenz des Schuldners gestützten Antrag auf Eröffnung eines in Anhang A der Verordnung genannten Verfahrens hin erlassene Entscheidung eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Sinne dieser Vorschrift darstellt, wenn sie den Vermögensbeschlag gegen den Schuldner zur Folge hat und durch sie ein in Anhang C der Verordnung genannter Verwalter bestellt wird. Ein solcher Vermögensbeschlag bedeutet, dass der Schuldner die Befugnisse zur Verwaltung seines Vermögens verliert.

    4.

    Artikel 26 der Verordnung Nr. 1346/2000 ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem in einem anderen Mitgliedstaat eröffneten Insolvenzverfahren die Anerkennung versagen kann, wenn die Eröffnungsentscheidung unter offensichtlichem Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör einer von einem solchen Verfahren betroffenen Person ergangen ist.


    (1)  ABl. C 251 vom 9.10.2004.


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