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Dokument 62003CJ0012

Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. Februar 2005.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Tetra Laval BV.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 - Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss des Konglomerattyps für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird - Hebelwirkung - Umfang der gerichtlichen Nachprüfung - Zu berücksichtigende Faktoren - Verhaltensbezogene Verpflichtungen.
Rechtssache C-12/03 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2005 I-00987

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2005:87

Rechtssache C-12/03 P

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

gegen

Tetra Laval BV

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 – Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss des Konglomerattyps für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird – Hebelwirkung – Umfang der gerichtlichen Nachprüfung – Zu berücksichtigende Faktoren – Verhaltensbezogene Verpflichtungen“

Schlussanträge des Generalanwalts A. Tizzano vom 25. Mai 2004 

Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. Februar 2005 

Leitsätze des Urteils

1.     Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Prüfung durch die Kommission – Wirtschaftliche Beurteilungen – Zusammenschluss des Konglomerattyps – Ermessen bei der Beurteilung – Gerichtliche Prüfung – Grenzen

(Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Artikel 2)

2.     Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Beurteilung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt – Zusammenschluss des Konglomerattyps – Vornahme einer gründlichen, auf eindeutige Beweise gestützten Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung

(Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Artikel 2 Absätze 2 und 3)

3.     Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Beurteilung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt – Zusammenschluss des Konglomerattyps – Berücksichtigung voraussichtlicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen, die eine Hebelwirkung entfalten können – Zulässigkeit – Keine Pflicht der Kommission, die Wahrscheinlichkeit solcher Verhaltensweisen eines Unternehmens im Hinblick auf die mit ihnen verbundenen Risiken zu beurteilen

(Artikel 82 EG; Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Artikel 2 Absätze 2 und 3)

4.     Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Prüfung durch die Kommission –Verpflichtungen der betroffenen Unternehmen, die zur Vereinbarkeit des gemeldeten Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt führen können – Berücksichtigung sowohl verhaltensbezogener als auch strukturorientierter Verpflichtungen

(Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Artikel 2 Absätze 2 und 3 und Artikel 8 Absatz 2)

5.     Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Beurteilung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt – Berücksichtigung der Beseitigung oder erheblichen Verringerung eines potenziellen Wettbewerbs, die eine beherrschende Stellung verstärkt – Zulässigkeit – Pflicht der Kommission, die behauptete Verstärkung zu beweisen – Unzulänglichkeit der bloßen Feststellung, dass das erwerbende Unternehmen eine klar beherrschende Stellung einnimmt

(Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Artikel 2 Absätze 1, 2 und 3)

1.     Die Grundregeln der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen und insbesondere ihr Artikel 2 räumen der Kommission vor allem bei wirtschaftlichen Beurteilungen ein gewisses Ermessen ein. Die vom Gemeinschaftsrichter vorzunehmende Kontrolle der Ausübung eines solchen – für die Aufstellung der Regeln über Zusammenschlüsse wesentlichen – Ermessens muss daher unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung von Zusammenschlüssen sind, zugrunde liegt.

Auch wenn der Gerichtshof anerkennt, dass der Kommission in Wirtschaftsfragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, bedeutet dies nicht, dass der Gemeinschaftsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen muss. Er muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Eine solche Kontrolle ist umso nötiger, wenn es sich um eine zur Prüfung eines geplanten Zusammenschlusses mit Konglomeratwirkung erforderliche Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung handelt.

(vgl. Randnrn. 38-39)

2.     Eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, wie sie im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen erforderlich ist, muss mit großem Bedacht durchgeführt werden, da es nicht darum geht, vergangene Ereignisse, in Bezug auf die häufig zahlreiche Anhaltspunkte vorliegen, die ein Verständnis ihrer Ursachen ermöglichen, oder auch gegenwärtige Ereignisse zu prüfen, sondern darum, Ereignisse vorherzusehen, die künftig mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit eintreten werden, wenn keine Entscheidung ergeht, mit der der Zusammenschluss zu den geplanten Bedingungen untersagt wird oder diese näher festgelegt werden.

Die Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung besteht somit in der Prüfung, inwieweit ein Zusammenschluss die für den Stand des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt maßgebenden Faktoren verändern könnte, um zu ermitteln, ob sich daraus ein erhebliches Hindernis für einen wirksamen Wettbewerb ergeben würde. Eine solche Untersuchung erfordert es, sich die verschiedenen Ursache-Wirkungs-Ketten vor Augen zu führen und von denjenigen mit der größten Wahrscheinlichkeit auszugehen.

Die Untersuchung eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps ist eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, bei der die Berücksichtigung eines künftigen Zeitraums einerseits und der für eine erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs erforderlichen Hebelwirkung andererseits bedeuten, dass die Ursache-Wirkungs-Ketten schlecht erkennbar, ungewiss und schwer nachweisbar sind. In diesem Zusammenhang ist die Beschaffenheit der von der Kommission zum Nachweis der Erforderlichkeit einer Entscheidung, mit der der Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird, vorgelegten Beweismittel besonders bedeutsam, da diese Beweise die Beurteilungen der Kommission stützen sollen, wonach ohne den Erlass einer solchen Entscheidung das Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung, von dem sie ausgeht, plausibel wäre.

(vgl. Randnrn. 42-44)

3.     Bei der Untersuchung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps muss die Kommission die Wahrscheinlichkeit wettbewerbswidriger Verhaltensweisen, die eine Hebelwirkung entfalten könnten, umfassend prüfen, d. h. unter Berücksichtigung sowohl der Anreize für solche Verhaltensweisen als auch der Faktoren – einschließlich der etwaigen Rechtswidrigkeit der Verhaltensweisen –, die diese Anreize verringern oder sogar beseitigen könnten.

Es würde jedoch dem mit der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen verfolgten Präventionszweck zuwiderlaufen, wenn von der Kommission verlangt würde, bei jedem geplanten Zusammenschluss zu prüfen, in welchem Umfang die Anreize für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen aufgrund der Rechtswidrigkeit der fraglichen Verhaltensweisen, der Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung, ihrer Verfolgung durch die zuständigen Behörden sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf nationaler Ebene und möglicher finanzieller Sanktionen verringert oder sogar beseitigt würden.

Eine solche Analyse würde nämlich eine umfassende und eingehende Prüfung der Regelungen der verschiedenen möglicherweise anwendbaren Rechtsordnungen und der dort praktizierten Verfolgungspolitik erfordern. Sie wäre im Übrigen nur dann von Nutzen, wenn ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für die Tatsachen bestünde, die als Vorwurf in Betracht gezogen werden, weil sie Teil eines wettbewerbswidrigen Verhaltens sind.

Folglich wäre im Stadium der Beurteilung des geplanten Zusammenschlusses eine Analyse, die darauf abzielt, die wahrscheinliche Existenz einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 82 EG zu belegen und sich zu vergewissern, dass sie in mehreren Rechtsordnungen mit einer Sanktion belegt wird, zu spekulativ und würde es der Kommission nicht erlauben, ihre Beurteilung auf alle relevanten Tatsachen zu stützen, um zu prüfen, ob sie die Schilderung eines Szenarios der wirtschaftlichen Entwicklung wie das einer Hebelwirkung erhärten.

(vgl. Randnrn. 74-77)

4.     Für die von den betroffenen Unternehmen angebotenen Verpflichtungen zur Herbeiführung der Vereinbarkeit des gemeldeten Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt gilt der Grundsatz, dass sie der Kommission die Feststellung gestatten müssten, dass der fragliche Zusammenschluss eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen weder begründen noch verstärken würde. Aus diesem Grundsatz ist zu schließen, dass es nicht darauf ankommt, ob die angebotene Verpflichtung als verhaltensbezogene oder als strukturorientierte Verpflichtung qualifiziert werden kann, und dass sich nicht a priori ausschließen lässt, dass auf den ersten Blick verhaltensbezogene Verpflichtungen wie die Nichtverwendung einer Marke für bestimmte Zeit oder die Zurverfügungstellung eines Teils der Produktionskapazität des aufgrund des Zusammenschlusses entstehenden Unternehmens an Konkurrenten oder allgemeiner der Zugang zu einer wesentlichen Infrastruktur unter nicht diskriminierenden Bedingungen ebenfalls geeignet sein könnten, die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern.

(vgl. Randnr. 86)

5.     Nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt eine Reihe von Gesichtspunkten wie die Struktur der betroffenen Märkte, den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb der Unternehmen, die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, Marktzutrittsschranken und die Entwicklung von Angebot und Nachfrage.

Die bloße Tatsache, dass das erwerbende Unternehmen bereits eine klar beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt einnimmt, stellt daher zwar einen wichtigen Gesichtspunkt dar, reicht aber als solche nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, dass eine Verringerung des potenziellen Wettbewerbs, dem dieses Unternehmen ausgesetzt ist, zu einer Verstärkung seiner Stellung führt.

Der potenzielle Wettbewerb durch einen Hersteller von Substitutionsprodukten auf einem Teil des relevanten Marktes ist nämlich nur einer der Faktoren, die bei der Prüfung, ob ein Zusammenschluss zur Verstärkung einer beherrschenden Stellung führen kann, zu berücksichtigen sind. Insoweit lässt sich nicht ausschließen, dass eine Verringerung dieses potenziellen Wettbewerbs durch andere Faktoren ausgeglichen wird, so dass die Wettbewerbsstellung des Unternehmens, das bereits eine beherrschende Stellung einnahm, im Ergebnis unverändert bleibt.

(vgl. Randnrn.125-127)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer)

15. Februar 2005(*)

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 – Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss des Konglomerattyps für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird – Hebelwirkung – Umfang der gerichtlichen Nachprüfung – Zu berücksichtigende Faktoren – Verhaltensbezogene Verpflichtungen“

In der Rechtssache C-12/03 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 8. Januar 2003 ,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Petite, A. Whelan und P. Hellström als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Tetra Laval BV mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: A. Vandencasteele, D. Waelbroeck und M. Johnsson, avocats, sowie Rechtsanwälte A. Weitbrecht und S. Völcker,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans und A. Rosas (Berichterstatter), der Richter C. Gulmann, J.‑P. Puissochet und R. Schintgen, der Richterin N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr und J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Mai 2004,

folgendes

Urteil

1       Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2002 in der Rechtssache T‑5/02 (Tetra Laval/Kommission, Slg. 2002, II‑4381, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung 2004/124/EG der Kommission vom 30. Oktober 2001 über die Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.2416 – Tetra Laval/Sidel) (ABl. 2004, L 43, S. 13, im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat.

 Die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89

2       Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, berichtigt im ABl. 1990, L 257, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 180, S. 1, im Folgenden: Verordnung) bestimmt:

„(1)      Zusammenschlüsse im Sinne dieser Verordnung sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen.

Bei dieser Prüfung berücksichtigt die Kommission

a)      die Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Struktur aller betroffenen Märkte und den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft ansässige Unternehmen;

b)      die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, ihren Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, rechtliche oder tatsächliche Marktzutrittsschranken, die Entwicklung des Angebotes und der Nachfrage bei den jeweiligen Erzeugnissen und Dienstleistungen, die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher sowie die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert.

(2)      Zusammenschlüsse, die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert wird, sind für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.

(3)      Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert wird, sind für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.

…“

 Die streitige Entscheidung

3       Aus der streitigen Entscheidung geht hervor, dass für Flüssignahrungsmittel vier Arten von Verpackungen verwendet werden: Verpackungen aus Karton und aus Kunststoff (und zwar den Materialien Polyethylenterephthalat, im Folgenden: PET, und Polyethylen hoher Dichte, im Folgenden: HDPE), Metalldosen und Glasverpackungen.

4       Die streitige Entscheidung bezieht sich speziell auf die so genannten „empfindlichen“ Produkte. Dabei handelt es sich um Milch und flüssige Milchprodukte, Fruchtsäfte und ‑nektare, Fruchtaromagetränke ohne Kohlensäure (im Folgenden: Fruchtaromagetränke) sowie Tee- und Kaffeegetränke. Diese Produkte müssen vor Licht – wie Milch – oder vor Sauerstoff – wie Fruchtsäfte und in geringerem Maß Fruchtaromagetränke sowie Tee- und Kaffeegetränke – geschützt werden. Da PET ein sauerstoff- und lichtdurchlässiges Harz ist, eignet es sich für solche Produkte weniger gut als Karton. Es gibt jedoch technologische Forschungen in Bezug auf so genannte „Barrieretechniken“, die einen Schutz vor Sauerstoff und Licht ermöglichen.

5       Auch die Verpackungstechnik ist ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Wahl der Verpackung. Bestimmte säurehaltige Produkte wie Milch und Fruchtsäfte müssen nämlich keimfrei abgepackt werden, sofern sie nicht gekühlt vertrieben werden. Nach den Angaben in den Akten kann die Keimfreiheit besser gewahrt werden, wenn derartige Produkte in einem einzigen Arbeitsgang vom Hersteller des betreffenden Flüssignahrungsmittels in Kartons verpackt werden. Dieses Unternehmen besitzt meist eine integrierte Verpackungslinie. Es kauft den Karton in Rollen und schneidet ihn zu, bringt ihn in die gewünschte Form, füllt ihn und verschließt die Verpackung.

6       Die Verpackung eines Flüssigprodukts in PET erfolgt dagegen meist in mehreren Arbeitsgängen, was die Wahrung der Keimfreiheit erschwert. Zunächst muss ein Vorformling – eine Kunststoffröhre aus Harz – hergestellt werden, dann wird die leere Flasche geformt, indem der Vorformling mittels einer so genannten „Stretch-Blow-Moulding-Maschine“ (Streckblasmaschine, im Folgenden: SBM-Maschine) in die gewünschte Form gebracht wird, und erst dann wird die Flasche befüllt und verschlossen. Diese verschiedenen Arbeitsgänge können von verschiedenen Unternehmen durchgeführt werden. So gibt es „Verarbeiter“, die leere Verpackungen herstellen und an die Getränkeproduzenten liefern. In der Entwicklung befinden sich jedoch integrierte Produktionslinien sowie Produktionstechniken, die eine keimfreie Verpackung erleichtern.

7       Mit der streitigen Entscheidung erklärte die Kommission den Erwerb der Sidel SA durch die Tetra Laval BV (im Folgenden: angemeldeter Zusammenschluss) für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3). Die Tetra Laval BV (im Folgenden: Tetra) ist eine Finanzgesellschaft des Tetra-Konzerns, zu dem mit Tetra Pak auch das im Bereich der Kartonverpackungen weltweit führende Unternehmen gehört, dem auf diesem Markt in Bezug auf keimfreie Verpackungen eine beherrschende Stellung zugeschrieben wird, während die Sidel SA (im Folgenden: Sidel) ein bei der Herstellung und Lieferung von SBM-Maschinen führendes und auch im Bereich der Barrieretechnik tätiges Unternehmen ist. Die Entscheidung erging gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung.

8       In der streitigen Entscheidung kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Märkte für Karton- und PET‑Verpackungssysteme zu getrennten, aber eng miteinander verbundenen und potenziell zusammenwachsenden Märkten gehörten, die u. a. durch einen gemeinsamen und expandierenden Kundenbestand gekennzeichnet seien. Insbesondere gebe es gesonderte Märkte für SBM-Maschinen mit niedrigem und hohem Durchsatz, die wiederum in Märkte für empfindliche und nicht empfindliche Produkte zu unterteilen seien. Diese Unterscheidung anhand der Endverwendung sei mit den unterschiedlichen Spezifikationen der Maschinen zu erklären, deren Hersteller je nach Verwendungszweck, der beim Kauf festgelegt werden könne, eine durch Arbitrage nicht zu verhindernde Preisdiskriminierung vornehmen könnten.

9       Der angemeldete Zusammenschluss würde Tetra einen Anreiz geben, durch Ausübung einer „Hebelwirkung“ ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für Ausrüstungen und Verbrauchsgüter für Kartonverpackungen auszunutzen, um ihre Kunden auf diesem Markt, die bei der Verpackung bestimmter empfindlicher Produkte zu PET übergingen, dazu zu bewegen, sich für die SBM-Maschinen von Sidel zu entscheiden, dadurch die viel kleineren Konkurrenten zu verdrängen und die führende Stellung von Sidel auf dem Markt der SBM-Maschinen für empfindliche Produkte in eine beherrschende Stellung zu verwandeln. Dabei helfe Tetra ihre enge und kontinuierliche Beziehung zu ihren Kunden, ihre Finanzkraft, ihr Know-how sowie ihr Ruf im Bereich keimfreier und ultrareiner Produkte, die Stärken, die Technologie und der Ruf für Qualität, die Sidel derzeit kennzeichneten, sowie die vertikale Integration, von der das aus dem angemeldeten Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen (im Folgenden: neues Unternehmen) bei den drei Verpackungssystemen (Karton, PET und HDPE) profitieren würde.

10     Die Kommission kam ferner zu dem Ergebnis, dass angesichts der geringen Konkurrenz auf den Ausrüstungs- und Verbrauchsgütermärkten für Kartonverpackungen der Zusammenschluss von Tetra mit dem wichtigsten Hersteller auf dem expandierenden und eng mit dem Kartonmarkt verbundenen Markt für PET‑Ausrüstungen eine wichtige Quelle potenziellen Wettbewerbs beseitigen würde. Dies würde die beherrschende Stellung von Tetra auf den Märkten für Kartonverpackungen verstärken und den Anreiz von Tetra verringern, ihre Preise anzupassen und Neuerungen einzuführen, um der Bedrohung ihrer Position durch PET zu begegnen.

11     Tetra sagte u. a. zu, Sidel zehn Jahre lang von ihr getrennt zu lassen, keine Angebote abzugeben, die sich sowohl auf Kartonprodukte als auch auf die von Sidel hergestellten SBM-Maschinen erstrecken, und den ihr aufgrund der Entscheidung 92/163/EWG der Kommission vom 24. Juli 1991 in einem Verfahren nach Artikel 86 EWG-Vertrag (Sache IV/31.043 – Tetra Pak II) (ABl. 1992, L 72, S. 1) obliegenden Verpflichtungen nachzukommen. Die Kommission hält diese Zusagen für unzureichend zur Lösung der durch den angemeldeten Zusammenschluss entstehenden strukturellen Wettbewerbsprobleme und macht geltend, es sei nahezu unmöglich, ihre Einhaltung zu überprüfen. In Artikel 1 der streitigen Entscheidung erklärte sie diesen Zusammenschluss deshalb für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

 Das angefochtene Urteil

12     Mit Klageschrift, die am 15. Januar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Tetra Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Im angefochtenen Urteil vertrat das Gericht die Ansicht, die Kommission habe bei ihren Schlussfolgerungen in Bezug auf die Hebelwirkung und die Stärkung der beherrschenden Stellung von Tetra im Kartonsektor offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, und erklärte die Entscheidung deshalb für nichtig.

13     Zum Vorbringen der Kommission, dass der angemeldete Zusammenschluss wettbewerbswidrige Konglomeratwirkungen hätte und insbesondere das neue Unternehmen in die Lage versetzen und in Versuchung bringen würde, unter Ausnutzung der Stellung, die es insgesamt im Kartonsektor einnähme, eine Hebelwirkung auszuüben, um eine beherrschende Stellung auf dem Markt für SBM-Maschinen zu erlangen, hat das Gericht festgestellt, dass sich nach den eigenen Angaben der Kommission eine solche beherrschende Stellung nicht aus dem Zusammenschluss als solchem ergeben würde, sondern aus dem voraussichtlichen Verhalten des neuen Unternehmens. Wenn die Kommission der Auffassung sei, dass ein Zusammenschluss untersagt werden müsse, weil er in absehbarer Zeit eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken werde, müsse sie eindeutige Beweise für eine solche Schlussfolgerung liefern.

14     Das Gericht hat zudem festgestellt, dass die Kommission bei der Beurteilung der Absehbarkeit des Verhaltens des neuen Unternehmens alle Umstände prüfen müsse, die dieses Verhalten bestimmen könnten. Da bei einem beherrschenden Unternehmen wie Tetra die Ausübung einer vermuteten Hebelwirkung den Missbrauch einer bereits bestehenden beherrschenden Stellung darstellen könne, müsse die Kommission prüfen, wie wahrscheinlich ein wettbewerbswidriges Verhalten sei, und dabei die Anreize für ein solches Verhalten berücksichtigen, aber auch Gesichtspunkte wie die Wahrscheinlichkeit seiner Verfolgung und Ahndung, die diese Anreize verringern oder sogar beseitigen könnten. Da die Kommission keine solche Prüfung vorgenommen habe, könne ihrem Vorbringen nicht gefolgt werden. Folglich sei zu prüfen, ob die Kommission auch ohne solche Feststellungen die Richtigkeit ihrer These habe nachweisen können.

15     Grundsätzlich habe das neue Unternehmen die Möglichkeit, eine Hebelwirkung auszuüben. Gleichwohl sei festzustellen, dass die Kommission das zu erwartende Wachstum der PET‑Branche überschätzt habe und dass sich die vom Gericht zu prüfenden Methoden zur Ausübung einer Hebelwirkung aus den oben genannten Gründen auf jene beschränkten, die nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen. Insgesamt gesehen habe die Kommission ihre Verpflichtung verletzt, nachzuweisen, dass die etwaige Ausübung einer Hebelwirkung im Jahr 2005 zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung auf den fraglichen Märkten geführt hätte. Speziell in Bezug auf die SBM-Maschinen sei festzustellen, dass die streitige Entscheidung keine ausreichenden Beweise enthalte, um die Festlegung gesonderter Märkte in Bezug auf SBM-Maschinen für empfindliche und nicht empfindliche Produkte zu rechtfertigen.

16     Zur Behauptung der Kommission, dass die „beherrschende Stellung [von Tetra] im Bereich Kartonverpackung“ durch die Ausschaltung einer Quelle von Belastungen für den Wettbewerb auf den Nachbarmärkten verstärkt würde, weil der Wettbewerb von Sidel auf dem Markt für PET‑Verpackungen wegfiele, sei festzustellen, dass diese Verstärkung von der Kommission nachgewiesen werden müsse und sich nicht automatisch aus der Existenz einer beherrschenden Stellung ergebe. Die Kommission habe insoweit ihrer Beweispflicht nicht genügt.

 Das Rechtsmittel

17     Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt sie einen Rechtsfehler in Bezug auf die Anforderungen an den von ihr zu erbringenden Beweis und den Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht sie eine Verletzung der Artikel 2 und 8 der Verordnung geltend, die darin bestehen soll, dass das Gericht ihr aufgegeben habe, einerseits den Einfluss der Rechtswidrigkeit bestimmter Verhaltensweisen auf die Anreize des neuen Unternehmens zur Ausnutzung einer Hebelwirkung zu prüfen, und andererseits als mögliche Maßregel die Zusage zu prüfen, sich nicht missbräuchlich zu verhalten. Der dritte Rechtsmittelgrund wird daraus abgeleitet, dass das Gericht durch die Heranziehung eines falschen Kriteriums für die gerichtliche Kontrolle einen Rechtsfehler begangen habe und dass es Artikel 2 der Verordnung verletzt habe, als es die Festlegung gesonderter Märkte für die SBM-Maschinen nach Maßgabe ihrer Endverwendung nicht gebilligt habe. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe Artikel 2 verletzt, den Sachverhalt verfälscht und Argumente der Kommission unberücksichtigt gelassen, als es sich der Einschätzung der Kommission, dass Tetra ihre beherrschende Stellung in der Kartonbranche verstärken würde, nicht angeschlossen habe. Der fünfte Rechtsmittelgrund betrifft eine Verletzung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung, die darin bestehen soll, dass das Gericht die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf die Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für SBM-Maschinen zurückgewiesen habe.

18     Tetra hat in ihrer Rechtsmittelbeantwortung als Untersuchungsmaßnahme beantragt, die Vorlage der französischen Sprachfassung der Rechtsmittelschrift anzuordnen. Der Gerichtshof hat diesen Antrag mit Beschluss vom 24. Juli 2003 abgelehnt.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

19     Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, statt der von ihm behaupteten Anwendung des Kriteriums des offensichtlichen Beurteilungsfehlers in Wirklichkeit ein anderes Kriterium herangezogen zu haben, wonach die Vorlage von „eindeutigen Beweisen“ („convincing evidence“) verlangt werde. Dadurch habe das Gericht Artikel 230 EG verletzt, da es den Spielraum nicht beachtet habe, über den die Kommission bei der Beurteilung komplexer Sach- und Rechtsfragen verfüge. Es habe auch Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung verletzt, da es von einer Vermutung der Rechtmäßigkeit von Zusammenschlüssen mit Konglomeratwirkung ausgegangen sei. Beispielsweise habe das Gericht bei der Überprüfung der von der Kommission getroffenen Vorhersage einer erheblichen Zunahme der Verwendung von PET‑Verpackungen bei empfindlichen Produkten den Sachverhalt verfälscht, die Zurückweisung ihrer Argumente nicht ausreichend begründet und Erwägungen, Argumente und Beweise in der streitigen Entscheidung sowie in ihrer Klagebeantwortung nicht berücksichtigt, ja nicht einmal erwähnt.

20     In Randnummer 119 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Kriterien für die gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung der Kommission über einen Zusammenschluss wie folgt wiedergegeben:

„Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Grundregeln der Verordnung und insbesondere ihr Artikel 2 der Kommission vor allem bei wirtschaftlichen Beurteilungen ein gewisses Ermessen einräumen. Daher muss die vom Gemeinschaftsrichter vorzunehmende Kontrolle der Ausübung eines solchen – für die Aufstellung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlichen – Ermessens unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1998 in den Rechtssachen C‑68/94 und C‑30/95, Frankreich u. a./Kommission, ‚Kali & Salz‘, Slg. 1998, I‑1375, Randnrn. 223 und 224; Urteile des Gerichts vom 25. März 1999 in der Rechtssache T‑102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II‑753, Randnrn. 164 und 165, und vom 6. Juni 2002 in der Rechtssache T‑342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, II‑2585, Randnr. 64).“

21     In Randnummer 120 des angefochtenen Urteils hat das Gericht Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung wie folgt ausgelegt:

„Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären sind. Umgekehrt hat die Kommission einen ihr gemeldeten Zusammenschluss, der in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, sofern die beiden Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllt sind (Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T‑2/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II‑323, Randnr. 79; in diesem Sinne auch Urteile Gencor/Kommission, Randnr. 170, und Airtours/Kommission, Randnrn. 58 und 82). Liegt keine Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung vor, so ist der Zusammenschluss somit zu genehmigen, ohne dass geprüft zu werden braucht, wie er sich auf den wirksamen Wettbewerb auswirkt (Urteil Air France/Kommission, Randnr. 79).“

22     Der erste Rechtsmittelgrund der Kommission betrifft zahlreiche Randnummern des angefochtenen Urteils. Es erscheint angebracht, die Auszüge aus dem Urteil wiederzugeben, die die Konglomeratsnatur des angemeldeten Zusammenschlusses betreffen, der in Randnummer 142 des Urteils definiert wird als „Zusammenschluss von Unternehmen, die zuvor im Wesentlichen weder als unmittelbare Konkurrenten noch als Lieferanten und Kunden in Wettbewerb miteinander standen“; er führe nicht zu echten horizontalen Überschneidungen zwischen den Tätigkeiten seiner Parteien oder zu vertikalen Beziehungen zwischen diesen Parteien im engeren Sinne, so dass nicht generell unterstellt werden könne, dass er wettbewerbswidrige Auswirkungen habe.

23     In Randnummer 146 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Verordnung in Bezug auf ihre Anwendung auf Konglomerate wie folgt ausgelegt:

„Die Verordnung trifft insbesondere in ihrem Artikel 2 Absätze 2 und 3 keine Unterscheidung zwischen Zusammenschlüssen mit horizontalen und vertikalen Auswirkungen und Zusammenschlüssen mit Konglomeratwirkung. Folglich kann ein Zusammenschluss unabhängig von seiner Form nur untersagt werden, wenn die beiden in Artikel 2 Absatz 3 vorgesehenen Kriterien erfüllt sind (siehe oben, Randnr. 120). Somit ist ein Zusammenschluss mit Konglomeratwirkung wie jeder andere Zusammenschluss (siehe oben, Randnr. 120) von der Kommission zu genehmigen, wenn nicht erwiesen ist, dass er eine beherrschende Stellung im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben begründet oder verstärkt und dass dadurch wirksamer Wettbewerb erheblich behindert wird.“

24     Zu den Auswirkungen eines Zusammenschlusses mit Konglomeratwirkung auf den Wettbewerb und der insoweit vorgenommenen Analyse der Kommission hat das Gericht ausgeführt:

„148      Zunächst ist zu prüfen, ob ein Zusammenschluss, der eine Wettbewerbsstruktur schafft, die nicht sofort zu einer beherrschenden Stellung der durch ihn entstehenden Einheit führt, auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung untersagt werden kann, wenn er es dieser Einheit aller Wahrscheinlichkeit nach ermöglicht, durch die Ausübung einer Hebelwirkung seitens der erwerbenden Partei auf einem Markt, den sie bereits beherrscht, in relativ naher Zukunft eine beherrschende Stellung auf einem anderen Markt zu erlangen, auf dem die erworbene Partei derzeit eine führende Stellung einnimmt, und wenn der fragliche Erwerb erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen auf die betreffenden Märkte hat.

150      A priori ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, die auf verschiedenen Märkten tätig sind, normalerweise nicht geeignet, sofort nach seiner Verwirklichung durch eine Kumulierung der Marktanteile der Parteien des Zusammenschlusses zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu führen. Die maßgebenden Elemente der relativen Positionen der Konkurrenten auf einem bestimmten Markt sind im Allgemeinen auf diesem Markt selbst zu finden, nämlich insbesondere die Marktanteile der Konkurrenten und die Wettbewerbsbedingungen auf diesem Markt. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Wettbewerbsbedingungen auf einem Markt nie durch Faktoren außerhalb dieses Marktes beeinflusst werden könnten.

151      Wenn es sich um benachbarte Märkte handelt und eine der Parteien eines Zusammenschlusses bereits eine beherrschende Stellung auf einem dieser Märkte einnimmt, kann es z. B. vorkommen, dass die durch den Zusammenschluss vereinten Mittel und Kapazitäten sofort Bedingungen schaffen, die es der neuen Einheit ermöglichen, sich durch Ausnutzung einer Hebelwirkung in relativ naher Zukunft eine beherrschende Stellung auf dem anderen Markt zu verschaffen. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die fraglichen Märkte zur Konvergenz neigen und wenn neben einer beherrschenden Stellung einer der Parteien des Zusammenschlusses die andere oder eine der anderen Parteien des Zusammenschlusses eine führende Stellung auf dem zweiten Markt einnimmt.

152      Bei jeder anderen Auslegung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung bestünde die Gefahr, dass der Kommission die Möglichkeit genommen wird, eine Kontrolle über Zusammenschlüsse auszuüben, die ausschließlich oder hauptsächlich eine Konglomeratwirkung haben.

153      Kommt die Kommission im Rahmen einer Untersuchung der voraussichtlichen Auswirkungen eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps zu dem Ergebnis, dass wegen der von ihr festgestellten Konglomeratwirkungen aller Wahrscheinlichkeit nach in naher Zukunft eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt würde, durch die wirksamer Wettbewerb auf dem betreffenden Markt erheblich behindert würde, so muss sie diesen Zusammenschluss folglich untersagen (in diesem Sinne auch Urteile Kali & Salz, Randnr. 221, Gencor/Kommission, Randnr. 162, und Airtours/Kommission, Randnr. 63).

154      Auch in diesem Kontext ist zu unterscheiden zwischen einer Situation, in der ein Zusammenschluss mit Konglomeratwirkung die Wettbewerbsbedingungen auf dem zweiten Markt sofort ändert und dort wegen einer auf dem ersten Markt bereits bestehenden beherrschenden Stellung zur Begründung oder Verstärkung der beherrschenden Stellung führt, und einer Situation, in der die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung auf dem zweiten Markt nicht sofort aus dem Zusammenschluss resultiert, sondern erst nach gewisser Zeit infolge des Verhaltens der durch den Zusammenschluss entstandenen Einheit auf dem ersten Markt eintritt, auf dem sie bereits eine beherrschende Stellung einnimmt. Im letztgenannten Fall beruht die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung nicht auf der aus dem Zusammenschluss resultierenden Struktur selbst, sondern auf den fraglichen zukünftigen Verhaltensweisen.

155      Die Anforderungen an die Untersuchung eines Zusammenschlusses mit Konglomeratwirkung durch die Kommission entsprechen denen, die in der Rechtsprechung in Bezug auf die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung aufgestellt wurden (Urteile Kali & Salz, Randnr. 222, und Airtours/Kommission, Randnr. 63). So setzt die Untersuchung eines Zusammenschlusses mit voraussichtlich wettbewerbswidriger Konglomeratwirkung durch die Kommission eine besonders eingehende Prüfung der Umstände voraus, die sich als maßgebend für die Beurteilung dieser Auswirkung auf den Wettbewerb auf dem Referenzmarkt erweisen. Wie das Gericht bereits bestätigt hat, muss die Kommission, wenn sie der Auffassung ist, dass ein solcher Zusammenschluss untersagt werden muss, weil er in absehbarer Zeit eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken wird, eindeutige Beweise für eine solche Schlussfolgerung liefern (Urteil Airtours/Kommission, Randnr. 63). Da die Auswirkungen eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps auf den Wettbewerb auf den betroffenen Märkten häufig als neutral oder sogar als positiv eingestuft werden – wie im vorliegenden Fall in der wirtschaftswissenschaftlichen Lehre anerkannt wird, die in den den Schriftsätzen der Parteien beigefügten Analysen zitiert wird –, bedarf es zum Nachweis der wettbewerbswidrigen Konglomeratwirkungen eines solchen Zusammenschlusses einer genauen, durch eindeutige Beweise untermauerten Prüfung der Umstände, aus denen sich diese Wirkungen ergeben sollen (vgl. analog dazu Urteil Airtours/Kommission, Randnr. 63).“

 Vorbringen der Parteien

25     Die Kommission trägt vor, sowohl die Art der vom Gericht vorgenommenen Kontrolle als auch die Anforderungen an die von ihr verlangten Beweise wichen von den Grundsätzen ab, die der Gerichtshof in seinem Urteil Kali & Salz aufgestellt habe. Insoweit seien folgende Randnummern dieses Urteils einschlägig:

„220      Wie bereits ausgeführt worden ist, sind gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.

221      In Bezug auf eine angebliche kollektive beherrschende Stellung muss die Kommission daher anhand einer Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung des Referenzmarktes prüfen, ob der Zusammenschluss, mit dem sie befasst ist, zu einer Situation führt, in der ein wirksamer Wettbewerb auf dem relevanten Markt von den zusammengeschlossenen Unternehmen und einem oder mehreren dritten Unternehmen, die insbesondere aufgrund der zwischen ihnen bestehenden verbindenden Faktoren zusammen die Macht zu einheitlichem Vorgehen auf dem Markt und in beträchtlichem Umfang zu einem Handeln unabhängig von den anderen Wettbewerbern, ihrer Kundschaft und letztlich den Verbrauchern besitzen, erheblich behindert wird.

222      Ein solcher Vorgang erfordert eine aufmerksame Untersuchung insbesondere der Umstände, die sich nach Lage des Einzelfalls als maßgebend für die Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem Referenzmarkt erweisen.

223      In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Grundregeln der Verordnung, insbesondere Artikel 2, der Kommission ein bestimmtes Ermessen namentlich bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art einräumen.

224      Daher muss die Kontrolle der Ausübung einer solchen Befugnis, die bei der Beschreibung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlich ist, durch den Gemeinschaftsrichter unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt.“

26     Die Kommission schließt aus den im Urteil Kali & Salz genannten Grundsätzen und aus der vom Gerichtshof in dieser Rechtssache vorgenommenen Kontrolle, dass sie den fraglichen Markt aufmerksam untersuchen, alle relevanten Faktoren berücksichtigen und ihre Beurteilung auf Beweismittel stützen müsse, die den tatsächlichen Sachverhalt widerspiegelten, nicht eindeutig unerheblich seien und die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen untermauern könnten, und dass sie zudem zu Schlussfolgerungen gelangen müsse, die auf kohärenten Erwägungen beruhten.

27     Sie vertritt hierzu zunächst die Ansicht, dass sich das Erfordernis „eindeutiger Beweise“ („convincing evidence“) inhaltlich nach Art und Umfang sowohl von der im Urteil Kali & Salz aufgestellten Verpflichtung unterscheide, „signifikante und überzeugende“ Beweise zu liefern, als auch von dem Grundsatz, dass ihrer Beurteilung zu folgen sei, sofern nicht dargetan werde, dass diese offensichtlich fehlerhaft sei. Die Beweisanforderungen seien unterschiedlich, denn anders als das Erfordernis eindeutiger Beweise („convincing evidence“) schließe das Erfordernis signifikanter und überzeugender Beweise nicht aus, dass eine andere Einrichtung zu einem abweichenden Ergebnis käme, wenn sie über die Frage zu entscheiden hätte. Auch die Art der verlangten Beweise unterscheide sich insofern, als sie die Gemeinschaftsgerichte zu einer anderen für die Entscheidung über die Rechtssache in ihrer ganzen Komplexität zuständigen Einrichtung mache, die befugt sei, den Standpunkt der Kommission durch ihren eigenen zu ersetzen. Das Gericht widerspreche sich, da es das Kriterium des offensichtlichen Beurteilungsfehlers anführe, zugleich aber ein anderes Kriterium verwende.

28     Überdies sei ein Beurteilungsspielraum jeder Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung inhärent. Es gehe nämlich darum, auf der Grundlage der aktuellen Marktlage, der zu beobachtenden Tendenzen sowie anderer geeigneter Indikatoren die Wahrscheinlichkeit bestimmter Marktentwicklungen binnen absehbarer Zeit zu ermitteln. Wenn verlangt würde, dass sich die Beurteilung der Kommission tatsächlich auf unstreitige oder quasi unbestreitbare Beweise, unabhängig von deren Wert, stützen müsse, würde die Kommission ihrer Funktion beraubt, die Beweismittel zu bewerten und – aus vertretbaren Gründen – bestimmten Quellen mehr Gewicht als anderen beizumessen.

29     Schließlich hätte das vom Gericht in Bezug auf die Beweisführung herangezogene Kriterium zur Folge, dass die Kommission verpflichtet wäre, den Zusammenschluss zu genehmigen, wenn die Beweise nicht den Anforderungen genügten; dies würde de facto einer allgemeinen Vermutung der Rechtmäßigkeit bestimmter Zusammenschlüsse gleichkommen oder zumindest ein für sie günstiges Präjudiz schaffen. In Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung werde der Kommission die doppelte Verpflichtung auferlegt, den Zusammenschluss zu untersagen, falls er eine beherrschende Stellung begründe oder verstärke, oder – spiegelbildlich im umgekehrten Fall – ihn zu genehmigen, falls er keine solche Stellung begründe oder verstärke. In dieser Verpflichtung komme der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers zum Ausdruck, die privaten Interessen der Parteien des Zusammenschlusses und das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs und am Verbraucherschutz gleichermaßen zu schützen. Diese spiegelbildliche doppelte Verpflichtung erfordere die Heranziehung eines spiegelbildlichen Kriteriums hinsichtlich der an die Kommission gestellten Beweisanforderungen, da sie in beiden Fällen die Richtigkeit ihrer Analyse belegen müsse.

30     Zur Veranschaulichung der im angefochtenen Urteil durch das Gericht ausgeübten Kontrolle verweist die Kommission u. a. auf die Beurteilung der zunehmenden Verwendung von PET‑Verpackungen für empfindliche Produkte. Hierzu hat sich das Gericht wie folgt geäußert:

„210      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ausgeführt, ihre Erwägungen beruhten nicht auf der Genauigkeit ihrer Schätzungen, sondern nur auf der Annahme, dass es ein erhebliches künftiges Wachstum geben werde. Sie hat dort ferner eingeräumt, dass sie in Anbetracht der verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich der kommerziellen Einsatzfähigkeit der erforderlichen Barrieretechnik nicht mit Bestimmtheit von einem erheblichen Wachstum von PET auf dem Markt für UHT‑Milch ausgehen könne und dass sich selbst die niedrige in der [streitigen] Entscheidung genannte Wachstumsrate als überhöht erweisen könnte. Sie hat jedoch die große Plausibilität ihrer Schätzungen des bis 2005 zu erwartenden erheblichen Wachstums bei der Verwendung dieses Materials in den Segmenten Frischmilch, Saft, Fruchtaromagetränke und insbesondere Tee-/Kaffeegetränke hervorgehoben.

211      Folglich kann bei UHT‑Milch und damit bei etwa der Hälfte des Marktes für flüssige Milchprodukte nicht von einer wirklichen Zunahme der Verwendung von PET ausgegangen werden.

212      Zum übrigen Markt für flüssige Milchprodukte ist festzustellen, dass die PCI‑Studie [mit dem Titel ‚The Potential for PET in the Packaging of Liquid Dairy Products – 2001‘ (Das Potenzial von PET bei der Verpackung flüssiger Milchprodukte – 2001)], die einzige unabhängige Studie, die sich auf diesen Markt konzentriert, ein Wachstum prognostiziert, aufgrund dessen die Verwendung von PET auf dem Markt für Frischmilch ohne Zusätze 9,2 % im Jahr 2005 erreichen wird (PCI‑Studie, S. 64). Hinzu kommt, dass die Warrick-Studie [mit dem Titel ‚Warrick Research Report Packaging Markets, Aseptic Packaging Markets World and Western Europe – 2000‘ (Warrick-Forschungsbericht über Verpackungsmärkte, Märkte für keimfreie Verpackung Welt und Westeuropa – 2000)] für keimfreie Verpackungen zu dem Ergebnis kommt, dass es bei Milchmischgetränken nur ein minimales Wachstum von 1 % und bei den übrigen Getränken auf Milchbasis einen leichten Rückgang geben wird, während die Pictet-Studie [mit dem Titel ‚Analysts‘ Report, Pictet ´European Packaging Machinery, Move into PET´ – september 2000‘ (Analystenbericht, Pictet ‚Europäische Verpackungsmaschinen, Übergang zu PET‘ – September 2000)] keine speziellen Vorausschätzungen in Bezug auf flüssige Milchprodukte enthält. Aus diesen Anhaltspunkten ist zu schließen, dass die Kommission entgegen ihrer Behauptung in der Klagebeantwortung nicht dargetan hat, dass ihre Annahmen in Bezug auf flüssige Milchprodukte auf einer vorsichtigen Analyse der unabhängigen Studien oder auf einer Reihe eindeutiger und übereinstimmender, durch ihre Marktuntersuchung erlangter Beweise beruhen. Die von ihr herangezogenen Wachstumsschätzungen (siehe oben, Randnr. 209) sind nämlich nicht sehr überzeugend. Vielmehr beruht nach der PCI‑Studie allein die Schätzung eines Marktanteils von PET bei den übrigen Getränken auf Milchbasis (Milchmischgetränke und Getränke auf Milch- oder Joghurtbasis) von 25 % im Jahr 2005 auf einer relativ sicheren Grundlage (PCI‑Studie, S. 63 und 64). Wenn dieses Wachstum eintreten sollte, würde die betreffende Menge aber nur um 62 000 Tonnen im Jahr 2000 zunehmen und 92 800 Tonnen im Jahr 2005 erreichen; eine solche Erhöhung ist im Vergleich zu den etwa 120 Millionen Tonnen Milch, die jährlich in der Gemeinschaft produziert werden (PCI‑Studie, S. 9), nicht sehr bedeutsam. Generell wird in der [streitigen] Entscheidung nicht angemessen erläutert, wie PET, insbesondere im wichtigen Sektor der Verpackung von Frischmilch, bis 2005 HDPE als wichtigstes mit Karton konkurrierendes Material ablösen könnte. Insoweit bestreitet die Kommission weder die von [dem Beratungsunternehmen] Canadean für das Jahr 2000 angegebene Gesamtzahl für die Verwendung von HDPE bei flüssigen Milchprodukten von 17,3 % (vgl. Tabelle 3, 66. Begründungserwägung) noch die Schätzung, wonach diese Zahl bis 2005 auf 19,5 % steigen könnte (vgl. Tabelle 5, 105. Begründungserwägung).

213      Bei Saft ist die Vorausschätzung der Kommission noch weniger überzeugend. Obwohl sie selbst einräumt, dass das fragliche Wachstum hauptsächlich auf den Wechsel von Glas zu PET zurückzuführen wäre, nimmt sie keine Analyse des Glasmarkts vor. Ohne eine solche Analyse kann das Gericht die Richtigkeit der Vorausschätzungen der Kommission in Bezug auf Saft nicht überprüfen. Eine solche Analyse wäre unerlässlich gewesen, um dem Gericht die Prüfung des wahrscheinlichen Ausmaßes des Wechsels von Glas insbesondere zu Karton, PET und HDPE zu ermöglichen. Dies gilt umso mehr in Anbetracht der Unterschiede hinsichtlich der Wachstumsrate und der Analysezeiträume bei den einschlägigen Vorausschätzungen in den Studien von Canadean und Warrick einerseits und von Pictet andererseits.

214      Folglich sind die von der Kommission in der [streitigen] Entscheidung vorgenommenen Wachstumsschätzungen in Bezug auf flüssige Milchprodukte und Säfte rechtlich nicht hinreichend dargetan. Ein gewisses Wachstum in diesen Bereichen ist zwar vor allem bei Premium-Produkten wahrscheinlich, doch fehlen überzeugende Belege für den Umfang dieses Wachstums.

215      Dagegen geht aus den unabhängigen Studien hervor, dass es bis 2005 aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer erheblichen Zunahme der Verwendung von PET bei der Verpackung von Fruchtaromagetränken und Tee‑/Kaffeegetränken einschließlich isotonischer Getränke kommen wird. Da das in der [streitigen] Entscheidung angenommene Wachstum von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht ernsthaft in Frage gestellt worden ist und da es auch gegenüber den Angaben in den genannten Studien nicht überhöht ist, hat die Kommission insoweit keinen Fehler begangen.“

31     Die Kommission wirft dem Gericht im Wesentlichen vor, nicht dargetan zu haben, dass ihre Schätzungen des Wachstums der Verwendung von PET erstens auf sachlichen Fehlern, zweitens auf unbewiesenen tatsächlichen Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus offensichtlich unerheblichen Gesichtspunkten, drittens auf Unstimmigkeiten oder Argumentationsfehlern oder viertens auf der Nichtberücksichtigung relevanter Erwägungen beruhten. Das Gericht habe ohne Begründung ihre Beweiswürdigung zurückgewiesen, habe Tatsachen verfälscht, indem es z. B. in Randnummer 213 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sie keine Analyse des Glasmarkts vorgenommen habe, und habe seine eigenen, denen der Kommission zuwiderlaufenden und offensichtlich falschen Beurteilungen durchgesetzt, indem es z. B. in Randnummer 289 des Urteils entschieden habe, dass „Frischmilch … kein Produkt [ist], bei dem die Vorteile von PET bei der Vermarktung besondere Bedeutung haben“, oder indem es in den Randnummern 288 und 328 des Urteils die Ansicht vertreten habe, dass die Kosten von PET höher seien als die von Karton.

32     Tetra trägt vor, der erste Rechtsmittelgrund der Kommission sei nur eine semantische Erörterung der im angefochtenen Urteil verwendeten Begriffe und keine Erörterung der vom Gericht vorgenommenen inhaltlichen Prüfung. Das Vorbringen der Kommission gehe fehl, da es keine kohärente Terminologie in Bezug auf die Beweisanforderungen gebe.

33     Die vom Gerichtshof im Urteil Kali & Salz, auf das die Kommission hinsichtlich der Beweisregelung Bezug nehme, verwendete Terminologie habe ihn nicht daran gehindert, in dieser Rechtssache sowohl den von der Kommission zur Stützung ihrer Argumente angeführten Sachverhalt als auch die daraus von ihr in der fraglichen Entscheidung gezogenen Schlussfolgerungen eingehend zu prüfen.

34     Das Gericht habe, als es die Begründung der streitigen Entscheidung zurückgewiesen habe, den Beurteilungsspielraum der Kommission beachtet und den Bereich seiner gerichtlichen Kontrolle nicht verlassen, sondern nur festgestellt, dass die Kommission die Existenz einer Hebelwirkung nicht nachgewiesen habe.

35     Die Kommission lege Randnummer 153 des angefochtenen Urteils falsch aus, wenn sie aus ihr ableite, dass asymmetrische Beweisanforderungen und de facto eine Vermutung der Rechtmäßigkeit von Zusammenschlüssen aufgestellt worden seien. Das Gericht habe in dieser Randnummer nur die Ausübungsmodalitäten der Verpflichtung zum Nachweis der Auswirkungen solcher Zusammenschlüsse dargelegt.

36     Was das von der Kommission angeführte Beispiel für die Analyse der zunehmenden Verwendung von PET zur Verpackung empfindlicher Produkte durch das Gericht betreffe, so zeige ein Vergleich zwischen der Rechtsmittelschrift und dem angefochtenen Urteil, dass die Kommission dieses Urteil falsch oder irreführend wiedergegeben und dabei bestimmte Zitate aus ihrem Zusammenhang gerissen habe.

 Würdigung des ersten Rechtsmittelgrundes durch den Gerichtshof

37     Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission, dass das Gericht im angefochtenen Urteil für den Fall des Erlasses einer Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werde, an sie Anforderungen in Bezug auf die Beweisführung und die Beschaffenheit der zur Stützung ihrer Argumentation gelieferten Beweismittel gestellt habe, die mit dem großen Ermessen, über das sie bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art verfüge, nicht zu vereinbaren seien. Sie wirft dem Gericht damit vor, Artikel 230 EG verletzt zu haben, indem es über das ihm nach der Rechtsprechung zustehende Kontrollniveau hinausgegangen sei, und infolgedessen im vorliegenden Fall Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung falsch angewandt zu haben, indem es eine Vermutung der Rechtmäßigkeit bestimmter Zusammenschlüsse aufgestellt habe.

38     Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht in Randnummer 119 des angefochtenen Urteils die im Urteil Kali & Salz aufgestellten Kriterien für die gerichtliche Kontrolle einer Entscheidung der Kommission über Zusammenschlüsse zutreffend wiedergegeben hat. In den Randnummern 223 und 224 des letztgenannten Urteils hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Grundregeln der Verordnung und insbesondere ihr Artikel 2 der Kommission vor allem bei wirtschaftlichen Beurteilungen ein gewisses Ermessen einräumen, so dass die vom Gemeinschaftsrichter vorzunehmende Kontrolle der Ausübung eines solchen – für die Aufstellung der Regeln über Zusammenschlüsse wesentlichen – Ermessens unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen muss, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung von Zusammenschlüssen sind, zugrunde liegt.

39     Auch wenn der Gerichtshof anerkennt, dass der Kommission in Wirtschaftsfragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, bedeutet dies nicht, dass der Gemeinschaftsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen muss. Er muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Eine solche Kontrolle ist umso nötiger, wenn es sich um eine zur Prüfung eines geplanten Zusammenschlusses mit Konglomeratwirkung erforderliche Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung handelt.

40     Daher hat das Gericht in Randnummer 155 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme insbesondere auf das Urteil Kali & Salz zutreffend ausgeführt, dass die Anforderungen an die Untersuchung eines Zusammenschlusses mit Konglomeratwirkung durch die Kommission denen entsprechen, die in der Rechtsprechung in Bezug auf die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung aufgestellt wurden, und dass sie eine eingehende Prüfung der Umstände voraussetzen, die sich als maßgebend für die Beurteilung dieser Auswirkung auf den Wettbewerb auf dem Referenzmarkt erweisen.

41     Mit dem ergänzenden Hinweis in Randnummer 155, dass es zum Nachweis der wettbewerbswidrigen Konglomeratwirkungen eines Zusammenschlusses der angemeldeten Art einer genauen, durch eindeutige Beweise („convincing evidence“) untermauerten Prüfung der Umstände bedarf, aus denen sich diese Wirkungen ergeben sollen, hat es keineswegs eine Voraussetzung in Bezug auf die Beweisanforderungen hinzugefügt, sondern lediglich an die Hauptfunktion des Beweises erinnert, die darin besteht, von der Richtigkeit einer These oder, wie im vorliegenden Fall, einer Entscheidung im Bereich der Zusammenschlüsse zu überzeugen.

42     Eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, wie sie im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen erforderlich ist, muss mit großem Bedacht durchgeführt werden, da es nicht darum geht, vergangene Ereignisse, in Bezug auf die häufig zahlreiche Anhaltspunkte vorliegen, die ein Verständnis ihrer Ursachen ermöglichen, oder auch gegenwärtige Ereignisse zu prüfen, sondern darum, Ereignisse vorherzusehen, die künftig mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit eintreten werden, wenn keine Entscheidung ergeht, mit der der Zusammenschluss zu den geplanten Bedingungen untersagt wird oder diese näher festgelegt werden.

43     Die Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung besteht somit in der Prüfung, inwieweit ein Zusammenschluss die für den Stand des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt maßgebenden Faktoren verändern könnte, um zu ermitteln, ob sich daraus ein erhebliches Hindernis für einen wirksamen Wettbewerb ergeben würde. Eine solche Untersuchung erfordert es, sich die verschiedenen Ursache-Wirkungs-Ketten vor Augen zu führen und von denjenigen mit der größten Wahrscheinlichkeit auszugehen.

44     Die Untersuchung eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps ist eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, bei der die Berücksichtigung eines künftigen Zeitraums einerseits und der für eine erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs erforderlichen Hebelwirkung andererseits bedeuten, dass die Ursache-Wirkungs-Ketten schlecht erkennbar, ungewiss und schwer nachweisbar sind. In diesem Zusammenhang ist die Beschaffenheit der von der Kommission zum Nachweis der Erforderlichkeit einer Entscheidung, mit der der Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird, vorgelegten Beweismittel besonders bedeutsam, da diese Beweise die Beurteilungen der Kommission stützen sollen, wonach ohne den Erlass einer solchen Entscheidung das Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung, von dem sie ausgeht, plausibel wäre.

45     Aus diesen verschiedenen Gesichtspunkten ergibt sich, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es auf die Kriterien der von ihm ausgeübten Kontrolle hingewiesen und erläutert hat, welche Beschaffenheit die Beweismittel haben müssen, die die Kommission vorlegen muss, um die Erfüllung der Voraussetzungen von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung zu belegen.

46     Hinsichtlich der konkreten Kontrolle durch das Gericht im vorliegenden Fall geht aus dem von der Kommission angeführten Beispiel, das die zunehmende Verwendung von PET‑Verpackungen für empfindliche Produkte betrifft, nicht hervor, dass das Gericht die Grenzen der Kontrolle einer Entscheidung der Verwaltung durch den Gemeinschaftsrichter überschritten hätte. Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist Randnummer 211 des angefochtenen Urteils nur eine knappere Umformulierung – in Form einer Feststellung des Gerichts – des in Randnummer 210 des Urteils zusammengefassten Eingeständnisses der Kommission in der mündlichen Verhandlung, dass ihre in der streitigen Entscheidung wiedergegebene Vorausschätzung der zunehmenden Verwendung von PET für die Verpackung von UHT‑Milch übertrieben war. In Randnummer 212 des Urteils hat das Gericht seine Auffassung, dass die von der Kommission vorgelegten Beweismittel nicht stichhaltig seien, damit begründet, dass von den drei von ihr zitierten unabhängigen Studien nur die PCI‑Studie Angaben zur Verwendung von PET für die Verpackung von Milch enthalte. Weiter hat es in Randnummer 212 dargelegt, wie wenig überzeugend die von der Kommission vorgelegten Beweise seien, indem es die Unerheblichkeit des in der PCI‑Studie vorhergesagten Wachstums sowie die fehlende Übereinstimmung zwischen der Vorausschätzung der Kommission hinsichtlich der Verwendung von PET und den unbestrittenen Angaben zur Verwendung von HDPE in den übrigen Studien hervorgehoben hat. In Randnummer 213 des angefochtenen Urteils beschränkt sich das Gericht darauf, auf die Unvollständigkeit der Analyse der Kommission hinzuweisen, die eine Überprüfung der Richtigkeit ihrer Vorausschätzungen im Hinblick auf die Unterschiede zwischen ihnen und den Vorausschätzungen in den übrigen Studien unmöglich mache.

47     Als weitere Beispiele nennt die Kommission die Feststellung des Gerichts in Randnummer 289 des Urteils, dass „Frischmilch … kein Produkt [ist], bei dem die Vorteile von PET bei der Vermarktung besondere Bedeutung haben“, sowie die Schlussfolgerungen, zu denen das Gericht in den Randnummern 288 und 328 des angefochtenen Urteils in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Kosten von PET und von Karton gelangt ist. Hierzu ist festzustellen, dass es sich um die Würdigung von Tatsachen handelt, die nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt. Ohne dass sich der Gerichtshof zur Richtigkeit der dahin gehenden Schlussfolgerung des Gerichts äußert, genügt daher die Feststellung, dass es seine Überzeugung auf verschiedene Gesichtspunkte in der streitigen Entscheidung stützen konnte.

48     Aus diesen Beispielen folgt, dass das Gericht die ihm obliegende und in Randnummer 39 des vorliegenden Urteils beschriebene Kontrolle vorgenommen hat. Es hat die Gründe angegeben und erläutert, aus denen ihm die Schlussfolgerungen der Kommission insofern ungenau erschienen, als sie auf unzureichende, unvollständige, wenig bedeutsame und widersprüchliche Gesichtspunkte gestützt sind.

49     Damit hat sich das Gericht an die Kriterien der Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter gehalten und Artikel 230 EG beachtet.

50     Folglich geht aus den vorstehenden Untersuchungen nicht hervor, dass das Gericht Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung verletzt hat.

51     Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund unbegründet.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

52     Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, die Artikel 2 und 8 der Verordnung dadurch verletzt zu haben, dass es ihr aufgegeben habe, den Einfluss der Rechtswidrigkeit bestimmter Verhaltensweisen auf die Anreize des neuen Unternehmens zur Ausnutzung einer Hebelwirkung zu berücksichtigen und als mögliche Maßregel die Verpflichtung zu prüfen, sich nicht missbräuchlich zu verhalten.

53     Die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils befinden sich in dessen der Prüfung des Klagegrundes des Fehlens voraussichtlicher Konglomeratwirkungen gewidmeten Abschnitt; darin geht das Gericht speziell auf die Wahrscheinlichkeit einer Hebelwirkung ein. Nach dem Vorbringen der Kommission könnte das neue Unternehmen von seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für keimfreien Karton profitieren und hätte einen Anreiz, dies zu tun, um mittels einer Hebelwirkung seine führende Stellung auf den Märkten für PET‑Anlagen, insbesondere bei den für empfindliche Produkte verwendeten SBM-Maschinen mit geringer und mit hoher Kapazität, in eine beherrschende Stellung umzuwandeln.

54     Die Formen der Ausübung einer Hebelwirkung werden in der 364. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung (wiedergegeben in Randnr. 49 des angefochtenen Urteils) wie folgt beschrieben:

„Durch die auf mehrere Arten mögliche Ausnutzung [dieser] Stellung … [hätte] Tetra/Sidel … die Möglichkeit, den Verkauf von Kartonverpackungsausrüstungen und Verbrauchsgütern mit PET-Verpackungsausrüstungen und eventuell Vorformlingen (vor allem barriereverbesserte Vorformlinge) zu koppeln. Das Unternehmen könnte außerdem Druck ausüben oder Anreize schaffen (z. B. durch Preiskriege oder Treuerabatte), um zu erreichen, dass seine Kartonkunden PET-Ausrüstungsgüter und eventuell auch Vorformlinge von Tetra/Sidel und nicht von Tetra/Sidels Wettbewerbern oder von unabhängigen Flaschenherstellern beziehen.“

55     Als Reaktion auf die Einwände der Kommission schlug Tetra vor, verschiedene Zusagen zu machen. Nach Ansicht der Kommission konnten damit jedoch die von ihr festgestellten Wettbewerbsprobleme nicht wirksam beseitigt werden. Zu den verhaltensbezogenen Zusagen enthält die streitige Entscheidung in der 429. bis 432. Begründungserwägung unter dem Titel „Trennung Sidels von Tetra und Verpflichtungszusagen nach Artikel 82“ folgende Begründung:

„429      Die Absichtserklärung, Sidel von Tetra Pak trennen zu wollen, in Verbindung mit der Bestätigung früherer Verpflichtungen nach Artikel 82 erfolgt vor allem angesichts der Bedenken, die sich aus der Fähigkeit des fusionierten Unternehmens ergeben, seine beherrschende Stellung im Bereich Kartonverpackung auf den PET‑Ausrüstungssektor auszudehnen. Diese und die früheren Verpflichtungen nach Maßgabe von Artikel 82 sind jedoch reine verhaltensbezogene Zusagen und als solche nicht zur dauerhaften Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs geeignet, da sie das die Bedenken auslösende Problem der durch das Zusammenschlussvorhaben bewirkten dauerhaften Änderung der Marktstruktur nicht beheben.

430      Die ‚Trennung‘ Sidels von Tetra Pak ändert nichts an der Tatsache, dass Sidels Vorstand, wie in der Verpflichtungszusage selbst ausdrücklich angegeben, ‚dem Vorstand des Tetra Laval-Konzerns direkt rechenschaftspflichtig ist‘. Es steht kaum zu erwarten, dass Sidel durch eine solche Trennung davon abgehalten wird, die Geschäftsstrategie der Tetra Laval Gruppe zu übernehmen. Überdies könnte Sidels rechtlicher Status geändert und Sidel wie Tetra Laval in eine Personengesellschaft umgewandelt werden, wodurch die Kontrolle der Abschottungsmaßnahmen praktisch unmöglich würde.

431      Die Zusage, Verkäufe nicht zu ‚bündeln‘, und die Bestätigung der früheren Verpflichtungszusagen nach Maßgabe von Artikel 82 stellen bloße Versprechen dar, nicht auf eine bestimmte Art und Weise zu handeln, d. h. im Grunde nicht gegen das Gemeinschaftsrecht zu verstoßen. Derartige Versprechen stehen im Widerspruch zu der erklärten Politik der Kommission in Bezug auf Abhilfemaßnahmen und zum eigentlichen Zweck der Fusionskontrollverordnung und lassen sich nur schwer oder gar nicht wirksam überwachen.

432      Abgesehen davon, dass ihre Durchführung und Überwachung problematisch ist, sind diese Verpflichtungszusagen nicht geeignet, die festgestellten Wettbewerbsprobleme wirksam zu beseitigen.“

56     Mit ihrer Argumentation wendet sich die Kommission gegen die Randnummern 156 bis 162 des angefochtenen Urteils, die sich unmittelbar an die ebenfalls von ihr kritisierten und vom Gerichtshof im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes geprüften Randnummern 148 bis 155 anschließen. In den erstgenannten Randnummern hat sich das Gericht wie folgt geäußert:

„156      Im vorliegenden Fall würde die in der [streitigen] Entscheidung beschriebene, von den Märkten für keimfreien Karton ausgehende Hebelwirkung – neben der Möglichkeit der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit, verschiedene Praktiken wie die Verknüpfung des Verkaufs von Anlagen und Verbrauchsprodukten für Kartonverpackungen mit dem Verkauf von PET‑Verpackungsanlagen unter Einschluss von Zwangsverkäufen anzuwenden (345. und 365. Begründungserwägung) – erstens darin bestehen, dass diese Einheit vermutlich Kampfpreise festsetzen würde (‚predatory pricing‘, 364. Begründungserwägung, zitiert in Randnr. 49), zweitens in einem Preiskrieg und drittens in der Gewährung von Treuerabatten. Durch diese Praktiken würde die neue Einheit dafür sorgen, dass ihre Kunden auf den Kartonmärkten ihren eventuellen Bedarf an PET‑Anlagen so weit wie möglich bei Sidel decken. Hierzu wird in der [streitigen] Entscheidung festgestellt, dass die Klägerin über eine beherrschende Stellung auf den Märkten für keimfreien Karton verfügt, d. h. auf den Märkten für Systeme zur Verpackung in keimfreien Karton und für keimfreien Karton (231. Begründungserwägung, siehe oben, Randnr. 40); dies hat die Klägerin nicht bestritten.

157      Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Unternehmen, das über eine beherrschende Stellung verfügt, sein Verhalten gegebenenfalls so einzurichten, dass ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt nicht beeinträchtigt wird, und zwar unabhängig davon, ob die Kommission zu diesem Zweck eine Entscheidung erlassen hat (Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461, Randnr. 57; Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T‑51/89, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1990, II‑309, Randnr. 23, und vom 22. März 2000 in den Rechtssachen T‑125/97 und T‑127/97, Coca-Cola/Kommission, Slg. 2000, II‑1733, Randnr. 80).

158      Zudem hat die Kommission in Beantwortung von Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten, dass die Ausübung einer Hebelwirkung durch die Klägerin mittels der oben geschilderten Verhaltensweisen einen Missbrauch ihrer bereits bestehenden beherrschenden Stellung auf den Märkten für keimfreien Karton darstellen könnte. Dies könnte nach den von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung geäußerten Bedenken auch dann der Fall sein, wenn sich die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit weigern würde, am Einbau und gegebenenfalls am Umbau der SBM-Maschinen von Sidel mitzuwirken, Kundendienst anzubieten und Garantie für die von den Verarbeitern verkauften Maschinen zu leisten. Dass ein Verhalten einen eigenständigen Verstoß gegen Artikel 82 EG darstellen könnte, hindert die Kommission ihres Erachtens jedoch nicht daran, dieses Verhalten im Rahmen einer Beurteilung aller durch einen Zusammenschluss ermöglichten Formen der Ausübung einer Hebelwirkung zu berücksichtigen.

159      Hierzu ist festzustellen, dass die Verordnung zwar ein Verbot von Zusammenschlüssen vorsieht, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken und erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen haben; dies setzt jedoch nicht den Nachweis eines missbräuchlichen und damit rechtswidrigen Verhaltens der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit infolge dieses Zusammenschlusses voraus. Auch wenn somit nicht unterstellt werden kann, dass die Parteien eines Zusammenschlusses des Konglomerattyps das Gemeinschaftsrecht verletzen werden, kann eine solche Möglichkeit von der Kommission bei ihrer Kontrolle von Zusammenschlüssen nicht ausgeschlossen werden. Stützt sich die Kommission bei der Prüfung der Auswirkungen eines solchen Zusammenschlusses auf voraussichtliche Verhaltensweisen, die für sich genommen Missbräuche einer vorhandenen beherrschenden Stellung darstellen können, so hat sie daher zu klären, ob es trotz des Verbots dieser Verhaltensweisen wahrscheinlich ist, dass sich die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit in derartiger Weise verhalten wird, oder ob die Rechtswidrigkeit des Verhaltens und/oder die Gefahr seiner Entdeckung eine solche Strategie im Gegenteil wenig wahrscheinlich machen. Dabei ist es zwar angebracht, den Anreizen für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen Rechnung zu tragen, wie sie sich im vorliegenden Fall für die Klägerin aus den zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteilen auf den Märkten für PET‑Anlagen ergeben (359. Begründungserwägung), doch hat die Kommission auch zu prüfen, in welchem Umfang diese Anreize aufgrund der Rechtswidrigkeit der fraglichen Verhaltensweisen, der Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung, ihrer Verfolgung durch die zuständigen Behörden sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf nationaler Ebene und möglicher finanzieller Sanktionen verringert oder sogar beseitigt würden.

160      Da die Kommission eine solche Prüfung in der [streitigen] Entscheidung nicht vorgenommen hat, kann ihren Schlussfolgerungen, soweit sie auf der Möglichkeit oder gar der Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens der Klägerin auf den Märkten für keimfreien Karton beruhen, nicht gefolgt werden.

161      Überdies ist auch der Umstand, dass die Klägerin im vorliegenden Fall Verpflichtungen in Bezug auf ihr künftiges Verhalten angeboten hat, ein Gesichtspunkt, den die Kommission bei der Beurteilung der Frage, ob sich die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit wahrscheinlich in einer Weise verhalten würde, die zur Begründung einer beherrschenden Stellung auf einem oder mehreren der relevanten Märkte für PET‑Anlagen führen könnte, hätte berücksichtigen müssen. Aus der [streitigen] Entscheidung geht aber nicht hervor, dass die Kommission die Auswirkungen dieser Verpflichtungen berücksichtigt hat, als sie prüfte, ob durch die voraussichtliche Ausübung der Hebelwirkung künftig eine solche Stellung entstehen wird.

162      Nach dem Vorstehenden ist zu prüfen, ob die Kommission ihre Untersuchung der voraussichtlichen Wahrscheinlichkeit einer von den Märkten für keimfreien Karton ausgehenden Hebelwirkung sowie der Konsequenzen einer solchen durch die neue Einheit ausgeübten Wirkung auf hinreichend eindeutige Beweise gestützt hat. Im Rahmen dieser Prüfung sind im vorliegenden Fall nur Verhaltensweisen zu berücksichtigen, die – zumindest wahrscheinlich – nicht rechtswidrig wären. Da die erwartete beherrschende Stellung erst nach einiger Zeit – nach Ansicht der Kommission bis 2005 – eintreten würde, muss die prospektive Analyse der Kommission zudem – ungeachtet ihres Beurteilungsspielraums – besonders plausibel sein.“

57     Im Rahmen einer eingehenden Prüfung der Formen der Ausübung einer Hebelwirkung führte das Gericht aus:

„217      Die in der 364. Begründungserwägung der [streitigen] Entscheidung (zitiert in Randnr. 49) aufgezählten Formen der Ausübung einer Hebelwirkung beruhen auf der beherrschenden Stellung der Klägerin auf den Märkten für keimfreien Karton. Unter Berücksichtigung insbesondere der Verpflichtung der Klägerin, sich von ihrem Geschäftsbereich der Vorformlinge zu trennen, würde die Hebelwirkung über zwei Gruppen von Maßnahmen ausgeübt, und zwar zum einen durch Druck, der zu Bündelungs- oder Koppelungsgeschäften von Anlagen und Verbrauchsgütern für Kartonverpackungen mit PET‑Verpackungsanlagen führt. Dieser Druck könnte auf die Kunden der Klägerin ausgeübt werden, die weiterhin für einen Teil ihrer Produktion Kartonverpackungen benötigen, und vor allem auf die Kunden, die für ihren Bedarf bei Kartonverpackungen langfristige Verträge mit der Klägerin geschlossen haben (365. Begründungserwägung, zitiert in Randnr. 50). Zum anderen könnten Anreizmaßnahmen wie Kampfpreise, ein Preiskrieg und Treuerabatte ergriffen werden.

218      Bei der Anwendung von Druck, etwa durch Zwangsverkäufe, oder Anreizen wie Kampfpreisen oder objektiv nicht gerechtfertigten Treuerabatten durch ein Unternehmen, das wie die Klägerin auf den Märkten für keimfreien Karton eine beherrschende Stellung einnimmt, handelt es sich jedoch normalerweise um einen Missbrauch dieser Stellung. Wie bereits ausgeführt, darf die Kommission die mögliche Anwendung solcher Strategien nicht, wie sie es in der [streitigen] Entscheidung getan hat, zur Rechtfertigung einer Entscheidung unterstellen, mit der ein ihr gemäß der Verordnung gemeldeter Zusammenschluss untersagt wird (siehe oben, Randnrn. 154 bis 162). Folglich kann das Gericht nur solche Formen der Ausübung einer Hebelwirkung berücksichtigen, die zumindest wahrscheinlich keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf den Märkten für keimfreien Karton darstellen.

219      Zu berücksichtigen sind somit im Ergebnis die Strategien in Bezug auf Bündelungs- oder Koppelungsgeschäfte, die als solche keine Zwangsverkäufe sind, auf Treuerabatte, die auf den Kartonmärkten objektiv gerechtfertigt sind, oder auf das Angebot günstiger Preise für Karton- oder PET‑Verpackungsanlagen, die keine Kampfpreise im Sinne der gefestigten Rechtsprechung sind (Urteil des Gerichtshofes vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C‑62/86, AKZO/Kommission, Slg. 1991, I‑3359, insbesondere Randnrn. 102, 115, 156 und 157; Urteil Tetra Pak/Kommission vom 14. November 1996 [Rechtssache C‑333/94 P, Slg. 1996, I‑5951], Randnrn. 41 bis 44, mit dem das Urteil [des Gerichts] Tetra Pak/Kommission vom 6. Oktober 1994 [Rechtssache T‑83/91, Slg. 1994, II‑755,] bestätigt wird, und Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly in den Rechtssachen C‑395/96 P und C‑396/96 P, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 16. März 2000, Slg. 2000, I‑1365, I‑1371, insbesondere Nrn. 123 bis 130). In diesem Kontext ist zu prüfen, ob die Kommission der – grundsätzlich für einen Zeitraum von zehn Jahren eingegangenen – Verpflichtung zur Trennung von Sidel und den zur Klägerin gehörenden Gesellschaften Rechnung getragen hat, wonach es keine ‚gemeinsamen Angebote der Kartonprodukte von Tetra Pak und der SBM-Maschinen von Sidel‘ geben werde.

220      Wie sich aus der [streitigen] Entscheidung ergibt, hat die Klägerin die Kommission ferner ersucht, ihre bestehenden Verpflichtungen gemäß Artikel 3 Nummer 3 der Entscheidung 92/163 … zu beachten, der Folgendes vorsieht:

‚Tetra Pak verpflichtet sich, keinen Verdrängungswettbewerb und keine Diskriminierung über den Preis zu betreiben und den Kunden keine Rabatte oder günstigeren Zahlungsbedingungen ohne objektive Gegenleistung einzuräumen. Im Kartongeschäft sind nur Mengenrabatte zulässig ohne Addition der Bestellmengen für verschiedene Kartontypen.‘

221      Somit hat die Klägerin klar zu erkennen gegeben, dass sie die ihr nach Artikel 82 EG aufgrund ihrer beherrschenden Stellung auf den Märkten für keimfreien Karton auferlegten besonderen Verpflichtungen in vollem Umfang einhalten will. Sie hat auch ihr Einverständnis mit allen einschlägigen Verpflichtungen bekräftigt, die ihr nach der Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 82 EG in der Entscheidung 92/163 auferlegt wurden. Zudem hat sie sich im Rahmen der vorliegenden Rechtssache verpflichtet, kein gemeinsames Angebot für ihre Kartonprodukte und die SBM-Maschinen von Sidel abzugeben.

222      Folglich würden die einzigen Bündelungs- oder Koppelungsgeschäfte, die die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit tatsächlich vornehmen könnte, darin bestehen, dass die Klägerin ihren vorhandenen Kunden auf dem Kartonmarkt Angebote macht, die nicht bindend oder zwingend sein und nur die Kartonverpackungsanlagen und/oder Kartonprodukte einerseits und PET‑Verpackungsanlagen mit Ausnahme von SBM-Maschinen andererseits betreffen könnten. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass ungeachtet der von der Kommission in der [streitigen] Entscheidung (177. und 369. Begründungserwägung), in ihren Schriftsätzen und in ihren mündlichen Ausführungen hervorgehobenen Bedeutung der Fähigkeit der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit, fast die gesamte zur Errichtung einer integrierten PET‑Produktionslinie erforderliche Ausrüstung anzubieten, aus den Verpflichtungen hervorgeht, dass es ihr nicht möglich sein wird, einem Kunden ein gemeinsames Angebot für Kartonverpackungsanlagen und eine integrierte PET‑Produktionslinie zu machen, zumindest soweit Letztere eine SBM-Maschine von Sidel enthalten würde.

223      Im Übrigen kann der in der [streitigen] Entscheidung hinsichtlich der von Sidel in der Vergangenheit praktizierten Ungleichbehandlung bei den Preisen gezogene Schluss, auch wenn er nach den Schriftsätzen der Parteien und den mündlichen Ausführungen der Kommission zu der ihm zugrunde liegenden ökonometrischen Analyse nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist, keinen hinreichend eindeutigen Beweis für die Fortsetzung eines ähnlichen Verhaltens der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit darstellen. Letztere wäre im Unterschied zu Sidel vor dem Zusammenschluss nicht nur an die Verpflichtungen gebunden, sondern auch an die verschiedenen das Verhalten der Klägerin einschränkenden Pflichten.

224      Im Ergebnis wären die Möglichkeiten der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit zur Ausübung einer Hebelwirkung recht begrenzt. Bei der Prüfung der voraussichtlichen Konsequenzen eines etwaigen derartigen Verhaltens ist dem Rechnung zu tragen.“

 Vorbringen der Parteien

58     Die Kommission trägt erstens vor, die Vorgehensweise des Gerichts in Bezug auf die Konglomeratwirkungen und das rechtswidrige Verhalten von Tetra stehe im Widerspruch zu Artikel 2 der Verordnung und zur Kontrolle von Zusammenschlüssen im Allgemeinen.

59     Zunächst laufe diese Vorgehensweise einer vernünftigen Auslegung von Artikel 2 zuwider. Wenn Artikel 82 EG zur Verhinderung von Missbräuchen ausgereicht hätte, wäre es nicht erforderlich gewesen, eine Vorabkontrolle der Zusammenschlüsse vorzusehen. Unzutreffend sei insbesondere Randnummer 218 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden habe, dass „die Kommission die mögliche Anwendung solcher [missbräuchlicher] Strategien nicht … unterstellen“ dürfe; vielmehr sei die Vermutung, dass es ein Unternehmen in beherrschender Stellung als vernünftig ansehen könne, Konkurrenten auszuschließen und/oder Kunden auszunutzen und damit in bestimmten Fällen Artikel 82 EG zu verletzen, in der Verordnung verankert.

60     Die Vorgehensweise des Gerichts sei auch insofern falsch, als sie sich auf ungerechtfertigte und gegen Artikel 2 der Verordnung verstoßende Unterscheidungen zwischen verschiedenen Arten von Zusammenschlüssen stütze. Zu kritisieren sei insoweit Randnummer 154 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht die Ansicht vertrete, dass die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 nicht auf der aus dem Zusammenschluss resultierenden Struktur selbst, sondern auf den zukünftigen Verhaltensweisen des neuen Unternehmens beruhe. Dies stehe im Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichts in Randnummer 94 des Urteils Gencor/Kommission, wonach ein Zusammenschluss unmittelbare Wirkung gehabt hätte, wenn „die Entstehung von Bedingungen, die derartige [missbräuchliche] Verhaltensweisen nicht nur möglich machen, sondern auch wirtschaftlich vernünftig erscheinen ließen, die unmittelbare und sofortige Folge des Zusammenschlusses gewesen wäre, da dieser einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt erheblich behindert und die Struktur der betreffenden Märkte dauerhaft verändert hätte“. Es sei ungerechtfertigt, wenn man – wie das Gericht im angefochtenen Urteil – danach unterscheide, ob die beherrschende Stellung auf dem zweiten Markt sofort oder mittelfristig begründet werde. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass vertikale Zusammenschlüsse oder Zusammenschlüsse mit Konglomeratwirkung nicht unter die Verordnung fielen, da derartige Zusammenschlüsse dem neuen Unternehmen die Möglichkeit gäben, seine beherrschende Stellung auf einem Markt zu nutzen – und zu missbrauchen –, und ihm Anreize dazu böten, seine Konkurrenten auf einem zweiten Markt auszuschließen. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der Zusammenschluss zu einer unmittelbaren Änderung der Struktur und der Bedingungen des Wettbewerbs führe.

61     Schließlich gebe es unüberwindliche rechtliche und praktische Hindernisse für die Analyse der Frage, welche Abschreckungskraft die Rechtswidrigkeit bestimmter missbräuchlicher Geschäftspraktiken habe. Zu analysieren seien nicht die strukturellen Merkmale, sondern die Neigung eines Unternehmens zur Gesetzestreue. Eine solche Analyse verletze den Gleichheitsgrundsatz und die Unschuldsvermutung. Das Kriterium sei auch unbrauchbar, weil die Gefahr schwer quantifiziert werden könne und von der Intensität der Wettbewerbspolitik in jedem Mitgliedstaat abhänge. Bei den vom Gericht aufgestellten Beweisanforderungen sei es unmöglich, vertikale Zusammenschlüsse und Zusammenschlüsse mit Konglomeratwirkung in Anwendung der Verordnung ordnungsgemäß zu kontrollieren.

62     Zweitens habe das Gericht die Artikel 2 und 8 Absatz 2 der Verordnung verletzt, als es die Ansicht vertreten habe, dass sie die verhaltensbezogenen Zusagen von Tetra hätte berücksichtigen müssen. Dem in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils zum Ausdruck gebrachten Standpunkt des Gerichts sei der in den Randnummern 316 und 317 des Urteils Gencor/Kommission vertretene Standpunkt entgegenzuhalten; dort habe das Gericht die Berücksichtigung verhaltensbezogener Zusagen ausgeschlossen, wenn der Zusammenschluss geeignet sei, eine beherrschende Stellung zu begründen oder zu verstärken. Auch wenn nicht strukturorientierte Zusagen in bestimmten Fällen akzeptabel sein könnten, würden Zusagen, die sich auf ein bloßes Versprechen beschränkten, sich in bestimmter Weise zu verhalten – wie die Zusage, eine durch einen geplanten Zusammenschluss begründete oder verstärkte beherrschende Stellung nicht zu missbrauchen –, als solche nicht als geeignet angesehen, die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt herbeizuführen.

63     Das Gericht habe die streitige Entscheidung verfälscht, als es in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass aus der Entscheidung nicht hervorgehe, dass die Kommission bei ihrer Analyse die Auswirkungen der Verpflichtungen von Tetra berücksichtigt habe. Sie habe die Verpflichtungen dieser Gesellschaft analysiert, aber abgelehnt (423. bis 451. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung). Das Gericht sei nicht zu der Behauptung berechtigt, dass die Entscheidung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei, weil sie zu dem Ergebnis komme, dass der Zusammenschluss untersagt werden müsse, ohne zuvor die Argumente der Kommission geprüft zu haben, wonach die Verpflichtungen nicht durchführbar seien und jedenfalls nicht ausreichten, um die durch den angemeldeten Zusammenschluss aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme zu lösen.

64     Dagegen ist Tetra erstens der Ansicht, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen habe, als es der Kommission aufgegeben habe, die Rechtswidrigkeit des missbräuchlichen Verhaltens zu berücksichtigen. Das Gericht habe in Randnummer 159 des angefochtenen Urteils auf das Kriterium des vernünftigen und vorhersehbaren Verhaltens eines Unternehmens abgestellt. Dieses Verhalten müsse unter Berücksichtigung sowohl der Anreize für ein rechtswidriges Verhalten, aber auch der Faktoren analysiert werden, die solche Anreize verringern oder sogar beseitigen könnten.

65     Die Vergleiche mit der Rechtssache Gencor/Kommission gingen fehl. In dieser Rechtssache sei die kollektive beherrschende Stellung unmittelbar durch die horizontale Fusion begründet worden, während in der vorliegenden Rechtssache die beherrschende Stellung erst nach gewisser Zeit erlangt werden könne und ein vorheriges missbräuchliches Verhalten voraussetze.

66     Die Auslegung der Verordnung durch die Kommission beruhe auf der falschen Annahme, dass sie Missbräuche verhindern solle. Nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung habe sie zum Ziel, dass die Begründung jeder beherrschenden Stellung untersagt werde, die als solche und ohne Missbrauch ein erhebliches Wettbewerbshindernis schaffe.

67     Es sei nicht ersichtlich, weshalb es unüberwindliche rechtliche und praktische Hindernisse für die Beurteilung der Auswirkungen der Rechtswidrigkeit bestimmter Verhaltensweisen geben sollte oder inwiefern eine solche Beurteilung andere Schwierigkeiten aufweise als die Analyse der Anreize für ein missbräuchliches Verhalten. Die Kommission halte sich ohne weiteres für fähig, die Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung einer Verletzung der Artikel 81 EG und 82 EG zu quantifizieren, und berücksichtige sie bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen.

68     Was zweitens die Berücksichtigung der Zusagen von Tetra angehe, so ergebe sich aus Randnummer 161 des angefochtenen Urteils allenfalls, dass die Kommission die vorgeschlagenen Verpflichtungen unter Würdigung des voraussichtlichen künftigen Verhaltens des neuen Unternehmens hätte berücksichtigen müssen. Das Gericht selbst habe keine Bewertung der vorgeschlagenen Verpflichtungen vorgenommen, und es habe der Kommission entgegen deren Behauptung an keiner Stelle des Urteils vorgeschrieben, „verhaltensbezogene Zusagen zu berücksichtigen, die in bloßen Versprechen bestanden, sich nicht missbräuchlich zu verhalten“.

69     Die Auslegung des Urteils Gencor/Kommission durch die Kommission sei unzutreffend. Entgegen dieser Auslegung habe das Gericht dort in Randnummer 319 entschieden, dass die Einstufung der Zusagen unerheblich sei und dass auch verhaltensbezogene Zusagen geeignet sein könnten, die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern.

70     Schließlich habe die Kommission entgegen ihrem Vorbringen die Auswirkungen der von Tetra vorgeschlagenen Zusagen nicht konkret beurteilt, sondern sich darauf beschränkt, grundsätzliche Einwände gegen die Gleichstellung verhaltensbezogener Verpflichtungen mit wirksamen Gegenmaßnahmen gegen die Begründung einer beherrschenden Stellung im Sinne der Verordnung zu erheben.

 Würdigung des zweiten Rechtsmittelgrundes durch den Gerichtshof

71     Zunächst ist hervorzuheben, dass die Randnummern 148 bis 162 des angefochtenen Urteils, gegen die sich die Kommission sowohl mit dem ersten als auch mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wendet, eine Einheit bilden, in der das Gericht einige spezielle Aspekte, insbesondere zeitlicher Art, der Konglomeratwirkungen beschreibt und daraus bestimmte allgemeine Regeln in Bezug auf den Nachweis aufstellt, den die Kommission zu führen hat, wenn sie einen geplanten Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt hält.

72     In diesem Zusammenhang des Hinweises auf das Erfordernis „eindeutiger Beweise“ („convincing evidence“) hat das Gericht die Verpflichtung zum Ausdruck gebracht, alle relevanten Daten zu prüfen.

73     Eine solche Prüfung ist im Licht der Zielsetzung der Verordnung vorzunehmen, die darin besteht, die Begründung oder Verstärkung beherrschender Stellungen zu verhindern, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert werden kann.

74     Da die in der 364. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung genannten Verhaltensweisen darin als wesentlicher Schritt zur Ausübung einer Hebelwirkung angesehen werden, hat das Gericht zu Recht die Ansicht vertreten, dass die Wahrscheinlichkeit dieser Verhaltensweisen umfassend geprüft werden müsse, d. h., wie in Randnummer 159 des angefochtenen Urteils ausgeführt, unter Berücksichtigung sowohl der Anreize für solche Verhaltensweisen als auch der Faktoren – einschließlich der etwaigen Rechtswidrigkeit der Verhaltensweisen –, die diese Anreize verringern oder sogar beseitigen könnten.

75     Es würde jedoch dem mit der Verordnung verfolgten Präventionszweck zuwiderlaufen, wenn von der Kommission – wie in Randnummer 159 letzter Satz des angefochtenen Urteils geschehen – verlangt würde, bei jedem geplanten Zusammenschluss zu prüfen, in welchem Umfang die Anreize für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen aufgrund der Rechtswidrigkeit der fraglichen Verhaltensweisen, der Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung, ihrer Verfolgung durch die zuständigen Behörden sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf nationaler Ebene und möglicher finanzieller Sanktionen verringert oder sogar beseitigt würden.

76     Eine Analyse wie die vom Gericht verlangte würde nämlich eine umfassende und eingehende Prüfung der Regelungen der verschiedenen möglicherweise anwendbaren Rechtsordnungen und der dort praktizierten Verfolgungspolitik erfordern. Eine solche Analyse wäre im Übrigen nur dann von Nutzen, wenn ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für die Tatsachen bestünde, die als Vorwurf in Betracht gezogen werden, weil sie Teil eines wettbewerbswidrigen Verhaltens sind.

77     Folglich wäre im Stadium der Beurteilung des geplanten Zusammenschlusses eine Analyse, die darauf abzielt, die wahrscheinliche Existenz einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 82 EG zu belegen und sich zu vergewissern, dass sie in mehreren Rechtsordnungen mit einer Sanktion belegt wird, zu spekulativ und würde es der Kommission nicht erlauben, ihre Beurteilung auf alle relevanten Tatsachen zu stützen, um zu prüfen, ob sie die Schilderung eines Szenarios der wirtschaftlichen Entwicklung wie das einer Hebelwirkung erhärten.

78     Somit hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf rechtswidrige Verhaltensweisen des neuen Unternehmens, die eine Hebelwirkung entfalten könnten, allein mit der Begründung zurückwies, dass die Kommission die Wahrscheinlichkeit solcher Verhaltensweisen nicht unter Berücksichtigung ihrer Rechtswidrigkeit und sodann der Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung, ihrer Verfolgung durch die zuständigen Behörden sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf nationaler Ebene und möglicher finanzieller Sanktionen geprüft habe. Da sich das angefochtene Urteil auch auf die Nichtberücksichtigung der von Tetra angebotenen Zusagen stützt, ist die Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes jedoch fortzusetzen.

79     Zu dem Argument, dass das Gericht seine Vorgehensweise gegenüber dem Urteil Gencor/Kommission geändert habe, ist festzustellen, dass das Gericht entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht von seinem in Randnummer 94 des genannten Urteils erläuterten Standpunkt abgewichen ist, wonach ein wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, da die Struktur der betreffenden Märkte dauerhaft verändert würde, wenn als unmittelbare und sofortige Folge eines Zusammenschlusses Bedingungen entstünden, die missbräuchliche Verhaltensweisen möglich machten und wirtschaftlich vernünftig erscheinen ließen.

80     Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache, die zum Urteil Gencor/Kommission führte, eine völlig andere Sachlage als die bestand, die Gegenstand der streitigen Entscheidung ist. Wie aus Randnummer 91 dieses Urteils hervorgeht, hätte der Zusammenschluss im Ergebnis zur Entstehung eines beherrschenden Duopols auf den Platin- und Rhodiummärkten geführt, wodurch der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt erheblich behindert worden wäre.

81     In dieser Rechtssache hätte der Zusammenschluss somit die Struktur der betreffenden Märkte dauerhaft verändert und dadurch missbräuchliche Verhaltensweisen möglich gemacht und wirtschaftlich vernünftig erscheinen lassen.

82     Im vorliegenden Fall hätte der angemeldete Zusammenschluss zwar die Struktur des Kartonmarkts insofern leicht verändern können, als das neue Unternehmen die seit langem bestehende beherrschende Stellung von Tetra auf diesem Markt – die im Übrigen Gegenstand einer Entscheidung der Kommission nach Artikel 82 EG war – hätte verstärken können. Mit dem Verbot des Zusammenschlusses wollte die Kommission jedoch nicht den wirksamen Wettbewerb auf dem Kartonmarkt schützen, sondern den Wettbewerb auf dem Markt für PET‑Ausrüstungen und insbesondere für SBM-Maschinen geringer und hoher Kapazität für empfindliche Produkte.

83     Auf die Struktur des letztgenannten Marktes hätte sich der angemeldete Zusammenschluss nicht sofort und unmittelbar ausgewirkt, sondern dies hätte erst infolge der Hebelwirkung und insbesondere von missbräuchlichen Verhaltensweisen des neuen Unternehmens auf dem Kartonmarkt geschehen können.

84     Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der in der Rechtssache, die zum Urteil Gencor/Kommission führte, geprüfte Sachverhalt mit dem Sachverhalt, über den das Gericht im angefochtenen Urteil entschieden hat, nicht hinreichend vergleichbar ist, um dem Gericht nützliche Hinweise zu geben. Die Struktur des Marktes, auf dem die Kommission mit der streitigen Entscheidung einen wirksamen Wettbewerb erhalten wollte, wurde in der Rechtssache, die zum Urteil Gencor/Kommission führte, durch den Zusammenschluss unmittelbar verändert, während sie im vorliegenden Fall nur durch die Ausübung der Hebelwirkung verändert werden konnte.

85     Zur Berücksichtigung der verhaltensbezogenen Zusagen von Tetra hat das Gericht in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt, dass der Umstand, dass sie im vorliegenden Fall Zusagen in Bezug auf ihr künftiges Verhalten gemacht hat, ein Gesichtspunkt ist, den die Kommission bei der Beurteilung der Frage, ob sich das neue Unternehmen wahrscheinlich in einer Weise verhalten würde, die zur Begründung einer beherrschenden Stellung auf einem oder mehreren der relevanten Märkte für PET‑Anlagen führen könnte, hätte berücksichtigen müssen.

86     Insoweit ist auf die Erwägungen des Gerichts in den Randnummern 318 und 319 des Urteils Gencor/Kommission zu verweisen. Entgegen dem Vorbringen der Kommission geht aus diesem Urteil nicht hervor, dass das Gericht die Berücksichtigung verhaltensbezogener Verpflichtungen ausgeschlossen hätte. Es hat vielmehr in Randnummer 318 den Grundsatz aufgestellt, dass die von den betroffenen Unternehmen angebotenen Verpflichtungen der Kommission die Feststellung gestatten müssten, dass der fragliche Zusammenschluss eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung weder begründen noch verstärken würde. Sodann hat das Gericht in Randnummer 319 aus diesem Grundsatz geschlossen, dass es nicht darauf ankomme, ob die angebotene Verpflichtung als verhaltensbezogene oder als strukturorientierte Verpflichtung qualifiziert werden könne, und dass sich nicht a priori ausschließen lasse, dass auf den ersten Blick verhaltensbezogene Verpflichtungen wie die Nichtverwendung einer Marke für bestimmte Zeit oder die Zurverfügungstellung eines Teils der Produktionskapazität des aufgrund des Zusammenschlusses entstehenden Unternehmens an Konkurrenten oder allgemeiner der Zugang zu einer wesentlichen Infrastruktur unter nicht diskriminierenden Bedingungen ebenfalls geeignet sein könnten, die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern.

87     In Bezug auf die Prüfung der Berücksichtigung verhaltensbezogener Verpflichtungen durch die Kommission hat sich das Gericht in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils mit der Feststellung begnügt, dass aus der streitigen Entscheidung nicht hervorgehe, dass die Kommission die Auswirkungen dieser Verpflichtungen berücksichtigt habe, als sie geprüft habe, ob durch die voraussichtliche Ausübung der Hebelwirkung künftig eine solche Stellung entstehen werde.

88     Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Gericht die streitige Entscheidung verfälscht oder das angefochtene Urteil in diesem Punkt unzureichend begründet hätte. Wie der 429. bis 432. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung, den einzigen Erwägungen zu den verhaltensbezogenen Zusagen von Tetra, zu entnehmen ist, hat die Kommission es grundsätzlich abgelehnt, solche Zusagen zu akzeptieren, wobei sie in der 429. Begründungserwägung ausgeführt hat, dass die Zusagen „als solche nicht zur dauerhaften Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs geeignet [sind], da sie das die Bedenken auslösende Problem der durch das Zusammenschlussvorhaben bewirkten dauerhaften Änderung der Marktstruktur nicht beheben“, und in der 431. Begründungserwägung hinzugefügt hat, dass „[d]erartige Versprechen … im Widerspruch zu der erklärten Politik der Kommission in Bezug auf Abhilfemaßnahmen und zum eigentlichen Zweck der Fusionskontrollverordnung [stehen] und … sich nur schwer oder gar nicht wirksam überwachen [lassen]“.

89     Aus der gesamten Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes ergibt sich, dass das Gericht zwar einen Rechtsfehler begangen hat, als es die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf Verhaltensweisen des neuen Unternehmens, die eine Hebelwirkung entfalten könnten, zurückwies, dass es aber in Randnummer 161 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat, dass die Kommission die von Tetra in Bezug auf das künftige Verhalten des neuen Unternehmens eingegangenen Verpflichtungen hätte berücksichtigen müssen. Auch wenn dieser Rechtsmittelgrund somit teilweise begründet ist, kann er nicht dazu führen, die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung im angefochtenen Urteil in Frage zu stellen, da diese Nichtigerklärung u. a. auf der Weigerung der Kommission beruht, die genannten Verpflichtungen zu berücksichtigen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

90     Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht durch die Heranziehung eines falschen Kriteriums für die gerichtliche Kontrolle einen Rechtsfehler begangen habe und dass es Artikel 2 der Verordnung verletzt habe, indem es in Randnummer 269 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die streitige Entscheidung „keine hinreichenden Anhaltspunkte [enthält], um die SBM-Maschinen nach ihrer Endverwendung in verschiedene Teilmärkte zu untergliedern“, und dass „[d]ie einzigen Teilmärkte, zwischen denen zu trennen ist, … folglich die Märkte für Maschinen mit geringer und mit hoher Kapazität [sind]“.

 Vorbringen der Parteien

91     Die Kommission weist darauf hin, dass die Definition der Märkte für SBM-Maschinen ein Grundelement der streitigen Entscheidung darstelle. Der Anteil des fraglichen Marktes, der auf eine gemeinsame Kundschaft für PET und Karton entfalle, in Bezug auf die Tetra ihre beherrschende Stellung auf den Kartonmärkten mittels einer Hebelwirkung ausnutzen könne, habe entscheidenden Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Ausschaltung der Konkurrenten und einer Beherrschung dieses Marktes durch das neue Unternehmen.

92     In der 176. bis 183. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung, ergänzt durch die 347. bis 358. und die 381. bis 383. Begründungserwägung, habe sie gesonderte Märkte für die SBM-Maschinen definiert; dabei habe sie – gestützt sowohl auf angebots- als auch auf nachfragebezogene Faktoren – darauf abgestellt, ob die Maschinen zur Verpackung empfindlicher oder nicht empfindlicher Produkte verwendet würden. Dazu heiße es in der 178. Begründungserwägung:

„In jedem Fall kann eine bestimmte Gruppe von Abnehmern für das jeweilige Produkt einen engeren, eigenen Produktmarkt bilden, wenn diese Gruppe der Preisdiskriminierung unterworfen werden könnte. Dies ist für gewöhnlich dann der Fall, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: a) die Gruppe, zu der ein bestimmter Kunde zu dem Zeitpunkt gehört, zu dem er die relevanten Produkte kauft, kann eindeutig ausgemacht werden, und b) ein Handel unter den Abnehmern oder Arbitrage durch Dritte sind nicht möglich.“

93     In Randnummer 259 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Argumentation der Kommission in der streitigen Entscheidung wie folgt zusammengefasst, ohne dass die Kommission gegen diese Zusammenfassung Einwände erhoben hätte:

„Die Kommission stellt in der [streitigen] Entscheidung zunächst fest, es sei ‚selbst bei einem angeblich ´unspezifischen´ Gerät wie einer SBM-Maschine gerechtfertigt, den Anlagenmarkt anhand der Endverbrauchssegmente zu analysieren‘; dies gelte ‚umso mehr, wenn vollständige Verpackungssysteme miteinander verglichen werden, um zu klären, ob sie zum gleichen Produktmarkt gehören können‘ (43. Begründungserwägung). Weiter führt sie aus, jedes zu verpackende Flüssigprodukt habe ‚spezielle Eigenschaften, die für die Verwendbarkeit einer bestimmten Verpackungsform maßgebend sind‘, bevor sie sich für die Einteilung nach Endverwendung als Instrument zur Analyse der Märkte für die Verpackung von Flüssignahrungsmitteln entscheidet (44. Begründungserwägung, zitiert in Randnr. 30). Sie unterscheidet deshalb zwischen den zu den ‚gemeinsamen Produktsegmenten‘ gehörenden empfindlichen Produkten und den übrigen Produkten, wobei sie sich darauf stützt, dass Erstere zumindest in technischer Hinsicht sowohl in Karton als auch in PET verpackt werden könnten, während die nicht empfindlichen Produkte wie Mineralwasser und kohlensäurehaltige Getränke nicht in Karton verpackt werden könnten (58. Begründungserwägung). Die Kommission räumt zwar ein, dass ‚die meisten SBM-Maschinen ´unspezifisch´ sind‘ (177. Begründungserwägung), macht aber in der gleichen Begründungserwägung geltend, dass ‚eine PET‑Verpackungslinie, von der die SBM-Maschine nur ein Bestandteil ist, im Allgemeinen auf die konkreten vom Kunden abgefüllten Produkte zugeschnitten [ist]‘; dies soll insbesondere für empfindliche Produkte gelten, wie bei der Beurteilung der Konsequenzen der Hebelwirkung wiederholt wird (369. Begründungserwägung). Sie nennt als Beispiel die ‚auf kohlensäurehaltige Getränke zugeschnittene‘ ‚SRS G Combi‘ von Sidel, die ‚kein Substitut für einen Getränkehersteller sein [kann], der Säfte abfüllen möchte‘ (177. Begründungserwägung), da dafür eine keimfreie ‚Combi SRA‘-Maschine erforderlich sei. Unter Bezugnahme auf ihre Bekanntmachung vom 9. Dezember 1997 über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372, S. 5, Randnr. 43) stellt sie sodann fest, dass die beiden normalerweise erforderlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer gesonderten Gruppe von Kunden und damit eines engeren Produktmarkts im vorliegenden Fall erfüllt seien: Zum Zeitpunkt des Kaufes einer SBM-Maschine durch einen Kunden sei genau feststellbar, welcher Gruppe der jeweilige Kunde angehöre, und Handel zwischen Kunden oder Arbitrage durch Dritte in Bezug auf diese Maschinen sei nicht möglich (178. Begründungserwägung).“

94     In den Randnummern 260 bis 269 des angefochtenen Urteils hat das Gericht Folgendes ausgeführt:

„260      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der in der [streitigen] Entscheidung auf die empfindlichen Produkte der ‚gemeinsamen Produktsegmente‘ gelegte Schwerpunkt auf einem objektiven Kriterium beruht, und zwar auf der Zugehörigkeit dieser Produkte zur Gruppe der in Karton verpackten Produkte und dem Umstand, dass es zumindest technisch möglich ist, sie in PET zu verpacken, und dass diese Möglichkeit angesichts des zu erwartenden Wachstums (siehe oben, Randnrn. 201 bis 216) zumindest bei Fruchtaromagetränken und bei Tee-/Kaffeegetränken bis 2005 wahrscheinlich zur relativ weit verbreiteten wirtschaftlichen Realität werden wird.

261      Die [streitige] Entscheidung enthält jedoch keine hinreichend eindeutigen Beweise für die angeblichen besonderen Eigenschaften der zur Verpackung empfindlicher Produkte verwendeten SBM-Maschinen. Zwar kann eine speziell zum Abfüllen kohlensäurehaltiger Getränke konzipierte kombinierte Maschine nicht für Säfte verwendet werden. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass die SBM-Maschinen geringer und hoher Kapazität, auch wenn sie vor ihrem Verkauf auf die Wünsche ihrer Käufer zugeschnitten werden, nicht – wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht – unspezifische, d. h. zur Verpackung mehrerer Arten von Produkten geeignete Maschinen bleiben.

262      Die von der Kommission insoweit behauptete Abhängigkeit der Verpackungsformen von den jeweiligen Produkten belegt nicht, dass die SBM-Maschinen, von denen die Formen nur ein Bestandteil sind, sich wesentlich voneinander unterscheiden, auch wenn die Klägerin nicht bestreitet, dass die Zahl der Formen für die Kapazität der Maschine maßgebend ist. Aus der Anmeldung geht hervor, dass eine Form im Durchschnitt nur etwa drei Jahre benutzt werden kann, während die Lebensdauer einer SBM-Maschine fünfzehn Jahre beträgt (Punkt 304). Auch wenn Sidel ihre eigenen Formen herstellt, werden in der [streitigen] Entscheidung die Angaben zum Formenmarkt in der Anmeldung nicht in Abrede gestellt, wonach Sidel auf diesem Markt nicht (als Lieferant von Formen an Dritte) tätig sei und zwischen den dort tätigen Unternehmen ein sehr starker Wettbewerb herrsche, insbesondere durch SIG, die sich auf ihren Internetseiten als Marktführer bezeichne (Nr. 309).

263      Zudem wird in der [streitigen] Entscheidung auch die Behauptung in der Anmeldung nicht in Frage gestellt, wonach ein Kunde in einem großen Betrieb mehrere SBM-Maschinen einsetzen könne, um durch ihre Kombination seine verschiedenen Produktionserfordernisse zu erfüllen. Die [streitige] Entscheidung enthält keine Prüfung der Frage, ob die von einigen Kunden geforderte Flexibilität bei den Formen für SBM-Maschinen mit den Erfordernissen bei solchen Nutzungen zusammenhängt.

264      In ihrer Klagebeantwortung verweist die Kommission auf eine Reihe von Änderungen, die an einer SBM-Maschine vorgenommen werden könnten, um ihre Leistung oder ihren Nutzen in einer integrierten PET‑Produktionslinie zu erhöhen; dazu gehören der Einbau eines speziellen Luftfiltersystems oder eine Behandlung mit ultraviolettem Licht, um die Gefahr einer Verunreinigung vor ihrer Befüllung mit Vorformlingen zu verringern. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission hinzugefügt, diese Änderungen zeigten, dass eine in einer PET‑Abfüllkette verwendete SBM-Maschine ganz spezielle Eigenschaften habe, auf die in der [streitigen] Entscheidung Bezug genommen werde (177. Begründungserwägung). Die Klägerin wendet sich gegen die Vorgehensweise der Kommission, den SBM-Maschinen die besonderen Merkmale anderer Bestandteile einer PET‑Produktionslinie zuzuschreiben, führt aber gleichwohl aus, dass diese Änderungen nur 5 % der Kosten einer SBM-Maschine ausmachten.

265      Zunächst ist festzustellen, dass die [streitige] Entscheidung keinen Hinweis auf diese Informationen enthält. Dort wird zwar zutreffend die Bedeutung der besonderen Anforderungen der Kunden hervorgehoben, die insbesondere eine keimfreie PET‑Abfüllkette benötigen – im Wesentlichen eine Garantie der Keimfreiheit –, doch kann dies die Annahme eines gesonderten Teilmarkts für die in einer Abfüllkette der fraglichen empfindlichen Produkte verwendeten SBM-Maschinen nicht rechtfertigen. Die bloße Tatsache, dass jede SBM-Maschine in einer PET‑Produktionslinie installiert sein muss, um für ihren Käufer von Nutzen zu sein, rechtfertigt es nicht, die besonderen Merkmale anderer Bestandteile dieser PET‑Produktionslinie und insbesondere die Merkmale der keimfreien PET‑Abfüllung den SBM-Maschinen selbst zuzurechnen.

266      Der unspezifische Charakter der SBM-Maschinen ist umso mehr anzuerkennen, als die Kommission in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war, die Behauptung der Klägerin zu widerlegen, dass die Kosten etwaiger Änderungen, um die Eignung einer SBM-Maschine für die Nutzung mit Maschinen für die keimfreie und nicht keimfreie PET‑Abfüllung und gegebenenfalls mit Maschinen für die keimfreie Abfüllung, die zwischen PET und HDPE wechseln können, zu erhöhen, verglichen mit den Kosten einer ‚Standard-SBM-Maschine‘ relativ gering sind, insbesondere wenn es sich um eine SBM-Maschine mit hoher Kapazität handelt.

267      Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die kombinierten Maschinen, deren Nutzung für die keimfreie Abfüllung sehr beschränkt bleibt (siehe oben, Randnrn. 248 und 249), keinen gesonderten Markt darstellen, wie sich auch aus der [streitigen] Entscheidung ergibt.

268      Was die Möglichkeiten anbelangt, zum Zeitpunkt des Kaufes einer SBM-Maschine durch einen Kunden genau festzustellen, welcher Gruppe der jeweilige Kunde angehört, und die Möglichkeiten eines solchen Kunden, zurzeit im [Europäischen Wirtschaftsraum] durch Arbitrage zwischen den verfügbaren Anbietern einen besseren Preis zu erzielen, so steht außer Frage, dass diese Möglichkeiten, ihr Vorliegen unterstellt, bei SBM-Maschinen für nicht empfindliche Produkte ebenso bestehen würden wie bei den Maschinen für die Verpackung empfindlicher Produkte. Die Möglichkeit der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit, festzustellen, welcher Gruppe ein Kunde angehört, beruht darauf, dass viele Kunden auf den Kartonmärkten, die zu PET wechseln, bislang zu den Kunden der Klägerin gehörten. Dieser mögliche Vorteil, der sich aus der voraussichtlichen ‚Vorreiterschaft‘ der neuen Einheit ergibt, schließt jedoch nicht aus, dass sich diese Kunden an andere Lieferanten von SBM-Maschinen wenden könnten, wenn sie mit den von der neuen Einheit gebotenen Konditionen nicht mehr zufrieden sind.

269      Auf der Grundlage der in der [streitigen] Entscheidung gelieferten Nachweise hat die Kommission somit einen Fehler begangen, als sie zum einen feststellte, dass ‚die meisten SBM-Maschinen ´unspezifisch´ sind‘ (177. Begründungserwägung), und zum anderen eine Unterscheidung nach deren Endverwendung traf. Die [streitige] Entscheidung enthält keine hinreichenden Anhaltspunkte, um die SBM-Maschinen nach ihrer Endverwendung in verschiedene Teilmärkte zu untergliedern. Die einzigen Teilmärkte, zwischen denen zu trennen ist, sind folglich die Märkte für Maschinen mit geringer und mit hoher Kapazität.“

95     Die Kommission ist der Ansicht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Randnummer 265 des angefochtenen Urteils verlangt habe, dass sie in der streitigen Entscheidung alle im Rahmen ihrer Untersuchung gesammelten technischen Informationen aufführe. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den Anforderungen von Artikel 253 EG genüge, sei nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand ihres Kontextes und insbesondere des Umfangs der vorherigen Kenntnis des relevanten Sachverhalts und der zum Erlass der Entscheidung zur Verfügung stehenden Zeit zu beurteilen.

96     Das Gericht habe zudem die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle verletzt, die streitige Entscheidung verfälscht und die Beurteilung der Kommission – ohne die Zurückweisung ihrer Analyse auch nur zu begründen – durch seine eigene ersetzt, indem es in Randnummer 265 die Ansicht vertreten habe, dass das Erfordernis einer Garantie der Keimfreiheit die Annahme eines gesonderten Teilmarkts für die in einer Abfüllkette der fraglichen empfindlichen Produkte verwendeten SBM-Maschinen nicht rechtfertigen könne. Desgleichen habe es in Randnummer 266 des angefochtenen Urteils die Beurteilung des Umfangs der Änderungen, die an den SBM-Maschinen vorzunehmen seien, um sie zur keimfreien Verpackung verwenden zu können, durch die Kommission zurückgewiesen und sich dabei allein auf die Kosten der erforderlichen Anpassung gestützt, ohne die übrigen von ihr berücksichtigten Gesichtspunkte zu prüfen, insbesondere die Frage, ob die Lieferanten dieser Maschinen an herkömmliche Kunden aus den Bereichen Wasser und alkoholfreie kohlensäurehaltige Getränke über die nötigen Fachkenntnisse verfügten, um solche Änderungen vorzunehmen und die erforderlichen Garantien zu bieten.

97     Die Kommission wendet sich außerdem gegen die Zurückweisung ihrer Argumentation, dass die Ungleichbehandlung bei den Preisen einen Beweis für die Existenz gesonderter Teilmärkte darstellen könne. In Randnummer 223 des angefochtenen Urteils habe das Gericht die Ansicht vertreten, dass eine solche, angeblich von Sidel in der Vergangenheit praktizierte Ungleichbehandlung keinen hinreichend eindeutigen Beweis für die Fortsetzung eines ähnlichen Verhaltens der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit darstellen könne, da Letztere im Unterschied zu Sidel vor dem Zusammenschluss nicht nur an die Verpflichtungen gebunden wäre, sondern auch an die verschiedenen das Verhalten von Tetra einschränkenden Pflichten. Das Gericht habe insoweit aus drei Gründen einen Rechtsfehler begangen. Erstens sei die Ungleichbehandlung bei den Preisen selbst der Beweis dafür, dass es bei Angebot und Nachfrage unterschiedliche Bedingungen für den Verkauf eines Produktes an verschiedene Kunden gebe, und damit der Beweis für die Existenz gesonderter Märkte. Zweitens habe das Gericht ihr auferlegt, ein rechtswidriges Verhalten nicht zu berücksichtigen, auch wenn es wirtschaftlich vernünftig sei. Drittens habe das Gericht, wie aus den Randnummern 161 und 162 des angefochtenen Urteils hervorgehe, die beherrschende Stellung von Tetra auf dem Kartonmarkt nicht berücksichtigt, sondern sei von der Feststellung ausgegangen, dass das neue Unternehmen nicht über eine beherrschende Stellung auf dem PET‑Markt verfüge, so dass eine Ungleichbehandlung bei den Preisen auf diesem Markt keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 82 EG darstellen könne.

98     Schließlich gehe die Feststellung des Gerichts fehl, dass die Kunden die Möglichkeit hätten, sich an andere Lieferanten als Tetra zu wenden. Es habe das Vorbringen der Kommission zur fehlenden Arbitragemöglichkeit für die Maschinen des gleichen Lieferanten (Kauf gebrauchter Maschinen und Transfer einer Maschine innerhalb eines Unternehmens von einer Abteilung für nicht empfindliche Produkte zu einer Abteilung für empfindliche Produkte) außer Acht gelassen.

99     Tetra macht allgemein geltend, dass dieser Rechtsmittelgrund für unzulässig zu erklären sei, da er die Würdigung von Tatsachen betreffe.

100   In der 177. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung habe die Kommission selbst anerkannt, dass die SBM-Maschinen „produktneutral“ seien, während eine PET‑Verpackungsanlage auf die spezifischen vom Kunden abgefüllten Produkte zugeschnitten sei. Die Kommission berufe sich vergeblich auf Gesichtspunkte, die in der Entscheidung nicht enthalten seien, denn nach der Rechtsprechung müsse eine Entscheidung alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte enthalten, auf die sich die Kommission stütze, um eine wirksame gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidung zu ermöglichen. Die streitige Entscheidung enthalte aber keine Bezugnahme auf das Erfordernis, die SBM-Maschine als Bestandteil einer speziellen Abfüllkette anzusehen. Das Gericht sei jedenfalls auf die von der Kommission im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgebrachten Argumente eingegangen. So werde in Randnummer 266 des angefochtenen Urteils auf ein neues, von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung angeführtes Argument geantwortet.

101   Die Kommission reiße Randnummer 223 des angefochtenen Urteils aus ihrem Kontext. In dieser Randnummer habe das Gericht nicht auf die Möglichkeit Bezug genommen, sich auf die Ungleichbehandlung als Beweis für die Existenz gesonderter Märkte zu berufen, sondern lediglich geprüft, ob das Verhalten von Sidel in der Vergangenheit einen hinreichend eindeutigen Beweis für die Fortsetzung eines ähnlichen Verhaltens der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit darstelle. Erst in den Randnummern 258 bis 269 des Urteils habe das Gericht die Definition des Marktes geprüft.

 Würdigung des dritten Rechtsmittelgrundes durch den Gerichtshof

102   Zunächst greift das Argument der Kommission nicht durch, dass das Gericht in Randnummer 265 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die streitige Entscheidung keinen Hinweis auf eine Reihe technischer Erläuterungen in Bezug auf die angeblichen ganz speziellen Eigenschaften der in einer PET‑Abfüllkette verwendeten SBM-Maschinen enthalte und dass die Kommission diese Erläuterungen erst in ihrer Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung gegeben habe. Wie sich nämlich aus den Randnummern 266 und 267 dieses Urteils ergibt, hat das Gericht seine Würdigung nicht allein darauf gestützt, dass die Entscheidung keine eindeutigen Beweise für die angeblichen speziellen Eigenschaften der genannten Maschinen enthalte, sondern es hat die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente berücksichtigt und ist auf sie eingegangen.

103   Als irrelevant zurückzuweisen ist auch das Argument, das Gericht habe eine Ungleichbehandlung bei den Preisen nicht als Beweis für die Existenz gesonderter Teilmärkte anerkannt. Wie sich aus den Randnummern 259, letzter Satz, und 268 des angefochtenen Urteils ergibt, hat sich das Gericht im Rahmen der Bestimmung gesonderter Märkte nicht zum unmittelbaren Beweis einer Ungleichbehandlung bei den Preisen geäußert, sondern seine Analyse auf die Voraussetzungen konzentriert, unter denen der Beweis für eine mögliche Ungleichbehandlung bei den Preisen erbracht werden kann; diese Voraussetzungen werden in der 178. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung dahin gehend definiert, dass genau feststellbar ist, welcher Gruppe der jeweilige Kunde angehört, und dass ein Handel zwischen Kunden oder Arbitrage durch Dritte nicht möglich ist.

104   Die übrigen von der Kommission zur Stützung ihres dritten Rechtsmittelgrundes angeführten Argumente, mit denen sie sich gegen die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des unspezifischen Charakters der SBM-Maschinen, der Feststellbarkeit der Gruppe, der ein Kunde angehört, und der fehlenden Möglichkeit eines Handels zwischen Kunden oder einer Arbitrage durch Dritte in Bezug auf diese Maschinen wendet, sind für unzulässig zu erklären, da mit ihnen die Beweiswürdigung durch das Gericht in Frage gestellt wird, die nicht der Kontrolle seitens des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

105   Aus diesen Erwägungen folgt, dass der dritte Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet ist.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

106   Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund trägt die Kommission vor, das Gericht habe Artikel 2 der Verordnung verletzt, den Sachverhalt verfälscht und einige ihrer Argumente unberücksichtigt gelassen, als es sich ihrer Einschätzung, dass Tetra ihre beherrschende Stellung in der Kartonbranche verstärken würde, nicht angeschlossen habe.

107   Die 390. bis 401. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung sollten belegen, dass die beherrschende Stellung von Tetra in der Kartonbranche durch den angemeldeten Zusammenschluss verstärkt werden könnte, weil auf dem Markt für die Verpackung empfindlicher Produkte der potenzielle Wettbewerb durch Sidel, den größten Belieferer des PET‑Marktes, wegfiele. Da Tetra somit einem weniger starken Wettbewerb ausgesetzt wäre, hätte sie keinen Anreiz, die Preise ihrer Kartonverpackungen zu senken, und könnte von Neuerungen Abstand nehmen.

108   Wie das Gericht in den Randnummern 311 und 317 des angefochtenen Urteils ausführt, hat sich die Kommission zur Stützung ihrer Argumentation, dass eine Schwächung des potenziellen Wettbewerbs dazu führen könnte, dass sich Tetra auf den Märkten für keimfreien Karton weniger bedroht fühlt, und dass dies als eine Verstärkung ihrer beherrschenden Stellung auf diesen Märkten im Sinne von Artikel 2 der Verordnung anzusehen wäre, auf das Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil des Gerichtshofes vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission (im Folgenden: Urteile Tetra Pak II), berufen.

109   In Randnummer 312 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden:

„[Macht] die Kommission … zur Rechtfertigung des Verbots eines angemeldeten Zusammenschlusses geltend …, dass potenzieller Wettbewerb – selbst ein im Wachstum begriffener Wettbewerb – beseitigt oder erheblich verringert würde, [so muss sie] die Gesichtspunkte, aus denen sich die Verstärkung einer beherrschenden Stellung ergeben soll, auf eindeutige Beweise stützen … Die bloße Tatsache, dass das erwerbende Unternehmen bereits eine klar beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt einnimmt, stellt zwar – wie in der [streitigen] Entscheidung ausgeführt wird – einen wichtigen Gesichtspunkt dar, reicht aber als solche nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, dass eine Verringerung des potenziellen Wettbewerbs, dem dieses Unternehmen ausgesetzt ist, zu einer Verstärkung seiner Stellung führt.“

110   In Randnummer 322 seines Urteils stellt das Gericht fest, dass der im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 82 EG in den Urteilen Tetra Pak II anerkannten Heranziehung der Theorie der „verbindenden Elemente“ im Rahmen der Kontrolle von Zusammenschlüssen grundsätzlich nichts entgegenstehe. In der Rechtssache, die zu diesen Urteilen geführt habe, sei es um ein Verhalten auf einem bestimmten Markt gegangen, das einen Missbrauch der beherrschenden Stellung auf einem eng verbundenen Markt begründet habe. Im vorliegenden Fall handele es sich um benachbarte Märkte. In Randnummer 323 seines Urteils hat das Gericht jedoch die Ansicht vertreten, dass die Bezugnahme auf diese Urteile nicht durchgreife, da es „hier nur um die Auswirkungen der Beseitigung oder der erheblichen Verringerung eines potenziellen Wettbewerbs geht, der nach Ansicht der Kommission beträchtlich ist und zunimmt“.

111   Insoweit hat das Gericht in Randnummer 323 ferner darauf hingewiesen, dass „die Kommission nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung bei ihrer Beurteilung angemeldeter Zusammenschlüsse u. a. ‚die Struktur aller betroffenen Märkte und den … potenziellen Wettbewerb durch … Unternehmen‘ zu berücksichtigen hat“. Weiter hat es ausgeführt:

„Die Kommission hat somit keinen Fehler begangen, als sie die Bedeutung einer Verringerung des von den Märkten für PET‑Anlagen ausgehenden potenziellen Wettbewerbs für die Kartonmärkte prüfte. Sie hat jedoch darzutun, dass eine solche Verringerung, wenn sie besteht, die beherrschende Stellung der Klägerin gegenüber ihren Konkurrenten auf den Märkten für keimfreien Karton verstärken würde.“

112   In Randnummer 324 des angefochtenen Urteils hat das Gericht darauf hingewiesen, dass nach seiner eigenen Analyse das Wachstum bei der Verwendung von PET zur Verpackung empfindlicher Produkte vermutlich wesentlich geringer sein werde als von der Kommission angenommen. Es sei daher auf der Grundlage der in der streitigen Entscheidung genannten Gesichtspunkte nicht möglich, mit der zur Rechtfertigung des Verbotes eines Zusammenschlusses erforderlichen Sicherheit festzustellen, ob die Durchführung des geänderten Zusammenschlusses Tetra in eine Lage versetzen würde, in der sie von ihren Konkurrenten auf den Märkten für keimfreien Karton unabhängiger wäre als in der Vergangenheit.

113   In Randnummer 325 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die beiden tatsächlichen Gesichtspunkte hinsichtlich des künftigen Verhaltens von Tetra geprüft, auf die sich die Kommission zum Nachweis der angeblichen negativen Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses auf die Märkte für keimfreien Karton stützt.

114   In den Randnummern 326 bis 328 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die von der Kommission in Bezug auf den Preiswettbewerb vorgebrachten Gesichtspunkte geprüft und in Randnummer 328, letzter Satz, entschieden, dass der in der streitigen Entscheidung gezogene Schluss, dass Tetra einem geringeren Druck zur Senkung ihrer Kartonpreise ausgesetzt wäre, wenn sie Sidel erwerben könnte, nicht auf überzeugenden Belegen beruhe.

115   In den Randnummern 329 bis 331 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Vorbringen der Kommission geprüft, wonach der angemeldete Zusammenschluss den Anreiz von Tetra zu Innovationen verringern würde. In Randnummer 332 des Urteils hat es die Ansicht vertreten, dass aus der streitigen Entscheidung nicht in rechtlich hinreichender Weise hervorgehe, dass die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit weniger Anreize zu Innovationen im Kartonbereich hätte als gegenwärtig Tetra.

116   In Randnummer 333 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu folgendem Ergebnis gekommen:

„Folglich belegen die in der [streitigen] Entscheidung enthaltenen Nachweise nicht in rechtlich hinreichender Weise, dass sich der [angemeldete] Zusammenschluss durch den Wegfall von Sidel als potenzieller Konkurrentin dergestalt auf die Stellung der Klägerin, insbesondere auf den Märkten für keimfreien Karton, auswirken würde, dass die Voraussetzungen von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung erfüllt wären. Nach dem Vorstehenden ist nämlich nicht dargetan worden, dass die Stellung der durch den Zusammenschluss entstehenden Einheit gegenüber ihren Konkurrenten auf den Kartonmärkten gestärkt würde.“

 Vorbringen der Parteien

117   Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund, der aus mehreren Teilen besteht, wendet sich die Kommission gegen die Randnummern 312 und 323 des angefochtenen Urteils. Sie vertritt zunächst die Ansicht, dass die Art und Weise, in der das Gericht die Frage der Bedeutung des potenziellen Wettbewerbs dargestellt habe, auf eine Verfälschung des Sachverhalts hinauslaufe. Der potenzielle Wettbewerb habe nichts mit dem Wettbewerbsverhältnis zwischen dem als beherrschend angesehenen Unternehmen und anderen Unternehmen auf dem fraglichen Markt zu tun. Die entscheidende Frage laute, ob der strukturelle Wegfall einer wichtigen Quelle potenziellen Wettbewerbs das beherrschende Unternehmen noch stärker von allen Zwängen, insbesondere gegenüber seinen Kunden und den Verbrauchern, befreie.

118   Ferner reichten die beiden in Randnummer 312 des angefochtenen Urteils erwähnten Gesichtspunkte – die Beseitigung oder erhebliche Verringerung potenziellen Wettbewerbs und die Tatsache, dass das Unternehmen, zu dessen Gunsten der Zusammenschluss durchgeführt werde, bereits eine beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt einnehme – aus, um die Feststellung der Verstärkung einer solchen Stellung zu rechtfertigen.

119   Darüber hinaus habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es die Zurückweisung ihrer Beurteilung des vermutlichen Wachstums bei der Verwendung von PET zur Verpackung empfindlicher Produkte ausschließlich auf seine eigene Annahme gestützt habe, dass „dieses Wachstum … wesentlich geringer sein [dürfte] als von der Kommission angenommen“.

120   Schließlich habe das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Randnummern 316 bis 328 des angefochtenen Urteils ihr Vorbringen zu den Auswirkungen des Wegfalls von Sidel auf die Preise nicht berücksichtigt und in den Randnummern 329 bis 332 des Urteils ihre Schlussfolgerung zurückgewiesen habe, wonach das neue Unternehmen weniger Anreize zu Innovationen im Kartonbereich hätte als gegenwärtig Tetra.

121   Tetra ist der Ansicht, dass Randnummer 312 des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler enthalte. Nach der Verordnung müsse ein Zusammenschluss untersagt werden, wenn er eine beherrschende Stellung begründe oder verstärke. Da eine beherrschende Stellung definitionsgemäß die Stellung eines beherrschenden Unternehmens auf einem bestimmten Markt, d. h. gegenüber seinen Konkurrenten, betreffe, sei es unverständlich, dass die Kommission in der Lage zu sein glaube, die beherrschende Stellung des beherrschenden Unternehmens von der Stellung seiner Konkurrenten auf demselben Markt zu trennen.

122   Das Vorbringen der Kommission, dass die beiden in Randnummer 312 des angefochtenen Urteils genannten Faktoren ausreichten, um die Feststellung der Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu rechtfertigen, laufe auf die Aufstellung eines Grundsatzes hinaus, wonach jede Verringerung des potenziellen Wettbewerbs stets eine beherrschende Stellung verstärke. Nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung müsse aber nicht nur dargetan werden, dass eine beherrschende Stellung durch den Zusammenschluss verstärkt werde, sondern auch, dass infolge dieser Verstärkung ein wirksamer Wettbewerb erheblich behindert werde. Das Vorliegen keiner dieser beiden Voraussetzungen könne unterstellt werden; dies gelte insbesondere in einer Rechtssache, in der wie im vorliegenden Fall der betreffende potenzielle Wettbewerb von einem ersten Markt auf einen zweiten gesonderten, aber benachbarten Markt ausgeübt werde.

123   Die Kommission habe jedenfalls in der streitigen Entscheidung verschiedene Faktoren geltend gemacht und könne dem Gericht daher nicht vorwerfen, diese Faktoren im angefochtenen Urteil analysiert zu haben. In Bezug auf das vermutliche Wachstum bei der Verwendung von PET verweist Tetra auf ihre hierzu bereits gemachten Ausführungen.

124   Schließlich wende sich die Kommission mit ihrem Vorbringen, dass das Gericht ihren Schlussfolgerungen zu den Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Anreize von Tetra bei Preisen und Innovationen nicht gefolgt sei, gegen die Würdigung von Tatsachen durch das Gericht, die der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels entzogen sei.

 Würdigung des vierten Rechtsmittelgrundes durch den Gerichtshof

125   Nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt eine Reihe von Gesichtspunkten wie die Struktur der betroffenen Märkte, den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb der Unternehmen, die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, Marktzutrittsschranken und die Entwicklung von Angebot und Nachfrage.

126   Das Gericht hat daher zu Recht und ohne Verletzung von Artikel 2 der Verordnung in Randnummer 312 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die bloße Tatsache, dass das erwerbende Unternehmen bereits eine klar beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt einnimmt, zwar – wie in der streitigen Entscheidung ausgeführt wird – einen wichtigen Gesichtspunkt darstellt, aber als solche nicht ausreicht, um den Schluss zu rechtfertigen, dass eine Verringerung des potenziellen Wettbewerbs, dem dieses Unternehmen ausgesetzt ist, zu einer Verstärkung seiner Stellung führt.

127   Der potenzielle Wettbewerb durch einen Hersteller von Substitutionsprodukten auf einem Teil des relevanten Marktes – im vorliegenden Fall der Wettbewerb durch Sidel in ihrer Eigenschaft als Lieferantin von PET‑Verpackungen im Marktsegment für empfindliche Produkte gegenüber der Verpackung in keimfreiem Karton – ist nämlich nur einer der Faktoren, die bei der Prüfung, ob ein Zusammenschluss zur Verstärkung einer beherrschenden Stellung führen kann, zu berücksichtigen sind. Insoweit lässt sich nicht ausschließen, dass eine Verringerung dieses potenziellen Wettbewerbs durch andere Faktoren ausgeglichen wird, so dass die Wettbewerbsstellung des Unternehmens, das bereits eine beherrschende Stellung einnahm, im Ergebnis unverändert bleibt.

128   Aus der Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien durch das Gericht in den Randnummern 313 bis 320 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass Tetra gegen die These, wonach die beherrschende Stellung des neuen Unternehmens auf den Märkten für keimfreien Karton verstärkt würde, u. a. einwendet, dass das Ausbleiben von Innovationen im Kartonbereich im Wesentlichen ihre gegenwärtigen Konkurrenten auf den Kartonmärkten begünstigen würde. Das Gericht hat daher im Rahmen der Erörterung und Würdigung des Vorbringens der Parteien zu diesem Punkt in Randnummer 323 seines Urteils zu Recht ausgeführt, dass die Kommission darzutun hat, dass eine Verringerung des potenziellen Wettbewerbs, wenn sie besteht, die beherrschende Stellung von Tetra gegenüber ihren Konkurrenten auf den Märkten für keimfreien Karton verstärken würde.

129   Dabei hat sich das Gericht auf die potenziellen Reaktionen auf den Kartonmärkten der auch auf dem PET‑Markt tätigen Konkurrenten von Tetra gestützt, als es in Randnummer 327 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission zurückwies, dass sich Tetra nach dem Zusammenschluss veranlasst sehen könnte, ihre Preise auf den Märkten für keimfreien Karton zu erhöhen, und in Randnummer 330 des Urteils die Argumentation, dass das neue Unternehmen beschließen könnte, die Innovationen zu verringern.

130   Der Teil des vierten Rechtsmittelgrundes, mit dem die Kommission geltend macht, dass der potenzielle Wettbewerb nichts mit dem Wettbewerbsverhältnis zwischen dem als beherrschend angesehenen Unternehmen und anderen Unternehmen auf dem fraglichen Markt zu tun habe, kann daher nicht als begründet angesehen werden.

131   Zur Beurteilung des vermutlichen Wachstums bei der Verwendung von PET zur Verpackung empfindlicher Produkte ist darauf hinzuweisen, dass auf die dahin gehende Argumentation der Kommission im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes in Randnummer 46 des vorliegenden Urteils bei der Prüfung der Frage eingegangen wurde, ob das Gericht Artikel 230 EG dadurch verletzt hat, dass es das Kriterium des offensichtlichen Beurteilungsfehlers nicht anwandte und den Spielraum nicht beachtete, über den die Kommission bei der Beurteilung komplexer Sach- und Rechtsfragen verfügt. Soweit sich die Kommission mit diesem Teil des Rechtsmittelgrundes gegen die insoweit getroffenen Schlussfolgerungen des Gerichts wendet, wird die Beweiswürdigung durch das Gericht gerügt, die nicht der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

132   Das Gleiche gilt für den Teil des Rechtsmittelgrundes, mit dem sich die Kommission gegen die Randnummern 316 bis 328 und 329 bis 332 des angefochtenen Urteils wendet, in denen das Gericht die von ihr vorgelegten Beweise zu den Auswirkungen des Wegfalls von Sidel auf die Preise und zu den geringeren Anreizen des neuen Unternehmens für Innovationen im Kartonbereich gewürdigt hat.

133   Nach alledem ist der vierte Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

134   Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung dadurch verletzt zu haben, dass es ihre Schlussfolgerungen in Bezug auf die Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für SBM-Maschinen zurückgewiesen habe.

 Vorbringen der Parteien

135   Die Kommission trägt vor, die Schlussfolgerung des Gerichts in Randnummer 307 des angefochtenen Urteils, wonach „in der [streitigen] Entscheidung nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan worden [ist], dass sich die durch den Zusammenschluss entstehende Einheit bis 2005 eine beherrschende Stellung auf den Märkten für Maschinen mit geringer und mit hoher Kapazität verschaffen könnte“, beruhe auf Rechtsfehlern, die im Rahmen der vorangegangenen Rechtsmittelgründe beanstandet worden seien, und zwar auf der Einbeziehung der SBM-Maschinen für nicht empfindliche Produkte und für Bier in den Markt der SBM-Maschinen für empfindliche Produkte und auf der Tatsache, dass die Zusage von Tetra, den Verkauf der genannten Maschinen nicht mit dem Verkauf von Kartonprodukten zu verknüpfen, als ausreichend angesehen worden sei. Zur Vervollständigung ihrer Argumentation hält es die Kommission für erforderlich, die vom Gericht in Bezug auf die Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für SBM-Maschinen begangenen Fehler darzulegen.

136   Zu den SBM-Maschinen mit geringer Kapazität trägt die Kommission zunächst vor, das Gericht habe bestimmte relevante Faktoren in der streitigen Entscheidung – wie die Verbesserung der Stellung von Sidel bei den Marktanteilen (266. Begründungserwägung der Entscheidung) und die sofortige Verstärkung ihrer Stellung aufgrund ihrer Spitzenposition bei den Marktanteilen in Verbindung mit der Finanzkraft, dem Vertriebssystem, der Überlegenheit bei der keimfreien Verpackung, dem Vorteil der Vorreiterschaft bei den Kunden im Bereich der Kartonverpackung und der bereits bestehenden beherrschenden Stellung von Tetra in diesem Bereich (376. bis 387. Begründungserwägung der Entscheidung) – nicht berücksichtigt.

137   Darüber hinaus habe sich das Gericht auf irrelevante Tatsachen gestützt. So sei die Bedeutung der SBM-Maschinen mit geringer Kapazität für die Verpackung nicht empfindlicher Produkte kein relevanter Faktor, wenn der von der Kommission vorgeschlagenen Definition des Marktes gefolgt werde. Ebenso sei die Behauptung des Gerichts in Randnummer 279 des angefochtenen Urteils, dass „es sich bei einem erheblichen Teil der zur Verpackung empfindlicher Produkte verwendeten SBM-Maschinen höchstwahrscheinlich um Maschinen mit geringer Kapazität handeln wird“, irrelevant für die Frage, ob sich Tetra auf ihre beherrschende Stellung im Bereich der Verpackungskartons stützen könne, um eine beherrschende Stellung im Bereich der SBM-Maschinen mit geringer Kapazität zu erlangen.

138   Zu den Maschinen mit hoher Kapazität trägt die Kommission vor, das Gericht habe relevante Faktoren außer Acht gelassen, so insbesondere in Randnummer 284 des angefochtenen Urteils die Zunahme des Marktanteils von Sidel durch den angemeldeten Zusammenschluss. Außerdem habe das Gericht zu Unrecht in Betracht gezogen, dass ein geringeres als das vorausgesagte Wachstum bei der Verwendung von PET für empfindliche Produkte eintreten könnte und dass die Hersteller empfindlicher Produkte auf HDPE statt auf PET zurückgreifen könnten, obwohl beides keine Rolle für die Frage spiele, ob Tetra in ihren Beziehungen zu den Kunden, die sich für PET entschieden, den Vorteil der Vorreiterschaft genießen würde.

139   Auch in Bezug auf die Kunden aus dem Bereich der Glasverpackung vernachlässige das Gericht bei seinen Erwägungen bestimmte Faktoren und verfälsche den Sachverhalt. Zum einen berücksichtige es nicht, dass ein Kunde, der diese Verpackungsform verwende, seine Produkte nur selten ausschließlich in diesem Material verpacken werde. Zum anderen stelle das Gericht den Sachverhalt falsch dar, wenn es behaupte, dass die Konkurrenten von Tetra/Sidel im Bereich der Glasverpackung den Vorteil der Vorreiterschaft genössen, denn damit lasse es außer Acht, dass die Lieferanten von Anlagen für Glas und Metall keine engen und dauerhaften Beziehungen zu den Getränkeherstellern unterhielten, weil fast alle Glas- und Metallverpackungen von Verarbeitern hergestellt würden.

140   Zur Stellung der Konkurrenten führt die Kommission aus, das Gericht habe die streitige Entscheidung verfälscht, als es in Randnummer 294 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass sie keine angemessene Analyse des Wettbewerbs enthalte, dem sich Sidel auf dem Markt für Maschinen mit hoher Kapazität stellen müsste, und den Wettbewerb seitens der drei Hauptkonkurrenten dieser Gesellschaft unterschätze. Die Entscheidung enthalte insbesondere in der 232. bis 248., 293. bis 300., 303. bis 310. und 369. bis 387. Begründungserwägung eine eingehende Analyse der jeweiligen Stellung des neuen Unternehmens und seiner Konkurrenten. Im Übrigen seien die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts unzutreffend, da es zum einen behaupte, dass der Konkurrent SIG über einen Vorteil verfüge, da er auf dem nachgeordneten Markt der Vorformlinge tätig sei, während er ihres Erachtens auf dem nachgeordneten Markt nicht als Lieferant von Vorformlingen tätig sei, der seine Produkte Unternehmen anbiete, die auf PET‑Verpackungen zurückgriffen, und zum anderen, dass diese Gesellschaft aufgrund ihrer Tätigkeiten im Glasbereich einen Vorteil als Vorreiter besitze, obwohl sie Maschinen herstelle und auf dem nachgeordneten Markt der Glasflaschen nicht tätig sei.

141   Schließlich enthalte die allein auf den „auf dem Markt … herrschenden Wettbewerb“ gestützte Feststellung des Gerichts in Randnummer 305 des angefochtenen Urteils, wonach „die Annahme, dass die Verarbeiter von Sidel abhängig seien, … nicht überzeugend“ sei, keine klare und hinreichende Begründung, die die von der Kommission in der 303. bis 310. Begründungserwägung der streitigen Entscheidung insoweit vorgenommene umfangreiche Beurteilung entkräften könnte.

142   Tetra trägt vor, die verschiedenen offenbar nicht zusammenhängenden Einwände der Kommission in ihrem fünften Rechtsmittelgrund müssten aus zwei Gründen für unzulässig erklärt werden. Zum einen berufe sie sich auf Gesichtspunkte, die in der streitigen Entscheidung nicht erwähnt würden, und zum anderen greife sie unmittelbar die Tatsachenwürdigung durch das Gericht an.

 Würdigung des fünften Rechtsmittelgrundes durch die Kommission

143   Aus der Analyse der von der Kommission vorgebrachten Argumente ergibt sich, dass die meisten von ihnen die Beweiswürdigung durch das Gericht betreffen, die nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt. Dies gilt für den Vorwurf der Kommission, das Gericht habe bestimmte von ihr als relevant angesehene Gesichtspunkte nicht berücksichtigt oder andere von ihr als irrelevant angesehene Gesichtspunkte berücksichtigt, sei es in Bezug auf die SBM-Maschinen mit geringer oder hoher Kapazität oder in Bezug auf die Kunden aus dem Bereich der Glasverpackung.

144   Mit anderen zur Stützung ihres fünften Rechtsmittelgrundes vorgetragenen Argumenten wendet sich die Kommission ausdrücklich gegen die Feststellung oder Würdigung von Tatsachen durch das Gericht. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen zu den Konkurrenten von Tetra/Sidel bei der Glasverpackung oder die Analyse der Stellung des Konkurrenten SIG.

145   Zur angeblichen Verfälschung der streitigen Entscheidung in Randnummer 294 des angefochtenen Urteils ist festzustellen, dass die Kommission keine konkrete Begründungserwägung dieser Entscheidung angibt, deren Inhalt vom Gericht verfälscht worden sein soll, und dass dieses Argument in Wirklichkeit die Würdigung von Tatsachen und Beweismitteln durch das Gericht betrifft.

146   In Bezug auf das Argument, die Schlussfolgerung in Randnummer 305 des angefochtenen Urteils, dass die Abhängigkeit der Verarbeiter von Sidel nicht überzeugend nachgewiesen worden sei, sei unzureichend begründet, genügt schließlich die Feststellung, dass das Gericht diese Beurteilung im letzten Satz von Randnummer 305 kurz, aber ausreichend begründet hat.

147   Aus diesen Erwägungen folgt, dass der fünfte Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet ist.

 Ergebnis

148   Da keinem der von der Kommission zur Stützung ihres Rechtsmittels vorgetragenen Gründe gefolgt werden kann, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

149   Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Tetra die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, ist sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.

Unterschriften.


* Verfahrenssprache: Englisch.

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