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Document 31994Y1231(06)

Entschließung des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Sicherheit von ,,Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen

OJ C 379, 31.12.1994, p. 8–9 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

Legal status of the document In force

31994Y1231(06)

Entschließung des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Sicherheit von ,,Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen

Amtsblatt Nr. C 379 vom 31/12/1994 S. 0008 - 0009


ENTSCHLIESSUNG DES RATES vom 22. Dezember 1994 zur Sicherheit von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen (94/C 379/05)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr sowie auf die diesbezuegliche Entschließung des Rates vom 8. Juni 1993 (1),

zutiefst besorgt über den verhängnisvollen Unfall des estnischen "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffs "Estonia", das auf der Überfahrt von Tallinn nach Stockholm am 28. September 1994 in stürmischer See kenterte, wobei über 900 Menschen auf tragische Weise ihr Leben verloren,

auch eingedenk dessen, daß sich ähnliche Unfälle mit "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen in europäischen Gewässern in den letzten Jahren ereignet haben,

in der Überzeugung, daß angesichts dieser Unfälle der Einsatz von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen in europäischen Gewässern und insbesondere die Konzeption und die Ausrüstung, die Qualifikation der Besatzungen und die Verantwortlichkeit der Reeder und Betreiber von Schiffen dieser Bauart überprüft und Verbesserungen erzielt werden müssen,

unter Bezugnahme auf die Richtlinie 94/58/EG des Rates vom 22. November 1994 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten (2), insbesondere auf Artikel 8 Absätze 1 und 2, worin unter anderem spezifische Anforderungen für die Kommunikation an Bord von Fahrgastschiffen festgelegt werden -

I

1. BEGRÜSST die Initiative der International Maritime Organisation (IMO), eine Ad-hoc-Gruppe von Seeverkehrssachverständigen einzusetzen, die Empfehlungen für die Verbesserung der Sicherheit von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen aussprechen sollen;

2. FORDERT die Mitgliedstaaten und die Kommission AUF, die IMO-Initiative vorbehaltlos zu unterstützen und die Zusammenarbeit so zu gestalten, daß die Sachverständigengruppe ihre Schlußfolgerungen und Empfehlungen bis Mai 1995 vorlegen kann; FORDERT die Mitgliedstaaten und die Kommission AUF, zusammen darauf hinzuwirken, daß sich die Gruppe nicht nur mit den technischen, sondern auch mit den umfassenderen menschlichen Aspekten befasst;

3. ERSUCHT die Mitgliedstaaten und die Kommission, Vorschläge zu unterbreiten oder zu unterstützen, wonach die IMO wie folgt tätig werden sollte:

a) dringend und eingehend die Intakt- und die Leckstabilitätsanforderungen für "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe mit dem Ziel zu überprüfen, die Überlebensfähigkeit dieser Schiffe bedeutend zu verbessern;

b) Überprüfung der für "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe geltenden Rettungsverfahren, einschließlich der Verfahren, Ausrüstungsgegenstände und Anforderungen für die Mannschaftsausbildung im Hinblick auf eine schnelle Rettung und eine wirksame Übermittlung verständlicher Sicherheitsinformationen und die Erteilung von Rettungsanweisungen an die an Bord befindlichen Fahrgäste sowie

c) Überprüfung der Anforderungen in bezug auf ausgebildetes medizinisches Personal auf "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen, die längere Fahrten unternehmen;

d) Vorarbeit zu leisten für eine Änderung des SOLAS-Übereinkommens, oder ein selbständiges Übereinkommen auszuarbeiten, das auf die Untersuchung von Schiffsunfällen und die zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei der Untersuchung solcher Unfälle abstellt;

e) Prüfung der Frage, welche technischen Spezifikationen erforderlich sind, damit "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe zwingend mit Schiffsdatenschreibern ausgerüstet werden, die bei der Untersuchung zur Klärung eines Schiffsunfalls hilfreich sein können;

f) die erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit die Normen, die in der "Vereinbarung über die Stabilität von derzeit im Fährdienst zwischen Häfen innerhalb eines bestimmten Seegebiets Nordwesteuropas eingesetzten Ro-Ro-Fahrgastschiffen" niedergelegt sind, als "Regional"-Norm angewandt werden können und damit die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, diese Normen auf alle "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe im Fährdienst zwischen sämtlichen Häfen dieser spezifischen Region anzuwenden;

g) bessere Ausrichtung sowie Beschleunigung der Beratungen des IMO-Unterausschusses für die flaggenstaatliche Implementierung;

h) Prüfung des Erfordernisses, operationelle Leitlinien auszuarbeiten, die bei widrigen Wetterverhältnissen unter Berücksichtigung der Grösse/der Art der betreffenden "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe und ihres Einsatzgebietes zu beachten sind;

4. ERSUCHT die Mitgliedstaaten und die Kommission, sich im Rahmen der Pariser Vereinbarung darum zu bemühen, daß so bald wie möglich, spätestens jedoch ab 1. Januar 1995 die in dem Entwurf für die Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle enthaltenen Bestimmungen angewendet werden, die sich auf eine eingehendere Überprüfung von Schiffen beziehen;

II

ERSUCHT die Kommission, Vorschläge für Ratsbeschlüsse zu unterbreiten, die folgendes betreffen:

1. die vorzeitige, zwingende Anwendung des Internationalen Schiffsmanagement Code (IMO-Entschließung Nr. A.741 (18)) ab 1. Juli 1996 auf sämtliche "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährdienste im Linienverkehr zwischen europäischen Häfen nach Maßgabe des Völkerrechts;

2. eine zwingende Vorschrift, daß sämtliche "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe im Linienverkehr zwischen Häfen in der Europäischen Union auf Fahrten mit einer Dauer von einer noch zu bestimmenden Anzahl von Stunden mit einem System ausgestattet werden, das genau und jederzeit Aufschluß über die Anzahl und die Namen - bei Fahrten von kürzerer Dauer lediglich über die Anzahl - der Fahrgäste und der Mitglieder der Besatzung an Bord des Schiffes gibt, ausser im Falle einer spezifischen Ausnahme für Fahrten mit sehr kurzer Dauer. Diese Angaben sollten noch vor dem Auslaufen des Schiffes einer Stelle an Land übermittelt werden, zu der die zuständigen Behörden unmittelbar Zugang haben;

3. ein umfassenderes, verbindliches System zur Überwachung - mit Inspektionen während des Betriebs usw. - für alle "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe im Einsatz zwischen Häfen in der Europäischen Union, und zwar vor Aufnahme eines neuen Beförderungsdienstes und in der Folge in regelmässigen Abständen;

4. eine mit dem Völkerrecht und der Notwendigkeit, willkürliche Beeinträchtigungen der Gewerbefreiheit zu verhindern, zu vereinbarende Regelung für die Überwachung der Sicherheit aller "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffe, die Häfen in der Europäischen Union anlaufen, durch die Mitgliedstaaten einschließlich des Rechts auf die Untersuchung von Schiffsunfällen gemäß den einschlägigen IMO-Entschließungen;

III

1. NIMMT ZUR KENNTNIS, daß die Kommission beabsichtigt, so bald wie möglich die im Aktionsprogramm der Kommission erwähnten und vom Rat erbetenen Vorschläge zu unterbreiten, die sich positiv auf die Sicherheit von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen auswirken könnten, und zwar insbesondere jene Vorschläge, die abstellen auf

- die Durchsetzung angemessener Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen zur Gewährleistung der Sicherheit an Bord dieser Fahrgastschiffe;

- gemeinsame Sicherheitsvorschriften für Seeverkehrsausrüstungen an Bord von Handels- und Fahrgastschiffen einschließlich Rettungsausrüstung, insbesondere an Bord von Schiffen mit grosser Seitenhöhe;

- zwingende Anwendung der einschlägigen Bestimmungen verschiedener Entschließungen der IMO-Vollversammlung;

- Sicherheitsvorschriften für die im nationalen Verkehr eingesetzten Fahrgastschiffe.

2. BITTET die Kommission zu untersuchen, wie sich Wettbewerb auf den sicheren Betrieb von Fährschiffen auswirkt, und dem Rat darüber Bericht zu erstatten;

3. ERSUCHT die Kommission, ein Jahr nach Umsetzung der Richtlinie 94/58/EG des Rates durch die Mitgliedstaaten über die Effizienz der in jener Richtlinie vorgesehenen Kommunikationsregelungen für die Fahrgäste Bericht zu erstatten;

IV

1. APPELLIERT an die Mitgliedstaaten, die Kommission über alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Umsetzung ihrer im Zusammenhang mit dem weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem (GMDSS: Global Maritime Distreß and Safety System) stehenden Verpflichtungen zu unterrichten;

2. APPELLIERT an die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, daß die Betreiber von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Durchführung der Leitlinien für Sicherheitsvorkehrungen beim Transport von Strassenfahrzeugen auf "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen - insbesondere diejenigen, die auf das Vertäuen (IMO-Entschließung Nr. A.581/14) abstellen - einwandfrei anwenden;

3. APPELLIERT an alle Klassifikationsgesellschaften und insbesondere die europäischen Mitglieder des Internationalen Verbands der Klassifikationsgesellschaften (IACS), ihre einschlägigen Vorschriften für die Bauteile von "Roll-on/Roll-off"-Fährschiffen zu überprüfen und zu verschärfen. Besondere Beachtung sollte der Konstruktion und den Mitteln für die Sicherung der Klappen von "Roll-on/Roll-off"-Fahrgastfährschiffen gelten, die den Zugang von Fahrzeugen zu den Fahrzeugdecks ermöglichen;

4. UNTERSTREICHT die Notwendigkeit, die Verfügbarkeit angemessener Such- und Rettungsmöglichkeiten zu gewährleisten;

V

BESCHLIESST, sich auch weiterhin mit der Frage der Sicherheit von Fährschiffen zu befassen.

(1) ABl. Nr. C 271 vom 7. 10. 1993, S. 1.

(2) ABl. Nr. L 319 vom 12. 12. 1994, S. 28.

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