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Document 52005XC1129(01)

Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden

OJ C 297, 29.11.2005, p. 4–7 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Bulgarian: Chapter 08 Volume 004 P. 216 - 219
Special edition in Romanian: Chapter 08 Volume 004 P. 216 - 219
Special edition in Croatian: Chapter 08 Volume 005 P. 146 - 149

29.11.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 297/4


Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden

(2005/C 297/04)

1.   ZWECK UND ANWENDUNGSBEREICH

1.

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (1) geht hervor, dass Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben und ist der Tatbestand des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllt, dann stellt der für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährte Ausgleich hingegen eine staatliche Beihilfe dar.

2.

Die Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden (2), gibt Aufschluss darüber, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Ausgleichszahlungen mit Artikel 86 Absatz 2 EG Vertrag vereinbare Beihilfen sind, und stellt Ausgleichszahlungen, die diese Voraussetzungen erfüllen, von der Pflicht zur Vorabnotifizierung frei. Ausgleichszahlungen, die staatliche Beihilfen darstellen und nicht in den Anwendungsbereich der Entscheidung 2005/842/EG über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden fallen, müssen hingegen weiterhin vorab notifiziert werden. Der vorliegende Gemeinschaftsrahmen soll klarstellen, unter welchen Voraussetzungen diese staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gelten können.

3.

Der Gemeinschaftsrahmen gilt für Ausgleichszahlungen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, soweit diese den Bestimmungen des EG-Vertrags unterliegen, außer im Verkehrssektor und im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (3).

4.

Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens lassen bestehende strengere sektorspezifische EG-Rechtsvorschriften in Bezug auf die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen unberührt.

5.

Die für das öffentliche Auftragswesen und den Wettbewerb (vor allem Artikel 81 und 82 EG-Vertrag) geltenden Gemeinschaftsvorschriften werden von dem vorliegenden Gemeinschaftsrahmen nicht berührt.

2.   KRITERIEN FÜR DIE VEREINBARKEIT VON AUSGLEICHSZAHLUNGEN, DIE STAATLICHE BEIHILFEN DARSTELLLEN

2.1.   Allgemeines

6.

In seinem Altmark-Urteil führte der Gerichtshof aus, unter welchen Voraussetzungen zum Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse geleistete Zahlungen keine staatliche Beihilfe darstellen:

„[…] Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. […]

[…] Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt. Gleicht daher ein Mitgliedstaat, ohne dass zuvor die Parameter dafür aufgestellt worden sind, die Verluste eines Unternehmens aus, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das Betreiben bestimmter Dienste im Rahmen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht wirtschaftlich durchführbar war, so stellt dies ein finanzielles Eingreifen dar, das unter den Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fällt.

[…] Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken […]

[…] Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, dass die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmittels ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.“

7.

Sind diese vier Voraussetzungen erfüllt, stellt der für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährte Ausgleich keine staatliche Beihilfe dar, so dass die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag nicht anwendbar sind. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben und ist der Tatbestand des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllt, dann stellt der für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährte Ausgleich jedoch eine staatliche Beihilfe dar.

8.

Die Kommission ist der Auffassung, dass beim aktuellen Entwicklungsstand des Gemeinsamen Marktes derartige staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag als mit dem EG-Vertrag vereinbar gelten können, wenn sie für das Funktionieren der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unabdingbar sind und die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. Dazu müssen sie jedoch die nachstehenden Voraussetzungen erfüllen.

2.2.   Echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 86 EG-Vertrag

9.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichthofs verfügen die Mitgliedstaaten in der Frage, welche Arten von Leistungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anzusehen sind, über einen großen Ermessensspielraum, es sei denn, es handelt sich um Sektoren, für die es diesbezüglich spezielle Gemeinschaftsvorschriften gibt. Es ist daher Aufgabe der Kommission, darüber zu wachen, dass dieser Ermessensspielraum in Bezug auf die Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ohne offenkundige Fehler erfolgt.

10.

Artikel 86 Absatz 2 besagt, dass die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen Unternehmen (4) sind, denen eine „besondere Aufgabe“ übertragen wurde. Bei der Bestimmung der Gemeinwohlverpflichtungen und der Prüfung der Frage, ob diese Verpflichtungen von den betreffenden Unternehmen erfüllt werden, sollten sich die Mitgliedstaaten auf ein möglichst breit gestreutes Meinungsspektrum unter besonderer Berücksichtigung der Nutzer der Dienstleistungen stützen.

2.3.   Rechtsverbindliche Niederlegung der Gemeinwohlverpflichtungen und der Art der Berechnung der Ausgleichszahlungen

11.

Der Begriff der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 86 EG-Vertrag impliziert, dass die betreffenden Unternehmen vom Staat mit der Erfüllung einer besonderen Aufgabe betraut wurden (5). Abgesehen von den Sektoren, die diesbezüglich besonderen Gemeinschaftsvorschriften unterliegen, werden die Kriterien und Voraussetzungen für die Erbringung solcher Leistungen unabhängig von der Rechtsstellung des Dienstleistungserbringers und unabhängig davon, ob die Leistungen unter Wettbewerbsbedingungen erbracht werden oder nicht, vom Staat festgelegt. Zur Bestimmung der wechselseitigen Verpflichtungen der betreffenden Unternehmen und des Staates bedarf es somit eines öffentlichen Auftrages. Unter dem Begriff 'Staat' sind in diesem Zusammenhang der Zentralstaat, die regionalen und die lokalen Gebietskörperschaften zu verstehen.

12.

Der öffentliche Auftrag für die Erbringung der Dienstleistung im öffentlichen Interesse muss im Wege eines oder mehrerer Verwaltungs- oder Rechtsakte erteilt werden, dessen Form von den einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt werden kann. Aus ihnen muss unter anderem Folgendes hervorgehen:

a)

die genaue Art und die Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen,

b)

die beauftragten Unternehmen und der geografische Geltungsbereich,

c)

Art und Dauer der dem Unternehmen gegebenenfalls gewährten ausschließlichen oder besonderen Rechte,

d)

die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen,

e)

die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen.

13.

Bei der Definition der Gemeinwohlverpflichtungen und der Prüfung der Frage, ob die Verpflichtungen von diesen Unternehmen erfüllt werden, sollten sich die Mitgliedstaaten auf ein möglichst breit gestreutes Meinungsspektrum unter besonderer Berücksichtigung der Nutzer dieser Dienstleistungen stützen.

2.4.   Höhe des Ausgleichs

14.

Die Höhe des Ausgleichs darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung verursachten Kosten unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und einer angemessenen Rendite aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen abzudecken. Darin enthalten sind sämtliche vom Staat oder aus staatlichen Mittel in jedweder Form gewährten Vorteile. Die angemessene Rendite kann ganz oder teilweise die Produktivitätsgewinne mit einschließen, die von den betreffenden Unternehmen über einen ganz bestimmten, zuvor festgelegten Zeitraum ohne Reduzierung der vom Staat vorgegebenen Qualität erzielt wurden.

15.

In jedem Fall darf der Ausgleich nur für das Funktionieren der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden. Der für das Funktionieren einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gewährte Ausgleich, der dazu verwendet wird, um auf anderen Märkten tätig zu werden, ist nicht gerechtfertigt und stellt daher eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar. Die mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erwirtschaftete angemessene Rendite darf von den Unternehmen, die hierfür Ausgleichszahlungen erhalten, jedoch verwendet werden.

16.

Die zu berücksichtigenden Kosten umfassen sämtliche für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlichen Ausgaben. Beschränkt sich die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens auf die Erbringung dieser Dienstleistung, können dessen Gesamtkosten herangezogen werden. Betätigt sich das Unternehmen jedoch daneben noch auf anderen Gebieten, dürfen nur die der betreffenden Dienstleistung zurechenbaren Kosten berücksichtigt werden. Hierzu gehören sämtliche durch die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verursachten variablen Kosten, ein angemessener Beitrag zu den sowohl dienstleistungsbezogenen als auch anderweitig anfallenden Fixkosten und eine der jeweiligen Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zurechenbare angemessene Rendite auf das Eigenkapital (6). Etwaige Investitionen vor allem in die Infrastruktur können berücksichtigt werden, wenn sie für das Funktionieren der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich sind. Die mit anderen Tätigkeiten als den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verbundenen Kosten müssen alle variablen Kosten, einen angemessenen Beitrag zu den gemeinsamen Fixkosten und eine angemessene Kapitalrendite abdecken. Diese Kosten dürfen auf keinen Fall der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zugerechnet werden. Die Berechnung der Kosten muss nach zuvor festgelegten Kriterien und anhand gemeinhin akzeptierter Rechnungslegungsgrundsätze erfolgen, die der Kommission bei der Anmeldung nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag zur Kenntnis zu bringen sind.

17.

Auf der Einnahmenseite sind zumindest sämtliche mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erwirtschafteten Erträge zu berücksichtigen. Verfügt das betreffende Unternehmen über ausschließliche oder besondere Rechte bei der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und werden damit Gewinne erwirtschaftet, die über der angemessenen Rendite liegen, oder wurden dem Unternehmen vom Staat andere Vergünstigungen gewährt, müssen diese unabhängig von ihrer Bewertung nach Maßgabe von Artikel 87 EG-Vertrag mit berücksichtigt und zu den Einnahmen hinzugerechnet werden. Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, dass die Gewinne aus Tätigkeiten, für die kein Versorgungsauftrag erteilt wurde, ganz oder teilweise zur Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse herangezogen müssen.

18.

Unter angemessener Rendite ist ein angemessener Kapitalertrag unter Berücksichtigung des von dem Unternehmen aufgrund des staatlichen Eingreifens eingegangenen Risikos, sofern überhaupt vorhanden, zu verstehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staat ausschließliche oder besondere Rechte gewährt. In der Regel darf die Rendite die in dem betreffenden Sektor in den Jahren zuvor erzielte durchschnittliche Rendite nicht übersteigen. In Sektoren, in denen es an Unternehmen fehlt, die als Vergleichsmaßstab für das mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen dienen könnten, können Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls auch aus anderen Wirtschaftszweigen zu Vergleichzwecken herangezogen werden unter der Voraussetzung, dass die besonderen Charakteristika des jeweiligen Sektors berücksichtigt werden. Bei der Festlegung der angemessenen Rendite können die Mitgliedstaaten auch Kriterien zugrunde legen, von denen Anreize für die Qualität der zu erbringenden Dienstleistung und Produktivitätsgewinne ausgehen.

19.

Wenn Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nur einen Teil der Tätigkeiten eines Unternehmens ausmachen, müssen die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der Ausführung von anderweitigen Leistungen in den Büchern getrennt ausgewiesen werden. Außerdem ist anzugeben, nach welchen Parametern die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben erfolgt. Außerdem sind die Parameter für die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben anzugeben. Ist ein Unternehmen mit der Erbringung verschiedener DAWI betraut, sei es, weil die Vergabebehörde jeweils eine andere ist, sei es, weil die Dienstleistungen ihrer Art nach verschieden sind, muss sich anhand der unternehmensinternen Rechnungslegung für jede Dienstleistung gesondert nachweisen lassen, dass keine Überkompensierung vorliegt. Diese Grundsätze lassen die Vorschriften der Richtlinie 80/723/EG dort, wo sie Anwendung findet, unberührt.

3.   ÜBERKOMPENSIERUNG

20.

Der Staat muss in regelmäßigen Abständen kontrollieren oder kontrollieren lassen, ob eine Überkompensierung vorliegt. Da eine Überkompensierung für das Funktionieren einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht erforderlich ist, stellt sie eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht zu vereinbarende staatliche Beihilfe dar, die an den Staat zurückgezahlt werden muss. In diesem Fall muss eine Aktualisierung der Berechnungsparameter vorgenommen werden.

21.

Beläuft sich die Überkompensierung auf höchstens 10 % der jährlichen Ausgleichssumme, kann dieser Betrag auf das nächstfolgende Jahr angerechnet werden. Bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können erhebliche jährliche Kostenschwankungen aufweisen, vor allem wenn spezifische Investitionen nötig sind. In diesem Fall kann für das Funktionieren der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in bestimmten Jahren ausnahmsweise eine Überkompensierung von über 10 % erforderlich sein. Die Umstände, die eine Überkompensierung von mehr als 10 % erfordern, sind der Kommission in der Anmeldung darzulegen. Allerdings muss in einem solchen Fall in regelmäßigen Abständen, die anhand der jeweiligen Situation in dem betroffenen Wirtschaftssektor festzulegen sind, aber vier Jahre nicht übersteigen sollten, Bilanz gezogen werden. Alle bei dieser Gelegenheit ermittelten zu viel gezahlten Beträge sind zurückzuzahlen.

22.

Eine Überkompensierung kann zur Finanzierung einer anderen von demselben Unternehmen erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden, doch muss die Mittelübertragung in den Büchern des betreffenden Unternehmens ausgewiesen und im Einklang mit den Bestimmungen und Grundsätzen dieses Gemeinschaftsrahmens, vor allem in Bezug auf die Vorabanmeldung, vorgenommen werden. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass derartige Mittelübertragungen einer ordentlichen Kontrolle unterzogen werden. Es gelten die Bestimmungen der Richtlinie 80/723/EWG.

23.

Eine überhöhte Ausgleichszahlung kann einem Unternehmen nicht mit der Begründung überlassen werden, dass es sich hierbei um eine Beihilfe handelt, die mit dem EG-Vertrag vereinbar ist (z.B. Umweltbeihilfe, Beschäftigungsbeihilfe, Beihilfe an kleine und mittlere Unternehmen usw.). Beabsichtigt der Mitgliedstaat die Gewährung einer solchen Beihilfe, muss das in Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehene Verfahren der Vorabanmeldung (Notifizierung) eingehalten werden. Die Beihilfe darf erst nach Genehmigung durch die Kommission ausgezahlt werden. Fällt die Beihilfe unter eine Gruppenfreistellungsverordnung, sind die dort genannten Freistellungskriterien einzuhalten.

4.   AN KOMMISSIONSENTSCHEIDUNGEN GEKNÜPFTE BEDINGUNGEN UND AUFLAGEN

24.

Gemäß Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (7) kann die Kommission eine Positiventscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihrer Entscheidung zu überwachen. Im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können solche Bedingungen und Auflagen nötig sein, um sicherzustellen, dass der den betreffenden Unternehmen gewährte Ausgleich nicht zu einer Überkompensierung führt. Je nach Lage der Dinge können daher im Einzelfall regelmäßige Berichte verlangt oder sonstige Auflagen gemacht werden.

5.   ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRAHMENS

25.

Der vorliegende Gemeinschaftsrahmen gilt für einen Zeitraum von sechs Jahren ab dem Datum seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Die Kommission kann nach Absprache mit den Mitgliedstaaten den Gemeinschaftsrahmen aus wichtigen Gründen, die mit der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zusammenhängen, vor seinem Außerkrafttreten ändern. Vier Jahre nach dem Datum der Veröffentlichung dieses Gemeinschaftsrahmens, nimmt die Kommission anhand von Fakten und den Ergebnissen umfangreicher Anhörungen, die sie auf der Grundlage vor allem der von den Mitgliedstaaten bereit gestellten Informationen durchführt, eine Folgenabschätzung vor. Die Erkenntnisse werden dem Europäischen Parlament, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Mitgliedstaaten zur Kenntnis gebracht.

26.

Die Kommission wendet die Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens auf alle ihr gemeldeten Beihilfevorhaben an, über die sie nach Veröffentlichung des Gemeinschaftsrahmens im Amtsblatt entscheiden wird, selbst wenn die Notifizierung vor der Veröffentlichung erfolgte. Bei nicht notifizierten Beihilfen kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung:

a)

die Bestimmungen des vorliegenden Gemeinschaftsrahmens, wenn die Beihilfe nach dessen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union gewährt wurde,

b)

in allen anderen Fällen die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Bestimmungen.

6.   ZWECKDIENLICHE MASSNAHMEN

27.

Die Kommission schlägt als zweckdienliche Maßnahme für die Zwecke von Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag vor, dass die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Regelungen hinsichtlich des Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit dem vorliegenden Gemeinschaftsrahmen innerhalb von achtzehn Monaten nach dessen Veröffentlichung im Amtsblatt in Einklang bringen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, binnen eines Monats nach der Veröffentlichung des Rahmens im Amtsblatt zu bestätigen, dass sie mit der vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahme einverstanden sind. Das Ausbleiben einer Antwort des betreffenden Mitgliedstaats wird von der Kommission als Ablehnung gewertet.


(1)  Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altkmark GmbH („Altmark“), Slg. 2003, S. I-7747, sowie Urteil vom 27. November 2003 in den verbundenen Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Enirisorse SpA gegen Ministero delle Finanze, Slg. 2003, S. I-14243.

(2)  ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67.

(3)  ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5.

(4)  Als Unternehmen gilt jedes Gebilde, das unabhängig von seiner Rechtsstellung und der Art seiner Finanzierung einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Als öffentliches Unternehmen gilt jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/52/EG, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75).

(5)  Siehe hierzu insbesondere das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-127/73, BRT gegen SABAM, Slg. 1974, S. 313.

(6)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juni 2003, Chronopost SA, verbundene Rechtssachen C-83/01 P und C-94/01 P, Slg. 2003, S. I-6993.

(7)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Geändert durch die Beitrittsakte von 2003.


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