EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 11.10.2018
COM(2018) 673 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Eine nachhaltige Bioökonomie für Europa
Stärkung der Verbindungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt
{SWD(2018) 431 final}
1.
Einleitung
Wir leben in einer Welt begrenzter Ressourcen. Globale Herausforderungen wie Klimawandel, die Verschlechterung von Böden und Ökosystemen in Verbindung mit einer wachsenden Bevölkerung zwingen uns, unter Berücksichtigung der ökologischen Grenzen unseres Planeten neue Wege für Produktion und Verbrauch zu suchen. Gleichzeitig geht von der Notwendigkeit der Nachhaltigkeit ein starker Anreiz zur Modernisierung unserer Industrie und zur Stärkung der Position Europas in einer höchst wettbewerbsorientierten globalen Wirtschaft aus, was wiederum dem Wohlstand der Bürger zugute kommt. Angesichts dieser Herausforderungen müssen wir im Rahmen gesunder Ökosysteme und einer nachhaltigen Bioökonomie durch Verbesserungen und Innovationen die Art und Weise verändern, wie wir Lebensmittel, Produkte und Materialien herstellen und verbrauchen.
Nachhaltig & kreislauforientiert: Bioökonomie auf europäische Art
Die Bioökonomie umfasst alle Sektoren und Systeme, die auf biologische Ressourcen (Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und daraus gewonnene Biomasse, einschließlich organischer Abfälle) angewiesen sind, sowie deren Funktionen und Grundsätze. Sie beinhaltet und bildet Schnittstellen mit: Land- und Meeresökosystemen und deren Dienstleistungen; allen Sektoren der Primärproduktion, die biologische Ressourcen verwenden und produzieren (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur); sowie allen Wirtschafts- und Industriesektoren, die biologische Ressourcen und Prozesse für die Produktion von Lebens- und Futtermitteln, biobasierten Produkten, Energie und Dienstleistungen einsetzen.
Um erfolgreich zu sein, muss die europäische Bioökonomie die Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt stellen. Daraus werden sich Impulse für die Erneuerung unserer Industrie, die Modernisierung unserer primären Produktionssysteme, den Umweltschutz und die Verbesserung der biologischen Vielfalt ergeben.
Zweck dieser Aktualisierung der Bioökonomie-Strategie
aus dem Jahr 2012 ist es, diese Herausforderungen mit 14 konkreten Maßnahmen anzugehen, die sich aus den Schlussfolgerungen bei Überprüfung der Strategie im Jahr 2017
ergeben haben und die spätestens 2019 anlaufen sollen.
2. Wie die Bioökonomie zu den Prioritäten der EU beitragen kann
Mit dieser Aktualisierung der Strategie aus dem Jahr 2012 soll erreicht werden, dass die Bioökonomie einen größtmöglichen Beitrag zu den wichtigsten politischen Prioritäten der EU leisten kann.
Die Nachhaltigkeit ist nicht nur rechtlich gesehen eine Pflicht, sondern muss auch als Chance für alle Teile Europas begriffen werden – sie ist ein zentrales Anliegen der meisten EU-Prioritäten.
Auf dem Gebiet der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen innerhalb einer effizienten Bioökonomie ist die EU bereits weltweit führend – eine wichtige Voraussetzung für den größten Teil der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung.
Mit einem Umsatz von 2,3 Billionen Euro und einem Anteil von 8,2 % am EU-Arbeitsmarkt
ist die Bioökonomie ein zentraler Sektor für das reibungslose Funktionieren und den Erfolg der EU-Wirtschaft. Setzt Europa auf eine nachhaltige Bioökonomie, dürften vor allem in den lokalen Bioökonomien der Küstenregionen und ländlichen Gebiete der Anteil an Primärproduzenten steigen und damit neue Arbeitsplätze entstehen. Nach Schätzungen der Branche könnten in biobasierten Industriezweigen bis 2030 eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Bei der Verwirklichung dieses Potenzials wird das starke und schnell wachsende Startup-Ökosystem im Biotechnologiesektor eine entscheidende Rolle spielen.
Für die Gestaltung einer kohlenstoffneutralen Zukunft im Einklang mit den Klimaschutzzielen von Paris ist eine nachhaltige europäische Bioökonomie unerlässlich. So bieten z. B. im Bausektor Holzwerkstoffe einen großen Umweltnutzen und eröffnen hervorragende wirtschaftliche Möglichkeiten. Studien zeigen, dass der Bau mit einer Tonne Holz statt einer Tonne Beton zu einer durchschnittlichen Verringerung von 2,1 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen führen könnte – berechnet über den gesamten Lebenszyklus des Produkts (einschließlich Verwendung und Entsorgung).
Eine nachhaltige Bioökonomie ist auch eine wichtige Voraussetzung zur Verringerung der Emissionen im europäischen Energiesektor. Die Bioenergie, die derzeit größte erneuerbare Energiequelle der EU, dürfte auch im Jahr 2030 noch eine wesentliche Komponente des Energiemixes bleiben und zur Erfüllung der EU-Ziele für erneuerbare Energien von 20 % im Jahr 2020 und mindestens 32 % im Jahr 2030 beitragen.
Eine nachhaltige Primärproduktion an Land und auf See bildet die Grundlage für die Nachhaltigkeit der Bioökonomie insgesamt und wird im Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris „negative Emissionen“ und „Kohlenstoffsenken“ liefern.
Eine nachhaltige europäische Bioökonomie unterstützt die Modernisierung und Stärkung der industriellen Basis der EU durch die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten und umweltfreundlicherer und kostengünstigerer Industrieprozesse. Durch die Nutzung von bisher noch nie da gewesenen Fortschritten in den Biowissenschaften und Biotechnologien sowie durch Innovationen, die physikalische, digitale und biologische Bereiche verschmelzen, kann die europäische Industriebasis ihre weltweite Führungsrolle behaupten und ausbauen. Durch Forschung und Innovation sowie die Einführung innovativer Lösungen für die Produktion neuer und nachhaltiger biobasierter Produkte (z. B. Biochemikalien, Biokraftstoffe usw.) wird auch unsere Fähigkeit verbessert, fossile Rohstoffe in sehr großen Teilen der europäischen Industrie (z. B. Baugewerbe, Verpackungen, Textilien, Chemikalien, Kosmetika, Pharmaindustrie, Verbrauchsgüter) im Einklang mit den neuen industriepolitischen Zielen zu ersetzen. Den Prognosen der Industrie zufolge dürfte sich die Nachfrage nach industriellen Biotechnologien im nächsten Jahrzehnt fast verdoppeln.
Eine nachhaltige Bioökonomie ist das erneuerbare Segment der Kreislaufwirtschaft – sie kann Bioabfälle, Rückstände und Rückwürfe in wertvolle Ressourcen umwandeln und Innovationen und Anreize schaffen, die es den Einzelhändlern und Verbrauchern erleichtern, bis 2030 die Verschwendung von Lebensmittelabfällen um 50 % zu verringern. So gelingt es durch Innovationen in der Viehhaltung zunehmend, bestimmte Lebensmittelabfälle zu sicheren Futtermitteln für Tiere zu verarbeiten, sofern die geltenden Regeln und Rechtsvorschriften eingehalten werden.
Schätzungen gehen davon aus, dass der derzeit für den Anbau von Viehfutter genutzte Boden, der durch diese Innovationen eingespart werden kann, weitere drei Milliarden Menschen ernähren könnte.
Die Städte sollten zu den wichtigsten Knotenpunkten der Kreislaufwirtschaft werden. Kreislauforientierte Stadtentwicklungspläne könnten zu erheblichen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen führen. So geht die Stadt Amsterdam davon aus, dass durch eine bessere Wiederverwertung hochwertiger organischer Abfallströme pro Jahr ein Mehrwert von 150 Mio. EUR generiert, langfristig 1 200 neue Arbeitsplätze geschaffen und pro Jahr 600 000 Tonnen Kohlendioxid vermieden werden könnten.
Umgerechnet auf die 50 größten Städte Europas, auf die 11 % der EU-Bevölkerung entfallen, ließen sich diese Zahlen zusammengenommen mindestens um den Faktor 50 steigern.
Die Förderung gesunder Ökosysteme ist eine Priorität der EU. Die Bioökonomie kann beispielsweise durch die erfolgreiche Säuberung von Meeren und Ozeanen von Kunststoffen dazu beitragen, Ökosysteme wieder herzustellen. Die Europäische Umweltagentur rät bereits dazu, biobasierte, biologisch abbaubare Materialien als Alternative für Kunststoffe dort einzusetzen, wo ein hohes Risiko besteht, dass die Kunststoffe in das Ökosystem gelangen, etwa bei Schmierölen, dem Abrieb und der Abnutzung ausgesetzten Materialien und Einwegprodukten.
Zudem trägt eine nachhaltige Bioökonomie dazu bei, die Ziele der Bodendegradationsneutralität bis 2030 und der Wiederherstellung von mindestens 15 % der geschädigten Ökosysteme bis 2020
– und damit die Ziele für nachhaltige Entwicklung – zu erreichen.
Die Verwirklichung dieses Potenzials wird nicht von allein gelingen. Dies erfordert Investitionen, Innovationen, die Entwicklung von Strategien und die Umsetzung systemischer Veränderungen, die sich auf verschiedene Sektoren (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Aquakultur, Lebensmittel, biobasierte Industrie) verteilen. Es bedeutet, dass wir unsere Fähigkeit stärken müssen, die sich aus unterschiedlichsten Innovationen ergebenden Chancen in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu verwandeln und so neue Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen. Und es bedeutet, dies auf europäische Art zu tun: Nachhaltigkeit und Kreislauforientierung als Impuls für wirtschaftliche Tragfähigkeit.
Hierzu kommt es darauf an, dass Forschung und Innovation in der EU größtmögliche Wirkung entfalten
. Damit Europa zu einem Vorreiter auf dem Markt der Innovationen werden kann, bedarf es einer innovationsfreundlichen Regulierung und Finanzierung. Dies wurde auch in der jüngst überarbeiteten Europäischen Agenda für Forschung und Innovation unterstrichen
. Horizont 2020 und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung werden weiterhin komplementär wichtige Ergebnisse im Bereich der Forschung und Innovation liefern, mit denen bereichsübergreifende Herausforderungen und Chancen in der Bioökonomie angegangen werden können. Mit ihren Vorschlägen für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2021-27 beabsichtigt die Kommission, wichtige Impulse zur Stärkung systemischer Forschung und Innovation in den von der Bioökonomie abgedeckten Bereichen und Sektoren zu geben und hat hierzu insbesondere für das Horizont-Europa-Cluster „Lebensmittel und natürliche Ressourcen“
10 Mrd. EUR
vorgesehen. Dies zeigt sich auch in den vielen Strategien für eine intelligente Spezialisierung, in denen mit der Bioökonomie zusammenhängende Schwerpunkte festgelegt wurden, sowie bei den Plattformen und Partnerschaften für intelligente Spezialisierung, an denen sich EU-Regionen gemeinsam beteiligen können, was deren Einbeziehung erleichtert. Forschung und Innovation in der Bioökonomie sind auch global betrachtet ein wichtiger Kooperationsbereich.
Es ist jedoch notwendig, über Forschung und Innovation hinauszugehen und einen strategischen und systemischen Ansatz für die Einführung von Innovationen zu entwickeln, damit die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Vorteile der Bioökonomie in vollem Umfang zum Tragen kommen können. Ein solcher Ansatz sollte alle Akteure über Gebiete und Wertschöpfungsketten hinweg zusammenbringen, sodass festgestellt werden kann, welcher Bedarf besteht und welche Maßnahmen notwendig sind. Er verlangt ein sektorübergreifendes Herangehen an die systemischen Herausforderungen, wie etwa die Nutzung von Synergien und das Eingehen von Kompromissen, und schafft so die Voraussetzungen für einen beschleunigten Einsatz von Modellen der Kreislaufwirtschaft. Mit diesem Ansatz wird dafür gesorgt, dass alle verfügbaren Instrumente und Strategien optimal genutzt werden und Synergien mit anderen EU- und nationalen Fonds und Instrumenten, insbesondere mit der gemeinsamen Agrarpolitik, der gemeinsamen Fischereipolitik sowie der Kohäsionspolitik und den Finanzinstrumenten im Rahmen des InvestEU-Programms entstehen.
3. Erschließung des Potenzials der Bioökonomie
Das 2012 festgelegte Ziel der Bioökonomie-Strategie, „den Weg [...] für eine innovativere, ressourceneffizientere und wettbewerbsfähigere Gesellschaft [zu bereiten], die in der Lage ist, Ernährungssicherheit und nachhaltige Nutzung erneuerbarer Ressourcen für industrielle Zwecke miteinander zu vereinbaren und gleichzeitig dem Umweltschutz genüge zu tun“, ist nach wie vor gültig. Bei der Überprüfung der Strategie
wurde anerkannt, dass insbesondere bei der Mobilisierung von Forschung und Innovation, der Steigerung von Privatinvestitionen, der Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten, der Förderung nationaler Bioökonomie-Strategien und der Einbeziehung von Interessenträgern Erfolge erzielt worden waren. Die Überprüfung ergab, dass die fünf Ziele der Bioökonomie-Strategie von 2012 weiterhin gelten.
Der Beitrag, den die Bioökonomie-Strategie sowohl für die Kreislaufwirtschaft als auch die Energieunion leistet, wurde darin zwar anerkannt, doch wurde auch darauf verwiesen, dass der Umfang ihres Beitrags entsprechend den europäischen Prioritäten insgesamt angepasst und die Maßnahmen daher neu ausgerichtet werden sollten, um im Hinblick auf diese Prioritäten eine größere Wirkung zu erzielen – siehe hierzu insbesondere die neue Strategie für die Industriepolitik
, den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft
und das Paket zur sauberen Energie für alle Europäer
.
Das erste Ziel, die Gewährleistung der Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit, ist nach wie vor kritisch. Etwa drei Viertel aller Beschäftigten in der Bioökonomie und etwa zwei Drittel des Umsatzes der Bioökonomie entfallen auf die Ernährungs- und Bewirtschaftungssysteme. Deren Nachhaltigkeit steht durch die wachsende Weltbevölkerung, veränderte Verbrauchs- und Ernährungsgewohnheiten, die nicht nachhaltige Nutzung von Biomasse und Abfall sowie den Klimawandel zunehmend unter Druck
. Die Umstellung auf nachhaltige, gesunde, ernährungsrelevante, ressourcenschonende, robuste, kreislauforientierte und integrative Ernährungs- und Bewirtschaftungssysteme muss beschleunigt werden. Dies beinhaltet die Umwandlung von organischen Abfällen, Rückständen und Nahrungsmittelrückwürfen in wertvolle und sichere biobasierte Produkte, z. B. durch den Einsatz kleiner Bioraffinerien, die Unterstützung von Landwirten, Forstwirten und Fischern bei der Diversifizierung ihrer Einnahmequellen und der besseren Steuerung der Marktrisiken bei gleichzeitiger Erreichung der Ziele der Kreislaufwirtschaft.
Das zweite Ziel, die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, ist angesichts der zunehmenden Umweltbelastungen und des Verlusts an biologischer Vielfalt
wichtiger denn je. Um eine Verschlechterung der Ökosysteme zu vermeiden und um ihre Funktionen wiederherzustellen und zu verbessern, sind rechtzeitige Maßnahmen erforderlich, um die Nahrungsmittel- und Wasserversorgungssicherheit zu erhöhen und um durch „negative Emissionen“ und „Kohlenstoffsenken“ einen nachhaltigen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abschwächung seiner Folgen zu leisten
.Insbesondere für den Erhalt und die Produktivität gesunder Ökosysteme in Meeren, Ozeanen, Wäldern und Böden ist die Biodiversität von entscheidender Bedeutung. Auch müssen wir unsere Fähigkeit verbessern, den Zustand und die Entwicklung unserer natürlichen Ressourcen überwachen und vorhersagen zu können.
Das dritte Ziel, die Reduzierung der Abhängigkeit von nicht erneuerbaren und nicht nachhaltigen – heimischen oder nicht heimischen – Ressourcen ist für die Erreichung der Energie- und Klimaziele der EU unerlässlich, wobei die Bioenergie die derzeit größte Quelle für erneuerbare Energien der EU ist und für den Energiemix bis zum Jahr 2030 auch bleiben dürfte
. Ein gestärkter biobasierter Sektor kann bewirken, dass im Einklang mit den Verpflichtungen der EU im Rahmen des Übereinkommens von Paris nicht erneuerbare Ressourcen schneller substituiert werden. Darüber hinaus tragen Industriesymbiose und innovative industrielle biobasierte Prozesse
zur Ökologisierung von Industrien und zur Entwicklung von kreislauforientierten Bioökonomien und Produkten bei, beispielsweise durch eine innovative Wertschöpfung des bedeutenden Anteils an Bioabfällen in den Städten.
Das vierte Ziel, die Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, ist die globale Herausforderung schlechthin dieser Generation. Eine nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie ist mit Blick auf die langfristige Strategie zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die Erreichung eines treibhausgasneutralen Europas unverzichtbar. Darüber hinaus verfügt eine nachhaltige Biowirtschaft über ein großes Potenzial zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, da sie ressourceneffizientere, aktivere und nachhaltigere Primärproduktionspraktiken für Land und Meer fördert und die Fähigkeit der Ökosysteme zur Regulierung des Klimas stärkt, z. B. durch die Einführung von Innovationen in der Kohlenstoff-Landwirtschaft.
Das fünfte Ziel, Schaffung von Arbeitsplätzen und Erhalt der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, ist ein zentrales politisches Ziel der Bioökonomie. Unterstützt wird die weltweite Wettbewerbsfähigkeit und die Neuausrichtung der europäischen Industrie durch die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Einführung von Innovationen und die Entwicklung von Märkten für biobasierte Produkte, z. B. durch die Vergabe öffentlicher Aufträge
, die Normung sowie durch Strategien für erneuerbare Energien und die CO2-Bepreisung5. Die Bioökonomie bietet enorme Chancen für neue Arbeitsplätze, regionale Wirtschaftsentwicklung und einen verbesserten territorialen Zusammenhalt, auch in abgelegenen Gebieten oder in Randgebieten. Sie verfügt über das Potenzial, Land- und Forstwirten sowie Fischern eine erhebliche Diversifizierung ihrer Einkommen zu ermöglichen, und die lokale ländliche Wirtschaft durch verstärkte Investitionen in Qualifizierung, Wissen, Innovation und neue Geschäftsmodelle, wie in der Cork-2.0-Erklärung von 2016 empfohlen, zu fördern
.
4.
Maßnahmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft
Zur Unterstützung der fünf Ziele vor dem Hintergrund der weiterentwickelten politischen Prioritäten werden in dieser aktualisierten Strategie drei Hauptbereiche für Maßnahmen vorgeschlagen:
1.Stärkung und Ausweitung der biobasierten Sektoren, Mobilisierung von Investitionen und Entwicklung von Märkten;
2.schneller europaweiter Aufbau lokaler Bioökonomien;
3.Erforschung der ökologischen Grenzen der Bioökonomie.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden auf den bisherigen erfolgreichen Investitionen im Bereich der Forschung und Innovation aufbauen und über diese hinausgehen. Zur Weiterentwicklung und Ausweitung der Bioökonomie und zur Gewährleistung ihrer Nachhaltigkeit und Zirkulariät wird mit dem Aktionsplan ein Systemansatz verfolgt. Er umfasst mehrere, mit der Bioökonomie zusammenhängende Sektoren und Politikbereiche, verknüpft diese, erleichtert Kohärenz und Synergien, zeigt Kompromisse auf – etwa für die konkurrierende Nutzung von Biomasse – und soll der Union als Blaupause für die Erschließung des Potenzials der Bioökonomie und deren effiziente Nutzung für viele ihrer politischen Ziele dienen. Die Maßnahmen werden im bereits vorhandenen Kontext des Internationalen Biookonomie-Forums und des Weltgipfels zur Bioökonomie umgesetzt, damit Synergien mit den Maßnahmen von gleichgesinnten Partnern genutzt werden können.
4.1 Stärkung und Ausweitung der biobasierten Sektoren, Mobilisierung von Investitionen und Entwicklung von Märkten
Um die Entwicklung und Einführung nachhaltiger und kreislauforientierter biobasierter Lösungen, von denen die Modernisierung, Stärkung und Wettbewerbsfähigkeit unserer industriellen Basis abhängen, zu beschleunigen, wird die EU die Mobilisierung öffentlicher und privater Akteure im Bereich der Forschung, Demonstration und Einführung biobasierter Lösungen (Maßnahme 1.1) intensivieren. Dazu gehört zum Beispiel die Förderung von Technologien wie der künstlichen Intelligenz und innovativen Lösungen, die für den Einsatz in kleinem Maßstab geeignet und leicht nachzuahmen sind. Im Rahmen von Horizont 2020 hat die öffentlich-private Partnerschaft der EU für biobasierte Industriezweige eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Einführung neuer biobasierter Wertschöpfungsketten gespielt, die auf der Nutzung erneuerbarer Ressourcen, einschließlich Abfall, basieren
. Diese Maßnahme wird es ermöglichen, ein Instrumentarium für Lösungen zur Verarbeitung von Biomasse zu biobasierten Produkten zu entwickeln, das die Modernisierung und die Erneuerung unserer Industrie in einer Reihe von Bereichen unterstützt.
Neben den im Rahmen von Horizont 2020 gewährten Finanzhilfen für Forschung und Innovation wird die EU für die kreislauforientierte Bioökonomie eine mit 100 Mio. EUR ausgestattete thematische Investitionsplattform
als spezielles Finanzierungsinstrument einrichten (Maßnahme 1.2), um das Risiko privater Investitionen in nachhaltige Lösungen zu verringern. Bei dieser Maßnahme werden Synergien mit laufenden und künftigen EU-Initiativen genutzt und gestärkt – etwa der Kapitalmarktunion, dem InvestEU-Programm, der gemeinsamen Agrarpolitik und dem ETS-Innovationsfonds.
Damit das Potenzial des biobasierten Sektors ausgeschöpft werden kann, müssen dessen Vorteile weiter bekannt gemacht werden und er muss hinsichtlich der Markt- und Regulierungsbedingungen den fossilbasierten Industrien gleichgestellt werden. Ziel dieser Maßnahme ist es, zu erkennen‚ welche Engpässe, begünstigenden Faktoren und Lücken biobasierte Innovationen und deren weitreichende Einführung beeinflussen, und Orientierung zu geben‚ damit bestehende Normen und Kennzeichnungen besser bekannt gemacht werden können und festgestellt werden kann, ob insbesondere für biobasierte Produkte neue Normen und Kennzeichnungen entwickelt werden müssen (Maßnahme 1.3).
Um die Marktakzeptanz zu erhöhen und das Vertrauen der Verbraucher zu stärken, müssen mehrere Instrumente eingesetzt werden. Dies erfordert die Verfügbarkeit zuverlässiger und vergleichbarer Informationen über die Umweltleistung und ihre Anwendung auf umweltpolitische Instrumente (z. B. das EU-Umweltzeichen und die umweltgerechte öffentliche Auftragsvergabe), sofern sich dies aus ökologischer Sicht als nützlich erweist. Die Generierung und Verwendung von Daten muss der PEF-Methode entsprechen. Auch die Förderung und Ausarbeitung von Normen, die als Grundlage für bereits vorhandene freiwillige Kennzeichnungen dienen und zur Überprüfung von Produkteigenschaften herangezogen werden können, fällt hierunter (Maßnahme 1.4). Insgesamt werden die Maßnahmen zur Diversifizierung, Entwicklung und Verbreitung biobasierter Lösungen beitragen. Darüber hinaus soll der Aufbau neuer nachhaltiger Bioraffinerien erleichtert und deren Typ und geschätztes Potenzial bestätigt werden. Gegenwärtig wird von etwa 300 neuen Bioraffinerien ausgegangen (Maßnahme 1.5)
. Dies erfolgt auf der Grundlage der Verfügbarkeit nachhaltig gewonnener Ressourcen.
Schließlich werden die Maßnahmen im Hinblick auf die globale Herausforderung der plastikfreien Ozeane und in dem Bemühen, Wachstumsperspektiven für innovative biobasierte Geschäftsmodelle und Produkte zu bieten, das Potenzial der Bioökonomie so kanalisieren, dass ein Beitrag zur Bekämpfung der Verschmutzung der europäischen Meere und Ozeane sowie der Binnengewässer durch Plastik
und zur Wiederherstellung der Wasserqualität und der Ökosysteme (Maßnahme 1.6) geleistet werden kann. Die Maßnahme wird beispielsweise die Hauptakteure in der Wertschöpfungskette Kunststoff mobilisieren, damit sie die Entwicklung von Ersatzprodukten für fossile Ressourcen, insbesondere von biobasierten, rezyklierbaren und marinen biologisch abbaubaren Ersatzstoffen für Kunststoffe fördern.
4.2 Schnelle europaweite Einführung lokaler Bioökonomien
Die Europäische Kommission wird alle Arten von Innovationen und Verfahren für nachhaltige Ernährungs- und Bewirtschaftungssysteme, Forstwirtschaft und biobasierte Produktion aktiv unterstützen und fördern, indem sie einen systemischen und bereichsübergreifenden Ansatz verfolgen wird, der Akteure, Gebiete und Wertschöpfungsketten miteinander verbindet. Sie wird eine Agenda für die strategische Einführung ausarbeiten (Maßnahme 2.1), in der sie die Pfade aufzeigt, auf denen die Bioökonomie langfristig, nachhaltig und kreislauforientiert eingeführt und ausgeweitet werden kann. Dieser systemische Ansatz wird sich unter anderem mit folgenden Bereichen befassen:
-Sicherung der Zukunftsfähigkeit von terrestrischen und aquatischen Ernährungs- und Bewirtschaftungssystemen unter den Aspekten Verschwendung, Verluste und Nebenprodukte von Nahrungsmitteln (einschließlich Nährstoffrecycling), Widerstandsfähigkeit, Notwendigkeit einer ernährungsorientierten Nahrungsmittelproduktion, mehr Nahrungsmittel aus der nachhaltigen Nutzung von Meeren und Ozeanen
, mit einem höheren Anteil an der Aquakulturproduktion in der EU und intensivierter Markteinführung.
-Biobasierte Innovationen, auch in der Landwirtschaft, zur Entwicklung neuer Chemikalien, Produkte, Verfahren und Wertschöpfungsketten für biobasierte Märkte in ländlichen Gebieten und Küstengebieten, mit Beteiligung der und einem größerem Nutzen für die Primärerzeuger.
-Neue Möglichkeiten für den Forstsektor im Hinblick auf die Substituierung nichtnachhaltiger Rohstoffe im Baugewerbe sowie von Verpackungen aus biobasierten Materialien, für nachhaltigere Innovationen wie etwa Textilien, Möbel und Chemikalien aus forstwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie für neue Geschäftsmodelle auf der Grundlage der Wertschöpfung forstwirtschaftlicher Ökosystemleistungen;
-Nutzung des Potenzials der Meereswirtschaft – Algen und andere Meeresressourcen – durch Ausbau und Markteinführung mariner biobasierter Industriezweige sowie die weitere Integration der Meeres- und Landwirtschaft.
Konkrete Maßnahmen zur Entwicklung dieser Agenda für die strategische Einführung werden deutlich machen, welch enormes Potenzial die Bioökonomie für die Entwicklung von ländlichen, Küsten- und Stadtgebieten birgt. Zur Stärkung der Synergien zwischen bereits vorhandenen EU-Instrumenten für die Förderung lokaler Aktivitäten werden Pilotaktionen durchgeführt, um die Bioökonomie stärker in den Mittelpunkt zu stellen (Maßnahme 2.2). In einer ersten Runde werden fünf Pilotmaßnahmen eingeleitet:
·Das Pilotprojekt „Blaue Bioökonomie“ wird das Potenzial der Konzepte der blauen Bioökonomie in Küstengebieten und auf Inseln erschließen. Die EU-Strategie für den Ostseeraum hat sich als gutes Bottom-up-Instrument erwiesen, um vorhandene Mittel in lokal angepasste Bioökonomie-Modelle zu lenken
. Vorgeschlagen wird, ähnliche Maßnahmen auf andere Meeresbecken sowie Küsten- und Meeresgebiete auszudehnen, u. a. durch die Nutzung des Europäischen Meeres- und Fischereifonds.
·Im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik werden konkrete Maßnahmen entwickelt, um integrative Bioökonomien in ländlichen Gebietenzu fördern. Ziel ist es, die nationalen Bioökonomie-Strategien und die nationalen Strategiepläne im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik besser miteinander zu verknüpfen. Die Verbreitung bewährter Verfahren zur Förderung der Einführung der Bioökonomie wird es den Primärerzeugern ermöglichen, von den Möglichkeiten zu profitieren, die diese neuen systemischen Bioökonomie-Konzepte bieten.
·Durch das Pilotprojekt für städtische Bioökonomien werden 10 europäische Städte in die Lage versetzt, organische Abfälle nicht mehr als gesellschaftliches Problem wahrzunehmen, sondern diese Abfälle in eine wertvolle Ressource für die Produktion biobasierter Produkte umzuwandeln. Darüber hinaus sollten die Sanierung von Industriebrachen und die Anwendung von Prozessen und Technologien im Bereich der Kreislaufwirtschaft in Stadtgebieten weiter ausgebaut werden, um die nachhaltige Beschaffung von Biomasse zu diversifizieren und neue Geschäftsmöglichkeiten zu schaffen.
·Das Pilotprojekt Kohlenstoff-Landwirtschaft wird die Mitgliedstaaten darin bestärken, einen Fonds einzurichten, um CO2-Gutschriften von Landwirten und Waldbesitzern zu erwerben, die spezifische Projekte zur Steigerung der Kohlenstoffbindung in Boden und Biomasse und/oder zur Verringerung der Emissionen im Tierhaltungssektor oder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Düngemitteln durchführen.
·„Living Labs“ werden eingerichtet, um ortsbezogene Innovationen zu entwickeln und zu erproben, die auf den ökologischen Konzepten und der Kreislauforientierung in der Primärproduktion und im Lebensmittelbereich beruhen. So können Innovationen an standortspezifische Bedürfnisse angepasst, die einschlägigen Akteure einbezogen und die weitere Akzeptanz und Verbreitung dieser Innovationen erleichtert werden.
Um sicherzustellen, dass alle Gebiete der Union die Möglichkeit haben, ihr Bioökonomiepotenzial zu entfalten, wird im Rahmen von Horizont 2020 eine EU-Fazilität für die Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Bioökonomie (Maßnahme 2.3) eingerichtet. Sie wird die Entwicklung nationaler und regionaler Bioökonomie-Strategien, auch in entlegenen Gebieten, Kandidaten- und Beitrittsländern, unterstützen
.
Der systemische und bereichsübergreifende Charakter der neuen und sich entwickelnden Konzepte der Bioökonomie sowie die neuen Wertschöpfungsketten erfordern neue Ausbildungs- und Qualifizierungsinhalte (Maßnahme 2.4). Diese müssen an die verschiedenen Bedürfnisse der jeweiligen Bioökonomie-Sektoren angepasst werden (z. B. an der Schnittstelle zu Agrologie, Biorefining, Ökologie und anderen Disziplinen), damit schnell und flexibel auf die sich abzeichnenden und stetig wachsenden Bedürfnisse der Bioökonomie reagiert werden kann. Unter diese Maßnahme fällt auch das Pilotprojekt zu den Lehrplänen für die Berufsbildung und für Hochschule, die Einbeziehung von Sozialpartnern sowie die Entwicklung von Programmen für unternehmerische Initiative.
4.3 Erforschung der ökologischen Grenzen der Bioökonomie
Damit wir aus der Bioökonomie einen Nutzen für die Nachhaltigkeit ziehen können, müssen wir ihre Auswirkungen auf die ökologischen Grenzen unseres Planeten besser verstehen und messen können. Dies ist notwendig, um die Bioökonomie so zu entwickeln, dass der Druck auf die Umwelt gemindert, die biologische Vielfalt respektiert und geschützt wird und das gesamte Spektrum der Ökosystemdienstleistungen gestärkt wird. Die folgenden Maßnahmen zielen darauf ab, die Kenntnisse und das Monitoring der Bioökonomie insgesamt zu verbessern. Sie alle sind der Notwendigkeit geschuldet, das Wissen über die lokalen, regionalen und globalen Grenzen einer nachhaltigen Versorgung mit Biomasse zu vertiefen. Dieses Wissen wird in die anderen operativen Maßnahmen dieser Strategie einfließen. Diese Maßnahmen werden die Grundlage schaffen, um die Widerstandsfähigkeit von Land- und Meeresökosystemen zu stärken, ihre biologische Vielfalt zu verbessern und ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels zu gewährleisten und gleichzeitig unsere fossil-basierte Wirtschaft auf eine biobasierte Wirtschaft umzustellen.
Zur Erweiterung der Wissensbasis und zur Erforschung einzelner Bereiche der Bioökonomie müssen mehr Daten und zuverlässigere Informationen (etwa mithilfe künstlicher Intelligenz) erhoben und die Daten und Informationen – beispielsweise zu folgenden Bereichen – systematisch analysiert werden (Maßnahme 3.1):
-Zustand und Widerstandsfähigkeit terrestrischer (land- und forstwirtschaftlicher) sowie mariner Ökosysteme und ihrer biologischen Vielfalt. Dies beinhaltet die damit verbundenen sozioökonomischen Kosten und Nutzeffekte sowie die Fähigkeit der Systeme, als nachhaltige einheimische Biomasse-Quelle zu dienen, Kohlendioxid zu binden und die Klimaresistenz zu verbessern.
-Nachhaltige Verfügbarkeit von Biomasse sowie öffentliche und private Investitionen in die Bioökonomie.
Die Erweiterung der Wissensbasis umfasst auch vorausschauende sektorübergreifende Bewertungen, Modelle und Szenarien. Die Fortschritte in der Bioökonomie werden systematisch überwacht, um eine verantwortungsvolle und inklusive Governance und eine kohärente Politikgestaltung zu gewährleisten. Überwacht wird auch der Zustand der biologischen Vielfalt, des Ökosystems, degradierter Flächen und der durch den Klimawandel gefährdeten Böden‚ z. B. durch Desertifikation, damit Land- und Meeresökosysteme wieder hergestellt werden können. Die Kommission wird ein unionsweites, international kohärentes Monitoringsystem einführen (Maßnahme 3.2), um die Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft in Europa zu verfolgen und damit verbundene Politikbereiche zu unterstützen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um eine Orientierung für den Einsatz der Bioökonomie innerhalb sicherer ökologischer Grenzen zu bieten (Maßnahme 3.3).
Die Vorteile der biodiversitätsreichen Ökosysteme werden durch eine gezielte Unterstützung der Agro-Ökologie, die Entwicklung mikrobiombasierter Lösungen, neue Werkzeuge zur Integration der Bestäuber in Wertschöpfungsketten und die spezifische Unterstützung für die Agroökologie (Maßnahme 3.4) besser in die Primärerzeugung integriert.
Die mit diesen Maßnahmen gewonnenen Daten und Informationen werden über das Wissenszentrum für Bioökonomie öffentlich zugänglich gemacht.
5. Schlussfolgerung
Die begrenzten biologischen Ressourcen und Ökosysteme unseres Planeten sind von entscheidender Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, sauberem Wasser sowie erschwinglicher und umweltfreundlicher Energie. Eine nachhaltige Bioökonomie ist zur Bekämpfung des Klimawandels und der Degradation von Böden und Ökosystemen unverzichtbar. Sie wird dazu beitragen, die aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Futtermitteln, Energie, Werkstoffen und Produkten zu bewältigen und unsere Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Ressourcen zu verringern.
Die Einführung einer nachhaltigen und kreislauforientierten Bioökonomie wird die Wettbewerbsfähigkeit der Bioökonomiesektoren steigern, die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten in Europa unterstützen und gleichzeitig den Gesamtzustand unserer natürlichen Ressourcen verbessern. Eine solche Bioökonomie wird sich hauptsächlich auf heimische, nachhaltige erneuerbare Ressourcen sowie auf Fortschritte in den Wissenschaften, Technologien und Innovationen stützen, die physikalische, digitale und biologische Komponenten in einigen der wichtigsten Sektoren und Industriezweige der EU verschmelzen.
In dieser Strategie werden Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklung des ländlichen Raums und der Küstengebiete, auch in abgelegenen Gebieten, vorgeschlagen, um eine gerechtere Aufteilung der Vorteile einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Biowirtschaft in europäischen Gebieten und Wertschöpfungsketten zu gewährleisten. Diese Maßnahmen werden sicherstellen, dass die Bioökonomie die Grenzen unseres Planeten respektiert. Eine nachhaltige Bioökonomie muss die natürlichen Ressourcen respektieren und Umweltbelastungen verringern, den Einsatz nachhaltiger erneuerbarer Produkte erhöhen und die Funktionen und die biologische Vielfalt von Ökosystemen wiederherstellen und verbessern. Sie unterstützt nachhaltigere und kreislauforientierte „Post-waste“-Nahrungsmittelsysteme sowie die Primärproduktion an Land und auf See.
Die Verwirklichung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft wird dazu führen, dass unser wirtschaftlicher Wohlstand und die Gesundheit unserer Umwelt einander verstärken. Um die wirksame Umsetzung der vorgeschlagenen politischen Ziele zu gewährleisten, wird die Kommission regelmäßig über die Fortschritte des Aktionsplans Bericht erstatten und sich zur Anpassung oder Einstellung von Tätigkeiten verpflichten, die nicht in zufriedenstellender Weise zu den Zielen der Strategie beitragen.
Bezeichnung der Maßnahme
|
Wer?
|
1 Stärkung und Ausweitung der biobasierten Sektoren, Mobilisierung von Investitionen und Entwicklung von Märkten
|
1.1 Mobilisierung öffentlicher und privater Akteure im Bereich der Forschung, Demonstration und Einführung nachhaltiger, inklusiver und kreativer biobasierter Lösungen
|
Kommission, Mitgliedstaaten und Regionen, Interessenträger
|
1.2 Einrichtung der mit 100 Mio. EUR ausgestatteten thematischen Investitionsplattform für die kreislauforientierte Bioökonomie
|
Kommission
|
1.3 Studie und Analyse von Faktoren und Engpässen sowie Leitfaden für den Einsatz biobasierter Innovationen
|
Kommission
|
1.4 Förderung und/oder Entwicklung von Normen und neuen marktbasierten Anreizen sowie Verbesserung der Kennzeichnung biobasierter Produkte auf der Grundlage zuverlässiger und vergleichbarer Daten über die Umwelt- und Klimaleistung
|
Kommission und Mitgliedstaaten/Interessenträger
|
1.5 Erleichterung des Aufbaus neuer nachhaltiger Bioraffinerien und Bestätigung ihres Typs und ihres geschätzten Potenzials
|
Kommission und Mitgliedstaaten
|
1.6 Investitionen in Forschung und Innovation für die Entwicklung von Ersatzstoffen für fossile Materialien auf der Grundlage biobasierter, recyclingfähiger und mariner biologisch abbaubarer Rohstoffe sowie von Methoden zur biologischen Regenerierung durch Mobilisierung der wichtigsten Akteure in den einschlägigen Wertschöpfungsketten, einschließlich der Wertschöpfungskette Kunststoff, und als Beitrag zu plastikfreien, gesunden und produktiven europäischen Meeren und Ozeanen
|
Kommission, Interessenträger
|
Bezeichnung der Maßnahme
|
Wer?
|
2 Schnelle europaweite Einführung lokaler Bioökonomien
|
2.1 Agenda für die strategische Einführung nachhaltiger Ernährungs- und Bewirtschaftungssysteme, Forstwirtschaft und biobasierter Produktion in einer kreislauforientierten Bioökonomie
|
Kommission, Mitgliedstaaten, Privatsektor, Interessenträger
|
2.2 Pilotaktionen zur Unterstützung der Entwicklung der lokalen Bioökonomie (ländliche, Küsten- und Stadtgebiete) durch Instrumente und Programme der Kommission
|
Kommission, Mitgliedstaaten, Regionen, Kommunen und andere Interessenträger
|
2.3 Einrichtung einer EU-Fazilität zur Unterstützung der Bioökonomie und eines Europäischen Forums für Bioökonomie für die Mitgliedstaaten
|
Kommission und Mitgliedstaaten
|
2.4 Förderung der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie der Qualifizierung in der Biowirtschaft
|
Kommission und Mitgliedstaaten
|
3 Erforschung der ökologischen Grenzen der Bioökonomie
|
3.1 Vertiefung des Wissens über die Bioökonomie, auch in Bezug auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme, im Hinblick auf ihren Einsatz innerhalb sicherer ökologischer Grenzen und Zurverfügungstellung dieses Wissens über das Wissenszentrum für Bioökonomie
|
Kommission, Mitgliedstaaten, internationale Organisationen, IPBES
|
3.2 Verstärkte Beobachtung, Messung, Überwachung und Berichterstattung sowie Aufbau eines EU-weiten, international kohärenten Monitoring-Systems zur Verfolgung der wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Biowirtschaft
|
Kommission, Mitgliedstaaten, Privatsektor
|
3.3 Bereitstellung freiwilliger Leitfäden für eine Biowirtschaft innerhalb sicherer ökologischer Grenzen
|
Kommission
|
3.4 Bessere Integration der Vorteile der biodiversitätsreichen Ökosysteme in der Primärproduktion durch eine gezielte Unterstützung der Agro-Ökologie, der Entwicklung mikrobiombasierter Lösungen und neue Werkzeuge zur Integration der Bestäuber in Wertschöpfungsketten
|
Kommission, Mitgliedstaaten, private Interessenträger
|