EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 24.7.2020
COM(2020) 606 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
EU-Agenda zur Drogenbekämpfung und Aktionsplan für den Zeitraum 2021-2025
I.Einführung – Neue Impulse für die umfassende Bewältigung der Drogenproblematik
Im Einklang mit der neuen Strategie für die Sicherheitsunion 2020-2024 beabsichtigt die Kommission, die EU-Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Drogen durch eine solide neue EU-Agenda zur Drogenbekämpfung erheblich auszubauen. Neben den Schäden für Einzelne wie Tod, Beeinträchtigung der Gesundheit und mangelnde Ausschöpfung des eigenen Potenzials sind auch Schäden in Form einer verminderten Lebensqualität in den Gemeinschaften festzustellen, die von Drogenproblemen betroffen sind. Der illegale Drogenmarkt in der EU wird auf einen Straßenhandelswert von mindestens 30 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt und stellt eine wichtige Einnahmequelle für organisierte kriminelle Gruppen in der EU dar. Es ist wichtig, den erheblichen wirtschaftlichen Schaden, der dem Drogenkonsum zuzuschreiben ist, und ganz allgemein die beträchtlichen indirekten negativen Auswirkungen des Drogenmarkts, die durch seine Verbindungen mit einem breiteren Spektrum krimineller Aktivitäten, durch die Störung der legalen Wirtschaft, durch die Gewalt in den Gemeinschaften, durch die Umweltschäden und durch seine Rolle als wichtiger Treiber für Korruption, die eine verantwortungsvolle Staatsführung untergraben kann., entstehen, im Blick zu haben.
Alle verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass sowohl natürliche als auch synthetische Drogen in Europa insgesamt nach wie vor in hohem Ausmaß verfügbar sind. Der europäische Drogenmarkt ist zunehmend dadurch gekennzeichnet, dass die Öffentlichkeit Zugang zu einer großen Vielfalt hochreiner und hochwirksamer Drogen hat, die real meist genauso viel oder weniger als in den letzten zehn Jahren kosten. Der Konsum von Heroin und anderen Opioiden ist nach wie vor für den größten Teil der drogenbedingten Gesundheitsschäden verantwortlich. Die Balkanroute ist weiterhin der wichtigste Korridor, auf dem Heroin in die EU gelangt, und augenscheinlich stammt beschlagnahmtes Cannabiskraut weiterhin zu einem erheblichen Teil aus den westlichen Balkanstaaten. Kokain ist nach Cannabis die am zweithäufigsten konsumierte illegale Droge in der EU. Die Verwendung von Containern für den Kokainschmuggel führt dazu, dass mittlerweile häufig große Mengen dieser Droge in den Häfen beschlagnahmt werden. Das auf der Ebene des Großhandels in Europa beschlagnahmte Kokain hat einen hohen Reinheitsgrad von oft mehr als 85 %. Nordafrika scheint sich zu einem bedeutenderen Transitgebiet sowohl für den Luft- als auch den Seetransport von Kokain und Cannabisharz zu entwickeln, das für den europäischen Markt und möglicherweise auch für andere Märkte bestimmt ist.
Darüber hinaus werden Cannabis und synthetische Drogen auch in der EU selbst in beträchtlichen Mengen produziert. Was die neuen psychoaktiven Substanzen angeht, ist die Zahl der Neuentdeckungen in Europa zwar zurückgegangen, doch werden sie nach wie vor überwiegend aus China und Indien versandt, die auch die Hauptquellenländer für die Drogenausgangsstoffe sind, die hauptsächlich zur Herstellung illegaler synthetischer Drogen in der EU verwendet werden. Die EU scheint auch zunehmend als Transitgebiet für einige für andere Märkte bestimmte Drogen, wie Kokain, genutzt zu werden. Andere Drogen, wie z. B. hochwirksame synthetische Opioide, werden zunehmend online gehandelt und per Post versandt. Schließlich ist festzustellen, dass das Drogenphänomen in der heutigen vernetzten Welt einen zunehmend globalen Charakter hat. Dies veranlasste die internationale Gemeinschaft, sich darauf zu einigen, ihre Maßnahmen zu verstärken, die Zusammenarbeit zu intensivieren und die Umsetzung der gemeinsamen Verpflichtungen zur Bewältigung der globalen Drogenproblematik im Rahmen der Ministererklärung der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (CND) von 2019 zu beschleunigen.
Die organisierten kriminellen Gruppen, von denen mehr als ein Drittel direkt auf den Drogenmärkten agiert‚ sind zudem sehr anpassungsfähig. Während der COVID-19-Pandemie war der Transport von Drogen in großen Mengen zwischen den Mitgliedstaaten in vielen Fällen trotz der Reise- und Ausgangsbeschränkungen nicht beeinträchtigt. Allerdings wirkten sich die Abriegelungsmaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 vorübergehend störend auf den globalen Drogenmarkt aus, was zu einigen Engpässen und zu höheren Preisen für einige Drogen führte. Die physische Distanzierung bedingte zudem Störungen auf der Vertriebsebene in Europa und die instabile Lage bewirkte eine Zunahme der Gewalt unter Zwischenhändlern und Dealern. Was die gesundheitlichen Aspekte des Drogenkonsums betrifft, so könnte die Nachfrage nach Diensten für die Drogentherapie und zur Schadensminimierung weiter steigen. Zugleich hat sich gezeigt, dass in einigen Mitgliedstaaten die Kontinuität der Betreuung von Drogenkonsumierenden aufgrund von Personalmangel sowie der Unterbrechung und Einstellung von Diensten zu einer Herausforderung geworden ist. Da sich die Lage rasch ändert, wird es ebenso wichtig sein, frühzeitig geeignete Antworten auf die potenziellen mittel- und langfristigen Auswirkungen der derzeitigen Pandemie auf die Drogenhilfsdienste, den Drogenkonsum und die Aktivitäten auf dem Drogenmarkt zu finden und weiterzuentwickeln.
Die Evaluierung der EU-Drogenstrategie 2013-2020 und der dazu gehörenden zwei aufeinanderfolgenden Aktionspläne hat bestätigt, dass das Drogenphänomen und seine Herausforderungen weiterhin auf nationaler und internationaler Ebene sowie auf EU-Ebene angegangen werden müssen. Eine bemerkenswerte Erkenntnis ist die, dass die Sicherheits- und Gesundheitsaspekte im Zusammenhang mit den illegalen Drogenmärkten nach wie vor von zentraler Bedeutung sind, wenn es darum geht, die umfassenderen und horizontalen Aspekte des Drogenphänomens in Angriff zu nehmen. Wir müssen auf der Arbeit aufbauen, die in der Vergangenheit im Rahmen der EU-Drogenstrategie geleistet wurde und die sich in den spezialisierten EU-Agenturen in den Bereichen Justiz und Inneres widerspiegelt, insbesondere in Bezug auf die Koordinierung und die Zusammenarbeit, den aktiven Diskurs und die Analyse, die Stärkung des Dialogs und der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene sowie ein besseres Verständnis aller Aspekte des Drogenphänomens und der Auswirkungen der Interventionen. Die EU braucht einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Mit dieser Agenda wird das EU-Konzept zur Drogenbekämpfung zu einer mutigen drogenpolitischen Agenda ausgebaut, die einen konkreten und ehrgeizigen Wandel in die Wege leiten soll. Sie zielt auf eine Intensivierung der Anstrengungen in Bezug auf alle Dimensionen der Drogenpolitik ab, insbesondere auf der Sicherheitsseite, wo sie robuster ist, und sieht konkrete Maßnahmen zur Behebung früherer Mängel vor.
Die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung wurde im Rahmen eines Konsultationsprozesses mit den Mitgliedstaaten und den einschlägigen Akteuren ausgearbeitet. In sie sind die Halbzeitbewertung und die abschließende Bewertung der EU-Drogenstrategie 2013-2020 und der dazu gehörenden zwei aufeinanderfolgenden Aktionspläne eingeflossen. Sie geht auf die Drogensituation ein, wie sie in den richtungsweisenden Drogenberichten der EU von 2019 (dem jährlichen Europäischen Drogenbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und dem EBDD–Europol EU-Drogenmarktbericht) und dem Weltdrogenbericht des UNODC beschrieben wird. Die Daten, auf die in der gesamten EU-Agenda zur Drogenbekämpfung Bezug genommen wird, entstammen diesen Berichten. Berücksichtigung fand auch der Europäische Leitfaden zu gesundheitlichen und sozialen Antworten auf den Drogenkonsum, in dem die technischen Erkenntnisse darüber, was wirksame Antworten auf den Drogenkonsum sind, einer Prüfung unterzogen werden.
II.Ziele und Leitprinzipien der EU-Drogenpolitik
In Anbetracht der ernsten Lage, was den Drogenhandel und den Konsum illegaler Drogen in Europa angeht, wird in der EU Arzneimittel zur Drogenbekämpfung ein faktengestützter, integrierter, ausgewogener und multidisziplinärer Ansatz in Bezug auf das Drogenphänomen auf nationaler und internationaler Ebene sowie auf EU-Ebene verfolgt.
Das Ziel der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung besteht darin, die Bürgerinnen und Bürger durch besser koordinierte Maßnahmen zu schützen, die i) reale und messbare Auswirkungen auf die Sicherheits- und Gesundheitsprobleme haben, die sich aus dem Drogenkonsum und den Aktivitäten auf dem Drogenmarkt ergeben; und ii) sowohl die direkten als auch die indirekten Folgen dieser Probleme – einschließlich der Gewalt und anderer Formen schwerer Kriminalität, die damit verknüpft sind, sowie der damit einhergehenden gesundheitlichen und gesellschaftlichen Probleme und auch der Umweltschäden – angehen und gleichzeitig das Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Politik für diese Fragen schärfen.
Die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung beruht auf den folgenden Leitprinzipien:
a. Grundwerte der Europäischen Union und Grundprinzipien des EU-Rechts: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
b. Multidisziplinärer Ansatz: Zur Umsetzung der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung müssen alle Partner auf nationaler Ebene sowie die Organe‚ Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU (unter besonderer Berücksichtigung der weiterhin zentralen Rolle der EBDD und von Europol), die Industrie und die Organisationen der Zivilgesellschaft weiter und besser zusammenarbeiten.
c. Einbeziehung in das auswärtige Handeln der EU: Konzept und Ziele der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung sollten auf koordinierte und integrierte Weise im auswärtigen Handeln der EU verfolgt werden. Einhergehend mit dem Wandel der Bedrohungen und Sicherheitsherausforderungen sind die innere und die äußere Sicherheit zunehmend miteinander verknüpft. Der Schutz der EU-Bürgerinnen und -Bürger vor drogenbedingten Herausforderungen erfordert daher Kohärenz und gegebenenfalls eine enge Zusammenarbeit zwischen der Drogenbekämpfungspolitik und dem auswärtigen Handeln der EU. Die EU-Außenpolitik sollte sich auf der Grundlage der einander ergänzenden und sich gegenseitig verstärkenden Grundsätze der gemeinsamen Verantwortung, des Multilateralismus und koordinierter globaler Reaktionen vollziehen.
d. Wissenschafts- und faktengestützte Antworten und Innovationsförderung: Im Bereich Forschung sind Anstrengungen zur Festlegung von Prioritäten, zur Erreichung von Synergien, zur Koordinierung und zur effizienten Verbreitung der Erkenntnisse erforderlich. Außerdem sollten verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um neue Technologien mit dem Ziel zu entwickeln, anzuwenden und zu nutzen, die Überwachung und die Analyse neuer Trends und Bedrohungen auf den illegalen Drogenmärkten und die Reaktion darauf zu verbessern sowie die Reaktionsbereitschaft gegenüber raschen Veränderungen zu erhöhen.
Die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung bildet den politischen und strategischen Rahmen für die wirksame und umfassende Bewältigung der mit der Drogenproblematik verbundenen Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit und öffentliche Gesundheit durch den Einsatz aller einschlägigen Instrumente auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene sowie auf EU-Ebene. Sie sollte zudem die EU in die Lage versetzen, mit einer Stimme zu sprechen, wenn es gilt, sich für ihren faktengestützten, integrierten, ausgewogenen und multidisziplinären Ansatz einzusetzen. Besonders wichtig ist dies im Hinblick auf die Intensivierung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Drittländern, anderen Regionen und internationalen Organisationen sowie in multilateralen Foren.
In der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung werden im Rahmen von drei großen Themenbereichen acht strategische Prioritäten der EU-Drogenpolitik für die kommenden fünf Jahre festgelegt. Erstens bildet die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung ein umfassendes Paket verbesserter Sicherheitsmaßnahmen mit Fokus auf alle Aspekte des illegalen Drogenhandels, von den organisierten kriminellen Gruppen über das Außengrenzenmanagement bis hin zur illegalen Herstellung und zum illegalen Vertrieb in der EU. Zweitens nimmt sie sich des Themas der Prävention und Sensibilisierung für die schädlichen Auswirkungen von Drogen an, einschließlich ihres Zusammenhangs mit Gewaltkriminalität und anderen Formen der Kriminalität. Drittens ist es ebenso wichtig, gegen drogenbedingte Gesundheitsschäden vorzugehen. Wir müssen sicherstellen, dass hilfsbedürftige Menschen Zugang zu wirksamen Behandlungen haben und dass ein solider Rahmen zur Minderung der Gesundheitsrisiken und -schäden vorhanden ist, um die negativen Folgen des Drogenkonsums sowohl für die Drogenkonsumierenden als auch für ihre Familien und Gemeinschaften zu verringern. Im Rahmen der neuen EU-Agenda zur Drogenbekämpfung wird insbesondere anerkannt, dass ein ausgewogener und umfassender Ansatz unterstützt werden muss, um das Problem des Drogenkonsums in Haftanstalten anzugehen, da hier aufgrund der besonderen Umstände eine strategische, strukturierte und koordinierte Herangehensweise vonnöten ist.
Die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung wird von einem in Anhang 1 enthaltenen Drogenaktionsplan flankiert, der konkrete operative Schritte und Aktivitäten umfasst, die die Umsetzung der acht strategischen Prioritäten erleichtern sollen.
III.Strategische Prioritäten
a)Mehr Sicherheit – Zerschlagung der Drogenmärkte
1. Zerschlagung und Auflösung der im Bereich der Drogenkriminalität tätigen großen organisierten kriminellen Gruppen mit hohem Gefahrenpotenzial, die in den EU-Mitgliedstaaten tätig sind, dort ihren Ursprung haben oder auf sie abzielen, und Inangriffnahme der Verbindungen mit anderen Sicherheitsbedrohungen
Drogenmärkte sind von ihrem Wesen her grenzübergreifend und die identifizierten organisierten kriminellen Gruppen, die im Bereich der Drogenkriminalität tätig sind, sind häufig polykriminell. In der EU agiert mehr als ein Drittel dieser Gruppen direkt auf den Drogenmärkten, von denen wiederum etwa zwei Drittel Verbindungen zu weiter gefassten kriminellen Aktivitäten wie Korruption und Geldwäsche haben, die ihre Aktivitäten ermöglichen. Der illegale Drogenhandel weist auch Verbindungen zu anderen Bereichen der Schwerkriminalität auf, wie z. B. Menschenhandel, Schleusung von Migranten, Handel mit Feuerwaffen und Handel mit gefälschten, nachgeahmten, minderwertigen oder nicht zugelassenen Arzneimitteln. Mögliche Verbindungen zu Terrorismusfinanzierung/Terrorismus wurden in einer begrenzten Zahl von Fällen ermittelt.
Daher sollten Aktivitäten in großem Maßstab, was die Menge der Drogen oder den Umfang der Erträge angeht, sowie Aktivitäten in kleinerem Maßstab, die aufgrund der Wirkstärke der gehandelten Drogen besonders schädlich sind, wie im Falle von synthetischen Opioiden, auf EU-Ebene ein vorrangiges Ziel sein. Die Priorisierung sollte in Synergie mit dem EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität (EMPACT)
erfolgen, in dessen Rahmen Bedrohungen auf der Grundlage eines warenbasierten Ansatzes ermittelt, priorisiert und bekämpft werden. Darüber hinaus sollten sowohl auf höchster Ebene als auch auf mittlerer Ebene beschlossene Zielvorgaben, die für die Aufrechterhaltung der operationellen Kontinuität der organisierten kriminellen Gruppen wichtig sind, eine Priorität sein, um ihre Befehlsstruktur zu zerschlagen. Alle Akteure der Kette, die über ausreichend Erfahrung verfügen, um die Kontinuität der kriminellen Aktivitäten zu gewährleisten, sollten ins Visier genommen werden.
Zweitens sollte der Schwerpunkt auf der Nachverfolgung, Sicherstellung und Einziehung der enormen illegalen Erträge aus dem Drogenhandel und damit zusammenhängenden Straftaten liegen, um die organisierten kriminellen Gruppen der Möglichkeit zu berauben, künftige Straftaten zu begehen und die legale Wirtschaft zu infiltrieren. Um den Drogenhandel wirksam zu bekämpfen, müssen wir sicherstellen, dass illegale Erträge nicht in die Drogenlieferkette zurückfließen und keine strafrechtlichen Handlungen wie Korruption und Gewalt oder andere Formen schwerer und organisierter Kriminalität wie Menschenhandel oder gar Terrorismus ermöglichen. Darüber hinaus sollten auch Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die kriminelle Nutzung von Instrumenten einzuschränken, die den Drogenhandel erst ermöglichen, wie Ausrüstung von Drogenlaboren für die Drogenherstellung, Feuerwaffen, gefälschte Dokumente und Verschlüsselungstechnik. Schließlich könnten die beschlagnahmten und eingezogenen Tatwerkzeuge und die Erträge aus Drogendelikten zur Unterstützung von Maßnahmen zur Reduzierung des Drogenangebots und der Drogennachfrage verwendet werden.
Drittens sollte hinsichtlich der Verhütung der Drogenkriminalität und der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung die bestehende Zusammenarbeit verbessert und eine strukturierte Zusammenarbeit mit Drogenursprungs- und Drogentransitländern und -regionen sowie mit einschlägigen regionalen Organisationen angestrebt werden, unter anderem durch weitere gezielte Unterstützungs- und Kooperationsprogramme, an denen die zuständigen EU-Agenturen, insbesondere Europol und die EBDD, systematisch beteiligt werden; außerdem sollten die Beziehungen zu anderen Formen der organisierten Kriminalität ins Auge gefasst werden. Europol und die EBDD müssen zusätzlich mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden, damit sie die operationellen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Drogenbekämpfung unterstützen können. In diesem Zusammenhang müssen auch die operativen EMPACT-Maßnahmen gestärkt werden. Über die Förderung und Unterstützung der internationalen Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und Drogenbeobachtungsstellen hinaus werden die Maßnahmen im Rahmen dieser Priorität ständig darauf ausgerichtet sein, die Ursachen und wichtigsten treibenden Faktoren der organisierten Kriminalität anzugehen und die Widerstandsfähigkeit der lokalen Gemeinschaften zu stärken.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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1.1. Vorgehen gegen organisierte kriminelle Gruppen mit hohem Gefahrenpotenzial, die in der gesamten EU und auf grenzübergreifenden Drogenmärkten tätig sind, und Zerschlagung krimineller Geschäftsmodelle, insbesondere solcher, die die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen organisierten kriminellen Gruppen fördern.
1.2. Erträge und Tatwerkzeuge organisierter krimineller Gruppen, die auf den Drogenmärkten agieren, und Verwendung eingezogener Vermögenswerte für soziale Zwecke.
1.3. Internationale Zusammenarbeit mit Drittländern oder anderen Regionen und Einbeziehung der zuständigen EU-Agenturen.
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2. Verstärkte Aufdeckung des illegalen Großhandels mit Drogen und Drogenausgangsstoffen an den Ein- und Ausgangsstellen der EU
Die Drogenmärkte in der EU müssen sowohl aus einer globalen als auch aus einer regionalen Perspektive betrachtet werden. Es gibt besondere, an die verschiedenen Regionen gebundene Herausforderungen, die dafür verantwortlich sind, dass bestimmten EU-Ein- und Austrittsstellen auf dem See-, Land- oder Luftweg hohe Priorität im Zusammenhang mit dem illegalen Großhandel mit Drogen und Drogenausgangsstoffen (zu denen auch neue und nicht kontrollierte oder überwachte chemische Ausgangsstoffe gehören) zukommt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei „Designer-Ausgangsstoffe“, da diese Chemikalien derzeit vornehmlich zur Herstellung illegaler synthetischer Drogen in der EU verwendet werden und die Strafverfolgungsbehörden vor besondere Herausforderungen stellen. Die Ein- und Austrittsstellen (Drehkreuze), die für den Drogenschmuggel in Containern oder Ladungen genutzt werden, können Störungen des EU-Handels verursachen, die Korruption befeuern und die verantwortungsvolle Staatsführung untergraben. Darüber hinaus weisen die Außengrenzen der EU (See-, Land- und Luftgrenzen) inhärente Schwachstellen auf, die im Zusammenhang mit dem Drogenhandel ausgenutzt werden können. Insbesondere sind die Seegebiete und Lufträume rund um die Grenzen der EU für die den Missbrauch durch Drogenhändler betreffende Überwachung von strategischer Bedeutung. Mehr als 70 % der Außengrenzen der EU sind Seegrenzen.
Daher sollten wichtige bekannte Häfen, Flughäfen sowie Landgrenzübergänge in der EU, die als Drehkreuze für den Drogenschmuggel im großen Maßstab genutzt werden, auf eine Liste von Maßnahmen gesetzt werden, denen bei der Bekämpfung des Drogenhandels hohe Priorität eingeräumt wird. Die Maßnahmen sollten eine verbesserte Zollrisikoanalyse bei Containern und Ladungen, Profiling, den Austausch von Aufklärungsergebnissen und die wirksame Zusammenarbeit zwischen den zuständigen EU-Agenturen sowie zwischen diesen und den Strafverfolgungs-, Zoll- und Grenzkontrollbehörden der Mitgliedstaaten sowie den einschlägigen Behörden der Partnerländer umfassen. Der verbesserte Informationsaustausch und die engere Zusammenarbeit zwischen Zoll- und Polizeibehörden sind, wie festgestellt wurde, für die Bekämpfung des Drogenschmuggels ausschlaggebend. Es sollte auch darauf geachtet werden, die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in Bezug auf diese Drehkreuze weiterzuentwickeln und auszuweiten sowie etwaige Verlagerungseffekte, die aus wirksamen Interventionen resultieren, zu erkennen.
Zweitens ist es wichtig, dass die See-, Land- und Luftgrenzen im Hinblick auf illegale Grenzübertritte im Zusammenhang mit dem Drogenhandel überwacht werden. In diesem Rahmen sollten die Maßnahmen zur Lageerfassung an allen EU-Außengrenzen, auch innerhalb von Frontex in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten verstärkt werden. Den Luft- und Seegrenzen sollte aufgrund ihrer inhärenten Schwachstellen und ihrer begrenzten Überwachung sowie aufgrund der strategischen Bedeutung des von der allgemeinen Luftfahrt genutzten Luftraums sowie des Atlantischen Ozeans und des Mittelmeers Vorrang eingeräumt werden. Während der COVID-19-Pandemie wurde die Seeschifffahrt relativ ungehindert fortgesetzt, und den organisierten kriminellen Gruppen, die am Transport von Drogen nach Europa in großem Stile beteiligt sind, standen weiterhin Möglichkeiten zum Schmuggeln offen. Tätigkeiten wie die des Operationszentrums für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik (MAOC-N) sollten verstärkt und ausgeweitet werden, z. B. durch Überwachung von auffälligen Schiffen und Flugzeugen, die illegale Drogen auf hoher See bzw. im Luftraum an den bekannten, für illegale Überquerungen genutzten See- und Luftgrenzen der EU transportieren, um sie abzufangen, bevor oder wenn sie ihren ersten Eingangshafen oder -flughafen in der EU erreichen. In diesem Zusammenhang stellt der von der allgemeinen Luftfahrt genutzte, weiterhin viel zu wenig überwachte Luftraum ebenfalls ein Risiko für die Sicherheit der EU dar und wird zunehmend von Drogenschmugglerinnen und -schmugglern missbräuchlich genutzt. Die internationale Zusammenarbeit im Bereich des See- und Luftverkehrs wird weiterhin von entscheidender Bedeutung sein, um die Fähigkeit zur Aufklärung und unverzüglichen Reaktion der Mitgliedstaaten und der für die Sicherheit der Grenzen zuständigen EU-Agenturen zu verbessern.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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2.1. Schmuggel von Drogen in die und aus der EU über etablierte Handelskanäle (legale Kanäle).
2.2. Illegale oder nicht angemeldete Überquerung der EU-Grenzen.
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3. Verstärkung der wirksamen Überwachung der logistischen und digitalen Kanäle, die für den Vertrieb von mittelgroßen und kleinen Drogenmengen genutzt werden, und vermehrte Beschlagnahme der über diese Kanäle geschmuggelten illegalen Substanzen in enger Zusammenarbeit mit dem Privatsektor
Der Drogenmarkt ist zunehmend digital vernetzt. Für den Online-Drogenhandel werden Marktplätze sowohl im Surface Web als auch im Darknet genutzt, ebenso wie soziale Medien und Apps für die mobile Kommunikation. Die Nutzung dieser Technologien hat den Vertrieb von Drogen, neuen psychoaktiven Substanzen, Drogenausgangsstoffen und Ausrüstungen, die für die Drogenherstellung benötigt werden, erheblich erleichtert und neue Herausforderungen für die Strafverfolgung und die öffentliche Gesundheit mit sich gebracht. Der Drogenhandel mithilfe von Post- und Eilzustelldiensten betrifft alle Mitgliedstaaten, und in einigen Ländern nimmt die Zahl der Briefe und Pakete, die Drogen enthalten, erheblich zu. Die spezifische Weiterleitung von Postsendungen kann sehr unterschiedlich sein und Routen direkt vom Versandort zum Bestimmungsort oder über Verkehrsknotenpunkte in der EU und Standorte außerhalb der EU umfassen. Diese Postsendungen können entweder aus der EU oder von außerhalb der EU-Außengrenzen stammen.
Demzufolge bedarf es einer verbesserten und koordinierten Überwachung und Analyse der Bedrohungen, die von der Zugänglichkeit von Drogen über Social-Media-Plattformen, Apps‚ Internet-/Darknet-Marktplätze sowie von der Nutzung von Online-Zahlungen (einschließlich Kryptowährungen) und verschlüsselter digitaler Kommunikation ausgehen. In diesem Zusammenhang sollte die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor verstärkt werden.
Zweitens bedarf es einer strengeren Überwachung von Sendungen, die illegale Substanzen enthalten, in enger Zusammenarbeit mit den Post- und Eilzustelldiensten. Es kann geprüft werden, welche Rolle neue Technologien und künstliche Intelligenz bei der Verbesserung der Kontrollen und Verfahren, einschließlich der Risikobewertung von Postsendungen‚ spielen können, wobei die Möglichkeit der uneingeschränkten Implementierung erweiterter elektronischer Daten zu allen Sendungen besteht, die aus wesentlichen Ursprungsländern (in- und außerhalb der EU) kommen.
Drittens können grenzüberschreitende Schienenwege und Wasserstraßen sowie der von der allgemeinen Luftfahrt genutzte Luftraum als mögliche Kanäle für den Drogenschmuggel genutzt werden und werden derzeit von den Strafverfolgungsbehörden nicht ausreichend überwacht. Es bedarf eines geschärften Bewusstseins, um die Überwachung und die gezielte, risikobasierte Kontrolle in kleineren Seehäfen und Flusshäfen, kleinen/lokalen Flugplätzen und Bahnhöfen zu verbessern.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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3.1. Digital vernetzte Drogenmärkte.
3.2. Post- und Eilzustelldienste.
3.3. Schienenwege und Wasserstraßen durch die EU sowie der von der allgemeinen Luftfahrt genutzte Luftraum.
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4. Unterbindung der Drogenherstellung und -verarbeitung, Verhinderung der Abzweigung von Drogenausgangsstoffen und des Handels damit zum Zweck der illegalen Drogenherstellung sowie Ausmerzung des illegalen Anbaus
Die Drogenherstellung führt zu Gesundheits- und Sicherheitsrisiken sowie zu Umweltschäden. Die Verhinderung der Drogenherstellung in Europa und in Partnerländern wird erheblich dazu beitragen, das Angebot an und die Verfügbarkeit von Drogen auf dem EU-Binnenmarkt und für den Export zu verringern. Die Rolle der EU als bedeutendes Produktionsgebiet für synthetische Drogen und Cannabis führt auch zu Umweltschäden durch die Deponierung chemischer Abfälle, was Risiken sowohl für die Beteiligten als auch für die Gemeinschaften birgt, in denen die Drogen hergestellt werden. Bei der Herstellung synthetischer Drogen anfallende chemische Abfälle werden jedes Jahr tonnenweise auf illegalen Deponien entsorgt. Schätzungen zufolge entstehen beispielsweise bei der Herstellung von 1 kg Amphetamin zwischen 20 und 30 kg Abfall. Auch bei der Herstellung einiger Ausgangsstoffe aus alternativen Chemikalien entstehen erhebliche Abfallmengen, noch bevor die Herstellung der synthetischen Drogen erfolgt.
In Anbetracht dieser Tatsache müssen die Strafverfolgungsbehörden weitere Anstrengungen unternehmen, um illegale Labore für synthetische Drogen aufzuspüren und zu zerschlagen sowie die Ausfuhr von in der EU hergestellten Drogen zu stoppen. In Bezug auf Umweltschäden ist es von entscheidender Bedeutung, gegen die Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheitsgefahren und die Kosten im Zusammenhang mit den chemischen Abfällen, die durch die Herstellung synthetischer Drogen entstehen, anzugehen, wie es auch im Rahmen des EMPACT anerkannt wurde. Das Ausmaß der gesamten Umweltschäden wird als hoch angesehen, doch bedarf es weiterer Investitionen in Überwachung und Forschung, um die wachsenden Herausforderungen in diesem Bereich besser zu verstehen. Schließlich müssen die Probleme im Zusammenhang mit der Abzweigung von Drogenausgangsstoffen und der Entwicklung von Designer-Ausgangsstoffen auf europäischer Ebene in Angriff genommen werden.
Zweitens werden in der EU oder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft immer mehr Cannabis-Anbauflächen aufgespürt und zerstört. Die Strafverfolgungsbehörden sollten ihre Maßnahmen verstärken, um den Anbau illegaler Drogen besser zu bekämpfen. Darüber hinaus sollte dem Anbau illegaler Drogen – insbesondere Schlafmohn für die Heroinherstellung und Kokapflanzen für die Kokainherstellung – in Drittländern mit seinen möglichen Auswirkungen auf die EU durch ein weitergehendes Engagement für alternative Entwicklungsmaßnahmen begegnet werden: Bekämpfung der Ursachen von illegalen Drogenwirtschaften durch einen integrierten Ansatz, bei dem Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, zur Armutsbekämpfung, zur sozioökonomischen Entwicklung, zur Förderung des Zugangs zu Land und Bodenrechten, zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und verantwortungsvollen Staatsführung im vollständigen Einklang mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen und der Verpflichtung zur Gleichstellung der Geschlechter kombiniert werden. Potenzielle neue Bedrohungen wie die Herstellung von Methamphetamin aus Ephedrin und Pseudoephedrin, die aus Pflanzen extrahiert werden, die in traditionellen Opium produzierenden Regionen angebaut werden, und die Einführung neuer, modifizierter oder wirksamerer Stämme etablierter Drogen pflanzlichen Ursprungs wie Cannabis und Koka müssen ebenfalls im Auge behalten werden. Ihre möglichen Auswirkungen auf die EU müssen einer Bewertung unterzogen werden.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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4.1. Herstellung synthetischer Drogen und Umweltschäden.
4.2. Anbau innerhalb und außerhalb der EU.
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b)Prävention und Sensibilisierung
5. Verhinderung des Drogenkonsums, Verbesserung der Verbrechensprävention und Sensibilisierung für die negativen Auswirkungen von Drogen auf Bürgerinnen und Bürger und auf Gemeinschaften
Die Nachfrage nach Drogen ist gestiegen. Wegen der illegalen Natur des Drogenmarkts können Drogenkonsumierende einer Vielzahl von nachteiligen Folgen ausgesetzt sein, die sich auch auf ihre Familien und Gemeinschaften erstrecken können. Umfassende Präventions- und Sensibilisierungsprogramme sind daher von entscheidender Bedeutung. Es gibt bereits zahlreiche Programme, die sich der Früherkennung und Intervention sowie der Förderung einer gesunden Lebensweise und der Prävention annehmen, wozu auch aus verschiedenen EU-Fonds finanzierte Programme gehören. Allerdings bedarf es weiterer Strategien zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Gesamtbevölkerung, aber auch solcher, die auf die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind. Trotz der bereits aufgelegten Programme fehlen solche Strategien in einigen Bereichen oder sie umfassen Maßnahmen, für deren Wirksamkeit keine belastbare Evidenzbasis vorliegt. Die durch den Drogenhandel verursachte Gewalt, einschließlich Tötungsdelikte, trägt zu einem Gefühl der Verunsicherung in den Gemeinschaften bei, ebenso wie offen betriebene Drogenmärkte. Daten über drogenbedingte Tötungsdelikte deuten darauf hin, dass es sich in mehreren Ländern der EU um ein bedeutendes Phänomen handelt. Aufgrund des sich wandelnden Geschäftsmodells organisierter krimineller Gruppen besteht nun eine wachsende Gefahr, dass der europäische Drogenmarkt zu einer treibenden Kraft für eine Zunahme der Gewalt in unseren Gemeinschaften und für Bestechungspraktiken innerhalb der EU wird. Die Abriegelungsmaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 könnten diesen Trend noch verstärken, wenn die Rivalität zwischen den in den Drogenhandel verwickelten Banden zunimmt.
Dementsprechend sollte evidenzbasierten Maßnahmen zur Prävention und zur Unterstützung von Gruppen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie mit Drogen experimentieren und ein Drogenkonsum-Verhaltensmuster entwickeln, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sowohl zu den am stärksten gefährdeten Gruppen als auch zu den Ansätzen, die sich als wirksam erwiesen haben, Priorität eingeräumt werden. Eine wichtige Zielgruppe für Präventionsmaßnahmen sind Schülerinnen und Schüler sowie junge Menschen im Allgemeinen. Besondere Aufmerksamkeit ist jedoch auch den Gruppen zu widmen, die als besonders gefährdet eingestuft wurden, darunter Kinder und junge Menschen, die in Familien leben, in denen die Eltern eine Vorgeschichte von Drogenmissbrauchsstörungen haben, Menschen mit psychischen Gesundheitsstörungen, Menschen, die unter den verschiedenen Formen chronischer Schmerzen bzw. des chronischen Erschöpfungssyndroms (Chronic Fatigue-Syndroms) leiden, Obdachlose, Migranten und unbegleitete Minderjährige sowie junge Menschen im Strafvollzug. Auch die Bedürfnisse von Frauen, die anfällig für Drogenprobleme sind, müssen berücksichtigt werden.
Zweitens ist es wichtig, die Auswirkungen der Drogenkriminalität zu erkennen und den Bedrohungen durch diese Verbrechen, wie Gewalt und Einschüchterung, sowie der Korruption und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die legale Wirtschaft entgegenzuwirken. Außerdem muss die Ausbeutung gefährdeter Gruppen und von Gruppen mit Drogenproblemen durch organisierte kriminelle Gruppen bekämpft werden. Die Bekämpfung und Verhütung dieser Bedrohungen ist eine große Herausforderung, die konzertierte Maßnahmen auf EU-Ebene in mehreren Bereichen erfordert.
Drittens ist die gezielte Sensibilisierung, einschließlich der Förderung einer gesunden Lebensweise bei jungen Menschen, Kindern und gefährdeten Gruppen, wichtig, um die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegenüber Drogenproblemen zu erhöhen. Zu den Zielen der Sensibilisierung könnte die Verbesserung der Allgemeinbildung in Bezug auf die Auswirkungen von Drogen und Drogenabhängigkeit im Allgemeinen gehören. Die mit dem Drogenkonsum verbundene Stigmatisierung könnte ebenfalls in Angriff genommen werden, zumal diese Stigmatisierung negative Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit der Drogenkonsumierenden haben könnte und sie daran hindern könnte, sich in Behandlung zu begeben. Eine wirksame Sensibilisierung in Bezug auf Drogen sollte kindgerecht sein, damit Kinder die Gefahren und die langfristigen Folgen des Drogenmissbrauchs besser verstehen, ferner sollte sie neue und innovative digitale Kommunikationskanäle in vollem Umfang nutzen sowie dem lokalen sozialen Kontext und den Bedürfnissen der Zielgruppen gerecht werden und sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Bewertungen stützen.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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5.1. Präventionsmaßnahmen zur Verringerung des Drogenangebots und zur Verbesserung des Schutzes und der Widerstandsfähigkeit der Gruppen, die am anfälligsten für die Entwicklung langfristiger Probleme bzw. einer Drogenabhängigkeit sind.
5.2. Prävention von Drogenkriminalität mit besonderem Schwerpunkt auf der Gewaltprävention und der Eindämmung der Korruption.
5.3. Stärkung der Widerstandsfähigkeit und Verringerung der Stigmatisierung.
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c)Vorgehen gegen drogenbedingte Schäden
6. Verbesserung des Zugangs zu Behandlungsmöglichkeiten, die dem unterschiedlichen Gesundheitsversorgungs- und Rehabilitationsbedarf derjenigen gerecht werden, die an Gesundheitsschäden infolge ihres Drogenkonsums leiden
Beim Konsum problematischer Substanzen handelt es sich um eine chronische und häufig wiederkehrende Störung, die nicht nur der betroffenen Person, sondern auch ihrer Familie und der größeren Gemeinschaft erheblichen Schaden zufügen kann. Bei Menschen, die Drogen konsumieren, ist die kombinierte Einnahme verschiedener Drogen weit verbreitet, was sowohl die Gesundheitsrisiken erhöhen als auch die Durchführung wirksamer Interventionen erschweren kann. Bei denen, deren Drogenkonsum zu einer Abhängigkeit geführt hat, liegen häufig psychische Gesundheitsprobleme und körperliche Komorbiditäten vor, und für viele von ihnen wird es schwierig, einer regulären Beschäftigung nachzugehen oder in einer sicheren Unterkunft wohnen bleiben zu können. In vielen Ländern ist die Verfügbarkeit von Drogentherapien jedoch immer noch zu gering, und es bestehen Hindernisse, die die Aufnahme einer Behandlung verhindern. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass die Drogentherapie die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheits- und Sozialdiensten erfordert. Es sind umfassende und integrierte Dienste erforderlich, die den Drogenkonsum als ein in den Bereich der Gesundheitsversorgung fallendes Problem anerkennen und denen auch verschiedene andere Gesundheits- und Sozialdienste zuarbeiten, wie z. B. diejenigen, die sich um den Bedarf an Wohnraum, Beschäftigung oder Bildung kümmern. Dies wird aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie immer wichtiger werden.
Daher müssen die Hindernisse für den Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten beseitigt werden, indem sichergestellt wird, dass die Gesundheits- und Sozialdienste in ausreichendem Umfang verfügbar und den Bedürfnissen ihrer Kundengruppen angemessen sind. Zugangshindernisse sollten im Hinblick auf die wesentlichen Merkmale der Zielgruppe wie demografische Faktoren (z. B. Alter, Geschlecht, Bildung, kultureller Hintergrund), situationsbezogene Faktoren (z. B. Armut, familiäre Umstände, soziales Umfeld, Migration) und persönliche Faktoren (z. B. geistige und körperliche Gesundheit, psychisches Wohlbefinden) abgebaut werden. Eine Beratung und Behandlung, die den besonderen Bedürfnissen von Kindern Rechnung trägt, sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Zweitens müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Hindernisse, mit denen Frauen konfrontiert sind, wenn sie Kontakt mit Behandlungs- und Rehabilitationsdiensten aufnehmen und deren Leistungen dauerhaft in Anspruch nehmen wollen, besser zu bestimmen und zu beseitigen. Zu diesen Hindernissen, die durch die oben genannten demografischen, situationsbezogenen und persönlichen Faktoren noch verschärft werden können, gehören häusliche Gewalt, Traumata, Stigmatisierung, körperliche und psychische Gesundheitsprobleme sowie Schwangerschaft und Probleme mit der Kinderbetreuung. Damit die erbrachten Leistungen ihren Zweck wirksam erfüllen, sollten sie den spezifischen Bedürfnissen und Lebenserfahrungen von Frauen mit Drogenproblemen sowie der Tatsache Rechnung tragen, dass sich ihre Drogenkonsum-Verhaltensmuster und ihre Probleme von denen der Männer unterscheiden können, wozu auch gehört, dass möglicherweise häufiger Probleme im Zusammenhang mit der Einnahme verschreibungspflichtiger Arzneimittel vorliegen. In Betracht gezogen werden sollten auch nur Frauen vorbehaltene Dienstleistungsangebote oder andere Formen spezieller Versorgungsleistungen wie enge Arbeitspartnerschaften mit Leistungserbringern und Einrichtungen für schutzbedürftige Frauen oder für Opfer häuslicher Gewalt.
Drittens sollten die offenkundige Verschiedenartigkeit der Drogenkonsumierenden zur Kenntnis genommen und Schritte unternommen werden, um Dienste anzubieten, die dieser Verschiedenartigkeit gerecht werden und den Bedürfnissen der verschiedenen Gruppen im Zusammenhang mit dem problematischen Drogenkonsum Rechnung tragen können. Zu den besonderen Gruppen mit komplexeren Bedürfnissen gehören: die alternde Bevölkerungsgruppe der Langzeit-Drogenkonsumentinnen und -konsumenten, Menschen mit einer Komorbidität von psychischen und Drogenkonsumstörungen, Obdachlose und schutzbedürftige Frauen. Ein wirksames Engagement für diese Gruppen erfordert Versorgungsmodelle, die der Tatsache Rechnung tragen, dass diensteübergreifende Partnerschaften zwischen Anbietern von Leistungen der Gesundheits- und Sozialfürsorge und Patienten-/Betreuergruppen vonnöten sind.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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6.1. Zugang zu und Angebot an Behandlungs- und Rehabilitationsdiensten auf der Grundlage individueller Bedürfnisse.
6.2. Behandlungen, die den besonderen Bedürfnissen von Frauen Rechnung tragen.
6.3. Versorgungsmodelle, die für Gruppen mit komplexeren Bedürfnissen geeignet sind.
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7. Steigerung der Effizienz von Maßnahmen zur Minderung von Gesundheitsrisiken und -schäden, um die Gesundheit der Drogenkonsumierenden und der Öffentlichkeit zu schützen
Um die Drogenkonsumierenden und die Öffentlichkeit vor den mit dem Drogenkonsum verbundenen Schäden zu schützen, bedarf es eines übergreifenden Interventionsrahmens, der verschiedene Bereiche abdeckt, in denen möglicherweise Risiken bestehen und Schäden auftreten können, und der dazu beitragen kann, langfristig bessere gesundheitliche und soziale Ergebnisse zu erzielen. Dabei gehören zu den wichtigen möglichen Interventionszielen Maßnahmen zur Verringerung des Risikos von Infektionen mit HIV/Aids oder Infektionen mit dem Hepatitisvirus bei injizierenden Drogenkonsumierenden, die Prävention von Überdosierungen und sowie Konzepte, durch die die Drogenkonsumierenden zu einem weniger riskanten Verhalten ermutigt werden können und die Gesundheits- und Sicherheitsziele unterstützt werden. Die langfristigen Auswirkungen des Drogenkonsums auf das junge, noch in der Entwicklung befindliche Gehirn, wie das von Jugendlichen, sind ebenfalls ein wichtiges Thema. Die Maßnahmen zur Begrenzung des Risikos von Verkehrsunfällen bei Personen, die unter dem Einfluss von Drogen oder einer Kombination von Drogen und Alkohol ein Fahrzeug führen, sollten verstärkt werden. Ein Rahmen zur Schadensminimierung sollte vorrangig Alternativen zu Zwangsmaßnahmen anbieten, die dazu beitragen können, den Grad des Substanzgebrauchs zu verringern, die Häufigkeit von wiederholten Verstößen zu verringern sowie den finanziellen und administrativen Aufwand und die sozialen Kosten zu reduzieren.
Dementsprechend müssen die Initiativen zur Schadensminimierung ausgeweitet werden. Nadel- und Spritzenaustauschprogramme, opioidgestützte Substitutionstherapie, Drogenkonsumräume und andere innovative Maßnahmen zur Minderung von Gesundheitsschädigungen, die nachweislich wirksam sind, sowie zugängliche Tests auf das Hepatitis-C-Virus (HCV) können wirksame Maßnahmen sein, mit denen durch das Blut übertragbare Infektionen bei Menschen, die sich Drogen injizieren, verhindert werden. Diese Maßnahmen, die darauf abzielen, der HIV/Aids-Epidemie ein Ende zu setzen und die Virushepatitis, die eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit ist, unter den Menschen, die sich Drogen injizieren, auszumerzen, sind von entscheidender Bedeutung, da sie Neuinfektionen verhindern und auch die Möglichkeit zu dem Versuch bieten, stark gefährdete Bevölkerungsgruppen zu erreichen, um sie zu testen und in eine Betreuung einzubinden.
Zweitens kann der Missbrauch verschreibungspflichtiger kontrollierter Medikamente Menschen aus allen sozialen Schichten, mit unterschiedlichem Hintergrund und aus unterschiedlichen Gemeinschaften betreffen. Besonders besorgniserregend ist die Verwendung von zur Behandlung der Opioidabhängigkeit vorgesehenen Substitutionsmitteln entgegen ihrer beabsichtigten Verwendung in der Drogentherapie zu nichtmedizinischen Zwecken und zum Verkauf auf illegalen Drogenmärkten. Sorgen bereitet jedoch auch das Missbrauchspotenzial von anderen psychoaktiven Arzneimitteln, insbesondere von Schmerzmitteln. Anlass zur Sorge ist ferner, dass Arzneimittel gelegentlich illegal hergestellt oder über Online-Quellen außerhalb der EU bezogen wurden. Die zweckwidrige Verwendung von Substanzen wurde mit tödlichen und nicht tödlichen Überdosierungen und einer erhöhten Inzidenz der Abhängigkeit, häufig Opioidabhängigkeit, in Verbindung gebracht. Zugleich ist es jedoch wichtig, dass die in diesem Bereich verfolgten Ansätze gewährleisten, dass die Arzneimittel und anderen kontrollierten Substanzen zu sachgerechten therapeutischen und wissenschaftlichen Zwecken verfügbar sind.
Drittens sollte die Zusammenarbeit mit Drittländern, anderen Regionen und einschlägigen regionalen Organisationen auch die gesundheitsbezogenen Aspekte der Drogenproblematik angehen, insbesondere die Auswirkungen von Maßnahmen zur Reduzierung von Angebot und Nachfrage auf die Drogenkonsumierenden sowie auf die Öffentlichkeit. Die Behandlung, die Minderung von Gesundheitsschäden und Alternativen zu Zwangssanktionen sollten bei den spezifischen Dialogen über Drogen mit Drittländern und anderen Regionen, in denen solche Maßnahmen noch nicht eingeführt wurden, ständige Tagesordnungspunkte sein.
Viertens stellt das Fahren unter Drogeneinfluss ein Problem für die Straßenverkehrssicherheit dar, da es die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt und das Unfallrisiko erhöht. Weiteres Handeln ist erforderlich, um die Kontrolle von Fahrerinnen und Fahrern unter Drogeneinfluss zu verbessern. Zudem bedarf es der Sensibilisierung, um die Gefahren des Fahrens bei drogenbedingter Beeinträchtigung aufzuzeigen. In diesem Bereich ist weitere Forschung und Entwicklung vonnöten, um auf politischer und operativer Ebene wirksame Maßnahmen zu ermitteln und zu bewerten, einschließlich der Entwicklung von Testmethoden und kostengünstigeren Instrumenten zur Aufspürung von Drogen.
Obwohl alle Mitgliedstaaten mindestens eine Maßnahme anwenden, die als Alternative zu Zwangssanktionen angesehen wird, ist es fünftens notwendig, die Anstrengungen zu verstärken und die Umsetzung wirksamer Alternativen zu Zwangssanktionen für drogenkonsumierende Straftäterinnen und Straftäter zu etablieren. In diesem Bereich sind umfassendere und detailliertere Daten erforderlich.
Sechstens sind Überdosierungen und anderweitige vermeidbare Todesfälle im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum die ultimativen Schäden infolge des Drogenkonsums. Was wirksame Interventionen zur Verringerung von Überdosierungen angeht, besteht nach wie vor eine klare Lücke in den derzeitigen Reaktionen. Die Zahl der Todesfälle durch eine Überdosis an Drogen bleibt in vielen Ländern weiterhin hoch und nimmt in einigen Ländern sogar zu. Trotz einiger potenziell wichtiger Fortschritte, die in jüngster Zeit erzielt wurden, bleibt beispielsweise der breitere Einsatz von Opioidantagonisten wie Naloxon unabdingbar. Hierzu muss sichergestellt werden, dass der Wirkstoff verfügbar ist und dass er bei einem Eingriff im Falle einer Überdosierung richtig angewendet wird. Darüber hinaus gibt es Probleme im Zusammenhang mit umfassenden Daten über Todesfälle durch Überdosierung in der gesamten EU, wofür unter anderem systematische Mindermeldungen, mangelnde toxikologische Kapazitäten und Registrierungsverfahren, die zu verzögerten Meldungen führen, verantwortlich sind.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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7.1. Drogenbedingte Infektionskrankheiten.
7.2. Missbrauch von Arzneimitteln und Zugang zu ausschließlich zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken vorgesehenen kontrollierten Substanzen und deren mögliche zweckwidrige Verwendung.
7.3. Internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Gesundheit der Drogenkonsumierenden.
7.4. Fahren unter Drogeneinfluss.
7.5. Alternativen zu Zwangssanktionen.
7.6. Überdosierungen und drogenbedingte Todesfälle.
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8. Entwicklung eines ausgewogenen und umfassenden Konzepts in Bezug auf den Drogenkonsum in Haftanstalten (Reduzierung der Nachfrage und Einschränkung des Angebots)
Drogenkonsumierende machen einen großen Teil der gesamten Gefängnispopulation aus. Die meisten Häftlinge haben zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens illegale Drogen konsumiert, und bei vielen liegen chronische und problematische Drogenkonsummuster vor. Während einige von ihnen den Drogenkonsum einstellen oder reduzieren, wenn sie ins Gefängnis kommen, beginnen andere während der Haft mit dem Drogenkonsum oder gehen zu einem schädlicheren Drogenkonsumverhalten über. Zusätzlich zu den schwerwiegenden Drogenproblemen leiden Häftlinge auch unter einer schlechteren Gesundheit als die Gesamtbevölkerung mit einer höheren Prävalenz von durch Blut übertragbaren Infektionen und höheren Raten psychischer Erkrankungen. Bei Opioidkonsumierenden steigt das Risiko, an einer Überdosis zu sterben, in der Zeit nach der Haftentlassung aufgrund hoher Rückfallraten und geringerer Opioidtoleranz stark an. Die vielfältigen Kanäle, über die Drogen in Haftanstalten gelangen, sollten identifiziert und geschlossen werden. Auch die Personen, die an der Aufrechterhaltung dieser Kanäle beteiligt sind, sollten ermittelt und ihre Aktivitäten unterbunden werden.
Daher muss die Kontinuität der Therapie, Rehabilitation und Genesung drogenkonsumierender Straftäterinnen und Straftäter während der Haft und nach Verlassen der Haftanstalt gewährleistet sein und die soziale Wiedereingliederung dieser Personen nach ihrer Haftentlassung muss unterstützt werden. Die Entwicklung eines für jeden Mitgliedstaat sowie für die jeweilige Haftanstalt und Bewährungshilfe passenden Modells der kontinuierlichen Betreuung könnte von entscheidender Bedeutung sein, um den Häftlingen den Zugang zu dem Spektrum an Unterstützung zu ermöglichen, das sie benötigen, um ihre persönlichen Genesungsziele während der Haft zu erreichen, Risiken zu verringern und die kontinuierliche Inanspruchnahme der Therapieangebote und Rehabilitationsleistungen nach Verbüßung ihrer Strafe zu fördern.
Zweitens sollte es ein vorrangiges Ziel sein, die Kanäle, über die Drogen (und andere verbotene Gegenstände) in Haftanstalten gelangen, zu unterbrechen und die Personen zu ermitteln, die an diesen Kanälen beteiligt sind. In diesem Zusammenhang könnten die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, der Informationsaustausch, die Korruptionsbekämpfung, die nachrichtendienstliche Aufklärung und Drogentests die Grundlage für ein wirksames Eingreifen bilden.
Anzugehende prioritäre Bereiche:
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8.1. Kontinuierliche Betreuung in der Haftanstalt und Bewährungshilfe.
8.2. Beschränkung des Drogenangebots in Haftanstalten.
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IV.Steuerung, Umsetzung und Nachbegleitung der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung
Die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung wird von einem Drogenaktionsplan für denselben Zeitraum flankiert, um die strategischen Prioritäten der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung in konkrete operative Schritte und Aktivitäten umzusetzen. Der Aktionsplan vereint sowohl die internen als auch die externen Aspekte, die zur Verwirklichung der Ziele der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung erforderlich sind. Mit Blick auf die Verbesserung der Sicherheit und der Gesundheit im Zusammenhang mit dem Drogenphänomen sollten die im Drogenaktionsplan vorgesehenen Maßnahmen auch zur Umsetzung der Strategie für die Sicherheitsunion und der einschlägigen Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beitragen.
Abbildung 1 zeigt die wichtigsten Akteure in der Drogenpolitik – Festlegung und Beitrag zur Festlegung politischer Prioritäten in der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung; Umsetzung: taktische und operative Maßnahmen – im Hinblick auf die Umsetzung der im Drogenaktionsplan als prioritär eingestuften Maßnahmen; Überwachung – Unterstützung bei der Bestandsaufnahme der erzielten Fortschritte; und Koordinierung der Umsetzung.
Es bedarf einer stärkeren Koordinierung innerhalb und zwischen den Organen, Einrichtungen und zuständigen Agenturen der EU, den Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft. Darüber hinaus ist eine verstärkte internationale Zusammenarbeit zwischen der EU, Drittländern und anderen Regionen, internationalen Organisationen und Einrichtungen sowie auf multilateraler Ebene erforderlich, um den Ansatz und die Ziele der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung zu verfolgen. Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) spielt eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung dieser Bemühungen, unter anderem durch seine EU-Delegationen und die Instrumente der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) wie Missionen und Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und das Netz von Experten für Terrorismusbekämpfung und Sicherheit.
Außerdem sollte die Zusammenarbeit mit dem EU-Drogenforum der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung, Bewertung und Lieferung von Input zur Entwicklung der Drogenpolitik auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene sichergestellt werden.
Vor Ablauf der Laufzeit der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung wird die Europäische Kommission im Jahr 2025 eine unabhängige Bewertung dieser Agenda und des Drogenaktionsplans durchführen, bei der die Beiträge aller an der Steuerung beteiligten Akteure und der anderen maßgeblichen Akteure sowie die künftige Entwicklung der EU-Drogenpolitik berücksichtigt werden.
Abbildung 1: Vier Steuerungsebenen
Die Ressourcen sollten anteilig den strategischen Prioritäten, Bereichen und Interventionen zugewiesen werden, die am ehesten zur Verwirklichung der Ziele der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung auf EU-Ebene sowie auf nationaler und lokaler Ebene führen. Daher ist es wichtig, die Wirksamkeit der Reaktion auf die Drogenproblematik insgesamt zu messen. Die Mittel zur Unterstützung der in dieser Agenda festgelegten Prioritäten sollten aus sektorübergreifenden EU-Finanzierungsquellen bereitgestellt werden, wie insbesondere aus dem Fonds für die innere Sicherheit, dem Programm EU4Health, dem Europäischen Sozialfonds+, dem Programm „Justiz“, der Sicherheitsforschung im Rahmen von „Horizont Europa“, den kohäsionspolitischen Mitteln, dem Programm „Digitales Europa“ und dem Programm „Rechte und Werte“.
Die Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung und des EU-Drogenaktionsplans wird durch ein koordiniertes Überwachungs-, Evaluierungs- und Forschungssystem unterstützt. Die Fortschritte, die bei der Umsetzung der im Drogenaktionsplan dargelegten strategischen Prioritäten und der damit verbundenen Maßnahmen erzielt wurden, werden anhand von Leistungsindikatoren bestimmt, die mit den einzelnen strategischen Prioritäten verbunden sind. Die Europäische Kommission wird mit Unterstützung der EBDD und gegebenenfalls anderer EU-Agenturen und -Einrichtungen die Umsetzung der EU-Agenda zur Drogenbekämpfung überwachen und koordinieren.
V.Schlussfolgerung
Die Kommission stellt die Reaktion der EU auf die Probleme in Verbindung mit der organisierten Kriminalität und dem Drogenhandel in den Mittelpunkt der politischen Agenda der EU und verfolgt einen neuen strategischen Ansatz zur Drogenproblematik. Die Zusammenarbeit ist von höchster Bedeutung. So bedarf es einer zunehmend engeren Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren sowie zwischen den Behörden auf lokaler und nationaler Ebene sowie auf EU-Ebene. Wir werden unsere Kräfte weiterhin mit globalen Partnern bündeln. Auf EU-Ebene wird die Kommission der Rolle der EBDD neue Impulse geben, um sicherzustellen, dass die Agentur bei allen Prioritäten der Drogenpolitik eine stärkere Rolle spielt. Die Kommission fordert den Rat und das Europäische Parlament auf, die EU-Agenda zur Drogenbekämpfung und den Aktionsplan zu billigen und das volle Potenzial der einzelnen festgelegten strategischen Prioritäten zu unterstützen und zu nutzen. Dies ist eine gemeinsame Anstrengung zum Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger.