EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 5.6.2019
COM(2019) 530 final
BERICHT DER KOMMISSION
Zypern
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52019DC0530
REPORT FROM THE COMMISSION Cyprus Report prepared in accordance with Article 126(3) of the Treaty on the Functioning of the European Union
BERICHT DER KOMMISSION Zypern Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
BERICHT DER KOMMISSION Zypern Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
COM/2019/530 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 5.6.2019
COM(2019) 530 final
BERICHT DER KOMMISSION
Zypern
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
BERICHT DER KOMMISSION
Zypern
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
1. Einleitung
In Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („Vertrag“) ist ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit („Defizitverfahren“, VÜD) vorgesehen. Dessen Einzelheiten regelt die zum Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) gehörige Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit 1 . Besondere Vorschriften für die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die Gegenstand eines Defizitverfahrens sind, sind in der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 2 festgelegt.
Nach Artikel 126 Absatz 2 des Vertrags prüft die Kommission die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei Kriterien, nämlich daran, a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Referenzwert von 3 % überschreitet (es sei denn, dass entweder das Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat oder der Referenzwert nur ausnahmsweise und nur vorübergehend überschritten wird und das Verhältnis in der Nähe des Referenzwerts bleibt) und b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum BIP den Referenzwert von 60 % überschreitet (es sei denn, es ist hinreichend rückläufig und nähert sich rasch genug dem Referenzwert) 3 .
Laut Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags erstellt die Kommission einen Bericht, falls ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien erfüllt. In diesem Bericht wird auch „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“.
In diesem Bericht, der die erste Stufe des Defizitverfahrens darstellt, wird analysiert, ob Zypern das im Vertrag vorgesehene Defizit- und Schuldenstandskriterium erfüllt, wobei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und sonstigen einschlägigen Faktoren gebührend Rechnung getragen wird.
Aus den Daten, die von den zyprischen Behörden am 29. März 2019 gemeldet 4 und anschließend von Eurostat validiert 5 wurden, geht hervor, dass sich das gesamtstaatliche Defizit Zyperns 2018 auf 4,8 % des BIP belief und den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % überstieg, während der Schuldenstand bei 102,5 % des BIP und damit über dem Referenzwert von 60 % des BIP lag. Für 2019 wurden ein gesamtstaatlicher Überschuss von 3,4 % des BIP und eine Schuldenquote von 95,9 % des BIP angesetzt. In ihrem Stabilitätsprogramm 2019, das am 30. April 2019 bei der Kommission einging, geht die zyprische Regierung von einem gesamtstaatlichen Überschuss von 3,0 % des BIP und einer Schuldenquote von 95,7 % des BIP aus.
Den übermittelten Daten ist zu entnehmen, dass es Zypern 2018 nicht gelungen ist, das Defizitkriterium einzuhalten, da das gesamtstaatliche Defizit über dem Referenzwert von 3 % des BIP lag (siehe Tabelle 1). Nach der am 7. Mai 2019 veröffentlichten Frühjahrsprognose 2019 der Kommission wird Zypern in den Jahren 2019 und 2020 das Defizitkriterium einhalten, da der Gesamtsaldo des Landes den Projektionen zufolge bei einem Überschuss von 3 % des BIP bzw. 2,8 % des BIP liegen wird. Auch auf der Grundlage des im Stabilitätsprogramm enthaltenen Szenarios wird davon ausgegangen, dass Zypern das Defizitkriterium ab 2019 erfüllen wird: Für 2019 steht ein Gesamtüberschuss von 3,0 % des BIP und für 2020 von 2,6 % des BIP zu erwarten.
Die Nichteinhaltung des Defizitkriteriums im Jahr 2018 deutet darauf hin, dass in Zypern allem Anschein nach ein übermäßiges Defizit im Sinne des SWP besteht – ohne dass jedoch bereits alle im Folgenden aufgeführten Faktoren berücksichtigt wären.
Wenngleich Zyperns Schuldenquote im Jahr 2018 bei über 60 % des BIP liegt, hat das Land die Übergangsregelung für den Schuldenabbau 2018 erfüllt und dürfte in den Jahren 2019 und 2020 den Richtwert für den Schuldenabbau einhalten. Dies legt den Schluss nahe, dass Zypern das Schuldenstandskriterium im Sinne des SWP erfüllt.
Tabelle 1: Gesamtstaatliches Defizit und gesamtstaatlicher Schuldenstand
(in % des BIP)
Infolgedessen hat die Kommission den vorliegenden Bericht erstellt, um die Abweichung vom Defizitkriterium umfassend zu bewerten und zu prüfen, ob die Einleitung eines Defizitverfahrens angebracht ist. In Abschnitt 2 wird das Defizitkriterium geprüft, in Abschnitt 3 das Schuldenstandskriterium. Abschnitt 4 behandelt öffentliche Investitionen und sonstige einschlägige Faktoren, unter anderem die Bewertung, ob Zypern den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel einhält. Der Bericht trägt der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission Rechnung.
2.Defizitkriterium
Zyperns gesamtstaatlicher Saldo drehte von einem Überschuss von 1,8 % des BIP im Jahr 2017 in ein Defizit von 4,8 % im Jahr 2018. Dies war unter anderem der Wirkung einer einmaligen Maßnahme im Umfang von 8,3 % des BIP zuzuschreiben, mit der die Regierung den Verkauf und die geordnete Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank unterstützt hatte. Ohne Berücksichtigung einmaliger Maßnahmen wies der Gesamtsaldo 2018 einen Überschuss von 3,5 % des BIP aus.
Nach der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission wird der gesamtstaatliche Saldo im Jahr 2019 voraussichtlich wieder einen Überschuss von 3,0 % des BIP aufweisen. Für 2020 wird in der Prognose der Kommission unter Annahme einer unveränderten Politik von einem Gesamtüberschuss von 2,8 % des BIP ausgegangen.
In dem im Stabilitätsprogramm enthaltenen mehrjährigen Horizont ist vorgesehen, dass im Prognosezeitraum Gesamtüberschüsse erzielt werden. Insbesondere wird im Stabilitätsprogramm von einem Gesamtüberschuss von 3,0 % des BIP 2019 und von 2,6 % des BIP 2020 ausgegangen. Somit werden für 2019 im Stabilitätsprogramm und in der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission Gesamtüberschüsse in ähnlicher Höhe veranschlagt. Die geringfügige Differenz zwischen der Kommissionsprognose und den im Stabilitätsprogramm enthaltenen Projektionen für 2020 ergibt sich aus den makroökonomischen Annahmen, der Einschätzung der Einnahmendynamik aufgrund der bisherigen Entwicklung sowie den konservativeren Annahmen zu den Ausgaben, die die Kommission in ihrer Prognose zugrunde legt.
Im Jahr 2018 stieg das gesamtstaatliche Defizit auf 4,8 % des BIP und lag damit nicht in der Nähe, sondern deutlich über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP.
Der Referenzwert von 3 % des BIP wurde im Jahr 2018 nicht nur ausnahmsweise überschritten, da die Entwicklung weder auf ein außergewöhnliches Ereignis noch auf einen schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung im Sinne des Vertrags und des SWP zurückzuführen ist. In ihrer Frühjahrsprognose 2019 geht die Kommission davon aus, dass sich das starke Wachstum 2019 mit 3,1 % fortsetzt und sich 2020 leicht auf 2,7 % verlangsamt.
Der Referenzwert von 3 % des BIP wurde im Sinne des Vertrags und des SWP nur vorübergehend überschritten. Insbesondere deuten die Haushaltsprognosen der Kommission und das Stabilitätsprogramm darauf hin, dass der gesamtstaatliche Saldo ab 2019 wieder einen Überschuss aufweisen dürfte und der Referenzwert somit nicht mehr überschritten wird.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Defizit 2018 über dem und nicht in der Nähe des im Vertrag festgelegten Referenzwerts von 3 % des BIP lag. Die Überschreitung des Referenzwerts wird nicht als Ausnahme betrachtet, gilt aber im Sinn des Vertrags und des SWP als vorübergehend. Die Analyse lässt somit darauf schließen, dass ausgehend von den Haushaltsdaten für 2018 das Defizitkriterium für die Zwecke des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 allem Anschein nach nicht erfüllt ist; dabei sind die im Folgenden aufgeführten einschlägigen Faktoren jedoch noch nicht berücksichtigt.
3.Schuldenstandskriterium
Im Jahr 2018 erhöhte sich die gesamtstaatliche Bruttoschuldenquote auf 102,5 %, was den 2017 verzeichneten drastischen Rückgang auf 95,8 % des BIP wieder teilweise zunichte machte. Der Anstieg war hauptsächlich auf die Emission einer Serie von Staatsanleihen im April und Juli 2018 im Zusammenhang mit den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für den Verkauf und die geordnete Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank im Umfang von 15 % des BIP (3,2 Mrd. EUR) zurückzuführen. Diese Entwicklung schlug sich in einer erheblichen positiven Bestandsanpassung im Jahr 2018 und damit in einer Aufwärtsbewegung des öffentlichen Schuldenstands nieder. Die Schuldenquote kletterte 2018 im Vergleich zum Vorjahr allerdings nur um 7 BIP-Prozentpunkte nach oben, da die positive zugrunde liegende Haushaltsentwicklung, der Schneeballeffekt und das aktive Schuldenmanagement den durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Cyprus Cooperative Bank bedingten Schuldenanstieg teilweise wieder wettmachen konnten. Auf das Thema der Schuldendynamik wird in Abschnitt 4.3 näher eingegangen.
Der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission zufolge dürfte sich der Schuldenstand in den kommenden Jahren kontinuierlich rückläufig entwickeln, 2019 auf 96,5 % des BIP zurückgehen und 2020 weiter auf 90 % des BIP schrumpfen.
Laut Stabilitätsprogramm wird sich die Schuldenquote im Zeitraum 2019-2022 – hauptsächlich getragen von den projizierten hohen Primärüberschüssen (über 4,0 % des BIP) und einem starken nominalen BIP-Wachstum – merklich rückläufig entwickeln. Der öffentliche Schuldenstand dürfte den Projektionen zufolge 2019 auf 95,7 % des BIP sinken und bis 2020 weiter auf 90 % zurückgehen. Die Differenz gegenüber der von einer unveränderten Politik ausgehenden Projektion der Kommission ergibt sich in erster Linie aus optimistischeren Wachstums- und Inflationsprojektionen und einer niedrigeren Bestandsanpassung.
Tabelle 2: Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau
Nach der Einstellung des Defizitverfahrens im Jahr 2015 verfügte Zypern über einen Übergangszeitraum von drei Jahren, um den Richtwert für den Schuldenabbau einzuhalten. Dieser Übergangszeitraum begann 2016 und endete im Jahr 2018. Da der öffentliche Schuldenstand den Projektionen zufolge jedoch weiterhin oberhalb der 60 %-Marke des BIP verharren wird, findet seit 2019 der Richtwert für den Schuldenabbau Anwendung.
Den übermittelten Daten ist zu entnehmen, dass die Veränderung des strukturellen Saldos im Jahr 2018 den Schätzungen zufolge 4,3 % des BIP über der erforderlichen minimalen linearen strukturellen Anpassung (MLSA) lag und Zypern 2018 somit ausreichende Fortschritte bei der Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau erzielt hat (siehe Tabelle 2).
Auch in der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission wird davon ausgegangen, dass Zypern 2019 und 2020 den Richtwert für den Schuldenabbau einhalten wird, da die Schuldenquote unter dem Richtwert liegen dürfte und eine negative Lücke zum Richtwert in Höhe von 6,5 % des BIP bzw. 4,7 % des BIP projiziert wird.
Auf der Grundlage des im Stabilitätsprogramm dargelegten Szenarios steht außerdem zu erwarten, dass Zypern 2019 und 2020 das Schuldenstandskriterium erfüllen wird. Die negative Lücke zum Richtwert für den Schuldenabbau in Höhe von 9,1 % des BIP bzw. 8,7 % des BIP weist darauf hin, dass Zypern den Richtwert einhalten dürfte.
Zypern erfüllt somit das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97.
4. Einschlägige Faktoren
Nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags wird im Bericht der Kommission „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“. Diese Faktoren werden in Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 näher erläutert. Zudem heißt es darin, dass allen sonstigen Faktoren gebührende Beachtung zu schenken ist, „die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind, um die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien in umfassender Weise zu beurteilen, und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat.“
Nach Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates sind bei der Bewertung der Einhaltung des Defizitkriteriums die einschlägigen Faktoren zu berücksichtigen. Wenn jedoch das Verhältnis des gesamtstaatlichen Schuldenstands zum BIP den Referenzwert überschreitet, werden diese Faktoren in den Verfahrensschritten auf dem Weg zur Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits (im Einklang mit Artikel 126 Absätze 4, 5 und 6 des Vertrags) nur dann berücksichtigt, wenn die maßgebliche doppelte Bedingung – das gesamtstaatliche Defizit bleibt in der Nähe des Referenzwertes und der Referenzwert wird nur vorübergehend überschritten – erfüllt ist. Da die öffentliche Schuldenquote 102,5 % des BIP erreicht hat und das Defizit 4,8 % des BIP beträgt und diese beiden Werte somit nicht in der Nähe der einschlägigen Referenzwerte liegen, können die einschlägigen Faktoren in den Verfahrensschritten auf dem Weg zur Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Zypern nicht berücksichtigt werden.
Beschließt der Rat, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht, so werden nach Artikel 2 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 in den folgenden Verfahrensschritten die einschlägigen Faktoren jedoch berücksichtigt, insbesondere bei der Festlegung einer Frist für die Beseitigung des übermäßigen Defizits und bei der möglichen Verlängerung dieser Frist.
Die folgenden Abschnitte behandeln daher 1) die mittelfristige Haushaltslage, einschließlich einer Bewertung der Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel und der Entwicklung der öffentlichen Investitionen, 2) die mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote, ihre Dynamik und Tragfähigkeit, 3) die mittelfristige Wirtschaftslage, 4) sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind, und 5) sonstige Faktoren, die aus Sicht des Mitgliedstaats von Bedeutung sind.
4.1. Mittelfristige Entwicklung der öffentlichen Haushalte
In der Ex-post-Bewertung, inwieweit Zypern die Anforderungen der präventiven Komponente eingehalten hat, wurde festgestellt, dass der strukturelle Saldo im Jahr 2018 einen Überschuss von 2,0 % des BIP aufwies und damit deutlich über dem mittelfristigen Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts lag. Nach der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission ist davon auszugehen, dass Zypern sein mittelfristiges Haushaltsziel auch 2019 und 2020 übertreffen wird.
Gesamtsaldo, struktureller Saldo und Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel
Gesamtsaldo
Nachdem Zyperns Gesamtsaldo 2016 einen Überschuss von 0,3 % des BIP und 2017 einen Überschuss von 1,8 % des BIP auswies, war 2018 ein Defizit von 4,8 % des BIP zu verzeichnen. Vor dem Hintergrund eines starken Wirtschaftswachstums mit kräftig sprudelnden Steuereinnahmen und günstigen Arbeitsmarktentwicklungen stieg die Einnahmenquote um 0,8 BIP-Prozentpunkte. Die Ausgabenquote kletterte um 7,3 BIP-Prozentpunkte nach oben, was in erster Linie auf die Wirkung der einmaligen Maßnahme zur Stützung des Verkaufs und der geordneten Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank zurückzuführen ist. In ihrer Frühjahrsprognose 2019 erwartet die Kommission einen gesamtstaatlichen Überschuss für 2019 von 3,0 % des BIP und für 2020 von 2,8 % des BIP. Im Stabilitätsprogramm wird ein Gesamtüberschuss von 3,0 % des BIP für 2019 und von 2,6 % des BIP für 2020 angestrebt.
Mittelfristiges Haushaltsziel und struktureller Saldo
Zyperns struktureller Saldo wies 2016 einen Überschuss von 1,1 % des BIP und 2017 einen Überschuss von 1,3 % des BIP auf, der 2018 auf 2,0 % des BIP anstieg. Damit lag der strukturelle Saldo 2018 deutlich über dem mittelfristigen Ziel einer strukturell ausgeglichenen Haushaltsposition.
Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission dürfte der strukturelle Überschuss 2019 auf 1,1 % des BIP und 2020 auf 0,7 % sinken, was teilweise auf die wachsende positive Produktionslücke zurückzuführen ist. Den im Stabilitätsprogramm enthaltenen Angaben zufolge soll sich der neu berechnete strukturelle Saldo 2019 auf 1,5 % des BIP und 2020 auf 1,0 % des BIP belaufen und anschließend während des Programmzeitraums weiter zurückgehen. Sowohl in der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission als auch im Stabilitätsprogramm wird davon ausgegangen, dass der strukturelle Saldo in den Jahren 2019 und 2020 über dem mittelfristigen Ziel bleiben wird. Die Divergenz im Vergleich zur Prognose der Kommission ist auf den abweichenden angestrebten Gesamtüberschuss und eine weniger positive Projektion der Produktionslücke zurückzuführen, die eine geringere zyklische Anpassung nach sich zieht.
Öffentliche Investitionen
Nach dem Tiefstand von 2,1 % des BIP im Jahr 2014 stiegen die öffentlichen Investitionen in Zypern im Jahr 2017 auf 2,7 % des BIP und lagen damit im EU-Durchschnitt. Die öffentlichen Investitionen erhöhten sich im Jahr 2018 weiter auf 5,5 % des BIP; allerdings lässt sich der Anstieg in erster Linie darauf zurückführen, dass zwei nach dem Verkauf und der geordneten Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank entstandene neue Unternehmen (Sedipes und Kedipes) dem Sektor Staat zugeordnet wurden. Für diese Unternehmen wurde eine Investition von rund 670 Mio. EUR ausgewiesen, was dem Umfang der Vermögenswerte entspricht, die von der ehemaligen Cyprus Cooperative Bank als Sicherheit gestellt worden waren. Gemessen an den gesamten Staatsausgaben beliefen sich die öffentlichen Investitionen in Zypern im Jahr 2017 auf 7,3 % und 2018 auf 12,4 %.
Dem Stabilitätsprogramm 2019 zufolge dürften die öffentlichen Investitionen im Prognosezeitraum auf rund 2,0 % des BIP sinken.
Die Regierung hat ihre wesentlichen Investitionsprioritäten in einer Strategieerklärung dargelegt. Im Einklang mit dem NRP für 2019 besteht das übergeordnete Ziel der Strategie darin, das Wachstumspotenzial zu steigern, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und langfristig nachhaltiges Wachstum sicherzustellen. Um Zypern für Investoren attraktiver zu machen, wird der Schwerpunkt auf Reformen gelegt, die ein effizientes Unternehmensumfeld schaffen, Investitionen erleichtern, eine bessere Rechtsetzung fördern und die Verfahren straffen sollen. Darüber hinaus genießen solche Reformen Priorität, die darauf abstellen, den öffentlichen Sektor effizienter zu machen, KMU und Unternehmergeist zu fördern und die Effizienz der Rechtsprechung zu verbessern. Diese Reformen spiegeln sich auch in den länderspezifischen Empfehlungen wider. Künftig steht zu erwarten, dass (sowohl öffentliche als auch private) Investitionen in die Bereiche Energie, Tourismus, Schifffahrt, Industrie, Bildung, Gesundheit, Justiz, Forschung und Innovation, Digitalisierung und Umwelt gelenkt werden.
4.2. Mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote
Wenngleich der öffentliche Schuldenstand im Jahr 2018 aufgrund von Maßnahmen zur Bankenstützung gestiegen ist und der Schuldenabbau von 2017 dadurch teilweise wieder zunichte gemacht wurde, werden den Projektionen zufolge die Schulden ab 2019 stetig sinken, was auf die projizierten weiterhin hohen Primärüberschüsse und das starke nominale BIP-Wachstum zurückzuführen ist. Aus der Analyse der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durch die Kommission geht jedoch hervor, dass nach wie vor Haushaltsrisiken bestehen. Zypern ist insbesondere aufgrund des hohen öffentlichen Schuldenstands anfällig für potenzielle finanzielle oder wirtschaftliche Schocks. Solche Risiken werden in gewissem Maße durch den gedämpften mittelfristigen Finanzierungsbedarf und die positivere Einschätzung des Länderrisikos durch die Finanzmärkte abgemildert.
Schuldendynamik
Nachdem der öffentliche Schuldenstand Ende 2017 deutlich (um fast 10 BIP-Prozentpunkte) auf 95,8 % des BIP zurückgegangen war, kletterte er 2018 auf 102,5 %. Dieser Anstieg war hauptsächlich auf die einmalige staatliche Unterstützung für den Verkauf und die geordnete Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank zurückzuführen, insbesondere auf die Emission einer Serie von Staatsanleihen im April und Juli 2018 im Umfang von 15 % des BIP (3,2 Mrd. EUR). Infolgedessen bewegte sich der öffentliche Schuldenstand Zyperns nach oben. Die Schuldenquote stieg 2018 im Vergleich zum Vorjahr allerdings nur um 7 BIP-Prozentpunkte an, da die positive zugrunde liegende Haushaltsentwicklung, der Schneeballeffekt (d. h. Änderungen der Schuldenquote in Bezug auf die Differenz zwischen nominalem Wachstum und Zinssatz) und das aktive Schuldenmanagement den durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Cyprus Cooperative Bank bedingten Schuldenanstieg teilweise wieder wettmachen konnten. Im Rahmen des Schuldenmanagements war eine teilweise Schuldentilgung aus aufgelaufenen Kassenbeständen vorgesehen; so zahlte die Regierung im Dezember 2018 der Zentralbank Zyperns vollumfänglich ihre Schulden zurück (483 Mio. EUR bzw. 2,3 % des BIP).
Laut der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission dürfte die Schuldenquote im Jahr 2019 stetig sinken und 96,4 % des BIP erreichen und 2020 weiter auf 90 % des BIP zurückgehen. Der Rückgang ist hauptsächlich den projizierten hohen Primärüberschüssen von rund 5 % des BIP und dem starken nominalen BIP-Wachstum geschuldet.
Dem Stabilitätsprogramm zufolge dürfte der öffentliche Schuldenstand im Zeitraum 2019-2022 drastisch sinken, 2019 stark auf 95,7 % des BIP schrumpfen und bis 2020 weiter auf 90 % zurückgehen. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2019 davon aus, dass der Schuldenabbau im Jahr 2019 etwas geringer als im Stabilitätsprogramm projiziert ausfallen wird, was in erster Linie auf konservativere Wachstums- und Inflationsprojektionen und eine höhere Bestandsanpassung (in Form einer Akkumulierung finanzieller Vermögenswerte) zurückzuführen ist.
Zinsausgaben
Im Einklang mit der allgemeinen Entwicklung im Euro-Währungsgebiet sind die Zinssätze für zyprische Schuldtitel so niedrig wie nie zuvor. Die Renditen siebenjähriger Staatsanleihen beliefen sich Ende April 2019 auf rund 0,9 %, während die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen etwa 1,4 % betrug und damit den niedrigsten Wert seit 2015 erreichte. Auf der Grundlage der übermittelten Daten ist der rechnerische Zinssatz in den letzten Jahren von 3,0 % im Jahr 2015 auf 2,4 % im Jahr 2018 gefallen. 2019 dürfte er bei rund 2,4 % verharren.
Tragfähigkeit der Schulden
Der zyprische Staat hat die günstigen Marktbedingungen zur Refinanzierung der ausstehenden Schulden zu deutlich niedrigeren Zinsen und mit erheblich längeren Laufzeiten genutzt.
Die Analyse der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen deutet auf kurzfristige Risiken für die öffentlichen Finanzen hin, doch der projizierte hohe Primärüberschuss dürfte eine signifikante Senkung des öffentlichen Schuldenstands im Jahr 2019 ermöglichen, wodurch sich diese Risiken geringfügig verringern. Der S0-Indikator lässt Risiken für fiskalische Stresssituationen über einen Zeithorizont von einem Jahr erkennen 6 . Insbesondere sind Anfälligkeiten, die von der finanziellen Wettbewerbsfähigkeit und von der haushaltspolitischen Seite ausgehen, festzustellen. Dies ist vor allem auf die einmaligen Maßnahmen zur Bankenstützung zurückzuführen, die eine Verschlechterung mehrerer finanzpolitischer Variablen (z. B. des Primärsaldos und des Netto- sowie des Bruttoschuldenstands 2018) bewirkten, sowie auf die hohe Verschuldung des privaten Sektors. Letztlich schätzen die Finanzmärkte das Länderrisiko Zyperns nun positiver ein, wodurch die kurzfristigen Risiken weiter gemindert werden.
Mittel- und langfristig ist Zypern mit mittleren Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen konfrontiert. Der S1-Indikator für die Tragfähigkeitslücke weist einen negativen Wert aus, was darauf hindeutet, dass vorab keine Konsolidierungsanstrengungen erforderlich sind, um den Schuldenstand bis 2033 unter den Referenzwert von 60 % des BIP zu drücken; dies lässt auf ein mittelfristig niedriges Risiko schließen. Aus der Analyse der Schuldentragfähigkeit geht jedoch hervor, dass die Schuldenquote bis 2029 leicht über den kritischen Schwellenwert von 60 % des BIP zurückgehen dürfte, was auf ein mittleres Risiko hindeutet 7 . Langfristig gesehen wird für Zypern von einem mittleren Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ausgegangen. Der S2-Indikator für die Tragfähigkeitslücke deutet auf ein geringes Risiko hin, während die Schuldentragfähigkeitsanalyse langfristig auf ein mittleres Risiko schließen lässt, das auf Schwachstellen im Zusammenhang mit der hohen Schuldenlast zurückzuführen ist.
Die oben genannten Risiken und der hohe öffentliche Schuldenstand zeigen, wie wichtig es ist, auf mittlere bis lange Sicht die Haushaltsdisziplin aufrechtzuerhalten und weiter wachstumsfördernde Strukturreformen zu verfolgen, um eine rückläufige Entwicklung des öffentlichen Schuldenstands sicherzustellen.
4.3. Mittelfristige Wirtschaftsentwicklung
Wenngleich mehrere Strukturreformen umgesetzt wurden, ist das Potenzialwachstum Zyperns nach wie vor gering, da es immer noch durch Altlasten in Mitleidenschaft gezogen wird, darunter der sehr hohe Anteil notleidender Kredite im Finanzsektor und die hohe private und öffentliche Verschuldung. Zypern hat bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2018 einige Fortschritte erzielt, insbesondere indem im Rahmen seiner umfassenden Strategie einige wichtige Maßnahmen umgesetzt wurden, um notleidende Kredite abzubauen, den Zugang zu Finanzierungsmitteln für KMU zu erleichtern und um die Umsetzung der ersten Phase des nationalen Krankenversicherungssystems vorzubereiten.
Konjunkturlage, Potenzialwachstum und Inflation
Zypern gehört zu den europäischen Ländern, die am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen waren und hatte daher um externe finanzielle Unterstützung ersucht. Das Land durchlief im Zeitraum 2013-2015 ein wirtschaftliches Anpassungsprogramm mit Schwerpunkt auf dem Finanzsektor. Der Verkauf und die geordnete Abwicklung der zweitgrößten Bank (Cyprus Cooperative Bank) im Jahr 2018 haben allerdings gezeigt, dass weiterhin Altlasten vorhanden waren. Im Zeitraum 2012-2014 verzeichnete Zypern eine Rezession, doch ab 2015 konnte das reale Wachstum wieder an Fahrt aufnehmen. Seit 2016 erlebt Zypern einen starken Konjunkturaufschwung; so belief sich das jährliche reale Wachstum im Zeitraum 2016-2017 auf über 4 % und blieb im Jahr 2018 knapp unter diesem Wert. Der Arbeitsmarkt hat sich spürbar erholt, und in letzter Zeit wurden Beschäftigungszuwächse von rund 4 % jährlich erreicht, während die Löhne moderat anstiegen. Die Arbeitslosigkeit ist von knapp 17 % auf dem Höhepunkt der Krise auf 7,1 % im Februar 2019 zurückgegangen. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit ist kürzlich gesunken.
Tabelle 3: Makroökonomische und budgetäre Entwicklungen (in % des BIP)
Das reale Wachstum dürfte künftig dank der Binnennachfrage, insbesondere des privaten Verbrauchs und der Investitionen, solide ausfallen. Der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission zufolge wird sich das BIP-Wachstum 2019 auf 3,1 % und 2020 auf 2,7 % belaufen. Die Inflation in Zypern bewegt sich seit einigen Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau, woran sich nichts ändern dürfte. Der HVPI wird voraussichtlich 2019 auf 0,9 % steigen (nachdem die Inflationsrate 2018 bei 0,8 % lag) und sich 2020 weiter auf 1,1 % erhöhen. Wenngleich mehrere Strukturreformen umgesetzt wurden, ist das Potenzialwachstum Zyperns nach wie vor gering, da es immer noch durch Altlasten gehemmt wird, darunter der sehr hohe Anteil notleidender Kredite im Finanzsektor und die hohe private und öffentliche Verschuldung. Für den Zeitraum 2018-2020 wird das Potenzialwachstum auf rund 2 % geschätzt, wobei einer der wichtigsten positiven Beiträge der Kapitalakkumulation, gefolgt vom Gesamtbeschäftigungsbeitrag (der angesichts der Beschäftigungszuwächse zugelegt hat), zuzuschreiben ist. Nachdem die Gesamtfaktorproduktivität jahrelang eine kontraktive Wirkung entfaltet hat, dürfte sie 2019 und 2020 ins Plus drehen, aber nach wie vor sehr nahe bei Null liegen.
Die Produktionslücke ist positiv, wächst weiter, und dürfte von 2,8 % im Jahr 2018 auf 4,3 % im Jahr 2020 zulegen.
Strukturreformen
In dem am 15. April 2019 verabschiedeten Nationalen Reformprogramm (NRP) 8 bekräftigte die Regierung Zyperns ihre Zusage, ein weitreichendes Strukturreformprogramm umzusetzen, das dazu beitragen soll, langfristig nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen. Die wichtigsten im NRP skizzierten Reformprioritäten konzentrieren sich darauf, die in den länderspezifischen Empfehlungen des Rates von 2018 9 und im Länderbericht Zypern 2019 10 ermittelten Herausforderungen anzugehen.
Dem Länderbericht Zypern 2019 war zu entnehmen, dass der Mitgliedstaat bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen von 2018 insgesamt einige Fortschritte erzielt hat. Konkret wurden substanzielle Fortschritte bei der Umsetzung wesentlicher Maßnahmen im Rahmen einer umfassenden Strategie für den Abbau notleidender Kredite erreicht, unter anderem durch die Stärkung der Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften und des Rechtsrahmens für den Forderungsverkauf. Im Hinblick auf den Zugang von KMU zu Finanzierungsmitteln hat Zypern einige Fortschritte erzielt, da das Land neue Finanzierungsinstrumente auf den Weg gebracht und die Umsetzung der ersten Phase des nationalen Krankenversicherungssystems vorbereitet hat. In folgenden Bereichen wurden lediglich begrenzte Fortschritte erzielt: i) Reform der öffentlichen Verwaltung und der lokalen Gebietskörperschaften, ii) Durchführung geplanter Privatisierungsprojekte, iii) Abbau von Ineffizienzen im Justizsystem, iv) Einrichtung eines zuverlässigen Systems für die Ausstellung von Eigentumsurkunden und die Übertragung von Eigentumsrechten, v) Verbesserung der Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen hinsichtlich der Erreichung junger Menschen und vi) Reform des Bildungssystems. Bei der Stärkung der Beaufsichtigung von Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds und der Vereinfachung von Verwaltungsverfahren für größere Investitionen wurden keine Fortschritte erzielt.
Darüber hinaus kam die Kommission im Februar 2019 zu dem Schluss, dass in Zypern übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, und zwar in Form von hohen privaten und öffentlichen Schulden, hohen Auslandsschulden und einem hohen Anteil notleidender Kredite; gleichzeitig verzeichnet das Land eine nach wie vor relativ hohe – wenn auch rückläufige – Arbeitslosenquote und ein schwaches Potenzialwachstum.
4.4. Sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind
Zur Wahrung der Finanzstabilität hat die Regierung mehrere Maßnahmen ergriffen, um den Verkauf und die geordnete Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank zu unterstützen. Diese Unterstützungsmaßnahmen für den Finanzsektor hatten zur Folge, dass der gesamtstaatliche Saldo 2018 ins Defizit geriet und der öffentliche Schuldenstand anstieg (s. Abschnitte 4.2 und 4.3). Insbesondere wirkten sich die einmaligen Maßnahmen zur Bankenstützung negativ auf den gesamtstaatlichen Saldo aus und schlugen 2018 mit 8,3 % des BIP (1,7 Mrd. EUR) zu Buche 11 . Durch die Emission einer Serie von Staatsanleihen im Zusammenhang mit diesen Unterstützungsmaßnahmen erhöhte sich zudem der öffentliche Schuldenstand um 15 % des BIP (3,2 Mrd. EUR).
Unter den sonstigen Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind, kommt den folgenden besondere Bedeutung zu: den finanziellen Beiträgen zur Förderung der internationalen Solidarität und zur Verwirklichung der politischen Ziele der Union, den Schulden infolge der bilateralen und multilateralen Unterstützung zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen der Wahrung der Finanzstabilität und den Schulden im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen bei größeren finanziellen Störungen (Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97).
Gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 muss dieser Bericht auch in Betracht ziehen, in welchem Maß der betroffene Mitgliedstaat die Stellungnahme der Kommission zur Übersicht über die Haushaltsplanung nach Artikel 7 Absatz 1 (der Verordnung) berücksichtigt. Die Kommission kam in ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Zyperns für 2019 zu dem Schluss, dass das Land die Vorgaben des SWP für die Jahre 2018 und 2019 erfüllt hat, und forderte die Behörden auf, den Haushaltsplans 2019 auszuführen. 12 Der Haushalt wurde am 14. Dezember 2018 vom Parlament ohne größere Änderungen im Vergleich zur Übersicht über die Haushaltsplanung verabschiedet. Unter den wenigen ergänzenden Maßnahmen, die für den Haushalt 2019 genehmigt wurden, hatte die Senkung des Verbrauchsteuersatzes auf Brenn- bzw. Kraftstoffe im Jahr 2019 mit -0,3 % des BIP die höchste geschätzte Wirkung auf die Einnahmenseite.
4.5. Sonstige Faktoren, die aus Sicht des Mitgliedstaats von Bedeutung sind
Am 31. Mai 2019 übermittelten die zyprischen Behörden ein Schreiben, in dem sie verschiedene Faktoren im Sinne des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 anführten. Die wichtigsten dieser Faktoren wurden bereits in den vorstehenden Abschnitten weitgehend geprüft.
Die zyprischen Behörden weisen darauf hin, dass die Haushaltsentwicklung robust bleibt und die Überschreitung des Referenzwerts von 3 % des BIP 2018 vollständig den vorübergehenden Unterstützungsmaßnahmen der Regierung zugunsten der Cyprus Cooperative Bank zuzuschreiben war. Darüber hinaus wurden die einmaligen Maßnahmen, die der Cyprus Cooperative Bank zugute kamen, aus Gründen der Finanzstabilität als notwendig erachtet, da sie den Ausstieg der Bank aus dem Finanzmarkt durch eine geordnete Abwicklung und den Verkauf eines Teils der Bankaktivitäten an ein anderes Bankinstitut erleichtert haben.
Konkret stellen die Behörden fest, dass die 2018 zu beobachtende Verschlechterung der allgemeinen Haushaltslage von einem Überschuss von 1,8 % des BIP im Jahr 2017 auf ein Defizit von 4,8 % des BIP 2018 ausschließlich auf die einmaligen Stützungsmaßnahmen für die Cyprus Cooperative Bank zurückzuführen war. Die Behörden weisen außerdem darauf hin, dass der gesamtstaatliche Saldo 2018 ohne Berücksichtigung dieser einmaligen Maßnahmen einen Überschuss von rund 3,4 % des BIP aufwies und im Vorjahresvergleich eine Verbesserung um 1,6 BIP-Prozentpunkte sowie eine positive Abweichung um 0,5 % BIP-Prozentpunkte von dem in der Übersicht über die Haushaltsplanung 2019 festgelegten Ziel zu verzeichnen war. Der gesamtstaatliche Saldo verbesserte sich 2018; der Überschuss, der 2017 noch bei 1,3 % gelegen hatte, stieg auf 2 % des BIP.
Schließlich wird in dem Schreiben festgehalten, dass das gesamtstaatliche Defizit 2019 korrigiert werden dürfte. Insbesondere wird der gesamtstaatliche Saldo 2019 voraussichtlich wieder einen Überschuss von rund 3 % des BIP und 2020 einen Überschuss von mehr 2,8 % des BIP aufweisen, was die sich normalisierende Wirtschaftsaktivität und die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt widerspiegelt. In dem Schreiben wird angeführt, dass der strukturelle Saldo im Zeitraum 2019-2020 weiterhin bei einem Überschuss liegen dürfte, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen wird.
5. Schlussfolgerungen
Der öffentliche Bruttoschuldenstand bewegt sich seit dem Jahr 2011 oberhalb des Referenzwerts von 60 % des BIP und lag im Jahr 2018 bei 102,5 % des BIP. In der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission und im Stabilitätsprogramm wird von einem stetigen Schuldenabbau im Jahr 2019 ausgegangen, sodass der Schuldenstand auf unter 100 % des BIP sinken dürfte. Zypern hat die Übergangsregelung für den Schuldenabbau im Jahr 2018 erfüllt und wird den Richtwert für den Schuldenabbau in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich einhalten. Dies führt zu dem Schluss, dass das Schuldenstandskriterium des Vertrags erfüllt ist.
Nachdem 2016 und 2017 gesamtstaatliche Überschüsse von 0,3 % des BIP bzw. 1,8 % des BIP erreicht worden waren, wies Zyperns gesamtstaatlicher Saldo 2018 ein Defizit von 4,8 % des BIP aus und lag damit deutlich über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 %. Ohne die Wirkung der einmaligen Maßnahmen zur Bankenstützung im Umfang von 8,3 % des BIP läge der Gesamtsaldo 2018 bei einem Überschuss von 3,5 % des BIP. Nach der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission und dem Stabilitätsprogramm wird der gesamtstaatliche Saldo 2019 voraussichtlich wieder einen Überschuss von rund 3 % des BIP und 2020 einen Überschuss von mehr als 2,5 % des BIP aufweisen; damit stünde der Saldo im Einklang mit dem Referenzwert und läge zudem deutlich darunter (um mehr als 5,5 BIP-Prozentpunkte). Die Überschreitung des Referenzwerts im Jahr 2018 stellt keine Ausnahme im Sinne des Vertrags und des SWP dar und ist von vorübergehender Natur. Dies führt zu dem Schluss, dass das Defizitkriterium im Sinne des Vertrags allem Anschein nach 2018 nicht erfüllt ist.
In Übereinstimmung mit dem Vertrag wurden in diesem Bericht auch die einschlägigen Faktoren untersucht. Zu diesen einschlägigen Faktoren zählt auch der Umstand, dass das gesamtstaatliche Defizit 2018 und die Überschreitung des Referenzwerts vollständig auf die Wirkung der einmaligen Maßnahmen zur Bankenstützung im Umfang von 8,3 % des BIP zurückzuführen waren, die zudem zum Anstieg des gesamtstaatlichen Schuldenstands im Jahr 2018 beitrugen. Darüber hinaus erreichte der strukturelle Saldo einen Überschuss von 2,0 % des BIP im Jahr 2018 und dürfte 2019 und 2020 über dem mittelfristigen Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts bleiben. Da die öffentliche Schuldenquote den Referenzwert von 60 % des BIP übersteigt und die doppelte Bedingung – das Defizit bleibt in der Nähe des Referenzwertes und der Referenzwert wird nur vorübergehend überschritten – nicht erfüllt ist, können diese einschlägigen Faktoren in den Verfahrensschritten auf dem Weg zur Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Zypern jedoch nicht berücksichtigt werden.
Gleichzeitig steht zu erwarten, dass Zypern 2019 und 2020 sämtliche Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in vollem Umfang erfüllen wird, dazu zählen auch die projizierte Übererfüllung des mittelfristigen Haushaltsziels und der projizierte deutliche gesamtstaatliche Überschuss, sodass die Einhaltung des Defizitkriteriums und des Richtwerts für den Schuldenabbau gewährleistet ist. Infolgedessen wäre die Eröffnung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit im Hinblick auf die haushaltspolitische Überwachung nicht sinnvoll. Die Kommission ist somit der Ansicht, dass keine weiteren Verfahrensschritte auf dem Weg zur Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits ergriffen werden sollten.