EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 9.4.2019
COM(2019) 225 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Fortschrittsbericht „Erneuerbare Energiequellen“
1. EINLEITUNG
Durch das Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Renewable Energy Directive, im Folgenden die „RED II“) am 24. Dezember 2018 besteht nun ein neuer, zukunftsfähiger Rahmen für das Erreichen des verbindlichen Ziels der Union, bis zum Jahr 2030 mindestens 32 % des Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Dieser Rahmen baut auf die auf Grundlage der vorangegangenen Richtlinie erzielten Fortschritte auf. Dazu gehört auch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Ziele für das Jahr 2020 als Ausgangswert für ihre jeweiligen Zielpfade für das nächste Jahrzehnt beizubehalten. Weitere Bestandteile des Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ kommen ergänzend hinzu.
Erneuerbare Energie ist eine Hauptpriorität der Energieunion. Die Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (im Folgenden die „RED I“) ist ein Kernstück der Strategie für die Energieunion und treibende Kraft auf dem Weg zu den bis 2020 im Bereich erneuerbare Energie zu erreichenden Zielen.
Energie aus erneuerbaren Quellen betrifft alle fünf Dimensionen der Energieunion, was der politischen Priorität der Europäischen Union, in diesem Bereich weltweit Vorreiter zu werden, weiteres Gewicht verleiht. In der Dimension Energieversorgungssicherheit wird durch erneuerbare Energie die Abhängigkeit von der Einfuhr fossiler Brennstoffe verringert. Schätzungen zufolge konnte die EU durch die gestiegene Nutzung von erneuerbarer Energie seit 2005 die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen im Jahr 2016 um 143 Mio. t Rohöleinheiten (RÖE) senken (das entspricht etwa 12 % des gesamten fossilen Primärenergieverbrauchs). Auch die Abhängigkeit der EU von Energieeinfuhren, insbesondere Erdöl und Erdgas, wird bis zum Jahr 2050 von einem Einfuhranteil von derzeit 55 % auf 20 % zurückgehen, da ein Großteil der Primärenergieversorgung dann aus erneuerbaren Energiequellen stammen soll. Im Energiebinnenmarkt gewinnen erneuerbare Energien insbesondere auf dem Strommarkt an Bedeutung: Fast ein Drittel (30,8 %) der Bruttostromerzeugung der EU-28 kam hier 2017 aus erneuerbaren Quellen.
Auch Gas aus erneuerbaren Quellen spielt eine immer größere Rolle. Das zeigt sich am Beispiel Dänemarks sehr deutlich, wo der Biogasanteil am gesamten Gasverbrauch im Juli 2018 bei 18,6 % lag und damit im Vergleich zum Vorjahr um 50 % angestiegen war. Im Bereich Energieeffizienz müssen Energieeinsparungen und das Erreichen eines höheren Anteils erneuerbarer Energien sowie die zunehmende Einbindung kleiner Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energie in Gebäuden Hand in Hand gehen, um die Gesamtenergieeffizienz kostengünstig zu steigern. Erneuerbare Energien sind zudem von maßgeblicher Bedeutung für die Dekarbonisierung. Im Jahr 2016 trugen sie dazu bei, Brutto-CO2-Emissionen in Höhe von 460 Mio. t zu vermeiden (das ist mehr als die gesamten Treibhausgasemissionen Italiens im selben Jahr). Diese Menge dürfte im Jahr 2017 auf 499 Mio. t steigen. Sie sind außerdem ein Eckpfeiler der Dimension Innovation. Im Bereich erneuerbare Energien wird für 53 % aller Erfindungen von Unternehmen mit Sitz in der EU außerhalb Europas gültiger Patentschutz erworben. Dies ist ein Indikator für den hohen Wert der Innovation, da der Schutz in Erwartung dessen sichergestellt wird, dass die Innovation Märkte im Ausland erreicht und sich dort durchsetzt. Dieser im Vergleich zu den anderen großen Volkswirtschaften höhere Anteil internationaler Patente macht die EU weltweit zum Innovationsspitzenreiter. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) hat anerkannt, dass sich Europa auf diesem Gebiet zum Wegbereiter entwickelt hat, der erfolgsversprechende Pfade zu einer auf erneuerbaren Quellen beruhenden Energiezukunft aufzeigt, und Vorreiter bei Innovation im Energiebereich ist.
Auch in den Versorgungsketten der Technologie zur Nutzung erneuerbarer Energieträger übernimmt die EU eine führende Rolle. Bei bestimmten Technologien, etwa Windkraftanlagen, stammten im Jahr 2016 mindestens 41 % der neuen Anlagen weltweit von Herstellern aus der EU. Im Bereich Fotovoltaik sind die EU-Hersteller entsprechender Anlagen mit einem Weltmarktanteil von 50 % führend, während in der EU produzierte Wechselrichter auf gut 18 % kommen. Um beispielsweise die weltweite Führungsposition der EU auf dem Gebiet der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Meeresenergie zu erhalten und auszubauen, arbeitet die Kommission mit den Mitgliedstaaten daran, durch Kräftebündelung den Einsatz solcher Technologie zu fördern und die Ziele zur Kostensenkung aus dem SET-Plan zu erreichen. Die Kommission hat das Industrieforum für saubere Energie aus erneuerbaren Quellen ins Leben gerufen, um die industrielle Basis in diesem Sektor in Europa zu stärken. In enger Zusammenarbeit mit den wichtigsten dort vertretenen Akteuren unterbreitet das Forum Vorschläge für Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Versorgungskette für Energie aus erneuerbaren Quellen in der EU.
Energie aus erneuerbaren Quellen bringt Vorteile mit sich, deren Auswirkungen sich bei Weitem nicht auf die fünf genannten politischen Dimensionen beschränken. So trägt sie in der EU zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort bei; Derzeit sind etwa 1,4 Mio. Menschen in diesem Sektor tätig und der dort erwirtschaftete Umsatz wird auf 154,7 Mrd. EUR geschätzt. Der kürzlich veröffentlichte Bericht über die Energiepreise und -kosten in Europa zeigt zudem positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auf, da die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie in größerer Menge ein Hauptgrund für den Rückgang der Großhandelspreise für Energie in den letzten Jahren ist. Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien IRENA hat bereits herausgestrichen, dass der zunehmende Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen auch eine weltweite Energiewende mit erheblichen geopolitischen Auswirkungen eingeleitet hat, bei der der EU eindeutig eine Vorreiterrolle zukommt.
Erneuerbare Energie trägt außerdem zur Reduzierung der Luftverschmutzung und, durch den Zugang zu erschwinglicher und sauberer Energie, zur Unterstützung von Entwicklungsländern bei. Die Kapazitäten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen sind von 2011 bis 2016 um fast 10 GW gestiegen, und die Zahl der Menschen, die netzunabhängige erneuerbare Energie beziehen, versechsfachte sich auf über 133 Millionen. Schätzungen zufolge werden 2030 über 60 % der neuen Zugänge zur Stromversorgung auf Energie aus erneuerbaren Quellen beruhen, und knapp die Hälfte dieser Zugänge wird durch autonome Systeme und Mininetze bewerkstelligt werden. Ein letzter, wichtiger Punkt sind die geringeren Technologiekosten, die in Verbindung mit der Digitalisierung Energie aus erneuerbaren Quellen zu einer treibenden Kraft machen, die den Verbrauchern mehr Entscheidungsgewalt und eine tragende Rolle bei der Energiewende verleiht.
Dieser Bericht legt die neuesten Erkenntnisse zu den Fortschritten vor, die bis 2017 bei der Verwirklichung des bis 2020 gesetzten 20 %-Ziels erreicht wurden und kommt anderen Berichtspflichten der Europäischen Kommission im Rahmen der RED I und der Richtlinie über indirekte Landnutzungsänderungen (ILUC) nach. Der Bewertung der Fortschritte beim 2020-Ziel werden die Energiestatistiken, die die Mitgliedstaaten Eurostat bis Januar 2019 vorgelegt haben, als Primärdatenquelle zugrunde gelegt. Der Bericht baut auf den vierten zweijährlichen Fortschrittsbericht zu erneuerbaren Energien der Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2015–2016 und auf ergänzende technische Analysen aus dem Jahr 2018 auf. Auch ein Überblick über das Potenzial in Form von Kooperationsmechanismen sowie Bewertungen der administrativen Rahmen und der Nachhaltigkeit von Biobrennstoffen sind Teil dieses Berichts.
2. FORTSCHRITTE DER EU-28 BEIM EINSATZ VON ENERGIE AUS ERNEUERBAREN QUELLEN
Im Jahr 2017 machten erneuerbare Energien in der EU 17,52 % des Bruttoendenergieverbrauchs aus, wobei das Ziel bis 2020 bei 20 % liegt und der indikative Zielpfad, der 16 % für den Zeitraum 2017–2018 vorsah, übertroffen wurde. Insgesamt wurden in der EU zudem die etwas ehrgeizigeren Zwischenziele übertroffen, die sich die Mitgliedstaaten selbst in ihren nationalen Aktionsplänen für erneuerbare Energie (National Renewable Energy Action Plans, im Folgenden „NREAP“) gesetzt haben. Auf dem Weg zu dem Ziel für 2020 ist die EU auf Kurs. In den letzten Jahren war EU-weit ein stetiger Anstieg des Gesamtanteils von Energie aus erneuerbaren Quellen (EE-Anteil, Englisch „RES“) sowie der EE-Anteile in den Sektoren Elektrizität (RES-E), Wärme und Kälte (RES-H&C) sowie, in geringerem Maße, Verkehr (RES-T) zu beobachten.
Der EE-Anteil wächst jedoch seit 2014 langsamer. 2014 belief er sich auf 16,19 %; Damit lag der durchschnittliche Anstieg im Zeitraum 2014 bis 2017 bei nur 0,44 Prozentpunkten pro Jahr und unter dem jährlichen Durchschnittsanstieg von 0,83 Prozentpunkten, der für das Erreichen des 20 %-Ziels bis 2020 erforderlich ist. Da der indikative Zielpfad gemäß der RED I für die letzten Jahre ambitionierter ist, muss noch entschlossener auf die Ziele hingearbeitet werden.
Nach Sektoren betrachtet liegt der EE-Anteil in den Bereichen Elektrizität sowie Wärme und Kälte EU-weit stets über den in den NREAP der Mitgliedstaaten festgelegten Werten, während der EE-Anteil im Bereich Verkehr etwa dem geplanten Zielpfad entspricht.
Abbildung 1: Tatsächliche und angestrebte EE-Anteile in der EU-28 (2005–2020, in Prozent) Quelle: Eurostat und nationale Aktionspläne für erneuerbare Energie (NREAP)
Der größte Anteil des EE-Gesamtverbrauchs entfiel 2017 mit 102 Mio. t RÖE auf den Bereich Wärme und Kälte, gefolgt von dem Bereich Elektrizität aus erneuerbaren Quellen mit einem Verbrauch von 86,7 Mio. t RÖE und dem Bereich Verkehr mit 23,65 Mio. t RÖE.
Die wichtigsten Quellen für erneuerbare Energie waren bei Wärme und Kälte Biomasse, bei Elektrizität Wasser- und Windkraft und im Verkehr Biokraftstoffe. Im Stromsektor findet eindeutig ein Paradigmenwechsel hin zu erneuerbaren Energien statt. Dabei spielt insbesondere der Rückgang der Kosten für die Stromerzeugung aus Fotovoltaikanlagen bzw. Windenergie eine wichtige Rolle, der sich von 2009 bis 2018 auf knapp 75 % bzw. rund 50 % (in Abhängigkeit vom Markt) belief, da die Kapitalkosten rückläufig waren, die Leistung gesteigert, Versorgungsketten verbessert und wettbewerbsorientierte Ausschreibungsverfahren für Förderregelungen durchgeführt wurden. Das Projekt „Ourika“ in Portugal war 2018 das erste europäische Solarenergieprojekt, das von Anfang an ganz ohne öffentliche Unterstützung auskam. Die in Deutschland für ein 1,4 MW-Fotovoltaikprojekt gezahlten Marktprämien lagen unter dem Solarstrom-Marktwert im Sommer 2018, und in Dänemark wurden neue Windkraftprojekte für einen festen Einspeisungstarif von 2,5 EUR pro MWh entwickelt. In Deutschland und in den Niederlanden wurden für Ausschreibungen für die Errichtung von 1610 und 700 MW-Offshore-Windparks Angebote eingereicht, die keine öffentlichen Zuschüsse vorsahen.
Insbesondere durch den Kostenrückgang bezogen auch mehr Unternehmen erneuerbare Energie, vor allem in Fällen, in denen Geschäftskunden Strombezugsverträge direkt mit einem EE-Stromerzeuger abschlossen. Im Zeitraum 2015 bis 2018 ist das Volumen der durch Unternehmen abgeschlossenen EE-Strombezugsverträge in Europa von 506 MW auf das Vierfache (1967 MW) gestiegen.
3. BEWERTUNGEN DER FORTSCHRITTE DER MITGLIEDSTAATEN IM EINZELNEN UND AUSBLICK BIS 2020
1.Fortschritte in den Bereichen Elektrizität, Wärme und Kälte sowie Verkehr
In den EE-Anteilen zeigen sich die historisch bedingten Unterschiede im Energiemix der Mitgliedstaaten und ihr unterschiedliches EE-Potenzial; Sie reichen im Jahr 2017 von 6,4 % in Luxemburg bis 54,5 % in Schweden (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: EE-Anteile am Bruttoendenergieverbrauch 2015–2017 der EU und der Mitgliedstaaten im Vergleich zu den Zielpfaden gemäß der RED I (Quelle: Eurostat)
Gemäß den vierten EE-Fortschrittsberichten der Mitgliedstaaten (Zeitraum 2015–2016, im Folgenden „die Fortschrittsberichte“) haben 25 Mitgliedstaaten den indikativen Zielpfad nach der RED I für diesen Zeitraum übertroffen. Unter den drei Mitgliedstaaten, die ihre Zwischenziele aus der RED I verfehlten, ist der Rückstand der Niederlande am größten, deren EE-Anteil im Zeitraum 2015–2016 bei 5,9 % gegenüber dem nach dem indikativen Zielpfad angestrebten Wert von 7,6 % lag. Der Rückstand auf den nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energie, in dem für 2016 das Ziel 9,7 % galt, ist noch größer. Das Land bleibt nach wie vor hinter den RES-E-Zwischenzielen zurück, und auch im Bereich Verkehr (RES-T) hat sich die geplante Entwicklung verzögert. Luxemburg und Frankreich haben ihre Zwischenziele aus der RED I für den Zeitraum 2015–2016 ebenfalls verfehlt, wenn auch nur knapp.
Für 2017 zeichnen die Zahlen von Eurostat ein sehr ähnliches Bild. Elf Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Kroatien, Italien, Litauen, Ungarn, Rumänien, Finnland und Schweden) haben bereits einen Anteil erreicht, der ihrem Ziel für 2020 entspricht. Von den übrigen 17 Mitgliedstaaten haben zehn ihre RED I-Zwischenziele für den Zeitraum 2017–2018 bereits erreicht oder übertroffen. Die restlichen sieben Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Slowenien) müssten ihre Arbeit noch intensivieren, um dem durchschnittlichen Zwischenziel für den Zeitraum 2017–2018 auf dem Zielpfad bis 2020 zu entsprechen.
Der Gesamtverbrauch von Energie aus erneuerbaren Quellen in den EU-28 stieg im Zeitraum 2015 bis 2017 erheblich von 189 Mio. t RÖE auf 204 Mio. t RÖE; Das sind 8 %. Im gleichen Zeitraum stieg jedoch auch der Bruttoendenergieverbrauch von 1125 Mio. t RÖE auf 1159 Mio. t RÖE an, wodurch der EE-Anteil geringer ausfiel, da dieser über eine Division des EE-Bruttoendverbrauchs durch den Bruttoendenergieverbrauch berechnet wird. Die höhere Nachfrage ist in neun Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechische Republik, Ungarn, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien und Slowakei) einer der Hauptgründe für den Rückgang des EE-Anteils von 2016 auf 2017.
Der EE-Anteil nach Sektoren hat in einem Großteil der Mitgliedstaaten im Zeitraum 2015 bis 2017 zugenommen. In einigen Mitgliedstaaten belief sich die Entwicklung des Anteils nach Sektoren jedoch auf unter 0,3 Prozentpunkte. Dies gilt für neun Mitgliedstaaten bei RES-E (Bulgarien, Tschechische Republik, Spanien, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Schweden), für sieben bei RES-H&C (Tschechische Republik, Deutschland, Ungarn, Österreich, Polen, Slowenien, Slowakei) und für zehn bei RES-T (Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, Österreich, Polen und Finnland).
Im Verkehrssektor, wo für alle Mitgliedstaaten das gleiche Ziel von 10 % gilt, könnte diese langsamere Entwicklung in den acht Mitgliedstaaten Probleme bereiten, in denen sich im Verkehrssektor der EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch auf weniger als 5 % beläuft (Estland, Griechenland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen und Slowenien) und deswegen für die Verwirklichung des 10 %-Ziels drastisch gesteigert werden müsste. Auch die von der Richtlinie über indirekte Landnutzungsänderungen eingeräumte Möglichkeit der statistischen Transfers kann im Bereich Verkehr in Erwägung gezogen werden.
2.Kooperationsmechanismen
Rechtsgrundlage der Kooperationsmechanismen sind die Artikel 6 bis 11 der RED I. Sie decken verschiedene Mechanismen zur Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten im EE-Bereich ab, etwa statistische Transfers, gemeinsame Projekte und gemeinsame Förderregelungen. Insbesondere statistische Transfers erleichtern das Erreichen der Ziele sehr, da Mitgliedstaaten, deren EE-Anteil das nationale Ziel überschreitet, ihren Überschuss damit an einen anderen Mitgliedstaat abtreten können. Im Moment gibt es zwei Vereinbarungen zur Nutzung von statistischen Transfers, nämlich zwischen Luxemburg und Litauen sowie zwischen Luxemburg und Estland. In beiden wird festgelegt, dass Luxemburg für den Zeitraum 2018 bis 2020 statistische Transfers erhält.
Den Schätzungen der Mitgliedstaaten in ihren Fortschrittsberichten zufolge dürfte die nach dem indikativen Zielpfad angestrebte Erzeugung erneuerbarer Energie um insgesamt 12 564 kt RÖE übertroffen werden, sodass diese Menge im Jahr 2020 für statistische Transfers zur Verfügung stünde. Dies entspricht etwa der Hälfte des Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen in Frankreich. Ein Mitgliedstaat, der sein Ziel für 2020 mit eigenen erneuerbaren Quellen nicht erreicht, hat somit eine durchaus tragbare Möglichkeit, das eigene Ziel dennoch kostengünstig zu erreichen (siehe Tabelle 1).
|
2009
|
2010
|
2011
|
2012
|
2013
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
Belgien
|
|
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Bulgarien
|
|
372
|
357
|
528
|
641
|
601
|
610
|
691
|
420
|
471
|
411
|
341
|
Tschechische Republik
|
|
0
|
0
|
0
|
0
|
1145
|
1039
|
947
|
863
|
892
|
678
|
643
|
Dänemark
|
|
|
694
|
834
|
1123
|
1106
|
1223
|
1452
|
552
|
619
|
|
63
|
Deutschland
|
|
|
6895
|
8436
|
6546
|
9390
|
7272
|
7911
|
4130
|
5976
|
|
3065
|
Estland
|
101
|
117
|
135
|
122
|
75
|
94
|
154
|
163
|
186
|
235
|
279
|
296
|
Irland
|
|
|
|
93
|
-14
|
111
|
79
|
26
|
-142
|
-12
|
-239
|
-366
|
Griechenland
|
|
137
|
201
|
320
|
242
|
195
|
137
|
-162
|
737
|
743
|
683
|
529
|
Spanien
|
|
|
2290
|
3083
|
2720
|
3357
|
1990
|
2963
|
2049
|
2793
|
|
839
|
Frankreich
|
|
-641
|
-2708
|
-1877
|
-1565
|
-3721
|
-4048
|
-4075
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Italien
|
8324
|
8613
|
7405
|
10011
|
10937
|
9343
|
9468
|
7789
|
7259
|
5828
|
4462
|
3397
|
Zypern
|
0
|
-11
|
28
|
44
|
45
|
43
|
29
|
29
|
57
|
34
|
21
|
0
|
Lettland
|
|
|
|
|
|
|
-69
|
-127
|
|
|
|
|
Luxemburg
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
-50
|
|
-120
|
Ungarn
|
|
968
|
1150
|
1213
|
1295
|
883
|
970
|
803
|
|
|
|
|
Malta
|
|
|
|
|
|
|
4
|
10
|
|
|
|
0
|
Niederlande
|
|
|
|
|
|
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Österreich
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Polen
|
|
543
|
729
|
929
|
530
|
93
|
174
|
-260
|
968
|
968
|
|
587
|
Portugal
|
|
|
83
|
82
|
84
|
144
|
128
|
154
|
81
|
131
|
-4
|
50
|
Rumänien
|
1153
|
1306
|
794
|
942
|
645
|
692
|
1089
|
886
|
258
|
405
|
263
|
0
|
Slowenien
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Slowakei
|
|
|
302
|
254
|
142
|
222
|
305
|
364
|
90
|
110
|
|
0
|
Finnland
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Schweden
|
2407
|
2141
|
2482
|
3318
|
3214
|
3335
|
3347
|
3475
|
3215
|
3610
|
3428
|
3241
|
Gesamt
|
11985
|
13544
|
20838
|
28332
|
26660
|
27033
|
23901
|
23038
|
20722
|
22752
|
9982
|
12564
|
Tabelle 1: Überschuss bzw. Defizit der Erzeugung erneuerbarer Energien nach Mitgliedstaaten im Vergleich zum indikativen Zielpfad gemäß der Richtlinie RED I (in kt RÖE). Quelle: Quelle: Navigant (2019), Berichte der Mitgliedstaaten.
3.Ausblick
Zur Bewertung der Erreichbarkeit der Ziele für 2020 wurde für die Kommission eine Modellierung durchgeführt. Bei dieser Analyse wurde für jeden Mitgliedstaat untersucht, inwieweit die (in den Fortschrittsberichten der Mitgliedstaaten genannten) laufenden politischen Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien, ergänzt durch geplante politische Initiativen, ausreichen würden, damit auf der Zielgeraden vor dem Jahr 2020 der Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen im angestrebten Umfang erreicht werden kann. Die Modellierung hat ergeben, dass durch laufende und geplante politische Initiativen im Bereich erneuerbare Energien für 2020 EU-weit ein EE-Anteil von 18,1 % bis 20,7 % zu erwarten ist
. Es ist zu erwarten, dass mehrere Mitgliedstaaten in der verbleibenden Zeit gute Fortschritte erzielen und ihre Ziele übertreffen.
Im Fall von elf Mitgliedstaaten (Belgien, Irland, Griechenland, Frankreich, Zypern, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Portugal und Vereinigtes Königreich) erscheinen die laufenden und die derzeit geplanten politischen Maßnahmen im Bereich erneuerbare Energien zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausreichend, um die erforderliche Menge erneuerbarer Energie allein aus eigenen Quellen aufzubringen.
Darüber hinaus ist das Erreichen der EE-Ziele bis 2020 in sieben weiteren Mitgliedstaaten (Deutschland, Spanien, Lettland, Österreich, Rumänien, Slowenien und Slowakei) nicht mit Sicherheit gewährleistet. Ob sie ihre verbindlichen nationalen Ziele für 2020 einhalten können, wird in hohem Maße von der Energienachfrage abhängen und davon, ob ein starker Nachfrageanstieg ihren Energieverbrauch wieder auf das Niveau der ursprünglichen Tendenz aus dem letzten EU-Referenzszenario bringt. Die Ergebnisse unter Berücksichtigung der vereinbarten Kooperationsmechanismen von Estland, Litauen und Luxemburg sind Abbildung 4 zu entnehmen.
Abbildung 3: Voraussichtlicher EE-Anteil 2020, RED I-Ziele für 2020 und (laut NREAP) angestrebte Ziele für 2020 (in %), ohne Kooperationsmechanismen (Quelle: Navigant (2019))
Abbildung 4: Voraussichtlicher EE-Anteil 2020, RED I-Ziele für 2020 und (laut NREAP) angestrebte Ziele für 2020 (nach Mitgliedstaaten, in %), mit Kooperationsmechanismen (Quelle: Navigant (2019)).
Da der Gesamtenergieverbrauch Luxemburgs relativ niedrig ist, werden die Transfers aus Estland und Litauen sich erheblich auf die Aussichten des Landes auswirken, sein Ziel zu erreichen. Im besten Fall wird Luxemburg das eigene 11 %-Ziel 2020 wohl erreichen. In Estland und Litauen hingegen wirken sich diese Transfers kaum auf den EE-Anteil aus, der im schlimmsten Fall in Estland um nur 0,7 % und in Litauen um 0,9 % zurückgehen wird.
Als nächsten Schritt haben alle Mitgliedstaaten, entsprechend den Entwürfen für ihre nationalen Energie- und Klimapläne für 2030, bereits ihre Beiträge zum verbindlichen EU-weiten Ziel von mindestens 32 % vorgelegt, mit dessen Erreichen erneuerbare Energien zur tragenden Säule des Energiesystems der Union würden. Bis Juni 2019 wird die Kommission prüfen, ob diese nationalen Beiträge und die damit einhergehenden politischen und sonstigen Maßnahmen dem EU-Ziel gerecht werden und erforderlichenfalls Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aussprechen.
4.Administrative Hindernisse
In ihren vierten Fortschrittsberichten zu Energie aus erneuerbaren Quellen berichten Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Verschlankung von Verwaltungsverfahren für EE-Projekte (nach Artikel 13 der RED I). Einer externen Untersuchung
zufolge wurde ein Großteil der einschlägigen Maßnahmen aus dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten erfolgreich umgesetzt. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderen: einfachere Verfahren für kleine Projekte, die Verpflichtung von Netzbetreibern, Kostenvoranschläge und weitere erforderliche Angaben zu Verfügung zu stellen, Anforderungen bezüglich der Aufteilung der Kosten für Netzausbau und Netzanschluss von erneuerbaren Energien, die Einbeziehung von RES-E in den nationalen Netzentwicklungsplan und Förderregelungen für die Nutzung von erneuerbaren Energien.
Die Hindernisse im Zusammenhang mit Bau- und Planungsverfahren haben in den letzten Jahren jedoch zugenommen. Im Bereich Elektrizität kamen durch die Entwicklung hin zu größeren Projekten einige Hindernisse auf, da für solche Projekte zusätzliche Anforderungen bezüglich Raum- und Umweltplanung gelten. Die Hindernisse im Bereich Wärme und Kälte hängen insbesondere mit zu geringen Kapazitäten der Fernwärmenetze zusammen, während diejenigen im Bereich Verkehr aus einem Mangel an geeigneter Infrastruktur für mit Biokraftstoffen oder Elektrizität betriebene Fahrzeuge entstehen. Auch die Integration der immer größeren EE-Kapazitäten in das Netz stellt die meisten Mitgliedstaaten weiterhin vor Probleme. Ursachen für Hindernisse sind vor allem die hohen Kosten für den Netzanschluss sowie die geringe Vorhersehbarkeit und Transparenz der Netzanschlussverfahren.
4. BEWERTUNG DER NACHHALTIGKEIT VON BIOKRAFTSTOFFEN
1.Überblick über den Biokraftstoffverbrauch in der EU
Im Jahr 2016 belief sich der Verbrauch nachhaltiger Biokraftstoffe in der EU auf 13 840 kt RÖE. Davon entfielen 11 083 kt RÖE (80 %) auf Biodiesel und 2 620 kt RÖE (19 %) auf Bioethanol. Der Großteil (64 %) des 2016 in der EU verbrauchten Biodiesels stammte aus Rohstoffen aus der EU, hauptsächlich aus Raps (rund 38 %), Altspeiseöl (13 %), tierischem Fett (8 %) und Tallöl (2,5 %). Von den verbleibenden 36 % des in der EU verbrauchten Biodiesels wurden 19,6 % aus Palmöl aus Indonesien (13,3 %) und Malaysia (6,3 %) hergestellt, 6,1 % aus hauptsächlich aus Australien (2,6 %), der Ukraine (1,8 %) und Kanada (1,2 %) stammendem Raps, 4,8 % aus Altspeiseöl aus verschiedenen Ländern außerhalb der EU und 4,3 % aus Sojabohnen hauptsächlich aus den USA (1,5 %) und Brasilien (1,5 %).
Das in der EU verbrauchte Ethanol wird ebenfalls hauptsächlich aus in der EU angebauten Rohstoffen (65 %) gewonnen, dabei entfallen etwa 25 % auf Weizen, etwa 22 % auf Mais, etwa 17 % auf Zuckerrüben und nur eine geringe Menge von etwa 1 % auf Zellulose-Ethanol. Zu den für die Herstellung von Ethanol dienenden Rohstoffen aus Drittländern gehören Mais (16,4 %), Weizen (2,9 %) und Zuckerrohr (2,9 %) aus verschiedenen Teilen der Welt. Zu den wichtigsten Drittländern, die Rohstoffe für in der EU verbrauchtes Bioethanol anbauen, zählen die Ukraine (9,8 %), Russland (2,1 %), Brasilien (1,8 %), die USA (1,7 %) und Kanada (1,6 %).
Es wird geschätzt, dass nahezu das gesamte in der EU im Jahr 2016 verbrauchte Biogas aus einheimischen Rohstoffen, hauptsächlich aus Pflanzen und aus Agrar- und Lebensmittelabfällen (einschließlich Dung) (75 %) stammte, gefolgt von Deponiegas (16 %) und Klärgas (9 %). Die Herkunft der flüssigen Biobrennstoffe, auf die 2016 weniger als 1 % der gesamten in der EU verbrauchten Bioenergie entfiel, ist schwer zu ermitteln, da die Mitgliedstaaten nicht zwischen Rohstoffen unterscheiden, die für Biokraftstoffe und für flüssige Biobrennstoffe verwendet werden.
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Biogas:
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Biobenzin
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Biodiesel
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Andere flüssige Biokraftstoffe
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Bioflugturbinenkraftstoff
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Insgesamt
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Straße
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131
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2 619
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11 041
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4,5
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-
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13 664
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13 796
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Eisenbahn
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0,0
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32,9
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0,0
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-
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32,9
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33,1
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Grenzüberschreitender Luftverkehr
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-
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0,0
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0,0
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0,0
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0,0
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0,0
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0
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Inlandsluftverkehr
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-
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0,0
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0,0
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0,0
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0,0
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0,0
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0
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Binnenschifffahrt
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0,0
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1,4
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3,5
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0,0
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-
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5,0
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5,0
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Nicht anderweitig genannte Verkehrsmittel
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0,5
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0,0
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6,2
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0,0
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0,0
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6,2
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6,7
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Insgesamt
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132
|
2 620
|
11 083
|
4,5
|
0,0
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13 708
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13 840
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Tabelle 2: Endverbrauch an Bioenergie im EU-Verkehrssektor (2016, in kt RÖE). Quelle: Eurostat.
2.Auswirkungen des Biokraftstoffverbrauchs in der EU
Schätzungen auf der Grundlage einer Analyse der Herkunft der Rohstoffe für die Herstellung von Biokraftstoffen kommen zu dem Ergebnis, dass für den Biokraftstoffverbrauch der EU im Jahr 2016 4,9 Mio. ha Land benötigt wurden.
Davon befinden sich 3,6 Mio. ha (73 %) in der EU und die übrigen 1,3 Mio. ha (26 %) in Drittländern. Die Gesamtanbaufläche für Kulturen, die für die Herstellung von Biokraftstoffen bestimmt sind, betrug in der EU 3,1 % (bei einer geschätzten Gesamtanbaufläche von 115 Mio. ha in der EU), wobei der Anteil von Raps an der gesamten zum Anbau von Rohstoffen für die Herstellung von Biokraftstoffen genutzten Fläche 56 % ausmachte. In den vier wichtigsten Drittländern, die Rohstoffe für die Herstellung von für den Verbrauch in der EU bestimmten Biokraftstoffen liefern (Ukraine, Brasilien, Indonesien und Malaysia), wurden weniger als 0,5 % ihrer gesamten Anbaufläche dieser Verwendung zugewiesen.
Nach den von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen beliefen sich die durch die Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor der EU erzielten Emissionseinsparungen im Jahr 2016 auf insgesamt 33,2 Mio. t CO2-Äquivalente. Unter Berücksichtigung der Emissionen infolge indirekter Landnutzungsänderungen, die anhand der Rohstoffmengen von 2016 multipliziert mit den entsprechenden ILUC-Mittelwerten aus der ILUC-Richtlinie geschätzt werden, konnten die durch die Verwendung von Biokraftstoffen im EU-Verkehrssektor erzielten Emissionseinsparungen auf 11,8 Mio. t CO2-Äq gesenkt werden (dabei reicht die Spanne der Einsparungen von 7,4 bis 20,4 Mio. t CO2-Äq).
Aus einer kürzlich für die Kommission durchgeführten umfassenden Überprüfung
der neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Literatur geht hervor, dass mit Biodiesel die stärksten ILUC-Effekte (mit einem mittleren ILUC-Emissionsniveau von 52 g CO2-Äq/MJ) verbunden sind, wobei die höchsten Schätzungen innerhalb dieser Kategorie auf Biodiesel aus Palmöl entfallen, für den auch die Ergebnisse am weitesten auseinandergehen. Aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewonnenes Ethanol weist ein mittleres ILUC-Emissionsniveau von 21 g CO2-Äq/MJ auf. Im Vergleich dazu betragen die in Anhang VIII der Neufassung der Richtlinie über erneuerbare Energien aufgeführten vorläufigen geschätzten ILUC-Emissionen bei Ölpflanzen 55 g CO2-Äq/MJ, bei Getreide und anderen stärkehaltigen Pflanzen 12 g CO2-Äq/MJ und bei Zucker 13 g CO2-Äq/MJ. Die Überprüfung enthält weitere Informationen über die indirekten Auswirkungen von Biokraftstoffen.
Der Anbau von Rohstoffen für die Herstellung von in der EU verbrauchten Biokraftstoffen kann potenziell zu negativen Umweltauswirkungen führen, die standortspezifisch sind und von den angewandten Landbewirtschaftungsmethoden abhängen. In ihren Fortschrittsberichten verweisen die meisten Mitgliedstaaten darauf, dass der Anbau von Rohstoffen für die Herstellung von Biokraftstoffen im Vergleich zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten insgesamt gering ist, und sie daher der Ansicht sind, dass die damit verbundenen Umweltauswirkungen unbedeutend sind. Mehrere Mitgliedstaaten weisen darauf hin, dass die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen reguliert ist und daher beim Anbau von für die Herstellung von Biokraftstoffen verwendeten Kulturen keine größeren Auswirkungen zu erwarten sind als beim Anbau anderer Pflanzen. Eine ausführliche Bewertung der Umweltauswirkungen aufgrund der Herstellung von in der EU verbrauchten Biokraftstoffen ist in einer externen Studie enthalten. Ein umfassender Bericht, der die neuesten verfügbaren Daten und die Bewertung des Stands der Ausdehnung der weltweiten Produktion einschlägiger Nahrungs- und Futtermittelpflanzen enthält, wurde kürzlich von der Kommission veröffentlicht.
Der EU-Nachhaltigkeitsrahmen für Bioenergie wurde im Rahmen der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie gestärkt. Insbesondere werden in der Richtlinie für aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewonnene Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe mit hohem ILUC-Risiko, in deren Fall eine wesentliche Ausdehnung der Produktionsflächen auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand zu beobachten ist, nationale Grenzwerte festgelegt, die bis 2030 schrittweise auf null gesenkt werden. Diese Grenzwerte wirken sich darauf aus, welche Menge der betreffenden Brennstoffe bei der Berechnung des Gesamtanteils erneuerbarer Energiequellen und des Anteils erneuerbarer Energieträger im Verkehrssektor angerechnet werden kann. In der Richtlinie ist jedoch die Möglichkeit vorgesehen, Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die als Brennstoffe mit geringem ILUC-Risiko zertifiziert sind, von den nationalen Obergrenzen auszunehmen.
Zur Umsetzung dieses Ansatzes hat die Kommission am 13. März 2019 einen delegierten Rechtsakt über Biobrennstoffe mit hohem und mit geringem ILUC-Risiko angenommen, der gegenwärtig dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Prüfung vorliegt. Generell hat die EU beschlossen, sich künftig auf die Förderung fortschrittlicher Biokraftstoffe und anderer kohlenstoffarmer Energieträger wie Strom aus erneuerbaren Quellen sowie auf im Verkehrssektor eingesetzte flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs zu konzentrieren. Fortschrittliche Biokraftstoffe haben heute nur einen sehr geringen Marktanteil, jedoch besteht ein erhebliches Potenzial für die Ausweitung der Produktion. Die Kommission wird die Entwicklung fortschrittlicher Biokraftstoffe auch weiterhin fördern, indem sie Quellen für potenzielle neue Rohstoffe erforscht. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die eine Erweiterung der in Anhang IX der RED II aufgeführten Liste mit Rohstoffen zur Herstellung fortschrittlicher Biokraftstoffe rechtfertigen würden, wird die Kommission weiterhin prüfen, ob in Zukunft zusätzliche Rohstoffe für die Herstellung fortschrittlicher Biokraftstoffe verwendet werden könnten.
3.Funktionieren der von der Kommission anerkannten freiwilligen Systeme
Mit der RED I wurde die Kommission ermächtigt, internationale und nationale Zertifizierungssysteme, die als freiwillige Systeme bezeichnet werden, anzuerkennen, die von den Wirtschaftsakteuren genutzt werden können, um die Einhaltung der in der Richtlinie für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen nachzuweisen. Bislang wurden 14 freiwillige Systeme für diesen Zweck anerkannt.
Die Mitgliedstaaten müssen die Nachweise für die Nachhaltigkeitskriterien akzeptieren, die sie von den an diesen Systemen beteiligten Wirtschaftsakteuren erhalten. Diese Bestimmung erleichtert die Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien erheblich, da sie es den Wirtschaftsakteuren ermöglicht, die erforderlichen Nachweise in allen EU-Mitgliedstaaten nach einem einzigen Verwaltungsverfahren zu erbringen.
Über jedes freiwillige System, zu dem ein Beschluss gefasst wurde und das in den letzten zwölf Monaten in Kraft war, muss der Kommission jährlich ein Bericht vorgelegt werden.
In den vergangenen Jahren haben sich freiwillige Systeme zum wichtigsten Instrument entwickelt, um die Einhaltung der EU-Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe nachzuweisen. Im Kalenderjahr 2017 wurde für 21 429 Kilotonnen (kt) flüssige Biobrennstoffe (einschließlich reines Pflanzenöl), 140 045 000 m3 Biomethan (entspricht etwa 100,8 kt) und 119 119 kt Rohstoffe die Einhaltung der EU-Nachhaltigkeitskriterien gemäß Artikel 17 Absätze 2 bis 5 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zertifiziert. Dabei entfallen bei den zertifizierten flüssigen Biobrennstoffen 12 198 kt (57 % der Gesamtmenge) auf Biodiesel und 6224 kt (29 %) auf Bioethanol. Die verbleibende Menge setzte sich aus hydriertem Pflanzenöl (HVO) (1784 kt, 8 %), reinem Pflanzenöl (1053 kt, 5 %) und anderen Brennstoffen zusammen. Die größten Anteile an zertifizierten Rohstoffen, die für die Herstellung von Biobrennstoffen verwendet werden, entfielen auf Raps (27 %), Palmöl (16 %), Altspeiseöl (13 %) und Mais (12 %).
Die Kommission erkennt nur Systeme an, die angemessene Standards der Zuverlässigkeit, Transparenz und Unabhängigkeit der Audits erfüllen. Zu diesem Zweck führt die Kommission eine gründliche Bewertung der freiwilligen Systeme durch, für die eine Anerkennung beantragt wird. Dadurch wird u. a. sichergestellt, dass die Rohstoffproduzenten die Nachhaltigkeitskriterien der RED I erfüllen, Informationen über Nachhaltigkeitseigenschaften bis zum Ursprung der Rohstoffe rückverfolgbar sind, Unternehmen geprüft werden, bevor sie am System teilnehmen, und regelmäßig rückwirkende Audits von externen und unabhängigen Prüfer durchgeführt werden.
In den vergangenen Jahren hat die Verwaltung der freiwilligen Systeme zunehmend öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Um damit verbundene Bedenken auszuräumen und eine solide Umsetzung zu gewährleisten, enthält Artikel 30 der RED II strengere Vorschriften für die Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Bioenergie, einschließlich einer stärkeren nationalen und EU-weiten Aufsicht über freiwillige Systeme und das Audit durch Dritte. Darüber hinaus ist die Kommission verpflichtet, Durchführungsbestimmungen über angemessene Standards der Zuverlässigkeit, Transparenz und Unabhängigkeit des Audits zu erlassen, die im Rahmen der freiwilligen Systeme anzuwenden sind. Schließlich wird die Kommission eine Unionsdatenbank einrichten, um die Rückverfolgbarkeit nachhaltiger Biokraftstoffe zu verbessern.
Freiwilliges System
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Gegenstand
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Bezeichnung
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Rohstoff
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Herkunft des Rohstoffs
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Abgedeckte Versorgungskette
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International Sustainability and Carbon Certification (ISCC)
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breite Palette von Rohstoffen
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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Bonsucro EU
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Zuckerrohr
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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Roundtable on Sustainable Biomaterial EU RED (RSB EU RED)
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breite Palette von Rohstoffen
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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RTRS EU RED
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Soja
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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U.S. Soybean Sustainability Assurance Protocol (SSAP)
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Soja
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Vereinigte Staaten
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vom Anbau zum Ort der Ausfuhr
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Biomass Biofuels voluntary scheme (2BSvs)
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breite Palette von Rohstoffen
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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Scottish Quality Farm Assured Combinable Crops Limited (SQC)
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sämtliche Getreide und Ölsaaten
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Nördliches Großbritannien
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bis zum ersten Lieferort
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Red Tractor Farm Assurance Combinable Crops & Sugar Beet (Red Tractor)
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Getreide, Ölsaaten, Zuckerrüben
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Vereinigtes Königreich
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bis zum ersten Lieferort
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REDcert
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breite Palette von Rohstoffen
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Europa
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gesamte Versorgungskette
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Better Biomass
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breite Palette von Rohstoffen
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weltweit
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gesamte Versorgungskette
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Gafta Trade Assurance Scheme
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breite Palette von Rohstoffen
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weltweit
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Lieferkette vom Erzeuger bis zum Erstverarbeiter
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KZR INiG System
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breite Palette von Rohstoffen
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Europa
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gesamte Versorgungskette
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Trade Assurance Scheme for Combinable Crops (TASC)
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Mähdruschfrüchte (z. B. Getreide und Ölsaaten) und Zuckerrüben
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Vereinigtes Königreich
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Lieferkette vom Erzeuger bis zum Erstverarbeiter
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Universal Feed Assurance Scheme(UFAS)
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Futtermittelausgangserzeugnisse und Mischfuttermittel sowie Mähdruschfrüchte
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Vereinigtes Königreich
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Lieferkette vom Erzeuger bis zum Erstverarbeiter
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Tabelle 3: Gegenwärtig von der Kommission anerkannte freiwillige Systeme.
5. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Die EU ist im Hinblick auf die Erreichung ihres Ziels für erneuerbare Energien bis 2020 gut aufgestellt. 2017 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix der EU bei 17,52 %. Investitionen in erneuerbare Energien werden zunehmend vom Markt getragen, und der Anteil öffentlicher Subventionen geht zurück. Diese Entwicklung ist auf die erheblichen Kostensenkungen bei den Technologien für erneuerbare Energien und den Rückgang der Subventionen durch stärker wettbewerbsorientierte Förderregelungen zurückzuführen und manifestiert sich in den Ergebnissen zahlreicher Auktionen in verschiedenen europäischen Ländern, bei denen der letztendliche Fördermittelbedarf für die ersteigerten Vorhaben gering ist oder gar gegen Null geht.
Der EE-Anteil wächst jedoch seit 2014 langsamer. Auch wenn die EU auf gutem Wege ist, ihre bis 2020 gesteckten Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien zu erreichen, sollten die Anstrengungen im Zeitraum bis 2020 intensiviert werden, um dies, auch im Zusammenhang mit dem erwarteten höheren Energieverbrauch in der Zukunft, tatsächlich zu gewährleisten. Im Jahr 2017 verfügten bereits elf Mitgliedstaaten über einen Anteil an erneuerbaren Energien, der über den Zielvorgaben für 2020 liegt. Zehn weitere Mitgliedstaaten haben ihren durchschnittlichen indikativen Zielpfad aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie für den Zweijahreszeitraum 2017-2018 eingehalten oder überschritten. Es gibt jedoch sieben Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Polen und Slowenien), die zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssten, um dem durchschnittlichen Zielpfad für den Zeitraum 2017-2018 mit Blick auf das 2020 zu erreichende Ziel zu entsprechen.
Um die Ziele für 2020 im Bereich der erneuerbaren Energien zu erreichen und dieses Niveau ab 2021 als Ausgangswert zu halten, werden die meisten Mitgliedstaaten darin bestärkt, ihre Bemühungen um den Einsatz erneuerbarer Energien in allen drei Sektoren fortzusetzen und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken. Jüngste Modellrechnungen haben gezeigt, dass die derzeit umgesetzten politischen Maßnahmen und die bereits geplanten Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien in einigen Mitgliedstaaten möglicherweise nicht ausreichen werden, um die nationalen verbindlichen Ziele rechtzeitig zu erreichen, sofern lediglich die inländische Versorgung ohne Kooperationsmechanismen in Betracht gezogen wird. Schließlich sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit in Betracht ziehen, die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie vorgesehenen statistischen Transfers zu nutzen, um im Fall eines Defizits die Erreichung des Ziels sicherzustellen oder ihre potenziellen Überschüsse an andere Mitgliedstaaten zu verkaufen. Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht aktiv zu unterstützen und die erforderliche Zusammenarbeit zu erleichtern.
In diesem Zusammenhang werden derzeit erneute Anstrengungen auf allen Ebenen und in der gesamten Europäischen Union unternommen. Dies geschieht unter anderem im Rahmen der eigens von der Kommission eingerichteten Task Force für Energieeffizienz, parallel zu den neuen Auktionen für Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien, die bereits in mehreren Mitgliedstaaten, z. B. in Frankreich, den Niederlanden und Portugal angekündigt wurden, oder der stärkeren Nutzung von auf Unternehmensebene geschlossenen Strombezugsverträgen, über die europäische Unternehmen im Jahr 2018 eine Rekordmenge an Windkraftkapazitäten erworben haben. Diese Maßnahmen dürften in den kommenden Jahren zu Ergebnissen führen.
Für den Verbrauch in der EU bestimmte Biokraftstoffe werden auch weiterhin überwiegend aus einheimischen Rohstoffen hergestellt werden. Die EU-Nachhaltigkeitskriterien haben erfolgreich dazu beigetragen, das Risiko größerer direkter Umweltauswirkungen im Zusammenhang mit Biokraftstoffen zu verringern, unabhängig davon, ob sie im Inland erzeugt oder aus Drittländern eingeführt werden. In den vergangenen Jahren haben sich die von der Europäischen Kommission anerkannten freiwilligen Systeme zum wichtigsten Instrument entwickelt, um die Einhaltung der EU-Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe nachzuweisen, weshalb diesen Systemen eine stärkere öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwurde. Des Weiteren sieht die RED II einen gestärkten Nachhaltigkeitsrahmen für alle Verwendungszwecke von Bioenergie vor (nicht nur von Biokraftstoffen sondern auch von Biomasse und Biogas bei der Wärme- und Stromerzeugung), einschließlich eines neuen Konzepts, das die Rolle von Biokraftstoffen mit einem hohen ILUC-Risiko beschränkt. Die Verwaltung der freiwilligen Systeme, einschließlich der Zuverlässigkeit von Audits durch Dritte, wurde gestärkt.