EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 27.2.2019
COM(2019) 150 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION
Europäisches Semester 2019: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011
{SWD(2019) 1000-1027 final}
1.Einleitung
Die Europäische Union blickt zum siebten Mal in Folge auf ein Jahr des Wirtschaftswachstums zurück. Dieses nachhaltige Wachstum hat die europäische Wirtschaft in die Lage versetzt, eine Rekordzahl an Arbeitsplätzen zu schaffen. Derzeit sind 240 Millionen Europäer erwerbstätig, wobei seit 2013 15 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden sind. Die Arbeitslosenquote in der EU ist auf ein Rekordtief von 6,6% gesunken.
Darüber hinaus hat sich die Lage bei den öffentlichen Finanzen verbessert: Die Schuldenquote ist seit 2015 wieder rückläufig und das Defizit für 2018 wird auf unter 1% des BIP geschätzt. Strukturreformen, Investitionen und eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten, verbunden mit entscheidenden Maßnahmen auf europäischer Ebene, darunter die Investitionsoffensive für Europa, haben zu erneuerter Stabilität und größerem Wohlstand für die europäische Wirtschaft beigetragen.
Das Wachstum in Europa hat sich verlangsamt, unter anderem aufgrund der Verschlechterung der Weltkonjunktur. Es wird erwartet, dass die Wachstumsrate in der EU von den geschätzten 1,9 % im Jahr 2018 auf 1,5 % im Jahr 2019 zurückgehen wird, bevor sie 2020 wieder anziehen und auf 1,7 % steigen dürfte. Die Friktionen im Welthandel und auch die geopolitischen Spannungen nehmen zu, wovon die EU wegen der geografischen und sektoralen Ausrichtung ihrer Exporte besonders betroffen ist. Dennoch schöpft die Europäische Union die Vorteile des Handels maximal aus. So könnten sich beispielsweise dank ihres kürzlich abgeschlossenen Freihandelsabkommens mit Japan die jährlichen Ausfuhren der EU nach Japan um bis zu 13,5 Mrd. EUR erhöhen. Angesichts der Unsicherheit hinsichtlich der Modalitäten der künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU wird in dieser Mitteilung nicht über die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Szenarien spekuliert.
Es ist eine Verlagerung von externen auf interne Wachstumsmotoren zu beobachten. Höhere Beschäftigung und höheres Wachstum dürften den privaten Verbrauch stützen, während die Investitionen weiterhin von günstigen Finanzierungsbedingungen profitieren dürften. Dank der Beseitigung der Beschränkungen für das Funktionieren des Binnenmarkts und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen dürfte die Gesamtnachfrage weiter steigen. Zu den Binnenfaktoren der jüngsten Konjunkturabschwächung zählen die Produktionsprobleme in der Automobilindustrie und die Unsicherheit hinsichtlich der Steuer- und Wirtschaftspolitik in einigen Mitgliedstaaten. Für 2019 wird von einem expansiven haushaltspolitischen Kurs im Euro-Währungsgebiet ausgegangen, während die Staatsverschuldung weiter sinken dürfte.
Der Umfang der erwarteten Konjunkturabschwächung und ihre Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft werden von unserem politischen Handeln abhängen. Die Förderung und der Schutz von Investitionen, insbesondere in Menschen und Kompetenzen, werden das Wachstumspotenzial unserer Volkswirtschaften stärken und zugleich die Gesamtnachfrage stützen. Die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sollte - insbesondere von den Regierungen, die mit hohen Schuldenquoten konfrontiert sind - weiter verbessert werden, und die Mitgliedstaaten haben die günstigen konjunkturellen Bedingungen und die niedrigen Zinsen nicht genutzt, um Haushaltspuffer wieder aufzubauen. Gleichzeitig sollte etwaiger haushaltspolitischer Spielraum genutzt und besonderes Augenmerk auf die Wachstumsfreundlichkeit und die Umverteilungseffekte der Ausgaben und des Steuersystems gerichtet werden. Mittels eines symmetrischeren Abbaus von Ungleichgewichten im gesamten Euro-Währungsgebiet könnten die negativen Auswirkungen des Schuldenabbaus auf das Wachstum eingedämmt und die Abhängigkeit unserer Wirtschaftsleistung von der externen Nachfrage verringert werden.
Im Einklang mit der Rede von Präsident Juncker zur Lage der Union 2018 wird im Jahreswachstumsbericht 2019 eine gezieltere Investitionspolitik in Verbindung mit sorgfältig durchdachten Strukturreformen und einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik gefordert. Darüber hinaus wird in der Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2019
betont, dass die nationalen Bemühungen durch weitere Reformen auf europäischer Ebene, wie beispielsweise die Stärkung des Binnenmarkts, ergänzt werden müssen. Auch wenn in den vergangenen Jahren politische Maßnahmen ergriffen wurden, um die Widerstandsfähigkeit unserer Volkswirtschaften zu verbessern, sind noch Herausforderungen zu bewältigen. Das Wachstum in Europa kommt nicht allen Ländern, Regionen und Menschen in gleichem Maße zugute. So werden in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor hohe Arbeitslosen- und Armutsquoten verzeichnet, und die realen Haushaltseinkommen liegen immer noch unter dem Vorkrisenniveau. Die regionalen Unterschiede sind nach wie vor erheblich und nehmen in einigen Mitgliedstaaten zu. Darüber hinaus ist das Wachstum der Faktorproduktivität insgesamt gering, und digitale Technologien finden weiterhin nur langsam Verbreitung. Zusammen mit den Auswirkungen der demografischen Alterung der Arbeitskräfte wird dies unser Wachstumspotenzial in Zukunft einschränken. In den gemeinsam mit dieser Mitteilung veröffentlichten Länderberichten wird besonders darauf geachtet, welche Ergebnisse die Mitgliedstaaten bei den verschiedenen Aspekten der europäischen Säule der sozialen Rechte erzielen. Die Umsetzung der Säule stellt einen Kompass für die Verwirklichung eines inklusiven, fairen und nachhaltigen Wachstums dar.
In diesem Semesterpaket legt die Kommission – im Einklang mit ihren Vorschlägen für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU – dar, wie in Zukunft eine wirksamere politische Verbindung zwischen dem Europäischen Semester und der EU-Finanzierung für den Zeitraum 2021-2027 geschaffen werden soll. Ziel ist die Gewährleistung einer größeren Kohärenz zwischen der Koordinierung der Wirtschaftspolitik und der Verwendung von EU-Mitteln, die einen wesentlichen Teil der öffentlichen Investitionen in einigen Mitgliedstaaten ausmachen (allein die Mittel für die Kohäsionspolitik im nächsten Programmplanungszeitraum entsprechen 0,5 % des BIP der EU). Zu diesem Zweck werden in den Länderberichten vorrangige Bereiche für politische Maßnahmen im Zusammenhang mit öffentlichen und privaten Investitionen in den Mitgliedstaaten ermittelt, wodurch die analytische Grundlage für eine erfolgreiche Planung der Mittel für die Kohäsionspolitik und die Verwendung der entsprechenden EU-Mittel im Zeitraum 2021-2027 geschaffen wird.
2.Fortschritte bei den länderspezifischen Empfehlungen
Die heute veröffentlichten Länderberichte bilden die analytische Grundlage für die im Rahmen des Europäischen Semesters angenommenen länderspezifischen Empfehlungen. Während des laufenden Europäischen Semesters beabsichtigt die Kommission, in Fortsetzung der Bemühungen des letzten Jahres den Dialog mit den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern und anderen relevanten Interessengruppen zu vertiefen, um die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen weiter zu fördern und die Übernahme von Eigenverantwortung dafür auf nationaler Ebene zu verbessern. Dieser Dialog würde themenbezogene Besuche in den Mitgliedstaaten sowie bilaterale und multilaterale Gespräche umfassen.
Alle Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen Fortschritte erzielt, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Seit Einführung des Europäischen Semesters im Jahr 2011 haben die Mitgliedstaaten in Bezug auf mehr als zwei Drittel der länderspezifischen Empfehlungen zumindest „einige Fortschritte“ erzielt. Das Tempo der Fortschritte ist im Vergleich zu der Bewertung der Kommission vom Mai 2018
weitgehend stabil geblieben. Wie bei früheren Bewertungen haben die Mitgliedstaaten die meisten Fortschritte bei den Finanzdienstleistungen erzielt, was die Priorität widerspiegelt, die der Stabilisierung und Solidität des Finanzsektors nach der Finanzkrise eingeräumt wird. Entsprechend den anfangs beträchtlichen Auswirkungen der Krise auf die Arbeitsmärkte wurden auch solide Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen zur Förderung von unbefristeten Stellen und zur Bekämpfung der Segmentierung der Arbeitsmärkte erzielt.
Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Risiken ist eine solidere Umsetzung der Reformen von entscheidender Bedeutung, um die Widerstandsfähigkeit unserer Volkswirtschaften zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten müssen die günstigen wirtschaftlichen Bedingungen besser nutzen, indem sie die Umsetzung der 2018 vom Rat an sie gerichteten Empfehlungen weiter vorantreiben. Die meisten Fortschritte wurden bei den Empfehlungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Finanzsektor erzielt, insbesondere in Bezug auf die Finanzdienstleistungen, den Abbau der privaten Verschuldung und die Reform der Insolvenzverfahren. Hingegen wurden hinsichtlich des Wettbewerbs und der Regulierungsrahmen sowie bei der Umsetzung der Empfehlungen für staatliche Unternehmen und für die Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage besonders wenige Fortschritte verzeichnet. In einigen Fällen gibt es einige Anzeichen für Rückschritte, beispielsweise im Bereich der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, einschließlich der Renten.
Reformen und Investitionen erfordern ausreichende administrative und technische Kapazitäten, damit die Mitgliedstaaten die erwarteten Ergebnisse erzielen können. Eine solide Vorbereitung durch eine Verwaltung, die ausreichend mit den erforderlichen technischen Mitteln ausgestattet ist, maximiert die Wirkung der öffentlichen Investitionen und Reformen. Verwaltungsreformen sind mit begrenzten, kurzfristigen Kosten verbunden und können zu jedem Zeitpunkt des Zyklus wirksam sein. Bei den Reformen müssen erreichbare und messbare Ergebnisse spezifiziert, überwacht und kommuniziert werden. Das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen bietet allen EU-Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen praktische Hilfestellung bei der Gestaltung und Umsetzung von Reformen, insbesondere hinsichtlich der Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters
.
3.Behebung makroökonomischer Ungleichgewichte
Die eingehenden Überprüfungen in den Länderberichten liefern eine umfassende Analyse der Ungleichgewichte in den Mitgliedstaaten. Dabei werden die zugrunde liegenden Schwachstellen und die relevanten grenzüberschreitenden Auswirkungen ermittelt. Makroökonomische Ungleichgewichte können die wirtschaftliche Stabilität in einem Mitgliedstaat, im Euro-Währungsgebiet oder in der EU insgesamt beeinträchtigen. Das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht zielt darauf ab, die Entstehung solcher Ungleichgewichte frühzeitig zu erkennen und zu verhindern, um sicherzustellen, dass die betroffenen Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu korrigieren.
Dem Warnmechanismus-Bericht 2019 zufolge sollten 13 Mitgliedstaaten einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden, um zu ermitteln, ob sie von Ungleichgewichten betroffen oder bedroht waren
. Bei 11 dieser Länder wurde bereits 2018 festgestellt, dass sie ein Ungleichgewicht oder ein übermäßiges Ungleichgewicht aufwiesen. Darüber hinaus wurde Griechenland nach Beendigung des Finanzhilfeprogramms erstmals einer eingehenden Überprüfung unterzogen. Nach dem Warnmechanismus-Bericht 2019 ist auch eine eingehende Überprüfung Rumäniens gerechtfertigt, um die Auswirkungen der anhaltenden Verschlechterung seiner Kostenwettbewerbsfähigkeit und seines Außensaldos zu bewerten. Die Auswahl der Mitgliedstaaten wurde vom Rat gebilligt
. In der Analyse werden die Tragweite der Ungleichgewichte, ihre Entwicklung und die politische Reaktion auf die länderspezifischen Empfehlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht untersucht. Relevante Spillover-Effekte und die grenzüberschreitenden systemischen Auswirkungen der Ungleichgewichte werden ebenfalls berücksichtigt.
3.1. Fortschritte bei der Korrektur der makroökonomischen Ungleichgewichte in der EU und im Euro-Währungsgebiet
Die Korrektur der makroökonomischen Ungleichgewichte in der EU schreitet dank des wieder anziehenden Wachstums und der politischen Anstrengungen voran, doch es bestehen nach wie vor Schwachstellen. Die private Verschuldung und der gesamtstaatliche Schuldenstand bleiben in einigen Mitgliedstaaten auf einem historischen Höchststand und ihre Korrektur schreitet nicht in allen Fällen schnell genug voran. Dies reduziert den Spielraum für die Abfederung zukünftiger negativer Konjunkturschocks. Darüber hinaus gibt es in einer Reihe von Mitgliedstaaten Anzeichen einer möglichen Überhitzung, die hauptsächlich auf ein dynamisches Immobilienpreiswachstum und schnell wachsende Lohnstückkosten zurückzuführen sind.
Die Wiederherstellung ausgeglichener außenwirtschaftlicher Bilanzen ist noch nicht vollständig abgeschlossen. In den meisten Mitgliedstaaten wurden die erheblichen Leistungsbilanzdefizite korrigiert, doch einige haben immer noch mit einem hohen negativen Nettoauslandsvermögensstatus zu kämpfen. Eine erhebliche Auslandsverschuldung ist nach wie vor eine Schwachstelle in einer Reihe von Mitgliedstaaten; diese müssen verantwortungsvolle Leistungsbilanzpositionen aufrechterhalten und Wettbewerbsverluste vermeiden. Andere Mitgliedstaaten weisen stattdessen hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf, die sich recht hartnäckig halten. Erst in jüngster Zeit sind moderate Anzeichen einer Anpassung sichtbar geworden. Die Beseitigung hoher Überschüsse in den Netto-Gläubigerländern mittels der Investitions- und Lohnpolitik würde dazu beitragen, das Wachstumspotenzial zu unterstützen. Auf aggregierter Ebene lag der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets 2016 knapp über 3 % des BIP und ist danach weitgehend konstant geblieben. Dieser hohe Überschuss spiegelt wider, dass derzeit die Gesamtbinnennachfrage im Euro-Währungsgebiet hinter der Wirtschaftstätigkeit zurückbleibt und dass die verbesserte Wettbewerbsposition der Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebiets die Exporte gestützt hat.
Der Schuldenabbau geht weiter. Effektive Fortschritte beim Abbau der privaten und staatlichen Verschuldung wären der Schlüssel, um Raum für die Abfederung künftiger negativer Konjunkturschocks zu schaffen. Die privaten Schuldenquoten sind in einer wachsenden Anzahl von Mitgliedstaaten rückläufig, was hauptsächlich auf das höhere nominale BIP-Wachstum zurückzuführen ist. Die Verringerung von Schulden durch positive Nettoersparnisse und ein wieder anziehendes Kreditwachstum verliert an Intensität und Reichweite. Der Schuldenabbau kommt bei den Unternehmen rascher voran als bei den Privathaushalten, zum Teil aufgrund der geringen Investitionen der letzten Jahre. Im öffentlichen Sektor führen die verbesserten Positionen der Haushalte und das wieder anziehende BIP-Wachstum derzeit in den meisten Mitgliedstaaten zwar zu einem Rückgang des gesamtstaatlichen Schuldenstands, doch dieser gestaltet sich langsam.
Auch wenn sich die Bedingungen im Bankensektor der EU insbesondere in den schwächsten Ländern verbessern, bedarf es weiterer Anstrengungen. Die Eigenkapitalquoten haben sich in den meisten Mitgliedstaaten weiter verbessert. Die Quote notleidender Kredite ist in einigen der Mitgliedstaaten mit den höchsten Beständen deutlich zurückgegangen. Die durchschnittliche Quote notleidender Kredite in der EU lag im dritten Quartal 2018 bei 3,3 % gegenüber 4,4 % im Vorjahr, doch in einigen Mitgliedstaaten ist diese Quote weiterhin sehr hoch, so dass zusätzliche Bemühungen erforderlich sind. Die Kapital- und Liquiditätsquoten haben sich bei einer breiten Mehrheit von Banken weiter verbessert. Trotz der jüngsten Verbesserungen bietet die geringe Rentabilität in Verbindung mit den „überbankten“ Märkten Anlass zur Besorgnis. Die Kapitalmärkte haben auch weiter zur Ausweitung und Diversifizierung der Finanzierung der europäischen Wirtschaft beigetragen. Für ihre Weiterentwicklung auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene ist erhebliches zusätzliches Potenzial vorhanden.
Das Wachstum der Wohnimmobilienpreise beschleunigt sich in einer wachsenden Anzahl von Mitgliedstaaten, wobei in mehr Ländern mögliche Anzeichen einer Überbewertung zu erkennen sind. Die Wohnimmobilienpreise sind in den Mitgliedstaaten, die in den letzten Jahren keine oder nur geringe Anzeichen einer Überbewertung gezeigt haben, schneller gestiegen, und in einigen von ihnen nehmen Hypothekarkredite rascher wieder Fahrt auf. Positiv ist, dass sich die Wohnimmobilienpreise in den Ländern mit den deutlichsten Überbewertungsanzeichen in jüngster Zeit beruhigt haben, unter anderem aufgrund von Erschwinglichkeitsgrenzen und kürzlich umgesetzten Aufsichtsmaßnahmen auf der Makroebene.
Die Verbesserung der Lage auf den Arbeitsmärkten setzt sich fort. Die Arbeitslosenquoten sinken weiter, auch bei Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen, liegen aber in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor hoch. Die Löhne in den Mitgliedstaaten ziehen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit wieder an, worin sich hauptsächlich das Ausmaß des Arbeitskräftemangels in einigen Ländern widerspiegelt, während das Lohnwachstum im Euro-Währungsgebiet insgesamt unter dem Niveau liegt, das auf der Grundlage historischer Daten bei der derzeitigen Arbeitslosenquote zu erwarten wäre.
Seit 2016 sind die Lohnstückkosten in den meisten Mitgliedstaaten schneller gestiegen als zuvor. Insbesondere in Mitgliedstaaten mit einem unterdurchschnittlichen Lohnniveau wurde – teilweise aufgrund eines Mangels an Arbeitskräften – eine starke Beschleunigung verzeichnet. Die Entwicklung der Lohnstückkosten hat bisher weder zu erheblichen Verlusten bei den Exportmarktanteilen noch zu einer Verschlechterung der Leistungsbilanzen geführt, doch bei Fortsetzung des Trends könnten solche Effekte sichtbar werden. Gleichzeitig hat sich innerhalb des Euro-Währungsgebiets die Kostenwettbewerbsfähigkeit in Ländern mit historisch bedingten hohen Leistungsbilanzdefiziten oder mit einer immer noch beträchtlichen Auslandsverschuldung verringert. Dies zeigt, dass die Reformen zur Steigerung des Produktivitätswachstums und zur Aufrechterhaltung der Kostenwettbewerbsfähigkeit mit unverminderter Dynamik fortgesetzt werden müssen.
3.2. Durchführung des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht
In allen Mitgliedstaaten, die einer eingehenden Überprüfung unterzogen wurden, wurden Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt, doch hat sich ihr Ausmaß in einigen Fällen verringert. Die eingehenden Überprüfungen des Jahres 2019 haben ergeben, dass 10 Mitgliedstaaten Ungleichgewichte und drei Mitgliedstaaten übermäßige Ungleichgewichte aufweisen. Ein Land, das letztes Jahr in die Kategorie der übermäßigen Ungleichgewichte fiel, hat so deutliche Fortschritte erzielt, dass es nun in die Kategorie der Ungleichgewichte aufgestiegen ist. In anderen Fällen wird die Korrektur der Ungleichgewichte zwar fortgesetzt, aber nicht in ausreichendem Maß, um eine Beendigung des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht zu rechtfertigen. In Anhang 3 sind die Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen durch die Mitgliedstaaten zusammengefasst.
Griechenland, das nach dem Abschluss des Stabilitätsprogramms in das Europäische Semester integriert wurde, wurde als Land mit einem übermäßigen Ungleichgewicht eingestuft. Griechenland steht immer noch vor großen Herausforderungen, die sich aus dem hohen öffentlichen Schuldenstand, dem negativen Nettoauslandsvermögensstatus, einer hohen Quote notleidender Kredite, der nach wie vor hohen Arbeitslosenquote und dem geringen Wachstumspotenzial ergeben. Tiefgreifende institutionelle und strukturelle Reformen, die in den letzten Jahren zur Modernisierung der Wirtschaft und des Staates eingeleitet wurden, haben erste Früchte getragen, wie der erfolgreiche Abschluss des Programms des Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Erholung des Wachstums sowie der Abbau der Arbeitslosigkeit zeigen. Dieser Reformprozess muss konsequent fortgesetzt werden, damit sich die Auswirkungen voll entfalten können. Seit Beendigung des Programms unterliegt Griechenland einer verstärkten Überwachung, die die Grundlage für die Bewertung der Erfüllung der Zusagen bildet, die Griechenland eingegangen ist, um die Kontinuität und die Vollendung der im Rahmen des Programms des Europäischen Stabilitätsmechanismus beschlossenen Reformen zu gewährleisten.
Rumänien, für das 2018 kein Ungleichgewicht festgestellt wurde, weist ein Ungleichgewicht auf. Die Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit und einem zunehmenden Leistungsbilanzdefizit, die im Warnmechanismus-Bericht hervorgehoben wurden, haben sich in der eingehenden Überprüfung bestätigt. Darüber hinaus scheinen jüngste Gesetzesinitiativen Risiken für den Finanzsektor mit sich zu bringen, und dies im Kontext nachlassender Reformanstrengungen, unvorhersehbarer politischer Bedingungen und einer expansiven prozyklischen Finanzpolitik. Wenn diese Entwicklungen nicht angegangen werden, werden sie sich negativ auf die Aussichten für den gesamtstaatlichen Schuldenstand und die Auslandsverschuldung auswirken und die Investitions- und Wachstumsaussichten beeinträchtigen.
Kroatien, für das 2018 ein übermäßiges Ungleichgewicht festgestellt wurde, weist ein Ungleichgewicht auf. Die wirtschaftlichen Entwicklungen haben zu einer allmählichen Korrektur der bestehenden Ungleichgewichte beigetragen, insbesondere derjenigen im Zusammenhang mit den hohen öffentlichen, privaten und ausländischen Schulden, und somit zu einer Verringerung der Risiken geführt. Politische Maßnahmen und Verpflichtungen, die zu einer nachhaltigen Korrektur der Ungleichgewichte beitragen könnten, wurden in letzter Zeit verstärkt, und ihre vollständige, rasche und wirksame Umsetzung wird von entscheidender Bedeutung sein.
In anderen Ländern waren die wirtschaftlichen Entwicklungen insgesamt positiv für die Korrektur der Ungleichgewichte, doch hinsichtlich der wirtschaftlichen und politischen Aussichten bestehen nach wie vor Herausforderungen:
·Für Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, Portugal, Spanien und Schweden wurden wie im Jahr 2018 Ungleichgewichte festgestellt. Bulgarien hat weitere Schritte unternommen, um die Stabilität des Bankensektors zu gewährleisten, doch einige Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen oder umgesetzt. Frankreich hat die Reformzusagen verstärkt, doch die Korrektur der Ungleichgewichte im Zusammenhang mit dem hohen öffentlichen Schuldenstand und der schwachen Wettbewerbsdynamik hängt entscheidend von politischen Fortschritten ab. In den Niederlanden wurden die politischen Anstrengungen intensiviert, doch die Ungleichgewichte aufgrund der hohen privaten Verschuldung und des hohen Leistungsbilanzüberschusses bleiben bestehen. In Deutschland bleibt der Leistungsbilanzüberschuss hoch und sinkt nur langsam; gleichzeitig sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Investitionslücken, insbesondere bei den öffentlichen Investitionen in Infrastruktur und Bildung, zu schließen. In Irland haben ein starkes Wachstum und politische Fortschritte die Verringerung der Ungleichgewichte in Bestandsgrößen weiterhin unterstützt, doch vor dem Hintergrund erhöhter Risiken aufgrund des internationalen Umfelds bleiben Schwachstellen bestehen. Die noch bestehenden Ungleichgewichte in Bestandsgrößen im Zusammenhang mit den inländischen und ausländischen Schulden nehmen in Portugal und Spanien ab, unterstützt durch verbesserte Wirtschaftsbedingungen, wenngleich die politischen Maßnahmen und die Anpassung weiter Lücken aufweisen. In Schweden bestehen die Ungleichgewichte fort, obwohl in jüngster Zeit eine gewisse Anpassung der Wohnimmobilienpreise und der betreffenden Politik stattgefunden hat.
·Für Zypern und Italien wurden wie im Jahr 2018 übermäßige Ungleichgewichte festgestellt. In Zypern bestehen trotz eines verbesserten wirtschaftlichen Umfelds und der jüngsten Verstärkung der politischen Anstrengungen nach wie vor erhebliche Schwachstellen, die auf das trotz eines Rückgangs immer noch hohe Niveau der notleidenden Kredite und der Auslands-, privaten und öffentlichen Schulden zurückzuführen sind. In Italien wurden die Fortschritte in einigen Politikbereichen in früheren Jahren von einer Verdüsterung der Aussichten überschattet, die hauptsächlich auf die erwartete Verschlechterung der Haushaltslage und eine weitgehend stagnierende Reformagenda zurückzuführen ist. Mit den jüngsten politischen Maßnahmen wurden frühere Reformen teilweise zurückgenommen, und sie werden sich negativ auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, die Produktivität und das BIP-Potenzialwachstum auswirken. Die Unsicherheit hinsichtlich des Kurses der Regierung trug im Laufe des Jahres 2018 zu einem erhöhten Marktdruck und höheren Renditen für Staatstitel bei. Die Verschlechterung oder Verbesserung der makroökonomischen Ungleichgewichte wird entscheidend von Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen Italiens, zur Steigerung der Effizienz seiner Verwaltung und Justiz, zur Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen sowie zur Festigung des Arbeitsmarktes und des Finanzsystems abhängen. Die Kommission wird daher im Kontext des bevorstehenden Frühjahrspakets des Europäischen Semesters die Entwicklungen in Italien genau beobachten und politische Maßnahmen und Verpflichtungen zur Beseitigung von Ungleichgewichten bewerten, insbesondere den Grad der Ambitionen des nationalen Reformprogramms.
Die Kommission wird die Entwicklungen und politischen Maßnahmen aller Mitgliedstaaten mit Ungleichgewichten oder übermäßigen Ungleichgewichten im Rahmen eines spezifischen Monitoring weiter überprüfen. Der Rat beteiligt sich an diesen Überprüfungen und hat die Schlussfolgerungen der Berichte über das spezifische Monitoring unterstützt
.
Tabelle 1: Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen 2019 und Situation im Jahr 2018
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Situation im Jahr 2018
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Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen 2019
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Ungleichgewicht
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BG, DE, ES, FR, IE, NL, PT, SE
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BG, DE, ES, FR, HR, IE, NL, PT, RO, SE
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Übermäßiges Ungleichgewicht
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CY, HR, IT
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CY, EL, IT
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4.Politische Strategien der Mitgliedstaaten
Vor dem Hintergrund des nachlassenden Wachstums würden wirksame Reformen und zielgerichtete Investitionsprioritäten dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit der Mitgliedstaaten gegenüber künftigen makroökonomischen Schocks zu stärken. Dank eines besseren Funktionierens der Finanz-, Produkt- und Arbeitsmärkte und der zuständigen Institutionen sowie dank effizienterer staatlicher Verwaltungen können sich unsere Volkswirtschaften reibungsloser anpassen und die wirtschaftlichen und sozialen Kosten minimiert werden. Ob es nun darum geht, die notwendige Infrastruktur zu schaffen, für besser qualifizierte Arbeitskräfte zu sorgen oder innovative unternehmerische Ideen zu unterstützen – gezielte Investitionen stärken langfristig das Potenzialwachstum und tragen zu Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit bei. Die Anpassung an den laufenden Strukturwandel würde eine größere Konvergenz der Volkswirtschaften dank der Verringerung der Unterschiede in der Produktivität unterstützen und zur Verbesserung der sozialen Ergebnisse führen.
4.1 Gewährleistung der verantwortungsvollen Haushaltspolitik und der Finanzstabilität
Verantwortungsvolle Haushaltspolitik, Qualität der öffentlichen Finanzen und wachstumsfreundliche Steuersysteme
Die Mitgliedstaaten mit einer hohen Schuldenquote haben noch keine Haushaltspuffer aufgebaut. Ein robustes Wirtschaftswachstum und historisch niedrige Zinsen stützen weiterhin den Abbau des öffentlichen Schuldenstands. 2018 führten günstige konjunkturelle Bedingungen und rückläufige Zinsausgaben zu einem weiteren Rückgang des Gesamthaushaltsdefizits in der EU, das nun unter 1% des BIP liegt. Es wird erwartet, dass dieser Abwärtstrend 2019 endet und das Gesamtdefizit zum ersten Mal seit 2009 wieder etwas ansteigt. Der öffentliche Schuldenstand erreicht in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor fast historische Spitzenwerte. Die Haushaltsanpassung wird den Projektionen zufolge in einigen hochverschuldeten Mitgliedstaaten relativ begrenzt ausfallen oder sogar negativ bleiben. Der Wiederaufbau von Haushaltspuffern ist besonders in Mitgliedstaaten mit einem noch hohen öffentlichen Schuldenstand wichtig, um ihre Anfälligkeit für Schocks zu verringern und dafür sorgen, dass die automatischen Stabilisatoren beim nächsten Abschwung uneingeschränkt greifen können. Die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie eine in gewissem Maß expansive Finanzpolitik der Mitgliedstaaten, die über haushaltspolitischen Spielraum verfügen, würden zu einer ausgewogenen Politik beitragen, da die Wirtschaft weiterhin durch die Geldpolitik unterstützt wird. Darüber hinaus würde dadurch das Risiko für die Finanzstabilität verringert.
Es besteht breiter Raum für eine qualitative Verbesserung der öffentlichen Finanzen, und die Ausgabenüberprüfungen sind in dieser Hinsicht ein wichtiges Instrument. Viele Mitgliedstaaten führen eine Überprüfung der öffentlichen Ausgaben durch, um ihre Effizienz zu steigern, Einsparungen zu erzielen und so Raum für wachstumsfördernde Ausgaben zu schaffen. In Italien und Frankreich sind umfassende Ausgabenüberprüfungen geplant. In vielen anderen Mitgliedstaaten sind gezieltere, auf bestimmte Ausgabenbereiche beschränkte Überprüfungen vorgesehen. Dazu zählen Bereiche wie Gesundheitswesen, Bildung, staatliche Unternehmen, Immobilien, öffentliche Investitionen, Verkehr und Umwelt. In Portugal werden 2019 Effizienzgewinne dank eines stärkeren Rückgriffs auf die zentrale Auftragsvergabe und einer effizienteren Nutzung des öffentlichen Vermögens erwartet. In Lettland dürften sich Effizienzgewinne aus einer kosteneffizienteren Verwaltung staatlicher Unternehmen im Immobiliensektor und einer Konsolidierung der IT-Infrastruktur ergeben. In der Zukunft würden häufigere und strengere Zwischenbewertungen sowie eine stärkere Verflechtung mit dem Haushaltsverfahren den Ausgabenüberprüfungen zugute kommen.
Die Mitgliedstaaten setzen die Verbesserung ihrer haushaltspolitischen Rahmen fort, was als Schlüsselfaktor in der Haushaltspolitik gilt. Die haushaltspolitischen Rahmen wurden in den letzten Jahren erheblich reformiert und positive Auswirkungen auf Staatsausgaben und Steuern sind bereits sichtbar. Die Reformen in dieser Richtung wurden in jüngster Zeit in einer Reihe von Mitgliedstaaten fortgesetzt. In Deutschland wurde die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose beauftragt, die makroökonomischen Prognosen zu bestätigen. Ungarn und Litauen haben die mittelfristige Perspektive für ihre Rahmen weiter verbessert. Selbst Mitgliedstaaten, deren haushaltspolitischer Rahmen allgemein als vorbildlich gilt, setzen die Verbesserungen weiter fort. Insbesondere hat Schweden einen neuen Schuldenanker eingeführt, während die Niederlande die automatischen Stabilisierungsfunktionen ihres Rahmens verbessert haben. Irland setzt seine Pläne zur Einrichtung eines „Schlechtwetterfonds“ um. Dennoch gibt es weiterhin Bereiche, in denen vermehrte Anstrengungen erforderlich sind. Dies betrifft insbesondere Koordinierungsvereinbarungen für alle Ebenen des Staates in Mitgliedstaaten mit komplexen föderalen Strukturen.
Viele Mitgliedstaaten sehen sich durch eine alternde Bevölkerung vor die Herausforderung gestellt, die Nachhaltigkeit ihrer öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. In der letzten Dekade wurden erhebliche Fortschritte bei der Bewältigung des projizierten Anstiegs der Rentenkosten erzielt. Die zunehmende Lebenserwartung und der Eintritt der Babyboom-Generation ins Rentenalter führen jedoch nach wie vor zu einem erheblichen Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben in 21 Mitgliedstaaten, die mit mittleren oder hohen finanziellen Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen konfrontiert sind. Dies könnte sich auf die zukünftige Angemessenheit der Renten auswirken. Im Jahr 2018 verabschiedete Kroatien eine Rentenreform, die darauf abzielt, die Angemessenheit der Renten zu verbessern, ohne die langfristige Tragfähigkeit zu gefährden. Frankreich legte seinerseits umfassende Reformpläne vor. Darüber hinaus bergen Fälle, in denen teilweise Rückzieher gemacht wurden, die Gefahr, dass ein Teil der in den letzten zehn Jahren erzielten Fortschritte zunichte gemacht wird. Auch in Deutschland, Spanien und Portugal wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Rentenausgaben eingeleitet oder sind in Planung. Die Fortschritte bei der Sicherstellung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen scheinen sich in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Pflege schleppend zu gestalten. Die derzeitigen Reformbemühungen einiger Mitgliedstaaten weisen häufig Lücken auf; außerdem sollten dabei die Ziele der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und der Zugänglichkeit und Wirksamkeit des Pflegesystems besser miteinander verknüpft werden.
Die Reformen im Gesundheitswesen sind auf größere Wirksamkeit, besseren Zugang und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit ausgerichtet. Die Mitgliedstaaten setzen ihre Bemühungen fort, der Prävention bei der Gesundheitsversorgung größeres Gewicht einzuräumen, die Erstversorgung besser auszustatten und die verschiedenen Stufen der Versorgung besser aufeinander abzustimmen. Zypern führt ein neues Beitragssystem in der Krankenversicherung ein, das eine vollumfängliche Absicherung ermöglichen und hohe Eigenbelastungen in Grenzen halten soll. Polen hat mit Pilotprojekten zur Verbesserung der Erstversorgung und der ambulanten Behandlung sowie zur besseren Abstimmung der verschiedenen Stufen begonnen.
Die Steuersysteme können zur Unterstützung eines inklusiven Wachstums beitragen. Wachstumsfreundliche Steuersysteme können private Investitionen unterstützen und die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, Beschäftigung und Erwerbsbeteiligung fördern, die Ungleichverteilung verringern und zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft beitragen. Vor diesem Hintergrund setzen mehrere Mitgliedstaaten die Reform ihres Steuersystems fort und senken insbesondere die Steuern auf Arbeit. Lettland und Litauen führen eine progressive Staffelung der Einkommensteuer ein. Die Niederlande verlagern die Steuerlast von der Arbeit auf den Verbrauch, indem sie die Einkommenssteuer senken und die Mehrwertsteuersätze erhöhen. Deutschland und Irland setzen die Verringerung der Steuerlast für Arbeitnehmer mit niedrigem und mittlerem Einkommen fort. Dänemark, Griechenland und Slowenien sorgen für hohe Einnahmen aus Umweltsteuern, wodurch eine effizientere Nutzung der Ressourcen gefördert wird und Investitionen und Beschäftigung angekurbelt werden.
Die Bekämpfung einer aggressiven Steuerplanung ist eine Priorität, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten. Die Kommission hat Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt, um das Steuersystem transparenter, effektiver und kohärenter zu gestalten und die Anfälligkeit für aggressive Steuerplanungspraktiken zu verringern. Eine aggressive Steuerplanung kann sich auf den Haushalt anderer Mitgliedstaaten auswirken, die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Unternehmen verzerren und Ressourcen zu Unrecht von den Ausgabenzielen der Regierungen weglenken. Mitgliedstaaten, deren Steuerbemessungsgrundlage erodiert ist, müssen die Einnahmen aus anderen Steuern erhöhen, da sie sonst über weniger Einnahmen für wachstumsfördernde Reformen und für Umverteilungszwecke zur Bekämpfung des sozialen Gefälles verfügen werden. Die Umsetzung des EU-Rechts und der international vereinbarten Initiativen wird dazu beitragen, aggressive Steuerplanungspraktiken einzudämmen
. Eine aggressive Steuerplanung kann außerdem bekämpft werden, indem die nationale Steuergesetzgebung, die Transparenz und die Verwaltungszusammenarbeit verbessert werden.
Bankensektor, niedrige Rentabilität und notleidende Kredite
Insgesamt haben sich die Kapital- und Liquiditätspositionen der Banken im Jahr 2018 weiter verbessert, unterstützt durch das wirtschaftliche Umfeld sowie durch Gesetzgebungs- und Aufsichtsmaßnahmen. Gleichzeitig hat sich die Verschuldung der Banken verringert, während die Verlustabsorptionsfähigkeit zugenommen hat. Die Anzahl notleidender Kredite in den Bankbilanzen ist weiter zurückgegangen. Die jüngsten Zahlen zeigen, dass die Bruttoquote notleidender Kredite bei allen EU-Banken weiter auf 3,3 % (3. Quartal 2018) gesunken ist, was einem Rückgang von mehr als einem Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr entspricht. In 14 Mitgliedstaaten lag die Quote der notleidenden Kredite unter 3 %. Insbesondere kam es zu einem deutlichen Rückgang in Zypern, Irland, Italien, Spanien, Portugal, Ungarn, Slowenien, Rumänien, Österreich und Deutschland, wo das Tempo der Veräußerung notleidender Kredite seit 2017 unter dem anhaltenden aufsichtsrechtlichen Druck und/oder dank einer Weiterentwicklung der Sekundärmärkte für notleidende Kredite deutlich gestiegen ist.
Darüber hinaus sind die Gesetzgebungsverfahren für verschiedene Maßnahmen zur Risikominderung auf EU- und nationaler Ebene vorangekommen, was greifbare Fortschritte mit sich gebracht hat. Die Vereinbarung vom Dezember 2018 zwischen Rat und Parlament über das Paket zur Risikominderung dürfte die Kapital- und Liquiditätsposition der Banken, insbesondere in potenziellen Abwicklungsszenarien, weiter konsolidieren und eine stärkere Risikominderung und Risikoteilung im EU-Bankensektor erleichtern. Dazu gehören auch die Sicherstellung der vollständigen Umsetzung der EU-Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche sowie eine angemessene Risikovorsorge und ein angemessenes Risikomanagement durch die Banken.
Der Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde 2018 hat bestätigt, dass die EU-Banken immer widerstandsfähiger werden. Die Wahrnehmung der Tests durch die Anleger darf jedoch nicht zu wesentlichen Veränderungen in der Art und Weise führen, wie der Markt die kapitalbezogene Widerstandsfähigkeit der EU-Banken einschätzt, deren Aktienkurse 2019 möglicherweise weiterhin stärker von den makroökonomischen Fundamentaldaten beeinflusst werden. Die Rentabilität der Banken bleibt gedämpft und wird durch hohe Quoten notleidender Kredite sowie in einigen Fällen unzureichende Geschäftsmodelle, „überbankte“ Märkte und die Finanzmarktvolatilität (die seit dem ersten Halbjahr 2018 erneut zu beobachten ist) beeinträchtigt.
Grenzüberschreitende Bankgeschäfte in der EU könnten sich dank der angekündigten Umstrukturierung einiger großer europäischer Bankengruppen wieder beschleunigen. Einige führende Bankengruppen aus wichtigen Mitgliedstaaten stellen ihre Strategien mit dem Ziel um, die Rentabilitätsrisiken zu senken. Dies könnte den Banken die Möglichkeit eröffnen, einen Teil ihrer Rentabilitätsrisiken abzufedern.
4.2 Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik
Die Beschäftigungslage verbessert sich weiter. Die Zahl der Beschäftigten erreichte im vierten Quartal 2018 mit 240 Millionen einen neuen Höchststand. Die Arbeitslosenquote lag bei 6,6 % und erreicht damit inzwischen Werte, die unter dem Niveau vor der Krise liegen: tatsächlich ist sie auf dem niedrigsten jemals verzeichneten Stand seit Beginn der Aufzeichnung der entsprechenden Daten im Jahr 2000. Durch das jahrelange Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum verbessert sich auch die soziale Lage weiter. Allein im Jahr 2017 konnten mehr als fünf Millionen Menschen Armut und soziale Ausgrenzung hinter sich lassen.
Allerdings zeigen sich auch erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In manchen Mitgliedstaaten ist die Arbeitslosenquote noch nicht vollständig zurückgegangen und liegt immer noch bei über 10 %. Eine besondere Herausforderung stellt in einigen dieser Länder nach wie vor die Situation junger Menschen dar: Ein hoher Anteil junger Menschen, die sich weder in Beschäftigung noch in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befinden, gibt Anlass zur Sorge, was ihre derzeitige und künftige Beschäftigungsfähigkeit betrifft. Andere Mitgliedstaaten verzeichnen dagegen einen zunehmenden Arbeitskräftemangel, wodurch das weitere Wachstum gebremst wird. Insgesamt bestehen trotz steigender Beschäftigungsquoten bei Frauen nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Arbeitslosenquote, was ein Lohngefälle nach sich zieht. Vor allem Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden. Auch Menschen mit Behinderungen sind immer noch benachteiligt. Darüber hinaus gibt es in vielen Mitgliedstaaten große regionale Unterschiede bei den Arbeitsmarktergebnissen.
Der demografische Wandel und die technologischen Entwicklungen verändern die europäischen Arbeitsmärkte. Da die Bevölkerung älter wird und die Zahl der jungen Menschen zurückgeht, ist es für die Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung, die Zahl der auf dem Arbeitsmarkt aktiven Menschen zu erhöhen, ein starkes Wachstumspotenzial zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass die Systeme der sozialen Sicherheit ausreichend und nachhaltig finanziert werden. Einige Mitgliedstaaten sind in diesem Bereich bereits aktiv geworden. So trat beispielsweise in Kroatien im Januar 2019 eine Rentenreform in Kraft, durch die ein längeres Erwerbsleben gefördert und strukturellen Inkonsistenzen im System begegnet werden soll. Angesichts der Umwälzungen, die die Digitalisierung und die verbreitete Nutzung von Plattformen für die Zukunft der Arbeit bedeuten, ist es entscheidend, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitsmärkte und Sozialsysteme modernisieren, um mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten. Dazu gilt es auch, für einen angemessenen Sozialschutz von atypisch Beschäftigten und Selbstständigen zu sorgen.
Die Förderung angemessener Qualifikationen ist entscheidend. Gleichberechtigter Zugang zu hochwertiger Bildung ist unerlässlich, damit alle Bürgerinnen und Bürger in vollem Umfang an unserer Gesellschaft teilhaben und ihr Arbeitsleben bestmöglich gestalten können. Angemessene Qualifikationen können zu einer Steigerung der Produktivität und des Potenzialwachstums führen, was wiederum von zentraler Bedeutung für Lohnwachstum, bessere soziale Bedingungen und einen höheren Lebensstandard ist. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels und des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage müssen die Systeme der schulischen und beruflichen Bildung gestärkt und modernisiert werden. Gleichzeitig sind Umschulungs- und Weiterbildungsstrategien wichtig, damit Erwerbstätige Krisen besser überstehen können und anpassungsfähiger werden und damit eine Verschlechterung der Beschäftigungschancen von Menschen mit geringer Qualifikation und mit Migrationshintergrund verhindert wird. Frankreich führt derzeit Reformen durch, um die allgemeine und berufliche Bildung besser auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes auszurichten. In Lettland werden Maßnahmen ergriffen, um die berufliche Aus- und Weiterbildung besser, attraktiver und arbeitsmarktrelevanter zu machen. Das „Qualifica“-Programm in Portugal, durch das dem Problem einer gering qualifizierten Erwerbsbevölkerung begegnet werden soll, wurde kürzlich durch eine Umschichtung von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds verstärkt. Eine Reihe von Mitgliedstaaten (Deutschland, Österreich, Schweden, Finnland, Belgien) haben Maßnahmen ergriffen, um vorhandene Kompetenzen von Migranten zu validieren, anzuerkennen und zu verbessern, damit diese Personen leichter in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Die Segmentierung des Arbeitsmarkts stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Obwohl der Anteil der befristet Beschäftigten in den zurückliegenden Jahren im Durchschnitt nicht wesentlich zugenommen hat, weisen einige Mitgliedstaaten anhaltend hohe Werte von über 15 % auf. In Ländern wie Spanien, Slowenien, Polen, Portugal, Italien und Kroatien sind mehr als 60 % der befristet Beschäftigten junge Menschen. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis findet keine dauerhafte Anstellung, und während die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden erst vor Kurzem wieder das Vorkrisenniveau erreicht hat, liegt der Anteil der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor bei mehr als 50 %. Mehrere Mitgliedstaaten werden tätig, um unbefristete Arbeitsverhältnisse zu fördern, indem die Durchsetzung des Arbeitsrechts reformiert wird. Dies umfasst auch eine Aufstockung des Personals in den Arbeitsaufsichtsbehörden, um den Missbrauch von Leiharbeit einzudämmen, und besser durchdachte Einstellungszuschüsse. In Spanien wurden die Kapazitäten der Arbeitsaufsichtsbehörden zur Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit 2018 weiter ausgebaut. Zypern unternimmt erhebliche Anstrengungen, um reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu fördern, und hat hierzu einen zentralen Kontrolldienst eingerichtet. In Irland verlangt ein neues Gesetz von den Arbeitgebern u. a. mehr Informationen über die Art der Beschäftigungsverhältnisse.
Die Löhne steigen moderat, aber schneller als in den zurückliegenden Jahren. Der Nominallohn pro Beschäftigtem stieg 2018 um 2,7 %. Das Lohnwachstum hat nun nachgezogen, nachdem es einige Jahre der Entwicklung der Produktivität hinterhergehinkt war.
Armut und Einkommensunterschiede gingen 2017 zurück, doch Erwerbsarmut gibt nach wie vor Anlass zu Sorge. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen ging 2017 auf 22,4 % zurück und liegt nun unter dem Niveau vor der Krise. Allerdings besteht in einigen Gruppen ein anhaltend höheres Armutsrisiko. Weiterhin Anlass zur Sorge gibt auch die Erwerbsarmut, die bei Selbstständigen, Leiharbeitern, Teilzeitbeschäftigten und nicht in der EU geborenen Arbeitnehmern besonders hoch ist. Das Steuer- und Sozialleistungssystem hat eine wichtige Umverteilungsfunktion. Dabei ist es entscheidend, dass Unterstützungsmaßnahmen sorgfältig auf die Bedürftigsten ausgerichtet werden, indem z. B. genauere Instrumente für die Bedürftigkeitsprüfung eingesetzt werden. In Luxemburg wurde das bisherige garantierte Mindesteinkommen durch ein neues Einkommenssystem für soziale Inklusion ersetzt, um die soziale Inklusion und Aktivierung zu fördern und die Armut von Kindern und Alleinerziehenden zu bekämpfen. Auch in Italien wird das bisherige Mindesteinkommen durch ein neues System (Reddito di Cittadinanza) ersetzt, durch das ein Modell aktiver Inklusion eingeführt werden soll. Ob es ein Erfolg wird, hängt vor allem davon ab, wie effektiv es ausgestaltet wird.
Ein gut funktionierender sozialer Dialog ist von entscheidender Bedeutung für eine bessere Ausgestaltung und Umsetzung von Reformen zur Stärkung der Eigenverantwortung. Im vergangenen Jahr vermeldeten die Sozialpartner in einer Reihe von Mitgliedstaaten positive Entwicklungen bei der konstruktiven und rechtzeitigen Einbindung in wirtschaftliche und soziale Reformen durch die Regierung. So wurde in Portugal beispielsweise auf der Grundlage einer Dreiparteien-Vereinbarung ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Arbeitsmarktsegmentierung vorgelegt, über das nun abschließend entschieden werden muss. Diesen positiven Entwicklungen in einigen Mitgliedstaaten stehen jedoch Rückschritte in anderen Mitgliedstaaten gegenüber. In vielen Mitgliedstaaten besteht Verbesserungspotenzial bei den Kapazitäten der Sozialpartner und ihrer rechtzeitigen Konsultation in den entscheidenden Phasen der Ausgestaltung von Reformmaßnahmen, auch bei wichtigen Etappen des Europäischen Semesters.
4.3 Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität
Verringerung des Produktivitätsrückstands
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist das Produktivitätswachstum von entscheidender Bedeutung für ein zukünftiges nachhaltiges Wachstum in allen Mitgliedstaaten. Die Produktivität ist in der EU nur langsam gestiegen. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe wie geringe Investitionen in Forschung, Technologie und Innovation und den strukturellen Wandel von der Produktion hin zu Dienstleistungen. Um die kurz- und langfristigen wirtschaftlichen Herausforderungen der EU zu bewältigen, ist es entscheidend, niedriger Arbeitsproduktivität entgegenzuwirken. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitsproduktivität in den kommenden Jahren mit rund 1 % oder weniger nur geringfügig zulegen wird, und es bestehen deutliche Produktivitätsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Insbesondere hoch entwickelte Volkswirtschaften, in denen die Produktivität bereits hoch ist, haben Schwierigkeiten, ihr Wachstumspotenzial zu steigern. Die ökologische Nachhaltigkeit fördernde Investitionen haben das Potenzial, die Produktivität in allen Wirtschaftsbereichen durch einen effizienteren Ressourceneinsatz und geringere Vorleistungskosten zu erhöhen und gleichzeitig die externen Kosten und Belastungen zu verringern.
Die Produktivität im Dienstleistungssektor (auf den der größte Teil der Wirtschaftstätigkeit entfällt) bleibt trotz der insgesamt verbesserten Wirtschaftsleistung relativ gering. Während auch andere hoch entwickelte Volkswirtschaften vielfach eine Verlangsamung des Produktivitätswachstums zu verzeichnen hatten, besteht nach wie vor ein großer und weiter wachsender Produktivitätsrückstand bei den Dienstleistungen, insbesondere gegenüber den USA. Dadurch sind EU-Unternehmen im Handel generell und bei der Integration in globale Wertschöpfungsketten benachteiligt. Der Rat hat den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets empfohlen, nationale Ausschüsse für Produktivität einzurichten
, um zu analysieren, welche Faktoren die Produktivität ankurbeln, und angemessene politische Antworten zu finden.
Höhere Arbeitsproduktivität ermöglicht höhere Löhne und höheres Produktionspotenzial, ist für sich genommen aber nicht ausreichend, um diese Ziele zu erreichen. Es gibt zwar Anzeichen dafür, dass sich höhere Produktivität mittel- und langfristig auf die Löhne niederschlägt, doch mehrere Beispiele zeigen, dass Arbeitseinkünfte nicht unbedingt mit der Entwicklung der Produktivität Schritt halten. Die Mitgliedstaaten ergreifen daher zusätzliche Maßnahmen, damit eine höhere Arbeitsproduktivität auch zu höheren Arbeitseinkünften führt.
Hochwertige Investitionen und effizientere Nutzung von EU-Mitteln
Zielgerichtete Investitionen sind auch weiterhin entscheidend für das Produktivitätswachstum in der EU. Investitionen sind eines der drei wesentlichen Elemente des von dieser Kommission entworfenen „magischen Dreiecks“. Daher ist die Deckung des Investitionsbedarfs seit Langem eine Priorität des Europäischen Semesters. In der aktuellen Phase des Konjunkturzyklus sollte der Schwerpunkt auf öffentlichen und privaten Investitionen zur Steigerung der Produktivität und des Wachstumspotenzials liegen. Gleichzeitig wird es wichtig sein, Investitionen zu schützen, falls wirtschaftliche Risiken eintreten sollten. Auch langfristige Investitionsmaßnahmen, u. a. in den Erwerb von Kompetenzen und in Bildung, können dazu beitragen, dass die Wirtschaft der EU nachhaltig wächst, sich als krisenfest erweist und zudem dringenden sozialen Bedürfnissen gerecht wird.
Die meisten Mitgliedstaaten brauchen Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation, um ihr Produktivitätswachstum und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. In vielen Mitgliedstaaten und Regionen besteht erheblicher Verbesserungsbedarf bei der Verzahnung zwischen Unternehmen, Hochschulen, Forschung und Akteuren des öffentlichen Sektors durch Zusammenarbeit in Wertschöpfungsketten, wozu auch intelligente Spezialisierung gehört. Dies ist beispielsweise in Belgien, Bulgarien, Frankreich, Zypern, Polen, Lettland und Estland der Fall. Darüber hinaus machen die Digitalisierung von Unternehmen und digitale öffentliche Dienstleistungen in Belgien, Zypern, Österreich, Slowenien, Spanien, der Slowakei, Polen, Estland, Deutschland und Bulgarien verstärkte Investitionen erforderlich. Mitgliedstaaten mit höherer Produktivität wie Deutschland und die Niederlande und andere, die vor der Krise und während der Erholungsphase erhebliche strukturelle Veränderungen mit hohen Investitionsraten vollzogen haben, wie Ungarn, Polen und die Tschechische Republik, können durch Investitionen in immaterielle Vermögenswerte und Innovationen weitere Fortschritte erzielen. In den im Aufholprozess begriffenen Mitgliedstaaten können Anlageinvestitionen zu einer stärkeren Kapitalintensivierung und einer höheren Arbeitsproduktivität beitragen. Um den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft und der Anpassung an den Klimawandel zu begegnen, sind in Estland, Luxemburg, der Slowakei, Portugal, Bulgarien, den Niederlanden, Italien, Zypern und Frankreich Investitionen in den Bereichen Ressourceneffizienz und Klimaschutz erforderlich.
Ein gezielterer Einsatz von EU-Mitteln entsprechend der Analyse und den Empfehlungen des Europäischen Semesters sollte zu besseren Ergebnissen und einer stärkeren Wirkung der Mittel im Rahmen der Kohäsionspolitik führen. Den Einsatz von EU-Mitteln an das Europäische Semester zu koppeln ist ein zentraler Bestandteil der Vorschläge für den mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2021–2027. In einigen Mitgliedstaaten bilden EU-Mittel sogar einen entscheidenden Teil der öffentlichen Investitionen. Gemäß dem Kommissionsvorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen würden sich die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds Plus und dem Kohäsionsfonds im nächsten Programmplanungszeitraum – unter Einbeziehung der nationalen Kofinanzierung – auf rund 600 Mrd. EUR belaufen. Das entspricht 0,5 % des BIP der EU, wobei dieser Anteil in den wichtigsten Empfängerländern deutlich höher liegt. Zudem ist es nach den Kommissionsvorschlägen für den mehrjährigen Finanzrahmen erlaubt, diese Mittel mit anderen EU-Finanzierungsquellen zu kombinieren, wie dem künftigen Programm „InvestEU“ mit einem Umfang von 650 Mrd. EUR, das an die Stelle der Investitionsoffensive tritt. Dadurch können andere öffentliche und private Investoren gewonnen werden und die Auswirkungen von Investitionen in strategisch wichtigen Bereichen der EU-Wirtschaft weiter verstärkt werden.
Ausgehend von der Analyse in den Länderberichten wird in einem neuen Anhang angegeben, wie diese EU-Mittel besser eingesetzt werden können, um den speziellen Erfordernissen in den Mitgliedstaaten besser gerecht zu werden. Zusätzlich zu einer stärkeren Fokussierung auf Investitionsprioritäten enthalten die diesjährigen Länderberichte auch eine detailliertere Analyse von regionalen Unterschieden und Investitionsengpässen. Im Dialog mit den einzelnen Mitgliedstaaten hilft der entsprechende Anhang, die Finanzierungsprioritäten für die künftigen Programme festzulegen, mit denen diese Mittel eingesetzt werden. Die Länderberichte geben die Standpunkte der Kommission wieder und beruhen auf der im Europäischen Semester vorgenommenen Analyse. Sie bilden die Grundlage für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über die Programme. Dabei ist Raum für Flexibilität in den Diskussionen mit den Mitgliedstaaten gegeben. Die Ermittlung des Investitionsbedarfs beruht auf der gemeinsamen Auffassung, dass Investitionen möglichst große Auswirkungen auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt haben sollten.
Private Investitionen aus gut funktionierenden und integrierten Kapitalmärkten müssen besser genutzt werden. Während die EU die Umsetzung ihres Aktionsplans zur Schaffung einer Kapitalmarktunion weiter voranbringt, sollten die vielfältigen Kapitalmärkte in Europa – von globalen Drehkreuzen bis hin zu regional integrierten Netzen und lokalen Initiativen – weiterentwickelt werden, um Unternehmen zu finanzieren und die Dekarbonisierung und den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu fördern. So schaffen beispielsweise Estland, Lettland und Litauen derzeit einen gemeinsamen Markt der baltischen Staaten für gedeckte Schuldverschreibungen und Verbriefungen. Dadurch entstehen gut funktionierende und stärker integrierte Kapitalmärkte in der Region. Zudem eröffnen sich dadurch langfristige Finanzierungsmöglichkeiten für Banken, die hierdurch Mittel aus ihrer Bilanz freisetzen können, um mehr Kredite vergeben zu können.
Institutionelle Qualität als Schlüsselfaktor für Reformen
Um den Investitionsbedarf decken zu können, ist ein günstiges Investitionsumfeld erforderlich. Politische Entscheidungsträger müssen der Schaffung eines investitionsfreundlichen Umfelds besondere Aufmerksamkeit widmen, um unnötige Markthemmnisse und regulatorische Hindernisse zu vermeiden und die Arbeitsweise ihrer öffentlichen Einrichtungen und Verwaltungen zu verbessern. Aspekte im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung, dem Grad der Digitalisierung der öffentlichen Dienste, der Qualität und Stabilität des regulatorischen Umfelds und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit, einschließlich der Unabhängigkeit des Rechtssystems und der Korruptionsbekämpfung, können Investitionsentscheidungen entscheidend beeinflussen. 2019 waren mehr als die Hälfte jener 25 Länder, die weltweit im Korruptionswahrnehmungsindex am besten abschnitten, Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Es besteht jedoch nach wie vor ein erhebliches Gefälle, und Anstrengungen zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung, zum Schutz von Hinweisgebern im Interesse einer erfolgreichen Detektion und zur Beseitigung von Hindernissen für die wirksame Verfolgung und Ahndung müssen intensiviert werden. Vor diesem Hintergrund haben Italien, die Slowakei und Lettland im innerstaatlichen Recht den Schutz von Hinweisgebern überarbeitet; Litauen, Spanien, Zypern und Griechenland erwägen derzeit Reformen auf diesem Gebiet.
Wie die Länderberichte 2019 zeigen, bestanden in allen Mitgliedstaaten Investitionshindernisse in verschiedenen Politikbereichen (siehe Anhang 4). Den größten Anteil daran machen in der Gesamtbetrachtung Schwächen in der öffentlichen Verwaltung und bei den Rahmenbedingungen für Unternehmen aus. Hierzu zählen ein hoher Regelungs- und Verwaltungsaufwand, Unsicherheiten bezüglich der Rechtsrahmen, die Leistungsfähigkeit der Rechtssysteme und eine ineffiziente öffentliche Verwaltung. Viele Hindernisse haben auch mit umständlichen und langwierigen Genehmigungsverfahren sowie Fachkräftemangel aufgrund von Mängeln in den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu tun. Im Einzelhandel haben Niederlassungshindernisse grenzüberschreitende Investitionen verzögert. In mehreren Länderberichten ist Fachkräftemangel als Hindernis angeführt, das nicht nur in Branchen, in denen Digitalisierung und neue Technologien eine große Rolle spielen (z. B. Telekommunikation, Konnektivität oder Kreislaufwirtschaft), sondern auch in traditionelleren Sektoren mit steigender Nachfrage (z. B. Baugewerbe) Investitionen behindert und verzögert.
Reformen zur Verbesserung des Regierungshandelns, der Institutionen, der Leistungsfähigkeit der Rechtssysteme und der öffentlichen Verwaltung bilden die Grundlage für das Handeln fortgeschrittener demokratischer Gesellschaften und sind für die Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Solche Reformen können dazu beitragen, das Umfeld zu verbessern, in dem Unternehmen und Interessenträger tätig sind, unternehmerische Tätigkeit zu fördern, Korruption abzubauen und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Zu den am häufigsten genannten Hindernissen für Investitionen in der EU zählen ineffiziente Verwaltungen, ungünstige Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit und in bestimmten Sektoren eine hohe Verwaltungs- und Regulierungslast. In einigen Mitgliedstaaten werden Investitionen auch durch mangelnde Transparenz im öffentlichen Sektor, komplexe Steuersysteme, verzerrte Produkt- oder Arbeitsmärkte, unzureichende Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation sowie schwache Institutionen gebremst. Um solche Probleme abzustellen, hat Polen eine „Unternehmensverfassung“ verabschiedet, ein umfassendes Paket mit fünf Gesetzen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen. Frankreich führt eine umfassende Reformagenda durch, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Wettbewerbsfähigkeit französischer Unternehmen zu verbessern. Mehrere Mitgliedstaaten, z. B. Finnland und Estland, bemühen sich um eine Verringerung der Verwaltungslasten. Bulgarien, die Slowakei, die Tschechische Republik, Slowenien und Rumänien reformieren derzeit ihr öffentliches Auftragswesen. 2018 kündigte die deutsche Bundesregierung an, dass sie eine Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen einrichten wird.
Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich
Hier werden keine Spekulationen über die wirtschaftlichen Risiken der verschiedenen Brexit-Szenarien angestellt.
Angesichts des laufenden Ratifizierungsprozesses des Austrittsabkommens in der EU und im Vereinigten Königreich stützen sich die Prognosen für 2019 und 2020 auf die rein technische Annahme, dass in den Handelsbeziehungen zwischen der EU der 27 und dem Vereinigten Königreich der Status quo erhalten bleibt. Im Falle eines „harten Brexits“, den die Kommission nicht wünscht, auf den die EU der 27 aber gut vorbereitet ist, müssten die Annahmen nach unten korrigiert werden.
5.Nächste Schritte
In den zurückliegenden Jahren ist in der Europäischen Union aus der wirtschaftlichen Erholung ein solider Aufschwung geworden, und auch für 2019 stehen die Zeichen für die europäische Wirtschaft auf Wachstum – trotz der prognostizierten ungewisseren Aussichten. Um ein solches anhaltendes Wirtschaftswachstum sicherzustellen, müssen die Mitgliedstaaten wirksame Strukturreformen durchführen, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik verfolgen und gezielte Investitionsstrategien ausarbeiten. Durch die im diesjährigen Paket des Europäischen Semesters erläuterte engere Verknüpfung zwischen dem Europäischen Semester und dem Einsatz von EU-Mitteln für den Zeitraum 2021–2027 wird die notwendige Struktur geschaffen, damit die wichtigsten Investitionsschwerpunkte wirksam umgesetzt werden.
Das Europäische Semester bietet der Kommission, den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern und den Interessenträgern auf allen Ebenen die Möglichkeit, während des gesamten Jahres im ständigen Dialog zu stehen. Die zusammen mit dieser Mitteilung veröffentlichten Länderberichte beruhen auf einem intensiven Austausch mit Regierungen, nationalen Behörden und Interessenträgern sowohl auf technischer als auch auf politischer Ebene, einschließlich bilateraler Treffen im Dezember 2018. Die Ergebnisse werden in den Vertretungen der Kommission in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten vorgestellt und in künftigen bilateralen und multilateralen Zusammenkünften weiterverfolgt.
Demnächst wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten in den Dialog über die Planung der Mittel für die Kohäsionspolitik im Zeitraum 2021–2027 eintreten. Grundlage dieser Diskussionen bilden die investitionsbezogenen Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Länderberichte. Die Vizepräsidenten der Kommission und die Kommissionsmitglieder werden in die Mitgliedstaaten reisen, um die Standpunkte von Parlamenten, Regierungen, Sozialpartnern und anderen Interessenträgern zu der Analyse und den Schlussfolgerungen der Länderberichte einzuholen. Darüber hinaus wird die Kommission die Zusammenfassung der Ergebnisse der Länderberichte auch mit dem Europäischen Parlament erörtern.
Vor dem Hintergrund der festgestellten Herausforderungen werden die Mitgliedstaaten bis Mitte April in ihren nationalen Reformprogrammen die wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten darlegen. Zudem werden sie ihre mehrjährigen Strategien für solide öffentliche Finanzen in Form von Stabilitäts- (für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets) bzw. Konvergenzprogrammen (für nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörende Länder) vorlegen. Um eine angemessene und nachhaltige Antwort auf die Herausforderungen zu geben, empfiehlt die Kommission, bei der Ausarbeitung dieser Programme alle wichtigen Interessenträger, wie Sozialpartner, regionale und lokale Behörden und gegebenenfalls Organisationen der Zivilgesellschaft, einzubinden.
Anhang 1 – Integrierte Überwachung von makroökonomischen Ungleichgewichten und Haushaltsungleichgewichten
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Scoreboard für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (MIP
)
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Stabilitäts- und Wachstumspakt
(MTO: mittelfristiges Haushaltsziel )
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Bemerkungen
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AT
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2018 geringer als die aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse zugestandene Abweichung
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BE
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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BG
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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CY
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Übermäßiges Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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CZ
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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DE
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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DK
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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EE
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht
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EL
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Übermäßiges Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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Da Griechenland im Rahmen des Programms nicht zur Vorlage von Stabilitätsprogrammen verpflichtet war, hat es noch kein MTO festgelegt.
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IE
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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ES
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Ungleichgewicht
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Korrektive Komponente
Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur 2018
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Unterliegt 2019 der Übergangsregelung für den Schuldenabbau, vorausgesetzt, der Beschluss zur Einleitung eines Defizitverfahrens wird aufgrund validierter Haushaltsdaten für 2018 aufgehoben.
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FR
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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HR
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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HU
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Präventive Komponente
Unterliegt dem Verfahren wegen erheblicher Abweichung; unterliegt der Schuldenregel
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IT
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Übermäßiges Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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LT
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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LU
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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LV
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht
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MT
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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NL
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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PL
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht
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PT
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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SI
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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SE
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
MTO wird erreicht
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SK
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht
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RO
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Ungleichgewicht
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Präventive Komponente
Unterliegt dem Verfahren wegen erheblicher Abweichung;
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FI
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel
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Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2018 geringer als die aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen und Strukturreformen zugestandene Abweichung
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UK
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Präventive Komponente
MTO wird nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau
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(*) Die Empfehlungen auf der Grundlage des „Zweierpakets“ (Verordnung (EU) Nr. 473/2013) zu Maßnahmen, die eine zeitnahe Korrektur des übermäßigen öffentlichen Defizits gewährleisten sollen, betreffen nur die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets.
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Anhang 2 – Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele von Europa 2020
Europa-2020-Ziele
für die EU
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Daten von 2010
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Jüngste verfügbare Daten
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2020 (unter Zugrundelegung der jüngsten Trends)
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1. Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20- bis 64-Jährigen auf mindestens 75 %
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68,6 %
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73,5 % (Q3-2018)
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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2. Anhebung der öffentlichen und privaten Investitionen in Forschung und Entwicklung auf 3 % des BIP
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1,93 %
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2,07 % (2017)
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Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht
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3a. Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990
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Verringerung um 14,2 %
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Verringerung um 22 %
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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3b. Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energieendverbrauch auf 20 %
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12,5 %
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17,5 % (2017)
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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3c. Verwirklichung des Ziels einer Steigerung der Energieeffizienz um 20 %
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11,8 % (Abweichung vom Zielwert 2020 für den Primärenergieverbrauch)
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5,26 % (2017)
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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4 a. Reduzierung des Anteils der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger (Altersgruppe 18-24) auf weniger als 10 %
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13,9 %
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10,6 % (2017)
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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4b. Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss auf mindestens 40 %
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33,8 %
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39,9 % (2017)
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Ziel wird voraussichtlich erreicht
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5. Verringerung der Anzahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, um mindestens 20 Millionen
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Anstieg um 1,4 Millionen (im Vergleich zum Basisjahr 2008)
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Rückgang um 5,2 Millionen (im Vergleich zum Basisjahr 2008) im Jahr 2017
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Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht
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Anhang 3 – Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen nach Mitgliedstaaten
Bulgarien weist Ungleichgewichte auf. Schwachstellen im Finanzsektor gehen mit einer hohen Verschuldung und notleidenden Krediten im Unternehmenssektor einher. Die Nettoauslandsposition hat sich aufgrund eines robusten Wachstums und hoher Leistungsbilanzüberschüsse verbessert. Es wurden Schritte unternommen, um die Stabilität des Finanzsektors zu stärken. Banken und andere finanzielle Kapitalgesellschaften haben weitere Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen gemacht, die im Anschluss an die Überprüfung der Aktiva-Qualität und die Bilanzprüfungen gegeben wurden, und die Aufsicht wurde verstärkt. Allerdings bestehen nach wie vor Schwächen bei der Steuerung, der Aktiva-Qualität und der Aufsicht, und gleichzeitig treten in der Versicherungsbranche neue Herausforderungen zutage. Das robuste Wachstum hat den kontinuierlichen Abbau privater Schulden und eine weitere Reduzierung des Anteils notleidender Kredite begünstigt, die Unternehmen weisen jedoch weiterhin hohe Bestände an notleidenden Krediten auf. Auch wenn es bei der Beseitigung der wichtigsten Ursachen für Ungleichgewichte Fortschritte gibt, kommt es ganz entscheidend darauf an, dass die jüngsten Reformen der Aufsicht und Steuerung im Banken- und Nichtbankenfinanzsektor vollständig umgesetzt und überwacht werden. Weitere Maßnahmen sind auch erforderlich, um den Bestand an notleidenden Krediten abzubauen und die Reform des Insolvenzrechts abzuschließen.
Zypern weist übermäßige Ungleichgewichte auf. Der sehr hohe Anteil an notleidenden Krediten belastet den Finanzsektor, und auf der Wirtschaft lasten vor dem Hintergrund einer zwar rückläufigen, aber nach wie vor relativ hohen Arbeitslosigkeit und eines schwachen Potenzialwachstums umfangreiche private, öffentliche und Auslandsschulden. Es besteht ein erhebliches Leistungsbilanzdefizit, auch unter Berücksichtigung des Vorhandenseins von Zweckgesellschaften, was die kräftige Binnennachfrage und die negativen Ersparnisse der privaten Haushalte widerspiegelt. Dadurch kann keine nachhaltige Anpassung des erheblichen Bestands an Nettoauslandsverbindlichkeiten gewährleistet werden. Die private Verschuldung wird verringert, allerdings nur langsam. Im Privatsektor werden weiterhin wenig neue Kredite vergeben. Dadurch, dass im Zuge des Verkaufs und der Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank ein umfangreicher Bestand an notleidenden Krediten von der Bank auf den öffentlichen Sektor überging, wurde der Anteil notleidender Kredite im Bankensystem erheblich reduziert. Bei den privaten Haushalten und den Unternehmen ist der Anteil notleidender Kredite allerdings nach wie vor hoch. Die staatliche Unterstützung beim Verkauf der Cyprus Cooperative Bank wirkte sich 2018 einmalig erhöhend auf den öffentlichen Schuldenstand aus. Was die Aussichten betrifft, ist davon auszugehen, dass der hohe öffentliche Schuldenstand aufgrund anhaltender positiver haushaltspolitischer Entwicklungen wieder zurückgehen wird. Die Reformanstrengungen wurden gegenüber dem Vorjahr verstärkt, insbesondere die Maßnahmen zur Behebung der Schwachstellen, die sich aus notleidenden Krediten ergeben, doch es bedarf weiterer Fortschritte bei den Strukturreformen, um das Wachstumspotenzial zu erhöhen.
Deutschland weist Ungleichgewichte auf. Der hohe und nur langsam zurückgehende Leistungsbilanzüberschuss ist Ausdruck eines im Verhältnis zu den Ersparnissen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor gedämpften Investitionsumfangs und hat grenzüberschreitende Auswirkungen. Dabei wächst der Bedarf an Investitionen und Innovation, um die deutsche Wirtschaft krisenfester zu machen und ein tragfähiges und inklusives Wachstumsmodell zu gewährleisten. 2018 ging der Überschuss vor dem Hintergrund der anziehenden Binnennachfrage geringfügig zurück, und er wird in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter langsam sinken, allerdings nach wie vor auf einem historisch hohen Stand bleiben. Private und öffentliche Investitionen haben spürbar zugenommen, und es findet eine Verlagerung hin zu einem stärker durch die Binnennachfrage getragenen Wachstum statt. Im Verhältnis zum BIP jedoch bleiben Investitionen und Verbrauch gedämpft, obwohl die Finanzierungsbedingungen günstig sind, Bedarf an Investitionen in Infrastruktur und Bildung besteht, insbesondere auf kommunaler Ebene, und haushaltspolitischer Spielraum vorhanden ist. Der Haushaltsüberschuss stieg 2018, und die Schuldenquote ging weiter zurück. Das Lohnwachstum zog aufgrund des angespannten Arbeitsmarkts ein wenig an, doch der Reallohnanstieg ist nach wie vor bescheiden. Es wurde zwar eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um private und öffentliche Investitionen zu fördern, doch weiteres Engagement ist erforderlich, um die große Investitionslücke, insbesondere bei den öffentlichen Investitionen in Infrastruktur und Bildung, zu schließen. In anderen Politikbereichen waren weniger Fortschritte zu verzeichnen.
Griechenland weist übermäßige Ungleichgewichte auf. Die Schwachstellen hängen mit der hohen Staatsverschuldung, der negativen Auslandsposition, dem hohen Anteil an notleidenden Krediten und dem unzureichenden Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte zusammen, und dies alles vor dem Hintergrund einer zwar rückläufigen, aber weiterhin hohen Arbeitslosigkeit und eines geringen Potenzialwachstums. Griechenland ist es gelungen, das Finanzhilfeprogramm des Europäischen Stabilitätsmechanismus im August 2018 zu verlassen, nachdem in den zurückliegenden Jahren erhebliche Verbesserungen zu verzeichnen waren. Dennoch bestehen weiterhin große Ungleichgewichte in Bestandsgrößen. Dazu zählen auch ein stark negativer Nettoauslandsvermögensstatus bei moderatem nominalem BIP-Wachstum und eine nach wie vor negative Leistungsbilanz. Erhebliche Fortschritte gab es in den vergangenen Jahren bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit, wobei diese aufgrund des gedämpften Produktivitätswachstums vor Kurzem zum Stillstand kamen. Der öffentliche Schuldenstand ist zwar weiterhin hoch, doch die Forderungen werden überwiegend von der öffentlichen Hand gehalten, und der Finanzierungsbedarf wird mindestens für die nächsten zehn Jahre relativ gering bleiben. Wie schnell die Schulden abgebaut werden, hängt ganz entscheidend davon ab, ob die vereinbarten Haushaltsziele erreicht und die Reformen zur nachhaltigen Steigerung des Wachstumspotenzials umgesetzt werden. Der Finanzsektor ist aufgrund eines sehr hohen Bestands an notleidenden Krediten und geringer Rentabilität anfällig, was das Kreditwachstum und Investitionen hemmt. Die private Verschuldung geht zurück, der aktive Schuldenabbau läuft. Während des Finanzhilfeprogramms wurden weitreichende Maßnahmen ergriffen, um viele der strukturellen Schwächen der griechischen Wirtschaft zu beseitigen. Zusätzlich zur Konsolidierung früherer Reformen und weiteren Anpassungsbemühungen haben sich die Behörden verpflichtet, für die Kontinuität und Vollendung der Reformen zu sorgen, auf die im Rahmen der verstärkten Überwachung besonderes Augenmerk gerichtet wird.
Irland weist Ungleichgewichte auf. Schwachstellen sind die starke private und öffentliche Verschuldung und die hohen Nettoauslandsverbindlichkeiten. Bei den Ungleichgewichten in Bestandsgrößen erfolgen derzeit jedoch nennenswerte Korrekturen. Die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen, bei denen kaum Verbindungen zur einheimischen Wirtschaft bestehen, wirken sich erheblich auf die Nettoauslandsverbindlichkeiten aus, die aufgrund hoher Leistungsbilanzüberschüsse zurückgehen. Nach wie vor hoch ist die private Verschuldung, doch das Wirtschaftswachstum begünstigt den weiteren Abbau privater Schulden. Die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen wirken sich weiterhin auf die Unternehmensschulden aus. Die Verschuldung privater Haushalte steht offenbar weitgehend mit den Fundamentaldaten im Einklang, ist aber gemessen am verfügbaren Einkommen hoch. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wird voraussichtlich rückläufig bleiben, und das Haushaltsdefizit nähert sich einer ausgeglichenen Position an. Der über mehrere Jahre starke Anstieg der Wohnimmobilienpreise hat sich in jüngster Zeit abgeschwächt. Diese Preise werden vor allem durch ein geringes Angebot bestimmt, es gibt keine eindeutigen Anzeichen für eine Überbewertung. Der Bestand an notleidenden Krediten – obwohl immer noch hoch – ist weiter zurückgegangen, auch wenn die langfristigen Zahlungsrückstände nur langsam abgebaut werden. Es wurden politische Maßnahmen ergriffen, um diese Schwachstellen zu beheben, insbesondere im Bereich des Angebots an Wohnimmobilien und der Aufsicht auf der Makroebene, doch bei einigen Maßnahmen wird es dauern, bis sie die erwartete Wirkung zeigen.
Spanien weist Ungleichgewichte auf. Trotz des weiterhin robusten Wirtschaftswachstums stellen große Bestände an öffentlichen und privaten Auslands- und Inlandsverbindlichkeiten vor dem Hintergrund nach wie vor hoher Arbeitslosigkeit nach wie vor Schwachstellen dar und haben grenzüberschreitende Auswirkungen. Der Abbau der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte wurde fortgesetzt, auch wenn der Leistungsbilanzüberschuss 2018 zurückging, was die globalen Rahmenbedingungen widerspiegelt. Um die Nettoauslandsverbindlichkeiten auf ein vertretbares Niveau zu senken, sind anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse über einen längeren Zeitraum erforderlich. Gestützt auf ein robustes nominales Wachstum ist auch der Schuldenabbau im Privatsektor vorangeschritten. Der Anteil notleidender Kredite hat sich weiter verringert. Der öffentliche Schuldenstand ist leicht zurückgegangen. Aufgrund der prognostizierten Verringerung der Defizite wird es voraussichtlich zu einer weiteren allmählichen Reduzierung kommen. Allerdings bedarf es für eine bessere Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zusätzlicher Anstrengungen. Die Arbeitslosigkeit ist weiter zurückgegangen, aber immer noch hoch. Die politischen Maßnahmen zur Steigerung des Potenzialwachstums werden nur langsam umgesetzt. Es bestehen weiterhin Herausforderungen, insbesondere bei der Segmentierung des Arbeitsmarkts, bei Forschung und Innovation und bei der Regulierung des Unternehmenssektors, insbesondere des Dienstleistungssektors.
Frankreich weist Ungleichgewichte auf. Schwachstellen werden durch den hohen öffentlichen Schuldenstand und die schwache Wettbewerbsdynamik vor dem Hintergrund eines geringen Produktivitätswachstums verursacht und haben grenzüberschreitende Auswirkungen. Der öffentliche Schuldenstand blieb 2018 weitgehend stabil, allerdings auf hohem Niveau. Er wird voraussichtlich nur unwesentlich zurückgehen. Der hohe öffentliche Schuldenstand schränkt den haushaltspolitischen Spielraum ein, um auf künftige Schocks reagieren zu können, und belastet die Wachstumsaussichten. Die Lohnstückkosten legen vor dem Hintergrund eines geringen Produktivitätswachstums weiterhin geringfügig zu. Einige Aspekte des Unternehmensumfelds beeinträchtigen nach wie vor die kostenunabhängige Wettbewerbsfähigkeit. Die in den zurückliegenden Jahren durchgeführten Reformen haben zu Fortschritten in mehreren Bereichen geführt, u. a. bei den Arbeitsmärkten, der Besteuerung und den Rahmenbedingungen für Unternehmen. Allerdings ist die Wirkung dieser Reformen bislang noch nicht voll zum Tragen gekommen. Zudem sind weitere Maßnahmen in anderen Bereichen, wie bei den Reformen der Arbeitslosenunterstützung und des Rentensystems und bei der Ausgabenüberprüfung, erforderlich, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten und das Wachstumspotenzial zu erhöhen.
Kroatien weist Ungleichgewichte auf. Verbleibende Schwachstellen hängen mit der hohen öffentlichen, privaten und Auslandsverschuldung vor dem Hintergrund eines geringen Potenzialwachstums zusammen, wurden aber in den zurückliegenden Jahren stetig abgebaut. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch ein robustes nominales Wachstum über dem geschätzten Potenzialwachstum und eine umsichtige Haushaltspolitik. Es besteht nach wie vor eine deutlich negative Nettoauslandsposition, die sich allerdings aufgrund anhaltender Leistungsbilanzüberschüsse verbessert. Der Schuldenabbau im Privatsektor läuft, wird sich jedoch voraussichtlich verlangsamen, da das Kreditwachstum zunimmt und sich die Investitionen erholen. Der Haushaltssaldo ist seit 2017 positiv, und der öffentliche Schuldenstand wurde seit dem Höchststand im Jahr 2014 spürbar verringert. Der Finanzsektor verfügt über eine solide Kapitalausstattung und ist rentabel, während der Bestand an notleidenden Krediten zwar zurückgeht, aber nach wie vor hoch ist. Das Fremdwährungsrisiko von Unternehmen und privaten Haushalten hat sich verringert, bildet aber weiterhin eine Schwachstelle. Die politischen Maßnahmen wurden durch die Verabschiedung einer Rentenreform und neuer Vorschriften zur Verbesserung des haushaltspolitischen Rahmens verstärkt. Andere wichtige politische Maßnahmen sind in Vorbereitung; ihre gewissenhafte Umsetzung ist entscheidend, um die Krisenfestigkeit der Wirtschaft zu verbessern.
Italien weist übermäßige Ungleichgewichte auf. Angesichts des nach wie vor großen Bestands an notleidenden Krediten und einer hohen Arbeitslosigkeit bergen der hohe gesamtstaatliche Schuldenstand und die anhaltend schwache Produktivitätsdynamik Risiken mit grenzüberschreitenden Auswirkungen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht zurückgehen, da die schlechten makroökonomischen Aussichten und die derzeitigen Haushaltspläne der Regierung, auch wenn sie weniger expansiv ausfallen als ursprünglich für 2019 geplant, zu einem niedrigeren Primärüberschuss führen werden. Die Kostenwettbewerbsfähigkeit ist stabil, aber das Produktivitätswachstum bleibt gering. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Arbeits-, Kapital- und Produktmärkte bereits seit Langem nur unzureichend funktionieren. Verschärft wird die Situation durch Schwächen in der öffentlichen Verwaltung und im Rechtssystem, die das BIP-Potenzialwachstum beeinträchtigen. Der Bestand an notleidenden Krediten ist weiterhin erheblich zurückgegangen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Marktbedingungen könnte es jedoch schwierig werden, den Abbau notleidender Kredite in diesem Tempo fortzusetzen. Die im Vergleich zu Anfang 2018 höheren Renditen für Staatsanleihen wirken sich auf die Finanzierungskosten der Banken und die Kapitalpuffer aus, was sich wiederum negativ auf die Kreditvergabe an die übrige Wirtschaft und auf das BIP-Wachstum niederschlägt. Trotz einiger Fortschritte bei der Sanierung der Bankbilanzen, der Reform des Insolvenzrechts und der aktiven Arbeitsmarktpolitik kam die Reformdynamik 2018 insgesamt zu einem Stillstand. Der Haushaltsplan 2019 enthält politische Maßnahmen, die Elemente früherer wichtiger Reformen zurücknehmen, insbesondere im Bereich des Rentensystems, und umfasst keine wirksamen Maßnahmen zur Steigerung des Potenzialwachstums.
Die Niederlande weisen Ungleichgewichte auf. Die hohe private Verschuldung und der hohe Leistungsbilanzüberschuss sind Gründe für Ungleichgewichte mit grenzüberschreitenden Auswirkungen. Der sehr hohe Überschuss erreichte 2017 seinen Spitzenwert und dürfte sich allmählich verringern, dabei allerdings immer noch sehr hoch bleiben. Ein Teil des Zahlungsbilanzüberschusses ist statistischen Merkmalen im Zusammenhang mit der Rolle multinationaler Unternehmen zuzuschreiben und dürfte in naher Zukunft nicht zurückgehen. Dank des Wirtschaftswachstums ist die private Schuldenquote sowohl bei Unternehmen als auch bei privaten Haushalten weiterhin rückläufig, wenn auch nach wie vor hoch. Dennoch nimmt die nominale Verschuldung privater Haushalte langsam zu, da die Wohnimmobilienpreise stark steigen. Das Lohnwachstum fiel trotz des angespannten Arbeitsmarkts bislang moderat aus. Kürzlich durchgeführte Reformen, wie die schnellere Reduzierung der Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen, dürften die Verschuldungsanreize für private Haushalte abbauen, während Steueranreize wohl dazu beitragen werden, die Gesamtnachfrage zu stützen.
Portugal weist Ungleichgewichte auf. Die umfangreichen Nettoauslandsverbindlichkeiten, die hohe private und öffentliche Verschuldung sowie ein hoher Anteil notleidender Kredite stellen vor dem Hintergrund des geringen Produktivitätswachstums Schwachstellen dar. Die Leistungsbilanz ist in etwa ausgeglichen, doch die Senkung der Nettoauslandsverbindlichkeiten auf ein vertretbares Niveau setzt umsichtiges Handeln und eine anhaltende Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit voraus. Die hohe private Schuldenquote ist weiter rückläufig, was auf das nominale Wachstum und weniger auf aktiven Schuldenabbau zurückzuführen ist. Begünstigt durch Primärüberschüsse geht der gesamtstaatliche Schuldenstand seit 2017 zurück, ist aber immer noch hoch. Die Risiken im Bankensektor sind, auch im Lichte der Rekapitalisierung wichtiger Banken im Jahr 2017 und jüngster Verbesserungen bei der Rentabilität, geringer geworden. Der Bestand an notleidenden Krediten ist zurückgegangen, ist aber nach wie vor vergleichsweise hoch. Ein höheres Produktivitätswachstum ist der Schlüssel für bessere Aussichten bei Wettbewerbsfähigkeit, Schuldenabbau und Potenzialwachstum. Bei der Arbeitsmarktanpassung sind weitere Fortschritte zu verzeichnen, und die Arbeitslosigkeit geht seit mehreren Jahren deutlich zurück. Es wurden politische Maßnahmen ergriffen, um den Bestand an notleidenden Krediten zu verringern, doch in anderen Bereichen, wie den Produkt- und Dienstleistungsmärkten, bestehen noch Politikdefizite. Die Annahme und Durchführung mehrerer Reformpläne, darunter haushaltspolitischer Strukturreformen für tragfähigere öffentliche Finanzen, müssen überwacht werden.
Schweden weist Ungleichgewichte auf. Überbewertete Preise für Wohnimmobilien in Verbindung mit dem weiteren Anstieg der Verschuldung privater Haushalte gehen mit dem Risiko einer ungeordneten Korrektur einher. Die hohe Verschuldung privater Haushalte ist im Verhältnis zum BIP weiter gewachsen. Im zweiten Halbjahr 2017 wurde eine Korrektur der Wohnimmobilienpreise vorgenommen, die sich daraufhin allmählich stabilisiert haben. Bewertungsindikatoren deuten jedoch darauf hin, dass die Preise für Wohnimmobilien gemessen an den Fundamentaldaten weiterhin hoch bleiben. Auch wenn der Bankensektor offenbar über eine angemessene Kapitalausstattung verfügt, würde eine ungeordnete Korrektur den Finanzsektor in Mitleidenschaft ziehen, da er in hohem Maße von den Hypothekenkrediten an private Haushalte abhängig ist. Angesichts der systemischen Finanzverflechtungen könnte sich dies auch negativ auf benachbarte Länder auswirken. Es bestehen strukturelle Engpässe beim Angebot an Wohnimmobilien, und es wird weniger gebaut. In den zurückliegenden Jahren wurden auf der Makroebene zwar Aufsichtsmaßnahmen ergriffen, um den Anstieg der Hypothekenschulden einzudämmen, doch bislang zeigen sie offenbar noch wenig Wirkung. Nach wie vor bestehen wesentliche Politikdefizite, namentlich in Bezug auf Steueranreize für Wohneigentum sowie das Angebot an Wohnimmobilien und den Mietwohnungsmarkt.
Rumänien weist Ungleichgewichte auf. Die Schwachstellen hängen mit dem Rückgang der Kostenwettbewerbsfähigkeit und einem zunehmenden Leistungsbilanzdefizit vor dem Hintergrund einer expansiven Haushaltspolitik und einem unberechenbaren Unternehmensumfeld zusammen. Kürzlich eingebrachte Gesetzesinitiativen bergen Risiken für das Funktionieren des Finanzsektors und könnten private Investitionen behindern. Das Leistungsbilanzdefizit nahm aufgrund kräftiger Importe, insbesondere von Verbrauchsgütern, zu und wird sich voraussichtlich weiter vergrößern. Das starke nominale BIP-Wachstum bedeutete allerdings, dass sich der negative Nettoauslandsvermögensstatus über einige Jahre hinweg verbessert hat. Damit könnte es jedoch aufgrund des anhaltenden Leistungsbilanzdefizits und eines künftig geringeren BIP-Wachstums vorbei sein. Die Nachfrage wird durch starkes Lohnwachstum angekurbelt, u. a. durch die Erhöhung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst sowie des Mindestlohns, wodurch die Lohnstückkosten erheblich gestiegen sind. Trotz verminderter Kostenwettbewerbsfähigkeit sind die Exportmarktanteile bislang gestiegen. Der expansive haushaltspolitische Kurs wird vor dem Hintergrund des starken BIP-Wachstums voraussichtlich fortgesetzt und wird somit zu einer kräftigen Dynamik des privaten Konsums beitragen. Nach einigen Jahren des Rückgangs ist nun von einem Anstieg der gesamtstaatlichen Schuldenquote auszugehen. Häufige unvorhersehbare Gesetzesänderungen tragen zu schlechteren und ungewisseren Rahmenbedingungen für Unternehmen bei, was sich negativ auf Unternehmensentscheidungen und Investitionen auswirkt. Die jüngsten Gesetzesinitiativen mit Auswirkungen auf die Bankenrisiken gefährden das Funktionieren des Finanzsektors und könnten aufgrund eines restriktiveren Kreditmarkts und eines Kapitalmarkts mit geringer Tiefe und schwächeren institutionellen Anlegern Investitionen behindern. In anderen Bereichen haben sich die Reformfortschritte verlangsamt oder umgekehrt.
Anhang 4 – Investitionshindernisse nach Mitgliedstaaten