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Document 52017PC0191

Empfehlung für einen BESCHLUSS DES RATES über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko

COM/2017/191 final

Brüssel, den 19.4.2017

COM(2017) 191 final

Empfehlung für einen

BESCHLUSS DES RATES

über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Seit fast einem halben Jahrhundert haben die EU und Marokko eine reiche und vielschichtige Partnerschaft entwickelt, so dass Marokko 2008 ein „fortgeschrittener Status” der Partnerschaft zuerkannt wurde, um den starken bilateralen Beziehungen sowie den gemeinsamen Anstrengungen und Verpflichtungen der beiden Parteien, die gemeinsame Agenda voranzubringen, Rechnung zu tragen.

Gleichzeitig hat die EU immer wieder ihre Entschlossenheit bekräftigt, sich für eine Beilegung des Konflikts um die Westsahara einzusetzen. Sie unterstützt uneingeschränkt die Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (UNSG) und seines persönlichen Gesandten, eine gerechte, dauerhafte und für alle Seiten annehmbare politische Lösung herbeizuführen, die der Bevölkerung der Westsahara im Rahmen von Vereinbarungen gemäß den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Zielen und Grundsätzen und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen einschließlich der Resolutionen 2152 (2014) und 2218 (2015) die Selbstbestimmung ermöglicht.

Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C104/16 P, demzufolge das Assoziationsabkommen und das Agrarabkommen EU-Marokko nicht für die Westsahara gelten, sieht dieser Vorschlag in Bezug auf die Gewährung von Zollpräferenzen Änderungen von Protokoll Nr. 4 1  und Protokoll Nr. 1 2  zum Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (im Folgenden Assoziationsabkommen EU-Marokko” oder „Assoziationsabkommen) vor.

Vor dem Gerichtsurteil wurden die im Assoziationsabkommen und den dazugehörigen Protokollen vorgesehenen Handelspräferenzen de facto auch für Waren mit Ursprung in der Westsahara, einem Gebiet ohne Selbstregierung, angewandt. Nach dem Urteil des Gerichtshofs kann diese Praxis allerdings nur dann beibehalten werden, wenn Protokoll Nr. 4 über Ursprungserzeugnisse dahingehend geändert wird, dass Erzeugnisse aus der Westsahara Ursprungserzeugnissen Marokkos gleichgestellt werden. Das Urteil führte daher zu Unsicherheiten an den Märkten mit entsprechenden Beeinträchtigungen der bilateralen Handelsbeziehungen.

Ziel dieser Empfehlung ist die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, um eine Rechtsgrundlage für die weitere Gewährung von Handelspräferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara im Einklang mit der bisherigen Praxis zu schaffen. Da die bei der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Fischereierzeugnissen in die Europäische Union gewährten Handelspräferenzen in Protokoll Nr. 1 zum Assoziationsabkommen festgelegt sind, muss auch der Anwendungsbereich dieses Protokolls angepasst werden. Dies wird Störungen des Handels vorbeugen und einen gleichbleibenden präferenziellen Zugang zum EU-Markt sicherstellen, da keine neuen Präferenzen gewährt werden. Die Änderungen an den entsprechenden Protokollen zum Assoziationsabkommen können zu einem späteren Zeitpunkt gegebenfalls durch eine Änderung des Assoziationsabkommens selbst ergänzt werden. Schließlich sollte auch berücksichtigt werden, dass noch zwei Rechtssachen (C266/16 und T-180/14), die Marokko betreffen und in Zusammenhang mit dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen EU-Marokko stehen, vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig sind und weitere Anhaltspunkte für die Voraussetzungen geben dürften, unter denen ein Abkommen auf ein Gebiet ohne Selbstregierung ausgeweitet werden kann. Außerdem wird davon ausgegangen, dass jegliche Vereinbarung nur vorläufig sein kann, solange der Konflikt nicht im Rahmen der Vereinten Nationen und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beigelegt wurde.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Diese Empfehlung steht vollständig im Einklang mit der derzeitigen Handelspolitik, da die Zollbehörden de facto bereits Erzeugnissen aus der Westsahara mit marokkanischen Ursprungszeugnissen die Präferenzbehandlung gewährt haben. Marokko würden also keine neuen Handelspräferenzen gewährt, vielmehr würde lediglich der geographische Geltungsbereich der Präferenzen und nicht deren Umfang erweitert..

Der Vorschlag steht im Einklang mit den übergeordneten Zielen der Europäischen Nachbarschaft, da er zur Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen in der Südlichen Nachbarschaft im Rahmen einer guten Zusammenarbeit beiträgt. Er steht auch im Einklang mit der allgemeinen EU-Politik gegenüber Marokko, die auf die Förderung der privilegierten Partnerschaft mit Marokko abzielt, ohne dem Ergebnis der von den Vereinten Nationen geleiteten Bemühungen um eine Lösung für die Westsahara vorzugreifen.

Für eine solche Erweiterung des geographischen Geltungsbereichs von Handelspräferenzen gibt es bereits Beispiele, da das Assoziationsabkommen EU-Marokko zwei Gemeinsame Erklärungen umfasst, die vorsehen, dass Erzeugnisse mit Ursprung in der Republik San Marino bzw. im Fürstentum Andorra von Marokko als Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft im Sinne des Abkommens anerkannt werden.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die EU hat stets den Standpunkt vertreten, dass ihre bilateralen Abkommen mit Marokko unter bestimmten Voraussetzungen auf die Westsahara ausgedehnt werden können, wie dies z. B. bei dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen der Fall ist, das ausdrücklich auch für die Gewässer vor der Küste der Westsahara gilt. Durch Änderungen der entsprechenden Protokolle zum Assoziationsabkommen könnte die Gewährung von EU-Zollpräferenzen von der Bewertung des Nutzens für die lokale Bevölkerung und der Achtung der Menschenrechte abhängig gemacht werden.

2.RECHSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

Rechtsgrundlage

Die Empfehlung stützt sich auf Artikel 218 Absätze 3 und 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Da die gemeinsame Handelspolitik in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt (Artikel 3 Absatz 1 AEUV), gilt das Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 Absatz 3 EUV für diesen Bereich nicht.

Verhältnismäßigkeit

Mit dieser Empfehlung wird auf das bestehende Problem angemessen reagiert. Das Abkommen würde den präferenziellen Zugang zum EU-Markt nicht verändern. Die Ursprungsregeln sind im Protokoll zum Assoziationsabkommen festgelegt; es muss daher geändert werden, um unbeschadet der von den Vereinten Nationen geleiteten Bemühungen um eine Lösung für die Westsahara oder des endgültigen Ergebnisses des Konflikts, die Unsicherheiten, die derzeit den Handel mit Marokko belasten, möglichst rasch zu beseitigen.

Die Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und Marokko über Anpassungen der Protokolle zum Assoziationsabkommen in Bezug auf den Warenursprung geht daher nicht über das für die Erreichung der strategischen Ziele erforderliche oder angemessene Maß hinaus.

Wahl des Instruments

Die betreffenden Protokolle können nur einvernehmlich von den Parteien geändert werden. Dies schließt auch die für die Anwendung der Handelspräferenzen erforderliche Zusammenarbeit zwischen den Behörden ein.

Das Abkommen wird in Form eines Briefwechsels zwischen der EU und dem Königreich Marokko geschlossen.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERSSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Über die entsprechenden Strukturen des Rates wurden Sondierungsgespräche mit marokkanischen Behörden und mit den Mitgliedstaaten geführt.

Die Kommission sollte gewährleisten, dass die vom Abkommen betroffene Bevölkerung im Zeitraum bis zur Vorlage des Vorschlags für die Unterzeichnung und den Abschluss angemessen eingebunden wird.

Folgenabschätzung

Da die Empfehlung lediglich die Bereitstellung einer Rechtsgrundlage für die de facto in den vergangenen Jahren bereits gewährte Präferenzbehandlung von Erzeugnissen aus der Westsahara vorsieht, wurde keine Folgenabschätzung durchgeführt. Da sich daher der präferenzielle Marktzugang nicht ändern wird, sind erhebliche kommerzielle Auswirkungen auf die Handelsströme, wie sie in den letzten Jahren verzeichnet wurden, nicht zu erwarten.

Die Kommission wird jedoch auf geeignete Weise sicherstellen, dass der Union, sowohl zum Zeitpunkt der Unterzeichnung als auch in der Zeit danach, die für eine nachhaltige Entwicklung der Westsahara relevanten Informationen, insbesondere was den Nutzen des Abkommens für die lokale Bevölkerung und die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen betrifft, vorliegen.

Grundrechte

Artikel 2 des Assoziationsabkommens enthält eine Klausel in Bezug auf Menschenrechte und Grundfreiheiten. Sie wird als wesentliches Element dieses Abkommens definiert, das im Falle eines Verstoßes dessen Aussetzung zur Folge haben kann. Es ist zu gewährleisten, dass die Protokolle unter Einhaltung der Bestimmungen des Assoziationsabkommens, die die Achtung der Grundfreiheiten und der Menschenrechte betreffen, umgesetzt werden.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Es sind keine Auswirkungen auf die EU-Zolleinnahmen gegenüber der derzeitigen Situation zu erwarten, da die Erzeugnisse aus der Westsahara de facto bereits zollfrei in die EU eingeführt werden.

Empfehlung für einen

BESCHLUSS DES RATES

über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, inbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits, im Folgenden Assoziationsabkommen, ist am 1. März 2000 in Kraft getreten.

(2)In seinem Urteil in der Rechtssache C-104/16 P hat der Gerichtshof klargestellt, dass das Assoziationsabkommen nur auf das Gebiet des Königreichs Marokko und nicht auf die Westsahara, ein Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung, Anwendung findet. Allerdings werden seit dem Inkrafttreten des Assoziationsabkommens Erzeugnisse aus der Westsahara mit marokkanischen Ursprungszeugnissen im Rahmen der in den einschlägigen Bestimmungen des Assoziationsabkommens vorgesehenen Zollpräferenzmaßnahmen in die Union eingeführt.

(3)Es ist wichtig, dass die Handelsströme, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben, nicht unterbrochen werden und ausreichende Garantien für den Schutz der Menschrechte und eine nachhaltige Entwicklung der betreffenden Gebiete bestehen.

(4)Die Europäische Union unterstützt die Bestrebungen der Vereinten Nationen, eine für alle Seiten annehmbare politische Lösung herbeizuführen, die die Selbstbestimmung der Bevölkerung der Westsahara im Einklang mit den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Zielen und Grundsätzen ermöglichen würde.

(5)Daher sollten Verhandlungen über eine Änderung der entsprechenden Protokolle zum Assoziationsabkommen aufgenommen werden 

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Kommission wird ermächtigt, im Namen der Union Verhandlungen über ein internationales Abkommen über die Anpassung von Protokollen zum Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zu führen. Die Kommission übernimmt die Leitung des Verhandlungsteams, dem auch die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik angehört.

Artikel 2

Die Verhandlungsrichtlinien sind im Anhang aufgeführt.

Artikel 3

Die Verhandlungen werden in Abstimmung mit dem [Bezeichnung des Sonderausschusses wird vom Rat eingefügt] geführt.

Artikel 4

Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

   Für den Rat

   Der Präsident

(1)    Protokoll Nr. 4 zum Europa-Mittelmeer-Abkommen über die Bestimmung des Begriffs Ursprungserzeugnisse und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen.
(2)    Protokoll Nr. 1 zum Europa-Mittelmeer-Abkommen über die Regelung der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, Fisch und Fischereierzeugnissen mit Ursprung im Königreich Marokko in die Europäische Union.
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Brüssel, den 19.4.2017

COM(2017) 191 final

ANHANG

der

EMPFEHLUNG FÜR EINEN BESCHLUSS DES RATES

über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Anpassung von Protokollen zum Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko


ANHANG

RICHTLINIEN FÜR DIE AUSHANDLUNG EINES ABKOMMENS ZWISCHEN

der Europäischen Union und dem Königreich Marokko über die Anpassung von Protokollen zum Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko.

Die Verhandlungen sollten auf der Grundlage der privilegierten Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko erfolgen und darauf abzielen, die Instrumente dieser Partnerschaft – das Assoziationsabkommen und die dazugehörigen Protokolle als wesentliche Bestandteile des Abkommens – an die gemeinsam angestrebte stärkere Partnerschaft anzupassen.

Die Kommission sollte sicherstellen, dass die in dem Assoziationsabkommen EU-Marokko und den dazugehörigen Protokollen vorgesehenen Handelspräferenzen Erzeugnissen mit Ursprung in der Westsahara gewährt werden. Die Gewährung zusätzlicher Zollpräferenzen sollte nicht Gegenstand der Verhandlungen sein. Die Kommission sollte auch gewährleisten, dass das Abkommen ausdrücklich einen geeigneten Rahmen und Verfahren vorsieht, die es den Parteien ermöglichen, auf der Grundlage eines regelmäßigen Informationsaustausches während der Umsetzung des Abkommens seine Auswirkungen zu bewerten und etwaige Störungen der ordnungsgemäßen Anwendung zu erörtern.

Dafür sind entsprechende Änderungen an den einschlägigen Protokollen zum Assoziationsabkommen erforderlich.

Das Abkommen sollte in Form eines Briefwechsels geschlossen werden.

Die Kommission sollte über ausreichende Informationen verfügen, um zum Zeitpunkt der Unterzeichnung die potenziellen Auswirkungen des Abkommens auf die nachhaltige Entwicklung, insbesondere den Nutzen für die lokale Bevölkerung und für die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen in den betroffenen Gebieten, beurteilen zu können.

Sie gewährleistet, dass die Protokolle im Einklang mit den Bestimmungen des Abkommens über den Schutz der Grundfreiheiten und Menschenrechte angewendet werden.

Die Kommission sollte sich bemühen sicherzustellen, dass die vom Abkommen betroffene Bevölkerung vor der Unterzeichnung und dem Abschluss des vorgeschlagenen Abkommens angemessen einbezogen wird.

Die Kommission sollte alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um zu gewährleisten, dass das Abkommen möglichst rasch angewendet werden kann.

Die Verhandlungen und ihr Ergebnis sollten die Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen unterstützen, eine Lösung herbeizuführen, die der Bevölkerung der Westsahara im Einklang mit den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen und Zielen die Selbstbestimmung ermöglicht.

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