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Document 62010CO0003

Beschluss des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 1. Oktober 2010.
Franco Affatato gegen Azienda Sanitaria Provinciale di Cosenza.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale di Rossano - Italien.
Art. 104 § 3 der Verfahrensordnung - Sozialpolitik - Richtlinie 1999/70/EG - Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge - Befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor - Aufeinander folgende Verträge - Missbrauch - Maßnahmen zur Vermeidung - Sanktionen - Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in einen unbefristeten Vertrag - Verbot - Schadensersatz - Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.
Rechtssache C-3/10.

European Court Reports 2010 I-00121*

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:574





Beschluss des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 1. Oktober 2010 – Affatato/Azienda Sanitaria Provinciale di Cosenza

(Rechtssache C‑3/10)

„Art. 104 § 3 der Verfahrensordnung – Sozialpolitik – Richtlinie 1999/70/EG – Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor – Aufeinander folgende Verträge – Missbrauch – Maßnahmen zur Vermeidung – Sanktionen – Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in einen unbefristeten Vertrag – Verbot – Schadensersatz – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität“

1.                     Vorabentscheidungsverfahren – Zulässigkeit – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden (Art. 267 AEUV) (vgl. Randnrn. 27-33, Tenor 1)

2.                     Sozialpolitik – EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Richtlinie 1999/70 – Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge (Art. 4 Abs. 2 EU; Richtlinie 1999/70 des Rates, Anhang, Paragraf 5) (vgl. Randnrn. 50-51, Tenor 2)

3.                     Sozialpolitik – EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Richtlinie 1999/70 – Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge (Richtlinie 1999/70 des Rates, Anhang) (vgl. Randnrn. 59-60, 63, Tenor 3)

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen – Tribunale di Rossano – Auslegung der Paragrafen 2, 3, 4 und 5 des Anhangs der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43) – Vereinbarkeit bestimmter nationaler Vorschriften betreffend sozial nützliche Arbeiter/gemeinnützige Arbeiter – Nationale Regelung, nach der es zulässig ist, den Grund für den ersten befristeten Vertrag mit einem Arbeitnehmer im Schulbereich nicht anzugeben – Begriff der staatlichen Einrichtung – Einbeziehung eines Rechtssubjekts, das die Merkmale der Poste Italiane SpA aufweist

Tenor

1.

Die ersten zwölf vom Tribunale di Rossano (Italien) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2009 vorgelegten Fragen sind offensichtlich unzulässig.

2.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass

–        er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die wie Art. 36 Abs. 5 des Decreto legislativo Nr. 165/01 vom 30. März 2001 über allgemeine Vorschriften betreffend die Organisation der Arbeit in der öffentlichen Verwaltung bei missbräuchlicher Inanspruchnahme aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge durch einen Arbeitgeber des öffentlichen Sektors deren Umwandlung in einen unbefristeten Arbeitsvertrag verbietet, wenn das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats für den fraglichen Sektor andere wirksame Maßnahmen enthält, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, inwieweit die einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts nach den Voraussetzungen für ihre Anwendung und nach ihrer tatsächlichen Durchführung eine Maßnahme darstellen, die geeignet ist, den missbräuchlichen Einsatz aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse durch die öffentliche Verwaltung zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden;

–        er als solcher in keiner Weise geeignet ist, die grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen oder die grundlegenden Funktionen des betreffenden Mitgliedstaats im Sinne von Art. 4 Abs. 2 EUV zu beeinträchtigen.

3.

Die genannte Rahmenvereinbarung ist dahin auszulegen, dass die in einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen vorgesehenen Maßnahmen zur Ahndung des missbräuchlichen Einsatzes befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden Sachverhalten, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, inwieweit die Bestimmungen des nationalen Rechts zur Ahndung der missbräuchlichen Inanspruchnahme aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse durch die öffentliche Verwaltung diesen Grundsätzen entsprechen.

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