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Document 62008CJ0447

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 8. Juli 2010.
Strafverfahren gegen Otto Sjöberg (C-447/08) und Anders Gerdin (C-448/08).
Ersuchen um Vorabentscheidung: Svea hovrätt - Schweden.
Freier Dienstleistungsverkehr - Glücksspiele - Veranstaltung von Glücksspielen über Internet - Förderung von Spielen, die in anderen Mitgliedstaaten veranstaltet werden - Tätigkeiten, die öffentlichen oder nicht gewinnorientierten Einrichtungen vorbehalten sind - Strafrechtliche Sanktionen.
Verbundene Rechtssachen C-447/08 und C-448/08.

European Court Reports 2010 I-06921

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:415

Verbundene Rechtssachen C-447/08 und C-448/08

Strafverfahren

gegen

Otto Sjöberg und Anders Gerdin

(Vorabentscheidungsersuchen des Svea hovrätt)

„Freier Dienstleistungsverkehr – Glücksspiele – Veranstaltung von Glücksspielen über Internet – Förderung von Spielen, die in anderen Mitgliedstaaten veranstaltet werden – Tätigkeiten, die öffentlichen oder nicht gewinnorientierten Einrichtungen vorbehalten sind – Strafrechtliche Sanktionen“

Leitsätze des Urteils

1.        Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiele

(Art. 49 EG)

2.        Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiele

(Art. 49 EG)

1.        Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die an die Bevölkerung dieses Mitgliedstaats gerichtete Werbung für Glücksspiele verbietet, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden.

Kulturelle, sittliche oder religiöse Erwägungen können nämlich Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielveranstaltern rechtfertigen, insbesondere insofern es als inakzeptabel angesehen werden könnte, zuzulassen, dass durch die Ausnutzung eines sozialen Übels oder der Schwäche und des Unglücks der Spieler private Gewinne erzielt werden. Nach der jedem Mitgliedstaat eigenen Wertordnung und im Hinblick auf den Ermessensspielraum, über den die Mitgliedstaaten verfügen, steht es einem Mitgliedstaat frei, die Veranstaltung von Glücksspielen zu beschränken und sie öffentlichen oder karitativen Einrichtungen anzuvertrauen. Das Verbot, die Dienstleistungen von Veranstaltern, die private Unternehmen sind, die Erwerbszwecke verfolgen, bei den Verbrauchern des betreffenden Mitgliedstaats zu bewerben, wird daher dem Ziel gerecht, private Erwerbsinteressen vom Glücksspielsektor auszuschließen, und kann im Übrigen als zur Erreichung dieses Ziels erforderlich angesehen werden.

(vgl. Randnrn. 43-46, Tenor 1)

2.        Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, mit der Glücksspiele einem System von ausschließlichen Rechten unterstellt werden und nach der die Förderung von Spielen, die in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet werden, strenger geahndet wird als die Förderung von Spielen, die im Inland ohne Genehmigung veranstaltet werden.

Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob dies nach der betreffenden nationalen Regelung, der Fall ist. Daher hat es zu prüfen, ob die beiden Vergehen, obwohl sie unter verschiedene Regelungen fallen, nach dem anwendbaren nationalen Recht dennoch gleichbehandelt werden. Es wird insbesondere prüfen müssen, ob sie von den zuständigen Behörden in der Praxis mit der gleichen Sorgfalt verfolgt werden und zur Verhängung vergleichbarer Strafen durch die zuständigen Gerichte führen.

(vgl. Randnrn. 55, 57, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

8. Juli 2010(*)

„Freier Dienstleistungsverkehr – Glücksspiele – Veranstaltung von Glücksspielen über Internet – Förderung von Spielen, die in anderen Mitgliedstaaten veranstaltet werden – Tätigkeiten, die öffentlichen oder nicht gewinnorientierten Einrichtungen vorbehalten sind – Strafrechtliche Sanktionen“

In den verbundenen Rechtssachen C‑447/08 und C‑448/08

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Svea hovrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 8. Oktober 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Oktober 2008, in den Strafverfahren

Otto Sjöberg (C-447/08),

Anders Gerdin (C-448/08)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter), P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Sjöberg, vertreten durch U. Isaksson, advokat,

–        von Herrn Gerdin, vertreten durch S. Widmark und J. Gyllenberg, advokater,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,

–        der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck und A. Hubert, advocaten,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou und O. Patsopoulou als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Mateus Calado und A. Barros als Bevollmächtigte,

–        der norwegischen Regierung, vertreten durch K. Moen und K. Moe Winther als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Traversa, K. Simonsson und P. Dejmek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Februar 2010

folgendes

Urteil

1        Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 49 EG.

2        Sie ergehen im Rahmen von Strafverfahren gegen Herrn Sjöberg und Herrn Gerdin, denen vorgeworfen wird, gegen § 54 Abs. 2 des Lotteriegesetzes (Lotterilag, SFS 1994 Nr. 1000) in seiner auf die Rechtsstreitigkeiten der Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Lotterilag) verstoßen zu haben.

 Nationales Recht

3        Das Lotterilag regelt alle Arten von Glücksspielen, die der Allgemeinheit in Schweden angeboten werden.

4        Die mit der schwedischen Spielpolitik verfolgten Ziele sind in den Gesetzgebungsmaterialien zum Lotterilag wie folgt zusammengefasst worden:

„Das Ziel der Spielpolitik soll auch in der Zukunft ein gesunder und sicherer Spielmarkt sein, auf dem sozialen Schutzinteressen und der Nachfrage nach Spielen in kontrollierten Formen Genüge getan wird. Glücksspielerträge sollen geschützt und weiterhin der Allgemeinheit oder gemeinnützigen Zwecken vorbehalten sein, d. h. dem Vereinsleben, dem Pferdesport und dem Staat. Der Schwerpunkt soll wie bisher auf der Bevorzugung sozialer Schutzbelange liegen, während gleichzeitig dem Interesse an einem verschiedenartigen Spielangebot und den Gefahren betrügerischer oder ungesetzlicher Spiele Rechnung getragen werden soll.“

5        Dem vorlegenden Gericht zufolge zielt die schwedische Glücksspielgesetzgebung darauf,

–        die Kriminalität zu bekämpfen,

–        schädlichen sozialen oder wirtschaftlichen Folgen entgegenzuwirken,

–        für die Interessen des Verbraucherschutzes Sorge zu tragen und

–        die Einkünfte aus Lotterien im Allgemeininteresse liegenden oder gemeinnützigen Zwecken zuzuleiten.

 Genehmigungspflicht für die Veranstaltung von Glücksspielen

6        Nach § 9 Lotterilag ist die Veranstaltung von Glücksspielen in Schweden grundsätzlich genehmigungspflichtig.

7        Nach § 15 Lotterilag kann eine solche Genehmigung juristischen Personen des schwedischen Rechts ohne Gewinnerzielungsabsicht erteilt werden, die nach ihrer Satzung hauptsächlich das Ziel haben, gemeinnützige Zwecke im Inland zu fördern, und eine Tätigkeit ausüben, die hauptsächlich diesen Zwecken dient. Gemäß § 45 Lotterilag kann die schwedische Regierung außerdem besondere Genehmigungen für die Veranstaltung von Lotterien in anderen Fällen als den durch dieses Gesetz vorgesehenen erteilen.

8        Gemäß einem grundlegenden Prinzip der schwedischen Glücksspielgesetzgebung, dass die Veranstaltung von Glücksspielen gemeinnützigen oder im Allgemeininteresse liegenden Zwecken gewidmet sein muss, ist der schwedische Glücksspielmarkt aufgeteilt zwischen Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht, die gemeinnützige Zwecke im Inland verfolgen und denen Genehmigungen nach § 15 Lotterilag erteilt wurden, und zwei dem Staat gehörenden oder von ihm mehrheitlich kontrollierten Veranstaltern, nämlich dem staatlichen Spielunternehmen AB Svenska Spel und der vom Staat und Pferdesportvereinigungen zusammen kontrollierten AB Trav och Galopp, die besondere Genehmigungen nach § 45 Lotterilag besitzen.

9        Nach § 48 Lotterilag übt eine staatliche Behörde, die Lotteriinspektion, die zentrale Aufsicht über die Einhaltung dieses Gesetzes aus. Auf dessen Grundlage darf die Lotteriinspektion Vorschriften über die erforderliche Kontrolle und Spielgestaltung für die verschiedenen Spiele erlassen. Sie beaufsichtigt darüber hinaus die Tätigkeit der AB Svenska Spel und nimmt Inspektionen sowie ständige Kontrollen vor.

10      Nach § 52 Lotterilag darf die Lotteriinspektion die Maßnahmen und Verbote erlassen, die erforderlich sind, um für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Vorschriften und festgelegten Bedingungen zu sorgen. Solche Maßnahmen oder Verbote dürfen mit Bußgeld verbunden werden.

 Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen ohne Genehmigung

11      Nach Kapitel 16 § 14 des Strafgesetzbuchs (Brottsbalk) erfüllt die Veranstaltung von Glücksspielen in Schweden ohne entsprechende Genehmigung den Straftatbestand des illegalen Glücksspiels. Dies wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Wird die Zuwiderhandlung als schwerwiegend angesehen, wird sie als schweres illegales Glücksspiel nach Kapitel 16 § 14a mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu vier Jahren bestraft.

12      Nach § 54 Abs. 1 Lotterilag wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig illegale Glücksspiele veranstaltet oder illegal bestimmte Arten von Spielautomaten besitzt.

13      Die Bestimmungen des Brottsbalk zum Vergehen des illegalen Glücksspiels beziehen sich auf strafbare Handlungen, die in spezifischer Weise qualifiziert sind. Strafbare Handlungen, die als weniger schwerwiegend qualifiziert werden und damit nicht unter § 14 Brottsbalk fallen, werden von den Bestimmungen des § 54 Abs. 1 Lotterilag erfasst. Nach § 57 Abs. 1 Lotterilag findet § 54 Abs. 1 keine Anwendung, wenn das Vergehen nach dem Brottsbalk strafbar ist.

14      Da das Lotterilag nur in Schweden anwendbar ist, gilt das Verbot, ohne Genehmigung eine Lotterie zu veranstalten, nicht für Glücksspiele, die im Ausland veranstaltet werden. Ebenso wenig erfasst dieses Verbot Glücksspiele, die schwedischen Verbrauchern aus dem Ausland über das Internet angeboten werden, und das Lotterilag verbietet es diesen nicht, an im Ausland veranstalteten Glücksspielen teilzunehmen. Zudem gewährt eine nach diesem Gesetz erteilte Genehmigung ihrem Inhaber nur das Recht, Glücksspieldienstleistungen innerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs dieses Gesetzes, d. h. im schwedischen Hoheitsgebiet, anzubieten.

 Verbot der Förderung nicht genehmigter Glücksspiele

15      Nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 Lotterilag ist es verboten, ohne besondere Genehmigung gewerbsmäßig oder anderweitig zu Erwerbszwecken die Teilnahme an im Inland ohne Genehmigung veranstalteten Lotterien oder an im Ausland veranstalteten Lotterien zu fördern.

16      Gemäß § 38 Abs. 2 Lotterilag kann für Glücksspiele, die im Rahmen einer internationalen Kooperation mit schwedischer Beteiligung von einem ausländischen Veranstalter veranstaltet werden, der nach den Vorschriften des Staates, in dem er seinen Sitz hat, befugt ist, Glücksspiele zu veranstalten und international zu kooperieren, eine Ausnahme vom Verbot des § 38 Abs. 1 Lotterilag gewährt werden.

17      Nach § 54 Abs. 2 Lotterilag wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft, wer ungesetzlich gewerbsmäßig oder anderweitig zu Erwerbszwecken die Teilnahme an einer im Ausland veranstalteten Lotterie fördert, wenn die Förderung insbesondere die Teilnahme von Schweden aus betrifft.

18      Gemäß Kapitel 23 § 4 Abs. 1 Brottsbalk wird die Verantwortung für bestimmte Straftaten nicht nur demjenigen zugerechnet, der diese Taten begeht, sondern auch demjenigen, der sie durch Rat oder Tat fördert. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift wird derjenige, der nicht als Täter angesehen wird, wenn er einen Dritten zur Begehung der Tat veranlasst hat, wegen Anstiftung oder Beihilfe bestraft.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19      Herr Sjöberg war zum Zeitpunkt des Geschehens, das dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, Chefredakteur und verantwortlicher Herausgeber der Zeitung Expressen. In dieser Eigenschaft war er allein verantwortlich dafür, dass in dieser Zeitung in der Zeit zwischen November 2003 und August 2004 Werbeanzeigen für Glücksspiele veröffentlicht wurden, die von den Unternehmen Expekt, Unibet, Ladbrokes und Centrebet im Ausland veranstaltet wurden.

20      Herr Gerdin war zum Zeitpunkt des Geschehens, das dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, Chefredakteur und verantwortlicher Herausgeber der Zeitung Aftonbladet. In dieser Eigenschaft war er allein dafür verantwortlich, dass in dieser Zeitung in der Zeit zwischen November 2003 und Juni 2004 Werbeanzeigen für Glücksspiele veröffentlicht wurden, die von den genannten Unternehmen im Ausland veranstaltet wurden.

21      Expekt, Unibet, Ladbrokes und Centrebet sind in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden ansässige private Veranstalter, die Erwerbszwecke verfolgen und die u. a. Personen, die in Schweden wohnen, über das Internet Glücksspiele anbieten. Zu diesen Spielen gehören u. a. Sportwetten und Poker.

22      Die Åklagar (Staatsanwaltschaft) verfolgte Herrn Sjöberg und Herrn Gerdin daraufhin wegen Verstoßes gegen § 54 Abs. 2 Lotterilag und warf ihnen vor, in illegaler Weise und zu Erwerbszwecken die Teilnahme von Personen, die in Schweden wohnen, an im Ausland veranstalteten Glücksspielen gefördert zu haben.

23      Am 21. Juni 2005 und am 6. September 2005 verurteilte das Stockholms tingsrätt (erstinstanzliches Gericht Stockholm) Herrn Sjöberg und Herrn Gerdin jeweils wegen Verstoßes gegen das Lotterilag zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 50 000 SEK.

24      Herr Sjöberg und Herr Gerdin legten gegen das sie jeweils betreffende Urteil Rechtsmittel beim Svea hovrätt (Rechtsmittelgericht Svea) ein, das jedoch das Rechtsmittel gegen keines der beiden Urteile zuließ.

25      Nachdem die Betroffenen gegen diese Entscheidungen des Svea hovrätt Rechtsmittel beim Högsta domstol (Oberster Gerichtshof) eingelegt hatten, ließ dieser die beim Svea hovrätt eingelegten Rechtsmittel mit Entscheidung vom 5. Februar 2008 zu und verwies die beiden Rechtssachen an das Svea hovrätt zurück.

26      Der Högsta domstol führte in seiner Entscheidung aus, es sei unklar, ob die in den Strafvorschriften des Lotterilag für die Förderung von Glücksspielen vorgesehenen Sanktionen diskriminierend seien, soweit danach unterschieden werde, ob die Glücksspiele in Schweden oder in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet würden. Auf jeden Fall stelle sich die Frage, ob die sich aus den §§ 38 und 54 Lotterilag ergebenden Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit möglicherweise zulässig seien, weil sie unter die im EG‑Vertrag ausdrücklich aufgeführten Ausnahmen fielen, oder ob sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden könnten.

27      Unter diesen Umständen hat das Svea hovrätt beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende, in beiden Ausgangsverfahren gleich lautende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Kann eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit auf nationalen Spiel‑ und Lotteriemärkten unter bestimmten Umständen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zulässig sein?

2.      Wenn es mehrere Ziele gibt, die mit der restriktiven Politik auf einem nationalen Spiel‑ und Lotteriemarkt verfolgt werden, und eines dieser Ziele die Finanzierung sozialer Tätigkeiten ist, kann Letzteres dann als eine nützliche Nebenfolge der restriktiven Politik angesehen werden? Wenn nein, kann dann die verfolgte restriktive Politik dennoch zulässig sein, wenn das Ziel der Finanzierung sozialer Tätigkeiten nicht als das hauptsächliche Ziel der restriktiven Politik bezeichnet werden kann?

3.      Kann sich der Staat auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses als Rechtfertigung einer restriktiven Spielpolitik berufen, wenn staatlich kontrollierte Unternehmen Spiele und Lotterien vermarkten, die Einnahmen daraus dem Staat zufließen und eines von mehreren Zielen dieser Vermarktung die Finanzierung von sozialen Tätigkeiten ist? Wenn nein, kann dann die verfolgte restriktive Politik dennoch zulässig sein, wenn die Finanzierung sozialer Tätigkeiten nicht als das hauptsächliche Ziel der Vermarktung anzusehen ist?

4.      Kann ein vollständiges Verbot der Vermarktung von Spielen und Lotterien, die in einem anderen Mitgliedstaat von einem dort niedergelassenen und von den Behörden dieses anderen Mitgliedstaats beaufsichtigten Spielunternehmen veranstaltet werden, im Hinblick auf das Ziel, die Spieltätigkeit zu kontrollieren und zu beaufsichtigen, als verhältnismäßig angesehen werden, wenn gleichzeitig für die Vermarktung von Spielen und Lotterien durch Spielunternehmen, die in dem die restriktive Politik verfolgenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, keine Einschränkungen bestehen? Wie ist diese Frage zu beantworten, wenn das Ziel einer solchen Regelung in einer Begrenzung des Spielens besteht?

5.      Hat ein Spielveranstalter, der für das Betreiben bestimmter Spieltätigkeiten in einem Land eine Genehmigung besitzt und von den zuständigen Behörden dieses Landes beaufsichtigt wird, das Recht, in anderen Mitgliedstaaten seine Spielangebote z. B. durch Zeitungsanzeigen zu vermarkten, ohne zuvor eine Genehmigung bei den zuständigen Behörden dieser Staaten zu beantragen? Wenn ja, bildet dann die Regelung eines Mitgliedstaats, die die Förderung der Beteiligung an im Ausland veranstalteten Lotterien unter Strafe stellt, ein Hindernis für die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr, das niemals unter Berufung auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses zulässig sein kann? Ist es für die Beantwortung der ersten Frage von Bedeutung, ob sich der Mitgliedstaat, in dem der Spielveranstalter niedergelassen ist, auf die gleichen Gründe des Allgemeininteresses beruft wie der Staat, in dem der Veranstalter seine Spieltätigkeiten vermarkten will?

28      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 7. November 2008 sind die Rechtssachen C‑447/08 und C‑448/08 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

 Zu den Vorlagefragen

 Zu den Fragen 2 bis 5

29      § 38 Abs. 1 Lotterilag, auf dessen Grundlage die Strafverfolgung in den Ausgangsverfahren eingeleitet wurde, verbietet es, ohne besondere Genehmigung gewerbsmäßig oder anderweitig zu Erwerbszwecken die Teilnahme an im Inland ohne Genehmigung veranstalteten Lotterien oder an im Ausland veranstalteten Lotterien zu fördern.

30      Es steht jedoch fest, dass sich die Strafverfolgungsmaßnahmen in den Ausgangsverfahren nur gegen Personen richteten, die Glücksspiele gefördert haben, die von privaten Veranstaltern in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden zu Erwerbszwecken veranstaltet wurden. Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof die Fragen des vorlegenden Gerichts nur im Hinblick auf diese Situation zu beantworten.

31      Daher sind die Fragen 2 bis 5 des vorlegenden Gerichts, die vor Prüfung der ersten Frage gemeinsam zu beantworten sind, so zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die Werbung für Glücksspiele verbietet, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden.

32      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 49 EG die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs verlangt – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Im Übrigen gilt die Dienstleistungsfreiheit sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch des Dienstleistungsempfängers (Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      In diesem Zusammenhang steht fest, dass § 38 Abs. 1 Nr. 1 Lotterilag, der bewirkt, dass sowohl die Förderung von Glücksspielen, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig veranstaltet werden, als auch von solchen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltet werden, verboten ist, eine Beschränkung der Teilnahme schwedischer Verbraucher an diesen Spielen zur Folge hat. Mit dieser Bestimmung soll erreicht werden, dass die schwedischen Verbraucher nur im Rahmen des auf nationaler Ebene genehmigten Systems an Glücksspielen teilnehmen, wodurch sichergestellt werden soll, dass insbesondere private Erwerbsinteressen von diesem Sektor ausgeschlossen sind.

34      Die genannte Bestimmung begründet folglich eine Beschränkung der Freiheit in Schweden wohnender Personen, über das Internet Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die in anderen Mitgliedstaaten angeboten werden. Zudem beschränkt sie die Freiheit der Anbieter von Glücksspielen, die in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden ansässig sind, ihre Dienstleistungen in Schweden zu erbringen.

35      Daher ist zu prüfen, inwieweit die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung als im EG-Vertrag ausdrücklich vorgesehene Ausnahme zugelassen werden oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein kann.

36      Art. 46 Abs. 1 EG, der gemäß Art. 55 EG auf dieses Sachgebiet Anwendung findet, lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses herausgestellt wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen (vgl. Urteile vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 46, und Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 56).

37      Die Regelung der Glücksspiele gehört zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 57).

38      Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 58).

39      Somit steht es den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, jedoch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 59).

40      Es ist insbesondere zu prüfen, ob die mit dem Lotterilag verfügte Beschränkung der Werbung für Glücksspiele, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden zu Erwerbszwecken veranstaltet werden, geeignet ist, die Verwirklichung eines oder mehrerer der von diesem Mitgliedstaat geltend gemachten legitimen Ziele zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Im Übrigen ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend angewandt werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnrn. 60 und 61).

41      Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts steht fest, dass der Ausschluss privater Erwerbsinteressen vom Glücksspielsektor ein grundlegendes Prinzip der schwedischen Gesetzgebung auf diesem Gebiet ist. Diese Tätigkeiten sind in Schweden Einrichtungen vorbehalten, die gemeinnützige oder im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgen, und Genehmigungen für die Veranstaltung von Glücksspielen sind ausschließlich öffentlichen oder karitativen Einrichtungen erteilt worden.

42      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel, die Veranstaltung von Glücksspielen zu Erwerbszwecken strengen Beschränkungen zu unterwerfen, von der Rechtsprechung anerkannt worden ist, da der Gerichtshof festgestellt hat, dass eine nationale Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, mit der vermieden werden soll, dass Lotterien ausschließlich auf gewerblicher Grundlage und von privaten Veranstaltern betrieben werden, denen die Erträge aus dieser Tätigkeit selbst zufließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. März 1994, Schindler, C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039, Randnrn. 57 bis 59).

43      Kulturelle, sittliche oder religiöse Erwägungen können nämlich Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielveranstaltern rechtfertigen, insbesondere insofern es als inakzeptabel angesehen werden könnte, zuzulassen, dass durch die Ausnutzung eines sozialen Übels oder der Schwäche und des Unglücks der Spieler private Gewinne erzielt werden. Nach der jedem Mitgliedstaat eigenen Wertordnung und im Hinblick auf den Ermessensspielraum, über den die Mitgliedstaaten verfügen, steht es einem Mitgliedstaat frei, die Veranstaltung von Glücksspielen zu beschränken und sie öffentlichen oder karitativen Einrichtungen anzuvertrauen.

44      In den Ausgangsverfahren handelt es sich bei den Veranstaltern, die die Anzeigen, die zu den Strafverfolgungen geführt haben, schalten ließen, um private Unternehmen, die Erwerbszwecke verfolgen und die – wie die schwedische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat – nach schwedischem Recht niemals eine Genehmigung für die Veranstaltung von Glücksspielen hätten erhalten können.

45      Das Verbot, die Dienstleistungen derartiger Veranstalter bei den schwedischen Verbrauchern zu bewerben, wird daher dem Ziel gerecht, private Erwerbsinteressen vom Glücksspielsektor auszuschließen, und kann im Übrigen als zur Erreichung dieses Ziels erforderlich angesehen werden.

46      Somit ist auf die Fragen 2 bis 5 zu antworten, dass Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die an die Bevölkerung dieses Mitgliedstaats gerichtete Werbung für Glücksspiele verbietet, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden.

 Zur ersten Frage

47      Die erste Frage betrifft die Tatsache, dass § 54 Abs. 2 Lotterilag strafrechtliche Sanktionen nur für die Förderung von Glücksspielen vorsieht, die in anderen Mitgliedstaaten veranstaltet werden, während er auf die Förderung von Glücksspielen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltet werden, keine Anwendung findet und letztgenannter Verstoß gemäß § 52 Lotterilag nur mit einer Geldbuße geahndet wird. Das vorlegende Gericht fragt sich, ob dieser Unterschied bezüglich der in diesem Gesetz vorgesehenen Sanktionen eine mit Art. 49 EG unvereinbare Diskriminierung begründet.

48      Folglich ist die erste Frage so zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, mit der Glücksspiele einem System von ausschließlichen Rechten unterstellt werden und nach der die Förderung von Spielen, die in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet werden, strenger geahndet wird als die Förderung von Spielen, die im Inland ohne Genehmigung veranstaltet werden.

49      Für das Strafrecht sind zwar grundsätzlich die Mitgliedstaaten zuständig, jedoch setzt das Unionsrecht dieser Zuständigkeit nach ständiger Rechtsprechung Schranken. Das Strafrecht darf nämlich nicht die durch das Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten beschränken (Urteil Placanica u. a., Randnr. 68).

50      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich ferner, dass die Beschränkungen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der Verfolgung im Allgemeininteresse liegender Ziele anordnen, nicht diskriminierend angewandt werden dürfen (Urteile Placanica u. a., Randnr. 49, und Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 60).

51      In dieser Hinsicht besteht zwischen der schwedischen Regierung einerseits und Herrn Sjöberg und Herrn Gerdin andererseits Uneinigkeit darüber, ob das schwedische Recht, insbesondere Kapitel 23 § 4 Brottsbalk, für die Förderung von Glücksspielen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltet werden, entsprechende Sanktionen vorsieht wie nach § 54 Abs. 2 Lotterilag für die Förderung von Glücksspielen, die in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet werden.

52      Nach Ansicht der schwedischen Regierung ist die Förderung von Glücksspielen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltet werden, nach Kapitel 23 § 4 Brottsbalk strafbar, da sie eine Beteiligung am Vergehen des illegalen Glücksspiels nach Kapitel 16 § 14 Brottsbalk oder am Vergehen der Veranstaltung nicht genehmigter Glücksspiele oder des Besitzes bestimmter Spielautomaten nach § 54 Abs. 1 Lotterilag darstelle.

53      Herr Sjöberg und Herr Gerdin verneinen dagegen die Anwendbarkeit von Kapitel 23 § 4 Brottsbalk auf die Förderung von Glücksspielen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltet werden. Es gebe keine Vorschrift, um eine solche Förderung zu ahnden, ob die Glücksspiele genehmigt seien oder nicht. Herr Gerdin fügt hinzu, diese Vorschrift gelte nur für die Beihilfe zur Veranstaltung verbotener Glücksspiele, nicht aber für deren Förderung.

54      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das mit Art. 267 AEUV errichtete System der Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht. Im Rahmen eines gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens ist die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten und nicht des Gerichtshofs (vgl. in diesem Sinne Urteile Placanica u. a., Randnr. 36, und Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 37).

55      Daher hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die beiden in Rede stehenden Vergehen, obwohl sie unter verschiedene Regelungen fallen, nach dem anwendbaren nationalen Recht dennoch gleichbehandelt werden. Es wird insbesondere prüfen müssen, ob sie von den zuständigen Behörden in der Praxis mit der gleichen Sorgfalt verfolgt werden und zur Verhängung vergleichbarer Strafen durch die zuständigen Gerichte führen.

56      Wie der Generalanwalt in den Nrn. 81 bis 85 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, könnte die nationale Regelung, wenn beide Vergehen gleichbehandelt werden, nicht als diskriminierend angesehen werden, obgleich die Vorschriften, die der Verfolgung zugrunde liegen und die die geltenden Sanktionen festlegen, in verschiedenen Rechtstexten enthalten sind. Setzen sich dagegen Personen, die in Schweden ohne Genehmigung veranstaltete Glücksspiele fördern, weniger strengen Sanktionen aus als Personen, die im Ausland veranstaltete Glücksspiele bewerben, wäre der Schluss zwingend, dass diese Regelung eine Diskriminierung enthält und § 54 Abs. 2 Lotterilag dem Art. 49 EG zuwiderliefe und somit den Angeklagten in den Ausgangsverfahren nicht entgegengehalten werden könnte.

57      Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, mit der Glücksspiele einem System von ausschließlichen Rechten unterstellt werden und nach der die Förderung von Spielen, die in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet werden, strenger geahndet wird als die Förderung von Spielen, die im Inland ohne Genehmigung veranstaltet werden. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies nach der nationalen Regelung, um die es in den Ausgangsverfahren geht, der Fall ist.

 Kosten

58      Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die an die Bevölkerung dieses Mitgliedstaats gerichtete Werbung für Glücksspiele verbietet, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden.

2.      Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, mit der Glücksspiele einem System von ausschließlichen Rechten unterstellt werden und nach der die Förderung von Spielen, die in einem anderen Mitgliedstaat veranstaltet werden, strenger geahndet wird als die Förderung von Spielen, die im Inland ohne Genehmigung veranstaltet werden. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies nach der nationalen Regelung, um die es in den Ausgangsverfahren geht, der Fall ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Schwedisch.

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