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Document 52023DC0630

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Verteidigung der Demokratie

    COM/2023/630 final

    Straßburg, den 12.12.2023

    COM(2023) 630 final

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    über die Verteidigung der Demokratie


    1.EINLEITUNG

    Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte sind grundlegende Werte der Europäischen Union. 1 Sie bilden das Fundament aller Errungenschaften der EU bei der Förderung von Frieden, Wohlstand, wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, sozialem Zusammenhalt und Stabilität auf dem gesamten Kontinent und weltweit. 2 Das Wesentliche einer Demokratie besteht darin, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung frei äußern und am demokratischen Leben teilnehmen, ihre politischen Vertreter wählen und ihre Zukunft mitbestimmen können. Die Bürgerinnen und Bürger sollten in der Lage sein, sich ihre eigene Meinung in einem öffentlichen Raum zu bilden, in dem unterschiedliche Ansichten geäußert werden können, in dem sie das Recht auf Widerspruch und auf den Wechsel der Regierung durch Wahlen, ohne internationale oder nationale Einflussnahme, haben. Mit der Vielzahl an Wahlen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene stellen die EU und ihre Mitgliedstaaten eine der stärksten demokratischen Erfahrungen in der Welt dar. Europäische Demokratie und die damit verbundenen Rechte und Freiheiten bilden den Kern ihrer offenen und transparenten Gesellschaften.

    Doch die Demokratie muss sich auch mit Herausforderungen und Feinden auseinandersetzen. Autoritäre Regime, sowohl im In- als auch im Ausland, betrachten sie als Bedrohung. Die Folge ist, dass einige dieser Regime nun eine bewusste Politik zur Torpedierung des demokratischen Prozesses in der EU verfolgen. Ihr Ziel ist es, demokratische Institutionen zu untergraben, Druck auf die Medien auszuüben und den Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft einzuschränken. Eine solche Politik kann von Versuchen, die gesellschaftliche Spaltung auszunutzen und Misstrauen und Ernüchterung in Bezug auf etablierte Institutionen anzufachen, bis zur Schwächung der demokratischen Stimme der Bürgerinnen und Bürger und der Zivilgesellschaft 3 reichen, indem Informationen manipuliert, Desinformation betrieben und unmittelbar verzerrend in Wahlkampagnen eingegriffen wird. 4 Erfahrungen aus jüngster Zeit zeigen, wie schnell diejenigen, die Hass in unserer Gesellschaft schüren wollen, neue Chancen ergreifen können und dass die EU bei der Bekämpfung dieser zerstörerischen Kräfte an vorderster Front stehen muss 5 .

    Die Einflussnahme auf unseren demokratischen Prozess, die von außerhalb der EU erfolgt und bei der auch Stellvertreter eingesetzt werden, erhält in zunehmendem Maße politische Aufmerksamkeit sowohl auf nationaler Ebene als auch in den Organen der EU. Die Kommission teilt viele der vom Europäischen Parlament 6 geäußerten Bedenken, unter anderem hinsichtlich dessen, dass eine abgestimmte EU-Strategie gegen die Einflussnahme aus dem Ausland und die Manipulation von Informationen erforderlich ist 7 . Freie und faire Wahlen sind ein Eckpfeiler der Demokratie und unabhängige, transparente Wahlprozesse sind für ein wettbewerbsorientiertes Wahlumfeld von entscheidender Bedeutung, damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität der Wahlen und ihre Ergebnisse gewährleistet werden kann. Es gibt zunehmend Beweise für Fälle, in denen beispielsweise Abgeordnete im Vorfeld von Wahlen Opfer von Hacking-Angriffen wurden, über Stellvertreter verdecktes Lobbying stattfand, falsche Forschungsergebnisse herausgegeben wurden, um Menschenrechtsverstöße zu übertünchen, und für Websites, die vorgeben, unabhängige Medienplattformen zu sein, während sie verdeckt Kampagnen zur politischen Einflussnahme fördern. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der auch ein Krieg gegen die Demokratie und alle Werte, für die die EU steht, ist, hat das Risiko einer verdeckten Einflussnahme von außen weiter verstärkt. Eine kürzlich durchgeführte Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass 81 % der Befragten in der EU der Meinung sind, dass die Einflussnahme aus dem Ausland auf unsere demokratischen Systeme ein ernsthaftes Problem darstellt, das angegangen werden muss. 8

    In der EU hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass zum Schutz der Demokratie, zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und zum Schutz von Grundrechten und Grundfreiheiten die Initiative ergriffen werden muss. Die Arbeit an den von der Kommission im Jahr 2020 im Europäischen Aktionsplan für Demokratie 9 vorgestellten Maßnahmen ist auf einem guten Weg und hilft durch die Förderung der Integrität von Wahlen, den Schutz der Freiheit und des Pluralismus der Medien und die Verstärkung des Kampfes gegen Desinformation, Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland die demokratische Widerstandskraft zu stärken. In dieser Mitteilung wird dargelegt, welche Arbeit die Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter bisher an all diesen Fronten geleistet hat und wie sie durch wichtige Rechtsvorschriften und andere politische Initiativen die gesellschaftliche Widerstandskraft von innen heraus und die direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger stärkt. 10

    Gleichzeitig hat die EU auf die unterschiedlichen Risiken der Einflussnahme aus dem Ausland in vielfältiger Weise reagiert. Dies schließt unter anderem die Bewältigung von Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit ein, die durch die Teilnahme von mit Drittländern verbundenen Akteuren, die nicht in erster Linie von marktwirtschaftlichen Grundprinzipien geleitet werden, am Binnenmarkt entstehen. Zu diesen Maßnahmen zählte ein Vorschlag für ein neues Instrument zur Bekämpfung wirtschaftlichen Zwangs durch Drittländer, 11 Vorschriften für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, bei denen die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung gefährdet sein könnten, 12 sowie Maßnahmen in den Bereichen der Cybersicherheit 13 , der Forschungssicherheit 14 und der Abwehr hybrider Bedrohungen 15 . Unter besonders schwerwiegenden Umständen hat die EU im Rahmen von EU-Sanktionsregelungen restriktive Maßnahmen verhängt, um auf Bedrohungen oder Gefahren für die grundlegenden Interessen der Union und die Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu reagieren 16 .

    In dieser Mitteilung wird das in der Rede zur Lage der Union 2022 angekündigte Paket zur Verteidigung der Demokratie eingeführt. Im Mittelpunkt des Pakets steht ein Legislativvorschlag mit dem Ziel der Verbesserung von Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht, indem einerseits verdeckte ausländische Einflussnahme aufgeklärt und andererseits mithilfe gemeinsamer Standards für im Namen von Drittländern ausgeübte Tätigkeiten der Interessenvertretung das Funktionieren des Binnenmarkts verbessert wird. Der Vorschlag wurde mittels einer umfassenden Konsultation von Öffentlichkeit und Interessenträgern und einer vollständigen Folgenabschätzung ausgearbeitet.

    Die anstehende Wahl zum Europäischen Parlament wird ein entscheidender Testfall für die Stabilität unserer demokratischen Prozesse sein. Ein Teil des Pakets ist eine gezielte Empfehlung zur Förderung freier, fairer und stabiler Wahlen und zu ihrem Schutz vor Cyberangriffen und anderen Bestrebungen zur Verzerrung oder Manipulation unseres Demokratie- und Wahlumfelds.

    Die Kommission arbeitet ferner mit den Mitgliedstaaten zusammen, um einen zivilgesellschaftlichen Raum zu fördern und zu schützen, in dem eine aktive und unabhängige Zivilgesellschaft und die Bürgerinnen und Bürger die Voraussetzungen und Instrumente für ein stärkeres Engagement erhalten. Dies kann dazu beitragen, unsere Demokratien widerstandsfähiger zu machen. Diese Maßnahme baut auf bereits getätigten Investitionen auf und nutzt neue Wege der Bürgerbeteiligung am öffentlichen Raum, die von der Konferenz zur Zukunft Europas und deren Folgemaßnahmen gestärkt wurden. 17 In einer gezielten Empfehlung werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft in politische Entscheidungsprozesse und ihre wirksame Beteiligung daran gefördert werden können.

    Das Paket zur Verteidigung der Demokratie ist Teil einer Reihe von Initiativen, die einen proaktiven Ansatz zur Wahrung der Werte der EU darstellen. Seit 2020 untersucht die Kommission in ihren jährlichen Berichten über die Rechtsstaatlichkeit die Lage in den Mitgliedstaaten. Die Anfang 2023 vorgelegten Initiativen zur Korruptionsbekämpfung 18 und zur Ethik 19 zielen auch darauf ab, die Demokratie vor den zersetzenden Auswirkungen der Korruption, einschließlich der von ausländischen Akteuren ausgehenden Korruption, zu schützen. Die jüngste Gemeinsame Mitteilung über die Bekämpfung von Hass 20 zielt darauf ab, die Maßnahmen der EU gegen Hass zu verstärken und ein inklusives, vielfältiges und demokratisches Europa zu fördern. Die Kommission setzte Strategien zur Bekämpfung von Diskriminierung um, mit denen auch die Chancengleichheit für inklusive Beteiligung und Mitwirkung gefördert wird. 21 Der Bericht von 2022 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 22 befasste sich insbesondere mit dem zivilgesellschaftlichen Raum und seiner Rolle beim Schutz und bei der Förderung dieser Grundrechte. Die Menschen und ihre Rechte in den Mittelpunkt des digitalen Wandels zu stellen, ist ein weiterer zentraler Grundsatz des Ansatzes der EU bezüglich der Digitalisierung und des technologischen Fortschritts. 23  Dieser Ansatz bildet auch den Kern der Erweiterungspolitik der EU und an ihm orientiert sich im Einklang mit dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie (2020–2024) 24 die weltweite Arbeit der EU zur Unterstützung und Förderung der Demokratie und der universellen Werte auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Die EU verpflichtet sich, in all ihren Maßnahmen, mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die die demokratischen Werte und die Grundrechte achten, wie sie in Artikel 2 EUV und in der Charta verankert sind.

    2.    SICHERSTELLUNG VON TRANSPARENZ BEI DER VERTRETUNG AUSLÄNDISCHER INTERESSEN im demokratischen Raum DER EU durch harmonisierte Anforderungen

    Die EU ist weltoffen und arbeitet aktiv mit Partnern auf der ganzen Welt zusammen. Ein transparenter, offener Austausch zwischen Ländern und Kulturen und der Zugang zu Informationen sind Teil unserer Identität und auf allen Ebenen für alle Seiten vorteilhaft. Regierungen, Behörden und politische Akteure außerhalb der EU haben die Möglichkeit, ihre Ansichten darzulegen, und können versuchen, diese Ansichten in die demokratische Debatte einzubringen und die Politik im Hinblick auf verschiedene Themen zu beeinflussen. Wenn sie das über Einrichtungen tun, die ihre Interessen vertreten, gründet sich die Legitimität einer solchen Interessenvertretung auf ihre Transparenz und Rechenschaftspflicht.

    In der EU wächst jedoch die Sorge, dass die Offenheit unserer Gesellschaften zur Einflussnahme durch ausländische Regierungen genutzt werden könnte, in der Absicht, die öffentliche Meinung zu manipulieren und die demokratische Debatte zu verzerren; dies bedroht die Demokratien in der EU. 25 Dieses Risiko ist aufgrund einer dynamischen Bedrohungslage gestiegen und die Regierungen von Drittländern können öffentliche Mittel für breit angelegte, anhaltende und mitunter verdeckte Kampagnen zur Einflussnahme und Förderung ihrer politischen und geopolitischen Interessen 26 auf Kosten inländischer Interessengemeinschaften nutzen. Vergleichbare Daten zu diesem Phänomen in der EU sind kaum vorhanden. Dies hat unter anderem eine eingeschränkte Rechenschaftspflicht und Aufsicht zur Folge. Transparenz und Offenheit in der Art und Weise, wie ausländische Interessen vertreten werden, ist der beste Weg, um die Integrität unseres demokratischen Raums zu schützen und Einflussnahme aus dem Ausland zu verhindern. 27 Generell ist ein politisches und institutionelles System, das auf Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht im öffentlichen Leben beruht, die beste Garantie gegen Korruption 28 und öffentliche Stellen sollten höchste Transparenzstandards anstreben, da sie ein wichtiger Teil breiter angelegter Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung sind.

    Regierungen von Drittländern nutzen zur Förderung ihrer politischen Ziele neben offiziellen diplomatischen Kanälen und Prozessen 29 zunehmend Tätigkeiten der Interessenvertretung. Derzeit sind in den Mitgliedstaaten die Transparenzanforderungen und Berichtspflichten für Tätigkeiten der Interessenvertretung auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Umfang geregelt. In einigen nationalen Rechtsvorschriften ist eine Registrierung zwingend vorgeschrieben, während andere auf Selbstregulierung setzen. Inhaltlich können sich die Vorschriften, beispielsweise bezüglich der Arten von Tätigkeiten und Einrichtungen, die unter die Verpflichtungen fallen, unterscheiden. In Anbetracht dessen, dass es sich bei der Interessenvertretung zunehmend um eine grenzübergreifende Tätigkeit handelt, ist eine Reaktion der EU erforderlich, um das Auftreten zusätzlicher Hindernisse im Binnenmarkt und das Risiko eines Flickenteppichs aus Regulierungslandschaften zu verhindern. Durch Fragmentierung werden zusätzliche Kosten geschaffen und es entsteht Rechtsunsicherheit, wenn Anbieter in getrennte Konformitätsstufen investieren und sich an die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Rechtsordnungen in der EU anpassen müssen. Wenn die EU nicht tätig wird, nehmen die Mitgliedstaaten die ermittelten Risiken und Bedrohungen für die Demokratie einseitig in Angriff 30 , wodurch sie den Binnenmarkt untergraben und Versuche von Drittländern, in ihren Bestrebungen zur verdeckten Einflussnahme auf unseren demokratischen Prozess voneinander abweichende Rechtsvorschriften zu ihrem Vorteil zu nutzen, erleichtern.

    Aus diesem Grund legt die Kommission einen Vorschlag für einen harmonisierten Ansatz zur Beseitigung von Hindernissen im Binnenmarkt und zur Ausstattung der EU mit Instrumenten zur Sicherung der Transparenz vor, die sie in die Lage versetzen werden, die Demokratie zu verteidigen, eine offene Gesellschaft zu bleiben und die Grundrechte, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung und den Zugang zu Informationen, zu schützen. Ziel ist es, ein gemeinsames hohes Maß an Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht in der gesamten EU in Bezug auf Lobbykampagnen, die als Dienstleistung erbracht werden, sowie ähnliche Tätigkeiten zu gewährleisten, die von Einrichtungen im Namen einer Regierung eines Drittlandes durchgeführt werden, die versuchen, Einfluss auf die Entwicklung, Formulierung oder Umsetzung von politischen Maßnahmen oder Rechtsvorschriften oder von öffentlichen Entscheidungsprozessen zu nehmen. Auf diese Weise wird der Ansatz mittelfristig zu einem besseren Verständnis und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Größenordnung, die Trends und die an solchen Tätigkeiten beteiligten Akteure beitragen. Dadurch würden die Bürgerinnen und Bürger der EU sowie die Behörden die Möglichkeit erhalten, die Beweggründe für solche Tätigkeiten zu verstehen und zu erkennen, welche Drittländer in die Einflussnahme auf die demokratische Debatte und die Entscheidungsprozess in der EU investieren.

    Der Vorschlag der Kommission würde die Integrität und Offenheit der öffentlichen Debatte erhöhen, indem er sicherstellt, dass dann, wenn Drittländer versuchen, durch Vermittler Einfluss auf demokratische Prozesse der EU zu nehmen, dies auf transparente Weise geschieht. Die Meinungsäußerungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die akademische Freiheit und die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung sind für die demokratische Debatte von entscheidender Bedeutung und sollten durch die vorgesehenen begrenzten und verhältnismäßigen Transparenzanforderungen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Entscheidung, welche Dienstleistungen sie anbieten wollen, ist Sache der Dienstleister. Finanzmittel, die Organisationen der Zivilgesellschaft oder andere von einer Regierung eines Drittlandes erhalten haben und die in keinem Zusammenhang mit einer Tätigkeit der Interessenvertretung stehen, würden nicht unter die Anforderungen fallen. Der Vorschlag enthält ferner umfassende Schutzbestimmungen, damit sichergestellt werden kann, dass Einrichtungen, die den Transparenzanforderungen unterliegen, nicht stigmatisiert werden und dass ihnen aufgrund der bloßen Tatsache ihrer Registrierung keine Folgen entstehen. 31  

    Der Schwerpunkt der vorgeschlagenen Richtlinie 32 liegt auf Tätigkeiten der Interessenvertretung, d. h. Tätigkeiten zur Beeinflussung demokratischer Prozesse, die wirtschaftlicher Art sind und im Namen von Drittländern durchgeführt werden. Sie würde für alle Einrichtungen gelten, die anstreben, Einfluss auf die Entwicklung, Formulierung oder Umsetzung von politischen Maßnahmen oder Rechtsvorschriften oder von öffentlichen Entscheidungsprozessen in der EU zu nehmen. Hierzu könnten Lobby- und PR-Unternehmen, Denkfabriken, Organisationen der Zivilgesellschaft, private Forschungsinstitute und Forschungsdienstleistungen anbietende öffentliche Forschungsinstitute, sowie Berater und interne Lobbyisten gehören, die im Namen von Drittländern tätig sind, um das öffentliche Leben und den demokratischen Prozess in der EU zu beeinflussen 33 . In diesem Fall muss die Tatsache, dass eine ausländische Regierung hinter der Tätigkeit steht, transparent sein. Der Vorschlag schließt ausdrücklich Tätigkeiten wie die diplomatische Vertretung oder die rechtliche Vertretung in einem Gerichtsverfahren aus 34 .

    Die Richtlinie würde fair und diskriminierungsfrei mit minimalen administrativen Formalitäten anwendbar sein. Sie würde die in ihren Anwendungsbereich fallenden Einrichtungen obligatorischen, aber begrenzten und angemessenen Registrierungsanforderungen unterwerfen. Die Mitgliedstaaten würden aufgefordert, nationale Register einzurichten oder anzupassen, um die Transparenz der Tätigkeiten im Bereich der Interessenvertretung zu gewährleisten. Zur Erleichterung der Registrierung und Durchsetzung sollten solche Register über einfache und klare Zugangsanforderungen verfügen. Die Mitgliedstaaten sollten aufgefordert werden, zur Begrenzung des Verwaltungsaufwands dafür zu sorgen, dass registrierungspflichtige Einrichtungen Daten, die bereits an andere nationale Register übermittelt wurden, nach Möglichkeit erneut verwenden können (Grundsatz der „einmaligen Erfassung“). Informationen über die mit dieser Richtlinie eingeführten Registrierungspflichten und ‑formalitäten sollten über das einheitliche digitale Zugangstor 35 zur Verfügung gestellt werden, mit dem eine einzige Anlaufstelle eingerichtet wird, bei der Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger Auskünfte über Vorschriften und Verfahren im Binnenmarkt erhalten. 36 Die wichtigsten Elemente der registrierten Daten wären öffentlich zugänglich und würden so unter uneingeschränkter Einhaltung der EU-Datenschutzvorschriften Transparenz und eine verstärkte öffentliche Kontrolle ermöglichen. 37

    Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes 38 und Leitlinien der Venedig-Kommission des Europarats 39 würde die Richtlinie zudem Schutzbestimmungen enthalten, um zu vermeiden, dass Registrierungsanforderungen zur Einschränkung von Grundrechten und Grundfreiheiten wie der Meinungsäußerungs- und Vereinigungsfreiheit, der akademischen oder künstlerischen Freiheit oder zur unzulässigen Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums missbraucht werden. Erstens wären unabhängige Aufsichtsbehörden nur in hinreichend begründeten Fällen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit berechtigt, begrenzte Eintragungen anzufordern. Die Aufsichtsbehörde sollte über eindeutig festgelegte und gebundene Befugnis verfügen und für Aufsichts- und Durchsetzungstätigkeiten zuständig sein, unter anderem für die Sicherstellung dessen, dass aus der Registrierung keine nachteiligen Folgen entstehen. Zweitens sollten verhältnismäßige Geldbußen für Verstöße verhängt werden, die einer gerichtlichen Überprüfung und wirksamen Rechtsbehelfen unterliegen, um mögliche abschreckende Wirkungen zu vermeiden. Mit der Richtlinie würde zum Austausch von Informationen zwischen Aufsichtsbehörden auch ein Rahmen für die Zusammenarbeit geschaffen.

    Eine vollständige Harmonisierung in den Bereichen, die in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie fallen, würde die Mitgliedstaaten daran hindern, im Rahmen der harmonisierten Vorschriften zusätzliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Damit würde das Risiko voneinander abweichender und möglicherweise unverhältnismäßiger und repressiver nationaler Vorschriften und Praktiken weiter begrenzt. 40 Zugleich stünde es den Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Subsidiarität frei, für Bereiche, die nicht unter die Richtlinie fallen, Vorschriften festzulegen, beispielsweise Vorschriften in Bezug auf Kontakte zwischen ihren Beamten und Interessenvertretern.

    Dieser Vorschlag wäre ein erster entscheidender Schritt zur Bekämpfung ausländischer Einflussnahme auf der Grundlage eines Rahmens, der die Transparenzanforderungen im Binnenmarkt harmonisiert und einen Überblick über die in der EU vertretenen Interessen von Drittländern ermöglicht. Er stellt eine gezielte, angemessene Reaktion auf aktuelle Anliegen dar. Seine Umsetzung und insbesondere die Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit der Vorschriften müssten laufend überprüft werden und es müsste rechtzeitig bewertet werden, ob Überarbeitungen oder weitere Schritte, unter anderem auch im Hinblick auf den Handlungsbereich 41 , erforderlich sind; ebenso müsste die Möglichkeit der Schaffung eines Portals auf Unionsebene, das nationale Register miteinander verbindet, Gegenstand der Überlegungen sein. Parallel dazu wird die Kommission weiterhin die Reformen in den Mitgliedstaaten überwachen und unterstützen, damit die Transparenz bei der Lobbyarbeit gewährleistet werden kann. In den Berichten über die Rechtsstaatlichkeit wird dies als Schlüsselelement für die Förderung von Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht im öffentlichen Leben anerkannt 42 . Darüber hinaus wird die Kommission regelmäßige Sitzungen der Interessengruppen organisieren, um sich über die Anwendung der Vorschriften auszutauschen.

    Auf EU-Ebene werden im Transparenz-Register der EU 43 Tätigkeiten erfasst, die von Interessenvertretern mit dem Ziel durchgeführt werden, Einfluss auf die Formulierung oder Umsetzung politischer Maßnahmen oder Rechtsvorschriften oder die Entscheidungsprozesse der EU-Organe zu nehmen. Bürgerinnen und Bürger sowie Interessengruppen können dort den möglichen Einfluss von Interessenvertretern auf Entscheidungsträger beobachten und auf diese Weise eine ethische, transparente Interessenvertretung fördern. Das Register wird durch einen Verhaltenskodex sowie interne Transparenzmaßnahmen in den EU-Organen ergänzt, in denen Zusammenkünfte und andere Interaktionen mit Lobbyisten geregelt werden. 44 Das Transparenz-Register der EU hat zwar einen anderen Anwendungsbereich als die vorgeschlagene Richtlinie 45 , erfasst jedoch bereits Tätigkeiten ausländischer Einflussnahme, wenn diese von ausländischen Einrichtungen ohne diplomatischen Status oder Einrichtungen, die im Namen von Drittländern Lobbyarbeit bei den EU-Organen betreiben, ausgeübt werden. 46 Sobald das Ergebnis der Beratungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über die vorgeschlagene Richtlinie vorliegt, wird die Kommission prüfen, auf welche Weise Fragen wie die Doppelregistrierungen am besten gelöst werden können und ob mögliche Verknüpfungen zwischen den nationalen Registern im Rahmen der Richtlinie und dem Transparenz-Register entwickelt werden können.

    Die vorgeschlagene Richtlinie würde die Vorschriften ergänzen, die im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste für digitale Dienste und nach dem Vorschlag für politische Werbung für Anbieter von Werbediensten und Herausgeber gelten, wobei der Anwendungsbereich hier ein anderer ist. 47 Die im Europäischen Forschungsraum vorgeschlagenen konkreten Präventivmaßnahmen zur Schaffung eines Bewusstseins für Einflussnahme aus dem Ausland und zum Aufbau von Resilienz im gesamten Sektor, die auf dem Instrumentarium zur Bekämpfung ausländischer Einflussnahme auf Forschung und Innovation 48 aufbauen, stellen ebenfalls eine Ergänzung dar. Sie steht auch im Einklang mit den Normen auf internationaler Ebene 49 . Die Kommission wird auch Maßnahmen wie den Austausch bewährter Verfahren in Bezug auf die Information der Bürgerinnen und Bürger, die Stärkung der Resilienz und die aktive Einbeziehung des Themas der Einflussnahme auf den europäischen demokratischen Raum unterstützen, unter anderem durch Schulungen, Förderung der Medienkompetenz, Sensibilisierung und kritisches Denken. Darüber hinaus hat die Kommission eine Reihe von Maßnahmen 50 zur Unterstützung der Verwaltung der Mitgliedstaaten bei der Vorbereitung von Reformen, der Antizipierung künftiger Trends und der Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit zur Förderung demokratischer Strukturen eingeführt. Auch auf nationaler Ebene unternommene Anstrengungen, mit denen Reformen zur Stärkung demokratischer Strukturen und Prozesse vorangetrieben werden sollen, werden unterstützt. 51  

    Mit diesem Vorschlag will die Kommission dazu beitragen, nicht nur in der EU, sondern auch auf globaler Ebene Standards für die kohärente, ausgewogene und verhältnismäßige Bekämpfung verdeckter ausländischer Einflussnahme unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte zu setzen. Da bei diesem Ansatz der Schwerpunkt auf Transparenz und demokratische Rechenschaftspflicht gelegt wird und gezielte, von strengen Schutzvorkehrungen begleitete Vorschriften eingeführt werden, wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Ausübung der Grundrechte und dem öffentlichen Interesse erreicht.

    Das Verständnis des Phänomens der ausländischen Einflussnahme nimmt weltweit immer mehr zu und es werden zunehmend Maßnahmen zu seiner Bekämpfung ergriffen. In einer Reihe von Rechtsordnungen außerhalb der EU – beispielsweise in Australien, den Vereinigten Staaten, Kanada und dem Vereinigten Königreich – wurden Rechtsrahmen eingeführt oder vorbereitet, um die Transparenz der Einflussnahme ausländischer Regierungen durch spezifische Offenlegungs- und Registrierungsanforderungen für die Lobbyarbeit im Namen ausländischer Regierungen zu regeln.

    In anderen Rechtsordnungen wurden Gesetze über „ausländische Agenten“ eingeführt, die über Transparenzanforderungen hinausgehen und die nachweislich Grundrechte und Grundfreiheiten verletzen. Mit solchen Gesetzen wurde das Ziel verfolgt, den zivilgesellschaftlichen Raum einzuengen, indem bestimmte Organisationen der Zivilgesellschaft und Verteidiger der Menschenrechte – die häufig auf Finanzmittel aus dem Ausland, auch der EU, angewiesen sind – stigmatisiert und eingeschüchtert und ihre Aktivitäten eingeschränkt werden. So ermächtigt beispielsweise das russische Gesetz über „ausländische Agenten“ die Behörden wirkungsvoll, die Arbeit unabhängiger zivilgesellschaftlicher Organisationen durch übergriffige Kontrollen, die unmittelbare Aufsicht über Programme und Veranstaltungen und die Drohung diese sowie nicht konforme Organisationen aufzulösen und gegen sie und ihre Mitglieder Strafverfahren einzuleiten – auch wenn die ausländische Unterstützung vollkommen transparent ist. Die Kennzeichnung als „ausländischer Agent“ im Rahmen solcher Gesetze beeinträchtigt die finanzielle Stabilität einer Organisation aufgrund der hohen Geldstrafen, die gegen diejenigen verhängt werden, die sich nicht an die Vorschriften halten. Zudem schadet sie ihrer Glaubwürdigkeit, denn sie geht mit Assoziationen von Spionage einher, was wiederum Gewalt – online und offline – gegen Mitglieder der betroffenen zivilgesellschaftlichen Organisationen auslösen kann. Solche Gesetze über „ausländische Agenten“ sind zutiefst undemokratisch und verstoßen nachweislich gegen internationale Gesetze und Normen 52 .

    Nicht alle Risiken einer Einflussnahme aus dem Ausland sind mit staatlichen Akteuren verbunden. Manche nichtstaatlichen Einrichtungen können ähnliche Taktiken anwenden, um Maßnahmen zu fördern, die unmittelbar gegen die Werte der EU verstoßen, z. B. Maßnahmen, die darauf ausgelegt sind, Polarisierung zu verstärken und zu Hass anzustacheln. Dies trifft insbesondere auf das Internet zu, wie sich in jüngster Zeit durch eine explosionsartige Zunahme gewaltbereiter, extremistischer, hasserfüllter und spaltender Inhalte gezeigt hat.

    Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, wachsam zu bleiben und untereinander sowie auf EU-Ebene Informationen über solche nichtstaatlichen Einrichtungen auszutauschen, auch wenn sie nicht mit einer ausländischen Regierung verbunden oder von ihr abhängig sind. Im Einklang hiermit enthält die von der Kommission vorgeschlagene Neufassung der Haushaltsordnung einen neuen Grund für den Ausschluss von EU-Finanzmitteln wegen „Anstiftung zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt“. Der neue Grund wäre auf Mittel anwendbar, die in direkter und indirekter Mittelverwaltung verausgabt werden, auch dann, wenn auf nationaler Ebene kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist. Darüber hinaus führt die Kommission interne Sensibilisierungsmaßnahmen ein und entwickelt interne Arbeitsmethoden, um eine strengere Kontrolle bei der Projektauswahl 53 sicherzustellen.

    3 DEN EUROPÄISCHEN AKTIONSPLAN FÜR DEMOKRATIE VORANBRINGEN

    Der im Dezember 2020 angenommene Europäische Aktionsplan für Demokratie (EDAP) zielt darauf ab, die Widerstandskraft der Demokratien in der EU zu stärken und Leitaktionen für diejenigen Bereiche zu ermitteln, in denen unsere Systeme und unsere Bürgerinnen und Bürger am stärksten gefährdet sind. Mit diesen Aktionen soll die Integrität von Wahlen besser geschützt, Freiheit und Pluralismus der Medien gesichert und Desinformation bekämpft werden. 54 Im Aktionsplan wurde auch anerkannt, dass eine gesunde Demokratie die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger sowie eine aktive Zivilgesellschaft voraussetzt, und zwar nicht nur zu Zeiten von Wahlen, sondern jederzeit, und dass engagierte, informierte und mündige Bürgerinnen und Bürger und eine lebendige Zivilgesellschaft von entscheidender Bedeutung sind, um die Widerstandskraft unserer Demokratien, auch gegenüber Einflussnahme aus dem Ausland, zu gewährleisten.

    Mit einer Erfassung des Stands der Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Aktionsplans für Demokratie (EDAP) 55 werden in diesem Abschnitt Bereiche hervorgehoben, in denen die EU angesichts bestehender und sich wandelnder Herausforderungen proaktiv handeln kann.

    3.1    Schutz der Integrität von Wahlen und Förderung der demokratischen Teilhabe vor der Europawahl 2024 und darüber hinaus

    Freie und faire Wahlen sind zentraler Bestandteil unserer Demokratie. Wenn hier keine Maßnahmen ergriffen werden, können Risiken für den Wahlprozess sowohl den Prozess an sich verzerren als auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Fairness und Integrität von Wahlen untergraben.

    Zusammen mit dieser Mitteilung legt die Kommission eine Empfehlung für inklusive und stabile Wahlverfahren in der Europäischen Union und für die Stärkung des europäischen Charakters und eine effiziente Durchführung der Wahlen zum Europäischen Parlament vor. 56 Sie richtet sich an die Mitgliedstaaten, die europäischen und nationalen politischen Parteien, Stiftungen und Wahlkampforganisationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Wahlen im Allgemeinen und im Hinblick auf die bevorstehende Europawahl im Besonderen. Ihr Ziel ist die Förderung hoher demokratischer Standards für Wahlen in der EU sowie die Unterstützung einer hohen Wahlbeteiligung, einer inklusiven Beteiligung, einer einfachen und gleichberechtigten Ausübung des Wahlrechts sowie stabiler Wahlverfahren. Zu diesem Zweck wurden besondere Empfehlungen zur Förderung der Wahlbeteiligung und der inklusiven Beteiligung mit besonderem Schwerpunkt auf der Gleichstellung der Geschlechter und der Berücksichtigung der Bedürfnisse bestimmter Gruppen aufgenommen. 57  

    Die Cybersicherheit von Wahltechnologien bedarf der ständigen Verbesserung. In der Empfehlung werden in Anbetracht der in der überarbeiteten Richtlinie über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der gesamten Union (NIS-2-Richtlinie) 58 und der Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen 59 festgelegten Anforderungen spezielle Vorschläge zur Gewährleistung der Sicherheit, Integrität und Stabilität von Wahlen und wahlbezogenen Einrichtungen und Infrastrukturen dargelegt. Aufbauend auf den ersten Erfahrungen aus dem Jahr 2019 60 fand am 21. November 2023 eine neue EU-Planübung statt, an der die Kommission, das Europäische Parlament, die Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit und die Mitgliedstaaten teilnahmen. Die NIS-Kooperationsgruppe sollte auch die Überprüfung des Kompendiums zur Cybersicherheit von Wahltechnologien fortsetzen, um sicherzustellen, dass es mit der sich wandelnden Bedrohungslage Schritt hält.

    Neben der unmittelbaren Gefahr für die Wahlinfrastruktur stellt die vorsätzliche und koordinierte Manipulation des Informationsumfelds durch ausländische staatliche Akteure ebenso eine Bedrohung für die Demokratie und die Sicherheit dar. Es gibt zahlreiche Berichte über groß angelegte koordinierte Anstrengungen, bei denen unterschiedliche Taktiken, Techniken und Verfahren wie die Nutzung unechter Konten in sozialen Medien, der Einsatz des „Gefällt mir“-Buttons, Kommentaren oder das Teilen von Informationen zur künstlichen Steigerung ihrer Sichtbarkeit, die Verbreitung von Desinformation durch manipulierte audiovisuelle Inhalte wie Deepfakes 61 oder die verdeckte Ansprache von Wählern, um sie zu beeinflussen und das Wahlergebnis zu manipulieren, miteinander kombiniert werden. Darüber hinaus kann es in Abstimmung mit Aktivitäten in anderen Bereichen, beispielsweise Cyber-Bedrohungen bei „Hack-and-leak“-Operationen, zur Manipulation von Informationen kommen. Aus diesem Grund wird auf der Grundlage der Eurobarometer-Daten in der Empfehlung eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz wahlbezogener Informationen vor Manipulation und Desinformation 62 vorgeschlagen.

    Eine freie und faire demokratische Debatte beruht auf Rechtmäßigkeit und Fairness. Überwachungsinstrumente können unter bestimmten Voraussetzungen von Behörden aus Gründen der nationalen Sicherheit genutzt werden, die Nutzung von Spähsoftware zur Gewinnung eines politischen Vorteils ist jedoch etwas ganz Anderes. In der Empfehlung wird betont, dass Überwachungsinstrumente niemals dazu genutzt werden sollten, Einfluss auf die demokratische Debatte zu nehmen; der Einsatz solcher Instrumente gegen politische Akteure und Journalisten mit dem Ziel politischer Gewinne ist inakzeptabel. Die Kommission hat stets deutlich gemacht, dass der Begriff der nationalen Sicherheit im Einklang mit den in der EU-Rechtsprechung festgelegten Kriterien ausgelegt werden sollte. In den Länderkapiteln des Berichts über die Rechtsstaatlichkeit wird dieses Thema behandelt, insofern es um das Funktionieren der institutionellen Kontrolle und Gegenkontrolle geht. Der Vorschlag für ein europäisches Medienfreiheitsgesetz enthält zudem starke Schutzbestimmungen bezüglich des Einsatzes von Spähsoftware gegen Medien, Journalisten und ihre Familien 63 . Das Europäische Parlament hat mit einem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung des Einsatzes von Pegasus und ähnlicher Überwachungs- und Spähsoftware (PEGA-Ausschuss) einen wichtigen Arbeitsschwerpunkt im Bereich Spähsoftware eingerichtet. In seiner Entschließung vom Juni 2023 verurteilte das Parlament den rechtswidrigen Einsatz von Spähsoftware aufs Schärfste und forderte Maßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene 64 . Die Kommission bereitet derzeit eine nicht legislative Initiative vor, in der einerseits die Grenzen und andererseits das Zusammenspiel zwischen EU-Recht – insbesondere dem Besitzstand auf dem Gebiet des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre – und nationaler Sicherheit geklärt werden. 65