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Document 52013PC0404

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union

/* COM/2013/0404 final - 2013/0185 (COD) */

52013PC0404

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union /* COM/2013/0404 final - 2013/0185 (COD) */


BEGRÜNDUNG

1.           HINTERGRUND DES VORSCHLAGS

1.1         Allgemeiner Kontext

In der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates[1] sind die Bedingungen festgelegt, unter denen die Kommission, die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten und die einzelstaatlichen Gerichte die EU-Vorschriften über das Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen (einschließlich Kartellen) und der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung (‚die EU-Wettbewerbsvorschriften’) nach Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden ‚der Vertrag’) in Einzelfällen anwenden.

Mit der Verordnung Nr. 1/2003 erhalten die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden die Befugnis zur Anwendung von Artikel 101 und 102 des Vertrags[2]. Die Kommission kann gegen Unternehmen, die gegen diese Vorschriften verstoßen haben, Geldbußen verhängen[3]. Die Befugnisse der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden sind in Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 geregelt. Die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften durch die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden wird in der Regel als behördliche Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts bezeichnet.

Über diese behördliche Durchsetzung hinaus bewirken Artikel 101 und 102 des Vertrags unmittelbar, dass diese Bestimmungen Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründen, die von den einzelstaatlichen Gerichten durchgesetzt werden können[4]. Dies wird als private Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften bezeichnet.

Schadensersatzansprüche aufgrund von Verstößen gegen Artikel 101 und 102 des Vertrags machen ein wichtiges Gebiet der privaten Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts aus. Da die in den Artikeln 101 und 102 des Vertrags verankerten Verbote unmittelbar wirksam sind, kann jedermann Ersatz für den ihm entstandenen Schaden verlangen, wenn zwischen dem Schaden und einer Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften ein ursächlicher Zusammenhang besteht[5]. Ein Geschädigter muss nicht nur Ersatz für die eingetretene Vermögenseinbuße (damnum emergens) fordern können, sondern auch Ersatz für den entgangenen Gewinn (lucrum cessans) sowie die Zahlung von Zinsen[6]. Ersatz für Schaden infolge von Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften kann nicht durch die behördliche Durchsetzung erwirkt werden. Die Zuerkennung von Schadensersatz fällt nicht in die Zuständigkeit der Kommission oder der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden, sondern in die Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte und ist Gegenstand des Zivilrechts und zivilrechtlicher Verfahren.

Die Einhaltung der EU-Wettbewerbsvorschriften wird folglich durch die starke behördliche Durchsetzung dieser Vorschriften durch die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden zusammen mit der privaten Durchsetzung durch die nationalen Gerichte gewährleistet.

1.2         Gründe und Ziele des Vorschlags

Mit dem vorliegenden Vorschlag soll die wirksame Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften wie folgt gewährleistet werden:

i)            Optimierung der Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts und

ii)            Gewährleistung, dass Opfer von Zuwiderhandlungen gegen das EU-Wettbewerbsrecht Schadensersatz in voller Höhe erhalten können.

Optimierung der Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts

Die allgemeine Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften wird am Besten durch die ergänzende behördliche und private Durchsetzung gewährleistet. Der bestehende Rechtsrahmen regelt allerdings die Interaktion zwischen den beiden Aspekten der Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts nicht in angemessener Weise.

Ein Unternehmen, das mit einer Wettbewerbsbehörde im Rahmen eines Kronzeugenprogramms zusammenzuarbeiten gedenkt (d. h. das Unternehmen räumt seine Beteiligung an einem Kartell ein und erhält im Gegenzug den Erlass oder eine Ermäßigung der Geldbuße) kann zum Zeitpunkt seiner Zusammenarbeit nicht wissen, ob die Opfer der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht Zugang zu den Informationen haben, die das Unternehmen der Wettbewerbsbehörde freiwillig übermittelt hat. Insbesondere in seinem Urteil zur Rechtssache Pfleiderer von 2011 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (nachfolgend: ‚der Gerichtshof’)[7] festgehalten, dass es in Ermangelung einschlägiger EU-Rechtsvorschriften dem einzelstaatlichen Gericht obliegt, auf der Grundlage einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder auf Einzelfallbasis zu entscheiden, ob Akten - einschließlich im Rahmen des Kronzeugenprogramms - offenzulegen sind oder nicht. Bei einem solchen Beschluss sollte das einzelstaatliche Gericht die Interessen des Schutzes einer wirksamen behördlichen Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften gegen die Gewährleistung des Rechts auf eine wirksame Entschädigung in voller Höhe abwiegen. Dies könnte im Hinblick auf die Offenlegung von Beweismitteln aus den Akten der Wettbewerbsbehörden zu Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten und sogar innerhalb eines Landes führen. Darüber hinaus dürfte die entstehende Unsicherheit in Bezug auf die mögliche Offenlegung von Informationen im Rahmen eines Kronzeugenprogramms die Entscheidung eines Unternehmens beeinflussen, mit der Wettbewerbsbehörde im Rahmen dieses Programms zusammenzuarbeiten. Ohne verbindliche Rechtsvorschriften auf EU-Ebene könnte die Wirksamkeit von Kronzeugenprogrammen – die ein sehr wichtiges Instrument bei der behördlichen Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften darstellen – folglich ernsthaft durch das Risiko einer Offenlegung bestimmter Akten im Rahmen von Schadensersatzklagen bei einzelstaatlichen Gerichten unterminiert werden.

Die Notwendigkeit einer Regelung der Interaktion zwischen privater und behördlicher Durchsetzung wurde auch in den Antworten der Interessengruppen auf die öffentliche Konsultation zum ‚Weißbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts’ (‚das Weißbuch’) von 2008[8] sowie in der Konsultation zu einem kohärenten europäischen Ansatz auf dem Gebiet des kollektiven Rechtsschutzes von 2011[9] bekräftigt. In der Entschließung der Leiter der europäischen Wettbewerbsbehörden vom Mai 2012 wurde ebenfalls die Bedeutung des Schutzes von Kronzeugenunterlagen im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Schadensersatzklagen betont[10]. Das Europäische Parlament hat wiederholt unterstrichen, dass die behördliche Durchsetzung im Wettbewerbsbereich von wesentlicher Bedeutung ist und die Kommission aufgefordert sicherzustellen, dass die private Durchsetzung weder die Wirksamkeit der Kronzeugenprogramme noch der Vergleichsverfahren gefährdet[11].

Das erste Hauptziel des vorliegenden Vorschlags besteht folglich in der Optimierung der Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts, so dass die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden eine Politik der starken behördlichen Durchsetzung aufrecht erhalten und die Opfer einer Zuwiderhandlung gegen das EU-Wettbewerbsrecht entsprechenden Schadensersatz erlangen können.

Gewährleistung der wirksamen Ausübung des EU-Rechts auf Schadensersatz in voller Höhe

Das zweite Hauptziel besteht darin zu gewährleisten, dass Opfer von Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften tatsächlich Ersatz für den erlittenen Schaden erlangen können.

Das Recht auf Schadensersatz ist zwar durch den Vertrag garantiert und gehört somit zum gemeinschaftlichen Besitzstand (acquis communautaire), doch wird die Durchsetzung dieses Anspruchs aufgrund der anwendbaren Regeln und Verfahren in der Praxis vielfach erschwert oder nahezu unmöglich gemacht. Auch wenn es in einigen wenigen Mitgliedstaaten in letzter Zeit Anzeichen für Fortschritte gab, erhalten Opfer von Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften bis heute in der Praxis nur sehr selten Ersatz für erlittene Schäden.

Schon 2005 machte die Kommission in ihrem „Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“[12] (‚das Grünbuch’) die Haupthindernisse eines wirksameren Systems von Schadensersatzklagen wegen Wettbewerbsverstößen aus. Heutzutage bestehen eben diese Hindernisse in einer großen Mehrheit der Mitgliedstaaten weiter fort. Sie betreffen:

i)            die Erlangung des erforderlichen Beweismaterials;

ii)            den Mangel an wirksamen kollektiven Rechtsschutzinstrumenten, insbesondere für Verbraucher und KMU;

iii)           nicht vorhandene klare Regeln für den Einwand der Schadensabwälzung;

iv)           den nicht existierenden Beweiswert von Entscheidungen der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden;

v)           die Möglichkeit, eine Schadensersatzklage einzureichen, nachdem eine Wettbewerbsbehörde eine Zuwiderhandlung festgestellt hat; und

vi)           die Art und Weise der Ermittlung des kartellrechtlichen Schadens.

Über diese spezifischen grundlegenden Hindernisse für einen wirksamen Schadensersatz hinaus unterliegen kartellrechtliche Schadensersatzklagen vielen unterschiedlichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, und dies hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt. Diese Vielfalt kann für alle an kartellrechtlichen Schadensersatzklagen beteiligte Parteien Rechtsunsicherheit verursachen, die insbesondere in grenzübergreifenden Fällen zu einer unwirksamen privaten Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften führt.

Zur Behebung dieser Situation besteht das zweite Hauptziel dieses Vorschlags darin, zu gewährleisten, dass Opfer von Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften europaweit Zugang zu wirksamen Mechanismen haben, mit denen sie einen Ersatz in voller Höhe für den erlittenen Schaden erhalten können. Dies wird zu einheitlicheren Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen im Binnenmarkt führen. Wenn überdies die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Rechtsverletzer, die gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags verstoßen, die Kosten ihrer Zuwiderhandlung tragen müssen, werden nicht nur die Opfer dieses rechtswidrigen Verhaltens entlastet, sondern es wird ein Anreiz für eine bessere Einhaltung der EU-Wettbewerbsvorschriften geschaffen.

Zu diesem Zweck legte die Kommission in ihrem Weißbuch von 2008 konkrete politische Vorschläge vor. In der anschließenden öffentlichen Konsultation begrüßten die Zivilgesellschaft und institutionelle Akteure wie das Europäische Parlament[13] und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss[14] diese politischen Maßnahmen weitgehend und forderten spezifische EU-Rechtsvorschriften auf dem Gebiet kartellrechtlicher Schadensersatzklagen[15].

1.3.        Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

– Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln

· Gemäß Artikel 2 obliegt die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 Absatz 1 oder Artikel 102 des Vertrags der Partei, die den Vorwurf erhebt. Sollte die beklagte Partei für sich in Anspruch nehmen, dass die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV vorliegen, muss sie nachweisen, dass die Voraussetzungen dieses Absatzes vorliegen. Die Vorschriften sind sowohl auf die behördliche Durchsetzung als auch auf Schadensersatzklagen infolge einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags anwendbar.

· Gemäß Artikel 15 Absatz 1 können die Gerichte der Mitgliedstaaten zwecks Anwendung von Artikel 101 oder 102 AEUV die Kommission um die Übermittlung von Informationen bitten, die sich in ihrem Besitz befinden. In der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV[16] werden diese Bestimmung interpretiert und praktische Anwendungsleitlinien festgelegt.

· Wenn Gerichte der Mitgliedstaaten nach Artikel 101 oder Artikel 102 AEUV über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden haben, die bereits Gegenstand eines Beschlusses der Kommission sind, dürfen sie nach Artikel 16 Absatz 1 keine Beschlüsse erlassen, die dem Beschluss der Kommission zuwiderlaufen. Einzelstaatliche Gerichte müssen zudem Beschlüsse vermeiden, die einem Kommissionsbeschluss in einem von der Kommission eingeleiteten Verfahren zuwiderlaufen. Zu diesem Zweck können einzelstaatliche Gerichte prüfen, ob es erforderlich ist, das vor ihnen anhängige Verfahren auszusetzen.

– Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates enthält Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen[17]. Nach dieser Verordnung sind die Gerichte der Mitgliedstaaten für Schadensersatzklagen zuständig, und Entscheidungen über solche Klagen werden in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt.

– Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates regelt die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen; dazu gehören Schadensersatzklagen wegen Wettbewerbsverstößen[18].

– Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates regelt, welches Recht bei Schadensersatzklagen wegen Wettbewerbsverstößen anwendbar ist[19].

– Mit der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates[20] wurde ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen eingeführt, um Klagen bei geringfügigen Forderungen in grenzüberschreitenden Fällen zu vereinfachen und zu beschleunigen und um Kosten zu reduzieren.

– Gemäß der Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates müssen die Mitgliedstaaten in allen Zivil- und Handelssachen die Möglichkeit der Mediation bieten; dies gilt somit auch für Schadensersatzklagen wegen Wettbewerbsverstößen[21].

– Artikel 15 Absatz 4 der Verordnung Nr. 773/2004 der Kommission[22] legt fest, dass Unterlagen, die aufgrund des Rechts auf Akteneinsicht erlangt wurden, nur für Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zur Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV verwendet werden dürfen. Die Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten[23] legt detailliertere Vorschriften für den Zugang zu Kommissionsakten und die Verwendung dieser Unterlagen fest.

– Die Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (‚die Kronzeugenregelung’)[24] enthält Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen Unternehmen mit der Kommission im Rahmen eines Kronzeugenprogramms zusammenarbeiten können, um in einer Kartellsache einen Erlass oder die Ermäßigung einer Geldbuße zu erwirken. In Erwägungsgrund 33 ist festgelegt, dass Einsicht in Unternehmenserklärungen nur den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt wird, sofern sie — und der Rechtsbeistand, dem in ihrem Namen Einsicht gewährt wird — sich verpflichten, Informationen aus der Unternehmenserklärung, in die ihnen Einsicht gewährt wird, nicht mit mechanischen oder elektronischen Mitteln zu kopieren und sicherzustellen, dass die Informationen aus der Unternehmenserklärung ausschließlich zu den in der Kronzeugenregelung genannten Zwecken verwendet werden. Anderen Parteien wie Beklagten wird kein Zugang zu Unternehmenserklärungen gewährt. Dieser spezifische Schutz einer Unternehmenserklärung ist nicht mehr gerechtfertigt, wenn der potenzielle Kronzeuge ihren Inhalt einem Dritten offenlegt. Darüber hinaus werden in der Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen (‚die Mitteilung über Vergleichsverfahren’)[25] die Rahmenbestimmungen für die Belohnung der Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Durchführung von Verfahren für die Anwendung von Artikel 101 AEUV in Kartellsachen (‚das Vergleichsverfahren’) dargelegt. Erwägungsgrund 39 enthält Bestimmungen für Vergleichsausführungen für einzelstaatliche Gerichte.

2.           ERGEBNISSE DER KONSULTATION INTERESSIERTER KREISE UND FOLGENABSCHÄTZUNG

2.1.        Konsultation von interessierten Kreisen

Sowohl das Grünbuch von 2005 als auch das Weißbuch von 2008 lösten eine breite Diskussion unter den betroffenen Akteuren aus, so dass im Rahmen der öffentlichen Anhörung zahlreiche Stellungnahmen eingingen[26]. Die öffentlichen Konsultationen belegten eine breite Unterstützung des allgemeinen Ansatzes der Kommission bei der Förderung kartellrechtlicher Schadensersatzklagen. In den Kommentaren wurden das Leitprinzip des Schadensersatzes und die sich daraus ergebende Entscheidung begrüßt, keine Maßnahmen wie Gruppenklagen nach dem Vorbild der in den Vereinigten Staaten eingereichten Klagen, eine umfassende vorprozessuale Offenlegung von Beweismitteln und Mehrfachentschädigung vorzuschlagen, die in erster Linie auf eine abschreckende Wirkung abzielen würden. Die Existenz von Hindernissen, die einem wirksamen Rechtsschutz von Opfern von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften im Wege stehen, wurde in großem Umfang bestätigt. Zu den materiellrechtlichen Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Hindernisse wurden jedoch unterschiedliche Ansichten geäußert.

2011 führte die Kommission eine öffentliche Konsultation zu einem kohärenten europäischen Ansatz auf dem Gebiet des kollektiven Rechtsschutzes durch[27]. Angesichts der Antworten der Interessengruppen und des Standpunkts des Europäischen Parlaments[28] entschied sich die Kommission für einen horizontalen Ansatz auf diesem Gebiet anstelle der Aufnahme wettbewerbsspezifischer Bestimmungen über den kollektiven Rechtsschutz in den vorliegenden Vorschlag. Die Annahme eines horizontalen Ansatzes ermöglicht gemeinsame Vorschriften auf dem Gebiet des kollektiven Rechtsschutzes für sämtliche Politikbereiche, in denen ein auf eine Vielzahl von Geschädigten verteilter Schaden häufig auftritt und in denen Verbraucher und KMU nur schwer Schadensersatz erlangen können. Als ersten Schritt auf dem Weg zu einem horizontalen Ansatz auf dem Gebiet des kollektiven Rechtsschutzes verabschiedete die Kommission die Mitteilung „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“[29] sowie eine Empfehlung zu „Gemeinsamen Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten.[30]

Darüber hinaus führte die Kommission 2011 eine öffentliche Konsultation zu dem Entwurf eines Leitfadens zur Ermittlung des Schadensumfangs durch[31]. Darin werden die spezifischen Erkenntnisse hinsichtlich einer Reihe von Methoden zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen erläutert und deren Stärken und Schwächen dargelegt. Institutionelle Akteure und sonstige Interessengruppen begrüßten weitgehend die Idee der Herausgabe eines nicht rechtsverbindlichen Leitfadens zur Schadensermittlung bei kartellrechtlichen Zuwiderhandlungen[32].

2.2.        Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Kommission gab externe Studien für die Ausarbeitung des Grünbuchs von 2005[33], des Weißbuchs von 2008[34] und des 2011 vorgelegten Entwurfs eines Leitfadens zur Ermittlung des kartellrechtlichen Schadensumfangs[35] in Auftrag.

2.3.        Folgenabschätzung

Dem Richtlinienvorschlag ist eine Folgenabschätzung vorausgegangen, die sich weitgehend auf die Feststellungen in der Folgenabschätzung zum Weißbuch stützte. Maßnahmen, die bereits im Weißbuch verworfen wurden, weil sie vermutlich weniger wirksam oder mit übermäßigen Kosten verbunden wären, wurden nicht wieder aufgegriffen.

Der Folgenabschätzungsbericht[36] konzentrierte sich auf vier Optionen für eine Folgeinitiative, die darauf abzielt, die Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu optimieren und in Europa einen wirksameren Rechtsrahmen für Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften zu schaffen. Die Optionen reichten von keinerlei Maßnahmen auf EU-Ebene über einen Soft-Law-Ansatz bis hin zu zwei Optionen für rechtsverbindliche EU-Maßnahmen.

Die bevorzugte Option, die die Grundlage dieses Richtlinienvorschlags ist, wird als kosteneffizienteste Möglichkeit zur Erreichung der gesteckten Ziele angesehen. Sie trägt sowohl den häufigsten bei den öffentlichen Konsultationen in den letzten acht Jahren vertretenen Auffassungen sowie den in jüngster Zeit verzeichneten Entwicklungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung in der EU und den Mitgliedstaaten angemessen Rechnung.

3.           RECHTLICHE ASPEKTE

3.1.        Rechtsgrundlage

Die Wahl der Rechtsgrundlage einer europäischen Maßnahme muss sich auf objektive Kriterien stützen, die einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden können. Dazu gehören das Ziel und der Inhalt der Maßnahme. Der vorliegende Vorschlag stützt sich sowohl auf Artikel 103 als auch Artikel 114 AEUV, da er zwei gleichermaßen wichtige und untrennbar miteinander verbundene Ziele verfolgt, und zwar a) die Umsetzung der in Artikel 101 und Artikel 102 AEUV genannten Grundsätze und b) die stärkere Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen und Vereinfachungen für die Verbraucher und Unternehmen für die Ausübung der ihnen aus dem Binnenmarkt erwachsenden Rechte.

In Bezug auf das erste Ziel hat der Gerichtshof klargestellt, dass die volle Wirksamkeit der EU-Wettbewerbsvorschriften und insbesondere der in ihnen enthaltenen Verbote gefährdet wäre, wenn nicht jede Person Ersatz für einen ihr durch einen Vertrag oder ein Verhalten, das den Wettbewerb einschränkt oder verzerrt, entstandenen Schaden fordern könnte. Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass Schadensersatzklagen die EU-Wettbewerbsvorschriften stärken und folglich in erheblichem Maße zur Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs in der EU beitragen können[37]. Indem versucht wird, die Bedingungen zu verbessern, unter denen Geschädigte Schadensersatz einklagen können, und die Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung der Artikel 101 und 102 zu optimieren, setzt der Vorschlag diese Bestimmungen wirksam um. Folglich muss sich die vorgeschlagene Richtlinie auf Artikel 103 AEUV stützen.

Allerdings reicht diese Rechtsgrundlage allein nicht aus, da sowohl das Ziel als auch der Inhalt der vorgeschlagenen Richtlinie über diese Rechtsgrundlage hinausgehen. Die vorgeschlagene Richtlinie will in der Tat weiter gehen, als nur den Artikeln 101 und 102 AEUV Wirkung zu verleihen. Die derzeitigen Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Schadensersatzklagen bei Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften, einschließlich der Interaktion solcher Klagen mit der behördlichen Durchsetzung dieser Vorschriften, hat im Binnenmarkt eindeutig zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen geführt. Diese klaren Unterschiede wurden bereits 2004 in einer vergleichenden Studie[38] und im Weißbuch von 2008 sowie in der dazugehörigen Folgenabschätzung beschrieben. Sie haben seitdem aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung in lediglich einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten weiter zugenommen.

Ein Beispiel dafür sind die unterschiedlichen einzelstaatlichen Vorschriften beim Zugang zu Beweismitteln. Mit Ausnahme einiger weniger Mitgliedstaaten führt der Mangel an zweckmäßigen Vorschriften für die Offenlegung von Unterlagen bei Verfahren vor einem einzelstaatlichen Gericht dazu, dass Opfer von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht, die einen Ersatz für den erlittenen Schaden anstreben, keinen effektiven Zugang zu Beweismitteln haben. Andere Beispiele betreffen einzelstaatliche Vorschriften für die Schadensabwälzung (hier wirken sich die Unterschiede auf die Möglichkeit unmittelbarer/ mittelbarer Abnehmer, auf Schadensersatz zu klagen, wie auch auf die Chancen des Beklagten, einen Ersatz für einen verursachten Schaden zu vermeiden, aus); den Beweiswert von Feststellungsentscheidungen der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden bei späteren Schadensersatzklagen sowie einzelstaatliche Bestimmungen für die Ermittlung eines kartellrechtlichen Schadens (z. B. die Existenz eine Schadensvermutung).

Aufgrund dieser klar unterschiedlichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften werden die Bestimmungen einiger Mitgliedstaaten von den Klägern als wesentlich günstiger für die Einlegung kartellrechtlicher Schadensersatzklagen angesehen als andere. Diese Unterschiede führen zu Ungleichheiten und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen Geschädigte, d. h. sowohl Bürger als auch Unternehmen, das ihnen aus dem AEUV erwachsende Recht auf Schadensersatz geltend machen können, und beeinträchtigen die Wirksamkeit dieses Rechts. Wenn es die Rechtsvorschriften einem Kläger nämlich gestatten, seine Klage in einem dieser ‚günstigen’ Mitgliedstaaten einzureichen und er über die erforderlichen Mittel verfügt und entsprechende Anreize für ihn bestehen, ist es folglich wesentlich wahrscheinlicher, dass er sein Recht auf Schadensersatz tatsächlich ausüben wird als in Fällen, in denen dies nicht möglich ist. Da Geschädigte mit Klagen in geringfügigerer Höhe und/ oder mit weniger verfügbaren Mitteln sich bei der Einreichung ihrer Schadensersatzklage eher für ihren Herkunftsmitgliedstaat entscheiden (ein Grund dafür könnte sein, dass Verbraucher und kleinere Unternehmen im Besonderen es sich nicht leisten können, einen günstigeren Gerichtsstand zu wählen), können diese unterschiedlichen Bestimmungen zu ungleichen Ausgangsbedingungen bei Schadensersatzklagen führen und den Wettbewerb auf den Märkten, auf denen die Geschädigten tätig sind, beeinträchtigen.

In ähnlicher Weise bedeuten diese klaren Unterschiede, dass in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassene und tätige Unternehmen einem wesentlich höheren Risiko ausgesetzt sind, für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht haftbar gemacht zu werden. Diese ungleiche Durchsetzung des EU-Rechts auf Schadensersatz kann zu einem Wettbewerbsvorteil für Unternehmen führen, die gegen Artikel 101 und 102 AEUV verstoßen, aber ihren Gesellschaftssitz nicht in einem der ‚günstigen’ Mitgliedstaaten haben oder dort tätig sind. Umgekehrt kann diese uneinheitliche Durchsetzung von der Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr in den Mitgliedstaaten abschrecken, in denen das Recht auf Schadensersatz wirksamer durchgesetzt wird. Die Unterschiede bei diesen Haftungsregelungen können den Wettbewerb folglich beeinträchtigen und sind mit dem Risiko behaftet, dass das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erheblich beeinträchtigt wird.

Zur Gewährleistung einheitlicherer Ausgangsbedingungen für im Binnenmarkt tätige Unternehmen und besserer Möglichkeiten für die Geschädigten, die sich aus dem Binnenmarkt ergebenden Rechte auch in Anspruch zu nehmen, ist es folglich zweckmäßig, die Rechtssicherheit zu erhöhen und die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Vorschriften zur Einreichung kartellrechtlicher Schadensersatzklagen zu verringern.

Die Annäherung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beschränkt sich dabei nicht auf Schadensersatzklagen bei Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften, sondern bezieht sich bei paralleler Anwendung auch für die einzelstaatlichen Wettbewerbsvorschriften. Sollte insbesondere eine Zuwiderhandlung, die sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirkt, auch gegen das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht verstoßen, müssen darauf basierende Schadensersatzklagen den gleichen Anforderungen wie Klagen wegen Zuwiderhandlungen gegen das EU-Wettbewerbsrecht genügen.

Die Annäherung materiell- und verfahrensrechtlicher Regeln der Mitgliedstaaten mit dem Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs im Binnenmarkt sowie der Befähigung von Bürgern und Unternehmen, die aus dem Binnenmarkt resultierenden Rechte und Freiheiten auch in jeder Hinsicht ausüben zu können, ist dem Ziel der Gewährleistung einer effizienten Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften sicherlich ebenbürtig. Diese Schlussfolgerung lässt sich nicht nur aus den Zielen, sondern auch aus den spezifischen Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie ziehen. Der Inhalt der vorgeschlagenen Richtlinie kann nicht vollständig von Artikel 103 AEUV abgedeckt werden, da sie auch Änderungen bei den anwendbaren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die das Recht auf Schadensersatzklagen bei Zuwiderhandlungen gegen das nationale Wettbewerbsrecht betreffen, vorsieht. Letzterer Fall beschränkt sich allerdings auf wettbewerbswidriges Verhalten, das sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirkt und für den das EU-Wettbewerbsrecht folglich ebenfalls gilt[39]. Daraus folgt, dass der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie, der sich nicht nur aus den Zielen, sondern auch aus dem Inhalt des Instruments ergibt, weiter geht, als nur den Artikeln 101 und 102 AEUV Wirkung zu verleihen. Dementsprechend ist die vorgeschlagene Richtlinie auch auf Artikel 114 AEUV zu stützen.

Diese voneinander abhängigen, wenn auch unterschiedlichen Ziele der vorgeschlagenen Richtlinie können nicht durch die Annahme zweier unterschiedlicher Instrumente getrennt voneinander verfolgt werden. So ist es z. B. nicht möglich, die vorgeschlagene Richtlinie in ein erstes Instrument auf der Grundlage des Artikels 103 AEUV, das die einzelstaatlichen Vorschriften für Schadensersatzklagen bei Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 und 102 AEUV einander annähert, und ein zweites Instrument aufzuteilen, das Artikel 114 AEUV zur Rechtsgrundlage hat und die Mitgliedstaaten zur Anwendung derselben materiell- und verfahrensrechtlichen Regeln bei Zuwiderhandlungen gegen das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht anhält. Diese Wahl kann aus materiell- und verfahrensrechtlichen Gründen nicht erfolgen.

Aus materiellrechtlicher Sicht stärkt die untrennbare Verbindung zwischen den beiden unabhängigen Zielen die konkreten Maßnahmen, mit denen sie verfolgt werden. So verleihen beispielsweise die Ausnahmen für die Offenlegung sowie die Haftungsbeschränkungen Artikel 101 und 102 volle Wirkung, selbst bei Klagen in Fällen der Zuwiderhandlung gegen das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht, sofern dies parallel zu den Vertragsbestimmungen angewandt wurde. Aufgrund der benötigten Rechtssicherheit und gleicher Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt müssen auf Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbestimmungen dieselben Vorschriften angewandt werden (sofern diese parallel zu den EU-Vorschriften angewandt werden). Aus verfahrensrechtlicher Sicht und um das institutionelle Gleichgewicht zwischen den EU-Gesetzgebern nicht zu beeinträchtigen, besteht die einzige Möglichkeit zur Erlangung einheitlicher Regeln für diese beiden Situationen in der Annahme eines einzigen Rechtsinstruments in demselben Verfahren.

Aus diesen Gründen wird der Inhalt der Initiative nicht auf verschiedene Instrumente aufgeteilt, sondern ganz Gegenstand der vorgeschlagenen Richtlinie, die sich folglich sowohl auf Artikel 103 als auch auf Artikel 114 AEUV stützen sollte.

3.2.        Subsidiaritätsprinzip (Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union)

Die vorgeschlagene Richtlinie entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, da ihre Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und folglich eine EU-Maßnahme notwendig und mit einem Mehrwert verbunden ist. Eine rechtsverbindliche Maßnahme auf EU-Ebene ist besser geeignet zu gewährleisten, dass Artikel 101 und 102 AEUV mittels gemeinsamer Normen volle Wirkung erhalten, so dass Schadensersatzklagen EU-weit möglich sind, und im Binnenmarkt einheitlichere Ausgangsbedingungen geschaffen werden.

Aus den folgenden Gründen kann davon ausgegangen werden, dass die vorgeschlagene Richtlinie dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung trägt:

· Bei einer nicht vorhandenen EU-weiten Regelung der Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung besteht die große Gefahr, dass eine wirksame behördliche Durchsetzung seitens der Kommission und der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden gefährdet wäre. Dies gilt insbesondere für eine gemeinsame europäische Bestimmung über die Akteneinsicht bei einer Wettbewerbsbehörde für die Zwecke einer Schadensersatzklage. Dieser Aspekt kann deutlicher anhand der Informationen illustriert werden, die Unternehmen Wettbewerbsbehörden im Rahmen ihres Kronzeugenprogramms übermittelt haben. Die Unvorhersehbarkeit, die sich aus der Tatsache ergibt, dass jedes einzelstaatliche Gericht auf Ad-hoc-Basis und entsprechend den einschlägigen einzelstaatlichen Bestimmungen zu entscheiden hat, ob es Zugang zu Kronzeugenakten gewährt, kann durch – potenziell divergierende – einzelstaatliche Vorschriften nicht angemessen gelöst werden. Da die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden Informationen innerhalb des Europäischen Wettbewerbsnetzes austauschen können, dürften potenzielle Kronzeugen gehalten sein, sich auf die einzelstaatlichen Bestimmungen zu stützen, die das niedrigste Schutzniveau bieten (aus Furcht, dass eben diese einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde unter Umständen über ihren Fall entscheidet). Das ‚gefühlte‛ Schutzniveau von Informationen im Rahmen eines Kronzeugen-Dossiers wird folglich dadurch bestimmt, welche einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den geringsten Schutz bieten; die in anderen Mitgliedstaaten anwendbaren Regeln spielen dabei keine Rolle. Folglich ist es erforderlich, für die Interaktion zwischen privater und behördlicher Durchsetzung eine gemeinsame Norm für alle Mitgliedstaaten einzuführen. Dies kann nur auf EU-Ebene geschehen.

· Die Erfahrungen zeigen, dass die meisten Mitgliedstaaten bei nicht vorhandenen EU-Vorschriften aus eigener Initiative keinen wirksamen Rahmen für den Schadensersatz von Opfern von Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 und 102 AEUV schaffen, so wie vom Gerichtshof wiederholt gefordert. Seit der Veröffentlichung des Grün- und des Weißbuchs der Kommission haben nur einige wenige Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften zur Einführung kartellrechtlicher Schadensersatzklagen verabschiedet und auch diese sind in der Regel auf spezifische Fragen beschränkt und decken nicht das gesamte, von diesem Vorschlag anvisierte Spektrum von Maßnahmen ab. Trotz der wenigen und nur von einigen Mitgliedstaaten eingeleiteten Schritte mangelt es nach wie vor an einem wirksamen Schadensersatz für Opfer von Zuwiderhandlungen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften. Lediglich weitere Initiativen auf europäischer Ebene können einen Rechtsrahmen schaffen, der einen wirksamen Rechtsbehelf und das in Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf wirksamen Rechtsschutz gewährleistet.

· Inwieweit dieser durch den Vertrag garantierte Anspruch des Einzelnen gerichtlich geschützt ist, variiert erheblich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Dadurch kann es zu Wettbewerbsverzerrungen und einer Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts kommen. Die Folge ist eine klare Disparität selbst in Bezug auf den Inhalt des nach EU-Recht garantierten Schadensersatzanspruches. Insbesondere könnte eine Schadensersatzklage in einem Mitgliedstaat zum vollständigen Ersatz des dem Kläger entstandenen Verlustes führen, während eine Klage wegen desselben Verstoßes in einem anderem Mitgliedstaat, wenn überhaupt, nur mit einer deutlich niedrigeren Entschädigung enden könnte. Diese Ungleichheit erhöht sich noch, wenn – so wie es derzeit der Fall ist – lediglich einige Mitgliedstaaten die Voraussetzungen verbessern, unter denen Opfer von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht Ersatz für den erlittenen Schaden fordern können. Die über die einzelstaatliche Ebene hinausgehende Dimension der Artikel 101 und 102 AEUV sowie ihre zentrale Bedeutung für das Funktionieren des Binnenmarkts rechtfertigen Maßnahmen auf EU-Ebene.

3.3.        Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Artikel 5 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union)

Hinsichtlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geht die Richtlinie nicht über das zur Erreichung ihrer Ziele erforderliche Maß hinaus, d. h. die Gewährleistung des wirksamen Schutzes der behördlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in der gesamten EU und des Zugangs von Opfern von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht zu einem wirksamen Mechanismus, der einen Schadensersatz in voller Höhe ermöglicht und gleichzeitig die berechtigten Interessen der Beklagten und Dritter schützt.

Auf der Grundlage der vorgeschlagenen Richtlinie werden diese Ziele auch zu den geringstmöglichen Kosten erreicht. Die von Bürgern und Unternehmen zu tragenden potenziellen Kosten stehen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde im Weißbuch unternommen, das radikalere Maßnahmen ausschloss (z. B. Mehrfachentschädigungen, Opt-out-Gruppenklagen und umfassende vorprozessuale Offenlegung von Beweismitteln). Diese Bemühungen wurden in den öffentlichen Konsultationen weitgehend begrüßt. Die Schutzmaßnahmen der vorgeschlagenen Richtlinie tragen weiter dazu bei, indem potenzielle Kosten (z. B. Streitschlichtungskosten) gesenkt werden, ohne das Recht auf Schadensersatz zu gefährden. Darüber hinaus wurde auf bestimmte im Weißbuch vorgeschlagene Maßnahmen wie den kollektiven Rechtsschutz und Regeln für das Verschuldenserfordernis für die Zwecke dieses Vorschlags verzichtet. Schließlich entspricht die Wahl einer Richtlinie als angemessenes Instrument dem Grundsatz einer möglichst geringen Intervention, sofern die Ziele erreicht werden.

3.4.        Eine Richtlinie als geeignetstes rechtsverbindliches Instrument

Die mit diesem Vorschlag verfolgten Ziele lassen sich am besten durch eine Richtlinie erreichen. Sie ist das am besten geeignete Rechtsinstrument, um zu gewährleisten, dass die Maßnahmen Wirkung entfalten und reibungslos in die Rechtssysteme der Mitgliedstaten integriert werden können:

– Eine Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Ziele zu erreichen und die Maßnahmen in ihren materiell- und verfahrensrechtlichen Systemen umzusetzen. Dieser Ansatz lässt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung einer EU-Maßnahme mehr Freiheit als eine Verordnung, denn es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, die Instrumente auszuwählen, mit denen sich die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen am besten umsetzen lassen. Dadurch können die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass diese neuen Vorschriften mit ihrem vorhandenen allgemeinen materiell- und verfahrensrechtlichen Rahmen vereinbar sind.

– Außerdem ist eine Richtlinie ein flexibles Instrument, um in jenen Bereichen des einzelstaatlichen Rechts, die für das Funktionieren des Binnenmarkts und die Wirksamkeit von Schadensersatzklagen von entscheidender Bedeutung sind, gemeinsame Regeln einzuführen und EU-weit angemessene Garantien zu schaffen. Gleichzeitig bleibt es den einzelnen Mitgliedstaaten unbelassen, gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen

– Schließlich werden durch eine Richtlinie Eingriffe in all denjenigen Fällen vermieden, in denen die einzelstaatlichen Bestimmungen bereits mit den vorgeschlagenen Maßnahmen im Einklang stehen.

4.           DETAILLIERTE ERLÄUTERUNGEN

4.1.        Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen (Kapitel I: Artikel 1 bis 4)

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen die Voraussetzungen verbessert werden, unter denen ein Ersatz des Schadens erlangt werden kann, der a) durch Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der EU und b) durch Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts verursacht wurde, wenn diese von einer einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörde oder einem einzelstaatlichen Gericht auf denselben Fall und parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt werden. Grundlage für diese parallele Anwendung ist die Regelung des Verhältnisses zwischen den Artikeln 101 und 102 AEUV und den einzelstaatlichen Wettbewerbsgesetzen in der Verordnung Nr. 1/2003. Wenn die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten oder einzelstaatliche Gerichte das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht auf Vereinbarungen im Sinne des Artikels 101 anwenden, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, müssen sie nach der Verordnung Nr. 1/2003 auch Artikel 101 anwenden. Und wenn sie das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht auf nach Artikel 102 verbotene Missbräuche anwenden, so müssen sie auch Artikel 102 anwenden[40]. In Fällen, in denen Schadensersatz wegen einer Verletzung sowohl des Wettbewerbsrechts der Union als auch des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts verlangt wird, ist es angebracht, dass für diese Schadensersatzklagen dieselben materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften gelten. Die Anwendung voneinander abweichender Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung für dasselbe wettbewerbswidrige Verhalten würde nicht nur den Richtern die Bearbeitung der Sache unmöglich machen, sondern auch Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten bedeuten. Sie könnte zu widersprüchlichen Ergebnissen führen, je nachdem, ob das einzelstaatliche Gericht die Sache als Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder als Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht behandelt, und damit die wirksame Anwendung dieser Vorschriften behindern. In der vorgeschlagenen Richtlinie wird daher von Schadensersatzklagen wegen „Zuwiderhandlungen gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union“ oder zusammenfassend von „Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht“ gesprochen, wobei das „einzelstaatliche Wettbewerbsrecht“ eng definiert ist und nur die Fälle umfasst, in denen es parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt wird.

In der vorgeschlagenen Richtlinie sind Vorschriften festgelegt, die i) gewährleisten, dass natürliche und juristische Personen, die durch Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften einen Schaden erlitten haben, in der ganzen Union einen gleichwertigen Schutz erhalten und ihr Unionsrecht auf vollständigen Schadensersatz im Wege von Schadensersatzklagen vor einzelstaatlichen Gerichten wirksam durchsetzen können, und ii) die Wechselwirkungen zwischen diesen Schadensersatzklagen und der behördlichen Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften optimieren.

In Artikel 2 wird auf den gemeinschaftlichen Besitzstand hinsichtlich des Unionsrechts auf vollständigen Schadensersatz verwiesen. Die vorgeschlagene Richtlinie geht daher vom Leitgedanken der Kompensation aus: Alle, die aufgrund einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften einen Schaden erlitten haben, sollen die Möglichkeit haben, von dem bzw. den Unternehmen, die den Verstoß begangen haben, eine Wiedergutmachung des Schadens zu erhalten.

In Artikel 2 wird ferner auf den gemeinschaftlichen Besitzstand hinsichtlich der Klagebefugnis und der Bestimmung des Begriffs des zu ersetzenden Schadens verwiesen. Der Begriff der Vermögenseinbuße (damnum emergens), auf den in diesem Artikel Bezug genommen wird, stammt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und schließt keinerlei (materiellen oder immateriellen) Schaden aus, der durch Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften verursacht werden kann.

In Artikel 3 wird auf den Effektivitäts- und den Äquivalenzgrundsatz verwiesen, denen die einzelstaatlichen Vorschriften und Verfahren für Schadensersatzklagen entsprechen müssen.

4.2.        Offenlegung von Beweismitteln (Kapitel II: Artikel 5 bis 8)

Die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften, die Berechnung des kartellrechtlichen Schadensersatzes und der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs erfordern üblicherweise eine komplexe Feststellung und Analyse der zugrundeliegenden Tatsachen und ökonomischen Zusammenhänge. Viele relevante Beweismittel, die der Kläger benötigt, um seinen Anspruch zu begründen, befinden sich in der Sphäre des Beklagten oder Dritter und sind dem Kläger häufig nicht hinreichend bekannt oder zugänglich („Informationsasymmetrie“). Dass es für den Kläger schwierig ist, alle erforderlichen Beweise beizubringen, zählt in vielen Mitgliedstaaten anerkanntermaßen zu den Haupthindernissen für den Erfolg von Schadensersatzklagen in Wettbewerbssachen. Auch das (mutmaßlich) zuwiderhandelnde Unternehmen benötigt, soweit es die Beweislast trägt[41], unter Umständen Zugang zu Beweismitteln, die sich in der Sphäre des Klägers und/oder Dritter befinden. Beide Prozessparteien können daher den Richter ersuchen, die Offenlegung von Informationen anzuordnen.

Die Offenlegungsregelung der vorgeschlagenen Richtlinie beruht auf dem Ansatz der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums[42]. Sie soll gewährleisten, dass in allen Mitgliedstaaten effektiver Zugang zu einem Mindestmaß an Beweisen gewährleistet ist, die Kläger und/oder Beklagte zur Begründung ihres Anspruchs auf kartellrechtlichen Schadensersatz und/oder diesbezüglicher Einwände benötigen. Gleichzeitig sieht die vorgeschlagene Richtlinie keine überzogenen und mit übermäßigen Kosten verbundenen Offenlegungspflichten vor, die die betroffenen Parteien unnötig stark belasten und Missbrauch Vorschub leisten könnten. Ferner hat die Kommission besonders darauf geachtet, dass der Vorschlag mit den verschiedenen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vereinbar ist. Zu diesem Zweck stützt sich der Vorschlag im Einklang mit der Tradition der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten auf die zentrale Rolle des Gerichts, das mit der Schadensersatzklage befasst wird: Die Offenlegung von Beweisen, die sich in der Sphäre der gegnerischen Partei oder eines Dritten befinden, kann nur von Richtern angeordnet werden und unterliegt im Hinblick auf Erforderlichkeit, Umfang und Verhältnismäßigkeit strikter, aktiver richterlicher Kontrolle.

Die einzelstaatlichen Gerichte sollten über wirksame Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder sonstigen vertraulichen Informationen, die im Verlauf des Verfahrens offengelegt werden, verfügen. Eine Offenlegung sollte nicht zulässig sein, wenn sie gegen bestimmte Rechte und Pflichten wie die Wahrung des Berufsgeheimnisses verstoßen würde. Die Gerichte müssen ferner Sanktionen verhängen können, die ausreichend abschreckend sind, um zu verhindern, dass relevante Beweise zerstört werden oder dass einer Offenlegungsanordnung nicht nachgekommen wird.

Um zu verhindern, dass die Offenlegung von Beweismitteln die wettbewerbsbehördliche Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften gefährdet, sind in der vorgeschlagenen Richtlinie auch gemeinsame unionsweite Beschränkungen für die Offenlegung von in den Akten einer Wettbewerbsbehörde enthaltenen Beweismitteln festgelegt.

(a) Ein absoluter Schutz ist für zwei Arten von Unterlagen vorgesehen, die als für die Wirksamkeit der Instrumente der behördlichen Durchsetzung unverzichtbar betrachtet werden: Kronzeugenunternehmenserklärungen und Vergleichsausführungen. Die Offenlegung dieser Unterlagen könnte die Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms und von Vergleichsverfahren ernsthaft gefährden. Nach der vorgeschlagenen Richtlinie kann ein einzelstaatliches Gericht niemals die Offenlegung dieser Unterlagen in einem Schadensersatzklageverfahren anordnen.

(b) Ein vorübergehender Schutz ist für Unterlagen vorgesehen, die die Parteien eigens für das behördliche Durchsetzungsverfahren ausgearbeitet haben (z. B. Antworten der Parteien auf Auskunftsverlangen der Behörde) oder die die Wettbewerbsbehörde im Laufe ihres Verfahrens erstellt hat (z. B. eine Mitteilung der Beschwerdepunkte). Diese Unterlagen können für die Zwecke einer Schadensersatzklage erst offengelegt werden, nachdem die Wettbewerbsbehörde ihr Verfahren beendet hat.

(c) Diese Schutzmaßnahmen sollten nicht nur die Befugnis des einzelstaatlichen Gerichts zur Anordnung der Offenlegung beschränken. Sie sollten auch zum Tragen kommen, sofern und soweit die geschützten Unterlagen im Rahmen des behördlichen Durchsetzungsverfahrens erlangt wurden (z. B. in Ausübung der Verteidigungsrechte einer der Parteien). Wenn eine der Parteien der Schadensersatzklage solche Unterlagen aus den Akten einer Wettbewerbsbehörde erlangt hat, sind diese Unterlagen als Beweismittel im Schadensersatzklageverfahren nicht zulässig (Unterlagen der unter Buchstabe a genannten Kategorie) oder erst dann zulässig, wenn die Behörde ihr Verfahren beendet hat (Unterlagen der unter Buchstabe b genannten Kategorie).

(d) Unterlagen, die unter keine der genannten Kategorien fallen, können auf gerichtliche Anordnung jederzeit offengelegt werden. Dabei sollten die einzelstaatlichen Gerichte jedoch davon absehen, die Offenlegung von Beweismitteln unter Bezugnahme auf Informationen anzuordnen, die einer Wettbewerbsbehörde für die Zwecke von deren Verfahren übermittelt wurden[43]. Wenn die Untersuchung noch im Gange ist, könnte eine solche Offenlegung das behördliche Durchsetzungsverfahren behindern, da sie aufdecken würde, welche Informationen sich in den Akten der Wettbewerbsbehörde befinden, und daher dazu genutzt werden könnte, die Untersuchungsstrategie der Behörde zu durchkreuzen. Die Auswahl bereits vorhandener Unterlagen, die einer Wettbewerbsbehörde für die Zwecke des Verfahrens übermittelt werden, ist jedoch als solche von Bedeutung, da die Unternehmen im Hinblick auf ihre Mitarbeit aufgefordert werden, gezielte Beweismittel vorzulegen. Die Bereitschaft von Unternehmen, solche Beweismittel im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Wettbewerbsbehörden vollständig oder selektiv vorzulegen, könnte durch Offenlegungsanträge behindert werden, in denen die Kategorie von Unterlagen unter Bezugnahme auf ihr Vorhandensein in den Akten einer Wettbewerbsbehörde bezeichnet wird und nicht nach Art, Charakter oder Gegenstand (z. B. Anträge in Bezug auf alle Unterlagen in den Akten einer Wettbewerbsbehörde oder alle von einer Partei übermittelten Unterlagen). Das Gericht sollte daher solche globalen Offenlegungsanträge in der Regel als unverhältnismäßig und als Verstoß gegen die Pflicht des Antragstellers ansehen, die Kategorie der Beweismittel so genau wie möglich zu bezeichnen.

(e) Um zu verhindern, dass Unterlagen, die durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde erlangt wurden, ein Gegenstand des Handels werden, sollte nur die Person, die Einsicht in die Akten erhalten hat (oder ihr Rechtsnachfolger hinsichtlich der mit dem Anspruch zusammenhängenden Rechte), diese Unterlagen als Beweismittel in Schadensersatzklageverfahren verwenden dürfen.

Um Kohärenz hinsichtlich der Vorschriften über die Offenlegung und die Verwendung bestimmter Unterlagen aus den Akten einer Wettbewerbsbehörde zu erzielen, ist es notwendig, auch die bestehenden Vorschriften über die Durchführung der Verfahren der Kommission in der Verordnung Nr. 773/2004 der Kommission[44] (insbesondere in Bezug auf den Zugang zu den Akten der Kommission und die Verwendung von daraus erlangten Unterlagen) und die erläuternden Mitteilungen der Kommission[45] zu ändern. Die Kommission plant, diese Änderungen vorzunehmen, sobald die vorliegende Richtlinie von Europäischen Parlament und vom Rat erlassen worden ist.

4.3.        Wirkung einzelstaatlicher Entscheidungen, Verjährung, gesamtschuldnerische Haftung (Kapitel III: Artikel 9 bis 11)

4.3.1.     Beweiskraft einzelstaatlicher Entscheidungen

Nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1/2003 haben Beschlüsse der Kommission bei Schadensersatzklagen Beweiskraft, da die einzelstaatlichen Gerichte keine Entscheidungen erlassen dürfen, die Beschlüssen der Kommission zuwiderlaufen. Bestandskräftige Entscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden (oder einzelstaatlicher Rechtsbehelfsgerichte) sollten eine ähnliche Wirkung haben[46]. Wenn eine Feststellungsentscheidung erlassen worden und bestandskräftig geworden ist, wäre es ineffizient, wenn das zuwiderhandelnde Unternehmen die Möglichkeit hätte, dieselben Fragen im Rahmen anschließender Schadensersatzklagen erneut prüfen zu lassen. Dies würde zu Rechtsunsicherheit und unnötigen Kosten für alle beteiligten Parteien und für die Justiz führen.

Die vorgeschlagene Beweiskraft bestandskräftiger Feststellungsentscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden bedeutet keine Verringerung des rechtlichen Schutzes für die betroffenen Unternehmen, da Feststellungsentscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden nach wie vor der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Zudem genießen Unternehmen in der ganzen EU einen vergleichbaren Schutz ihrer Verteidigungsrechte, die in Artikel 48 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Diese Bestimmung berührt nicht die Rechte und Pflichten der einzelstaatlichen Gerichte nach Artikel 267 EG-Vertrag.

4.3.2.     Verjährung

Damit Opfer von Wettbewerbsverstößen hinreichend Gelegenheit zur Erhebung von Schadensersatzklagen haben und alle betroffenen Parteien gleichzeitig ein angemessenes Maß an Rechtssicherheit genießen, schlägt die Kommission vor, die einzelstaatlichen Verjährungsvorschriften für Schadensersatzklagen so auszugestalten, dass Folgendes gewährleistet ist:

– Geschädigte haben ab dem Zeitpunkt, zu dem sie von der Zuwiderhandlung, dem dadurch verursachten Schaden und der Identität des Rechtsverletzers Kenntnis erlangen, genügend Zeit für die Erhebung einer Klage (mindestens fünf Jahre).

– Verjährungsfristen können nicht beginnen, bevor eine dauernde oder fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestellt wird.

– Wenn eine Wettbewerbsbehörde ein Verfahren wegen einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung einleitet, ist die Verjährungsfrist für die Erhebung einer diesbezüglichen Schadensersatzklage bis mindestens ein Jahr nach dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung bestandskräftig geworden oder das Verfahren auf andere Weise beendet worden ist.

4.3.3.     Gesamtschuldnerische Haftung

Wenn mehrere Unternehmen gemeinsam gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen (typischerweise im Rahmen eines Kartells), ist es angebracht, dass sie gesamtschuldnerisch für den gesamten durch diese Zuwiderhandlung verursachten Schaden haften. Die vorgeschlagene Richtlinie stützt sich zwar auf diese allgemeine Regel, führt aber bestimmte Änderungen hinsichtlich der Haftungsregelung für Unternehmen ein, denen der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde. Ziel dieser Änderungen ist es, die Attraktivität der Kronzeugenprogramme der Kommission und der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden sicherzustellen, die wichtige Instrumente für die Aufdeckung von Kartellen und damit von größter Bedeutung für eine wirksame behördliche Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften sind.

Da es weniger wahrscheinlich ist, dass Kronzeugen eine Feststellungsentscheidung anfechten, wird diese Entscheidung häufig für sie früher bestandskräftig als für die anderen Mitglieder desselben Kartells. Dies könnte Kronzeugen zum Hauptziel von Schadensersatzklagen machen. Um die nachteiligen Folgen eines solchen Risikos zu begrenzen, ohne jedoch die Möglichkeit, dass die Geschädigten vollständigen Ersatz für den erlittenen Schaden erhalten, unnötig einzuschränken, wird vorgeschlagen, die Haftung des Kronzeugen und seinen den anderen Rechtsverletzern im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung geschuldeten Ausgleichsbetrag auf den Schaden zu beschränken, den er seinen eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder, im Falle eines Einkaufskartells, seinen unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten verursacht hat. Wenn ein Kartell nur anderen als den Kunden bzw. Lieferanten der zuwiderhandelnden Unternehmen Schaden verursacht hat, wäre der Kronzeuge nur für seinen Anteil an dem durch das Kartell verursachten Schaden verantwortlich. Wie dieser Anteil bestimmt wird (z. B. Umsatz, Marktanteil oder Rolle in dem Kartell) bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, solange der Effektivitäts- und der Äquivalenzgrundsatz beachtet sind.

Der Schutz des Kronzeugen darf jedoch nicht das Unionsrecht der Opfer auf vollständigen Schadensersatz beeinträchtigen. Die vorgeschlagene Beschränkung der Haftung des Kronzeugen kann daher nicht absolut sein. Der Kronzeuge haftet im Notfall weiter in vollem Umfang, wenn die Geschädigten von den anderen Rechtsverletzern keinen vollständigen Schadensersatz erhalten können. Um die praktische Wirksamkeit dieser Ausnahmeregelung zu gewährleisten, müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Geschädigten weiterhin von dem Kronzeugen Schadensersatz verlangen können, wenn sie Kenntnis davon erlangt haben, dass sie von den anderen Kartellbeteiligten keinen vollständigen Schadensersatz erhalten können.

4.4.        Schadensabwälzung (Kapitel IV: Artikel 12 bis 15)

Personen, die durch eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften einen Schaden erlitten haben, haben ein Recht auf Schadensersatz, unabhängig davon, ob sie unmittelbare oder mittelbare Abnehmer sind. Die Geschädigten haben ein Recht auf Schadensersatz für die Vermögenseinbuße (Schaden in Form des Preisaufschlags) und für den entgangenen Gewinn. Wenn ein Geschädigter die Vermögenseinbuße dadurch verringert hat, dass er sie ganz oder teilweise auf seine Abnehmer abgewälzt hat, stellt diese Vermögenseinbuße keinen Schaden mehr dar, für den die Partei, die ihn abgewälzt hat, Ersatz erhalten muss. Wenn jedoch eine Vermögenseinbuße weitergegeben wird, ist es wahrscheinlich, dass die Preiserhöhung durch den unmittelbaren Abnehmer zu einer Verringerung der verkauften Mengen führt. Der entsprechende entgangene Gewinn und die nicht weitergegebene Vermögenseinbuße (im Falle einer teilweisen Schadensabwälzung) stellen nach wie vor einen kartellrechtlichen Schaden dar, für den der Geschädigte Schadensersatz verlangen kann.

Falls der erlittene Schaden Folge einer Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Belieferung des zuwiderhandelnden Unternehmens ist, könnte die Schadensabwälzung auch auf einer vorgelagerten Vertriebsstufe stattgefunden haben. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn die Lieferanten der Kartellbeteiligten als Folge eines Einkaufskartells niedrigere Preise in Rechnung stellen und diese Lieferanten dann ihrerseits niedrigere Preise von ihren Lieferanten verlangen.

Um zu gewährleisten, dass nur die unmittelbaren und mittelbaren Abnehmer, die tatsächlich einen Schaden in Form eines Preisaufschlags erlitten haben, wirksam Schadensersatz verlangen können, erkennt die vorgeschlagene Richtlinie ausdrücklich die Möglichkeit an, dass das zuwiderhandelnde Unternehmen den Einwand der Schadensabwälzung geltend macht.

In Fällen, in denen der Preisaufschlag an natürliche oder juristische Personen auf der nächsten Vertriebsstufe weitergegeben wurde, für die es rechtlich unmöglich ist, Schadensersatz zu verlangen, kann der Einwand der Schadensabwälzung jedoch nicht geltend gemacht werden. Mittelbare Abnehmer können aufgrund einzelstaatlicher Vorschriften über die Kausalität (einschließlich der Vorschriften über Vorhersehbarkeit und Nichtzurechenbarkeit des Schadens) mit der rechtlichen Unmöglichkeit konfrontiert sein, Schadensersatz zu verlangen. Es wäre nicht gerechtfertigt, den Einwand der Schadensabwälzung zuzulassen, wenn es für die Partei, an die der Preisaufschlag angeblich weitergegeben wurde, rechtlich unmöglich ist, Schadensersatz zu verlangen, da dies bedeuten würde, das zuwiderhandelnde Unternehmen ungerechtfertigterweise von der Haftung für den von ihm verursachten Schaden zu befreien. Die Beweislast für die Schadensabwälzung trägt das zuwiderhandelnde Unternehmen. Im Falle einer von einem mittelbaren Abnehmer erhobenen Schadensersatzklage bedeutet dies eine widerlegbare Vermutung, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Schadensabwälzung auf diesen mittelbaren Abnehmer stattgefunden hat. Was die Ermittlung des Umfangs der Schadensabwälzung angeht, sollte das einzelstaatliche Gericht befugt sein zu schätzen, welcher Teil des Preisaufschlags in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit an die Ebene der mittelbaren Abnehmer weitergegeben wurde. Wenn Geschädigte auf verschiedenen Vertriebsstufen getrennt voneinander Schadensersatzklagen erheben, die sich auf ein und dieselbe Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beziehen, sollten die einzelstaatlichen Gerichte, soweit nach dem geltenden einzelstaatlichen oder Unionsrecht zulässig, parallele oder vorangegangene Klagen (oder Urteile, mit denen über solche Klagen entschieden wird) gebührend berücksichtigen, damit der durch die Zuwiderhandlung verursachte Schaden nicht unter- bzw. überschätzt und die Kohärenz der Urteile in solchen miteinander im Zusammenhang stehenden Verfahren gefördert wird. Klagen, die bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig sind, können im Sinne des Artikels 30 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012[47] als im Zusammenhang stehend angesehen werden, das heißt, zwischen ihnen ist eine so enge Beziehung gegeben, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Infolgedessen kann jedes Gericht, das nach dem zuerst befassten Gericht angerufen wurde, das Verfahren aussetzen oder sich für unzuständig erklären, wenn das zuerst angerufene Gericht für die betreffenden Klagen zuständig ist und das für dieses Gericht geltende Recht eine Verbindung der Verfahren zulässt.

Sowohl mit der Verordnung Nr. 1215/2012 als auch mit der vorgeschlagenen Richtlinie soll somit die Kohärenz von Urteilen über im Zusammenhang stehende Klagen gefördert werden. Zu diesem Zweck hat die vorgeschlagene Richtlinie einen noch weiteren Geltungsbereich als die Verordnung Nr. 1215/2012, da er auch den Fall umfasst, dass Geschädigte auf verschiedenen Vertriebsstufen nacheinander Schadensersatzklagen wegen derselben Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht erheben. Diese Klagen können bei demselben Gericht, bei verschiedenen Gerichten im selben Mitgliedstaat oder bei verschiedenen Gerichten in verschiedenen Mitgliedstaaten erhoben werden. In jedem Fall fördert die vorgeschlagene Richtlinie die Kohärenz der verbundenen Verfahren und Urteile.

4.5.        Ermittlung des Schadensumfangs (Kapitel V: Artikel 16)

Der Nachweis und die Quantifizierung eines kartellrechtlichen Schadens ist im Allgemeinen in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung und ‑bewertung sehr aufwändig, da sie unter Umständen die Anwendung komplexer ökonomischer Modelle erfordert. Um die Opfer eines Kartells bei der Quantifizierung des durch die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens zu unterstützen, sieht die vorgeschlagene Richtlinie eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines durch ein Kartell verursachten Schadens vor. Auf der Grundlage der Feststellung, dass 9 von 10 Kartellen tatsächlich rechtswidrige Preisaufschläge verursachen[48], verringern sich dadurch für den Geschädigten die Schwierigkeiten und Kosten, die mit dem Nachweis zusammenhängen, dass wegen des Kartells höhere Preise in Rechnung gestellt wurden, als dies ohne das Kartell der Fall gewesen wäre.

Das zuwiderhandelnde Unternehmen kann diese Vermutung widerlegen und die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel verwenden, um nachzuweisen, dass das Kartell keinen Schaden verursacht hat. Die Beweislast wird damit auf die Partei verlagert, die bereits die notwendigen Beweismittel in ihrem Besitz hat, um dieser Beweispflicht nachzukommen. Die Kosten für die Offenlegung, die den Geschädigten aller Wahrscheinlichkeit nach für den Nachweis des Schadens entstehen würden, werden dadurch vermieden.

Neben der genannten Vermutung sind für die Quantifizierung des kartellrechtlichen Schadens die einzelstaatlichen Vorschriften und Verfahren zuständig. Diese müssen jedoch mit dem Effektivitäts- und dem Äquivalenzgrundsatz im Einklang stehen. Insbesondere letzterer verlangt, dass die Regelung, wer in welchem Umfang beweispflichtig ist, dem Geschädigten die Ausübung seines Rechts auf Schadensersatz nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschweren darf. Wenn bei der Quantifizierung des kartellrechtlichen Schadens die tatsächliche Situation mit einer hypothetischen verglichen werden muss, bedeutet dies, dass der Richter in der Lage sein muss, die Höhe des Schadens zu schätzen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass den Opfern der erlittene Schaden tatsächlich in angemessener Höhe ersetzt wird.

Um den einzelstaatlichen Gerichten die Ermittlung des Schadensumfangs zu erleichtern, stellt die Kommission in ihrer Mitteilung zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union[49] eine nicht verbindliche Orientierungshilfe zu diesem Thema zur Verfügung. Der Mitteilung ist ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen in Form eines Praktischen Leitfadens zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beigefügt. In diesem Praktischen Leitfaden werden die Stärken und Schwächen verschiedener Methoden und Techniken zur Ermittlung des kartellrechtlichen Schadens erläutert. Ferner wird darin anhand von praktischen Beispielen veranschaulicht und erörtert, welche Auswirkungen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften der Union typischerweise haben und wie die verfügbaren Methoden und Techniken in der Praxis angewandt werden können.

4.6.        Einvernehmliche Streitbeilegung (Kapitel VI: Artikel 17 bis 18)

Eines der Hauptziele der vorgeschlagenen Richtlinie ist es, die Opfer einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht in die Lage zu versetzen, vollständigen Ersatz für den erlittenen Schaden zu erlangen. Dieses Ziel kann entweder durch eine Klage vor Gericht oder durch eine außergerichtliche einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien erreicht werden. Um den Parteien einen Anreiz zu bieten, ihren Streit einvernehmlich beizulegen, soll mit der vorgeschlagenen Richtlinie das Verhältnis zwischen außergerichtlichen Regelungen und Schadensersatzklagen optimiert werden.

Sie enthält daher folgende Bestimmungen:

i)            Hemmung der Verjährungsfristen für die Erhebung von Schadensersatzklagen, solange eine einvernehmliche Streitbeilegung zwischen dem zuwiderhandelnden Unternehmen und dem Geschädigten im Gange ist,

ii)            Aussetzung des anhängigen Verfahrens für die Dauer der einvernehmlichen Streitbeilegung,

iii)           Verringerung des Anspruchs des an der Regelung beteiligten Geschädigten um den Anteil des an der Regelung beteiligten Rechtsverletzers an dem Schaden; für den verbleibenden Anspruch kann von dem an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer Schadensersatz nur verlangt werden, wenn die nicht an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer nicht in der Lage sind, dem Geschädigten vollständigen Schadensersatz zu leisten, und

iv)           Berücksichtigung des aufgrund einer einvernehmlichen Streitbeilegung geleisteten Schadensersatzes bei der Festlegung des Ausgleichsbetrags, den ein an der Regelung beteiligter Rechtsverletzer zahlen muss, wenn später ein Urteil über die Leistung von Schadensersatz ergeht. „Ausgleichsbetrag“ betrifft in diesem Zusammenhang die Situation, dass der an der Regelung beteiligte Rechtsverletzer nicht Beklagter der Schadensersatzklage war, sondern von den anderen Rechtsverletzern, die zur Leistung von Schadensersatz verurteilt wurden, aufgefordert wird, ihnen im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung einen Ausgleich zu zahlen.

5.           AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die vorgeschlagene Richtlinie hat keine Auswirkungen auf den Haushalt.

6.           WEITERE ANGABEN

6.1.        Aufhebung geltender Rechtsvorschriften

Durch diesen Vorschlag wird kein vorangegangener Rechtsakt aufgehoben.

6.2.        Überprüfung

Nach Artikel 21 der vorgeschlagenen Richtlinie muss die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens fünf Jahre nach Ablauf der Frist für ihre Umsetzung in innerstaatliches Recht Bericht über ihre Wirkung erstatten.

Wenn die vorgeschlagene Richtlinie erlassen ist, wird die Kommission den rechtlichen Rahmen für kartellrechtliche Schadensersatzklagen in den Mitgliedstaaten weiter überwachen und sich dabei in erster Linie auf die Verwirklichung der beiden Hauptziele der vorgeschlagenen Richtlinie konzentrieren:

i)       Optimierung der Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung des Wettbewerbsrechts und

ii)       Sicherstellung, dass Opfer von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsvorschriften der Union vollständigen Ersatz für den erlittenen Schaden erhalten können.

Die Kommission wird prüfen, ob die Richtlinie Ineffizienz und Hindernisse, die einen vollständigen Schadensersatz für Opfer kartellrechtlicher Zuwiderhandlungen verhindern, erfolgreich beseitigt und ob die Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung des Wettbewerbsrechts reibungslos funktioniert, damit insgesamt eine optimale Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union gewährleistet ist. Als Teil dieses Überwachungsprozesses wird die Kommission ihren Dialog mit allen relevanten Interessenträgern fortsetzen.

Sobald alle in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten umgesetzt sind, also frühestens fünf Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie, wird eine Ex-post-Evaluierung im Hinblick auf eventuell notwendige weitere Änderungen vorgenommen werden.

6.3.        Erläuternde Dokumente

In der vorgeschlagenen Richtlinie sind besondere Maßnahmen vorgesehen, mit denen die materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten für Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union angeglichen werden sollen. Die vorgeschlagene Richtlinie enthält mehrere rechtliche Pflichten. Für ihre wirksame Umsetzung sind daher besondere, gezielte Änderungen an den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften erforderlich. Damit die Kommission die korrekte Umsetzung überwachen kann, reicht es daher nicht aus, dass die Mitgliedstaaten den Wortlaut der Umsetzungsbestimmungen übermitteln, da eine Gesamtbewertung der sich ergebenden Regelung nach einzelstaatlichem Recht notwendig sein könnte. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten der Kommission auch erläuternde Dokumente übermitteln, in denen dargelegt wird, mit welchen bestehenden oder neuen Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts die einzelnen in der vorgeschlagenen Richtlinie festgelegten Maßnahmen umgesetzt werden sollen.

6.4.        Europäischer Wirtschaftsraum

Die vorgeschlagene Richtlinie betrifft die wirksame Durchsetzung der Artikel 101 und 102 AEUV. Die Interaktion zwischen behördlicher und privater Durchsetzung dieser Bestimmung soll optimiert und die Voraussetzungen, unter denen Opfer von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht Schadensersatz erlangen können, sollen verbessert werden. Die vorgeschlagene Richtlinie trägt zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts bei, indem sie die Ausgangsbedingungen sowohl für die Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen, als auch für die Opfer dieser rechtswidrigen Verhaltensweisen stärker angleicht. Wegen dieser Ziele in den Bereichen Wettbewerb und Binnenmarkt, die unter die Rechtsvorschriften des EWR fallen, ist dieser Vorschlag von Bedeutung für den EWR.

2013/0185 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 103 und 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission[50],

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[51],

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)       Die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) sind der öffentlichen Ordnung zuzurechnen und müssen in der ganzen Union wirksam angewandt werden, um zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird.

(2)       Für die behördliche Durchsetzung dieser Vertragsbestimmungen sorgt die Kommission in Ausübung der Befugnisse, die in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln[52] (im Folgenden „Verordnung Nr. 1/2003“) vorgesehen sind. Für die behördliche Durchsetzung sorgen auch die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden, die die in Artikel 5 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgeführten Entscheidungen erlassen können.

(3)       Die Artikel 101 und 102 AEUV erzeugen in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen und lassen in deren Person Rechte und Pflichten entstehen, die die einzelstaatlichen Gerichte durchzusetzen haben. Die einzelstaatlichen Gerichte haben daher bei der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen (private Durchsetzung). In Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen schützen sie die sich aus dem Unionsrecht ergebenden subjektiven Rechte, indem sie unter anderem den durch Zuwiderhandlungen Geschädigten Schadenersatz zuerkennen. Die volle Wirksamkeit der Artikel 101 und 102 AEUV und insbesondere die praktische Wirkung der darin festgelegten Verbote erfordern, dass jeder – seien es Einzelne, einschließlich Verbrauchern und Unternehmen, oder Behörden – vor einzelstaatlichen Gerichten Ersatz des Schadens verlangen kann, der ihm durch eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen entstanden ist. Dieses Unionsrecht auf Schadensersatz gilt auch für Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 101 und 102 AEUV durch öffentliche Unternehmen oder Unternehmen, denen von den Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewährt wurden, im Sinne des Artikels 106 AEUV.

(4)       Das Unionsrecht auf Ersatz des kartellrechtlichen Schadens setzt voraus, dass in jedem Mitgliedstaat Verfahrensvorschriften bestehen, die gewährleisten, dass dieses Recht wirksam geltend gemacht werden kann. Die Notwendigkeit wirksamer Rechtsbehelfsverfahren ergibt sich auch aus dem Recht auf wirksamen Rechtsschutz, wie es in Artikel 47 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[53] und Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (im Folgenden „EUV“) festgelegt ist.

(5)       Zur Sicherstellung einer wirksamen behördlichen und privaten Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften muss die Koordinierung zwischen den beiden Formen der Durchsetzung geregelt werden, zum Beispiel der Zugang zu Unterlagen, die sich im Besitz von Wettbewerbsbehörden befinden. Mit einer solchen Koordinierung auf Unionsebene wird auch verhindert, dass die anwendbaren Vorschriften voneinander abweichen, was das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts gefährden könnte.

(6)       Nach Artikel 26 Absatz 2 AEUV umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Zwischen den in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften für Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union bestehen deutliche Unterschiede. Diese Unterschiede führen zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen Geschädigte das ihnen aus dem AEUV erwachsende Recht auf Schadensersatz geltend machen können, und beeinträchtigen die materielle Wirksamkeit dieses Rechts. Da Geschädigte häufig den Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, als Gerichtsstand wählen, um Schadensersatz einzuklagen, führen die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Vorschriften zu ungleichen Ausgangsbedingungen für Schadensersatzklagen und könnten den Wettbewerb auf den Märkten, auf denen die Geschädigten wie auch die zuwiderhandelnden Unternehmen tätig sind, beeinträchtigen.

(7)       Unternehmen, die in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen und tätig sind, unterliegen Verfahrensvorschriften, die wesentlichen Einfluss auf den Umfang haben, in dem sie für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht haftbar gemacht werden können. Diese uneinheitliche Durchsetzung des Unionsrechts auf Schadensersatz kann zu einem Wettbewerbsvorteil für einige Unternehmen führen, die gegen Artikel 101 und 102 AEUV verstoßen haben, und von der Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr in den Mitgliedstaaten abschrecken, in denen das Recht auf Schadensersatz wirksamer durchgesetzt wird. Die Unterschiede zwischen den in den Mitgliedstaaten geltenden Haftungsregelungen könnten als solche sowohl den Wettbewerb als auch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen.

(8)       Deshalb müssen die Wettbewerbsbedingungen für die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen stärker angeglichen und die Voraussetzungen, unter denen die Verbraucher die ihnen aus dem Binnenmarkt erwachsenden Rechte ausüben können, verbessert werden. Ferner ist es angebracht, in Bezug auf die einzelstaatlichen Vorschriften für Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union und – soweit es parallel dazu angewandt wird – einzelstaatliches Wettbewerbsrecht für mehr Rechtssicherheit zu sorgen und die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern. Eine Angleichung dieser Vorschriften wird auch dazu beitragen, dass sich die Unterschiede zwischen den Vorschriften der Mitgliedstaaten für Schadensersatzklagen in Wettbewerbssachen nicht noch weiter vergrößern.

(9)       Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 bestimmt Folgendes: „Wenden die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten oder einzelstaatliche Gerichte das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht auf Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Artikels [101] Absatz 1 des Vertrags an, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne dieser Bestimmung beeinträchtigen können, so wenden sie auch Artikel [101] des Vertrags auf diese Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen an. Wenden die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten oder einzelstaatliche Gerichte das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht auf nach Artikel [102] des Vertrags verbotene Missbräuche an, so wenden sie auch Artikel [102] des Vertrags an.“ Im Interesse des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts und im Hinblick auf mehr Rechtssicherheit und stärker angeglichene Ausgangsbedingungen für Unternehmen und Verbraucher ist es angebracht, dass der Geltungsbereich dieser Richtlinie Schadensersatzklagen umfasst, die auf Zuwiderhandlungen gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht zurückgehen, wenn dieses nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 angewandt wird. Die Anwendung voneinander abweichender Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung für Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 101 und 102 AEUV und für Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts, die auf denselben Fall und parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt werden müssen, würde sich andernfalls nachteilig auf die Position der Kläger in derselben Sache und den Umfang ihrer Ansprüche auswirken und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts behindern.

(10)     Da keine entsprechenden unionsrechtlichen Vorschriften bestehen, gelten für Schadensersatzklagen die innerstaatlichen Vorschriften und Verfahren der Mitgliedstaaten. Alle einzelstaatlichen Vorschriften, die die Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz eines durch eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV entstandenen Schadens einschließlich der in dieser Richtlinie nicht behandelten Aspekte (wie den Begriff des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Zuwiderhandlung und dem Schaden) betreffen, müssen dem Effektivitäts- und dem Äquivalenzgrundsatz entsprechen. Sie dürfen folglich nicht so formuliert sein oder angewandt werden, dass sie die Geltendmachung des durch den AEUV garantierten Rechts auf Schadensersatz übermäßig erschweren oder praktisch unmöglich machen, und dürfen nicht weniger günstig formuliert sein oder angewandt werden als die Regeln, die auf ähnliche, innerstaatliches Recht betreffende Klagen anwendbar sind.

(11)     Diese Richtlinie bestätigt erneut den gemeinschaftlichen Besitzstand in Bezug auf das Unionsrecht auf Ersatz des durch Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union verursachten Schadens – insbesondere hinsichtlich der Klagebefugnis und der Definition des Schadens im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union –, ohne der Weiterentwicklung dieses Besitzstands vorzugreifen. Jeder, der durch eine Zuwiderhandlung einen Schaden erlitten hat, kann Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße (damnum emergens) und des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) verlangen sowie die Zahlung von Zinsen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden entstanden ist, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Schadensersatz gezahlt worden ist. Dieses Recht ist für jede natürliche oder juristische Person – Verbraucher, Unternehmen wie Behörden – anerkannt, ohne Rücksicht darauf, ob eine unmittelbare vertragliche Beziehung zu dem zuwiderhandelnden Unternehmen besteht, und unabhängig von einer vorherigen Feststellung der Zuwiderhandlung durch eine Wettbewerbsbehörde. Mit dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet werden, Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes für die Durchsetzung der Artikel 101 und 102 AEUV einzuführen.

(12)     Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union erfordern typischerweise eine komplexe Analyse der zugrunde liegenden Tatsachen und wirtschaftlichen Zusammenhänge. Die für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs erforderlichen Beweismittel befinden sich häufig ausschließlich in der Sphäre der gegnerischen Partei oder Dritter und sind dem Kläger nicht hinreichend bekannt und zugänglich. Das strenge rechtliche Erfordernis, dass der Kläger zu Beginn des Verfahrens ausführlich alle für seinen Fall relevanten Tatsachen darlegen und dafür genau bezeichnete Beweisstücke anbieten muss, kann daher die wirksame Geltendmachung des durch den AEUV garantierten Schadensersatzanspruchs übermäßig erschweren.

(13)     Den Beweismitteln kommt bei der Erhebung von Schadensersatzklagen wegen einer Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union große Bedeutung zu. Da jedoch Kartellrechtsstreitigkeiten durch eine Informationsasymmetrie gekennzeichnet sind, ist es angebracht zu gewährleisten, dass die Geschädigten das Recht erhalten, die Offenlegung der für ihren Anspruch relevanten Beweismittel zu erwirken, ohne einzelne Beweisstücke anzugeben zu müssen. Um den Grundsatz der Waffengleichheit zu wahren, sollten diese Mittel auch dem Beklagten in einem Schadensersatzklageverfahren zur Verfügung stehen, damit dieser die Offenlegung von Beweismitteln durch die Geschädigten beantragen kann. Die einzelstaatlichen Gerichte können auch die Offenlegung von Beweismitteln durch Dritte anordnen. Wenn das einzelstaatliche Gericht die Offenlegung von Beweismitteln durch die Kommission anordnen will, finden der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten (Artikel 4 Absatz 3 AEU) und – hinsichtlich Auskunftsersuchen – Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1/2003 Anwendung.

(14)     Die Offenlegung relevanter Beweismittel sollte vom Gericht angeordnet und insbesondere hinsichtlich Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit streng kontrolliert werden. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich, dass Offenlegungsanträge erst gestellt werden können, wenn der Geschädigte auf der Grundlage der Tatsachen, von denen er mit zumutbarem Aufwand Kenntnis erlangen kann, plausibel gemacht hat, dass er einen vom Beklagten verursachten Schaden erlitten hat. Im Offenlegungsantrag sollte die Art der Beweismittel so genau bezeichnet sein, wie dies auf der Grundlage der mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen möglich ist.

(15)     Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollte auch dann sorgfältig geprüft werden, wenn durch die Offenlegung die Untersuchungsstrategie einer Wettbewerbsbehörde dadurch durchkreuzt zu werden droht, dass aufgedeckt wird, welche Unterlagen Teil der Akten sind, oder dass die Zusammenarbeit von Unternehmen mit der Wettbewerbsbehörde negativ beeinflusst wird. Der Offenlegungsantrag sollte daher nicht als verhältnismäßig angesehen werden, wenn er sich ganz allgemein auf die Offenlegung der Unterlagen in den Akten einer Wettbewerbsbehörde zu einem bestimmten Fall oder der von einer Partei im Zusammenhang mit einem bestimmten Fall übermittelten Unterlagen bezieht. Derart weite Offenlegungsanträge wären auch nicht mit der Pflicht der Partei, die die Offenlegung beantragt, vereinbar, die Kategorie der Beweismittel so genau wie möglich zu bezeichnen.

(16)     Wenn das Gericht ein zuständiges Gericht eines anderen Mitgliedstaats um Beweisaufnahme ersucht oder um direkte Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat ersucht, ist die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen[54] anzuwenden.

(17)     Relevante Beweismittel, die Geschäftsgeheimnisse oder sonstige vertrauliche Informationen enthalten, sollten zwar grundsätzlich für Schadensersatzklagen zur Verfügung stehen, vertrauliche Informationen müssen jedoch angemessen geschützt werden. Die einzelstaatlichen Gerichte sollten daher über eine Reihe von Mitteln zum Schutz vertraulicher Informationen vor Offenlegung während des Verfahrens verfügen. Hierzu zählen unter anderem die Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung, die Beschränkung des zur Kenntnisnahme der Beweismittel berechtigten Personenkreises und die Anweisung an Sachverständige, eine Zusammenfassung der Informationen in aggregierter oder sonstiger nichtvertraulicher Form vorzulegen. Die Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und sonstigen vertraulichen Informationen sollten die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs in der praktischen Anwendung nicht behindern.

(18)     Wirksamkeit und Kohärenz der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV durch die Kommission und die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden setzen ein in der ganzen Union einheitliches Konzept hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen den Vorschriften über die Offenlegung von Beweismitteln und der Durchsetzung dieser Artikel durch die Wettbewerbsbehörden voraus. Die Offenlegung von Beweismitteln sollte die Wirksamkeit der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Wettbewerbsbehörden nicht übermäßig beeinträchtigen. Die Beschränkungen für die Offenlegung von Beweismitteln sollten die Wettbewerbsbehörden nicht daran hindern, ihre Entscheidungen im Einklang mit den geltenden Vorschriften des Unionsrechts oder des einzelstaatlichen Rechts zu veröffentlichen.

(19)     Kronzeugenprogramme und Vergleichsverfahren sind wichtige Instrumente für die behördliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union, da sie zur Aufdeckung, effizienten Verfolgung und Sanktionierung der schwersten Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht beitragen. Unternehmen könnten davon abgeschreckt werden, in diesem Zusammenhang mitzuwirken, wenn die Offenlegung von Unterlagen, die sie ausschließlich für diesen Zweck erstellen, für sie eine zivilrechtliche Haftung unter schlechteren Bedingungen zur Folge hätte als für Rechtsverletzer, die nicht mit den Wettbewerbsbehörden zusammenarbeiten. Um zu gewährleisten, dass Unternehmen bereit sind, freiwillige Erklärungen abzugeben, in denen sie im Rahmen eines Kronzeugenprogramms oder eines Vergleichsverfahrens ihre Beteiligung an einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder einzelstaatliches Wettbewerbsrecht gegenüber einer Wettbewerbsbehörde eingestehen, sollten diese Erklärungen von der Offenlegung ausgenommen werden.

(20)     Eine solche Ausnahme sollte auch für den Fall gelten, dass die Offenlegung die laufende Untersuchung einer Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union durch eine Wettbewerbsbehörde übermäßig beeinträchtigen würde. Informationen, die von einer Wettbewerbsbehörde im Laufe ihres Verfahrens zur Durchsetzung einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts oder des Wettbewerbsrechts der Union erstellt (zum Beispiel eine Mitteilung der Beschwerdepunkte) oder von einer Partei dieses Verfahrens ausgearbeitet wurden (zum Beispiel Antworten auf Auskunftsverlangen der Wettbewerbsbehörde), sollten daher in Schadensersatzklageverfahren erst offengelegt werden können, nachdem die Wettbewerbsbehörde eine Zuwiderhandlung gegen die einzelstaatlichen Wettbewerbsvorschriften oder die Wettbewerbsvorschriften der Union festgestellt oder ihr Verfahren auf andere Weise beendet hat.

(21)     Abgesehen von den in den Erwägungsgründen 19 und 20 genannten Beweismitteln sollten die einzelstaatlichen Gerichte im Zusammenhang mit Schadensersatzklagen die Offenlegung von Beweismitteln anordnen können, die unabhängig von einem wettbewerbsbehördlichen Verfahren vorliegen („bereits vorhandene Informationen“).

(22)     Eine natürliche oder juristische Person, die durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde Beweismittel in Ausübung ihrer Verteidigungsrechte bei wettbewerbsbehördlichen Untersuchungen erlangt, kann diese Beweismittel für die Zwecke einer Schadensersatzklage verwenden, an der sie als Partei beteiligt ist. Eine solche Verwendung sollte auch der natürlichen oder juristischen Person gestattet werden, die in ihre Rechte und Pflichten eintritt, einschließlich durch Erwerb ihres Anspruchs. Falls die Beweismittel von einer juristischen Person erlangt wurden, die einer Unternehmensgruppe angehört, die für die Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV ein Unternehmen darstellt, ist die Verwendung dieser Beweismittel auch anderen juristischen Personen gestattet, die demselben Unternehmen angehören.

(23)     Die im vorstehenden Erwägungsgrund genannte Verwendung darf jedoch die wirksame Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Wettbewerbsbehörden nicht übermäßig beeinträchtigen. Die in den Erwägungsgründen 19 und 20 genannten Beschränkungen für die Offenlegung sollten daher auch für die Verwendung von Beweismitteln gelten, die allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde erlangt wurden. Zudem sollten Beweismittel, die bei einer Wettbewerbsbehörde im Rahmen der Ausübung von Verteidigungsrechten erlangt wurden, kein Gegenstand des Handels werden. Die Möglichkeit, Beweismittel zu verwenden, die allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde erlangt wurden, sollte daher auf die natürliche oder juristische Person, die ihre Verteidigungsrechte ausgeübt hat, und ihre im vorstehenden Erwägungsgrund genannten Rechtsnachfolger beschränkt werden. Diese Beschränkung hindert ein einzelstaatliches Gericht jedoch nicht daran, unter den in dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen die Offenlegung dieser Beweismittel anzuordnen.

(24)     Wenn ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird oder eine Wettbewerbsbehörde eine Untersuchung einleitet, besteht die Gefahr, dass die betroffenen Unternehmen Beweismittel vernichten oder verbergen, die für die Substantiierung des Schadensersatzanspruchs eines Geschädigten nützlich wären. Um die Vernichtung relevanter Beweismittel zu verhindern und um zu gewährleisten, dass gerichtliche Offenlegungsanordnungen befolgt werden, sollten die Gerichte hinreichend abschreckende Sanktionen verhängen können. Bei Prozessparteien kann das Risiko, dass im Schadensersatzklageverfahren für sie nachteilige Schlussfolgerungen gezogen werden, eine besonders wirksame Sanktion sein und Verzögerungen verhindern. Für die Verletzung der Pflichten zum Schutz vertraulicher Informationen und für die missbräuchliche Verwendung der durch die Offenlegung erlangten Informationen sollten ebenfalls Sanktionen vorgesehen werden. Sanktionen sollten auch verhängt werden können, wenn Informationen, die durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde in Ausübung von Verteidigungsrechten bei Untersuchungen dieser Wettbewerbsbehörde erlangt wurden, in Schadensersatzklagen missbräuchlich verwendet werden.

(25)     Wenn Gerichte der Mitgliedstaaten nach Artikel 101 oder 102 AEUV über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden haben, die bereits Gegenstand eines Beschlusses der Kommission sind, dürfen sie nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 keine Entscheidungen erlassen, die dem Beschluss der Kommission zuwiderlaufen. Im Interesse der Rechtssicherheit, zur Vermeidung von Widersprüchen bei der Anwendung dieser Vertragsbestimmungen, zur Erhöhung der Wirksamkeit und verfahrensrechtlichen Effizienz von Schadensersatzklagen und zur Förderung des Funktionierens des Binnenmarkts für Unternehmen und Verbraucher sollte es auch nicht möglich sein, eine bestandskräftige Entscheidung einer einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörde oder eines Rechtsbehelfsgerichts, in der eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV festgestellt wird, in einem dieselbe Zuwiderhandlung betreffenden Schadensersatzklageverfahren in Frage zu stellen, und zwar unabhängig davon, ob die Klage im Mitgliedstaat der Behörde oder des Rechtsbehelfsgerichts erhoben wurde. In Fällen, in denen das einzelstaatliche Wettbewerbsrecht und das Wettbewerbsrecht der Union auf denselben Fall und parallel angewandt werden, sollte dies auch für eine Entscheidung gelten, in der der Schluss gezogen wird, dass gegen Bestimmungen des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts verstoßen wurde. Diese Wirkung von Entscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden und Rechtsbehelfsgerichte, in denen eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften festgestellt wird, sollte für den verfügenden Teil und die Erwägungsgründe der Entscheidung gelten. Dies gilt unbeschadet der Rechte und Pflichten einzelstaatlicher Gerichte nach Artikel 267 AEUV.

(26)     Die einzelstaatlichen Vorschriften über Beginn, Länge, Hemmung und Unterbrechung von Verjährungsfristen sollten die Erhebung von Schadensersatzklagen nicht übermäßig behindern. Dies ist besonders wichtig bei Klagen, die sich auf eine von einer Wettbewerbsbehörde oder einem Rechtsbehelfsgericht getroffene Feststellung einer Zuwiderhandlung stützen. Die Geschädigten sollten daher eine Schadensersatzklage auch noch nach einem wettbewerbsbehördlichen Verfahren zur Durchsetzung des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts und des Wettbewerbsrechts der Union erheben können.

(27)     Wenn mehrere Unternehmen gemeinsam gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen (wie im Falle eines Kartells), ist es angebracht vorzusehen, dass diese gemeinsam handelnden Rechtsverletzer gesamtschuldnerisch für den gesamten durch diese Zuwiderhandlung verursachten Schaden haftbar gemacht werden. Untereinander sollten die gemeinsam handelnden Rechtsverletzer das Recht auf einen Ausgleichsbetrag haben, wenn eines der zuwiderhandelnden Unternehmen mehr gezahlt hat, als seinem Anteil entspricht. Die Bestimmung dieses Anteils anhand der relativen Verantwortung des betreffenden Rechtsverletzers und die einschlägigen Kriterien, wie Umsatz, Marktanteil oder Rolle in dem Kartell, unter Beachtung des Effektivitäts- und des Äquivalenzgrundsatzes ist Sache des geltenden einzelstaatlichen Rechts.

(28)     Unternehmen, die im Rahmen eines Kronzeugenprogramms mit den Wettbewerbsbehörden zusammenarbeiten, spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufdeckung von Zuwiderhandlungen in Form von geheimen Kartellen und bei der Abstellung dieser Zuwiderhandlungen, wodurch häufig der Schaden gemindert wird, der möglicherweise im Falle einer Fortsetzung der Zuwiderhandlung entstanden wäre. Es ist daher angebracht vorzusehen, dass Unternehmen, denen von einer Wettbewerbsbehörde im Rahmen eines Kronzeugenprogramms der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, vor übermäßigen Schadensersatzansprüchen geschützt werden; dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde, in der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, für das Unternehmen, dem der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, bestandskräftig werden kann, bevor sie für die anderen Unternehmen, denen kein Erlass zuerkannt wurde, bestandskräftig wird. Es ist daher angebracht, dass das Unternehmen, dem der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, vom Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung für den gesamten Schaden ausgenommen wird und dass sein Ausgleichsbetrag nicht höher sein darf als der Schaden, den es seinen eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder, im Falle eines Einkaufskartells, seinen unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten verursacht hat. Soweit ein Kartell anderen als den Kunden beziehungsweise Lieferanten der zuwiderhandelnden Unternehmen Schaden verursacht hat, sollte der Ausgleichsbetrag des Unternehmens, dem der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, nicht höher sein dürfen als seine relative Verantwortung für den durch das Kartell verursachten Schaden. Dieser Anteil sollte nach den gleichen Vorschriften bestimmt werden wie die Ausgleichsbeträge der zuwiderhandelnden Unternehmen untereinander (siehe Erwägungsgrund 27). Das Unternehmen, dem der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, sollte anderen Geschädigten als seinen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten nur dann weiter in vollem Umfang haften, wenn sie von den anderen zuwiderhandelnden Unternehmen keinen vollständigen Schadensersatz erlangen können.

(29)     Verbraucher und Unternehmen, die durch eine Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union geschädigt wurden, haben Anspruch auf Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße und des entgangenen Gewinns. Die Vermögenseinbuße kann sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und dem Preis ergeben, der ohne die Zuwiderhandlung gezahlt worden wäre. Hat ein Geschädigter die Vermögenseinbuße dadurch verringert, dass er sie ganz oder teilweise auf seine Abnehmer abgewälzt hat, so stellt diese Vermögenseinbuße keinen Schaden mehr dar, für den die Partei, die ihn abgewälzt hat, Ersatz erhalten muss. Es ist daher grundsätzlich angebracht, dem zuwiderhandelnden Unternehmen zu gestatten, die Abwälzung der Vermögenseinbuße als Einwand gegen den Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Es ist angebracht vorzusehen, dass das zuwiderhandelnde Unternehmen, soweit es den Einwand der Schadensabwälzung geltend macht, das Vorliegen und den Umfang der Schadensabwälzung beweisen muss.

(30)     Wenn der Preisaufschlag jedoch an Personen weitergegeben wurde, die rechtlich nicht in der Lage sind, Schadensersatz zu verlangen, ist es nicht angebracht, dem zuwiderhandelnden Unternehmen zu gestatten, den Einwand der Schadensabwälzung geltend zu machen, da es dadurch von der Haftung für den von ihm verursachten Schaden befreit würde. Wenn in einer Sache der Einwand der Schadensabwälzung geltend gemacht wird, sollte das mit der Klage befasste Gericht daher prüfen, ob die Personen, an die der Preisaufschlag angeblich weitergegeben wurde, rechtlich in der Lage sind, Schadensersatz zu verlangen. Zwar sind mittelbare Abnehmer berechtigt, Schadensersatz zu verlangen, jedoch können die im Einklang mit den Grundsätzen des Unionsrechts angewandten einzelstaatlichen Vorschriften über die Kausalität (einschließlich der Vorschriften über Vorhersehbarkeit und Nichtzurechenbarkeit des Schadens) dazu führen, dass bestimmte Personen (zum Beispiel auf einer Vertriebsstufe, die weit von der Zuwiderhandlung entfernt ist) rechtlich nicht in der Lage sind, in einem bestimmten Fall Schadensersatz zu verlangen. Erst wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Person, an die der Preisaufschlag angeblich weitergegeben wurde, rechtlich in der Lage ist, Schadensersatz zu verlangen, prüft es den Einwand der Schadensabwälzung in der Sache.

(31)     Verbraucher oder Unternehmen, auf die die Vermögenseinbuße abgewälzt wurde, erleiden einen durch eine Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union verursachten Schaden. Dieser Schaden sollte von dem zuwiderhandelnden Unternehmen ersetzt werden, wobei es sich allerdings für Verbraucher oder Unternehmen, die selbst nicht von dem zuwiderhandelnden Unternehmen erworben haben, als besonders schwierig erweisen kann, die Höhe des Schadens zu belegen. Es ist daher angebracht vorzusehen, dass, wenn das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs oder die Höhe des zuzuerkennenden Schadensersatzes davon abhängt, ob oder inwieweit ein Preisaufschlag vom unmittelbaren Abnehmer des zuwiderhandelnden Unternehmens an den mittelbaren Abnehmer weitergegeben wurde, davon ausgegangen wird, dass der mittelbare Abnehmer den Beweis dafür, dass der Preisaufschlag von dem unmittelbaren Abnehmer an seine Ebene weitergegeben wurde, erbracht hat, wenn er glaubhaft machen kann, dass eine solche Schadensabwälzung stattgefunden hat. Ferner ist es angebracht festzulegen, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen wird, dass der mittelbare Abnehmer dies glaubhaft gemacht hat. Was die Ermittlung des Umfangs der Schadensabwälzung angeht, so sollte das einzelstaatliche Gericht befugt sein zu schätzen, welcher Teil des Preisaufschlags in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit an die Ebene des mittelbaren Abnehmers weitergegeben wurde. Dem zuwiderhandelnden Unternehmen sollte gestattet werden, den Nachweis zu erbringen, dass die Vermögenseinbuße nicht oder nicht vollständig weitergegeben wurde.

(32)     Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht betreffen häufig die Bedingungen und den Preis, zu denen Waren oder Dienstleistungen verkauft werden, und führen zu Preisaufschlägen und sonstigem Schaden für die Kunden der zuwiderhandelnden Unternehmen. Die Zuwiderhandlung kann aber auch die Belieferung des zuwiderhandelnden Unternehmens betreffen (zum Beispiel im Falle eines Einkaufskartells). Die Vorschriften dieser Richtlinie und insbesondere die Vorschriften über die Schadensabwälzung sollten hier entsprechend gelten.

(33)     Schadensersatzklagen können sowohl von Geschädigten, die Waren oder Dienstleistungen von dem zuwiderhandelnden Unternehmen erworben haben, als auch von Abnehmern auf einer nachgelagerten Vertriebsstufe erhoben werden. Im Interesse der Kohärenz der Urteile in solchen im Zusammenhang stehenden Verfahren und um zu verhindern, dass der durch die Zuwiderhandlung gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht oder das Wettbewerbsrecht der Union verursachte Schaden nicht vollständig ersetzt wird oder dass das zuwiderhandelnde Unternehmen Ersatz für einen nicht erlittenen Schaden leisten muss, sollten die einzelstaatlichen Gerichte Klagen, die im Zusammenhang stehen, und die Urteile, mit denen über diese Klagen entschieden wird, gebührend berücksichtigen, soweit dies nach Unions- und einzelstaatlichem Recht zulässig ist, insbesondere wenn darin die Schadensabwälzung als erwiesen angesehen wird. Dies sollte die Grundrechte derjenigen, die nicht Partei dieser Gerichtsverfahren waren, auf Verteidigung, einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren unberührt lassen. Klagen, die bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig sind, können im Sinne des Artikels 30 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 als im Zusammenhang stehend angesehen werden. Nach dieser Bestimmung können später angerufene einzelstaatliche Gerichte das Verfahren aussetzen oder sich für unzuständig erklären.

(34)     Ein Geschädigter, der nachgewiesen hat, dass er infolge einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht einen Schaden erlitten hat, muss noch den Umfang dieses Schadens nachweisen, um Schadenersatz erhalten zu können. Die Quantifizierung eines kartellrechtlichen Schadens ist in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung und ‑bewertung sehr aufwändig und erfordert unter Umständen die Anwendung komplexer ökonomischer Modelle. Dies ist häufig sehr kostspielig und bringt für die Geschädigten Schwierigkeiten mit sich, an die für die Substantiierung ihrer Ansprüche erforderlichen Daten zu gelangen. Die Quantifizierung des kartellrechtlichen Schadens als solche kann eine erhebliche Hürde darstellen, die verhindert, dass Geschädigte Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten.

(35)     Um die Informationsasymmetrie und einige der mit der Quantifizierung des kartellrechtlichen Schadens verbundenen Schwierigkeiten zu beheben und um die wirksame Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu gewährleisten, ist es angebracht, bei Zuwiderhandlungen in Form von Kartellen zu vermuten, dass die Zuwiderhandlung einen Schaden verursacht hat, insbesondere durch die Auswirkungen auf die Preise. Je nach Sachverhalt bedeutet dies, dass das Kartell eine Preiserhöhung verursacht oder eine Preissenkung, die ohne die Zuwiderhandlung eingetreten wäre, verhindert hat. Dem zuwiderhandelnden Unternehmen sollte es freistehen, diese Vermutung zu widerlegen. Es ist angebracht, diese widerlegbare Vermutung auf Kartelle zu beschränken, da diese durch ihren geheimen Charakter die genannte Informationsasymmetrie verstärken und es dem Geschädigten erschweren, die für den Nachweis des Schadens erforderlichen Beweise zu beschaffen.

(36)     Da keine unionsrechtlichen Vorschriften über die Quantifizierung eines durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens bestehen, ist es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats und der einzelstaatlichen Gerichte festzulegen, welche Anforderungen der Geschädigte beim Nachweis des Umfangs des erlittenen Schadens erfüllen muss, wie er den entsprechenden Betrag genau nachweisen muss, welche Methoden er für die Ermittlung dieses Betrags verwenden kann und welche Folgen es hat, wenn er die festgelegten Anforderungen nicht erfüllen kann. Diese innerstaatlichen Anforderungen sollten jedoch weder weniger günstig sein als die Anforderungen an ähnliche innerstaatliches Recht betreffende Klagen (Äquivalenzgrundsatz), noch sollten sie die Ausübung des Unionsrechts auf Schadensersatz praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). In diesem Zusammenhang sollten Informationsasymmetrien zwischen den Parteien und die Tatsache berücksichtigt werden, dass Ermittlung des Schadensumfangs bedeutet, dass geprüft wird, wie sich der Markt entwickelt hätte, wenn die Zuwiderhandlung nicht begangen worden wäre. Diese Prüfung beinhaltet einen Vergleich mit einer per definitionem hypothetischen Situation und kann daher niemals mit letzter Genauigkeit vorgenommen werden. Es ist daher angebracht, den einzelstaatlichen Gerichten die Befugnis zu erteilen, die Höhe des durch die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens zu schätzen.

(37)     Die Geschädigten und die zuwiderhandelnden Unternehmen sollten ermutigt werden, sich in einvernehmlichen Streitbeilegungsverfahren (zum Beispiel außergerichtlichen Vergleichen, Schiedsverfahren oder Mediationsverfahren) auf einen Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens zu einigen. Nach Möglichkeit sollten sich an dieser einvernehmlichen Streitbeilegung so viele Geschädigte und zuwiderhandelnde Unternehmen wie möglich beteiligen. Die Bestimmungen dieser Richtlinie über die einvernehmliche Streitbeilegung sollen daher die Nutzung dieser Verfahren erleichtern und ihre Wirksamkeit erhöhen.

(38)     Die Verjährungsfrist für die Erhebung einer Schadensersatzklage kann unter Umständen so beschaffen sein, dass die Geschädigten und die zuwiderhandelnden Unternehmen nicht über genügend Zeit verfügen, um eine Einigung über den zu zahlenden Schadensersatz zu erzielen. Damit beide Seiten wirklich die Gelegenheit zu einer einvernehmlichen Streitbeilegung haben, bevor ein Verfahren vor dem einzelstaatlichen Gericht eingeleitet wird, muss die Verjährungsfrist daher für die Dauer des Verfahrens der einvernehmlichen Streitbeilegung gehemmt sein.

(39)     Wenn die Parteien beschließen, eine einvernehmliche Streitbeilegung einzuleiten, nachdem eine Schadensersatzklage bei dem einzelstaatlichen Gericht wegen desselben Anspruchs erhoben wurde, kann das Gericht auch das bei ihm anhängige Verfahren für die Dauer des Verfahrens der einvernehmlichen Streitbeilegung aussetzen. Wenn das einzelstaatliche Gericht prüft, ob das Verfahren ausgesetzt werden soll, sollte es das Interesse an einem zügigen Verfahren berücksichtigen.

(40)     Zur Förderung einvernehmlicher Regelungen sollte ein zuwiderhandelndes Unternehmen, das aufgrund einer einvernehmlichen Streitbeilegung Schadensersatz leistet, gegenüber den anderen Rechtsverletzern nicht schlechter gestellt werden als ohne die einvernehmliche Streitbeilegung. Dies könnte der Fall sein, wenn ein an der Regelung beteiligter Rechtsverletzer auch nach einer einvernehmlichen Streitbeilegung noch in vollem Umfang gesamtschuldnerisch für den durch die Zuwiderhandlung verursachten Schaden haften würde. Ein an der Regelung beteiligter Rechtsverletzer sollte daher grundsätzlich keinen Ausgleichsbetrag an die anderen, nicht an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer zahlen müssen, wenn diese dem Geschädigten, mit dem der erste Rechtsverletzer eine Regelung getroffen hat, Schadensersatz geleistet haben. Dementsprechend muss sich der Anspruch des Geschädigten um den Anteil des an der Regelung beteiligten Rechtsverletzers an dem ihm entstandenen Schaden verringern. Dieser Anteil sollte nach den gleichen Vorschriften bestimmt werden wie die Ausgleichsbeträge der zuwiderhandelnden Unternehmen untereinander (siehe Erwägungsgrund 27). Ohne eine solche Verringerung wären die nicht an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer übermäßig von einer Regelung betroffen, an der sie nicht als Partei beteiligt waren. Der an der Regelung beteiligte Rechtsverletzer ist allerdings weiter verpflichtet, Schadensersatz zu leisten, wenn dies für den Geschädigten die einzige Möglichkeit ist, vollständigen Schadensersatz zu erhalten.

(41)     Wenn von an der Regelung beteiligten Rechtsverletzern Ausgleichsbeträge für Schadensersatz verlangt werden, den nicht an der Regelung beteiligte Rechtsverletzer geleistet haben, sollte das Gericht den bereits aufgrund der einvernehmlichen Regelung geleisteten Schadensersatz sowie die Tatsache berücksichtigen, dass nicht zwangsläufig alle Rechtsverletzer in materieller, zeitlicher und räumlicher Hinsicht gleichermaßen an der Zuwiderhandlung beteiligt sind.

(42)     Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(43)     Da die volle Wirkung der Artikel 101 und 102 AEUV und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Unternehmen und Verbraucher nicht gewährleistet werden könnte, wenn auf einzelstaatlicher Ebene unterschiedliche wettbewerbspolitische Entscheidungen und Rechtsvorschriften über das Unionsrecht auf Schadensersatz in Schadensersatzklagen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union gelten, können diese Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und lassen sich daher wegen der erforderlichen Wirksamkeit und Kohärenz der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV besser auf Unionsebene erreichen. Das Europäische Parlament und der Rat erlassen diese Richtlinie daher im Einklang mit dem Subsidiaritätsgrundsatz nach Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union. Diese Richtlinie geht im Einklang mit dem ebenfalls in diesem Artikel festgelegten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(44)     In der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten vom 28. September 2011[55] haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Notifizierung ihrer Umsetzungsmaßnahmen in einem Dokument oder mehreren Dokumenten das Verhältnis zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente zu erläutern. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

GELTUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Geltungsbereich der Richtlinie

(1)          In dieser Richtlinie sind bestimmte Vorschriften festgelegt, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass jeder, der einen durch eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV oder einzelstaatliches Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, das Recht auf vollständigen Ersatz dieses Schadens wirksam geltend machen kann. Darüber hinaus sind darin Vorschriften festgelegt, mit denen der unverfälschte Wettbewerb im Binnenmarkt gefördert und Hindernisse für sein reibungsloses Funktionieren beseitigt werden, indem in der ganzen Union ein gleichwertiger Schutz für jeden gewährleistet wird, der einen solchen Schaden erlitten hat.

(2)          In dieser Richtlinie sind ferner Vorschriften für die Koordinierung zwischen der Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften durch die Wettbewerbsbehörden und der Durchsetzung dieser Vorschriften im Wege von Schadensersatzklagen vor einzelstaatlichen Gerichten festgelegt.

Artikel 2

Recht auf vollständigen Schadensersatz

(1)          Jeder, der einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder einzelstaatliches Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, kann den vollständigen Ersatz dieses Schadens verlangen.

(2)          Der vollständige Ersatz versetzt jeden, der einen Schaden erlitten hat, in die Lage, in der er sich befunden hätte, wenn die Zuwiderhandlung nicht begangen worden wäre. Er umfasst daher den Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße und des entgangenen Gewinns sowie die Zahlung von Zinsen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden entstanden ist, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ersatz für diesen Schaden tatsächlich gezahlt worden ist.

(3)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche wirksam geltend machen können.

Artikel 3

Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatz

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle einzelstaatlichen Vorschriften und Verfahren für Schadensersatzklagen so gestaltet sind und so angewandt werden, dass sichergestellt ist, dass Geschädigte das Unionsrecht auf vollständigen Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens wirksam geltend machen können. Die einzelstaatlichen Vorschriften und Verfahren für Klagen auf Ersatz des Schadens, der aus Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 AEUV entsteht, dürfen für die Geschädigten nicht weniger günstig sein als die Vorschriften und Verfahren für ähnliche innerstaatliches Recht betreffende Klagen.

Artikel 4

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.           „Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht“ eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV oder gegen einzelstaatliches Wettbewerbsrecht im Sinne der Nummer 2;

2.           „einzelstaatliches Wettbewerbsrecht“ Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts, mit denen überwiegend das gleiche Ziel verfolgt wird wie mit den Artikeln 101 und 102 AEUV und die nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 auf denselben Fall und parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt werden;

3.           „Schadensersatzklage“ eine Klage nach einzelstaatlichem Recht, mit der ein Geschädigter einen Schadensersatzanspruch vor einem einzelstaatlichen Gericht geltend macht; dies kann auch Klagen umfassen, mit denen jemand im Namen eines Geschädigten oder mehrerer Geschädigter einen Schadensersatzanspruch vor einem einzelstaatlichen Gericht geltend macht, sofern diese Möglichkeit im einzelstaatlichen Recht vorgesehen ist;

4.           „Schadensersatzanspruch“ einen Anspruch auf Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens;

5.           „Geschädigter“ jeden, der einen Schadensersatzanspruch hat;

6.           „einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde“ eine Behörde, die von einem Mitgliedstaat nach Artikel 35 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 als für die Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV zuständige Behörde benannt worden ist;

7.           „Wettbewerbsbehörde“ die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde;

8.           „einzelstaatliches Gericht“ oder „Gericht“ ein Gericht eines Mitgliedstaats im Sinne des Artikels 267 AEUV;

9.           „Rechtsbehelfsgericht“ ein einzelstaatliches Gericht, das befugt ist, Entscheidungen einer einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörde zu überprüfen, und in diesem Rahmen auch die Befugnis haben kann, eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV festzustellen;

10.         „Feststellungsentscheidung“ eine Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde oder eines Rechtsbehelfsgerichts, mit der eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht festgestellt wird;

11.         „bestandskräftige“ Feststellungsentscheidung eine Feststellungsentscheidung einer Wettbewerbsbehörde oder eines Rechtsbehelfsgerichts, gegen die kein Rechtsbehelf mehr eingelegt werden kann;

12.         „Kartell“ eine Absprache und/oder eine abgestimmte Verhaltensweise zwischen zwei oder mehr Wettbewerbern zwecks Abstimmung ihres Wettbewerbsverhaltens auf dem Markt und/oder Beeinflussung der relevanten Wettbewerbsparameter durch Verhaltensweisen wie die Festsetzung oder Koordinierung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, die Aufteilung von Produktions- oder Absatzquoten, die Aufteilung von Märkten und Kunden einschließlich Angebotsabsprachen, Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und/oder gegen andere Wettbewerber gerichtete wettbewerbsschädigende Maßnahmen;

13.         „Kronzeugenprogramm“ ein Programm, in dessen Rahmen ein an einem geheimen Kartell Beteiligter unabhängig von den übrigen Kartellbeteiligten an einer Untersuchung der Wettbewerbsbehörde mitwirkt, indem das Unternehmen freiwillig seine Kenntnis von dem Kartell und seine Beteiligung daran darlegt und ihm dafür im Gegenzug der Erlass oder eine Ermäßigung der wegen des Kartells zu verhängenden Geldbuße zuerkannt wird;

14.         „Kronzeugenunternehmenserklärung“ eine mündliche oder schriftliche freiwillige Darlegung seitens oder im Namen eines Unternehmens gegenüber einer Wettbewerbsbehörde, in der das Unternehmen seine Kenntnis von einem geheimen Kartell und seine Beteiligung daran mitteilt und die eigens zu dem Zweck formuliert wurde, im Rahmen eines Kronzeugenprogramms für die Anwendung des Artikels 101 AEUV oder der entsprechenden Bestimmung des einzelstaatlichen Rechts bei der betreffenden Behörde den Erlass oder eine Ermäßigung der Geldbuße zu erwirken; dies umfasst nicht Unterlagen oder Informationen, die unabhängig von einem wettbewerbsbehördlichen Verfahren vorliegen („bereits vorhandene Informationen“);

15.         „Vergleichsausführung“ eine freiwillige Darlegung seitens oder im Namen eines Unternehmens gegenüber einer Wettbewerbsbehörde, die das Anerkenntnis seiner Beteiligung an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV oder eine entsprechende Bestimmung des einzelstaatlichen Rechts und seiner Haftung für diese Zuwiderhandlung enthält und die eigens als ein an die betreffende Behörde gerichteter förmlicher Antrag auf Anwendung eines beschleunigten Verfahrens formuliert wurde;

16.         „Preisaufschlag“ die positive Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und dem Preis, der ohne die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht üblich gewesen wäre;

17.         „einvernehmliche Regelung“ eine Einigung über die Zahlung von Schadensersatz, die durch einvernehmliche Streitbeilegung erzielt wird.

KAPITEL II

OFFENLEGUNG VON BEWEISMITTELN

Artikel 5

Offenlegung von Beweismitteln

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass, wenn ein Kläger die mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen und Beweismittel dargelegt hat, aus denen sich plausible Gründe für den Verdacht ergeben, dass er – beziehungsweise die von ihm Vertretenen – einen durch eine Zuwiderhandlung des Beklagten gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, die einzelstaatlichen Gerichte unter den Voraussetzungen dieses Kapitels die Offenlegung von Beweismitteln durch den Beklagten oder einen Dritten anordnen können, und zwar unabhängig davon, ob das betreffende Beweismittel auch in den Akten einer Wettbewerbsbehörde enthalten ist. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Gerichte auf Antrag des Beklagten auch die Offenlegung von Beweismitteln durch den Kläger oder einen Dritten anordnen können.

Diese Bestimmung lässt die Rechte und Pflichten der einzelstaatlichen Gerichte nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates unberührt.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die einzelstaatlichen Gerichte die in Absatz 1 genannte Offenlegung von Beweismitteln anordnen, wenn die Partei, die die Offenlegung beantragt,

a)      nachgewiesen hat, dass Beweismittel, die sich in der Sphäre der anderen Partei oder eines Dritten befinden, für die Substantiierung ihres Anspruchs beziehungsweise ihres Einwands relevant sind, und

b)      ein Beweisstück benannt oder die Kategorie der Beweismittel so genau bezeichnet hat, wie es ihr auf der Grundlage der mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen möglich ist.

(3)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die von den einzelstaatlichen Gerichten angeordnete Offenlegung von Beweismitteln verhältnismäßig ist. Bei der Prüfung, ob die von einer Partei beantragte Offenlegung verhältnismäßig ist, berücksichtigen die einzelstaatlichen Gerichte die berechtigten Interessen aller Parteien und betroffenen Dritten. Insbesondere berücksichtigen sie:

a)      die Wahrscheinlichkeit, dass die mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht tatsächlich begangen wurde,

b)      den Umfang und die Kosten der Offenlegung, insbesondere für betroffene Dritte,

c)      ob die offenzulegenden Beweismittel vertrauliche Informationen – insbesondere Dritte betreffende Informationen – enthalten und wie der Schutz dieser vertraulichen Informationen geregelt ist, und

d)      in Fällen, in denen die Zuwiderhandlung von einer Wettbewerbsbehörde untersucht wird oder wurde, ob der Antrag eigens hinsichtlich Art, Gegenstand oder Inhalt der betreffenden Unterlagen formuliert wurde und nicht unspezifisch in Bezug auf die der Wettbewerbsbehörde übermittelten Unterlagen oder Unterlagen in den Akten der Wettbewerbsbehörde.

(4)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die einzelstaatlichen Gerichte über wirksame Maßnahmen für einen möglichst umfassenden Schutz vertraulicher Informationen vor missbräuchlicher Verwendung verfügen, gleichzeitig jedoch auch sichergestellt ist, dass relevante Beweismittel, die solche Informationen enthalten, für Schadensersatzklagen zur Verfügung stehen.

(5)          Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um gesetzlichen Privilegien und jedem sonstigen Recht, nicht zur Offenlegung von Beweismitteln gezwungen zu werden, volle Wirkung zu verleihen.

(6)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass, soweit ihre Gerichte befugt sind, eine Offenlegung anzuordnen, ohne die Person, von der die Offenlegung verlangt wird, zu hören, keine Sanktion für die Nichtbefolgung einer solchen Anordnung verhängt werden darf, bevor der Adressat der Anordnung von dem Gericht gehört wurde.

(7)          Zu den Beweismitteln gehören alle vor dem angerufenen einzelstaatlichen Gericht zulässigen Arten von Beweismitteln, insbesondere Urkunden und alle sonstigen Gegenstände, die Informationen enthalten, unabhängig von dem Medium, auf dem die Informationen gespeichert sind.

(8)          Unbeschadet der Verpflichtung nach Absatz 4 und der Beschränkungen nach Artikel 6 hindert dieser Artikel die Mitgliedstaaten nicht daran, Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, die zu einer umfassenderen Offenlegung von Beweismitteln führen würden.

Artikel 6

Beschränkungen für die Offenlegung von Beweismitteln aus den Akten einer Wettbewerbsbehörde

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die einzelstaatlichen Gerichte für die Zwecke von Schadenersatzklagen zu keinem Zeitpunkt die Offenlegung der folgenden Beweismittelkategorien durch eine Partei oder einen Dritten anordnen können:

a)      Kronzeugenunternehmenserklärungen und

b)      Vergleichsausführungen.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die einzelstaatlichen Gerichte die Offenlegung der folgenden Beweismittelkategorien für die Zwecke von Schadensersatzklagen erst anordnen können, nachdem eine Wettbewerbsbehörde ihr Verfahren eingestellt oder eine in Artikel 5 der Verordnung Nr. 1/2003 oder in Kapitel III der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Entscheidung erlassen hat:

a)      Informationen, die von einer natürlichen oder juristischen Person eigens für das wettbewerbsbehördliche Verfahren erstellt wurden,

b)      Informationen, die von einer Wettbewerbsbehörde im Laufe ihres Verfahrens erstellt wurden.

(3)          Die Offenlegung von Beweismitteln in den Akten einer Wettbewerbsbehörde, die nicht unter eine der in Absatz 1 oder 2 aufgeführten Kategorien fallen, kann in Schadenersatzklageverfahren jederzeit angeordnet werden.

Artikel 7

Beschränkungen für die Verwendung von allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde erlangten Beweismitteln

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Beweismittel, die unter eine der in Artikel 6 Absatz 1 aufgeführten Kategorien fallen und von einer natürlichen oder juristischen Person allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde in Ausübung ihrer Verteidigungsrechte nach Artikel 27 der Verordnung Nr. 1/2003 oder entsprechender Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts erlangt wurden, in Schadensersatzklageverfahren nicht zulässig sind.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Beweismittel, die unter eine der in Artikel 6 Absatz 2 aufgeführten Kategorien fallen und von einer natürlichen oder juristischen Person allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde in Ausübung ihrer Verteidigungsrechte nach Artikel 27 der Verordnung Nr. 1/2003 oder entsprechender Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts erlangt wurden, in Schadensersatzklageverfahren nicht zulässig sind, bis die Wettbewerbsbehörde ihr Verfahren eingestellt oder eine in Artikel 5 der Verordnung Nr. 1/2003 oder in Kapitel III der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Entscheidung erlassen hat.

(3)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Beweismittel, die von einer natürlichen oder juristischen Person allein durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde in Ausübung ihrer Verteidigungsrechte nach Artikel 27 der Verordnung Nr. 1/2003 oder entsprechender Bestimmungen des einzelstaatlichen Rechts erlangt wurden und die nicht nach Absatz 1 oder 2 unzulässig sind, in einem Schadensersatzverfahren nur von dieser Person oder von der natürlichen oder juristischen Person verwendet werden können, die in ihre Rechte eintritt, einschließlich der Person, die ihren Anspruch erworben hat.

Artikel 8

Sanktionen

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die einzelstaatlichen Gerichte in folgenden Fällen Sanktionen gegen die Parteien, Dritte und ihre rechtlichen Vertreter verhängen können:

a)      Nichtbefolgung einer gerichtlichen Offenlegungsanordnung oder Verweigerung der angeordneten Offenlegung,

b)      Vernichtung relevanter Beweismittel, sofern zum Zeitpunkt der Vernichtung

i)        der Vernichter Beteiligter des wettbewerbsbehördlichen Verfahrens in Bezug auf das der Schadensersatzklage zugrundeliegende Verhalten war oder gewesen war oder

ii)       der Vernichter wusste oder hätte wissen müssen, dass eine Schadensersatzklage vor dem einzelstaatlichen Gericht erhoben worden war und dass die Beweismittel für die Substantiierung entweder des Schadensersatzanspruchs oder eines Einwands gegen diesen Anspruch relevant waren, oder

iii)      der Vernichter wusste, dass die Beweismittel für von ihm oder gegen ihn erhobene anhängige oder künftige Schadensersatzklagen relevant waren,

c)      Unterlassung oder Verweigerung der Erfüllung der mit einer gerichtlichen Anordnung zum Schutz vertraulicher Informationen auferlegten Verpflichtungen oder

d)      Missbrauch der in diesem Kapitel vorgesehenen Rechte im Zusammenhang mit der Offenlegung von Beweismitteln und der auf diese Weise erlangten Beweismittel und Informationen.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Sanktionen, die von den einzelstaatlichen Gerichten verhängt werden können, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Als Sanktion für das Verhalten einer Partei in einem Schadensersatzklageverfahren können die einzelstaatlichen Gerichte unter anderem für die Partei nachteilige Schlussfolgerungen ziehen und beispielsweise den betreffenden Beweis als erbracht ansehen beziehungsweise Ansprüche und Einwände ganz oder teilweise zurückweisen oder die Partei zur Kostentragung verpflichten.

KAPITEL III

WIRKUNG EINZELSTAATLICHER ENTSCHEIDUNGEN, VERJÄHRUNG, GESAMTSCHULDNERISCHE HAFTUNG

Artikel 9

Wirkung einzelstaatlicher Entscheidungen

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass, wenn einzelstaatliche Gerichte in Schadensersatzklageverfahren nach Artikel 101 oder 102 AEUV oder nach einzelstaatlichem Wettbewerbsrecht über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden haben, die bereits Gegenstand einer bestandskräftigen Feststellungsentscheidung einer einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörde oder eines Rechtsbehelfsgerichts sind, diese Gerichte keine Entscheidungen erlassen können, die dieser Feststellung einer Zuwiderhandlung zuwiderlaufen. Diese Verpflichtung gilt unbeschadet der Rechte und Pflichten nach Artikel 267 AEUV.

Artikel 10

Verjährung

(1)          Die Mitgliedstaaten legen die Vorschriften über die Verjährungsfristen für die Erhebung von Schadensersatzklagen im Einklang mit diesem Artikel fest. In diesen Vorschriften wird festgelegt, wann die Verjährungsfrist beginnt, wie lang die Frist ist und unter welchen Umständen eine Unterbrechung oder Hemmung der Frist eintreten kann.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährungsfrist nicht beginnt, bevor ein Geschädigter von Folgendem Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen:

i)       dem Verhalten, das die Zuwiderhandlung darstellt,

ii)       der Einstufung dieses Verhaltens als Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder einzelstaatliches Wettbewerbsrecht,

iii)      der Tatsache, dass ihm durch die Zuwiderhandlung ein Schaden entstanden ist, und

iv)      der Identität des Rechtsverletzers, der diesen Schaden verursacht hat.

(3)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährungsfrist nicht vor dem Tag beginnt, an dem eine dauernde oder fortgesetzte Zuwiderhandlung beendet ist.

(4)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährungsfrist für die Erhebung einer Schadensersatzklage mindestens fünf Jahre beträgt.

(5)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährungsfrist gehemmt wird, wenn eine Wettbewerbsbehörde Maßnahmen im Hinblick auf eine Untersuchung oder ein Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung trifft, auf die sich die Schadensersatzklage bezieht. Die Hemmung endet frühestens ein Jahr, nachdem die Feststellungsentscheidung bestandskräftig geworden oder das Verfahren auf andere Weise beendet worden ist.

Artikel 11

Gesamtschuldnerische Haftung

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Unternehmen, die durch ein gemeinsames Verhalten gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben, gesamtschuldnerisch für den durch diese Zuwiderhandlung verursachten Schaden haften: Jedes der zuwiderhandelnden Unternehmen ist zum vollständigen Ersatz des Schadens verpflichtet, und der Geschädigte kann von jedem von ihnen vollständigen Schadensersatz verlangen, bis der Schaden vollständig ersetzt ist.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ein Unternehmen, dem von einer Wettbewerbsbehörde im Rahmen eines Kronzeugenprogramms der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, anderen Geschädigten als seinen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten nur haftet, wenn diese Geschädigten nachweisen, dass sie von den anderen Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt waren, keinen vollständigen Schadensersatz erhalten können.

(3)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ein zuwiderhandelndes Unternehmen von anderen zuwiderhandelnden Unternehmen einen Ausgleichsbetrag verlangen kann, dessen Höhe anhand ihrer relativen Verantwortung für den durch die Zuwiderhandlung verursachten Schaden bestimmt wird. Der Ausgleichsbetrag eines Unternehmens, dem von einer Wettbewerbsbehörde im Rahmen eines Kronzeugenprogramms der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, darf nicht höher sein als der Schaden, den die Zuwiderhandlung seinen eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten verursacht hat.

(4)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass, soweit durch die Zuwiderhandlung anderen Geschädigten als den unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten der zuwiderhandelnden Unternehmen ein Schaden entstanden ist, der Ausgleichsbetrag des Unternehmens, dem der Erlass der Geldbuße zuerkannt wurde, anhand seiner relativen Verantwortung für diesen Schaden bestimmt wird.

KAPITEL IV

SCHADENSABWÄLZUNG

Artikel 12

Einwand der Schadensabwälzung

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass der Beklagte in einem Schadensersatzklageverfahren als Einwand gegen einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, dass der Kläger den sich aus der Zuwiderhandlung ergebenden Preisaufschlag ganz oder teilweise weitergegeben hat. Die Beweislast für die Weitergabe des Preisaufschlags trägt der Beklagte.

(2)          Ist der Preisaufschlag an Personen auf der nächsten Vertriebsstufe weitergegeben worden, für die es rechtlich unmöglich ist, Ersatz des ihnen entstandenen Schadens zu verlangen, so kann der Beklagte den im vorstehenden Absatz genannten Einwand nicht geltend machen.

Artikel 13

Mittelbare Abnehmer

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass, wenn in einem Schadensersatzklageverfahren das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs oder die Höhe des zuzuerkennenden Schadensersatzes davon abhängt, ob – oder inwieweit – ein Preisaufschlag an den Kläger weitergegeben wurde, der Kläger die Beweislast für das Vorliegen und den Umfang einer solchen Schadensabwälzung trägt.

(2)          Im Falle des Absatzes 1 wird davon ausgegangen, dass der mittelbare Abnehmer den Beweis dafür, dass eine Abwälzung auf ihn stattgefunden hat, erbracht hat, wenn er nachgewiesen hat, dass

a)      der Beklagte eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht begangen hat,

b)      die Zuwiderhandlung einen Preisaufschlag für den unmittelbaren Abnehmer des Beklagten zur Folge hatte und

c)      er Waren oder Dienstleistungen erworben hat, die Gegenstand der Zuwiderhandlung waren oder die aus den Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Zuwiderhandlung waren, hervorgegangen waren oder sie enthielten.

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass das Gericht befugt ist zu schätzen, welcher Teil des Preisaufschlags weitergegeben wurde.

Dieser Absatz berührt nicht das Recht des Rechtsverletzers, den Nachweis zu erbringen, dass der Preisaufschlag nicht oder nicht vollständig an den mittelbaren Abnehmer weitergegeben wurde.

Artikel 14

Entgangener Gewinn und Zuwiderhandlung auf Lieferantenebene

(1)          Die Vorschriften dieses Kapitels berühren nicht das Recht des Geschädigten, Ersatz des entgangenen Gewinns zu verlangen.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Vorschriften dieses Kapitels entsprechend für den Fall gelten, dass die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht die Belieferung des zuwiderhandelnden Unternehmens betrifft.

Artikel 15

Schadensersatzklagen von Klägern verschiedener Vertriebsstufen

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die mit einer Schadensersatzklage befassten einzelstaatlichen Gerichte bei der Prüfung, ob die sich aus der Anwendung des Artikels 13 ergebende Beweislast beachtet ist, Folgendes gebührend berücksichtigen:

a)      Schadensersatzklagen, die dieselbe Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht betreffen, aber von Klägern auf anderen Vertriebsstufen erhoben wurden, oder

b)      Urteile, mit denen über solche Klagen entschieden wird.

(2)          Dieser Artikel lässt die Rechte und Pflichten der einzelstaatlichen Gerichte nach Artikel 30 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 unberührt.

KAPITEL V

ERMITTLUNG DES SCHADENSUMFANGS

Artikel 16

Ermittlung des Schadensumfangs

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass bei Zuwiderhandlungen in Form von Kartellen vermutet wird, dass die Zuwiderhandlung einen Schaden verursacht hat. Das zuwiderhandelnde Unternehmen hat das Recht, diese Vermutung zu widerlegen.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die für die Ermittlung des Schadensumfangs getroffene Regelung, wer in welchem Umfang beweispflichtig ist und Tatsachen vortragen muss, dem Geschädigten die Ausübung seines Rechts auf Schadensersatz nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass das Gericht die Befugnis erhält, den Schadensumfang zu schätzen.

KAPITEL VI

EINVERNEHMLICHE STREITBEILEGUNG

Artikel 17

Aufschiebende Wirkung der einvernehmlichen Streitbeilegung

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährungsfrist für die Erhebung von Schadensersatzklagen für die Dauer des Verfahrens der einvernehmlichen Streitbeilegung gehemmt ist. Die Hemmung der Verjährungsfrist gilt nur für die Parteien, die an der einvernehmlichen Streitbeilegung beteiligt sind oder waren.

(2)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die mit einer Schadensersatzklage befassten einzelstaatlichen Gerichte das Verfahren aussetzen können, wenn die Verfahrensparteien an einer einvernehmlichen Streitbeilegung in Bezug auf den mit der Schadensersatzklage geltend gemachten Anspruch beteiligt sind.

Artikel 18

Wirkung einvernehmlicher Regelungen auf anschließende Schadensersatzklagen

(1)          Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass sich bei einer einvernehmlichen Regelung der Anspruch des an der Regelung beteiligten Geschädigten um den Anteil des an der Regelung beteiligten Rechtsverletzers an dem Schaden, der dem Geschädigten durch die Zuwiderhandlung entstanden ist, verringert. Die nicht an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer können von dem an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer keinen Ausgleichsbetrag für den verbleibenden Anspruch verlangen. Nur wenn die nicht an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer nicht in der Lage sind, den Schadensersatz zu leisten, der dem verbleibenden Anspruch entspricht, kann von dem an der Regelung beteiligten Rechtsverletzer verlangt werden, dem an der Regelung beteiligten Geschädigten Schadensersatz zu leisten.

(2)          Bei der Festlegung des von den Rechtsverletzern jeweils zu zahlenden Ausgleichsbetrags tragen die einzelstaatlichen Gerichte früheren einvernehmlichen Regelungen, an denen der betreffende Rechtsverletzer beteiligt war, gebührend Rechnung.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 19

Überprüfung

Die Kommission überprüft diese Richtlinie bis zum […] [5 Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie] und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat darüber Bericht.

Artikel 20

Umsetzung

(1)          Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens bis zum [2 Jahre nach Erlass dieser Richtlinie] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)          Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 21

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 22

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am […]

Im Namen des Europäischen Parlaments     Im Namen des Rates

FINANZBOGEN ZU RECHTSAKTEN

Dieser Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt.

[1]               Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag die Artikel 101 und 102 des Vertrags getreten. Ihr Inhalt blieb unverändert.

[2]               Siehe jeweils Artikel 4 und 5 der Verordnung Nr. 1/2003.

[3]               Artikel 23 der Verordnung Nr. 1/2003.

[4]               Artikel 6 der Verordnung Nr. 1/2003. siehe auch Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 1974, BRT/SABAM, 127/73, Slg. 1974, S. 51, Randnr. 16; Urteil des Gerichtshofs vom 18. März 1997, Guérin Automobiles/Kommission, C-282/95 P, Slg. 1997, I-1503, Randnr. 39.

[5]               Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2001, Courage/Crehan, C-453/99, Slg. 2001, I-6297; verbundene Rechtssachen C-295 – 298/04, Manfredi, Slg. 2006, I-6619; Pfleiderer AG/ Bundeskartellamt, C-360/09, Slg. 2011, I-5161. und Europäische Gemeinschaft/Otis NV, C-199/11, Slg. 2012, I-0000.

[6]               Siehe Fußnote 5, Manfredi, Randnr. 95.

[7]               Pfleiderer AG/ Bundeskartellamt, C-360/09, Slg. 2011, I-5161.

[8]               KOM(2008) 165 endg., siehe auch Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen im Anhang des Weißbuchs, SEK(2008) 404.

[9]               Öffentliche Konsultation zu dem Thema „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz http://ec.europa.eu/competition/consultations/2011_collective_redress/index_en.html.

[10]             Entschließung des Treffens der Leiter der europäischen Wettbewerbsbehörden vom 23. Mai 2012 zum Thema: ‚Schutz von Kronzeugenunterlagen im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Schadensersatzklagen', abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/ecn/leniency_material_protection_en.pdf.

[11]             Siehe Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2012 zum Thema „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“ (2011/2089(INI)): http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&language=EN&reference=P7-TA-2012-21 und zu dem Jahresbericht über die EU-Wettbewerbspolitik (2011/2094(INI)) http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&language=EN&reference=P7-TA-2012-31.

[12]             KOM(2005) 672 endg.; siehe auch Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen im Anhang des Grünbuchs, SEK(2005) 1732.

[13]             Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2009 zu dem Weißbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2008/2154(INI)).

[14]             Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 25. März 2009 zum Weißbuch „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“, ABl. C 228 vom 22.9.2009, S.40.

[15]             Siehe Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2012 zum Jahresbericht über die EU-Wettbewerbspolitik (2011/2094(INI)).

[16]             ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 54.

[17]             Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. Diese Verordnung wurde unlängst durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ersetzt, ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1, die zum größten Teil am 10. Januar 2015 in Kraft treten wird.

[18]             Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen, ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1.

[19]             Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II), ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40.

[20]             Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1.

[21]             Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 136 vom 24.5.2008, S. 3.

[22]             Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission, ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18.

[23]             Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004, ABl. C 325 vom 22.12.2005, S. 7.

[24]             Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, ABl. C 298 vom 8.12.2006, S. 17.

[25]             ABl. C 167 vom 2.7.2008, S. 1.

[26]             Die schriftlichen Stellungnahmen, die im Laufe der öffentlichen Konsultationen bei der Kommission eingegangen sind, können auf den folgenden Webseiten aufgerufen werden: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/green_paper_comments.html (Anhörung zum Grünbuch) und http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/green_paper_comments.html (Anhörung zum Weißbuch)

[27]             Siehe oben Fußnote 9.

[28]             Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2012 zu dem Thema „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“ (2011/2089(INI)): http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&language=EN&reference=P7-TA-2012-21.

[29]             Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“ (COM(2013) 401 final).

[30]             Empfehlung der Kommission „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ (C(2013) 3539 final).

[31]             Öffentliche Konsultation zum Entwurf des Leitfadens − Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2011_actions_damages/index_en.html.

[32]             Die im Rahmen der öffentlichen Konsultation eingegangenen Beiträge sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2011_actions_damages/index_en.html#contributions.

[33]             ‚Study on the conditions of claims for damages in case of infringement of EC competition rules’, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/study.html.

[34]             ‚Making antitrust damages actions more effective in the EU: welfare impact and potential scenarios’, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/files_white_paper/impact_study.pdf.

[35]             ‚Quantifying antitrust damages — Towards non-binding guidance for courts’, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/quantification_study.pdf.

[36]             Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Zusammenfassung der Folgenabschätzung, Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen das EU-Wettbewerbsrecht, Straßburg, 11.6.2013 (SWD(2013) 203 final).

[37]             Siehe oben Fußnote 5.

[38]             Siehe oben Fußnote 33.

[39]             Siehe unten Abschnitt 0.1.

[40]             Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1/2003.

[41]             Z. B. hinsichtlich des Einwands der Schadensabwälzung, siehe Abschnitt 4.4.

[42]             Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45).

[43]             Diese Beschränkung gilt natürlich auch, wenn die einzelstaatlichen Gerichte die Offenlegung von Unterlagen der unter Buchstabe b genannten Kategorie anordnen, nachdem eine Wettbewerbsbehörde ihr Verfahren beendet hat.

[44]             Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission (ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18).

[45]             Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 des Vertrags (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 54), Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (ABl. C 325 vom 22.12.2005, S. 7) und Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen (ABl. C 167 vom 2.7.2008, S. 1).

[46]             Europäische Gemeinschaft/Otis und andere, C‑199/11, Slg. 2012, I‑0000.

[47]             Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).

[48]             Quantifying antitrust damages — Towards non-binding guidance for courts, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/quantification_study.pdf, S. 91.

[49]             Mitteilung der Kommission zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (C(2013) 3440).

[50]             ABl. C … vom …, S. ….

[51]             ABl. C … vom …, S. ….

[52]             ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag die Artikel 101 und 102 AEUV getreten. Die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag und die Artikel 101 und 102 AEUV sind im Wesentlichen identisch.

[53]             ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 391.

[54]             ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1.

[55]             ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

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