EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52003DC0845

Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen [SEK(2003) 1478]

/* KOM/2003/0845 endg. */

52003DC0845

Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen [SEK(2003) 1478] /* KOM/2003/0845 endg. */


BERICHT DER KOMMISSION über die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen [SEK(2003) 1478]

Inhalt

1. Einleitung

1.1. Hintergrund dieses Berichts

1.2. Das in der Richtlinie verankerte Berichterstattungsverfahren

1.3. Berichtsstruktur

2. Die Habitat-Richtlinie 92/43/EWG

2.1. Ziele der Richtlinie

2.2. Die wichtigsten Bestimmungen der Richtlinie

2.2.1. Besondere Schutzgebiete und Natura 2000

2.2.2. Aufbau strenger Schutzsysteme für Tier- und Pflanzenarten

2.2.3. Sonstige allgemeine Bestimmungen

2.3. Rechtliche Klarstellungen

3. Umsetzungsmassnahmen auf EU-Ebene

3.1. Vorgehen gegen Rechtsverstöße

3.2. Finanzierung von LIFE-Natur

3.3. Finanzierung von Natura 2000

3.4. Vorbereitungen auf die Erweiterung

4. Umsetzung in den Mitgliedstaaten im Überblick

4.1. Aufbau des Natura-2000-Netzes

4.1.1. Vorgeschlagene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung

4.1.2. Erhaltungsmaßnahmen

4.1.3. Finanzielle Beteiligung im Rahmen der Richtlinie

4.1.4. Überwachung

4.2. Artenschutz

4.2.1. Aufbau strenger Schutzsysteme

4.2.2. Entnahme aus der Natur und Ausnahmeregelungen

4.3. Sonstige allgemeine Fragen

4.3.1. Forschung

4.3.2. Wiederansiedlung und Ansiedlung

4.3.3. Erzieherische Maßnahmen und Information

4.3.4. Pläne zur Förderung der Pflege von Landschaftselementen

4.3.5. Humanressourcen

5. Fazit

5.1. Erhaltung von Lebensräumen und Arten

5.1.1. Auswahl von Gebieten

5.1.2. Schutz von Gebieten

5.1.3. Bewirtschaftung von Gebieten

5.1.4. Maßnahmen zur Erhaltung von Gebieten

5.2. Artenschutz

5.3. Humanressourcen und finanzielle Ressourcen

5.4. Berichterstattung gemäß Richtlinie

BERICHT DER KOMMISSION

über die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen Teil I Zusammenfassender Sachstandsbericht

1. EINLEITUNG

1.1. Hintergrund dieses Berichts

Die Artenvielfalt als eine unerlässliche Voraussetzung für die Bewahrung des Lebens auf der Erde nimmt weltweit schneller ab als je zuvor, so das Fazit des Bericht des UN-Umweltprogramms über die Artenvielfalt. Demselben Dokument zufolge gelten in einigen EU-Mitgliedstaaten heute bis zu 24 % der Arten bestimmter Familien wie Schmetterlinge, Vögel und Säugetiere als ausgestorben.

In ihrer Lagebeurteilung gelangte die Europäische Umweltagentur (EUA) zu dem Schluss, dass die Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt in der EU überwiegend in äußerst intensiven, teilweise industriellen Formen der Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Flächen, einer zunehmende Zersplitterung der noch verbliebenen natürlichen Lebensräume durch Infrastrukturmaßnahmen und Verstädterung, im Massentourismus sowie in der Verschmutzung der Gewässer und der Luft zu sehen sind. Die EUA stellte fest, dass angesichts der prognostizierten Zunahme der Wirtschaftstätigkeit ein beschleunigter Rückgang der Artenvielfalt sehr viel wahrscheinlicher ist als eine Stabilisierung.

Vor diesem Hintergrund verabschiedete die EU 1998 eine Gemeinschaftsstrategie zur Erhaltung der Artenvielfalt, die der Vorreiterrolle der Europäischen Union bei der Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Artenschutz-Übereinkommen) Rechnung trug und den Rahmen für Maßnahmen und Instrumente der Gemeinschaft zur Einhaltung des Übereinkommens vorgab.

In der Strategie werden Ziele für zahlreiche Politikbereiche definiert, wobei die Erhaltung der natürlichen Ressourcen das oberste Anliegen ist. Zwei für diesen Politikbereich ausgewiesene Schlüsselziele sind die vollständige Umsetzung der Habitat-Richtlinie und die Erfuellung der Bestimmungen der Vogelschutz-Richtlinie (92/43/EWG bzw. 79/409/EWG) sowie die Unterstützung der Vernetzung von ausgewiesenen Gebieten, insbesondere des Natura-2000-Netzes der EU.

Auf dem Europäischen Rat von Göteborg im Juni 2001 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten auf das anspruchsvolle Ziel, den Rückgang der Artenvielfalt bis zum Jahr 2010 einzudämmen. Die Instrumente zur Erreichung dieses Ziels wurden im Sechsten Umweltaktionsplan festgelegt, den der Rat und das Parlament im Juli 2002 beschlossen. Auf internationaler Ebene fordert der beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg angenommene Umsetzungsplan eine deutliche Drosselung des Artenschwunds bis zum Jahr 2010. Die EU und die EUA erarbeiten gemeinsam eine Reihe von Indikatoren zur Überwachung von Fortschritten bei der Erreichung des für 2010 vereinbarten Ziels.

Die Erfuellung der Ziele, die von der EU und auf internationaler Ebene für das Jahr 2010 angestrebt werden, hängt in hohem Maße von der wirksamen Umsetzung der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie sowie von der Schaffung des Netzes Natura 2000 ab. Meldungen über den Stand der Umsetzung der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie werden entscheidenden Anteil an der Überwachung des Erfuellungsstands der Ziele auf dem Gebiet der Artenvielfalt anhand der allgemeineren Indikatoren haben, die gegenwärtig erarbeitet werden.

Der vorliegende Bericht bietet einen umfassenden Überblick über den bisherigen Stand. Obwohl die Umsetzungsfristen teilweise deutlich überschritten wurden, geben die Fortschritte, die in letzter Zeit hinsichtlich der Richtlinienbestimmungen zum Schutz natürlicher Lebensräume erzielt wurden, Anlass zu Optimismus. Ein weniger günstiges Bild bietet sich bei den Maßnahmen zum Artenschutz, und im Bericht wird nachdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen, diesem Bereich mehr Vorrang einzuräumen.

1.2. Das in der Richtlinie verankerte Berichterstattungsverfahren

Artikel 17 der Habitat-Richtlinie gibt den Rahmen für die Übermittlung von Informationen über Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie vor. Danach müssen die Mitgliedstaaten alle sechs Jahre ab dem Tag des Inkrafttretens der Richtlinie einen Bericht über die Durchführung erstellen, d. h. der erste zu übermittelnde Bericht deckt den Zeitraum von Juni 1994 bis Mai 2000 ab [1].

[1] Die Habitat-Richtlinie wurde am 21. Mai 1992 angenommen und den Mitgliedstaaten am 5. Juni 1992 übermittelt; sie trat zwei Jahre später im Juni 1994 in Kraft.

Artikel 17 beinhaltet Regelungen zum Zeitpunkt, zum Inhalt, zur Erstellung und Verteilung einer Zusammenfassung dieser Länderberichte. Die Länderberichte sollen insbesondere Angaben zur Umsetzung der im Rahmen der Richtlinie ergriffenen Maßnahmen sowie eine Bewertung der Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Erhaltungszustand der Lebensraumtypen des Anhangs I und der Arten des Anhangs II enthalten.

Auf der Grundlage der Länderberichte erstellt die Europäische Kommission einen ,zusammenfassenden Bericht". Dieser Bericht enthält eine Bewertung der erzielten Fortschritte, insbesondere des Beitrags von Natura 2000 zur Erreichung eines ,günstigen Erhaltungszustands" von natürlichen Lebensräumen und Habitaten der Arten. Der zusammenfassende Bericht wird zunächst dem Habitat-Ausschuss [2] vorgelegt und spätestens zwei Jahre nach Vorliegen der Berichte aller Mitgliedstaaten von der Kommission veröffentlicht. Der Bericht wird den Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen von der Kommission zugeleitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht [3].

[2] Der Habitat-Ausschuss ist der gemäß Art. 20 der Habitat-Richtlinie eingesetzte Ausschuss, der die Kommission bei Problemen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie unterstützt.

[3] In Art. 17 Absatz 2 werden die zuständigen gemeinschaftlichen Institutionen genannt; dabei handelt es sich um das Europäische Parlament, den Rat der Europäischen Union und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Seit der Annahme der Habitat-Richtlinie ist als neue EU-Institution der Ausschuss der Regionen hinzugekommen. Dieser und alle künftigen zusammenfassenden Berichte werden allen zuständigen EU-Institutionen zugeleitet und auf der Website der Europäischen Kommission veröffentlicht.

Aufgrund von Verzögerungen bei der Umsetzung der Richtlinie und zwecks Vereinheitlichung der in der Habitat- und der Vogelschutz-Richtlinie festgelegten Berichtszeiträume kam der Habitat-Ausschuss überein, die Frist für die Vorlage der ersten Länderberichte bis Ende 2000 zu verlängern. Damit genügend Zeit für die Erstellung der Berichte blieb, wurde Ende September 2001 als Termin für die Übermittlung der Länderberichte festgelegt.

Zudem vereinbarte der Habitat-Ausschuss eine Reihe von Leitlinien für die Erstellung der Länderberichte, einschließlich eines abzuarbeitenden Fragenkatalogs. Für den ersten Berichtszeitraum (1994-2000) wurden folgende Regelungen getroffen:

* Die Mitgliedstaaten berichten in erster Linie über Erfahrungen, insbesondere Erfolge und Probleme bei der Umsetzung der Richtlinie in den ersten Jahren.

* Da noch keine Gemeinschaftslisten der Schutzgebiete vorliegen, betreffen die Aspekte des Berichts, die sich auf die Erhaltung von natürlichen Lebensräumen und Habitaten der Arten beziehen, vorgeschlagene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, wobei anstelle von Angaben zu einzelnen Gebieten allgemeinere Informationen bereitgestellt werden.

* In Bezug auf den Artenschutz werden nur allgemeine Informationen zum geltenden Recht, zur Überwachung und zur Forschung übermittelt.

Da mehrere Länderberichte Angaben zu Entwicklungen nach dem Ende des Berichtszeitraums beinhalten sowie aufgrund der Tatsache, dass die Umsetzung der Richtlinie nicht abgeschlossen ist, bietet das vorliegende Dokument neben einer Beschreibung der Lage, wie sie sich Ende 2000 darstellte, auch - soweit vorhanden -Informationen über spätere wichtige Entwicklungen.

1.3. Berichtsstruktur

Der Bericht gliedert sich in folgende zwei Hauptteile:

* Teil I - Zusammenfassender Sachstandsbericht

* Teil II - Zusammenfassende Länderberichte

In Teil I werden die im Zeitraum von 1994 bis 2000 insbesondere im Zusammenhang mit Natura 2000 erzielten Fortschritte bewertet. Abschnitt 1 bietet eine Einführung in die Berichterstattung. Im Abschnitt 2 wird neben den Zielen und Bestimmungen der Richtlinie die einschlägige Rechtsprechung kurz umrissen. Abschnitt 3 informiert im Überblick über Umsetzungsmaßnahmen auf EU-Ebene. In Abschnitt 4 wird die Umsetzung in den Mitgliedstaaten anhand der übermittelten Länderberichte und ergänzt durch verfügbare amtliche Informationen analysiert. Die wichtigsten Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind in Abschnitt 5 enthalten, wobei eine weitere Stärkung des Umsetzungsprozesses - sofern erforderlich - angestrebt wird.

In Teil II wird die Umsetzung der Richtlinie in den 15 Mitgliedstaaten jeweils gesondert ausgewertet. Die einzelnen Abschnitte sind einheitlich gegliedert, so dass es möglich ist, im Rahmen der Richtlinie ergriffene Schlüsselmaßnahmen und deren Auswirkungen auf den Erhaltungszustand von Habitaten und Arten zu ermitteln. Die Länderabschnitte in Teil II wurden von Beratern in den einzelnen Mitgliedstaaten erstellt, die die Habitat-Richtlinie genau kennen. Bei der Erarbeitung der Abschnitte haben sich die Verfasser auf die offiziellen Länderberichte der Mitgliedstaaten gestützt. Gespräche mit ausgewählten Regierungsexperten und anderen Experten sowie Bediensteten der Kommission erwiesen sich als hilfreich bei der Auswertung der Länderberichte. Nach Maßgabe von Artikel 17 der Richtlinie wurden diese Abschnitte vom jeweiligen Mitgliedstaat geprüft, um sicherzustellen, dass der Inhalt sachlich richtig ist und dass die Interpretation der Informationen in den Länderberichten die Sachangaben nicht verzerrt.

2. DIE HABITAT-RICHTLINIE 92/43/EWG

2.1. Ziele der Richtlinie

Das wichtigste Ziel der Habitat-Richtlinie besteht darin, ,zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen". Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zielen insbesondere darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wild lebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen (Artikel 2).

Ein ,kohärentes europäisches ökologisches Netz" besonderer Schutzgebiete - Natura 2000 - gewährleistet den Fortbestand oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands natürlicher Lebensraumtypen und Habitate der Arten (Artikel 3). Die ökologische Kohärenz von Natura 2000 kann durch die Pflege von Landschaftselementen verbessert werden, die von ausschlaggebender Bedeutung für wild lebende Tiere und Pflanzen sind (Artikel 10). Der Schutz der Pflanzen- und Tierarten wird auch durch den Aufbau strenger Schutzsysteme für die Arten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten gewährleistet (Artikel 12-16). Die Richtlinie enthält zahlreiche ergänzende Bestimmungen zur Überwachung, zur Wiederansiedlung heimischer Arten, zur Ansiedlung nicht heimischer Arten, zur Forschung und zu erzieherischen Maßnahmen.

2.2. Die wichtigsten Bestimmungen der Richtlinie

Um die allgemeinen Ziele der Richtlinie erreichen zu können, werden im Wesentlichen folgende drei Strategien verfolgt: Aufbau eines kohärenten ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete zum Schutz der natürlichen Lebensräume und Arten, die von gemeinschaftlichem Interesse sind, Artenschutz und die verschiedenen ergänzenden Bestimmungen. Der Zeitplan für die Umsetzung der Richtlinienbestimmungen in nationales Recht und die Fristen für die Einrichtung besonderer Schutzgebiete (special areas of conservation - SAC), Artenschutzmaßnahmen und Berichte über die Durchführung sind aus Tabelle 2.2 ersichtlich.

Tabelle 2.2 Formaler Zeitplan für die Umsetzung der Habitat-Richtlinie

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

2.2.1. Besondere Schutzgebiete und Natura 2000

Eines der zentralen Anliegen der Richtlinie ist die Einrichtung, der Schutz und die Bewirtschaftung besonderer Schutzgebiete (SAC) als Bestandteil des Natura-2000-Netzes [4]. Alle Mitgliedstaaten weisen auf der Grundlage eines zweistufigen Verfahrens, in das die Mitgliedstaaten und die Kommission einbezogen sind, Gebiete als SAC aus. Dabei gehen sie folgendermaßen vor:

[4] Das Natura-2000-Netz umfasst sowohl die gemäß den Bestimmungen der Habitat-Richtlinie ausgewiesenen SAC als auch die in der Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten besonderen Schutzgebiete (special protection areas - SPA).

* Stufe 1 - Die Mitgliedstaaten legen eine Liste vorgeschlagener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (proposed sites of Community importance - pSCI) vor, die anhand der Kriterien des Anhangs III und sachdienlicher wissenschaftlicher Informationen ausgewählt wurden.

* Stufe 2 - Auf der Grundlage der Kriterien des Anhangs III und im Rahmen der biogeografischen Regionen und des EU-Territoriums in seiner Gesamtheit erstellt die Kommission in Absprache mit den Mitgliedstaaten eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCI); dabei stützt sie sich auf die Listen der Mitgliedstaaten und ermittelt Gebiete, in denen prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. prioritäre Arten angesiedelt sind.

Die Mitgliedstaaten weisen dann spätestens binnen sechs Jahren Gebiete als besondere Schutzgebiete (SAC) aus (Artikel 4 Absatz 4).

Sobald ein Gebiet als ,Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCI)" in die gemeinschaftliche Liste aufgenommen wurde, treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden (Artikel 6 Absatz 2). Pläne oder Projekte, die ein solches Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen (Artikel 6 Absatz 3). Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus ,zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses" ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist (Artikel 6 Absatz 4). Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden

Für die formal als SAC ausgewiesenen Gebiete legen die Mitgliedstaaten zudem die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, beispielsweise Bewirtschaftungspläne und Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art, die ihren ökologischen Erfordernissen entsprechen (Artikel 6 Absatz 1).

2.2.2. Aufbau strenger Schutzsysteme für Tier- und Pflanzenarten

Außerdem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, strenge Schutzsysteme für Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse aufzubauen (Artikel 12 und 13). So ist beispielsweise das absichtliche Fangen und Töten von aus der Natur entnommene Exemplaren der in den Anhängen genannten Arten [5] ebenso verboten wie jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Die Fortpflanzungs- und Ruhestätten müssen vor Beschädigung und Vernichtung geschützt werden. Zusätzlich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein System zur Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a genannten Tierarten einzuführen. Gegebenenfalls werden weitere Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen eingeleitet, um sicherzustellen, dass der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der betreffenden Arten haben (Artikel 12 Absatz 4).

[5] Im Sinne dieser Bestimmungen geschützte Arten werden in Anhang IV der Richtlinie genannt. In Anhang IV Buchstabe a sind die entsprechenden Tierarten und in Buchstabe b die betreffenden Pflanzenarten aufgeführt.

Die Entnahme von Exemplaren der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten des Anhangs V, die von gemeinschaftlichem Interesse sind, aus der Natur sowie deren Nutzung sind zulässig, sofern sie mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands vereinbar sind (Artikel 14). Ist der Fang oder die Tötung von Arten erlaubt, müssen die Mitgliedstaaten den Gebrauch aller nichtselektiven Geräte verbieten (Artikel 15).

Gibt es keine anderweitige Lösung, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13, 14 und 15 abweichen. Abweichungen sind unter anderem aus folgenden Gründen zulässig: Schutz der wild lebenden Tiere und Pflanzen; Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen, in der Tierhaltung, an Wäldern usw.; Schutz der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses; Zwecke der Forschung und des Unterrichts. Sofern es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass der günstige Erhaltungszustand der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet nicht beeinträchtigt wird, sind Abweichungen zulässig (Artikel 16).

2.2.3. Sonstige allgemeine Bestimmungen

Die Kommission und die Mitgliedstaaten unterstützen die Durchsetzung der Richtlinienbestimmungen durch Förderung der Forschung und der wissenschaftlichen Arbeit, wobei der Schwerpunkt auf der Auswahl der Schutzgebiete und der Pflege von Landschaftselementen (Artikel 18) liegt. Zudem prüfen die Mitgliedstaaten die Zweckdienlichkeit einer Wiederansiedlung heimischer Arten des Anhangs IV. Die absichtliche Ansiedlung einer nicht heimischen Art wird geregelt oder, falls sie es für notwendig erachten, verboten. Erzieherische Maßnahmen und die allgemeine Information in Bezug auf die Notwendigkeit des Schutzes der Arten und der Erhaltung ihrer Habitate (Artikel 22) werden gefördert.

2.3. Grundsatzentscheidungen

Nach der Annahme der Richtlinie wurden dem Europäischen Gerichtshof einige Bestimmungen zur Prüfung und rechtlichen Klarstellung vorgelegt. Das Gericht hatte insbesondere die Gelegenheit, die Kriterien für die Auswahl vorgeschlagener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und für die Anwendung des strengen Schutzsystems nach Artikel 12 der Richtlinie zu verfeinern.

Hinsichtlich des ersten Punktes verdeutlichte der Gerichtshof die Umsetzung des Verfahrens zur Einrichtung besonderer Schutzgebiete. So entschied der Gerichtshof im November 2000 (Rechtssache C-371/98, First Corporate Shipping Ltd), dass ein ,Mitgliedstaat den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten nicht Rechnung tragen darf, wenn er über die Auswahl und Abgrenzung der Gebiete entscheidet, die der Kommission zur Bestimmung als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen werden sollen".

Ferner ging der Gerichtshof im September 2001 (Rechtssachen C-67/99, C-71/99 und C-220/99) noch weiter und entschied, dass der Ermessensspielraum, über den die Mitgliedstaaten bei der Auswahl der Gebiete verfügen, von der Einhaltung der in der Richtlinie festgelegten Kriterien abhängt. Die vorzuschlagenden Gebiete dürften nur aufgrund wissenschaftlicher Kriterien ausgewählt werden; die Liste müsse vollständig sein und die vorgeschlagenen Gebiete müssten eine homogene und für das gesamte Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats repräsentative geografische Erfassung gewährleisten, damit die Kohärenz und das Gleichgewicht des daraus entstehenden Netzes Natura 2000 sichergestellt seien.

Hinsichtlich des zweiten Punktes hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache C-103/00 (Kommission gegen Griechenland) u. a. ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten ein wirksames System für den strengen Artenschutz gewährleisten müssen.

3. UMSETZUNGSMASSNAHMEN AUF EU-EBENE

Die Europäische Kommission unterstützt die Umsetzung der Richtlinie auf vielfältige Art und Weise; so droht sie zum Beispiel auf der einen Seite Mitgliedstaaten, die gegen die Bestimmungen der Richtlinie verstoßen hatten, Verfahren an, gibt auf der anderen Seite aber auch positive Impulse und leistete Unterstützung im Rahmen von LIFE-Natur-Projekten und bei anderen Aktivitäten, die zunehmend auch auf die Beitrittsländer ausgerichtet sind.

Es stellte sich heraus, dass eine Klarstellung bzw. Konkretisierung mehrerer Schlüsselbestimmungen der Richtlinie sinnvoll wäre. Zu diesem Zweck hat die Kommission technische Leitfäden zu verschiedenen Aspekten der Richtlinie erstellt, z. B. ein Handbuch für die Auslegung von Artikel 6 [6] und Methodik-Leitlinien zur Erfuellung der Vorgaben des Artikels 6 Absätze 3 und 4 betreffend die Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten [7]. Wenngleich diese Unterlagen keinen Rechtscharakter haben, sind sie ein nützliches Instrument, um eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen von Artikel 6 durch die Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

[6] ,Natura 2000 - Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG".

[7] ,Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten mit erheblichen Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete: Methodik-Leitlinien zur Erfuellung der Vorgaben des Artikels 6 Absätze 3 und 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG".

Seit 2000 werden zudem zahlreiche Arbeitsgruppen eingesetzt, die spezifische Aspekte der Richtlinie klarstellen und erörtern. Im Jahr 2002 befassten sich diese Arbeitsgruppen mit einem breit gefächerten Themenkatalog, darunter Jagdregeln, der finanziellen Beteiligung gemäß Artikel 8, dem Artenschutz nach Maßgabe des Artikels 12, Fragen der Kommunikation sowie Meereshabitaten und der Meeresfauna.

Im Mai 2002 wurde in der so genannten Erklärung von El Teide die politische Unterstützung für die Durchführung von Natura 2000 und insbesondere die Verwaltung des Netzes bekräftigt. Die Unterzeichner der Erklärung verpflichten sich, die vollständige Einrichtung des Natura-2000-Netzes abzuschließen und die Unterrichtung und das Wissen über Natura 2000 ebenso zu fördern wie die Entwicklung von Partnerschaften unter Einbeziehung des breiten Spektrums der am Erhalt und an der Verwaltung der Natura-2000-Gebiete Beteiligten. Der Austausch von Erfahrungen und guten Praktiken im Zusammenhang mit der Verwaltung des Netzes ist zu unterstützen, die dauerhafte Verwendung und Verwaltung von Natura-2000-Gebieten zu Unterrichts- und Erholungszwecken zu fördern, und es ist sicherzustellen, dass die Belange von Natura 2000 in anderen Gemeinschaftspolitiken wirksam berücksichtigt werden.

Die Erklärung gaben das für Umweltfragen zuständige Kommissionsmitglied Margot Wallström und der spanische Umweltminister Jaume Matas im Namen des Rates ab. Im Juli 2002 unterzeichneten die Umweltminister aller 13 Beitrittskandidaten [8] die Erklärung.

[8] Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn und Zypern.

3.1. Vorgehen gegen Rechtsverstöße

Seit 1994 sind bei der Kommission sehr viele Beschwerden im Zusammenhang mit der Habitat-Richtlinie eingegangen; sie machen einen erheblichen Prozentsatz aller das EU-Umweltrecht betreffenden Beschwerden aus. Bei hartnäckigen Verstößen gegen die Bestimmungen der Richtlinie leitete die Kommission Verfahren gegen die betreffenden Mitgliedstaaten ein.

In drei Verfahren wegen nicht erfolgter formaler Umsetzung der Richtlinienbestimmungen innerhalb der vorgeschriebenen Frist entschied der Europäische Gerichtshof gegen die betreffenden Mitgliedstaaten [9]. Drei weitere Urteile betrafen Verstöße gegen die in der Richtlinie vorgesehene Übermittlung vollständiger Listen vorgeschlagener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der diesbezüglichen Informationen [10]. Ein erstes Urteil zum Artenschutz gemäß Artikel 12 erging 2002 [11]. Weitere Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhaften Schutzes vorgeschlagener Gebiete sind derzeit gegen viele Mitgliedstaaten anhängig.

[9] Betreffend die Umsetzung im Allgemeinen (Griechenland, Rechtssache C-329/96; Deutschland, Rechtssache C-83/97) und die Umsetzung des Artikels 6 Absätze 3 und 4 (Frankreich, Rechtssache C-256/98).

[10] Irland, Rechtssache C-67/99; Deutschland, Rechtssache C-71/99, und Frankreich, Rechtssache C-220/99.

[11] Die Rechtssache 103/00 (Griechenland) betraf den Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben b und d.

3.2. Finanzierung von LIFE-Natur

Seit 1992 sind aus dem gemeinschaftlichen Finanzierungsinstrument LIFE-Natur [12] in erheblichem Umfang Mittel in die Förderung der Umsetzung der Habitat-Richtlinie geflossen. Im Rahmen von Projekten werden wissenschaftliche Verzeichnisse erstellt, die Voraussetzungen für Vor-Ort-Aktionen geschaffen, Flächen gepachtet oder erworben, Gebiete wiederhergestellt oder verbessert und auch Mittel für Sensibilisierungskampagnen bereitgestellt. Unterstützt wird zudem die Entwicklung von Projekten, an denen Partner aus mehreren Mitgliedstaaten beteiligt sind, um den Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Projekten bzw. Projekte zu fördern, bei denen der Schwerpunkt auf der Überwachung, Bewertung und Ergebnisverbreitung liegt.

[12] Verordnung (EWG) Nr. 1973/92 des Rates vom 21. Mai 1992, aufgehoben durch Verordnung (EG) Nr. 1655/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE), ABl. L 192 vom 28.7.2000, S. 1.

Kasten 3.2 Beispiele für LIFE-Natur-Projekte

Im Rahmen des französischen Projekts ,Korsische Flora" [13] (1994-1997) sollte eine tragfähige Grundlage für den Erhalt der Inselflora geschaffen werden. Korsika besitzt eine sehr reiche Pflanzenwelt, darunter 12 prioritäre Lebensräume und 15 Pflanzenarten (von denen fünf zu den prioritären Arten gehören), die in der Habitat-Richtlinie genannt sind. Für jeden dieser Lebensräume und jede dieser Pflanzenarten wurden Pläne mit Erhaltungsmaßnahmen erstellt sowie ein Gesamtplan für die Insel erarbeitet. Im Verzeichnis wurde die Insel komplett erfasst, und es wurden bislang kaum bekannte bzw. noch unentdeckte Gebiete im Inselinnern, darunter Waldhabitate, aufgenommen. Zudem wurde eine Bewertung aller Flächen der Natura-2000-Gebiete vorgenommen. Daraus ergab sich ein vollständiger Informationssatz über die Inselflora, der als Grundlage für langfristige Erhaltungsmaßnahmen dient. Das Projekt war Teil eines umfassenderen Erhaltungsplans für die korsische Pflanzenwelt, an dem sich auch das Land und die Region finanziell beteiligten.

[13] ,Conservation des habitats naturels et des espèces végétales d'intérêt communautaire de la Corse", B4-3200/94/752.

Im Rahmen des britischen Vorhabens ,Bittern Conservation Actions" [14] (1996-2000) wurde der Teil des Arten-Aktionsplans realisiert, der die Erholung der in ihrem Bestand gefährdeten Population von Rohrdommeln betraf. Durch Anlegen, Wiederherstellung und Verbesserung von Röhrichtgürteln stieg der Bestand auf 25 Rohrdommeln und damit auf die Hälfte der im Aktionsplan für 2010 festgelegten Zielvorgabe. Bis die neuen Habitate besiedelt sind, werden wohl noch etwa zehn Jahre vergehen; erst dann kommt das Projekt voll zum Tragen. Die Gebiete befanden sich überwiegend in Ostengland, und das Vorhaben wurde in Zusammenarbeit mit für die Verwaltung von Feuchtgebieten zuständigen Stellen realisiert.

[14] ,Urgent actions for Botaurus stellaris (bittern) in the UK", B4-3200/96/551.

Die im Zuge der Projektarbeit gewonnenen Erfahrungen werden europäischen Partnern vermittelt, und es werden Rohrdommel-Überwachungsprogramme aufgestellt. Vorgesehen ist auch die Erarbeitung europäischer Leitlinien für die Bewirtschaftung von Röhrichtgürteln.

Aufgrund von Problemen beim Flächenerwerb musste die angestrebte Zielmarke für neu anzulegende Röhrichtgürtel deutlich abgesenkt werden. Die Umsetzung des Aktionsplans wird im Rahmen eines 2002 in Angriff genommenen neuen Projekts weiter verfolgt. Dabei wurden neue Gebiete für Wiederherstellungsmaßnahmen ermittelt, und für den Fall des Scheiterns der geplanten Flächenkäufe sind Ausweichstandorte vorgesehen.

In der Zeit von 1994 bis 2000 wurden 418 Projekte mit insgesamt 279 Mio. EUR gefördert. In der LIFE-III-Phase (2000 bis 2004) werden weitere 300,8 Mio. EUR für die Kofinanzierung von Naturschutzvorhaben bereitgestellt.

Regionalbehörden und Nichtregierungsorganisationen (NRO) spielen aufgrund der Tatsache, dass sie vor Ort tätig sind und die örtlichen Gegebenheiten genau kennen, eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Habitat-Richtlinie. Sie erhalten demzufolge einen erheblichen Teil der für LIFE-Natur vorgesehenen Finanzmittel, wobei auch Partnerschaften zwischen örtlichen Behörden, NRO und Beteiligten immer mehr Anklang finden.

3.3. Finanzierung von Natura 2000

Mit der Aufnahme von Artikel 8 der Habitat-Richtlinie sollte der ,außerordentlichen finanziellen Belastung" der Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden, die mit der Umsetzung von Natura 2000 verbunden ist, vor allem in den Staaten mit reicher biologischer Vielfalt. Artikel 8 sieht daher eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft an den erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung und laufenden Verwaltung der wesentlichen Elemente von Natura 2000 vor.

Im Dezember 2001 setzte die Kommission eine Arbeitsgruppe zu Artikel 8 der Habitat-Richtlinie (Kofinanzierung) ein, deren Aufgabe darin bestand, die Auslegung der Bestimmungen von Artikel 8 und die finanziellen Kosten von Natura 2000 umfassender zu bewerten. Die Arbeitsgruppe nahm eine detaillierte Beurteilung der derzeitigen und geschätzten künftigen Kosten von Natura 2000 in den Mitgliedstaaten vor. Dabei stützte sie sich auf veröffentlichte Untersuchungen zu diesem Thema und auf direkte Ausgabenschätzungen, die von den Mitgliedstaaten übermittelt wurden. Demnach dürften sich die Kosten für die Verwaltung des gesamten Netzes terrestrischer Natura-2000-Gebiete in der EU im Zeitraum von 2003 bis 2013 auf durchschnittlich 3,4 bis 5,7 Mrd. EUR pro Jahr belaufen. Die Kostenschätzungen und die Empfehlungen zu künftigen Kofinanzierungsquellen werden in eine Mitteilung der Kommission über die finanzielle Beteiligung einfließen, die voraussichtlich 2003 vorliegen wird.

3.4. Vorbereitungen auf die Erweiterung

Bei ihrer Arbeit hat sich die Kommission bisher weitgehend auf die derzeitigen Mitgliedstaaten der EU konzentriert. Inzwischen rücken aber auch die Vorbereitungen auf den Beitritt mittel-, ost- und südeuropäischer Länder zur Union im Jahr 2004 immer stärker ins Blickfeld. Im Zuge der Erweiterung wird die biologische Vielfalt in der EU erheblich bereichert, und ihre Fläche wächst um 58 Prozent, wobei viele unberührte Landschaften, Wälder und Parks hinzukommen.

Die wichtigste Maßnahme in Vorbereitung auf den Beitritt ist die Änderung der Richtlinien-Anhänge, so dass die ungefähr 173 zusätzlichen Arten und 20 Lebensraumtypen aufgenommen werden, die in den zehn Beitrittsländern vorkommen. Diese nehmen inzwischen auch als Beobachter an offiziellen Zusammenkünften wie den Sitzungen des Habitat-Ausschusses teil. Fünf Beitrittsländer (sechs ab 2002/03) aus Mittel- und Osteuropa arbeiten zudem im Rahmen von Assoziierungsabkommen an LIFE-Projekten mit.

4. UMSETZUNG IN DEN MITGLIEDSTAATEN IM ÜBERBLICK

4.1. Aufbau des Natura-2000-Netzes

In den ersten zehn Jahren nach der Annahme der Richtlinie standen die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht und der Aufbau des Natura-2000-Netzes im Mittelpunkt der Arbeit der Mitgliedstaaten. Bei der Auswahl vorgeschlagener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung wurden insbesondere seit 1999 deutliche Fortschritte erzielt. Dennoch wurden die vorgesehenen Fristen um mehrere Jahre überschritten, und es sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um den Prozess der Auswahl und Ausweisung von Gebieten abzuschließen und sicherzustellen, dass die Gebiete so geschützt und bewirtschaftet werden, dass ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet ist.

4.1.1. Vorgeschlagene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung

Nach Maßgabe der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten bis zum Juni 1995 Vorschlagslisten mit Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und die damit zusammenhängenden Informationen, einschließlich Gebietskarten, Angaben zum Namen, zur Lage und Größe der Gebiete, sowie Daten zur Anwendung der Kriterien des Anhangs III einreichen. Die Informationen sind in einem von der Kommission festgelegten Format zu übermitteln (d. h. unter Verwendung des Standard-Datenbogens für Natura 2000), das zuvor vom Habitat-Ausschuss genehmigt wurde.

Bis Ende 2000, der Meldefrist laut Artikel 17, hatten alle Mitgliedstaaten der Kommission erst Teillisten vorgeschlagener SCI übermittelt. Anhand der ersten Listen leitete die Kommission 1996 ein ,Vermittlungsverfahren" ein; zu diesem Zweck fanden in zahlreichen Seminaren Diskussionen zu den sechs biogeografischen Regionen (alpine, atlantische, boreale, makronesische, mediterrane und kontinentale Region) statt. Bei diesen Seminaren bestand die Gelegenheit, über die Listen nicht nur gemeinsam mit Vertretern der Mitgliedstaaten, sondern auch mit unabhängigen Wissenschaftlern, NRO und seit 2001 auch mit Vertretern der Grundbesitzer zu beraten und diese zu prüfen.

Fortschritte im Hinblick auf die Region Makaronesien führten im Dezember 2001 zur Verabschiedung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in dieser Region [15]. Die Liste beinhaltet einen wissenschaftlichen Vorbehalt hinsichtlich der Verbreitung des natürlichen Lebensraumtyps ,Riffe". Danach wird die Liste gegebenenfalls der Entwicklung der diesbezüglichen Kenntnisse angepasst werden müssen. Die Verhandlungen über Listen der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in anderen Regionen werden voraussichtlich 2004 abgeschlossen sein.

[15] Entscheidung 2002/11/EG.

Trotz des erheblichen Zeitverzugs sind inzwischen 14 Prozent des Hoheitsgebiets der EU für die Aufnahme in das Natura-2000-Netz vorgeschlagen oder bereits in das Netz aufgenommen worden. Aus der nachfolgenden Tabelle (Tabelle 4.1) sind neben der Gesamtsituation im Hinblick auf vorgeschlagene Gebiete gemäß Habitat-Richtlinie, wie sie sich Ende 2000 darstellte, auch der Stand vom Mai 2002 ersichtlich. Demnach sind die von Belgien, Frankreich und Deutschland eingereichten Listen nach wie vor eindeutig unzureichend, auch wenn in den genannten Ländern sowie in Schweden und im Vereinigten Königreich 2002 deutliche Fortschritte erreicht wurden.

Tabelle 4.1 Gesamtsituation im Hinblick auf vorgeschlagene Gebiete

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Wissenschaftliche Quellen bzw. Verzeichnisse - Erfahrungen und Probleme

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Vorschlagslisten der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung anhand der ,einschlägigen wissenschaftlichen Informationen" erstellen. Mehrere Mitgliedstaaten (z. B. Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich) stützten sich bei der Verzeichniserstellung und der anschließenden Gebietsauswahl auf Informationen in bestehenden Datenbanken, z. B. die Roten Listen und nationale Schutzprogramme. In anderen Fällen (Griechenland, Italien, Irland, Spanien und Portugal) wurden die Gebiete mit Hilfe von der Gemeinschaft finanzierter Verzeichnisse, Bewertungen und Kartierungsprojekte ermittelt und vorgeschlagen.

In so gut wie allen Mitgliedstaaten erwies sich der Mangel an Daten zu Habitaten und Arten als Hürde bei der Auswahl der Gebiete; dies galt insbesondere für noch nicht im Rahmen anderen Regelungen ausgewiesene Gebiete. Die Listen vieler Länder (z. B. Österreich, Finnland, Niederlande und Vereinigtes Königreich) spiegelten vorrangig die Verteilung bereits ausgewiesener Gebiete wider. In mehreren Fällen wurden jedoch anschließend neben einer beachtlichen Zahl neuer Gebiete auch Puffer- und Übergangszonen vorgeschlagen, um die Kohärenz und den Verknüpfungsgrad der Gebiete zu verbessern.

Die Angaben in Verzeichnissen und anderen wissenschaftlichen Quellen wurden nach einheitlichen Vorgaben unter Einbeziehung von Experten aus den Fachbehörden (Naturschutz, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei), Forschungseinrichtungen und Naturschutzorganisationen aufgearbeitet. So setzte zum Beispiel das finnische Umweltministerium eine Arbeitsgruppe ein, deren Aufgabe es war, die nationale Liste aufzustellen. Der Gruppe gehörten Vertreter verschiedener Verwaltungsstellen, Forschungseinrichtungen und Organisationen an.

Konsultation der Öffentlichkeit und Reaktionen

In einigen Mitgliedstaaten (z. B. Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Portugal, Vereinigtes Königreich und bestimmte Regionen Spaniens) wurden die Listen vorgeschlagener SCI nach Konsultation der Öffentlichkeit erstellt. In den Fällen, in denen keine umfassende Konsultation der Öffentlichkeit erfolgte, wurde eine größere Zahl von Veranstaltungen mit maßgeblichen Akteuren durchgeführt, um die Debatte auf lokaler Ebene zu fördern (z. B. in der belgischen Region Wallonien, in Griechenland und Schweden).

In der Öffentlichkeit und in der Verwaltung stießen die Vorschlagslisten häufig auf Widerstand, wie aus Österreich, Dänemark, Deutschland, Irland, den Niederlanden und Spanien gemeldet wurde. Die Niederlande und mehrere Regionen in Spanien nannten Unklarheiten in Bezug auf die rechtlichen Auswirkungen und/oder die künftige Finanzierung von Natura-2000-Gebieten als Hindernis. Die Mitgliedstaaten reagierten unterschiedlich auf diese Probleme, beispielsweise mit Sensibilisierungsaktionen.

Inwieweit sich die lokalen Bedenken in den am Ende vorliegenden Listen der pSCI auch tatsächlich widerspiegelten, ist umstritten, zumal in Anbetracht der verschiedenen Urteile des Europäischen Gerichtshofes, etwa der vorgenannten Rechtssache C-371/98, First Coroporate Shipping Ltd. In Schweden mussten die örtlichen Behörden vor der Einreichung von Vorschlägen die Zustimmung der Grundbesitzer einholen. Diese Bestimmung wurde später (1999) dahingehend geändert, dass die Behörden nunmehr nur noch eine Stellungnahme der Grundbesitzer einholen müssen.

4.1.2. Erhaltungsmaßnahmen

Bewirtschaftungsmaßnahmen (Ziele, Bewirtschaftungspläne usw.)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie ,legen [die Mitgliedstaaten] die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen fest", die den ökologischen Erfordernissen des Lebensraums und der Arten entsprechen, für die dieses Gebiet ausgewiesen wurde. Dabei kann es sich auch um die Aufstellung geeigneter Bewirtschaftungspläne handeln.

Artikel 6 Absatz 1 gilt nur für besondere Schutzgebiete und demzufolge erst nach Abschluss des Verfahrens der Ausweisung. Gleichwohl haben alle Mitgliedstaaten auf die eine oder andere Art und Weise damit begonnen, Bewirtschaftungsmaßnahmen in einigen pSCI anzuwenden.

Im Allgemeinen waren sämtliche Mitgliedstaaten am Ende des Berichtszeitraums (Dezember 2000) mit der Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen für pSCI noch nicht weit vorangekommen. Während Gebiete, die im Rahmen anderer Schutzsysteme (z. B. Nationalparks) bereits unter Schutz standen, häufig von formalen Bewirtschaftungsplänen und/oder -maßnahmen profitierten, gab es entsprechende Pläne und Maßnahmen nur für vergleichsweise wenige pSCI außerhalb bestehender Schutzgebiete. In einigen Mitgliedstaaten und Regionen (z. B. Spanien) erstrecken sich pSCI der letztgenannten Art auf große Flächen des jeweiligen Hoheitsgebietes.

Deutliche Fortschritte bei der Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen sind aus zwei Ländern zu vermelden. Im Vereinigten Königreich wurden etliche Bewirtschaftungspläne für Meeresgebiete im Rahmen eines großen LIFE-Projekts aufgestellt. Insgesamt sind die Briten bei der Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen ziemlich weit vorangekommen; für viele Gebiete werden demnächst entsprechende Pläne vorliegen. Fortschritte verzeichnet auch Frankreich; dort werden für 300 Gebiete so genannte Zieldokumente (documents d'objectifs bzw. DOCOB) entwickelt. DOCOB sind keine wissenschaftlichen Dokumente, sondern lediglich ein allgemeiner Leitfaden für die Akteure im Gebiet.

Hinsichtlich der Entwicklung nationaler Rahmenbedingungen und Leitlinien für eine systematischere Verwaltung von pSCI zeigen sich ebenfalls erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Während Spanien (wo sich die Auswahl der Gebiete weit schwieriger als erwartet gestaltet) nach eigenem Bekunden kaum vorangekommen ist, haben Frankreich und das Vereinigte Königreich schon einiges erreicht. Das französische Umweltministerium hat die Präfekten der Départements in einem Rundschreiben aufgefordert, die Erstellung der DOCOB in Angriff zu nehmen, wobei sich der rechtliche Rahmen aus dem Umweltgesetz ergibt.

Weil nationale Rahmenbedingungen für die Bewirtschaftung und gebietsbezogene Bewirtschaftpläne fehlen, handelt es sich bei den bestehenden Erhaltungsmaßnahmen vielfach um eine Kombination aus Widerherstellungsprojekten, Flächennutzungsverträgen, Agrarumweltmaßnahmen, nachhaltiger Forstbewirtschaftung, Plänen zur Gewässerbewirtschaftung und Maßnahmen zur Lenkung des Besucherdrucks, um nur einige wenige zu nennen.

Schutz der Gebiete vor Verschlechterung

Die Mitgliedstaaten sollen die Verschlechterung des Zustands von Gebieten und erhebliche Störungen von Arten vermeiden. Trotz der Verzögerungen bei der Vereinbarung von SCI-Listen sind viele der Gebiete, die in den Mitgliedstaaten als Natura-2000-Gebiete ausgewiesen werden sollen, bereits in der einen oder anderen Form durch nationale oder regionale Regelungen geschützt. So entfallen in Schweden und im Vereinigten Königreich etwa 70 % der vorgeschlagenen SCI ganz oder teilweise auf bereits ausgewiesene Gebiete. In den Niederlanden sind 95 % der Natura-2000-Gebiete in der Ökologischen Hauptstruktur (EHS) erfasst. In Frankreich sollen Präventivmaßnahmen in den Natura-2000-Gebieten durchgeführt werden, die zu anderen Kategorien von Schutzgebieten gehören oder für die Bewirtschaftungspläne (DOCOB) gelten.

Auch wenn ein derartiges Schutzsystem unter Umständen weniger streng ist als in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie vorgesehen, bietet es kurzfristig dennoch einen gewissen Schutz vor einer Zustandsverschlechterung. Einige Mitgliedstaaten und Regionen haben zudem Maßnahmen zum Schutz vorgeschlagener Gebiete außerhalb bestehender Schutzgebiete ergriffen. Andere Regionen vertreten hingegen die Ansicht, dass entsprechende Maßnahmen erst erforderlich sind, nachdem eine vereinbarte Liste von SCI im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurde.

Evaluierung und Genehmigung neuer Aktivitäten

In so gut wie allen Mitgliedstaaten bestehen nach eigenen Angaben Regelungen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung und/oder Genehmigung von Erschließungsvorhaben in Natura-2000-Gebieten oder in deren Nähe, einschließlich einer Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf das betreffende Gebiet, vorsehen. Frankreich, Deutschland, Griechenland, Portugal, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich berichten beispielsweise, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen in allen Fällen durchgeführt werden, in denen dies aufgrund der Art des Erschließungsvorhabens gerechtfertigt ist. Anhand der Berichte lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit abschätzen, inwieweit diese Regelungen in der Praxis angewandt werden.

Auswirkungen von Maßnahmen auf den Erhaltungszustand von Lebensräumen und Habitaten der Arten

Die Angaben in den Länderberichten lassen eine Bewertung der Auswirkungen von Maßnahmen auf den Erhaltungszustand von Lebensräumen und Habitaten der Arten nicht zu.

4.1.3. Finanzielle Beteiligung im Rahmen der Richtlinie

Kostenschätzung zu Natura 2000

Im Berichtszeitraum (1994 bis 2000) zielten nur einige wenige nationale Initiativen auf eine Kostenschätzung von Natura 2000 ab. Einige Mitgliedstaaten erklärten, dass eine solche Kostenschätzung in Anbetracht der Tatsache, dass der Umfang von Natura 2000 noch nicht bekannt sei und keine Bewirtschaftungspläne und/oder eindeutigen Bewirtschaftungsziele (d. h. eine Definition des Begriffs ,günstiger Erhaltungszustand") vorlägen, nicht angebracht wäre. Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Portugal, die Niederlande und das Vereinigte Königreich haben dennoch Ad-hoc- bzw. vorläufige Untersuchungen oder Kostenschätzungen durchgeführt.

Nationale/gemeinschaftliche Finanzierungsquellen

Die nationalen Finanzierungsquellen stammen in der Regel aus den Länder- oder Bundeshaushalten, wobei die Schätzungen bezüglich der nationalen Finanzmittel erheblich schwanken. Beispielsweise wandte Wallonien 2001 knapp 10 Mio. EUR für Natura 2000 auf. Im Gegensatz dazu stehen den erheblich größeren sowie arten- und lebensraumreicheren spanischen Regionen Aragon und Extremadura jährlich nicht einmal 600 000 EUR für den Naturschutz zur Verfügung. Im Zeitraum von 1994 bis 2000 beteiligte sich Griechenland mit ungefähr 17,4 Mio. EUR an Projekten und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Habitat-Richtlinie.

Für die Förderung von Natura 2000 werden zahlreiche EU-Finanzierungsquellen genutzt, wobei die Mitgliedstaaten in ihren Berichten in der Regel LIFE-Natur und die Strukturfonds (den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (Abteilung Ausrichtung) und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, einschließlich der durch die Gemeinschaftsinitiativen Interreg und Leader bereitgestellten Mittel) nennen. Der Garantie-Teil des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) wird auch als Finanzierungsquelle genutzt.

Es sei darauf hingewiesen, dass die jüngste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik die Bedeutung des EAGFL für die Finanzierung von Natura 2000 erheblich gestärkt hat, indem der Artikel 16 speziell darauf ausgerichtet wurde, die Umsetzung von Natura 2000 zu unterstützen, die Kofinanzierungshöchstgrenze und der maximaler Kofinanzierungsanteil für Agrarumweltmaßnahmen erhöht wurden und der Grundsatz der Bindung der Finanzierung an die Einhaltung der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie ausdrücklich genannt wurde.

4.1.4. Überwachung

Artikel 11 der Habitat-Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten den Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Arten überwachen, wobei sie die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten besonders berücksichtigen. Artikel 12 schreibt eine zusätzliche Überwachung im Hinblick auf alle unbeabsichtigten Formen des Fangs oder der Tötung von Arten des Anhangs IV Buchstabe a vor. Die Mitgliedstaaten und die Kommission fördern die zu diesem Zweck erforderliche Forschung und notwendigen wissenschaftlichen Arbeiten. In der Habitat-Richtlinie ist insbesondere geregelt, dass die Ergebnisse der Überwachungsarbeit in die gemäß Artikel 17 zu erstellenden Länderberichte einfließen müssen.

Das Gros der Mitgliedstaaten macht Angaben zu Überwachungssystemen und teilweise auch zu Überwachungsergebnissen, jedoch nur zu einzelnen Arten und nicht zur gesamten Bandbreite der durch die Richtlinie erfassten Lebensräume und Arten. Dänemark übermittelte als einziges Land allgemeine Überwachungsergebnisse auf der Grundlage früherer und aktueller Daten aus verschiedenen Quellen. Aus verschiedenen bekannten Standorten, an denen Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse vorkommen, werden Informationen zusammengetragen, so dass ich eine Erhaltungszustand-Kategorie ergibt. Diese Kategorien werden dann landesweit aggregiert. Hinsichtlich der in Dänemark vorhandenen 13 prioritären Lebensräume geht aus den Ergebnissen hervor, dass sich zwei in einem günstigen und drei in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden und dass der Erhaltungszustand bei sechs ungewiss und bei zweien unbekannt ist.

In anderen Ländern und Regionen, zum Beispiel in Österreich und Portugal, gilt die Überwachung als gebietsspezifische Maßnahme und nicht als Überwachung des Erhaltungszustands der gesamten Bandbreite der Lebensräume und Arten anhand festgelegter Vorgaben. In wieder anderen Fällen ist die Überwachung auf bereits bestehende Schutzgebiete und nicht konkret auf Natura 2000 ausgerichtet. Einige Mitgliedstaaten berichten, dass an umfassenderen Überwachungssystemen gearbeitet wird (z. B. Finnland, Irland, Schweden), nachdem erste Pilot- bzw. Scoping-Maßnahmen abgeschlossen sind (z. B. Deutschland, die Niederlande). Vielfach ist nicht ersichtlich, ob im Rahmen dieser Überwachungssysteme Fortschritte anhand festgelegter Vorgaben für einen günstigen Erhaltungszustand bewertet werden.

Demzufolge stellen die Mitgliedstaaten auch kaum Informationen bereit, die es ermöglichen würden, Fortschritte im Hinblick auf die Erreichung der Richtlinienziele in ihrer Gesamtheit zu bewerten.

Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur [16] sind wichtige Ökosysteme weiterhin gefährdet, darunter Wälder, Feuchtgebiete, artenreiche landwirtschaftliche Habitate, mehrere Trockenzonen und einige Meeresgebiete. Seit Jahrzehnten nehmen Fläche und Qualität von Feuchtgebieten ab, wobei die Verluste nach wie vor schwer zu quantifizieren sind. Noch problematischer als bei den Feuchtgebieten ist das Erkennen von Tendenzen bei naturnahen Grünlandökosystemen, auch wenn der Wandel bei den landwirtschaftliche Betriebsstrukturen, der landwirtschaftlichen Betriebsführung und den landwirtschaftlichen Nutztieren kaum einen Zweifel daran aufkommen lässt, dass artenreiche landwirtschaftliche Habitate in Europa in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen sind. Zu den Arten heißt es bei der EUA, dass Erhebungen bei einigen früher weit verbreiteten Arten einen drastischen Rückgang auf ein bestandsgefährdendes Niveau und verringerte Verbreitungsräume belegen.

[16] Kapitel zur biologischen Vielfalt, ,Die Umwelt in Europa: Der dritte Lagebericht", EUA, Kopenhagen.

4.2. Artenschutz

4.2.1. Aufbau strenger Schutzsysteme

In der Regel beziehen sich die Berichte der Mitgliedstaaten auf nationale und regionale Rechtsvorschriften zum strengen Schutz von Tier- und Pflanzenarten. Die Rechtssysteme der meisten Länder basieren auf einer Kombination aus Naturschutzgesetzen und nationalen/regionalen Vorschriften für die Jagd und den Fischfang.

Österreich, Deutschland, Finnland und Schweden haben gesonderte Vorschriften für Wild- und/oder Fischarten erlassen. In einigen Fällen ist der Schutz großer Säugetiere oder spezifischer Artengruppen auch Gegenstand oder Teil gesonderter rechtlicher Regelungen. Finnland hat beispielsweise ein Gesetz erlassen, das alle Wale im finnischen Hoheitsgebiet unter Schutz stellt.

Sämtliche Länderberichte nehmen Bezug auf die Anwendung von Aktionsplänen zur biologischen Vielfalt und zu den Arten oder auf andere artenspezifische Erhaltungsmaßnahmen. Die meisten Mitgliedstaaten (d. h. Österreich, Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, die Niederlande, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich) berichten über die Anwendung von Arten-Aktionsplänen oder speziellen Bewirtschaftungsplänen zwecks Gewährleistung strenger Schutzsysteme, die gelegentlich über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehen. In Griechenland, den Niederlanden, Schweden und im Vereinigten Königreich werden Initiativen auf nationaler Ebene konzipiert, während in Österreich, Belgien und Deutschland Pläne unter Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte erarbeitet werden und damit die Tatsache widerspiegeln, dass die Verantwortung für den Naturschutz bei den Regionen bzw. Bundesländern liegt. Spanien verfügt über regionale Aktionspläne, die in Bezug auf bestimmte Schlüsselarten in nationale Strategien eingebunden sind.

Nur wenige Länderberichte machen Angaben dazu, welche Art von Maßnahmen ergriffen werden, um ein umfassendes und strenges Schutzsystem (ohne gesetzliche Bestimmungen) oder ein System für den Schutz von Fortpflanzungsgebieten vor einer Zustandsverschlechterung aufzubauen.

Überwachung des unbeabsichtigten Fangs und Tötens

Laut Artikel 12 Absatz 4 ,führen [die Mitgliedstaaten] ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a [der Richtlinie] genannten Tierarten" ein. Die Mitgliedstaaten sind ferner verpflichtet, auf die Ergebnisse einer solchen Überwachung zu reagieren und ,negative Auswirkungen" des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens zu verhindern.

Im Allgemeinen enthalten die Länderberichte nur wenige Angaben zu den entsprechenden Überwachungssystemen. Österreich, Belgien, Luxemburg, Deutschland, Schweden und das Vereinigte Königreich zitieren die einschlägigen Vorschriften aus ihren jeweiligen Regelwerken, gehen aber nicht näher auf die Art der bestehenden Überwachungssysteme bzw. die Ergebnisse der Überwachung ein. Die bestehenden Systeme beschränken sich häufig auf bestimmte Regionen (z. B. in Österreich, Portugal und Griechenland) oder gelegentliche Untersuchungen, beispielsweise zu den Auswirkungen des Fischfangs, von Stromleitungen und des Verkehrs auf wild lebende Tiere (z. B. Niederlande, Deutschland). In Griechenland erstreckt sich die Überwachung nur auf bestimmte Meerestierarten.

In der Regel decken bestehende Überwachungssysteme nicht die gesamte Bandbreite der Arten ab, für die sie vorgesehen sind. Der Schwerpunkt liegt im Allgemeinen auf der Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens von Arten, bei denen eine Überwachung für machbar oder wichtig gehalten wird. Bei einigen Arten des Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie gilt die Gefahr des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens als vernachlässigbar (z. B. Anaecypris hispanica in Portugal); in anderen Fällen wird eine systematische Überwachung des Fangs oder Tötens als zu schwierig betrachtet. Im Bericht Italiens heißt es, dass kein nationales System sämtliche Arten im gesamten Hoheitsgebiet überwachen kann.

In der Regel fehlen in den Berichten konkrete Informationen zu Bewirtschaftungsmaßnahmen, wenn solche Maßnahmen aufgrund der Überwachung als notwendig befunden wurden. In einem Fall betrafen die eingeführten Maßnahmen den unbeabsichtigten Fang und die unbeabsichtigte Tötung von Schweinswalen (Phocaena phocaena) in der Ostsee. Ausgehend von den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungen haben die dänischen Behörden einen Aktionsplan zur Verringerung dieser Tötungen aufgestellt. Insbesondere müssen die Fangnetze mit einem Warnsystem ausgestattet werden, um die Schweinswale von den Fangnetzen fern zu halten. Im Bericht der Niederlande heißt es auch, dass Forschungen zum Beifang als Folge der Fischereitätigkeit und Maßnahmen zur Eindämmung des Bisamrattenbestands durchgeführt werden.

4.2.2. Entnahme aus der Natur und Ausnahmeregelungen

Sofern die Überwachung im Sinne von Artikel 11 dies erfordert, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass jede Entnahme wild lebender Exemplare der Pflanzen- und Tierarten des Anhangs V sowie deren Nutzung mit ihrem günstigen Erhaltungszustand vereinbar ist. Neben der fortlaufenden Überwachung gemäß Artikel 11 können Entnahmen durch Beschränkung des Zugangs zu bestimmten Bereichen, Vorschriften für die Jagd und den Fischfang usw. geregelt werden.

Mehrere Mitgliedstaaten schränken das Jagen und andere Formen der Entnahme durch Erteilung von Jagdscheinen ein (z. B. Österreich und Deutschland). Die Berichte enthalten weder Angaben zu den Ergebnissen von Überwachungsaktivitäten im Hinblick auf die Arten des Anhangs V noch Informationen zu den Auswirkungen genehmigter Entnahmen auf den günstigen Erhaltungszustand. Eine Ausnahme stellt Portugal dar, das einen umfassenden Rückgang bei Populationen von Fischarten aufgrund von untauglichen Erhaltungsmaßnahmen, fehlender Aufsicht und Habitatverschlechterung meldet.

Gemäß Artikel 15 müssen die Mitgliedstaaten den Gebrauch aller nichtselektiven Geräte für den Fang oder das Töten der Arten des Anhangs IV Buchstabe a sowie des Anhangs V Buchstabe a verbieten. Obwohl so gut wie alle Mitgliedstaaten berichten, dass sie über entsprechende Rechtsvorschriften verfügen, ist die Durchsetzung des Artikels 15 insgesamt wohl verbesserungsbedürftig. In Griechenland sind Ausnahmen von den Einschränkungen zulässig, die den Gebrauch verbotener Fanggeräte (laut Anhang VI der Richtlinie) betreffen; so dürfen zu Forschungszwecken Schlingenfallen ausgelegt werden, um Bären zu fangen und mit einem Sender zu versehen, und es dürfen Fledermausnetze verwendet werden. Portugal erlaubt den Einsatz von Kastenfallen zur Dezimierung des Raubtierbestands in bestimmten Wildgebieten. Im portugiesischen Bericht heißt es, dass trotz bestehender Rechtsvorschriften aus mehreren vorgeschlagenen SCI Meldungen über die Verwendung von nichtselektiven Fischfanggeräten vorliegen. Die strafrechtliche Verfolgung von Personen, die verbotene Fallen sowie Tötungs- und Fangmethoden anwenden, wird als eher lax bezeichnet.

Gemäß Artikel 16 können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a und b abweichen,

* sofern es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und

* sofern die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

Der überwiegende Teil der gemeldeten Ausnahmen wird zu Zwecken der Forschung und Erziehung gewährt; es werden aber auch eine Reihe anderer Gründe, z. B. Erschließungsvorhaben (Deutschland, Niederlande), Dezimierung des Raubtierbestands in Wildgebieten (Portugal), Verhinderung von Schäden an Viehbeständen und/oder Kulturpflanzen (Finnland, Frankreich, Portugal, Niederlande, Schweden), sowie gesundheitliche Gründe und Sicherheitsbelange (Finnland) genannt. Die nationalen Berichte enthalten kaum Informationen zur Art der Maßnahmen, die zur Sicherung der Kompatibilität ergriffen werden. Ebenso wie bei den Entnahmen lässt sich nicht in jedem Fall anhand der vorliegenden Berichte klären, ob diese Ausnahmeregelungen mit einem günstigen Erhaltungszustand vereinbar sind.

4.3. Sonstige allgemeine Fragen

4.3.1. Forschung

In der Regel liegt der Schwerpunkt bei den Forschungsvorhaben in den Mitgliedstaaten auf einzelnen Arten und Lebensraumtypen, wobei die Projekte auf regionaler und lokaler Ebene koordiniert und ausgeführt werden. Alle Mitgliedstaaten leisten auf dieser Ebene Forschungsarbeit.

Einige nationale Forschungsinitiativen verfolgen einen eher generisches Konzept in Bezug auf die Erhaltung von Lebensräumen und Arten. Das finnische Umweltinstitut führte beispielsweise ein nationales Projekt (SAVA, 1997-2002) zu Artenvielfalt und Artschutz in einer im Wandel befindlichen forstlichen Umwelt durch. Im Vereinigten Königreich nutzt das schottische Natural Heritage Species Action Programme einen koordinierten Ansatz der Artenerhaltung und prüft umfassend, wie die am stärksten bedrohten wild lebenden Populationen am besten erhalten und dauerhaft wiederhergestellt werden können. Auch Schweden arbeitet derzeit an einem neuen Forschungsprogramm (das ab 2001 realisiert wird) und konzentriert sich dabei auf folgende drei Hauptbereiche: (i) Marine Artenvielfalt, Muster und Prozesse, (ii) Forschungen zur Förderung der Erhaltungskette und (iii) Fremde Arten in aquatischen Ökosystemen.

4.3.2. Wiederansiedlung und Ansiedlung

Das Gros der Mitgliedstaaten (außer Belgien, Luxemburg, Österreich und Griechenland) hat nationale Projekte umgesetzt, die die Wiederansiedlung von Arten des Anhangs IV betrafen. Bei den Arten handelte es sich zumeist um Säugetiere (Castor fiber (DK, DE, F, NL), Cervus elaphus corsicanus (F), Cricetus cricetus (F, NL), Lutra lutra (F, SE), Lynx lynx (DE), Mustela lutreola (DE), Ursus arctos (F)), Schmetterlinge (Maculinea arion (UK), Parnassius mnemosyne (FI)) und Pflanzen (Cypripedium calceolus (UK), Agrimonia pilosa, Puccinellia phryganodes (G) und Arctophila fulva (SF)). Ferner wird versucht, die Arten Podarcis muralis (NL), Bombina bombina (S), Bombina variegata (NL), Emys orbicularis (D, F) und Hyla arborea (D) wieder in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten anzusiedeln. Irland ist die Wiederansiedlung der Kreuzkröte (Bufo calamita) gelungen. Frankreich hat erfolgreich den Stör (Acipenser sturio) ausgewildert. Finnland und das Vereinigten Königreich verweisen auf die Schwierigkeiten und den hohen finanziellen Aufwand im Zusammenhang mit Wiederansiedlungsprogrammen.

Portugal und Belgien berichten über die absichtliche Auswilderung von nicht heimischen Arten. Im belgischen Bericht wird eine Reihe ausgewilderter Arten genannt (z. B. Rana ridibunda, Rana perezi, Rana catesbeiana und Alopochen aegyptiacus), die den Druck auf die Populationen einheimischer Arten erhöhen. Zudem wird auch auf die illegale Wiederansiedlung des Bibers (Castor fiber) in der Region Wallonien hingewiesen. Die Region Flandern erarbeitet einen speziellen Aktionsplan zu exotischen Arten, um dieses Problem zu lösen. In Griechenland rechnet man damit, dass die Ansiedlung des Ochsenfrosches (Rana catesbiana) in Chania auf Kreta negative Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht in dem Gebiet haben wird. Die Art Helix aspersa wurde auch aus kommerziellen Gründen eingeführt, weist aber möglicherweise andere genetische Informationen auf als die heimische Population. In erheblichem Umfang werden außerdem Fischarten angesiedelt. Frankreich konzipiert gegenwärtig Maßnahmen für diesen Bereich, darunter ein Forschungsprogramm im Umfang von 2,3 Mio. EUR.

Italien verweist auf Probleme mit nicht heimischen Süßwasserfischarten, die in der Vergangenheit in großer Zahl angesiedelt wurden. Weil sich wirksame Präventiv- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen nur unter großen Schwierigkeiten durchsetzen lassen, werden derzeit im Rahmen einer Studie Leitlinien für die Überwachung und Bewirtschaftung entwickelt.

4.3.3. Erzieherische Maßnahmen und Information

Sensibilisierungskampagnen und die Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der Habitat-Richtlinie und Natura 2000 betreffen vielfach schwerpunktmäßig Natura 2000 als Ganzes, teilweise aber auch einzelne Arten und Gebiete. Zur Verbreitung von Informationen zu Natura 2000 werden verschiedene Medien, darunter die Printmedien, TV- und Hörfunkbeiträge oder auch Bildungseinrichtungen wie Museen, Feldzentren und botanische bzw. zoologische Gärten einbezogen. Außerdem werden Schulungsworkshops und Veranstaltungen der Akteure genutzt, um das Anliegen von Natura 2000 zu propagieren. Dänemark nahm Informationen über die Bedeutung von Natura 2000 und die Umsetzung des Programms in einige landesweit gültige Hochschullehrpläne auf. Viele Mitgliedstaaten verbreiten Informationen über den Fortgang von Natura 2000 zunehmend auch über das Internet.

Die Öffentlichkeit ist die Zielgruppe vieler Initiativen; vielfach wird die Lotsenfunktion von NRO herausgestellt. Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen sind aber auch auf die Mitarbeiter der zuständigen nationalen und regionalen Behörden ausgerichtet.

4.3.4. Pläne zur Förderung der Pflege von Landschaftselementen

Gemäß Artikel 10 werden sich die Mitgliedstaaten ,bemühen, im Rahmen ihrer Landnutzungs- und Entwicklungspolitik, insbesondere zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000", die Pflege von Landschaftselementen zu fördern, vor allem derjenigen, die aufgrund ihrer linearen Struktur oder ihrer Vernetzungsfunktion als Korridor für wild lebende Tiere und Pflanzen dienen können.

Eine Reihe von Mitgliedstaaten berichten über Fortschritte bei der Einrichtung von ökologischen Korridoren zwischen Schutzgebieten. Eine dieser Initiativen zur Förderung der Kohärenz ökologischer Netzwerke geht von der belgischen Region Brüssel aus, die ein Programm zur Zusammenführung der ,grünen und blauen" Stadtnetze durchführte. Dabei wurde die Bedeutung der Verknüpfung städtischer Grünzonen und der Herstellung einer Verbindung zwischen den Wasserläufen, Seen und Grünkorridoren einer Stadt herausgestellt. Die Regierungen mehrerer spanischer Regionen setzen Programme zur Einrichtung von ökologischen Korridoren zwischen Schutzgebieten, einschließlich vorgeschlagenen SCI, um. In einigen dieser Programme stehen bestimmte Aspekte im Mittelpunkt, zum Beispiel Viehtreiberwege oder Auwälder, die als Bindeglieder zwischen Natura-2000-Gebieten fungieren. Eine stärkere Kohäsion räumlich getrennter Gebiete soll auch durch das niederländische Vorhaben ,Ökologische Hauptstruktur" (EHS) abgesichert werden, unter dessen Dach Natura 2000 eingerichtet wird, wobei auf die Notwendigkeit einer besseren Abstimmung auf die Ziele der Habitat-Richtlinie verwiesen wird. Griechenland schließt demnächst ein nationales Programm ab, das die Erstellung eines Verzeichnisses der Landschaften mit potenziell schutz- und erhaltenswürdigen Merkmalen betrifft. Diese Liste der Landschaftsgebiete wird bei der Schaffung eines Netzes von Landschaften behilflich sein, die als ,geschützte Landschaften" eingestuft und entsprechend geschützt werden.

4.3.5. Humanressourcen

Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Ansätze gewählt, um die in den Verwaltungen für die Umsetzung der Richtlinie vorhandenen Humanressourcen zu bewerten. Im Vereinigten Königreich sind etwa 12 900 Menschen bei den Organisationen beschäftigt, die sich an der Erstellung des Berichts über die Durchführung beteiligt haben. Dazu gehören auch die Mitarbeiter vieler verschiedener Fachbehörden. Im Mittelpunkt des finnischen Berichts dagegen steht Personal, das speziell mit der Durchführung von Natura 2000 befasst ist (zehn Mitarbeiter); hinzu kommen 30 in regionalen Umweltzentren tätige Naturschutzexperten, 60 Personen aus dem finnischen Forstforschungsinstitut und 300 Personen, die in den Forst- und Parkdiensten für die Verwaltung zuständig sind.

Die Zahl der Fachbehörden, die in den einzelnen Mitgliedstaaten an der Umsetzung der Richtlinie beteiligt sind, ist sehr unterschiedlich. So steht am einen Ende der Skala das Vereinigte Königreich mit seinen vier staatlichen Behörden, und am anderen Ende Frankreich, das überhaupt keine derartige Behörde hat. Insgesamt liegen Natura 2000 und die Umsetzung der Habitat-Richtlinie in den Händen der vorhandenen Mitarbeiter; es werden also die auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung vorhandenen Naturschutzressourcen eingesetzt. In Spanien hat das wenige Personal (nur eine Handvoll Mitarbeiter in der Zentralregierung und den regionalen Verwaltungen) in den letzten Jahren aus der Not heraus seine Zeit überwiegend dafür aufgewendet, Gebiete vorzuschlagen. Somit blieb kaum Zeit für andere Aspekte der Umsetzung von Natura 2000. Ähnlich wie in Spanien sieht es in den meisten anderen Mitgliedstaaten aus.

1.

5. FAZIT

Die Habitat-Richtlinie gehört neben der Vogelschutz-Richtlinie (79/409/EWG) zu den Schlüsselinstrumenten bei der Förderung der EU-Politik zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und trägt entscheidend dazu bei, dass die EU die umfassenderen Ziele der Erhaltung der Artenvielfalt, einschließlich des Ziels, den Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2010 einzudämmen, erfuellen kann.

Der vorliegende Bericht beruht auf den Berichten der Mitgliedstaaten sowie auf Informationen zu Initiativen der Kommission im ersten Berichtszeitraum für die Habitat-Richtlinie (1994 bis 2000). Er bietet einen Überblick über den Umsetzungsstand der Ziele der Habitat-Richtlinie, insbesondere der Einrichtung des Natura-2000-Netzes. Da viele Länderberichte aus den Mitgliedstaaten erst weit nach dem Ende des Berichtszeitraums eingegangen sind, enthält der vorliegende Bericht auch Angaben zu den seit 2000 erzielten Fortschritten, um zu veranschaulichen, welche erheblichen zusätzlichen Anstrengungen einige Mitgliedstaaten unternommen haben, insbesondere in Bezug auf die Auswahl von Natura-2000-Gebieten.

Es ist eindeutig erkennbar, dass die Mitgliedstaaten seit 1994 bezüglich der Erfuellung der aus der Richtlinie resultierenden Verpflichtungen, insbesondere auf der politischen Ebene und bei der Auswahl der Gebiete, deutlich vorangekommen sind, auch wenn die Fristen für die Auswahl nicht eingehalten wurden. In anderen Bereichen, vor allem beim Aufbau von Systemen zur Überwachung und Beurteilung des Erhaltungszustands von Habitaten und Arten von gemeinschaftlichem Interesse, bei der Aufstellung von Bewirtschaftungszielen und -plänen und der Anwendung von Artenschutzmaßnahmen, wurden dagegen äußerst schlechte Ergebnisse erzielt.

5.1. Erhaltung von Lebensräumen und Arten

5.1.1. Auswahl von Gebieten

Bei der Auswahl vorgeschlagener Gebiete sind die meisten Mitgliedstaaten - von ein, zwei Ausnahmen abgesehen - ähnlich (langsam) vorangekommen. Im Falle einer biogeografischen Region beispielsweise vergingen zwischen dem ersten und dem zweiten Seminar drei Jahre. Einige Mitgliedstaaten und Regionen übermittelten während dieser Zeit keine zusätzlichen Vorschläge, obwohl zahlreiche Unzulänglichkeiten festgestellt wurden.

Seit dem Ende des ersten Berichtszeitraums (Dezember 2000) haben jene Mitgliedstaaten, die am stärksten in Zeitverzug geraten waren, deutlich aufgeholt. Daher war es der Kommission möglich, die letzten biogeografischen Seminare durchzuführen, so dass die restlichen Listen wohl 2003 und 2004 angenommen werden können. Gleichwohl wurde der Zeitplan überschritten, und es bleiben weiterhin Unzulänglichkeiten in Bezug auf alle nationalen Listen vorgeschlagener Gebiete.

In den Länderberichten werden etliche konkrete Probleme angeführt, die den Prozess der Gebietsauswahl behinderten.

* Verzögerungen in bestimmten Regionen und Mitgliedstaaten haben den Prozess als Ganzes aufgehalten. Vielfach waren nationale Debatten über das erforderliche Ausmaß der Ausweisungen und neue Anforderungen in Bezug auf einzelne Gebiete während der Konsultation für diese Verzögerungen verantwortlich. Nicht in jedem Fall steht zweifelsfrei fest, ob die Auswahl auf nationaler Ebene anhand der in der Richtlinie vorgeschriebenen wissenschaftlichen Kriterien erfolgte, denn nicht in allen Ländern wurden Verzeichnisse der Gebiete, die als Schutzgebiete ausgewiesen werden könnten, veröffentlicht.

* Es besteht ein allgemeiner Mangel an geeigneten wissenschaftlichen Daten und an Ressourcen zur Stützung der erforderlichen wissenschaftlichen Arbeiten. Probleme ergeben sich auch im Hinblick auf die Richtlinienanhänge; sie betreffen z. B. die Definition einiger Habitate sowie den Ausschluss bestimmter endemischer Arten und Lebensraumtypen, insbesondere für die mediterrane Region.

* Die Gebietsauswahl ist nicht klar geregelt. Die Kriterien des Anhangs III scheinen zwar eindeutig, doch erfolgte ihre praktische Anwendung zeitgleich mit der Auswahl der Gebiete.

* Besonders schwierig ist die Lage bei Meeresgebieten. Zum einen liegen nicht genügend Daten vor, zum anderen bestehen komplizierte juristische Sachverhalte und Überschneidungen bei den Zuständigkeit der verschiedenen Behörden. Mit dieser Schwierigkeit befasst sich derzeit eine von der Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe, an der mehrere Mitgliedstaaten teilnehmen.

5.1.2. Schutz von Gebieten

Was den Schutz vorgeschlagener Gebiete vor Verschlechterung und Beeinträchtigungen betrifft, haben sich drei Gruppen von Mitgliedstaaten und Regionen herauskristallisiert:

* Mitgliedstaaten und Regionen, in denen alle Gebiete unmittelbar nach der Meldung bei der Kommission in vollem Umfang gesetzlich geschützt sind (u. a. Vereinigtes Königreich, Irland und Galicien);

* Mitgliedstaaten und Regionen, die Verwaltungsmaßnahmen zum Schutz aller vorgeschlagenen Gebiete ergreifen (z. B. die meisten Regionen Spaniens) und

* Mitgliedstaaten und Regionen, die nur vorgeschlagene Gebiete durch bestehende Schutzgebieten schützen und die Ausweisung neuer Gebiete bis zur formalen Annahme der Gemeinschaftslisten aussetzen (z. B. Abruzzen).

Die Notwendigkeit, Gebiete zu schützen, die von den Mitgliedstaaten zur Aufnahme in das Natura 2000-Netz vorgeschlagen wurden, hat in einigen Fällen zu Verzögerungen bei Infrastrukturprojekten geführt. In dem vorliegenden Bericht konnten die Folgen solcher Verzögerungen und die Gründe dafür nicht bewertet werden, weshalb darauf hingewiesen wird, dass in künftigen Berichten auf diese Fragen eingegangen werden muss. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass in den Fällen, in denen Projektträger im Frühstadium der Projektplanung die Bewertungen einleiten und den Dialog führen, diese Verzögerungen erheblich reduziert werden können.

5.1.3. Bewirtschaftung von Gebieten

Auch hier fallen die Mitgliedstaaten in verschiedene Gruppen, die sich folgendermaßen unterscheiden:

Mitgliedstaaten, die im Zuge des Auswahlverfahrens vorgeschlagene Gebiete in ihr System nationaler Schutzgebiete aufnehmen (z. B. Vereinigtes Königreich) oder in denen eine Regelung zur Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen besteht bzw. demnächst bestehen wird (z. B. Frankreich), und

Mitgliedstaaten, die abwarten, bis vorgeschlagene Gebiete tatsächlich als SCI ausgewiesen werden (z. B. Portugal, Griechenland, einige Regionen Spaniens). Der Status von bereits durch nationale Ausweisung geschützten Gebieten wird hier durch bestehende Bewirtschaftungspläne gefestigt. Im Hinblick auf Gebiete außerhalb bestehender Schutzgebiete halten sich die Fortschritte bezüglich der Bewirtschaftung in Grenzen, auch wenn einige Ausnahmen, z. B. in Spanien und Portugal, zu verzeichnen sind.

5.1.4. Maßnahmen zur Erhaltung von Gebieten

Sämtliche Mitgliedstaaten betätigen sich den Berichten zufolge rege im Bereich der Erhaltungsmaßnahmen, auch wenn die Impulse häufig nicht von Natura 2000 ausgehen, sondern von der Naturschutzarbeit in bestehenden Schutzgebieten, und/oder die Maßnahmen gefährdete Arten betreffen. Trotz der Tatsache, dass es auch hier Ausnahmen gibt, hat die Habitat-Richtlinie im Großen und Ganzen offenbar nicht unmittelbar zu neuen Erhaltungsmaßnahmen auf Gebietsebene geführt.

5.2. Artenschutz

Der Artenschutz nach Artikel 12, der den strengen Schutz aller Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Tierarten des Anhangs IV einschließt, wird in der Richtlinie seit 1994 gefordert.

Mehrere Mitgliedstaaten machen in ihren Berichten allerdings nur rechte vage Angaben zur praktischen Umsetzung dieser Anforderung. Häufig werden gesetzliche Rahmenregelungen genannt, doch im Allgemeinen ist nicht klar, ob diese ein ,strenges Schutzsystem" darstellen oder ob alle Arten des Anhangs IV von der Schutzregelung profitieren. Überdies können aufgrund der Form, in der Informationen übermittelt werden, sowie wegen der fehlenden Verfügbarkeit entsprechender Informationen keine Aussagen zur tatsächlichen Wirkung der Regelungen getroffen werden. Insbesondere liegen aus keinem Mitgliedstaat Angaben vor, die belegen, ob Abweichungen von dem strengen Schutzsystem sich ungünstig auf das Verweilen der betroffenen Arten in einem günstigen Erhaltungszustand auswirken. Dies gilt insbesondere für Abweichungen in Bezug auf Europas große Karnivoren, die zu den am stärksten gefährdeten und schutzbedürftigsten Arten in der EU gehören.

Eine 2002 von der Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe zu Artikel 12 der Richtlinie soll bewirken, dass die Politik und die Praxis der Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes von Tierarten besser verstanden werden. Damit dürften die Qualität der Umsetzung der Artenschutzbestimmungen und deren Wirksamkeit steigen.

5.3. Humanressourcen und finanzielle Ressourcen

Weil zum einen Daten fehlen und zum anderen Daten nicht anhand einheitlicher Kriterien gemeldet werden, ist nicht ganz klar, welche Mittel für die Umsetzung der Habitat-Richtlinie aufgewendet werden. Es bestehen jedoch offenbar große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen. Einige Regionen mit der größten Artenvielfalt bemühen sich, die Richtlinie trotz sehr begrenzter Ressourcen umzusetzen; ein Beispiel dafür sind die Aufwendungen der Region Aragon/Extremadura (siehe Abschnitt 4).

Künftig sollte in den Berichten über die Durchführung der Habitat-Richtlinie mehr Gewicht auf die Bewertung der für die Umsetzung der Richtlinie verfügbaren Humanressourcen und technischen Ressourcen sowie Kapazitäten gelegt werden.

5.4. Berichterstattung gemäß Richtlinie

Im vorliegenden Bericht soll der Stand der Umsetzung der Habitat-Richtlinie und insbesondere der Beitrag von Natura 2000 zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes der Habitate und Arten der Anhänge I und II der Richtlinie, bewertet werden. Laut Artikel 17 enthalten die Berichte der Mitgliedstaaten ,Informationen über die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Erhaltungsmaßnahmen sowie die Bewertung der Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Erhaltungszustand" dieser Lebensraumtypen und Arten. In Abschnitt 4.2.1 wurde bereits darauf hingewiesen, dass Artikel 6 Absatz 1 erst gilt, nachdem der Prozess der Ausweisung von SAC abgeschlossen ist. Zudem enthalten die Länderberichte auch die wichtigsten Ergebnisse der in Artikel 11 genannten Überwachung. Die Informationen sollten so zusammengestellt werden (können), dass eine Bewertung des Erhaltungszustands aller Lebensräume und Arten von gemeinschaftlichem Interesse möglich ist.

Allerdings erweist es sich in der Praxis als schwierig, ein Bild der insgesamt bei der Umsetzung der Habitat-Richtlinie erzielten Fortschritte zu zeichnen bzw. Bereiche oder Themen zu ermitteln, die größerer Aufmerksamkeit bedürfen. Dafür sind hauptsächlich folgende Gründe verantwortlich:

Trotz der vom Habitat-Ausschuss vereinbarten Leitlinien für die Berichterstattung beziehen sich die Angaben im mehreren Berichten lediglich auf einzelne Gebiete, während die in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt erzielten Fortschritte hingegen nicht umfassend dargestellt werden. Der Umfang der Berichte ist ebenfalls recht unterschiedlich.

In einzelnen Berichten sind die Informationen zur Überwachung gemäß Artikel 11 besonders lückenhaft; auch die Vergleichbarkeit mit Informationen in anderen Berichten lässt sehr zu wünschen übrig. Dies ist ein wesentlicher Schwachpunkt der Berichte und verhindert praktisch eine Gesamtbewertung der Frage, in welchem Umfang die Ziele der Richtlinie erreicht werden. Darin spiegelt sich das Gewicht wider, das die Mitgliedstaaten bislang dem Prozess der Auswahl der Gebiete beigemessen haben und so lange beimessen werden, bis sie geeignete Überwachungssysteme installiert haben.

Generell werden in den Länderberichten Erfolge und Schwierigkeiten kaum kritisch analysiert. Anstelle von tatsächlichen - positiven wie negativen - Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen werden in der Regel rechtliche und administrative Entwicklungen beschrieben.

In Anbetracht der Tatsache, dass 15 gesonderte Länderberichte erstellt werden müssen, lässt sich der Stand bei der Schaffung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzwerks schwer einschätzen. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass die Berichte nur auf einige der Aktivitäten im Zusammenhang mit Natura 2000 eingehen und Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung von Vogelhabitaten ausklammern. Es spricht einiges dafür, im Interesse der Straffung und der Verbesserung der Anforderungen an die Berichterstattung künftig für beide Bereiche nur noch einen Bericht zu erstellen und die Informationen anzufordern, die für eine fundiertere Fortschrittsbewertung gebraucht werden.

Ohne ein Berichterstattungsverfahren, das über das derzeitige Verfahren hinausgeht, wird es also schwierig sein, die im Rahmen der Habitat-Richtlinie und des umfassenderen Ziels einer Eindämmung des Rückgangs der Artenvielfalt bis zum Jahr 2010 erzielten Fortschritte zu bewerten. In der ersten Berichtsreihe zu Artikel 17 ist es nicht gelungen, die Dynamik der Umsetzung in vollem Umfang darzustellen. Es sollten daher Überlegungen angestellt werden, wie die Evaluierung künftig vertieft werden kann, beispielsweise durch Erarbeitung konkreterer Orientierungshilfen, stärkere Einbeziehung der Europäischen Umweltagentur und Einführung von externen Überprüfungen und Peer Reviews. Noch viel wichtiger wird die Entwicklung eines ausgefeilteren Konzepts für die Meldung von Informationen im Zuge der Erweiterung der EU, der dann 25 Mitgliedstaaten angehören werden.

Die Kommission wird in Kürze vor dem Hintergrund der neuen Berichterstattungs-Richtlinie eine Diskussion mit den aktuellen und den künftigen Mitgliedstaaten darüber eröffnen, wie der Nutzen der im Rahmen der Habitat- und der Vogelschutzrichtinie vorgelegten nationalen Berichte maximiert werden kann. Nach der Genehmigung der Listen von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten prüfen, wie die wirksame Umsetzung der Richtlinie verbessert werden kann, wobei sie sich stets die Möglichkeit vorbehält, im Bedarfsfall rechtliche Schritte einzuleiten.

Top