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Document 52002DC0258

Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union - Jahresbericht 2001 -

/* KOM/2002/0258 endg. */

52002DC0258

Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union - Jahresbericht 2001 - /* KOM/2002/0258 endg. */


BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union - Jahresbericht 2001 -

Zusammenfassung

Der vorliegende Bericht - der sechste Jahresbericht zur Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union - gibt einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Fortschritte auf europäischer und nationaler Ebene im Jahr 2001 und zeigt die Perspektiven für das Jahr 2002 auf.

Die Rahmenstrategie der Gemeinschaft für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005)

2001 war das erste Jahr der Umsetzung der Rahmenstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Im Jahr 2001 waren einige deutliche Fortschritte zu verzeichnen - sowohl, was die inhaltliche Umsetzung und die Methoden zur Integration der Geschlechterdimension in die Politik anbelangt, als auch, was die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Ausschüssen und Sachverständigengruppen der Kommission betrifft. Diese Fortschritte bestätigen die Effizienz des mit der Rahmenstrategie verfolgten strukturierten Ansatzes, der basiert auf einer vorausschauenden Planung, der Festlegung konkreter Ziele und einem Monitoring der Aktivitäten und der Ergebnisse am Ende jedes Jahres.

Im Jahr 2001 wurden interessante neue Initiativen auf den Weg gebracht, um die Dimension der Geschlechtergleichstellung in weiteren Politikbereichen zu implementieren:

- Welthandel und Globalisierung (Generaldirektion Handel)

- Integrierte Produktpolitik, insbesondere Abfallwirtschaft (Generaldirektion Umwelt)

- Asyl- und Flüchtlingspolitik (Generaldirektion Justiz und Inneres)

- Mitteilung über die Auslegung des gemeinschaftlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange, einschließlich Gleichbehandlung von Männern und Frauen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (GD Binnenmarkt in Zusammenarbeit mit der GD Beschäftigung)

Es wurde ein ,Gender Scoreboard" erstellt, in dem sich nähere Angaben zu den erzielten Fortschritten finden.

Trotz des guten Starts bleibt jedoch noch viel zu tun. Gender-Mainstreaming ist eine komplexe Aufgabe. Daher ist es erforderlich, auch künftig auf allen Ebenen geeignete Schulungsmaßnahmen durchzuführen. Außerdem müssen die Fortschritte in den einzelnen Politikbereichen mit Hilfe spezifischer Gleichstellungsindikatoren überwacht werden.

Das Aktionsprogramm

Die Rahmenstrategie wird untermauert durch ein neues Aktionsprogramm, in dessen Rahmen jedes Jahr ein Schwerpunktthema festgelegt wird. Schwerpunktthema im Jahr 2001 war das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Die Gleichheit des Arbeitsentgelts für Frauen und Männer in der Europäischen Union ist nunmehr eine Komponente des auf dem Lissabonner Gipfel im Jahr 2000 eingeleiteten Prozesses, dessen Ziel es ist, die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen - einem Wirtschaftsraum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt. Die Kommission bewertet alljährlich die Fortschritte auf dem Weg zur Realisierung der in Lissabon festgelegten Ziele unter Zugrundelegung struktureller Indikatoren, zu denen jetzt auch ein Indikator für geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zählt.

Die Mehrzahl der im Jahr 2001 ausgewählten 27 Projekte, die im Rahmen des Aktionsprogramms gefördert wurden, waren dem Thema ,gleiches Entgelt" gewidmet. Für die Projekte wurden Mittel in Höhe von insgesamt etwa 8 Mio. Euro bereitgestellt. Die Ergebnisse der Projekte werden voraussichtlich im Jahr 2003 vorliegen.

Gleichstellung im Erweiterungsprozess

Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist die Übernahme und Umsetzung des Acquis Communautaire. Was den Bereich Chancengleichheit anbelangt, haben die Bewerberländer bis zum Beitritt neun Richtlinien umzusetzen. Die Umsetzungsarbeiten schreiten voran, und in einigen Beitrittsländern waren im Jahr 2001 gute Fortschritte zu verzeichnen. Rechtsvorschriften allein reichen aber nicht aus. Die Erfahrung hat gezeigt, dass geeignete Unterstützungsmechanismen erforderlich sind, um eine effektive Gleichstellung zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg sind hier Strukturen wie Gleichstellungsstellen, Ombudsleute für Gleichstellungsfragen und unabhängige Beratungsstellen.

Ausblick

Im Jahr 2002 wird das Thema ,Vereinbarkeit von Familie und Beruf" im Mittelpunkt des Interesses stehen. Es sind verschiedene Maßnahmen auf europäischer Ebene geplant, z. B.: Verbesserung der Sichtbarkeit dieses Aspekts in den wichtigsten politischen Prozessen, Finanzierung transnationaler Projekte, Verbesserung von Statistiken und Indikatoren, Erstellung eines Berichts über die Durchführung der Richtlinie über Elterurlaub.

Im Jahr 2002 wird es jedoch auch darum gehen, die Rechtsvorschriften im Bereich der Geschlechtergleichstellung zu stärken. Die Kommission wird einen Vorschlag für eine Richtlinie über Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorlegen. Der Anwendungsbereich der neuen Richtlinie wird über die Bereiche Beschäftigung und soziale Sicherheit hinausgehen, die derzeit noch allein den Anwendungsbereich des EU-Gleichstellungsrechts bilden.

Die Probleme Frauenhandel und Gewalt sowie die Stärkung der Geschlechterdimension in der Außenpolitik der Europäischen Union und in den Strukturfonds werden auch im Jahr 2002 einen wichtigen Platz auf der politischen Agenda einnehmen.

Im Übrigen beabsichtigt die Kommission, im Anschluss an die laufende Bewertung der Beteiligung der Frauen an Entscheidungsprozessen und im Vorfeld der 2004 anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament ihre Aktivitäten im Jahr 2003 auf die Förderung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in Entscheidungsprozessen zu konzentrieren.

Letzte Meldung

Am 18. April 2002 haben Rat und Parlament politische Einigung erzielt über die Änderung der Richtlinie 76/207/EWG zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung. Damit wird erstmals auf EU-Ebene in Form verbindlicher Rechtsvorschriften der Begriff ,sexuelle Belästigung" definiert und festgestellt, dass sexuelle Belästigung eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt. Die neue Richtlinie wird Bestimmungen enthalten zur Rechtsdurchsetzung, zur Entschädigung der Opfer - wobei keine Obergrenze festgelegt wird - und zu den Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie. Darüber hinaus sieht die Richtlinie vor, dass die Arbeitgeber künftig präventive Maßnahmen zur Bekämpfung sexueller Belästigung zu treffen und den Arbeitnehmern regelmäßig über ihre ,Gleichstellungspolitik" Bericht zu erstatten haben.

I - Die Rahmenstrategie

Mit der Rahmenstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern [1] werden die verschiedenen Gleichstellungsinitiativen und -programme sämtlicher Kommissions dienststellen zu einem kohärenten Ganzen zusammengefügt. Dieser umfassende, integrierte Ansatz verknüpft spezifische Maßnahmen zugunsten der Angehörigen des benachteiligten oder unterrepräsentierten Geschlechts in einem bestimmten Politikbereich mit einem durchgängigen Mainstreaming-Konzept, mit dessen Hilfe sichergestellt werden soll, dass die Kommission in all ihren Politiken der Geschlechterproblematik Rechnung trägt und die unterschiedlichen Auswirkungen ihrer Aktivitäten für Frauen und Männer analysiert.

[1] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: ,Für eine Rahmenstrategie der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005)", KOM(2000) 335 endgültig vom 7. Juni 2000.

1. Jahresarbeitsprogramm

Mit der erstmaligen Verabschiedung eines Jahresarbeitsprogramms für die Gleichstellung von Frauen und Männern [2] im März 2001 hat die Kommission die Rahmenstrategie wesentlich vorangebracht. Das Arbeitsprogramm bestand aus zwei Teilen: bereichsübergreifenden Prioritäten, die für alle Generaldirektionen (GDs) und Dienststellen galten, einerseits und spezifischen Zielen und Aktionen für die einzelnen GDs in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen andererseits. Detaillierte Informationen über die Durchführung des zur Umsetzung der Rahmenstrategie festgelegten Arbeitsprogramms und über die erzielten Fortschritte finden sich auf der Website ,Gleichstellung von Frauen und Männern" [3].

[2] KOM(2001) 119 endgültig und SEK(2001) 382.

[3] http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/index_de.htm

Im Arbeitsprogramm 2001 wurden drei prioritäre bereichsübergreifende Maßnahmen genannt, die sämtliche Dienststellen betrafen:

- Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Maßnahmen in bestimmten Politikfeldern. Im Rahmen des ersten Arbeitsprogramms ist es gelungen, die Anstrengungen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung weiter zu verstärken, indem die Politiken von mehreren GDs und Dienststellen, in denen bislang kein Gender-Mainstreaming praktiziert wurde, in die Strategie eingebunden wurden. Da es immer noch zahlreiche Bereiche der EU-Politik gibt, die noch nicht daraufhin untersucht wurden, inwieweit die getroffenen Maßnahmen Auswirkungen für die Gleichstellung der Geschlechter haben, wird an dieser Priorität im Arbeitsprogramm 2002 weiter festgehalten.

- Geschlechtsspezifische Aufschlüsselung von Statistiken. Die Aufschlüsselung von Statistiken nach Geschlecht, ein wichtiges Hilfsmittel für die Politikplanung, ist im Jahr 2001 ein gutes Stück vorangekommen: mehrere GDs praktizieren inzwischen eine geschlechtsspezifische Aufschlüsselung bei sämtlichen oder bei Teilen ihrer Datenerhebungen und -analysen. Im Rahmen des Arbeitsprogramms 2002 müssen die Anstrengungen jedoch fortgesetzt werden, um für eine konsequentere Anwendung dieser Praxis zu sorgen. Ein wesentlicher Aspekt ist die Einbeziehung der nationalen statistischen Ämter - die für die Gemeinschaft die wichtigste Quelle statistischer Daten sind - bei der Erhebung geschlechtsdifferenzierter Daten.

- Ermutigung einer größeren Anzahl von Frauen, Projektvorschläge einzureichen oder sich an der Ausarbeitung von Vorschlägen zu beteiligen. Die in der GD Forschung und in der GD Informationsgesellschaft übliche Praxis, in sämtlichen Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen und Aufrufen zur Interessenbekundung ausdrücklich auf das Engagement der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter hinzuweisen, wurde als ,Best Practice" in das Arbeitsprogramm 2001 übernommen. Leider wurde dies nicht im erhofften Umfang aufgegriffen. Im Bestreben, für eine weitere Verbreitung dieser Praxis zu sorgen, werden die entsprechenden Gespräche mit den für Finanzen und Rechtsfragen zuständigen Dienststellen im Jahr 2002 fortgeführt.

In einigen Politikbereichen sind beachtliche Fortschritte bei der Durchführung des Arbeitsprogramms und der Umsetzung der Rahmenstrategie zu verzeichnen. Einige erfolgreiche Initiativen werden im Folgenden herausgegriffen.

Asyl- und Flüchtlingspolitik

Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern sieht vor, dass jeder erwachsene Familienangehörige eines Asylbewerbers einzeln darüber zu informieren ist, dass er das Recht hat, einen gesonderten Asylantrag zu stellen; ferner wird ausdrücklich gefordert, Frauen in stärkerem Maße in die Verwaltung der Unterbringungszentren einzubeziehen; außerdem soll sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter von Behörden und Organisationen, die die Richtlinie durchführen, die nötige Grundausbildung erhalten, um den Bedürfnissen sowohl männlicher als auch weiblicher Asylbewerber entsprechen zu können; verlangt werden nach Geschlecht aufgeschlüsselte Angaben über die Personen, die einen Asylantrag stellen oder denen Asyl gewährt wird; im Übrigen sollen die besonderen Bedürfnisse von Frauen sowohl in Bezug auf die medizinische Versorgung als auch in Bezug auf die Unterbringung berücksichtigt werden.

Was weibliche Flüchtlinge betrifft, die internationalen Schutz beantragen, sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass eine ,Verfolgung" im Sinne der Genfer Konvention auch durch Anwendung sexueller Gewalt oder sonstige geschlechtsspezifische Übergriffe erfolgt sein kann.

Umwelt

In der Umweltpolitik der EU begann man im Jahre 2001 im Bereich der integrierten Produktpolitik und der Abfallwirtschaft mit dem ,Gender Impact Assessment" (Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen). Die GD Umwelt hat ausdrücklich Beiträge von Frauen-NRO erbeten. Ziel ist es, ein Netzwerk aufzubauen, Standpunkte und Anregungen von Frauen einzuholen und Frauen mit den Fördermöglichkeiten im Rahmen des Programms LIFE bekannt zu machen.

Fischereiwirtschaft

Die GD Fischerei hat eine eingehende Studie zur Rolle der Frau im Fischereisektor durchgeführt. Die Studie gelangt zu dem Schluss, dass die meisten Möglichkeiten zur Stärkung der Rolle der Frau in der Fischereiwirtschaft nach wie vor in den Bereichen Aquakultur und Fischereiverwaltung bestehen.

Unternehmen

Es wurde eine Studie zur Ermittlung und Evaluierung von ,Good Practices" zur Förderung weiblichen Unternehmertums auf den Weg gebracht. Eine Studie zur Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen des innerhalb des Fünften Programms durchgeführten spezifischen Programms ,Innovation und KMU" wurde soeben fertiggestellt und veröffentlicht.

Öffentliches Auftragswesen

Im Herbst 2001 hat die Kommission eine Mitteilung über die Auslegung des gemeinschaftlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge angenommen. Zweck der Mitteilung war es aufzuzeigen, auf welche Weise sozialen Belangen, wie der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, bei der öffentlichen Auftragsvergabe am besten Rechnung getragen werden kann.

Grundzüge der Wirtschaftspolitik

Der belgische Ratsvorsitz hat eine Initiative zur Stärkung des Gender-Mainstreaming in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik auf den Weg gebracht. Im Oktober 2001 wurde ein Fachseminar abgehalten, das unabhängige Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kommission und des belgischen Ratsvorsitzes zusammenführte. Im Anschluss an das Seminar wurde ein Papier erarbeitet, das am 3. Dezember 2001 dem Rat ,Sozialpolitik" und am 4. Dezember 2001 dem Rat ,Wirtschaft und Finanzen" vorgelegt wurde. In seinen Schlussfolgerungen forderte der Rat ,Wirtschaft und Finanzen" dazu auf, die Frage des Gender-Mainstreaming bei den Vorbereitungsarbeiten zur Festlegung der Grundzüge der Wirtschaftpolitik 2002 zu erörtern.

Barcelona-Prozess

Im Rahmen des MEDA-Programms für die Zusammenarbeit mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums fand im Juli 2001 in Brüssel ein Regionalforum zum Thema ,Die Rolle der Frau in der wirtschaftlichen Entwicklung: die Dimension der Gleichstellung von Männern und Frauen in der Partnerschaft Europa-Mittelmeer" statt.

Allgemeine und berufliche Bildung

Der Ausschuss für das Programm SOKRATES hat im Februar 2001 einen Aktionsplan für Geschlechtergleichstellung (2001-2002) verabschiedet. Darin ist Folgendes vorgesehen: Bewertung der Geschlechterdimension in der ersten Programmphase und Ermittlung geeigneter Indikatoren für eine bessere Implementierung der Gleichstellungskomponente in der zweiten Programmphase. Im Bestreben, geschlechtsspezifische Stereotype in Unterrichtsmaterialen auf allen Ebenen des Bildungssystems zu beseitigen, wurde im Rahmen eines vom italienischen Verlegerverband durchgeführten Projekts ein Verhaltenskodex zur freiwilligen Selbstkontrolle erstellt und auf europäischer Ebene verbreitet. Das WEEST-Netzwerk (Women in Education and Employment in Science and Technology) hat eine Website mit einer interaktiven Ausstellung, Informationen zu europaweit relevanten Projekten und einem Chatroom für Wissenschaftlerinnen in ganz Europa eingerichtet.

Ende 2001 wurde eine Broschüre zum Thema Frauen und Technik veröffentlicht, in der ,Best Practices" aus der ersten Phase des Berufsbildungsprogramms Leonardo da Vinci vorgestellt werden.

Entwicklungszusammenarbeit

Es wurde eine Mitteilung zu einem Aktionsprogramm zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter als Querschnittsaufgabe für die Entwicklungszusammenarbeit für die kommenden fünf Jahre (2001-2006) verabschiedet. [4] Darin wird festgestellt, dass der Gleichstellung der Geschlechter im Entwicklungsprozess ganz allgemein eine ausschlaggebende Rolle zukommt und dass aufgrund des Zusammenhangs zwischen Geschlecht und Armut die Einführung der Gleichstellungsthematik als Querschnittsaufgabe in die Entwicklungszusammenarbeit dringender denn je ist.

[4] KOM(2001) 295 endgültig.

In der Mitteilung werden drei zentrale Aktionsbereiche ausgewiesen, in denen es gilt sicherzustellen, dass der Aspekt der Gleichstellung der Geschlechter als Querschnittsaufgabe (Gender-Mainstreaming) in sämtliche Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft Eingang findet: Analyse der Geschlechterproblematik und deren Einbeziehung in die sechs vorrangigen Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit der EG; systematische Einbeziehung der Geschlechterproblematik in die auf Länder- bzw. regionaler Ebene entworfenen Projekte und Programme; Kapazitätenaufbau für den Bereich Gleichstellung innerhalb der EK.

Humanitäre Hilfe

Das Europäische Amt für humanitäre Hilfe (ECHO) hat während des gesamten Jahres 2001 die Einbindung der Geschlechterperspektive in die politischen Strategien im Bereich der humanitären Hilfe weiter vorangetrieben. Es wurde ein Fallstudie zu humanitären Hilfsprojekten finanziert, die eine Gender-Mainstreaming-Komponente enthielten. Ziel war es, zu analysieren, wie der Geschlechterperspektive bei der Planung und Durchführung humanitärer Projekte Rechnung getragen werden kann.

Auf operationeller Ebene hat das ECHO im Jahr 2001 Finanzhilfen bereitgestellt für gezielte, auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen zugeschnittene Projekte, beispielsweise im Irak, in Serbien und in Afghanistan.

Frauen und Wissenschaft

Im Rahmen der 1999 angelaufenen Initiative ,Frauen und Wissenschaft" wurde im Jahr 2001 eine große Konferenz veranstaltet, deren Ziel es war, die Ergebnisse von Forschungsarbeiten zum Thema ,Frauen in der Wissenschaft" zu analysieren und das Benchmarking weiter voranzubringen, um die Entwicklung der Frauenbeteiligung in der Forschung zu überwachen. Zur Vorbereitung der Konferenz wurden mehrere Gender-Impact-Assessment-Studien durchgeführt. Ferner wurde ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission mit dem Titel ,Frauen in der Wissenschaft: die Geschlechterdimension als Antrieb für die Reform der Wissenschaft" vorgelegt, in der über die Fortschritte berichtet wird, die seit 1999 bei der Integration der Geschlechterdimension in der Forschung erzielt wurden.

Beschäftigungsstrategie

Am 12. September 2001 hat die Kommission das jährliche Beschäftigungspaket angenommen, das aus drei Teilen besteht: einem Bericht über die Beschäftigungsleistung der Mitgliedstaaten, einer Reihe von Empfehlungen an die einzelnen Mitgliedstaaten und Leitlinien für die künftige Politik. An 11 Mitgliedstaaten (Deutschland, Griechenland, Spanien, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal, Finnland, Schweden und Vereinigtes Königreich) wurden Empfehlungen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung gerichtet. Darüber hinaus schlug die Kommission eine Präzisierung der Leitlinie zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle vor - angesichts der Feststellung, dass in diesem Bereich kaum Fortschritte zu verzeichnen waren. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Rat abgelehnt.

Die europäische Gruppe von Expertinnen und Experten für ,Gleichstellung und Beschäftigung" legte eine unabhängige Bewertung der nationalen beschäftigungspolitischen Aktionspläne 2001 und der derzeit verwendeten Indikatoren für das Monitoring der gleichstellungspolitischen Aktivitäten im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie vor. [5]

[5] http://www.umist.ac.uk/management/ewerc/

Bekämpfung von Gewalt und Menschenhandel

In den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2001 stellte die Kommission das Thema Frauenhandel, zu dem auch eine Zusammenkunft mit dem Europäischen Parlament stattfand. Die Durchführung der Programme DAPHNE und STOP wurde im Jahr 2001 fortgesetzt. Außerdem hat die Kommission das neue Programm STOP II verabschiedet (Laufzeit bis 2003). Besonderes Augenmerk galt bei der Durchführung des Programms STOP II im Jahr 2001 der Unterstützung und dem Schutz der Opfer. Im Übrigen erzielte der Rat politische Einigung über einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels. Dabei geht es in erster Linie um eine Angleichung der Strafrechtsvorschriften und der Sanktionen. Hauptziel ist es, für eine bessere Rechtsdurchsetzung und eine stärkere justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zu sorgen.

Prozess zur Förderung der sozialen Integration

Auf der Grundlage gemeinsamer Ziele für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung [6] haben die Mitgliedstaaten im Juni 2001 erstmals ihre künftig alle zwei Jahre zu unterbreitenden nationalen Aktionspläne vorgelegt.

[6] Ziele bei der Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung, ABl. C 82 vom 13.3.2001. Entwurf des gemeinsamen Berichts über die soziale Eingliederung, KOM(2001) 565 endgültig vom 10.10.2001.

In ihren Aktionsplänen haben die meisten Mitgliedstaaten festgestellt, dass das Risiko, Opfer von Armut und sozialer Ausgrenzung zu werden höher ist für ältere Frauen, allein erziehende Eltern und Opfer häuslicher Gewalt. Bei den Männern sind es Obdachlose, (ehemalige) Straftäter und Schulabbrecher, die in besonderem Maße gefährdet sind. Wenngleich einige Pläne positive Beispiele dafür enthalten, wie man geschlechtsspezifische Aspekte angehen kann, ist es noch ein langer Weg bis zur Anwendung eines kohärenten Ansatzes, der geschlechtsspezifischen Merkmalen und geschlechtsspezifischen Bedürfnissen durchgängig in allen von den Plänen abgedeckten Bereichen Rechnung trägt. Mehrere Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, das Gender-Mainstreaming in den nächsten zwei Jahren verstärkt voranzutreiben.

2. Ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Ausschüssen

Die Kommission strebt eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern an, insbesondere in ihren Ausschüssen und Sachverständigengruppen. Hierzu hat sie sich in ihrem Beschluss 2000/407/EG vom 19. Juni 2000 [7] ausdrücklich verpflichtet. Darin wurde als Zielvorgabe ein Anteil der Angehörigen jedes Geschlechts von mindestens 40 % festgelegt.

[7] ABl. L 154 vom 27.6.2000, S. 34.

Nach einer ersten Untersuchung im Jahr 2000, die mehrere Sachverständigengruppen der Kommission betraf und bei der ein durchschnittlicher Frauenanteil von lediglich 13,5 % ermittelt wurde, hat man im Jahr 2001 eine zweite, wesentlich umfassendere Untersuchung durchgeführt.

Dieses Mal wurden sämtliche Ausschüsse und Sachverständigengruppen der Kommission erfasst, wobei unterschieden wurde zwischen Mitgliedern, die von der Kommission ernannt wurden, und Mitgliedern, die von den Mitgliedstaaten, von Sozialpartnern, Interessenverbänden, NRO oder anderen Stellen ernannt wurden, die berechtigt sind, Vertreterinnen und Vertreter in Ausschüsse und Arbeitsgruppen der Kommission zu entsenden.

Im Jahr 2001 betrug der durchschnittliche Frauenanteil in sämtlichen Ausschüssen und Sachverständigengruppen der Kommission 28,8 %. Bei den Ausschüssen und Sachverständigengruppen, deren Mitglieder von der Kommission ernannt wurden, betrug der Frauenanteil 30,5 %, in den Gremien, auf deren Zusammensetzung die Kommission keinen Einfluss hat, 28,4 %.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung spiegeln tendenziell die allgemeinen Beteiligungsquoten von Frauen und Männern in den betreffenden Sektoren wider: so sind die Frauen beispielsweise relativ stark in den Bereichen Bildung und Soziales vertreten, wohingegen in Sektoren wie Landwirtschaft, Fischerei und Forschung die Männer dominieren.

Die Untersuchung lässt zwar eine deutliche Verbesserung gegenüber früher erhobenen Daten erkennen, doch müssen die Anstrengungen in den Bereichen, in denen Frauen nach wie vor unterrepräsentiert sind, fortgesetzt bzw. verstärkt werden. Eine Überwachung der Fortschritte wird auch weiterhin im Rahmen der für die Umsetzung der Gleichstellungsstrategie festgelegten Arbeitsprogramme erfolgen.

3. Verstärkte Zusammenarbeit mit Gleichstellungsstellen

Die Rahmenstrategie fördert aktiv den Austausch von ,Good Practice" zwischen den Mitgliedstaten der EU und des EWR, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft. Im Jahr 2001 fanden einige Aktivitäten statt, die diesem Zweck dienten.

Der Beratende Ausschuss für die Chancengleichheit von Frauen und Männern [8] setzte seine Tätigkeit im Jahr 2001 fort und gab Stellungnahmen ab zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien 2002, zu Gleichstellungsstatistiken und -indikatoren sowie zur geschlechtsspezifischen Dimension sozialer Integration.

[8] http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/strategy/advcom.html

In Zusammenarbeit mit dem schwedischen Ratsvorsitz hat die Kommission in Sigtuna, Schweden, ein hochrangiges Treffen von für Gender-Mainstreaming-Fragen zuständigen leitenden Beamten aus den Mitgliedstaaten organisiert. Damit wurde eine wichtige Debatte eingeleitet über die Mechanismen für das Follow-up der Indikatoren, die als Reaktion auf die Pekinger Aktionsplattform festgelegt wurden. Die Diskussion wurde bei einer weiteren Zusammenkunft, die gemeinsam mit dem belgischen Ratsvorsitz im November in Brüssel veranstaltet wurde, fortgeführt.

Die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen (Follow-up der Pekinger Aktionsplattform), dem Europarat (Lenkungsausschuss für Chancengleichheit) und der OSZE (neuer Aktionsplan zu Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau) wurde fortgesetzt, so dass die Sachkenntnis dieser Organisationen genutzt und das Gender-Mainstreaming in den relevanten Politikbereichen weiter vorangebracht werden konnte.

4. Nationale Initiativen

Die EU-Mitgliedstaaten und die EWR/EFTA-Länder haben weiterhin verschiedenste Aktivitäten entfaltet zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und der Anwendung der Gender-Mainstreaming-Methode. Im Folgenden werden lediglich einige Beispiele dafür herausgegriffen. [9]

[9] Wer sich einen vollständigen Überblick verschaffen will, findet unter folgender Internetadresse Links zu den Websites nationaler Gleichstellungsstellen: http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/links_de.html

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Österreich

Die österreichische Bundesregierung hat im Wege eines Verhandlungsverfahrens einen Dienstleistungsauftrag für ein österreichisches Frauentechnologieprojekt vergeben. Hauptziel des Projekts ist die Konzeption und Durchführung bundesweiter Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils der im technischen Bereich - insbesondere in der IT-Branche - beschäftigten Frauen. Darüber hinaus wurden eine Interministerielle Arbeitsgruppe für Gender-Mainstreaming (IMAG GM) sowie drei weitere Arbeitsgruppen eingerichtet. Im Jahr 2001 kam die IMAG GM zweimal zusammen, eine dritte Sitzung war für den Herbst geplant.

Dänemark

Auf der Grundlage des im Vorjahr verabschiedeten Gesetzes über Geschlechtergleichstellung wurde dem Parlament im März 2001 der erste nationale Bericht mitsamt Aktionsplan unter dem Titel ,Geschlechtergleichstellung - Vorbedingung für Wohlstand, Nachhaltigkeit und Demokratie" vorgelegt. Am 1. Juli wurde in den Gesetzen über Gleichbehandlung, Geschlechtergleichstellung, Kinderbetreuung, Gleichheit des Arbeitsentgelts und Betriebsrenten der Grundsatz der Aufteilung der Beweislast verankert. Gleichzeitig wurde - in Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der EU - eine Definition des Begriffs der mittelbaren Diskriminierung eingeführt. Im Kontext Gleichbehandlung/Diskriminierung wird auch der Aspekt der sexuellen Belästigung abgedeckt.

Norwegen

Im April 2001 legte die Regierung dem nationalen Parlament einen Vorschlag für eine Überarbeitung des Gesetzes über die Gleichstellung der Geschlechter vor. Unter anderem soll die bestehende Vorschrift verschärft werden, durch die alle öffentlichen Stellen verpflichtet werden, die Gleichstellung der Geschlechter in sämtlichen Bereichen des sozialen Lebens zu fördern: künftig sind die Gleichstellungsmaßnahmen im jährlichen Haushaltsplan entsprechend zu berücksichtigen. Auch soll diese Verpflichtung auf die Sozialpartner ausgeweitet werden. Die Unternehmen sollen künftig in ihren Jahresberichten darzulegen haben, welche Maßnahmen sie zur Förderung der Geschlechtergleichstellung getroffen haben.

Schweden

Das Gesetz über die Gleichstellung von Männern und Frauen wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2001 ergänzt. Ein neuer Paragraph 11 sieht vor, dass die Arbeitgeber jährlich einen Aktionsplan für die Gleichheit des Arbeitsentgelts zu erstellen und darin über die Ergebnisse der gemäß Paragraph 10 durchzuführenden Erhebung und Analyse zu berichten haben. Durch Paragraph 12 werden die Arbeitgeber verpflichtet, der Arbeitnehmerorganisation (mit der ein Kollektivvertrag geschlossen wurde) die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigt, um an der Erhebung, der Analyse und der Erstellung des Aktionsplans für die Gleichheit des Arbeitsentgelts mitzuwirken.

Vereinigtes Königreich

Im Januar 2001 hat die Regierung einen neuen Telefonservice - ,Equality direct" - sowie eine entsprechende Website [10] eingerichtet. Unternehmen finden hier - kostenlos und vertraulich - ein umfassendes, kohärentes Informations- und Beratungsangebot in Sachen Gleichstellung. Im Februar hat die Regierung eine nationale Konferenz mit dem Titel ,Women Mean Business" veranstaltet, auf der Information und Beratung zu den in der Wirtschaft bestehenden Möglichkeiten geboten wurde. Im Juni wurde im Rahmen des Projekts ATHENA eine ,Equality Challenge Unit" eingerichtet, die sich mit der Problematik der Frauenpräsenz in naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen im Hochschulbereich befassen soll. Im Juli hat die Regierung Rechtsvorschriften zur Durchführung der Richtlinie über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verabschiedet. Durch diese Vorschriften wird der Sex Discrimination Act dahingehend geändert, dass die Definition der mittelbaren Diskriminierung präziser gefasst und ausdrücklich festgelegt wird, dass bei einer Klage vor Gericht die Beweislast auf den Arbeitgeber übergeht, wenn die klagende Partei einen Beweis des ersten Anscheins erbringt.

[10] http://www.equalitydirect.org.uk

II - Schwerpunktthema 2001: Gleiches Arbeitsentgelt

1. Das Lohngefälle

Die Gleichheit des Arbeitsentgelts für Frauen und Männer bei gleichwertiger Arbeit ist als grundlegendes Prinzip im EG-Vertrag verankert. Die Richtlinie zum gleichen Entgelt (1975) war auch die erste Richtlinie, die im Bereich Gleichbehandlung von Frauen und Männern verabschiedet wurde.

Trotz der bestehenden Rechtsvorschriften verdienen Frauen jedoch nach wie vor fast 14 % weniger als Männer (im Jahr 1997 war die Diskrepanz im privaten Sektor mit 19 % stärker ausgeprägt als im öffentlichen Sektor mit 10 %).

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2. Schwerpunktthema innerhalb der Rahmenstrategie

Für das Jahr 2001 wurde als Schwerpunktthema im Kontext der gemeinschaftlichen Rahmenstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern und des entsprechenden Förderprogramms das Thema ,gleiches Arbeitsentgelt" festgelegt.

Die Gleichheit des Arbeitsentgelts wurde deswegen als erstes Thema gewählt, weil die in Europa bestehenden Ungleichheiten in der Arbeitswelt hier am deutlichsten zu Tage treten. Wenn die Politik nichts unternimmt, um diese Ungleichheiten zu beseitigen, werden die vom Europäischen Rat in Lissabon gesetzten Ziele der Anhebung der Beschäftigungsquote der Frauen auf mindestens 60 % bis zum Jahr 2010 und der Verbesserung der Arbeitsqualität nicht zu realisieren sein.

Unterstützung durch den EU-Ratsvorsitz

Unter schwedischem Ratsvorsitz haben die für Fragen der sozialen Sicherheit und Geschlechtergleichstellung zuständigen Ministerinnen und Minister im Januar 2001 die miteinander verzahnten Themenkomplexe geschlechtsspezifisches Lohngefälle und soziale Sicherheit und ihre Bedeutung für das Wirtschaftswachstum erörtert. Welch hoher Stellenwert der Frage des gleichen Entgelts beigemessen wird, machen auch die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm (März 2001) deutlich, in denen Rat und Kommission aufgefordert wurden, geeignete Indikatoren zu entwickeln.

In Anknüpfung an diese Arbeiten nahm der belgische Ratsvorsitz die Entwicklung eines Indikatorensatzes zur Erfassung geschlechtsspezifischer Lohnunterschiede in Angriff. Der Rat ,Beschäftigung und Sozialpolitik" (3. Dezember 2001) hat daraufhin neun Indikatoren festgelegt und Kommission und Mitgliedstaaten aufgefordert, die verfügbaren Statistiken zu verbessern und einschlägige Forschungsarbeiten voranzutreiben.

Europäisches Parlament und Wirtschafts- und Sozialausschuss

Das Europäische Parlament hat im September 2001 einen Bericht zum Thema Entgeltgleichheit [11] angenommen und darin den Kommissionsvorschlag befürwortet, nationale Zielvorgaben festzulegen. Der Bericht bekräftigte, dass von allen Akteuren und auf allen Ebenen - Europäische Kommission, Mitgliedstaaten, Sozialpartner - ein mehrdimensionaler Ansatz zu verfolgen ist, wenn tatsächlich nachhaltige Ergebnisse erzielt werden sollen.

[11] Bericht über gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit, Berichterstatterin: Miet Smet, Juli 2001, endgültig A5-0275/2001.

Die Gleichheit des Arbeitsentgelts ist auch dem Wirtschafts- und Sozialausschuss ein zentrales Anliegen. Im Florio-Bericht zur geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung (März 2001) wurde nachdrücklich die Notwendigkeit einer Ausweitung der vorhandenen Datenbasis und der einschlägigen Forschungsarbeiten unterstrichen. Mitgliedstaaten und Sozialpartner wurden aufgefordert, ihre Anstrengungen zu verstärken.

Die Lissabonner Strategie

In die von der Kommission im Jahr 2001 erstellte Liste von Strukturindikatoren, mit deren Hilfe die Fortschritte bei der Verwirklichung der auf dem Lissabonner Gipfel vereinbarten wirtschaftlichen und sozialen strategischen Ziele überwacht werden sollen, wurde auch ein Indikator zu den geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden aufgenommen. Die in Europa erzielten Fortschritte im Hinblick auf die Entgeltgleichheit werden Thema der nächsten Frühjahrstagungen des Europäischen Rates sein, auf denen alljährlich eine Bilanz der Fortschritte wie auch der Fehlschläge auf dem Weg zur Realisierung der ,Lissabonner Ziele" gezogen wird.

Die europäische Beschäftigungsstrategie

Die europäische Beschäftigungsstrategie trägt einiges dazu bei, dem Ziel des gleichen Arbeitsentgelts für Männer und Frauen näher zu kommen. Nach der Bewertung der nationalen Aktionspläne für das Jahr 2001 haben einige Mitgliedstaaten der Existenz eines geschlechtsspezifischen Lohngefälles Rechnung getragen und Initiativen zum Abbau der bestehenden Unterschiede angekündigt. Die Ansätze bleiben jedoch eher vage und es fehlt an konkreten Maßnahmen. Zudem lässt das Engagement der Sozialpartner zu wünschen übrig, wenngleich ihnen hier eine wichtige Rolle zufällt. Nach Abschluss der Bewertungsarbeiten hat die Kommission vorgeschlagen, eine der beschäftigungspolitischen Leitlinien, die unter anderem auf die Korrektur des geschlechtsspezifischen Lohngefälles abstellt, mit der Forderung nach nationalen Zielvorgaben verbindlicher zu machen und damit den Wünschen des Beratenden Ausschusses für die Chancengleichheit nachzukommen. Bedauerlicherweise hat der Rat diesen Vorschlag im Jahr 2001 nicht übernommen, doch wird er die Frage im Jahr 2002 erneut prüfen.

3. Start des neuen Aktionsprogramms für die Gleichstellung von Frauen und Männern

Das Programm [12] ist eines der für die Umsetzung der Gesamtstrategie der Gemeinschaft im Bereich Geschlechtergleichstellung erforderlichen Instrumente. Im Rahmen des Programms werden horizontale Maßnahmen in den von der Gemeinschaftsstrategie abgedeckten Aktionsbereichen koordiniert, unterstützt und finanziert. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die nicht im Rahmen anderer EU-Finanzierungsinstrumente, wie der Strukturfonds oder der Strukturfondsinitiativen wie z. B. EQUAL, gefördert werden können.

[12] Entscheidung Nr. 51/2001/EG des Rates vom 20. Dezember 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005), ABl. 17 vom 19.1.2001, S. 22-29.

Die Gleichheit des Arbeitsentgelts war prioritäres Thema für die erste Runde der im Rahmen des Geschlechtergleichstellungsprogramms 2001-2005 bezuschussten transnationalen Projekte. Das Programm wurde unter belgischem Ratsvorsitz gestartet, und zwar anlässlich einer Konferenz zum Thema ,gleiches Entgelt", die am 13. September 2001 in Brüssel stattfand und im Rahmen des Programms kofinanziert wurde.

Die über das Aktionsprogramm der Gemeinschaft für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) finanzierten Projekte zeichnen sich durch mehrere innovative Aspekte gegenüber den vorangegangenen Programmen aus:

- Jedes Jahr wird ein Schwerpunktthema für die Finanzierung von Projekten ausgewählt. Dieses Thema wird - in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen - auch in den politischen Aktionen der Kommission aufgegriffen (wie beispielsweise im Falle des gleichen Arbeitsentgelts, wo Rat, Europäisches Parlament, Wirtschafts- und Sozialausschuss wie auch die verschiedenen Instrumente der Kommission dieses Thema im Jahr 2001 in den Mittelpunkt des Interesses rückten).

- Durch die Konzentration der Anstrengungen auf ein Schwerpunktthema kann eine maximale Wirkung erzielt werden: die Aktivitäten in allen Mitgliedstaaten finden im selben zeitlichen Rahmen statt, sind einem untereinander abgestimmten Spektrum von Unterthemen gewidmet und beziehen sämtliche relevanten Akteure ein.

- Es handelt sich um größere Projekte, bei denen sich die Finanzhilfen in einer Größenordung von jeweils 250 000 bis 500 000 Euro bewegen. Man hat sich für diese Größenordnung entschieden, um eine ausreichende Finanzierung der Aktivitäten sicherzustellen - jedes einzelne Projekt hat eine Größenordnung, die eine transnationale Ausrichtung und Abwicklung ermöglicht - und konsistente Ergebnisse zu garantieren.

Ziel dieser von Mitgliedstaaten, nationalen Gleichstellungsstellen, NRO, Sozialpartnern, regionalen und/oder lokalen Behörden usw. durchgeführten Projekte ist es, zu einem besseren Verständnis des geschlechtsspezifischen Lohngefälles zu gelangen und Strategien für seine Beseitigung zu entwickeln und verbreiten. Diese politikorientierte Zusammenarbeit erhöht die Wirksamkeit der Maßnahmen, die zur Förderung des Prinzips der Entgeltgleichheit und zur Reduzierung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern ergriffen werden.

Die transnationalen Maßnahmen zum Schwerpunktthema ,gleiches Entgelt" betrafen folgende Aspekte:

- Austausch der Ergebnisse bereits vorliegender Analysen und Forschungsarbeiten und Austausch von ,Good Practice";

- Überprüfung der Arbeitsplatzklassifizierungssysteme und Entgeltsysteme, um herauszufinden, ob sie zur Entstehung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten beitragen;

- Garantie von Rechten (durch legislative Maßnahmen und Mechanismen, die einen besseren und effektiveren Schutz gewährleisten);

- die Frage des gleichen Entgelts in Kollektivverhandlungen und die Rolle der Sozialpartner;

- Prävention: die Rolle von Erziehung, Information, Ausbildung und Medien.

Die Mehrzahl der im Jahr 2001 ausgewählten 27 Projekte war Fragen im Zusammenhang mit dem ,gleichen Entgelt" gewidmet. Für die Projekte wurden Mittel in Höhe von insgesamt etwa 8 Mio. Euro bereitgestellt. Genauere Informationen zu den Projekten finden sich auf der Webseite ,Gleichstellung von Frauen und Männern" [13].

[13] http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/index_de.htm

4. Schwerpunktthemen im Rahmen des Gleichstellungsprogramms für die kommenden Jahre

Damit alle Bereiche der Rahmenstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) abgedeckt werden, für die im Rahmen des Programms Finanzmittel bereitgestellt werden sollen, haben der Programmausschuss und die Kommission folgende Prioritäten festgelegt:

2001-2002: Gleiches Arbeitsentgelt

2002-2003: Vereinbarkeit von Familie und Beruf

2003-2004: Frauen in Entscheidungsprozessen

2004-2005: Geschlechtsspezifische Stereotype

III - Rechtliche Entwicklungen

1. Gleichbehandlungsrichtlinie

Im Jahr 2001 wurden erhebliche Fortschritte erzielt mit Blick auf die Verabschiedung des Vorschlags für eine Änderung der Richtlinie aus dem Jahr 1976 zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung.

Vorgeschlagen wird eine Aktualisierung der Richtlinie [14], mit der zum einen Einstellungsveränderungen Rechnung getragen werden soll und zum anderen den zahlreichen Urteilen, die der Europäische Gerichtshof in den vergangenen 25 Jahren erlassen hat. Darüber hinaus soll die Kohärenz - insbesondere hinsichtlich der zugrunde gelegten Definitionen - mit den im Jahr 2000 auf der Grundlage von Artikel 13 EG-Vertrag verabschiedeten Richtlinien gewährleistet werden, die Diskriminierungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung betreffen.

[14] KOM(2000) 334 endgültig und geänderter Vorschlag KOM(2001) 321 endgültig.

Es ist davon auszugehen, dass die Richtlinienänderung mehrere wesentliche Neuerungen bringen wird:

- Sexuelle Belästigung wurde vom Gesetzgeber sowohl auf nationaler als auch auf Gemeinschaftsebene bisher weitgehend ignoriert. In der geänderten Richtlinie werden die Begriffe ,Belästigung" und ,sexuelle Belästigung" definiert, und es wird bekräftigt, dass geschlechtsbedingte Belästigungen und sexuelle Belästigungen Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts darstellen. Außerdem sollen Definitionen der Begriffe ,unmittelbare Diskriminierung" und ,mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts" in das Gemeinschaftsrecht aufgenommen werden.

- Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Gleichstellungsstellen einzurichten, und es wird festgelegt, welche Befugnisse diese Stellen wahrzunehmen haben.

- Die Arbeitgeber sollen ermutigt werden, jährliche Gleichstellungspläne - also Konzepte für ein geplantes, systematisches Vorgehen zur Verwirklichung der Gleichstellung am Arbeitsplatz - auszuarbeiten.

Weitere, vom Europäischen Parlament vorgenommene Änderungen zielen auf eine Verschärfung bestimmter Vorschriften der Richtlinie aus dem Jahr 1976 ab:

- Es sind neue Bestimmungen betreffend den gerichtlichen Rechtsschutz und den Entschädigungsanspruch von Personen vorgesehen, die Opfer einer Diskriminierung werden.

- Das Recht auf Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub (insbesondere das Recht auf Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Inanspruchnahme des Elternurlaubs) wird gestärkt.

Schließlich werden die Sozialpartner aufgefordert, ihren Beitrag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu leisten durch Abschluss von Kollektivvereinbarungen, in denen Antidiskriminierungsvorschriften festgelegt sind.

Der Vorschlag basiert auf Artikel 141 Absatz 3 EG-Vertrag, daher ist die Zustimmung sowohl des Ministerrates als auch des Europäischen Parlaments erforderlich. Im Rat wurde am 11. Juni 2001 einstimmig politische Einigung über einen gemeinsamen Standpunkt erzielt. Das Europäische Parlament hat im Oktober in zweiter Lesung mehrere Abänderungen am gemeinsamen Standpunkt vorgeschlagen.

Das formelle Vermittlungsverfahren wurde im Januar 2002 eingeleitet. Die Gespräche befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium (März 2002).

2. Beweislastrichtlinie

Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 97/80/EG über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist am 1. Januar 2001 ausgelaufen.

Die Richtlinie sieht eine Verlagerung der Beweislast in Gerichtsverfahren vor und stärkt damit die Position der klagenden Partei. Diese muss Tatsachen glaubhaft machen - oder entsprechende statistische Daten präsentieren -, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen. Es obliegt dann dem Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.

Die zuständigen Behörden aller Mitgliedstaaten haben der Kommission im Jahr 2001 mitgeteilt, welche Umsetzungsvorschriften erlassen wurden. Derzeit wird geprüft, ob die entsprechenden Rechtsvorschriften mit dem EG-Recht vereinbar sind.

3. Rechtsprechung des Gerichtshofs

Der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2001 drei bedeutsame Urteile (in fünf Rechtssachen) erlassen, die ihm von nationalen Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegt worden waren und die die Gleichheit des Arbeitsentgelts und die Gleichbehandlung von Frauen und Männern betrafen. [15]

[15] Rechtssache C-438/99, Urteil vom 4. Oktober 2001; Rechtssache C-109/00, Urteil vom 4. Oktober 2001; Rechtssache C-379/99, Urteil vom 9. Oktober 2001; Rechtssache C-366/99, Urteil vom 29. November 2001; Rechtssache C-206/00, Urteil vom 13. Dezember 2001.

- Bereits vor geraumer Zeit hatte der Gerichtshof erklärt, dass eine Entlassung oder eine Weigerung, eine Frau einzustellen oder ihren Arbeitsvertrag zu erneuern, eine ungerechtfertigte unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt, sofern dies seinen Grund in einer Schwangerschaft hat. Unklar war jedoch bislang, ob dieser Grundsatz auch im Falle der Kündigung oder Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrags gilt. In seinen Urteilen in den Rechtssachen Melgar und Tele Danmark hat der Gerichtshof bestätigt, dass dies so ist.

- In der Rechtssache Menauer hat der Gerichtshof entschieden, dass deutsche Pensionskassen, die mit der Verwaltung eines Betriebsrentensystems betraut sind, ebenso wie die Arbeitgeber den in Artikel 141 EG-Vertrag niedergelegten Grundsatz des gleichen Entgelts zu beachten haben, ohne dass es dabei auf ihre Selbständigkeit oder ihre Eigenschaft als Versicherungsunternehmen ankommt.

- In den Rechtssachen Griesmar und Mouflin hatte sich der Gerichtshof zu zwei für Männer diskriminierenden Bestimmungen des französischen Pensionsgesetzbuches für Zivilbeamte und Soldaten zu äußern. Die erste der in Frage stehenden Bestimmungen besagt, dass einer Beamtin bei der Festsetzung des Dienstalters (zum Zwecke der Berechnung ihres Pensionsanspruchs) für jedes Kind, das sie erzogen hat, bestimmte Zeiten angerechnet werden. Bei männlichen Beamten ist dies nicht der Fall. Die zweite in Frage stehende Bestimmung sieht vor, dass eine Beamtin bereits vor Erreichen des Pensionsalters ihre Versetzung in den Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch beantragen kann, wenn ihr Ehemann an einer Behinderung oder einer unheilbaren Krankheit leidet, die ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit unmöglich macht. Ein männlicher Beamter hat dieses Recht nicht. Zunächst entschied der Gerichtshof, dass die Beamtenpensionen in Frankreich - entgegen der von den französischen Behörden vertretenen Auffassung - als ,Entgelt" im Sinne des Artikels 141 EG-Vertrag anzusehen sind und nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit. Daraus folgt, dass die in Frage stehenden Vorschriften des französischen Gesetzes mit dem EG-Recht unvereinbar sind. Künftig können sich die französischen Behörden somit nicht mehr auf die in der Richtlinie zur Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit vorgesehene Ausnahmeregelung berufen, um eine Diskriminierung zu rechtfertigen.

4. Wichtige Entwicklungen in den Mitgliedstaaten

Gleiches Arbeitsentgelt

Durch einen finnischen Kollektivvertrag wurde eine Regelung eingeführt, der zufolge in jedem Sektor eine spezielle Gleichstellungszulage einführt werden kann. Durch die Zulage soll in traditionellen Niedriglohnsektoren das Arbeitsentgelt von Frauen aufgestockt werden, die ungeachtet der Schwere ihrer Arbeit und trotz guter Ausbildung zu gering entlohnt werden. In Dänemark wurde das Gesetz über die Gleichheit des Arbeitsentgelts geändert, das damit an Transparenz gewonnen hat. Arbeitgeber mit mehr als 10 Beschäftigten sind nunmehr verpflichtet, nach Geschlecht aufgeschlüsselte Lohnstatistiken vorzulegen.

Was die nationale Rechtsprechung anbelangt, so hat das Employment Appeals Tribunal im Vereinigten Königreich die Definition der ,Vergleichsperson" weiter gefasst, sodass Bedienstete einer örtlichen Behörde sich künftig auch mit Bediensteten einer anderen örtlichen Behörde vergleichen können, selbst dann, wenn die jeweils zugrunde gelegten Lohn-/Gehaltstabellen unabhängig voneinander festgelegt wurden. In Schweden wurde ein Durchbruch in Bezug auf den Vergleich unterschiedlicher Tätigkeiten erzielt: künftig können Krankenschwestern mit Technikern verglichen werden. Das schwedische Arbeitsgericht scheint jedoch immer häufiger die ,Marktkräfte" als Argument zur Rechtfertigung von Lohnungleichheiten bei gleichwertiger Arbeit gelten zu lassen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

In Griechenland wurde im Wege eines nationalen Kollektivvertrags Vaterschaftsurlaub (bezahlter Urlaub für Väter nach der Geburt eines Kindes) eingeführt. In Frankreich, Finnland und im Vereinigten Königreich wurden entsprechende Gesetzesvorschläge vorgelegt.

Griechenland, Irland und die Niederlande haben Rechtsvorschriften zur Ausweitung des Mutterschaftsurlaubs erlassen.

IV - Erweiterung, Außenbeziehungen und Entwicklungszusammenarbeit

1. Erweiterung

Mit zehn der Beitrittskandidaten wurden die Verhandlungen über das Kapitel ,Beschäftigung und Soziales" Anfang 2001 vorläufig abgeschlossen. Die weiteren Fortschritte dieser Länder werden jedoch von der Kommission auch künftig aufmerksam verfolgt. Die Verhandlungen mit Bulgarien, Rumänien und der Türkei haben noch nicht begonnen.

Auf seiner Tagung in Göteborg hat der Europäische Rat im Juni 2001 bekräftigt, dass den für beitrittsfähig erachteten Bewerberländern bereits ab 2004 der Beitritt ermöglicht werden soll.

Umsetzung des Gemeinschaftsrechts

Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist die Übernahme und Umsetzung des Acquis Communautaire. Was den Bereich Chancengleichheit anbelangt, haben die Bewerberländer neun Richtlinien umzusetzen.

Litauen hat bereits vor 2001 praktisch den gesamten Acquis in diesem Bereich umgesetzt. In der Tschechischen Republik wurde zum 1. Januar 2001 ein wesentlicher Teil der Umsetzung geleistet mit dem Inkrafttreten der Änderungen des Arbeitsgesetzbuchs, der Gesetze über Löhne und Gehälter und des Gesetzes über Zivilprozesse.

Das Jahr 2001 brachte jedoch insofern einen gewissen Durchbruch, als in mehreren anderen Bewerberländern bedeutsame Fortschritte erzielt wurden. In Ungarn wurde plangemäß bis Ende des Jahres ein wesentlicher Teil der Rechtsangleichung vollzogen. Die wichtigste Entwicklung war die Änderung des Arbeitsgesetzbuches, die am 1. Juli 2001 in Kraft getreten ist. In Lettland wurde der Acquis mit dem neuen Arbeitsgesetzbuch und dem neuen Gesetz über Arbeitsschutz umgesetzt, die beide im Sommer angenommen wurden. Das Arbeitsgesetzbuch wird voraussichtlich im Juni 2002 in Kraft treten. In der Slowakei wurden mit der Annahme des neuen Arbeitsgesetzbuchs im Juli die Richtlinien über gleiches Entgelt und Gleichbehandlung, über die Beweislast, über schwangere Arbeitnehmerinnen sowie über Elternurlaub umgesetzt. Lediglich die Richtlinien über die Gleichbehandlung in den Systemen der sozialen Sicherheit bleiben noch umzusetzen. In Polen wurden im zweiten Halbjahr zur Umsetzung des Acquis Änderungen des Arbeitsgesetzbuchs verabschiedet. Die entsprechenden Rechtsvorschriften werden aber voraussichtlich nicht vor dem Beitritt in Kraft treten. Die estnische Regierung hat im November einem Gesetzentwurf zur Gleichstellung der Geschlechter zugestimmt.

In den übrigen Bewerberländern beunruhigt das schleppende Tempo der Fortschritte.

Die nur dürftigen Fortschritte Rumäniens bei der Übernahme des Acquis geben Anlass zu Besorgnis. Ein dem Parlament bereits im Jahr 1998 vorgelegter Gesetzentwurf zur Chancengleichheit wurde immer noch nicht verabschiedet. Nach dem Regierungswechsel wurde der Entwurf Anfang 2001 zwecks Überarbeitung wieder zurückgezogen. Der Zeitpunkt der Verabschiedung ist noch nicht abzusehen.

In Bulgarien wurde eine Chancengleichheitscharta formuliert. Die erforderlichen Umsetzungsvorschriften sind zum großen Teil jedoch erst mittelfristig geplant.

In Zypern, Malta und Slowenien ist ein Großteil des Acquis noch nicht umgesetzt. Zwar wird bereits über entsprechende Gesetzentwürfe beraten, doch scheinen hier im Jahr 2001 kaum Fortschritte gemacht worden zu sein.

In der Türkei wurden keine Fortschritte im Bereich der Gesetzgebung erzielt.

Ingesamt lässt sich feststellen, das im Jahr 2001 ausgezeichnete Fortschritte in der Tschechischen Republik, in Estland, Ungarn, Lettland, Polen und der Slowakei zu verzeichnen waren, dass jedoch in einigen Ländern noch viel zu tun bleibt, wenn sie bis zum Jahr 2004 beitrittsfähig sein wollen.

2. Institutionelle Kapazitäten in den Beitrittsländern

Übernahme und Umsetzung des Acquis reichen allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, die institutionellen und administrativen Strukturen aufzubauen, die die tatsächliche Anwendung und Durchsetzung der Gleichstellungsrechte ermöglichen.

Auch hier haben sich einige Länder einen deutlichen Vorsprung erarbeitet.

Wie auch bei der Übernahme des Acquis hat Litauen hier bereits vor dem Jahr 2001 große Fortschritte gemacht.

In Rumänien wurde zur Förderung des Gender-Mainstreaming eine beratende interministerielle Kommission für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen eingesetzt. Die Kommission hat einen nationalen Aktionsplan für Chancengleichheit ausgearbeitet. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob für den Aktionsplan staatliche Mittel bereitgestellt werden.

Sowohl in der Slowakei als auch in Lettland haben die Regierungen im Jahr 2001 Strategiepapiere zum Thema Chancengleichheit verabschiedet, die Vorschläge für den Aufbau der Institutionen, für Monitoring, Evaluation und Sensibilisierung enthalten und die Schwerpunkte auf die Themen Arbeitsmarkt, öffentliches und politisches Leben und Familie legen. Wie im Falle des rumänischen nationalen Aktionsplans wird auch hier die tatsächliche Umsetzung davon abhängen, ob ausreichende Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.

In den anderen Ländern ist das Tempo des Wandels weniger ermutigend.

Während in der Tschechischen Republik bei der Übernahme des Acquis ausgezeichnete Fortschritte gemacht wurden, kommt man bei der Konzipierung von Maßnahmen zur effektiven Anwendung und Durchsetzung der Vorschriften nur schleppend voran. Die Regierung hat jedoch in diesem Jahr ein Bewertungspapier erstellt, in dem Aspekte wie Auf- und Ausbau der Institutionen und Frauen in Entscheidungsprozessen behandelt werden.

Auf Malta und Zypern sind die institutionellen Strukturen zwar vorhanden, doch wurden im Jahr 2001 keine Fortschritte bei ihrer Weiterentwicklung gemacht.

In Bulgarien und Polen sind die institutionellen Kapazitäten nicht ausreichend. In Bulgarien wurde eine Chancengleichheitscharta ausgearbeitet, die auch die Aspekte der Anwendung und Durchsetzung der Rechte abdeckt. Der Zeitplan für die Schaffung neuer Institutionen ist jedoch zu vage. Die polnischen Behörden haben keine Vorschläge zur Verbesserung der Situation in ihrem Land vorgelegt.

Generell wurden lediglich begrenzte oder überhaupt keine Fortschritte beim Aufbau leistungsfähiger Institutionen gemacht, die in der Lage wären, die Anwendung des Acquis Communautaire in den Beitrittsländern sicherzustellen. Bis zum Beitritt bleibt hier noch viel zu tun. Strategiepapiere und nationale Aktionspläne sind zwar ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung, bewirken aber nur wenig, solange sie nicht in konkrete, mit den erforderlichen Finanzmitteln ausgestattete Maßnahmen umgesetzt werden.

3. Aussenbeziehungen und Entwicklungszusammenarbeit

Zusammenarbeit in der Bekämpfung des Menschenhandels

Der Menschenhandel ist eines der brennendsten Probleme im Bereich Menschenrechte für die Europäische Union und die anstehende Erweiterung. Ausgebeutet werden in erster Linie Frauen und Kinder. Wenngleich der wahre Umfang des Menschenhandels nur schwer zu ermessen ist, muss man aufgrund der jüngsten Schätzungen davon ausgehen, dass jährlich etwa 500 000 Frauen nach Westeuropa verschleppt werden.

Seit einigen Jahren zeichnet sich vor allem ein deutlicher Trend hin zu einem Anstieg der Zahl der aus Mitteleuropa (30 %) und Osteuropa (40 %, einschließlich GUS) stammenden Opfer ab. Doch finden sich nach wie vor auch zahlreiche Frauen aus Afrika, Asien und Lateinamerika unter den Opfern, und eine große Zahl der Opfer sexueller Ausbeutung sind Bürgerinnen von EU-Mitgliedstaaten.

Die organisierte Kriminalität ist in zunehmendem Maße in diese Geschäfte involviert, da der Menschenhandel eine der einträglichsten kriminellen Aktivitäten ist und die Strafen für die Täter bislang relativ gering sind. Die Kommission hat im Jahr 2001 Vorschläge vorgelegt, die darauf abzielen, Menschenhandel in allen Mitgliedstaaten als Straftat zu verfolgen und hohe Strafen zu verhängen, die auch tatsächlich abschrecken. Darüber hinaus ist eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Rechtsdurchsetzung vonnöten. Das Mandat von Europol wurde auf die Bekämpfung des Menschenhandels ausgeweitet.

Außerdem ist es wichtig, den betroffenen Frauen zu helfen:

- zunächst einmal, indem die Frauen in ihren Herkunftsländern vor den Gefahren gewarnt werden, bevor sie überhaupt in Kontakt mit den Menschenhändlern kommen, und indem auch in der EU das Bewusstsein für die Problematik geschärft wird;

- ferner durch bessere Hilfeangebote für die Opfer. So hat der Europäische Sozialfonds mit Erfolg eine spezifische Maßnahme - ,Siccurezza per lo sviluppo 2000-2006" - in der Region Mezzogiorno unterstützt, mit der bezweckt wurde, in den örtlichen Gemeinschaften das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen, eine Datenbank einzurichten und das Networking zwischen den verschiedenen im Kampf gegen Frauen- und Kinderhandel engagierten Akteuren voranzubringen. Darüber hinaus werden in Italien auch Rehabilitationsprojekte für die Opfer durchgeführt.

Der Internationale Frauentag am 8. März 2001 bot der Kommission und dem Europäischen Parlament eine gute Gelegenheit, um für die laufenden Tätigkeiten der Gemeinschaft zur Bekämpfung des Frauenhandels zu sensibilisieren. Daran anknüpfend wird derzeit ein strategisches Konzept für die Unterstützung der Opfer erarbeitet.

MEDA - Regionales Richtprogramm

Das Programm MEDA ist das wichtigste Finanzinstrument der Europäischen Union zur Umsetzung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft. Die im Rahmen von MEDA gewährte Unterstützung geht über die traditionelle Entwicklungshilfe hinaus und stellt Wirtschaftreformen und Freihandel in den Mittelpunkt der finanziellen Kooperation zwischen EU und Mittelmeerregion.

Die Schlussfolgerungen des Euromed-Forums zur Rolle der Frau im Wirtschaftsleben, das im Juli 2001 auf Initiative der belgischen Ratspräsidentschaft in Brüssel abgehalten wurde, sind in das Regionale Richtprogramm 2002-2004 eingeflossen. Im Rahmen des Schwerpunktbereichs ,Förderung einer umwelt- und sozialverträglichen Integration zwischen EU und Mittelmeerraum" wird ein Teil der zur Verfügung stehenden Mittel (6 Mio. Euro) für Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen bereitgestellt werden.

Es wurden zwei Schwerpunkte festgelegt:

- Arbeitsmarktzugang und Arbeitmarktbeteiligung der Frauen, insbesondere Förderung von Rechtsreformen und Entwicklung einer aktiven Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik;

- Förderung der Rolle der Frau in der Unternehmenswelt, insbesondere durch den Aufbau von Netzwerken für Frauen, die in der Geschäftswelt oder den freien Berufen tätig sind, und durch Erleichterung des Zugangs von Frauen zu Finanzierungsmöglichkeiten.

Afghanistan

Das vom 4. bis 6. Dezember 2001 in Brüssel organisierte Gipfeltreffen afghanischer Frauen für Demokratie war eine einzigartige Veranstaltung, die als großer Erfolg gewertet werden kann, sowohl was die Einschätzung der afghanischen Frauen selbst betrifft, als auch, was die erzielten Fortschritte angeht.

In der von den afghanischen Frauen bei Abschluss des Gipfels angenommenen Erklärung von Brüssel entwickelten die Teilnehmerinnen eine umfassende Vision für die Zukunft und machten deutlich, welcher unmittelbare Bedarf an Wiederaufbaumaßnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung, Frauenrechte, Flüchtlinge und Kultur in ihrem Land besteht.

In der Solidaritätserklärung, die auf der parallel veranstalteten Zusammenkunft von Frauenrechtlerinnen verabschiedet wurde, wird in aller Klarheit und Entschiedenheit bekräftigt, dass Frauenorganisationen und Zivilgesellschaft sich weiterhin entschlossen für die Wiederherstellung der Menschenrechte der Frauen in Afghanistan einsetzen werden.

Die wichtigsten Aspekte, die in der Erklärung aufgegriffen wurden, waren:

- die Gewährleistung, dass die Bereitstellung von Mitteln für den Wiederaufbau Afghanistans durch die internationale Gemeinschaft an die Bedingung geknüpft wird, dass Frauen an den Entscheidungen über die Mittelvergabe beteiligt werden;

- die Berücksichtigung von Frauengruppen bei der Mittelvergabe;

- die Verwendung der Mittel für die Umsetzung der in der Brüsseler Erklärung genannten Prioritäten.

Die Gipfelteilnehmerinnen riefen dazu auf, den Internationalen Frauentag am 8. März 2002 zu nutzen, um weltweit die Umsetzung der Erklärung von Brüssel einzufordern und deutlich zu machen, dass - im Sinne des Mottos ,Afghanistan ist überall" - die Frauen in der ganzen Welt in Solidarität mit den afghanischen Frauen vereint sind.

Thematische Instrumente: Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und Unterstützung der Bevölkerung und Gesundheitsfürsorge im Bereich der Reproduktionsmedizin, einschließlich HIV/Aids

Im Jahr 2001 legte die Kommission die beiden Mitteilungen ,Die Rolle der Europäischen Union bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern" und ,Gleichstellung der Geschlechter als Querschnittsaufgabe für die Entwicklungszusammenarbeit - Ein Aktionsprogramm" vor. Im Rahmen der Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen zu den verschiedenen thematischen Instrumenten in den Bereichen Außenbeziehungen und Entwicklungszusammenarbeit wird seither bei der Bewertung der Vorschläge für die Durchführung der von der Gemeinschaft geförderten Aktionen unter anderem die Geschlechterdimension als Kriterium herangezogen.

Von besonderer Relevanz ist diese Dimension bei Aktionen, die im Rahmen der Unterstützung der Bevölkerung und der Gesundheitsfürsorge im Bereich der Reproduktionsmedizin, einschließlich HIV/Aids, finanziert werden. Die hier im Jahr 2001 ausgewählten 17 Aktionen tragen der Geschlechterperspektive Rechnung und schenken der Rolle und den Rechten von Frauen hinsichtlich des Zugangs zu und der Teilhabe an sozialen Diensten besondere Aufmerksamkeit.

4. Handel

Im Kontext der Überlegungen zur sozialen Dimension der Globalisierung und angesichts der Auswirkungen von Wirtschaftsreformen auf die Geschlechtergleichstellung ist die Beziehung zwischen Handel und Geschlechterproblematik zu einem festen Bestandteil der EU-Politik für eine nachhaltige Entwicklung des Handels sowie der Bemühungen um eine Förderung grundlegender Arbeitnormen geworden. So hat bereits eine erste Zusammenkunft mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft zum Thema Handel und Geschlechterproblematik - im Rahmen des regelmäßigen Dialogs zwischen der GD Handel und der Zivilgesellschaft - stattgefunden. Die gut besuchte Veranstaltung bot Gelegenheit, sich einen Überblick zu verschaffen über die laufenden Aktivitäten wie auch über die Bereiche, in denen weitere Arbeiten erforderlich sind.

V - Perspektiven für das Jahr 2002

Die Rahmenstrategie

Das Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr 2002 wird folgende bereichsübergreifende - also für sämtliche GDs und Dienststellen geltende - Prioritäten enthalten:

- Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Maßnahmen in bestimmten Politikfeldern, in denen bislang kein ,Gender-Mainstreaming" praktiziert wurde.

- Jede Dienststelle wird verstärkte Anstrengungen unternehmen, um nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten zu erheben und sämtliche einschlägigen Statistiken systematisch nach Geschlecht aufzuschlüsseln. Die Arbeiten an der Entwicklung von Gleichstellungsindikatoren werden fortgesetzt.

- Alle Generaldirektionen und Dienste werden in ihren Fortbildungsplänen für die Mitarbeiter auf allen Ebenen, insbesondere auf Managementebene, Gender-Mainstreaming-Module vorsehen.

Rechtsetzungsinitiativen

Dei Kommission beabsichtigt, im Jahr 2002 einen Bericht über die Durchführung der Richtlinie über Elternurlaub vorzulegen. Darin soll unter anderem der Frage nachgegangen werden, warum so viele Väter von ihrem Recht auf Elternurlaub keinen Gebrauch machen.

Außerdem wird die Kommission im Laufe des Jahres 2002 einen Vorschlag für eine Richtlinie über Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorlegen, die sich auf Artikel 13 EG-Vertrag stützen wird. Diese neue Rechtsgrundlage wird es ermöglichen, Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Diskriminierung in anderen Bereichen zu treffen als denen der Beschäftigung und der sozialen Sicherheit, die derzeit noch allein den relativ begrenzten Anwendungsbereich des EU-Gleichstellungsrechts bilden.

Das Programm

Im Rahmen des Aktionsprogramms betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) wird im Jahr 2002 das Thema ,Vereinbarkeit von Familie und Beruf" - mit dem Unterthema ,Die Väter wieder in die Familie zurückholen" - das Schwerpunktthema bilden. Im Januar 2002 werden zwei Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen ergehen: eine mit dem Ziel, Synergien zwischen den nationalen Gleichstellungspolitiken zu fördern und einen zusätzlichen Nutzen auf Gemeinschaftsebene zu schaffen, und eine zur Förderung grenzüberschreitender Austauschaktionen, bei denen es um die Weitergabe von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren geht.

Stärkung der Lissabonner Strategie

Im März 2000 hat der Europäische Rat in Lissabon das ehrgeizige Ziel formuliert, innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum mit dauerhaftem Wachstum, Vollbeschäftigung und einem stärkerem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu machen.

Auf dem Gipfel in Barcelona wurden im März 2002 die Fortschritte auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Ziels überprüft. Gleichzeitig wurde die Strategie stärker fokussiert, und zwar in erster Linie auf die Ziele Beschäftigungsförderung und Stärkung des sozialen Zusammenhalts. In diesem Kontext kommt der Beseitigung der Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern und der Förderung der Geschlechtergleichstellung zentrale Bedeutung zu. Die Mitgliedstaaten sollten Hemmnisse beseitigen, die Frauen von einer Beteiligung am Erwerbsleben abhalten, indem sie insbesondere bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stellen.

Initiativen des Ratsvorsitzes zum Thema ,Gewalt"

Der spanische Ratsvorsitz hat angekündigt, dass eines der prioritären Themen des Vorsitzes im ersten Halbjahr 2002 das Thema ,Gewalt", insbesondere häusliche Gewalt, sein wird. Spanien beabsichtigt, gemeinsam mit der Kommission Indikatoren für Gewalt zu entwickeln und ,Good Practices" zur Bekämpfung von Gewalt zusammenzutragen. Diese Aktivitäten werden im zweiten Halbjahr 2002 unter dänischem Ratsvorsitz fortgeführt.

Strukturfonds

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht, die darauf abzielten, die Strukturfondsinterventionen so auszurichten, dass sie in stärkerem Maße zur Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung beitragen. Die Arbeiten im Jahr 2001 bereiteten den Weg für zwei wichtige Aktionen im Jahr 2002: die 3. Konferenz über Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds (14./15. Juni 2002, Santander, Spanien) und die Mitteilung der Kommission über die Implementierung des Gender-Mainstreaming in den im Rahmen der Strukturfonds vorgelegten Programmplanungsdokumenten. Ziel ist es, im Anschluss an eine allgemeine Reform der Strukturfonds das Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds einer Überprüfung zu unterziehen und eine ,Feinabstimmung" vorzunehmen.

Justiz und Inneres

An der Entwicklung des Konzepts für die Unterstützung von Opfern des Menschenhandels wird weitergearbeitet. Insbesondere ist geplant, einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Opfer der Beihilfe zur illegalen Einwanderung und des Menschenhandels, die zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden bereit sind, vorzulegen und eine Regelung zu schaffen für Opfer, die Anzeige erstatten bzw. Polizei und Justiz nützliche Informationen liefern.

Außenbeziehungen und Menschenrechte

Im Laufe des Jahres 2002 wird eine Studie zur Überprüfung der bisherigen Politik im Bereich Außenbeziehungen in Angriff genommen. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studie wird dann ein Fachseminar stattfinden. Darüber hinaus wurden von EuropeAid Evaluierungsarbeiten in Auftrag gegeben, die von einem unabhängigen Expertenteam durchgeführt werden und die Integration der Geschlechterdimension in der Zusammenarbeit der Europäischen Gemeinschaft mit Drittländern zum Gegenstand haben. In Anknüpfung an diese Initiativen ist Anfang 2003 unter griechischem Ratsvorsitz eine größere Veranstaltung auf Ministerebene geplant. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden Vertreterinnen und Vertreter aller betroffenen Politikbereiche - Entwicklung, politische Beziehungen, Handel, EU-Erweiterung und Außenhilfe - zusammenkommen und gemeinsam darüber beraten, wie Rolle und Sichtbarkeit der Frauen in den Außenbeziehungen der Union gestärkt werden können.

Was den Bereich Menschenrechte anbelangt, so wurde am 20. Dezember 2001 das Programmierungsdokument (2002-2004) für die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) angenommen. Darin heißt es: ,Die Berücksichtigung des Gender-Aspekts ist entscheidend dafür, dass die EIDHR-Projekte der allgemeineren Politik der Kommission entsprechen." Es werden alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden, um der Geschlechterperspektive bei der Auswahl der EIDHR-Projekte Rechnung zu tragen.

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