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Document 32014H0124

2014/124/EU: Empfehlung der Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz Text von Bedeutung für den EWR

OJ L 69, 8.3.2014, p. 112–116 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reco/2014/124/oj

8.3.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 69/112


EMPFEHLUNG DER KOMMISSION

vom 7. März 2014

zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2014/124/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentlicher Wert und grundlegende Aufgabe der Union festgeschrieben.

(2)

Die Artikel 8 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sehen vor, dass die Union bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirkt, Ungleichheiten zu beseitigen, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern und Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen.

(3)

Gemäß Artikel 157 Absatz 1 AEUV ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet, die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen.

(4)

Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sieht vor, dass die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen ist.

(5)

Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit ist eine von fünf Prioritäten der Frauen-Charta, in der das Engagement der Kommission für eine entschlossene Mobilisierung sämtlicher Instrumente, sowohl legislativer als auch nicht legislativer Art, zum Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles bekräftigt wird. Die Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010–2015 stützt sich auf die Prioritäten der Frauen-Charta. Laut der Strategie wird die Kommission untersuchen, wie die Lohntransparenz verbessert werden kann.

(6)

Die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) sieht vor, dass bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt wird. Insbesondere wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, muss dieses System auf gemeinsamen Kriterien für männliche und weibliche Arbeitnehmer beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen werden.

(7)

Trotz beachtlicher Fortschritte bei Bildungsabschlüssen und Arbeitserfahrungen verdienen Frauen in der Union pro Arbeitsstunde durchschnittlich noch stets 16,2 % weniger als Männer (Eurostat 2011). Dies lässt darauf schließen, dass es immer noch ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle gibt, das bislang nur sehr langsam abgebaut wurde.

(8)

In ihrer Mitteilung KOM(2007) 424 endg. (2) kam die Kommission zu dem Schluss, dass Frauen weiterhin von Diskriminierung aufgrund des geschlechtsspezifischen Lohngefälles und von Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind, die sie davon abhalten, ihr Potenzial vollständig auszuschöpfen. Eine auffällige direkte Diskriminierung beim Entgelt für eine genau gleiche Arbeit kommt nur noch selten vor. Weniger wirksam hat der vorhandene Rechtsrahmen hingegen für die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit gesorgt. Eine diesbezügliche Diskriminierung ist nicht nur deshalb seltener Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, weil sie potenziellen Opfern wahrscheinlich nicht bewusst ist, sondern weil es für Opfer von Entgeltdiskriminierung schwieriger ist, den Grundsatz der Entgeltgleichheit wirksam durchzusetzen. Um die Beweislast auf den Arbeitgeber zu verlagern, müssen die Opfer Fakten darlegen, die auf eine mutmaßliche Diskriminierung schließen lassen. Undurchsichtige Vergütungsstrukturen und fehlende Informationen über die Höhe der Löhne und Gehälter von Arbeitnehmern, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, tragen maßgeblich zu diesen Schwierigkeiten bei.

(9)

In der Mitteilung der Kommission KOM(2010) 543 endg. (3) werden unter den Prioritäten der intelligenten Regulierung weitere Verbesserungen bei der Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften der Union aufgeführt.

(10)

Das Europäische Parlament verabschiedete am 18. November 2008 (4) und am 24. Mai 2012 (5) Entschließungen betreffend gleiches Entgelt für Frauen und Männer mit Empfehlungen zur besseren Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit. Diese Empfehlungen sehen die Einführung von Maßnahmen zur Erhöhung der Lohntransparenz sowie von Systemen zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung vor.

(11)

In den Schlussfolgerungen vom 6. Dezember 2010 zur Verstärkung des Engagements und der Maßnahmen zum Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles und zur Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing (6) ersuchte der Rat die Mitgliedstaaten, Maßnahmen durchzuführen, um die Ursachen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles zu bekämpfen, darunter Maßnahmen zur Förderung der Transparenz beim Entgelt und einer geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung.

(12)

In ihrer Mitteilung COM(2013) 83 final (7) fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der Anstrengungen zur Umsetzung einer Strategie zur aktiven Inklusion das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abzubauen, sonstige Hindernisse, die der Erwerbsbeteiligung von Frauen entgegenstehen, zu beseitigen und Arbeitgeber dazu anzuhalten, gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz vorzugehen.

(13)

Laut dem Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat COM(2013) 861 final (8) wird die Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit durch mangelnde Transparenz der Vergütungssysteme, fehlende Rechtssicherheit in Bezug auf den Begriff der gleichwertigen Arbeit und durch Verfahrenshindernisse erschwert. Zu diesen Hindernissen gehört, dass Arbeitnehmern die Informationen fehlen, die sie für eine erfolgreiche Klage auf gleiches Entgelt benötigen, insbesondere Angaben zur Höhe der Löhne und Gehälter von Gruppen von Arbeitnehmern, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.

(14)

Maßnahmen auf Unionsebene zur leichteren Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit würden den nationalen Behörden und relevanten Interessenträgern dabei helfen, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles und der Entgeltdiskriminierung durch bessere Umsetzung der derzeitigen rechtlichen Vorgaben zu intensivieren. Die wirksame Anwendung dieses Grundsatzes in den Mitgliedstaaten muss unter uneingeschränkter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gefördert werden.

(15)

Das Schwergewicht dieser Empfehlung sollte auf der Transparenz der Lohngruppen liegen, die wesentlich zu einer wirksamen Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit beiträgt. Ein höheres Maß an Transparenz kann geschlechtsabhängige Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen in den Vergütungsstrukturen eines Unternehmens oder einer Organisation offenlegen. Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Sozialpartner sind somit in der Lage, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts angewandt wird. Diese Empfehlung sollte ein Instrumentarium von Maßnahmen vorsehen, damit die Mitgliedstaaten einen maßgeschneiderten Ansatz zur Verbesserung der Lohntransparenz entwickeln können. Die Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden, auf ihre besonderen Gegebenheiten abgestimmte Maßnahmen sowie mindestens eine der Kernmaßnahmen durchzuführen, die diese Empfehlung zur Erhöhung der Transparenz vorsieht (Anspruch auf Auskunft über Löhne und Gehälter, Berichterstattung durch Unternehmen, Entgelt-Audits, Berücksichtigung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit in Tarifverhandlungen).

(16)

Die Lohnpolitik eines Unternehmens oder einer Organisation würde an Transparenz gewinnen, wenn es den Arbeitnehmern ermöglicht würde, nach Geschlecht aufgeschlüsselte Informationen zur Höhe der Löhne bzw. Gehälter, einschließlich ergänzender oder variabler Bestandteile wie Sachleistungen und Bonuszahlungen, für andere Gruppen von Arbeitnehmern anzufordern, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Außerdem würden sich die Erfolgschancen individueller Klagen in Diskriminierungsfällen vor nationalen Gerichten erhöhen, womit eine abschreckende Wirkung erzielt würde.

(17)

Eine regelmäßige Berichterstattung der Arbeitgeber über gezahlte Entgelte, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Arbeitnehmergruppen oder Positionen, würde ebenfalls zu mehr Lohntransparenz beitragen und eine zuverlässige Grundlage für Diskussionen über Maßnahmen zur Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit darstellen. Eine solche kollektive Offenlegung der Löhne sollte nicht von Unternehmen und Organisationen mit weniger als 50 Beschäftigten verlangt werden, die die Belegschaftskriterien für kleine Unternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (9) erfüllen, da diese Unternehmen und Organisationen damit unverhältnismäßig belastet werden könnten.

(18)

Entgelt-Audits dürften dazu beitragen, dass entgeltbezogene Aspekte der Geschlechtergleichstellung besser analysiert und leichter Schlussfolgerungen zur Anwendung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit gezogen werden können. Entgelt-Audits könnten die Grundlage für Diskussionen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern sein, die darauf abzielen, Entgeltdiskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Allerdings sollten solche Audits nicht von Unternehmen und Organisationen mit weniger als 250 Beschäftigten verlangt werden, die die Belegschaftskriterien für mittlere Unternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG erfüllen, da diese Unternehmen und Organisationen damit unverhältnismäßig belastet werden könnten.

(19)

Ansonsten kann die Lohntransparenz erhöht und das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abgebaut werden, indem die Sozialpartner aufgerufen oder verpflichtet werden, im Rahmen der Tarifverhandlungen Fragen des gleichen Entgelts zu erörtern und besonders zu berücksichtigen.

(20)

Nach Geschlecht aufgeschlüsselte Lohn-/Gehaltsstatistiken und die Bereitstellung genauer und vollständiger Statistiken für Eurostat sind für die Analyse und Überwachung von Veränderungen im geschlechtsspezifischen Lohngefälle auf europäischer Ebene von maßgeblicher Bedeutung. Die Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates (10) verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle vier Jahre eine Statistik über die Struktur der Verdienste zu erstellen, die die Berechnung geschlechtsspezifischer Lohnunterschiede erleichtert. Für 2006 und 2010 wurde der geschlechtsspezifische Lohnunterschied anhand der Daten berechnet, die im Rahmen der Verdienststrukturerhebung zusammengetragen wurden. Für 2007 bis 2009 wurden die Daten über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede auf freiwilliger Basis übermittelt, häufig mit Verzögerungen und als vorläufige Daten, die später berichtigt wurden. Jährliche Statistiken von hoher Qualität könnten zu mehr Transparenz führen und das Bewusstsein für die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Entgelt schärfen. Die Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit solcher Daten ist entscheidend für die Bewertung unionsweiter Entwicklungen.

(21)

Die Tatsache, dass nicht definiert wurde, was unter gleichwertiger Arbeit zu verstehen ist, und es auch keine genauen Angaben zu den Bewertungskriterien für den Vergleich unterschiedlicher Tätigkeiten gibt, stellt für Opfer von Entgeltdiskriminierung, die vor Gericht Klage erheben, eine große Hürde dar. Um bewerten zu können, ob Arbeitnehmer eine gleichwertige Arbeit verrichten, müssen eine Reihe von Faktoren einschließlich Art der Arbeit, Fortbildung und Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden. Es würde Opfern von Entgeltdiskriminierung bei der Klageerhebung vor nationalen Gerichten helfen, wenn eine solche Definition sowie Arbeitsbewertungs- und Einstufungskriterien in die nationalen Gesetze aufgenommen würden.

(22)

Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung tragen wirksam zur Schaffung eines transparenten Vergütungssystems bei. Eine indirekte Entgeltdiskriminierung aufgrund der Unterbewertung von in der Regel von Frauen verrichteten Tätigkeiten lässt sich so aufdecken, da Tätigkeiten beurteilt und verglichen werden, die sich zwar inhaltlich unterscheiden, aber gleichwertig sind; auf diese Weise wird dem Grundsatz der Gleichwertigkeit Vorschub geleistet. Die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und die Arbeitgeber werden aufgerufen, unter Berücksichtigung des Anhangs 1 der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2006/54/EG (11) die Entwicklung und den Einsatz von Systemen zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung zu fördern.

(23)

Die Einbindung von Gleichstellungsstellen trägt maßgeblich zur wirksamen Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei. Die Befugnisse und Aufgaben der nationalen Gleichstellungsstellen sollten sich daher auch auf die geschlechtsbezogene Entgeltdiskriminierung, einschließlich der Transparenzverpflichtungen, erstrecken. Verfahrens- und Kostenhindernisse, denen sich Opfer von Entgeltdiskriminierung gegenübersehen, sollten dadurch abgebaut werden, dass den Gleichstellungsstellen die Vertretung von Einzelpersonen ermöglicht wird. Damit würde sich das Risiko eines Rechtsstreits für einzelne Arbeitnehmer verringern und es könnte ein Anstieg der gegenwärtig sehr geringen Zahl von Fällen zur Entgeltgleichheit, in denen vor Gericht Klage erhoben wird, erreicht werden.

(24)

Durch Sensibilisierungsmaßnahmen werden Interessenträger über die Existenz und Bedeutung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit informiert. Die Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden, Unternehmen und Organisationen, Sozialpartner und die breite Öffentlichkeit im Hinblick darauf zu sensibilisieren, dass dieser Grundsatz wirksam gefördert wird, Verfahren zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung angewandt werden und generell das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abgebaut wird. Außerdem bedarf es Maßnahmen auf Ebene der Unternehmen und Organisationen —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

I.   GEGENSTAND

1.

Diese Empfehlung gibt den Mitgliedstaaten Orientierungshilfen, die sie dabei unterstützen sollen, den Grundsatz des gleichen Entgelts besser und wirksamer anzuwenden, um Entgeltdiskriminierung zu bekämpfen und einen Beitrag zum Abbau des immer noch bestehenden Lohngefälles zwischen Männern und Frauen zu leisten.

II.   LOHNTRANSPARENZ

2.

Die Mitgliedstaaten sollten öffentliche und private Arbeitgeber sowie die Sozialpartner ermutigen, Transparenzmaßnahmen in Bezug auf die Zusammensetzung und Struktur der Löhne und Gehälter zu beschließen. Sie sollten gezielte Maßnahmen zur Förderung der Lohntransparenz ergreifen. Diese Maßnahmen sollten insbesondere eine oder mehrere der unter den Nummern 3 bis 6 genannten Maßnahmen im Rahmen eines auf die jeweiligen innerstaatlichen Gegebenheiten zugeschnittenen Ansatzes umfassen.

Recht der Arbeitnehmer auf Erlangung von Informationen über Lohn- und Gehaltsniveaus

3.

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer nach Geschlecht aufgeschlüsselte Informationen zur Höhe der Löhne und Gehälter für die Gruppen von Arbeitnehmern anfordern können, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Diese Informationen sollten nicht nur Aufschluss geben über das feste Grundgehalt, sondern auch über ergänzende oder variable Bestandteile wie Sachleistungen und Bonuszahlungen.

Berichterstattung über das Entgelt

4.

Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ergreifen, die gewährleisten, dass Arbeitgeber in Unternehmen und Organisationen mit mindestens 50 Beschäftigten die Arbeitnehmer, deren Vertreter und die Sozialpartner regelmäßig über die nach Geschlecht und Arbeitnehmergruppen oder Positionen aufgeschlüsselte Durchschnittsvergütung informieren.

Entgelt-Audits

5.

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass in Unternehmen und Organisationen mit mindestens 250 Beschäftigten Entgelt-Audits durchgeführt werden. Die Audits sollten Folgendes umfassen: eine Analyse des Frauen- und Männeranteils für jede Arbeitnehmergruppe oder Position, eine Analyse des angewandten Systems zur Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung und detaillierte Angaben zum Entgelt und zu geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden. Die Audit-Ergebnisse sollten Arbeitnehmervertretern und Sozialpartnern auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

Tarifverhandlungen

6.

Unbeschadet der Autonomie der Sozialpartner und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass der Aspekt der Entgeltgleichheit, einschließlich der Entgelt-Audits, auf der entsprechenden Ebene der Tarifverhandlungen erörtert wird.

Statistiken und Verwaltungsdaten

7.

Die Mitgliedstaaten sollten die Verfügbarkeit aktueller Daten über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede weiter verbessern, indem sie Eurostat jährlich fristgerecht Statistiken bereitstellen. Die Statistiken sollten nach Geschlecht, Wirtschaftssektor (12), Arbeitszeit (Voll-/Teilzeit), wirtschaftlicher Kontrolle (öffentliches/privates Eigentum) und Alter aufgeschlüsselt und auf jährlicher Basis berechnet werden.

8.

Außerdem sollten die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Mitteilung gemäß Nummer 18 der Kommission Daten zu Zahl und Art der Fälle von Entgeltdiskriminierung bereitstellen.

Datenschutz

9.

Soweit bei der Bereitstellung von Informationen infolge der gemäß den Punkten 3 bis 8 ergriffenen Maßnahmen personenbezogene Daten offengelegt werden, sollte dies im Einklang mit den nationalen Datenschutzgesetzen, insbesondere den Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (13), erfolgen.

Begriff der gleichwertigen Arbeit

10.

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollten die Mitgliedstaaten den Begriff der „gleichwertigen Arbeit“ in ihren Rechtsvorschriften präzisieren. Der Wert der Arbeit sollte anhand objektiver Kriterien wie Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsanforderungen, Qualifikationen, Belastung und Verantwortung, ausgeführte Arbeit und Art der dabei wahrgenommenen Aufgaben bewertet und verglichen werden.

Systeme zur Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung

11.

Die Mitgliedstaaten sollten — unter anderem in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst — die Entwicklung und den Einsatz von Systemen zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung fördern, um etwaige Entgeltdiskriminierungen aufgrund geschlechtsabhängiger Lohn- und Gehaltstabellen zu verhindern oder zu ermitteln und zu bekämpfen. Sie sollten Arbeitgeber und Sozialpartner besonders ermutigen, Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung einzuführen.

12.

Hinsichtlich der Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung sollten die Mitgliedstaaten Anhang 1 der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2006/54/EG berücksichtigen.

III.   HORIZONTALE BESTIMMUNGEN

Gleichstellungsstellen

13.

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass die Befugnisse und Aufgaben der nationalen Gleichstellungsstellen sich auch auf Aspekte im Zusammenhang mit der geschlechtsbezogenen Entgeltdiskriminierung, einschließlich der Transparenzverpflichtungen, erstrecken. Gegebenenfalls sollten die Mitgliedstaaten den Gleichstellungsstellen das Recht auf Zugang zu Informationen und Audits gemäß den Punkten 4 und 5 dieser Empfehlung einräumen.

14.

Die Mitgliedstaaten sollten die Verfahrenshindernisse für gerichtliche Klagen zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit reduzieren, indem sie Gleichstellungsstellen die Vertretung von Einzelpersonen in Fällen von Entgeltdiskriminierung ermöglichen.

15.

Die Mitgliedstaaten sollten für eine engere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den nationalen Gleichstellungsstellen und nationalen Stellen, die eine Aufsichtsfunktion auf dem Arbeitsmarkt ausüben, Sorge tragen.

Kontrolle und Durchsetzung

16.

Die Mitgliedstaaten sollten für eine konsequente Kontrolle der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts und die Durchsetzung aller hinsichtlich der Entgeltdiskriminierung verfügbaren Abhilfemaßnahmen Sorge tragen.

Sensibilisierungsmaßnahmen

17.

Die Mitgliedstaaten sollten öffentliche und private Unternehmen und Organisationen, Sozialpartner und die breite Öffentlichkeit im Hinblick darauf sensibilisieren, dass Lohngleichheit, der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit und Lohntransparenz gefördert, die Ursachen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles beseitigt und Instrumente für eine bessere Analyse und Beurteilung von Ungleichheiten beim Entgelt entwickelt werden.

IV.   FOLLOW-UP

18.

Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass diese Empfehlung angewandt wird; sie werden ersucht, diese Maßnahmen spätestens am 31. Dezember 2015 der Kommission mitzuteilen, damit diese die Lage aufmerksam verfolgen, einen Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlung erstellen und auf dieser Grundlage bewerten kann, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.

V.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

19.

Die Empfehlung ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet. Sie ist außerdem an die Sozialpartner gerichtet, insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen die Sozialpartner im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten durch den Abschluss von Tarifverträgen besondere Verantwortung dafür tragen, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts angewandt wird.

Brüssel, den 7. März 2014

Für die Kommission

Viviane REDING

Vizepräsidentin


(1)  Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23).

(2)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 18. Juli 2007„Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles“.

(3)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 8. Oktober 2010„Intelligente Regulierung in der Europäischen Union“.

(4)  ABl. C 16 E vom 22.1.2010, S. 21.

(5)  P7_TA(2012)0225.

(6)  ABl. C 345 vom 18.12.2010, S. 1.

(7)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 20. Februar 2013„Sozialinvestitionen für Wachstum und sozialen Zusammenhalt — einschließlich Durchführung des Europäischen Sozialfonds 2014-2020“, S. 11.

(8)  Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen.

(9)  Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates vom 9. März 1999 zur Statistik über die Struktur der Verdienste und der Arbeitskosten (ABl. L 63 vom 12.3.1999, S. 6).

(11)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, SWD(2013) 512 final.

(12)  Mindestens NACE Rev. 2, Abschnitte B bis S mit Ausnahme von O.

(13)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).


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