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Document 32012D0021

2012/21/EU: Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 9380) Text von Bedeutung für den EWR

OJ L 7, 11.1.2012, p. 3–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Croatian: Chapter 08 Volume 003 P. 289 - 296

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2012/21(1)/oj

11.1.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 7/3


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2011

über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 9380)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2012/21/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 106 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Unbeschadet der Artikel 93, 106 und 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) muss die Union nach Artikel 14 AEUV im Rahmen ihrer Befugnisse dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse so gestaltet sind, dass diese Aufgaben erfüllt werden können.

(2)

Damit die Grundsätze und Bedingungen für bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse so gestaltet sind, dass diese Aufgaben erfüllt werden können, ist möglicherweise eine finanzielle Unterstützung des Staates erforderlich, um die sich aus gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ergebenden spezifischen Kosten ganz oder teilweise zu decken. Im Einklang mit Artikel 345 AEUV und seiner Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ist es unerheblich, ob solche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von öffentlichen oder privaten Unternehmen erbracht werden.

(3)

Für Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV die Vorschriften des AEUV, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht rechtlich oder tatsächlich verhindert. Dabei sollte jedoch die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(4)

In seinem Urteil Altmark  (1), stellte der Gerichtshof fest, dass ein Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellt, wenn die nachstehenden vier Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen. Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, tragen müsste.

(5)

Wenn diese Kriterien nicht erfüllt und die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Artikel 107 Absatz 1 AEUV gegeben sind, stellen Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen staatliche Beihilfen dar und unterliegen den Artikeln 93, 106, 107 und 108 AEUV.

(6)

Neben diesem Beschluss sind drei weitere Instrumente für die Anwendung der Beihilfevorschriften auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von Bedeutung:

a)

die neue Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (2), in der die Anwendung von Artikel 107 AEUV und die Kriterien des Altmark-Urteils für solche Ausgleichsleistungen erläutert werden;

b)

die neue Verordnung über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, die die Kommission erlassen möchte; diese Verordnung legt bestimmte Voraussetzungen fest — unter anderem in Bezug auf die Höhe der Ausgleichsleistungen —, unter denen davon ausgegangen wird, dass Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nicht alle Kriterien von Artikel 107 Absatz 1 erfüllen;

c)

der überarbeitete EU-Rahmen für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (3), in dem dargelegt ist, wie die Kommission Fälle prüfen wird, die nicht unter diesen Beschluss fallen und daher bei der Kommission angemeldet werden müssen.

(7)

In der Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (4), werden die Bedeutung und der Umfang der Ausnahmeregelung nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV erläutert und Vorschriften formuliert, die die wirksame Überwachung der Einhaltung der darin genannten Kriterien ermöglichen. Der vorliegende Beschluss ersetzt die Entscheidung 2005/842/EG und enthält die Voraussetzungen, unter denen staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV befreit sind, da davon ausgegangen werden kann, dass sie mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV vereinbar sind.

(8)

Solche Beihilfen können nur dann als für mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV vereinbar angesehen werden, wenn sie gewährt werden, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV sicherzustellen. Aus der ständigen Rechtsprechung geht eindeutig hervor, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung, welche Dienstleistungen als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gelten, einen weiten Ermessensspielraum haben, wenn keine einschlägigen sektorspezifischen EU-Vorschriften bestehen. Es ist daher Aufgabe der Kommission, darüber zu wachen, dass bei der Festlegung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse keine offenkundigen Fehler vorliegen.

(9)

Sofern die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind, beeinträchtigen begrenzte Ausgleichsleistungen für Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Entwicklung des Handelsverkehrs und des Wettbewerbs nicht in einem Ausmaß, das dem Interesse der Union zuwiderliefe. Für Ausgleichsleistungen, die unter einem bestimmten Jahresbetrag liegen, ist daher keine Einzelanmeldung als staatliche Beihilfe erforderlich, sofern die Voraussetzungen dieses Beschlusses erfüllt sind.

(10)

Angesichts der Entwicklung des Handels mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in der Union, die sich z. B. in der starken Entwicklung von multinationalen Anbietern insbesondere in einigen Wirtschaftszweigen zeigt, die für die Entwicklung des Binnenmarkts von großer Bedeutung sind, ist es angebracht, die Schwelle, bis zu der Ausgleichsleistungen nach diesem Beschluss von der Anmeldepflicht befreit werden können, gegenüber der Schwelle in der Entscheidung 2005/842/EG zu senken, wobei dieser Betrag als jährlicher Durchschnitt während des Betrauungszeitraums berechnet werden kann.

(11)

Krankenhäuser und mit sozialen Dienstleistungen beauftragte Unternehmen, die mit Aufgaben von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, weisen Besonderheiten auf, die berücksichtigt werden müssen. Insbesondere ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld und beim derzeitigen Entwicklungsstand des Binnenmarkts für soziale Dienstleistungen Beihilfen notwendig sein können, deren Höhe den in diesem Beschluss festgesetzten Schwellenwert für den Ausgleich von Kosten im Zusammenhang mit öffentlichen Dienstleistungen überschreitet. Ein größeres Ausmaß von Ausgleich fur soziale Dienstleistungen hat also nicht notwendigerweise eine Steigerung des Risikos von Wettbewerbsverzerrungen zur Folge. Deshalb sollte die nach diesem Beschluss vorgesehene Befreiung von der Anmeldepflicht auch für Unternehmen gelten, die mit der Erbringung von Sozialdienstleistungen betraut sind und Wohnraum für benachteiligte Bürger oder sozial schwächere Bevölkerungsgruppen bereitstellen, die nicht die Mittel haben, sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Unterkunft zu beschaffen, selbst wenn der ihnen gewährte Ausgleichsbetrag die in diesem Beschluss festgelegte allgemeine Obergrenze für Ausgleichleistungen übersteigt. Dies sollte auch für Krankenhäuser gelten, die medizinische Versorgung leisten, gegebenenfalls einschließlich Notdiensten und Nebendienstleistungen, die unmittelbar mit der Haupttätigkeit verbunden sind, insbesondere in der Forschung. Um in den Genuss der Befreiung der Anmeldepflicht zu kommen, sollten soziale Dienstleistungen klar ausgewiesen werden und den sozialen Bedarf im Hinblick auf Gesundheitsdienste und Langzeitpflege, Kinderbetreuung, den Zugang zum Arbeitsmarkt, den sozialen Wohnungsbau sowie die Betreuung und soziale Einbindung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen decken.

(12)

Das Ausmaß, in dem eine bestimmte Ausgleichsmaßnahme den Handel und Wettbewerb beeinträchtigt, hängt nicht nur von der durchschnittlichen Höhe der jährlichen Ausgleichsleistungen und dem betroffenen Wirtschaftszweig ab, sondern auch von der Dauer der Betrauung. Sofern ein längerer Betrauungszeitraum nicht aufgrund einer erforderlichen beträchtlichen Investition, z. B. im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, gerechtfertigt ist, sollte die Anwendung dieses Beschlusses auf eine Betrauungsdauer von höchstens zehn Jahren beschränkt werden.

(13)

Damit Artikel 106 Absatz 2 AEUV zur Anwendung kommt, muss das betreffende Unternehmen vom Mitgliedstaat ausdrücklich mit der Erbringung einer bestimmten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut worden sein.

(14)

Um sicherzustellen, dass die Kriterien nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV eingehalten werden, müssen die Voraussetzungen genauer festgelegt werden, die im Hinblick auf die Betrauung mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu erfüllen sind. Die Höhe der Ausgleichsleistungen kann nur dann ordnungsgemäß berechnet und überprüft werden, wenn die dem Unternehmen übertragenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und alle dem Staat obliegenden Verpflichtungen in einem oder mehreren Betrauungsakten der zuständigen Behörde im betreffenden Mitgliedstaat klar festgelegt sind. Die Form des Instruments kann sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden, es müssen jedoch zumindest die betreffenden Unternehmen, der genaue Gegenstand und die genaue Dauer der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sowie gegebenenfalls das abzudeckende Gebiet, etwaige ausschließliche oder besondere Rechte und die Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und die Parameter zur Bestimmung der Ausgleichsleistungen sowie zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation festgelegt sein. Um im Hinblick auf die Anwendung dieses Beschlusses die nötige Transparenz zu gewährleisten, sollte der Betrauungsakt außerdem einen Verweis auf diesen Beschluss enthalten.

(15)

Um ungerechtfertigte Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, sollte die Höhe der Ausgleichsleistungen nicht über das hinausgehen, was unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns erforderlich ist, um die dem Unternehmen durch die Erbringung der Dienstleistung entstehenden Nettokosten abzudecken.

(16)

Ausgleichsleistungen, die über das hinausgehen, was für die Deckung der dem betreffenden, die Dienstleistung erbringenden Unternehmen, entstehenden Kosten erforderlich wäre, sind für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht erforderlich und stellen daher eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar, die an den Staat zurückzuzahlen ist. Ausgleichsleistungen, die für die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gezahlt, von dem betreffenden Unternehmen aber genutzt werden, um auf einem anderen Markt zu anderen Zwecken als den im Betrauungsakt festgelegten tätig zu werden, sind für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht erforderlich und können daher ebenfalls eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellen, die zurückgezahlt werden muss.

(17)

Die zu berücksichtigenden Nettokosten sollten als die Differenz zwischen den in Verbindung mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angefallenen Kosten und den Einnahmen, die mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erzielt wurden, berechnet werden bzw. als die Differenz zwischen den Nettokosten aus der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und den Nettokosten oder Gewinnen ohne eine solche Verpflichtung berechnet werden. Insbesondere wenn die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung, beispielsweise aufgrund regulierter Tarife, zu Einnahmeeinbussen führt, sich aber nicht auf die Kosten auswirkt, sollte es möglich sein, die mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen verbundenen Nettokosten aufgrund der entgangenen Einnahmen zu ermitteln. Um ungerechtfertigte Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, sollten alle Einnahmen, die mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erzielt werden (d. h. Einnahmen, die der Dienstleistungserbringer ohne die betreffende Betrauung nicht erzielt hätte), bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichsleistungen berücksichtigt werden. Wurden dem betreffenden Unternehmen besondere oder ausschließliche Rechte gewährt, die mit einer anderen Dienstleistung als der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, für welche die Beihilfe gewährt wird, zusammenhängen, und wirft dieser Bereich Gewinne ab, die über der angemessenen Rendite liegen, oder wurden dem Unternehmen vom Staat andere Vergünstigungen gewährt, sollten diese unabhängig von ihrer Bewertung nach Maßgabe von Artikel 107 AEUV mit berücksichtigt und zu den Einnahmen hinzugerechnet werden.

(18)

Der angemessene Gewinn sollte anhand der Kapitalrendite festgelegt werden und dem eingegangenen Risiko bzw. dem Fehlen eines Risikos Rechnung tragen. Der Begriff „Kapitalrendite“ sollte den internen Ertragssatz (Internal Rate of Return — IRR) bezeichnen, den das Unternehmen während des Betrauungszeitraums mit seinem investierten Kapital erzielt.

(19)

Gewinne, die den relevanten Swap-Satz zuzüglich 100 Basispunkten nicht übersteigen, sollten nicht als unangemessen gelten. In diesem Zusammenhang wird der relevante Swap-Satz als angemessene Rendite für eine risikofreie Investition angesehen. Der Aufschlag von 100 Basispunkten dient unter anderem als Ausgleich für Liquiditätsrisiken im Zusammenhang mit der Bindung von Kapital für die Erbringung der Dienstleistung während des Betrauungszeitraums.

(20)

Trägt das mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen kein erhebliches Geschäftsrisiko, da ihm z. B. die Kosten für die Erbringung der Dienstleistung voll erstattet werden, sollten Gewinne, die den relevanten Swap-Satz zuzüglich 100 Basispunkten übersteigen, nicht als angemessen gelten.

(21)

Ist die Verwendung der Kapitalrendite aufgrund von besonderen Umständen nicht angebracht, so sollte der Mitgliedstaat für die Ermittlung des angemessenen Gewinns auf andere Indikatoren wie die durchschnittliche Eigenkapitalrendite (ROE), die Rendite des eingesetzten Kapitals (ROCE), die Gesamtkapitalrendite (ROA) oder die Umsatzrendite (ROS) zurückgreifen können.

(22)

Bei der Ermittlung der Höhe eines angemessenen Gewinns sollten die Mitgliedstaaten auch Anreizkriterien zugrunde legen können, die sich insbesondere auf die Qualität der erbrachten Dienstleistungen und Effizienzgewinne bei der Produktivität beziehen. Effizienzgewinne sollten sich nicht negativ auf die Qualität der erbrachten Dienstleistungen auswirken. Die Mitgliedstaaten sollten beispielsweise im Betrauungsakt konkrete Ziele für Effizienzgewinne festlegen und die Ausgleichshöhe davon abhängig machen können, inwieweit diese Ziele erreicht wurden. So kann im Betrauungsakt vorgesehen sein, dass die Ausgleichsleistungen bei Nichterreichen der Ziele anhand einer im Betrauungsakt festgelegten Berechnungsmethode gekürzt werden; erreicht das Unternehmen bessere Ergebnisse als vorgegeben, können die Ausgleichsleistungen auf der Grundlage einer im Betrauungsakt festgelegten Methode erhöht werden. An Produktivitätsgewinne geknüpfte Prämien sollten stets so festgelegt werden, dass für eine ausgewogene Gewinnverteilung auf das Unternehmen und den Mitgliedstaat und/oder die Nutzer gesorgt ist.

(23)

Artikel 93 AEUV stellt eine Sondervorschrift zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV dar. Er legt die Vorschriften für Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Landverkehr fest. Artikel 93 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (5) ausgelegt, in der die Vorschriften für Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im öffentlichen Personenverkehr festgehalten sind. Die Anwendung der Verordnung auf den Binnenschiffspersonenverkehr liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sind Ausgleichsleistungen für landgebundene Verkehrsleistungen, die die in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen erfüllen, von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV ausgenommen. Nach dem Altmark-Urteil können Ausgleichsleistungen, die im Widerspruch zu Artikel 93 AEUV stehen, weder auf der Grundlage von Artikel 106 Absatz 2 AEUV noch einer sonstigen AEUV-Bestimmung für mit dem AUEV vereinbar erklärt werden. Daher ist dieser Beschluss nicht auf den Landverkehr anwendbar.

(24)

Im Gegensatz zum Landverkehr fallen der See- und der Luftverkehr unter Artikel 106 Absatz2 AEUV. Die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (6) und die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (7) enthalten Vorschriften über Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Luft- und Seeverkehr. Im Gegensatz zur Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 beziehen sich diese Verordnungen weder auf die Vereinbarkeit etwaiger Beihilfeelemente mit dem Binnenmarkt noch sehen sie eine Befreiung von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV vor. Dieser Beschluss sollte daher nur auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im See- und Luftverkehr angewendet werden, wenn die betreffenden Ausgleichleistungen nicht nur die Voraussetzungen nach diesem Beschluss, sondern im gegebenen Fall auch die sektorspezifischen Vorschriften nach den Verordnungen (EG) Nr. 1008/2008 und (EWG) Nr. 3577/92 erfüllen.

(25)

In dem Sonderfall von Ausgleichsleistungen für den Betrieb von Flug- oder Schiffsverbindungen zu Inseln sowie für Flughäfen und Seeverkehrshäfen, bei denen es sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV handelt, ist es angemessen, auf der Grundlage des durchschnittlichen jährlichen Fahrgastaufkommens ermittelte Obergrenzen vorzusehen, da dies die wirtschaftliche Realität dieser Tätigkeiten und den Umstand, dass es sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, genauer widerspiegelt.

(26)

Die Befreiung bestimmter Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung bedeutet nicht, dass Mitgliedstaaten ein bestimmtes Beihilfevorhaben nicht anmelden können. Im Falle einer solchen Anmeldung (oder wenn die Kommission nach Eingang einer Beschwerde oder von Amts wegen eine bestimmte Beihilfemaßnahme auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt untersucht) prüft die Kommission, ob die Voraussetzungen nach diesem Beschluss erfüllt sind. Andernfalls prüft die Kommission die Maßnahme auf der Grundlage der Grundsätze der Mitteilung der Kommission über einen Rahmen für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen.

(27)

Dieser Beschluss sollte die Vorschriften der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (8) unberührt lassen.

(28)

Dieser Beschluss sollte unbeschadet der Wettbewerbsvorschriften der Union, insbesondere der Artikel 101 und 102 AEUV gelten.

(29)

Dieser Beschluss sollte ferner unbeschadet der Vorschriften der Union für das öffentliche Auftragswesen gelten.

(30)

Dieser Beschluss sollte bestehende strengere sektorspezifische Rechtsvorschriften der Union im Bereicht der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unberührt lassen.

(31)

Für Einzelbeihilfen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses gewährt wurden, sind Übergangsbestimmungen vorzusehen. Beihilferegelungen, die im Einklang mit der Entscheidung 2005/842/EG vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden, sollten weiterhin als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten und für einen weiteren Zeitraum zwei Jahren von der Anmeldepflicht befreit sein. Beihilfen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden und nicht mit der Entscheidung 2005/842/EG im Einklang stehen, jedoch die in diesem Beschluss genannten Voraussetzungen erfüllen, sollten als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten und von der Anmeldepflicht befreit sein.

(32)

Die Kommission beabsichtigt, diesen Beschluss fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten zu überprüfen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Dieser Beschluss legt fest, unter welchen Voraussetzungen staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und demzufolge von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV befreit sind.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Dieser Beschluss findet Anwendung auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen, die Unternehmen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV gewährt werden und in eine der folgenden Kategorien fallen:

a)

Ausgleichsleistungen von nicht mehr als 15 Mio. EUR pro Jahr für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit Ausnahme der Bereiche Verkehr und Verkehrsinfrastruktur;

schwankt die Höhe der Ausgleichsleistungen während des Betrauungszeitraums, so ist der jährliche Betrag als Durchschnitt der Jahresbeträge der für den Betrauungszeitraum vorgesehenen Ausgleichsleistungen zu berechnen;

b)

Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch Krankenhäuser, die medizinische Versorgung leisten, gegebenenfalls einschließlich Notdiensten; die Erbringung von Nebendienstleistungen, die unmittelbar mit der Haupttätigkeit verbunden sind, insbesondere in der Forschung, steht der Anwendung dieses Absatzes jedoch nicht entgegen;

c)

Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zur Deckung des sozialen Bedarfs im Hinblick auf Gesundheitsdienste und Langzeitpflege, Kinderbetreuung, den Zugang zum und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, den sozialen Wohnungsbau sowie die Betreuung und soziale Einbindung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen;

d)

Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Flug- oder Schiffsverkehr zu Inseln, wobei das durchschnittliche jährliche Verkehrsaufkommen während der beiden Finanzjahre, die dem Jahr vorausgehen, in dem die Betrauung mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erfolgte, 300 000 Passagiere nicht übersteigen darf;

e)

Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für Flug- und Seeverkehrshäfen, deren durchschnittliches jährliches Verkehrsaufkommen während der beiden Finanzjahre, die dem Jahr vorausgehen, in dem die Betrauung mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erfolgte, im Fall von Flughäfen höchstens 200 000 Passagiere und im Fall von Seehäfen höchstens 300 000 Passagiere betrug.

(2)   Dieser Beschluss findet nur Anwendung, wenn der Zeitraum, für den das Unternehmen mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist, nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Übersteigt der Betrauungszeitraum die Dauer von zehn Jahren, so ist dieser Beschluss nur insoweit anwendbar, als eine erhebliche Investition seitens des Dienstleistungserbringers erforderlich ist, die nach allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden muss.

(3)   Sind die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Beschluss zu einem bestimmten Zeitpunkt der Betrauung nicht mehr erfüllt, so muss die Beihilfe im Einklang mit Artikel 108 Absatz 3 AEUV angemeldet werden.

(4)   Im Bereich des Luft- und Seeverkehrs gilt dieser Beschluss nur für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten von Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV erbringen, die mit der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 bzw. der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 im Einklang stehen.

(5)   Dieser Beschluss gilt nicht für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Bereich des Landverkehrs gewährt werden.

Artikel 3

Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt und Befreiung von der Anmeldung

Staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, die die Voraussetzungen nach diesem Beschluss erfüllen, sind mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV befreit, wenn sie auch Voraussetzungen aufgrund des AEUV oder aufgrund von sektorspezifischen Rechtsvorschriften der Union erfüllen.

Artikel 4

Betrauung

Die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem öffentlichem Interesse dem Unternehmen wird im Wege eines oder mehrerer Betrauungsakte übertragen, deren Form von den einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt werden kann. In dem Akt/den Akten muss insbesondere Folgendes festgelegt sein:

a)

Gegenstand und Dauer der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen;

b)

das Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet;

c)

Art etwaiger dem Unternehmen durch die Bewilligungsbehörde gewährter ausschließlicher oder besonderer Rechte;

d)

Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen;

e)

Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen und

f)

einen Verweis auf diesen Beschluss.

Artikel 5

Ausgleich

(1)   Die Höhe der Ausgleichsleistungen darf unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Nettokosten abzudecken.

(2)   Die Nettokosten sind die Differenz zwischen den Kosten nach Absatz 3 und den Einnahmen nach Absatz 4. Sie können aber auch als Differenz zwischen den Nettokosten des Dienstleistungserbringers aus der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und den Nettokosten oder Gewinnen desselben Dienstleistungserbringers ohne eine solche Verpflichtung berechnet werden.

(3)   Die zu berücksichtigenden Kosten umfassen sämtliche in Verbindung mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angefallenen Kosten. Sie sind auf der Grundlage von allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen wie folgt zu bestimmen:

a)

Beschränken sich die Tätigkeiten des betreffenden Unternehmens auf die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, können alle Kosten des Unternehmens herangezogen werden.

b)

Übt das Unternehmen auch andere Tätigkeiten aus, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, dürfen nur die der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zurechenbaren Kosten berücksichtigt werden.

c)

Die der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zurechenbaren Kosten können alle unmittelbaren Kosten abdecken, die durch die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angefallen sind, sowie einen angemessenen Teil der Fixkosten für die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und sonstige Tätigkeiten.

d)

Kosten in Verbindung mit Investitionen, insbesondere Infrastrukturkosten, können berücksichtigt werden, wenn sie für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich sind.

(4)   Die zu berücksichtigenden Einnahmen müssen auf jeden Fall die gesamten Einnahmen beinhalten, die mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erzielt wurden, unabhängig davon, ob die Einnahmen als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV zu betrachten sind. Wurden dem betreffenden Unternehmen besondere oder ausschließliche Rechte gewährt, die mit einer anderen Dienstleistung als der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, für welche die Beihilfe gewährt wird, zusammenhängen, und wirft dieser Bereich Gewinne ab, die über der angemessenen Rendite liegen, oder wurden dem Unternehmen vom Staat andere Vergünstigungen gewährt, müssen diese unabhängig von ihrer Bewertung nach Maßgabe von Artikel 107 AEUV mit berücksichtigt und zu den Einnahmen hinzugerechnet werden. Der betreffende Mitgliedstaat kann gegebenenfalls entscheiden, dass die Gewinne aus anderen Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, ganz oder teilweise in die Finanzierung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse fließen müssen.

(5)   Für die Zwecke dieses Beschlusses gilt als „angemessener Gewinn“ die Kapitalrendite, die ein durchschnittliches Unternehmen zugrunde legt, um unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikos zu entscheiden, ob es die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die gesamte Dauer der Betrauung erbringt. Der Begriff „Kapitalrendite“ bezeichnet den internen Ertragssatz (Internal Rate of Return — IRR), den das Unternehmen während des Betrauungszeitraums mit seinem investierten Kapital erzielt. Die Höhe des Risikos hängt vom Wirtschaftszweig, der Art der Dienstleistung und den Merkmalen der Ausgleichsleistungen ab.

(6)   Bei der Ermittlung der Höhe eines angemessenen Gewinns können Mitgliedstaaten auch Anreizkriterien zugrunde legen, die sich insbesondere auf die Qualität der erbrachten Dienstleistungen und Effizienzgewinne bei der Produktivität beziehen. Effizienzgewinne dürfen sich nicht negativ auf die Qualität der erbrachten Dienstleistungen auswirken. Prämien, die an Produktivitätsgewinne geknüpft sind, sind stets so festzulegen, dass eine ausgewogene Aufteilung dieser Gewinne zwischen dem Unternehmen und dem Mitgliedstaat und/oder den Nutzern möglich ist.

(7)   Für die Zwecke dieses Beschlusses gilt eine Kapitalrendite, die den relevanten Swap-Satz zuzüglich eines Aufschlags von 100 Basispunkten nicht übersteigt, in jedem Fall als angemessen. Der relevante Swap-Satz ist der Swap-Satz, dessen Fälligkeit und Währung der Dauer und Währung des Betrauungsaktes entsprechen. Ist mit der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse kein beträchtliches kommerzielles oder vertragliches Risiko verbunden (insbesondere wenn die bei der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anfallenden Nettokosten im Wesentlichen nachträglich vollständig erstattet werden), darf der angemessene Gewinn den relevanten Swap-Satz zuzüglich eines Aufschlags von 100 Basispunkten nicht übersteigen.

(8)   Ist die Verwendung der Kapitalrendite aufgrund von besonderen Umständen nicht angebracht, so kann der Mitgliedstaat bei der Ermittlung des angemessenen Gewinns auf andere Indikatoren wie die durchschnittliche Eigenkapitalrendite (ROE), die Rendite des eingesetzten Kapitals (ROCE), die Gesamtkapitalrendite (ROA) oder die Umsatzrendite (ROS) zurückgreifen. Der Begriff „Rendite“ bezeichnet den Gewinn vor Zinsen und Steuern in dem jeweiligen Jahr. Die durchschnittliche Rendite wird anhand des Abzinsungsfaktors für die Vertragslaufzeit gemäß der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (9) ermittelt. Unabhängig vom gewählten Indikator muss der Mitgliedstaat in der Lage sein, der Kommission auf Ersuchen einen Nachweis dafür vorzulegen, dass der Gewinn nicht höher ist als der, den ein durchschnittliches Unternehmen bei der Entscheidung darüber, ob es die Dienstleistung erbringt, zugrunde legen würde; dies kann beispielsweise durch Verweise auf Einnahmen geschehen, die bei ähnlichen Verträgen unter Wettbewerbsbedingungen erzielt werden.

(9)   Übt ein Unternehmen auch Tätigkeiten aus, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, so müssen in dessen Buchführung die Kosten und Einnahmen in Verbindung mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von allen anderen Tätigkeiten getrennt ausgewiesen werden; außerdem ist anzugeben, nach welchen Parametern die Zuordnung der Kosten und Einnahmen erfolgt. Als Kosten, die nicht der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zugerechnet werden können, gelten alle unmittelbaren Kosten, ein angemessener Beitrag zu den Gemeinkosten und eine angemessene Kapitalrendite. Für diese Kosten darf kein Ausgleich gewährt werden.

(10)   Die Mitgliedstaaten fordern das betreffende Unternehmen auf, eine etwaige Überkompensation zurückzuerstatten.

Artikel 6

Kontrolle von Überkompensation

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse die in diesem Beschluss festgelegten Voraussetzungen erfüllt und insbesondere, dass die Unternehmen keinen höheren Ausgleich erhalten, als in Artikel 5 vorgesehen. Auf Verlangen der Kommission legen sie entsprechende Nachweise vor. Sie führen regelmäßig Kontrollen durch oder tragen dafür Sorge, dass diese während des Betrauungszeitraums zumindest alle drei Jahre sowie am Ende des Betrauungszeitraums durchgeführt werden.

(2)   Hat ein Unternehmen einen höheren Ausgleich erhalten, als in Artikel 5 vorgesehen, so fordert der Mitgliedstaat das betreffende Unternehmen zur Rückzahlung der Überkompensation auf. Die Parameter für die Berechnung des Ausgleichs werden für die künftige Anwendung neu festgelegt. Übersteigt die Überkompensation den durchschnittlichen jährlichen Ausgleich nicht um mehr als 10 %, so kann sie auf den nächsten Zeitraum übertragen und von dem für diesen Zeitraum zu zahlenden Ausgleich abgezogen werden.

Artikel 7

Transparenz

Bei Ausgleichsleistungen von mehr als 15 Mio. EUR, die einem Unternehmen gewährt werden, das außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch andere Tätigkeiten ausübt, muss der betreffende Mitgliedstaat die folgenden Informationen im Internet oder in sonstiger geeigneter Weise veröffentlichen:

a)

den Betrauungsakt oder eine Zusammenfassung, die die in Artikel 4 genannten Angaben enthält;

b)

den jährlichen Beihilfebetrag für das betreffende Unternehmen.

Artikel 8

Verfügbarkeit von Informationen

Die Mitgliedstaaten halten während des Betrauungszeitraums und für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ab Ende des Betrauungszeitraums alle Informationen verfügbar, die notwendig sind, um zu bestimmen, ob die gewährten Ausgleichsleistungen mit diesem Beschluss vereinbar sind.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission auf schriftliches Ersuchen alle Informationen, die die Kommission als erforderlich erachtet, um zu entscheiden, ob die geltenden Ausgleichmaßnahmen mit diesem Beschluss vereinbar sind.

Artikel 9

Berichterstattung

Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über die Umsetzung dieses Beschlusses. Die Berichte enthalten eine detaillierte Übersicht über die Anwendung dieses Beschlusses auf die in Artikel 2 Absatz 1 aufgeführten verschiedenen Kategorien von Dienstleistungen einschließlich:

a)

Ausführungen zur Anwendung dieses Beschlusses auf die in seinen Anwendungsbereich fallenden Dienstleistungen, einschließlich interner Tätigkeiten;

b)

den Gesamtbetrag der nach diesem Beschluss gewährten Beihilfen mit einer Aufschlüsselung des Gesamtbetrags nach Wirtschaftszweig der Begünstigten;

c)

Angaben dazu, ob für eine bestimmte Art von Dienstleistung die Anwendung dieses Beschlusses Schwierigkeiten verursacht oder zu Beschwerden Dritter geführt hat,

und

d)

andere von der Kommission erbetene Informationen über die Anwendung dieses Beschlusses, die rechtzeitig vor der Abgabefrist für den Bericht näher ausgeführt werden.

Der erste Bericht ist bis zum 30. Juni 2014 vorzulegen.

Artikel 10

Übergangsbestimmungen

Dieser Beschluss gilt für Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen nach folgender Maßgabe:

a)

Beihilferegelungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden, mit dem Binnenmarkt vereinbar waren und von der Anmeldungspflicht nach der Entscheidung 2005/842/EG befreit waren, sind für einen weiteren Zeitraum von zwei Jahren mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht befreit.

b)

Beihilfen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden und weder mit dem Binnenmarkt vereinbar waren noch von der Anmeldungspflicht nach Entscheidung 2005/842/EG befreit waren, jedoch die Voraussetzungen dieses Beschlusses erfüllen, gelten als mit dem Binnenmarkt vereinbar und sind von der vorherigen Anmeldepflicht befreit.

Artikel 11

Aufhebung

Die Entscheidung 2005/842/EG wird hiermit aufgehoben.

Artikel 12

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am 31. Januar 2012 in Kraft.

Artikel 13

Adressaten

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 20. Dezember 2011

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, S. I-7747.

(2)  ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4.

(3)  ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15.

(4)  ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67.

(5)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.

(6)  ABl. L 293 vom 31.10.2008, S. 3.

(7)  ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.

(8)  ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17.

(9)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.


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