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Document 32006D0238

2006/238/EG: Entscheidung der Kommission vom 9. November 2005 über die Maßnahme Frankreichs zugunsten der Mines de Potasse d’Alsace (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 4204) (Text von Bedeutung für den EWR)

OJ L 86, 24.3.2006, p. 20–22 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2006/238/oj

24.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 86/20


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 9. November 2005

über die Maßnahme Frankreichs zugunsten der Mines de Potasse d’Alsace

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 4204)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/238/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung an die Beteiligten, ihre Bemerkungen gemäß den genannten Artikeln (1) abzugeben und unter Berücksichtigung dieser Bemerkungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

1994 genehmigte die Kommission eine Kapitalzuführung des französischen Staats von 76 Mio. EUR an die Entreprise minière et chimique (nachstehend „EMC“) zur Übertragung an das Unternehmen Mines de Potasses d’Alsace (nachstehend „MDPA“) in Form einer Kapitalerhöhung. In ihrer Entscheidung (2) stufte die Kommission die Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbar ein, da sie dazu diente, die zusätzlichen Sozialabgaben für Rentner (Heizung, Wohnraum, Anschlusskosten und Abfindungen) von MDPA aufgrund des „Statut du Mineur“ (besondere Sozialabgaben im Bergbau) (3) zu decken.

(2)

1996 genehmigte die Kommission (4) aus den gleichen Gründen drei Kapitalzuführungen des französischen Staats an EMC in Form von Kapitalerhöhungen von jeweils 38 Mio. EUR für die Jahre 1995, 1996 und 1997, die an die MDPA zu übertragen waren.

(3)

Am 7. Dezember 1998 meldeten die französischen Behörden der Kommission drei weitere Kapitalzuführungen von jeweils 42 Mio. EUR zugunsten der EMC in den Jahren 1998, 1999 und 2000, die an MDPA zu übertragen waren. Nach Angaben der französischen Behörden sollten diese Maßnahmen bestimmte Sozialabgaben und Umweltschutzkosten von MDPA im Rahmen der Schließung ausgleichen.

(4)

Aus den zusätzlichen Auskünften, die von den französischen Behörden am 22. Januar 1999 erteilt wurden, ging hervor, dass EMC neben der Übertragung der von Frankreich gewährten Beihilfe jedes Jahr seit 1995 Erhöhungen des Kapitals von MDPA vorgenommen hat. Mit Schreiben vom 14. März 2000 teilten die französischen Behörden der Kommission mit, dass ein Teil der 1998 angemeldeten Beihilfen dem Unternehmen bereits gewährt worden seien. In ihrer Antwort vom 10. April 2000 erklärte die Kommission, dass diese Beihilfen als unrechtmäßig anzusehen seien.

(5)

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2000 hat die Kommission Frankreich ihren Beschluss mitgeteilt, wegen der genannten Maßnahmen ein Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag zu eröffnen. Dieser Beschluss wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (5). Die Kommission forderte alle Interessierten auf, Bemerkungen zu den fraglichen Beihilfen abzugeben.

(6)

Am 28. November 2000 und 21. und 23. März 2001 gingen bei der Kommission Bemerkungen der französischen Behörden ein. Eine Zusammenkunft mit Vertretern der Kommission fand am 2. Dezember 2004 statt. Frankreich erteilte der Kommission Auskünfte mit Schreiben vom 8. Februar 2005 und 23. September 2005.

2.   DIE MASSNAHMEN

2.1   Der Begünstigte

(7)

MDPA nutzte seit 1904 ein elsässisches Sylvinitvorkommen, um Kaliumchlorid zu gewinnen, das als Dünger oder Rohstoff für die Industrie verwendet wird. 1967 gründete Frankreich EMC (6), einen öffentlichen Industrie- und Handelsbetrieb, und wandelte MDPA in eine Aktiengesellschaft mit Vorstand und Aufsichtsrat (7) als 100 %ige Tochtergesellschaft von EMC um.

(8)

Angesichts der Erschöpfung des Kalivorkommens handelte MPDA 1996 einen Sozialplan zur Regelung des schrittweisen Abbaus des Produktionsumfangs bis zur vollständigen Schließung im Jahr 2004 aus. Neben MPDA besaß EMC direkt oder über seine Holdinggesellschaft EMC Société Anonyme (nachstehend „EMC SA“) Beteiligungen an Unternehmen in folgenden Bereichen: Chemikalien, Tiernahrung, Umweltschutz und Abfallverwertung.

(9)

In ihrem Beschluss zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens machte die Kommission geltend, dass MDPA der einzige Begünstigte der fraglichen Maßnahmen war. In dieser Entscheidung besteht diese Einschätzung fort. Nichts deutet darauf hin, dass die Tochtergesellschaften von EMC in den Genuss der MDPA gewährten Beihilfen gekommen sind. Es besteht kein Zweifel, dass die Mittel von EMC vollständig in Form von Kapitalerhöhungen an MDPA übertragen wurden.

(10)

Ein Brand im Jahr 2002 beendete die Bergbautätigkeit von MDPA vorzeitig. Der Gesellschaftszweck des Unternehmens wurde geändert, um diesem Ereignis Rechnung zu tragen. Während MDPA bei seiner Gründung das Ziel hatte, die Kali- und Salzbergwerke des ehemaligen Staatsbetriebs Mines domaniales de potasse d’Alsace zu betreiben, sieht Artikel 3 der geänderten Satzung vor, dass das Unternehmen die Aufgaben im Zusammenhang mit der Einstellung des Betriebs der Kalibergwerke nördlich von Mülhausen, d. h. der ehemaligen Produktionsstätten, Produktionsanlagen, Nebengebäude und Außenstellen, wahrnimmt.

(11)

Diese Aufgaben bestehen im Wesentlichen darin, die Umschulung des Personals zu unterstützen und die Grundstücke zu sanieren, zu sichern und zu veräußern. Wenn diese Phase abgeschlossen ist, wird MDPA voraussichtlich Ende 2009 aufgelöst.

(12)

Am 1. Januar 2005 hat EMC seine Kapitalbeteiligung an MDPA unentgeltlich an den Staat abgetreten (8).

2.2   Die Beihilfen

(13)

Frankreich hat die 1998 angemeldeten Beihilfen (42 Mio. EUR in den Jahren 1998, 1999 und 2000) an MDPA ausgezahlt, ohne die Entscheidung der Kommission abzuwarten. Diese Beihilfen sind daher rechtswidrig.

(14)

Um die Fortsetzung der Tätigkeit von MDPA bis 2004, dem vorgesehenen Termin für die Stilllegung der Bergwerke, zu ermöglichen, hat EMC seit 1996 jedes Jahr Kapitalerhöhungen seiner Tochtergesellschaft vorgenommen, die dem Verlust dieses Unternehmens im vorhergehenden Geschäftsjahr entsprachen. Aus Tabelle 1 geht hervor, dass die an MDPA gezahlten Beträge höher waren als die von der Kommission mit Entscheidung im Jahr 1996 genehmigten und die für 1998 bis 2000 angemeldeten Beihilfen.

Tabelle 1:   Von 1996 bis 2000 an MDPA gewährte nicht angemeldete Beihilfen

(in Mio. EUR)

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Von der Kommission mit Entscheidung im Jahr 1996 genehmigte Beihilfen

38

38

38

 

 

 

1998 bis 2000 angemeldete Beihilfen = Maßnahme 1

 

 

 

42

42

42

Betriebsergebnis von MDPA

–84

–95

– 128

– 118

–96

–86

Von EMC an MDPA gewährte Kapitalerhöhungen

0

84

98

128

117

79

Maßnahme 2

0

46

59

86

75

37

3.   SCHLUSSFOLGERUNG

(15)

Die Kommission stellt fest, dass sich der Begünstigte nunmehr zu 100 % unmittelbar im Besitz des französischen Staats befindet, dass er seine Wirtschaftstätigkeit im Kalibereich endgültig eingestellt hat und dass die Bergwerkstätigkeit nicht wieder aufgenommen wird. Die einzige Funktion von MDPA besteht darin, die mit der Einstellung der Bergbautätigkeit verbundenen Aufgaben wahrzunehmen und zu gewährleisten, dass das Gelände den Sicherheits- und Umweltschutzanforderungen entspricht. Diese Verantwortung fiele in jedem Fall dem Staat zu, wenn MDPA nicht bestehen würde (9). Wenn diese Aufgabe erfüllt ist, wird MDPA aufgelöst.

(16)

Die Tätigkeit von MDPA zur Gewährleistung der Sicherheit und des Umweltschutzes ist keine Wirtschaftstätigkeit, die die Anwendung der Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags rechtfertigt. Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen 1 und 2 MDPA zwar einen Vorteil verschafft und den Wettbewerb verfälscht haben könnten, diese Wirkung aber aufgehoben wurde, seitdem MDPA seine Wirtschaftstätigkeit eingestellt und die Bergwerke geschlossen hat. Außerdem wurde das Kapital von MDPA unentgeltlich an den Staat übertragen. Unter diesen Umständen hätte eine Entscheidung über den Beihilfecharakter der fraglichen Maßnahmen und ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt keinerlei praktische Auswirkungen.

(17)

Das nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eröffnete förmliche Prüfverfahren ist somit gegenstandslos geworden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN

Artikel 1

Das am 10. Oktober 2000 hinsichtlich der Mines de Potasse d’Alsace eröffnete förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag wird eingestellt.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 9. November 2005

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 22.

(2)  ABl. C 196 vom 19.7.1994, S. 5.

(3)  Eingeführt durch das Dekret Nr. 46-1433 vom 14. Juni 1948 über das Statut der Mitarbeiter von Bergbauunternehmen und ihnen gleichgestellter Personen.

(4)  ABl. C 168 vom 12.6.1996, S. 11.

(5)  ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 22.

(6)  Dekret Nr. 67-797 vom 20. September 1967 über die administrative und finanzielle Organisation der Entreprise minière et chimique.

(7)  Dekret Nr. 67-796 vom 20. September 1967 zur Umwandlung der elsässischen Kalibergwerke und des staatlichen Stickstoffbetriebs in einen öffentlichen Industrie- und Handelsbetrieb mit dem Namen Entreprise minière et chimique und Dekret Nr. 67-797 vom 20. September 1967 über die administrative und finanzielle Organisation der Entreprise minière et chimique.

(8)  Dekret Nr. 2004-1286 vom 26. November 2004 über die Zulassung der Übertragung der Beteiligung der Entreprise minière et chimique an dem Unternehmen Mines de potasse d’Alsace an den Staat (JORF vom 28.11.2004).

(9)  Siehe Paragraph 84 des Bergbaugesetzes.


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