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Document 31981D0626

81/626/EWG: Entscheidung der Kommission vom 10. Juli 1981 über ein Beihilfevorhaben der belgischen Regierung zugunsten der Investitionen eines belgischen Unternehmens zur Modernisierung der Produktionsanlagen für Butylkautschuk (Nur der französische und niederländische Text sind verbindlich)

OJ L 229, 13.8.1981, p. 12–14 (DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1981/626/oj

31981D0626

81/626/EWG: Entscheidung der Kommission vom 10. Juli 1981 über ein Beihilfevorhaben der belgischen Regierung zugunsten der Investitionen eines belgischen Unternehmens zur Modernisierung der Produktionsanlagen für Butylkautschuk (Nur der französische und niederländische Text sind verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 229 vom 13/08/1981 S. 0012 - 0014


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 10. Juli 1981 über ein Beihilfevorhaben der belgischen Regierung zugunsten der Investitionen eines belgischen Unternehmens zur Modernisierung der Produktionsanlagen für Butylkautschuk (Nur der französische und der niederländische Text sind verbindlich) (81/626/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

nach Einholung der Äusserungen der Beteiligten gemäß Artikel 93 des Vertrages und im Hinblick auf diese Äusserungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.

Das belgische Gesetz vom 17. Juli 1959 und der zu seiner Durchführung erlassene Königliche Erlaß vom 17. August 1959 (1) führten allgemeine Maßnahmen zur Förderung der belgischen Wirtschaft ein, insbesondere gewisse Zinszuschüsse für Investitionsdarlehen, staatliche Bürgschaften zur Absicherung von zinsverbilligten Bankdarlehen an Unternehmen sowie eine fünfjährige Steuerbefreiung für Einkünfte aus Grundvermögen.

Bei der Prüfung des belgischen Gesetzes nach dem Verfahren gemäß Artikel 93 Absätze 1 und 2 EWG-Vertrag wies die Kommission darauf hin, daß es sich um eine allgemeine Beihilferegelung handele, da sie keine industriellen oder regionalen Zielsetzungen beinhaltete und die Gewährung von Beihilfen für Investitionen beliebiger Firmen in beliebigen Gebieten oder Industrien betraf. Für diese Regelung kam daher eine Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) oder c) von der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen nicht in Betracht. Ohne solche genaueren Angaben war es der Kommission nicht möglich, die Auswirkungen der Regelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb und damit ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen.

Bei solchen allgemeinen Beihilferegelungen gibt die Kommission üblicherweise dann ihre Zustimmung, wenn entweder der betreffende Mitgliedstaat ihr einen regionalen oder sektoralen Anwendungsplan vorlegt oder, falls dies nicht möglich ist, wichtige Einzelanwendungsfälle mitteilt.

Gemäß der Entscheidung 75/397/EWG (2) der Kommission hat die Regierung des Königreichs Belgien der Kommission wichtige Einzelanwendungsfälle des belgischen Gesetzes vom 17. Juli 1959 über die Einführung von Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaftsexpansion und Schaffung neuer Industrien rechtzeitig vorher mitzuteilen, damit diese über ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt befinden kann.

II.

Mit Fernschreiben vom 13. Dezember 1978 unterrichtete die belgische Regierung die Kommission von ihrer Absicht, die in dem genannten Gesetz vorgesehenen Beihilfen für die Investitionen eines Chemie-Unternehmens in Zwijndrecht im Verwaltungsbezirk Antwerpen zu gewähren.

Das beihilfebegünstigte Unternehmen ist die Tochtergesellschaft eines auf die Herstellung von Butylkautschuk spezialisierten Konzerns. Das belgische Unternehmen beschäftigt 421 Personen und erzielte im Jahre 1978 einen Umsatz von 2,8 Mrd. bfrs.

Die von der belgischen Regierung geplante Beihilfe soll die Durchführung einer Investition erleichtern, durch die eine Produktionsanlage für halogenisierten Butylkautschuk des Chlorbutyltyps durch eine Anlage mit einer Kapazität von 90 000 Tonnen pro Jahr des Brombutyltyps ersetzt wird. Mit der geplanten Investition würden 51 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Das begünstigte Unternehmen will seine Stellung auf dem Markt für halogenisierten Butylkautschuk dadurch (1) Moniteur belge vom 29.8.1959. (2) ABl. Nr. L 177 vom 8.7.1975, S. 13, behaupten, daß es sich einem Erzeugnis zuwendet, das der gestiegenen Nachfrage aufgrund der Einführung schlauchloser Reifen für Lastkraftwagen gerecht wird.

Das begünstigte Unternehmen ist das einzige Unternehmen, das in Belgien Butylkautschuk herstellt. Seine Produktion entspricht etwa der Hälfte der Produktion der Gemeinschaft.

Die von der belgischen Regierung geplante Beihilfe würde die Form eines sechsjährigen Zinszuschusses von 4 % zu einem Kredit in Höhe von zwei Dritteln der Investition (689 Mio bfrs) aufweisen. Diese Maßnahme entspricht nach Auffassung der belgischen Behörden einer Beihilfe von 12 % der Investition.

Das begünstigte Unternehmen führt 46 % seiner Produktion in die anderen Mitgliedstaaten aus. Die Nachfrage der Gemeinschaft kann auf 111 000 Tonnen pro Jahr veranschlagt werden und wird im wesentlichen von drei Unternehmen gedeckt.

III.

Die belgische Regierung ist der Auffassung, daß es sich im vorliegenden Fall um einen normalen Ausbau der Niederlassung des begünstigten Unternehmens in Antwerpen handelt und daß die Beihilfe hauptsächlich dazu dient, es dem Unternehmen zu ermöglichen, seine Stellung auf dem fraglichen Markt dadurch zu behaupten, daß es ein Herstellungsverfahren einführt, das sich zur Deckung der Nachfrage besser eignet.

Nach Ansicht der belgischen Regierung wird die Beeinträchtigung des Handels, die sich aus der Einführung des neuen Verfahrens ergeben kann, dadurch abgeschwächt, daß in erster Linie die derzeitigen Einfuhren aus einem Drittland ersetzt werden sollen.

IV.

Im Rahmen der Anhörung der Beteiligten unterstrich die Regierung eines Mitgliedstaats, daß die von der belgischen Regierung geplante Beihilfe sich nicht mit Gründen rechtfertigen lässt, die den Markt für Butylkautschuk betreffen. Die Regierung eines anderen Mitgliedstaats erhob zwar keine grundsätzlichen Einwände gegen die vorgesehene Beihilfe, war aber der Meinung, daß die Beihilfe einen Präzedenzfall für andere Hersteller von Butylkautschuk bilden könnte.

V.

Die von der belgischen Regierung in Aussicht genommene Beihilfe ist geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag zu beeinträchtigen. Sie verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen, da sie das betreffende Unternehmen oder den Produktionszweig begünstigt.

Nach dem EWG-Vertrag sind Beihilfen, die die in Artikel 92 Absatz 1 vorgesehenen Kriterien erfuellen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Ausnahmen sind nach Artikel 92 Absatz 3 EWGV nur möglich, wenn die Beihilfen Zielen dienen, die im Gemeinschaftsinteresse liegen und nicht nur für das einzelne Unternehmen von Nutzen sind. Diese Ausnahmebestimmungen sind bei der Prüfung regionaler und sektoraler wie auch der Einzelanwendungsfälle allgemeiner Beihilfesysteme eng auszulegen. So sind Ausnahmen insbesondere nur dann zulässig, wenn die Kommission nachweisen kann, daß ohne eine solche Beihilfe das freie Spiel der Kräfte allein nicht ausreichen würde, die betreffenden Unternehmen zu einem Marktverhalten zu veranlassen, das zur Erreichung eines der vorgenannten Ziele beitragen würde.

Würden Ausnahmen ohne eine solche Gegenleistung zugelassen, so liefe dies darauf hinaus, daß Beeinträchtigungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten und Wettbewerbsverzerrungen und nicht zuletzt beträchtliche ungerechtfertigte Vorteile zugunsten bestimmter Mitgliedstaaten hingenommen werden müssten, ohne daß dies durch einen Vorteil für das Gemeinschaftsinteresse ausgeglichen würde.

Wenn die Kommission die oben erwähnten Grundsätze bei der Prüfung der Einzelanwendungsfälle der allgemeinen Beihilfesysteme anwendet, muß sie sich davon überzeugt haben, daß eine besondere Notwendigkeit besteht, die Beihilfe gerade diesem Unternehmen zu gewähren, weil die Beihilfe zur Verwirklichung eines der in Artikel 92 Absatz 3 EWGV genannten Ziele beiträgt. Kann dies nicht nachgewiesen werden, und würde insbesondere die als beihilfebegünstigt vorgesehene Investition ohnedies vorgenommen, so trägt die Beihilfe offensichtlich nicht zur Erreichung der in den Ausnahmebestimmungen umrissenen Ziele bei, sondern vergrössert lediglich die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens.

Im vorliegenden Fall ist eine solche Gegenleistung auf seiten des begünstigten Unternehmens nicht ersichtlich.

Weder hat die belgische Regierung eine ausreichende Begründung dafür geliefert, noch hat die Kommission entsprechende Gründe erkennen können, aus denen hervorgegangen wäre, daß die Beihilfe die Voraussetzungen für die Anwendung einer der Ausnahmevorschriften des Artikels 92 Absatz 3 EWGV erfuellt.

Die Tatsache, daß Belgien eine so hohe Arbeitslosenzahl verzeichnet, so daß die Kommission eine Ausnahme für eine Beschäftigungsbeihilferegelung mit einer ernstlichen Störung im belgischen Wirtschaftsleben begründet hat, bedeutet noch nicht, daß jede von der belgischen Regierung vorgeschlagene andere Beihilfe ohne weiteres in den Genuß einer der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 EWG-Vertrag gelangt, da jede gemeldete Beihilfe anhand der besonderen Kriterien geprüft werden muß.

Was schließlich die Ausnahmevorschriften des Artikels 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) für Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftsgebiete anbetrifft, so ist festzustellen, daß die sozio-ökonomische Lage des Antwerpener Raums im Vergleich zu anderen Regionen Belgiens weiterhin günstig ist. Insoweit als das allgemeine Arbeitslosenproblem auch im Raum Antwerpen besteht, findet bereits die allgemeine Regelung zur Förderung der Beschäftigung Anwendung. Es besteht somit kein Grund, auch noch diese Beihilfe mit der Begründung, sie fördere die Entwicklung dieses Gebietes, vom Beihilfeverbot auszunehmen, zumal dies auch vorderhand gar nicht ihr Zweck ist.

Zu einer etwaigen Anwendung der Ausnahmebestimmung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) sind bei der fraglichen Investition keine besonderen Merkmale erkennbar, die es ermöglichen würden, sie als ein "Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats" anzusehen, die eine Ausnahme nach dieser Bestimmung vom allgemeinen Beihilfeverbot von Artikel 92 Absatz 1 rechtfertigen würde.

Bezueglich der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EWG-Vertrag zugunsten von "Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige" hat die Prüfung der Lage auf dem Markt für Butylkautschuk schließlich ergeben, daß die Marktkräfte für sich allein - d.h. ohne staatliche Beihilfe in der Lage sein müssten, einen normalen Ausbau dieses Wirtschaftszweiges zu gewährleisten. Im übrigen sollen rund 46 % der Gesamtproduktion des Butylkautschuk-Unternehmens nach anderen Mitgliedstaaten ausgeführt werden, weshalb die Gewährung der Beihilfe die Handelsbedingungen möglicherweise in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändern würde.

Nach alledem erfuellt das belgische Beihilfevorhaben nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer der Ausnahmevorschriften von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das Königreich Belgien darf sein Vorhaben, das der Kommission am 13. Dezember 1978 mitgeteilt wurde und das die Gewährung von Beihilfen aufgrund des Gesetzes vom 17. Juli 1959 zur Förderung der wirtschaftlichen Expansion und zur Schaffung neuer Industrien zugunsten von Investitionen eines Chemie-Unternehmens in Zwijndrecht, im Verwaltungsbezirk Antwerpen, zwecks Modernisierung der Produktionsanlagen für Butylkautschuk vorsieht, nicht durchführen.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Königreich Belgien gerichtet. Das Königreich Belgien unterrichtet die Kommission binnen zwei Monaten vom Datum dieser Entscheidung an über die zur Durchführung dieser Entscheidung getroffenen Maßnahmen.

Brüssel, den 10. Juli 1981

Für die Kommission

F.H.J.J. ANDRIESSEN

Mitglied der Kommission

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