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Document 52022DC0547

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Lage der Energieunion 2022 (gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz)

    COM/2022/547 final

    Brüssel, den 18.10.2022

    COM(2022) 547 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Lage der Energieunion 2022












    (gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz)




























    1. EINLEITUNG UND ÜBERBLICK

    Im Bericht zur Lage der Energieunion werden die jüngsten politischen Entwicklungen untersucht und die Fortschritte beschrieben, die auf Unionsebene bei der Verwirklichung der Ziele der Energieunion, einschließlich der energie- und klimapolitischen Ziele der Union für 2030, erzielt wurden. In der Ausgabe 2022 des Berichts werden die energiepolitischen Reaktionen der EU auf die derzeitige Energiekrise gesichtet, wobei auf deren Umfang, die erwarteten Auswirkungen sowie die Zielführung näher eingegangen wird. Diesem Bericht sind die Vorschläge betreffend die Energiepreise und die Versorgungssicherheit im Vorfeld dieses Winters beigefügt.

    Russlands unprovozierter und ungerechtfertigter Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Energiemärkte erschüttert und weltweit Preisschwankungen und Energieunsicherheit ausgelöst, was besonders mit Aus- bzw. Rückwirkungen auf das Energiesystem der EU einhergeht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten nehmen eine dynamische Umgestaltung ihrer Energiestrategien vor, um neuen geopolitischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen und dem Bedarf an erschwinglicher Energie gerecht zu werden. Dazu gehört eine Ausweitung der Maßnahmen, die zum Ziel haben, Gas von vertrauenswürdigen Partnern der EU zu beziehen. Der seit dem zweiten Halbjahr 2021 verzeichnete steile Aufwärtstrend bei den Energiepreisen hat sich durch den Konflikt, bei dem Russland die Energieversorgung als Waffe einsetzt, noch weiter zugespitzt, und auch die Rekordtemperaturen im Sommer sind erschwerend hinzugekommen. Es ist unerlässlich, den Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen und die Abhängigkeit von russischer Energie so bald wie möglich 1 und deutlich vor Ende dieses Jahrzehnts zu beenden 2 .

    Ein entscheidendes neues Element der europäischen politischen Reaktion auf diese beispiellose Situation ist der von der Kommission im Mai 2022 vorgelegte REPowerEU-Plan 3 , der auf der vollständigen Umsetzung des europäischen Grünen Deals basiert. Der Plan, der mit einer neuen Gemeinsamen Mitteilung über das auswärtige Engagement der EU im Energiebereich angenommen wurde 4 , umfasst eine Reihe integrierter Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs, zur Diversifizierung und Sicherung der Energieversorgung, zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien und zur intelligenten Kombination von Investitionen und Reformen. Für die Bereiche Energieeffizienz und erneuerbare Energien ist REPowerEU noch ambitionierter als die Legislativvorschläge Fit für 55, die sich derzeit in einem fortgeschrittenen Stadium der Gesetzgebungsverhandlungen befinden.

    Dem REPowerEU-Plan gingen ein Vorschlag für eine Verordnung über die Gasspeicherung 5 , der am 27. Juni 2022 von den Mitgesetzgebern angenommen wurde, sowie die Einrichtung der EU-Energieplattform im April 2022 voraus. Es folgten rasch Sofortmaßnahmen, darunter die Mitteilung Gaseinsparungen für einen sicheren Winter 6 , ein neues Rechtsinstrument und ein Europäischer Plan zur Senkung der Gasnachfrage, um die Gasnachfrage in Europa bis zum nächsten Frühjahr um 15 % zu senken, sowie ein Vorschlag für eine Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise 7 , der auf der außerordentlichen Tagung des Rates (Energie) am 30. September politisch vereinbart wurde. Anhang I enthält einen Überblick über die Maßnahmen, die im Hinblick auf die steigenden Energiepreise seit Oktober 2021 ergriffen wurden.

    Im Bericht über die Lage der Energieunion 2022 wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Energieunion dazu beitragen wird, die Umsetzung des europäischen Grünen Deals zu beschleunigen, die Energieversorgungssicherheit und die Erschwinglichkeit von Energie zu fördern, die Nutzung erneuerbarer Energien weiter anzuregen sowie Energieeinsparungen und Energieeffizienzmaßnahmen zu fördern. Ferner enthält der Bericht nähere Ausführungen darüber, wie die EU ihre Nachbarn und die neuen Partnerschaften, die eingegangen wurden, um den weltweiten gerechten Übergang zu grüner Energie zu beschleunigen, unterstützt.

    Zusammen mit diesem Bericht veröffentlicht die Kommission Energie-„Snapshots“ für jeden Mitgliedstaat, die einen umfassenden Überblick über die jeweilige Energiesituation liefern. Die Anhänge zum Bericht zur Lage der Energieunion 2022 werden in Kürze veröffentlicht:

    -Bericht 2022 über Energiesubventionen in der EU

    -EU-Fortschrittsbericht 2022 über den Klimaschutz

    -Bericht 2022 über die Verwirklichung der Ziele für erneuerbare Energien bis 2020

    -Bericht 2022 über die Verwirklichung der Energieeffizienzziele bis 2020

    -Leitlinien für die Kosten-Nutzen-Aufteilung bei grenzübergreifenden Kooperationsprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien

    -Bericht über die Ergebnisse der über Ausschreibungsverfahren gewährten Förderung für Elektrizität aus erneuerbaren Quellen

    -Fortschrittsbericht zur Wettbewerbsfähigkeit sauberer Energietechnologien

    -Bericht über die Kraftstoffqualität

    -Bericht über das Funktionieren des CO2-Marktes (EHS)

    Die Lage der Energieunion 2022 – wichtigste Ergebnisse

    ·Von den derzeitigen hohen, stark schwankenden Energiepreisen sind Verbraucher in allen EU-Mitgliedstaaten betroffen, und zwar nicht nur Haushalte mit niedrigem Einkommen, sondern auch Haushalte mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich sowie KMU und die Industrie. Zwischen 2019 und 2022 stieg der Anteil der Energieausgaben 8 in den EU-Mitgliedstaaten im Durchschnitt um mehr als ein Drittel, in einigen Ländern war er fast doppelt so hoch 9 . Nach Angaben von Eurostat waren rund 35 Millionen EU-Bürger (etwa 8 % der EU-Bevölkerung) im Jahr 2020 nicht in der Lage, ihre Wohnung ausreichend zu beheizen. Der Anstieg der Energiepreise , der 2021 einsetzte und sich mit der Invasion der Ukraine durch Russland im Februar 2022 verschärft hat, sowie die Auswirkungen der COVID-19-Krise dürften die ohnehin schwierige Lage für viele EU-Bürger noch verschärft haben.

    ·Angesichts der höheren Energiepreise haben alle Mitgliedstaaten Gegenmaßnahmen ergriffen. Im Rahmen des Instrumentariums der Kommission Steigende Energiepreise – eine „Toolbox“ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen vom Oktober 2021 10 wurden einzelstaatliche Maßnahmen erlassen, um die Krise abzuwenden. So wurden beispielsweise regulierte Preise/Sozialtarife festgelegt oder auch Energiegutscheine und befristete Subventionen für private Verbraucher und Geschäftskunden (einschließlich KMU und Industrie) eingeführt. Eine weitere wichtige Maßnahme, die von den Mitgliedstaaten ergriffen wird, um die Auswirkungen höherer Energiepreise auf die Endverbraucher abzufedern, ist die Senkung der Energiesteuern und Netztarife. In mehreren Fällen handelt es sich dabei um Subventionen für fossile Brennstoffe, die sich wahrscheinlich auf die Zielvorgaben und Verpflichtungen der EU auswirken werden.

    ·Bis Mitte Oktober wurde ein Füllstand von über 91 % in den Gasspeichern der EU erreicht. 14 Mitgliedstaaten hatten ihre Speicher bereits zum 5. Oktober 2022 über 80 % gefüllt, womit sie diesen Wert vor Ablauf der vorgegebenen Frist (1. November 2022) erreicht hatten.

    ·Der Anteil des russischen Pipelinegases an den EU-Importen ging von 41 % im Jahr 2021 auf 9 % im September 2022 zurück. Inzwischen ist Flüssigerdgas (LNG) eine der Hauptbezugsquellen, auf die 32 % der gesamten Nettogasimporte der EU entfallen.

    ·Während die Subventionen für Erdöl, Kohle und Gas im Jahr 2021 einen leichten Anstieg verzeichneten, gingen die Subventionen für die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen zurück, wobei die Subventionen für fossile Brennstoffe insgesamt recht stabil blieben.  Die Subventionen für erneuerbare Energien nahmen 2020 um 7 % zu, woraufhin sie 2021 wieder leicht zurückgingen. Nach einer Verringerung der Subventionen für Energieeffizienz im Jahr 2020 stieg dieser Wert 2021 wieder an.

    ·Das in Übereinstimmung mit den Zielen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen festgelegte Emissionsreduktionsziel für 2020 hat die EU deutlich übertroffen und bis 2020 eine Verringerung der Nettotreibhausgasemissionen (ohne LULUCF) 11 um 32 % erreicht. Vorläufigen Schätzungen zufolge dürften die Emissionen 2021 wieder ansteigen, aber im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie weiter abnehmen.

    ·Die für 2020 gesteckten Ziele der EU für Energieeffizienz und erneuerbare Energien wurden übertroffen. So lag der Endenergieverbrauch (EEV) 5,4 % unter der Zielvorgabe für 2020 und der Primärenergieverbrauch (PEV) 5,8 % unter der Zielvorgabe. Der EU gelang es, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch auf 22,1 % zu erhöhen, womit sie über dem in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2009 festgelegten Anteil von 20 % lag.

    ·Durch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien konnten 2019 etwa 155,6 Mio. t RÖE und 2020 etwa 164,6 Mio. t RÖE fossiler Brennstoffe ersetzt werden. Dies entspricht Einsparungen in Höhe von 43,5 Mrd. EUR durch die vermiedene Nutzung fossiler Brennstoffe in der EU im Jahr 2019 und 34,6 Mrd. EUR im Jahr 2020.

    ·Von Mai bis August 2022 erzielte die EU für ihre Stromerzeugung aus Solarenergie (mit einem Anteil von 12 %) und aus Windenergie (13 %) ein Rekordergebnis. Ersten Hinweisen zufolge dürfte sich 2022 für den europäischen Markt für Photovoltaik (PV) zu einem Rekordjahr entwickeln, wobei die Verbreitung in den größten Märkten der EU-Mitgliedstaaten jährlich zwischen 17 und 26 % zunimmt. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft hingegen ging im Sommer 2022 im Vergleich zu den Vorjahren von 14 % auf 11 % zurück, was auf die durch Dürre bedingten niedrigen Wasserstände in Flüssen und Stauseen zurückzuführen ist.

    ·Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix dürfte von 37 % im Jahr 2021 auf 69 % im Jahr 2030 steigen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, müssen umständliche Genehmigungsverfahren, Fragen der Netzintegration und Schwierigkeiten in den Lieferketten vorrangig angegangen werden.

    ·Bei der Forschung im Bereich der sauberen Energien nimmt die EU weiterhin eine Spitzenposition ein, wobei die Mitgliedstaaten ihre öffentlichen Ausgaben für Forschung und Innovation auf diesem Gebiet kontinuierlich steigern und die EU ihre führende Position bei Technologien wie der Offshore-Windenergie bekräftigt hat. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU sind jedoch mehr öffentliche und private Investitionen in Forschung und Innovation sowie Ausweitungs- und Einführungsmaßnahmen erforderlich.

    ·Für die europäische Wasserstoff-Wertschöpfungskette haben die Finanzierungsmöglichkeiten sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene erheblich zugenommen. Im Rahmen des Mechanismus für wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse wurden öffentliche Investitionen in die Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Höhe von 10,6 Mrd. EUR genehmigt, um so einen Anreiz für die Mobilisierung privater Investitionen im Wasserstoffsektor zu schaffen. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität werden rund 10,6 Mrd. EUR für die Unterstützung von Wasserstoffprojekten zur Verfügung stehen. Die europäischen Hersteller von Elektrolyseuren haben sich verpflichtet, ihre Produktionskapazitäten für Elektrolyseure bis 2025 auf 17,5 GW zu verzehnfachen. 

    ·Von den Mitgliedstaaten werden in allen Sektoren Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz umgesetzt. Inzwischen sind Industrieunternehmen in einigen Fällen verpflichtet, Energieaudit-Empfehlungen umzusetzen, wenn der Amortisationszeitraum weniger als fünf Jahre beträgt. Maßnahmen zur Nutzung von Abwärme verfügen über ein erhebliches Einsparpotenzial. Zu den Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten im Bereich der energetischen Renovierung durchgeführt werden, gehören unter anderem Programme für den sozialen Wohnungsbau und zur Bekämpfung der Energiearmut sowie die Modernisierung öffentlicher Gebäude, darunter insbesondere Schulen, Universitäten und die Infrastruktur des Gesundheitswesens.

    2. Verbesserung der Energieversorgungssicherheit, Diversifizierung und beschleunigte Umsetzung des europäischen Grünen Deals

    Die Gas- und Strompreise haben 2022 ihre jeweiligen historischen Höchststände erreicht. Im letzten Jahr sind die Strompreise in Europa rasch auf ein Niveau gestiegen, das deutlich über dem der letzten Jahrzehnte liegt. Diese Dynamik ist untrennbar mit dem hohen Gaspreis verbunden, der steigende Preise für Strom aus Gaskraftwerken zur Folge hat. Der rasche Aufwärtstrend der Preise begann im zweiten Halbjahr 2021, als die Weltwirtschaft nach der Lockerung der COVID-19-Beschränkungen wieder anzog. In der Folge hat die Invasion der Ukraine durch Russland diese Situation noch verschärft.

    Gleichzeitig liegt die Stromerzeugung in der EU unter dem üblichen Niveau. Aufgrund der Rekordtemperaturen in diesem Sommer schnellte der Energiebedarf für Kühlsysteme in die Höhe, wodurch der Druck auf die Energiebranche stieg, die sich mit Dürren (Schwierigkeiten bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft) und hohen Wassertemperaturen (Schwierigkeiten bei der Stromerzeugung aus Atomkraft) konfrontiert sah. Die extremen Wetterbedingungen und die damit einhergehenden Folgen für die Wasserwirtschaft haben somit zu Energieknappheit und hohen Energiepreisen beigetragen, die eine Belastung für Verbraucher, Industrie und Gewerbe darstellen und die wirtschaftliche Erholung dämpfen. Ein zusätzlicher Angebotsdruck auf die Preise für Energie und Nahrungsmittelrohstoffe heizt den weltweiten Inflationsdruck weiter an und schmälert die Kaufkraft der privaten Haushalte und der Wirtschaft.

    Abbildung 1: Großhandels- und Endkundenpreise für Gas und Strom sowie CO2-Preise in der EU. Quellen: Platts, VaasaETT

    Am 30. September hat der Rat (Energie) in Rekordzeit eine politische Einigung über den Vorschlag der Kommission vom 14. September für eine Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise erzielt. In dem Vorschlag wurde ein Zielwert für eine allgemeine Reduzierung des Strombedarfs aller Verbraucher festgelegt, wobei die Senkung des Bedarfs in Spitzenzeiten, eine Einnahmenobergrenze für inframarginale Technologien und ein Solidaritätsbeitrag für Gewinnüberschüsse aus Tätigkeiten im Öl-, Gas-, Kohle- und Raffineriesektor im Vordergrund standen. Die Einnahmen würden von den Mitgliedstaaten erhoben und an Energieverbraucher, insbesondere an finanziell schwächere Haushalte, stark betroffene Unternehmen, einschließlich KMU, und energieintensive Branchen weitergegeben. Der Vorschlag sieht ferner eine Erweiterung des den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Instrumentariums für Energiepreise zur Unterstützung von Verbrauchern vor, wodurch regulierte Strompreise ermöglicht würden, die unter den Selbstkosten liegen, und regulierte Preise auch auf kleine und mittlere Unternehmen ausgeweitet würden.

    Zusätzlich zu diesem Vorgehen zur Senkung der Strompreise hat die Kommission am 18. Oktober eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, mit deren Hilfe der Preis für Erdgas gedämpft und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten gestärkt werden soll. Die Kommission hat vorgeschlagen, die EU mit entsprechenden Rechtsinstrumenten für eine gemeinsame Gasbeschaffung auszustatten, ferner sicherzustellen, dass Gas dorthin fließt, wo es benötigt wird, und schließlich die Fähigkeit der Union zur raschen Reaktion bei Notlagen zu stärken, indem Standardregelungen für bilaterale Solidaritätsvereinbarungen für diejenigen Mitgliedstaaten festgelegt werden, die noch keine solchen Vereinbarungen geschlossen haben. Zur Dämpfung der Gaspreise würde die ACER mit der Entwicklung einer neuen, ergänzenden Referenz für den Bezug von Flüssigerdgas beauftragt. Ferner schlägt die Kommission als Reaktion auf die derzeitige Energiekrise vor, einen Mechanismus zur Begrenzung der Preise über die wichtigste europäische Gasbörse TTF einzurichten, der bei Bedarf ausgelöst werden soll.

    Die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der laufenden Abschätzung der Angemessenheit, die einen Überblick über die konkreten Risiken für diesen Winter liefern sollte, werden von der Kommission aufmerksam verfolgt und gemeinsam mit den Mitgliedstaaten erörtert. Diese Abschätzung wird anhand der aktuellsten Maßnahmen und des Zustands der Erzeugungsquellen im Winter sowie derjenigen Maßnahmen vorgenommen, die zur Bewältigung der konkreten Risiken erforderlich sind. Bei solchen Maßnahmen sollte der Binnenmarkt uneingeschränkt geachtet werden, da der grenzüberschreitende Handel nicht nur ein wesentliches Element des Binnenmarkts, sondern auch ein Schlüsselelement der europäischen Solidarität in den Bereichen Strom und Gas darstellt. Daher kann die Stromversorgungssicherheit der Mitgliedstaaten, der Regionen und der EU durch jede denkbare unzulässige Beschränkung gefährdet werden.

    2.1. Energieversorgung

    Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine manipuliert Russland die Gasversorgung mit dem Ziel, die Solidarität und die Sicherheit der Energieversorgung in der EU zu untergraben. Insgesamt sind 13 Mitgliedstaaten in direkter Weise von Liefereinschränkungen oder Lieferstopps 12 betroffen, wobei fünf Mitgliedstaaten (Bulgarien, Polen, Litauen, Lettland und Finnland) gar keine Gaslieferungen mehr aus Russland erhalten. Zunächst hatte Gazprom die Gasdurchflussmenge von Nord Stream 1 bis Anfang September schrittweise auf null reduziert. Hinzu kamen einige Vorfälle an den Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2, sodass die EU zum Handeln gezwungen war, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen und besser auf schwerwiegende Störfallszenarien vorbereitet zu sein. Die EU verfügt über ein robustes Energiesystem, das auch gegen hybride Bedrohungen gewappnet ist. Dennoch müssen wir unsere Arbeit zum Schutz kritischer Infrastrukturen und zur Cybersicherheit auch über die Energieversorgungssicherheit hinaus fortsetzen. Die anhaltenden Manipulationen hinsichtlich der Gaslieferungen in die EU haben zu einem erheblichen Rückgang des russischen Anteils an unseren Pipeline-Gasimporten geführt. Während im Jahr 2021 noch 41 % des von der EU eingeführten Erdgases aus der Russischen Föderation kamen, betrug der Anteil der russischen Pipeline-Gaseinfuhren im September 2022 nur noch 9 %.

    Mit der Umsetzung des REPowerEU-Plans und der Energieaußenpolitik der EU konnten die kontinuierlich rückläufigen Gaslieferungen aus Russland seit Beginn des Krieges dank erfolgreicher Bemühungen um unsere internationalen Partner durch eine vermehrte Gasversorgung über alternative Lieferanten kompensiert werden. Zwischen Januar und Juli stiegen die nichtrussischen Lieferungen über Flüssigerdgas (LNG) um 19 Mrd. m³ und über Pipelines um 14 Mrd. m³. Inzwischen ist Flüssigerdgas eine der Hauptbezugsquellen der EU, auf die 32 % der gesamten Nettogasimporte entfallen. Norwegen und die USA sind die wichtigsten Lieferanten der EU.

    Auch in Bezug auf die Bereitschaft für den Winter hat die Kommission beschlossen, tätig zu werden und sich den Gasspeichern zu widmen. Die Speicherverordnung enthält die Zielvorgabe, dass bis November 2022 mindestens 80 % der Gasspeicher gefüllt sein müssen. Bis Mitte Oktober wurde bereits ein Füllstand von über 91 % in den Gasspeichern der EU erreicht, wobei 14 Mitgliedstaaten ihre Speicher bereits zum 5. Oktober 2022 über 80 % gefüllt hatten. Die Mitgliedstaaten sind alle auf gutem Wege, die Speicherzielvorgabe zu erreichen, während die Kommission ihre Arbeiten an der Umsetzung der Verordnung fortsetzt, um dafür zu sorgen, dass weiterhin keiner der Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Vorgaben hat.

    Auch andere Störungen haben der Stromversorgung in der EU zugesetzt. Während die EU von Mai bis August 2022 für ihre Stromerzeugung aus Solarenergie (mit einem Anteil von 12 %) und aus Windenergie (13 %) ein Rekordergebnis erzielte, ging der Anteil der Stromerzeugung aus Wasserkraft 13 im Vergleich zu den Vorjahren von 14 % auf 11 % zurück, was auf die niedrigen Wasserstände in einigen Flüssen und Stauseen infolge der sommerlichen Dürreperioden zurückzuführen ist.

    Im Jahr 2020 wurden in Kernkraftwerken rund 24,6 % 14 des gesamten in der EU erzeugten Stroms produziert. Da der Reaktorbestand der EU jedoch durch Alterung geprägt ist, wird die Gesamtproduktion bis zum Ende des Jahrzehnts vorübergehend sinken, bis schließlich neue Investitionen ans Netz gehen 15 . Aufgrund von Dürren und hohen Temperaturen, die zu einem Mangel an Kühlwasser für Kernkraftwerke und zu niedrigen Wasserständen geführt haben, kam es zu Beeinträchtigungen bei Erzeugung und Transport von Kernbrennstoffen. Dadurch fiel die Produktion im Jahr 2022 geringer aus.

    Seit März 2022 sind bei einigen wichtigen Erdölerzeugnissen (hauptsächlich Diesel, Flugturbinenkraftstoff und Heizöl) eine angespannte Lage und sogar Engpässe zu beobachten, was in erster Linie auf die steigende Nachfrage und die selbstverordneten Sanktionen einiger EU-Wirtschaftsteilnehmer im Vorgriff auf EU-weite Maßnahmen zurückzuführen ist. Verschärft wurde diese Situation im Sommer durch Zwischenfälle in einigen Raffinerien in der EU sowie durch logistische Schwierigkeiten aufgrund des niedrigen Wasserstands auf zwei für den Kraftstofftransport wichtigen Wasserstraßen: dem Rhein und der Donau. Um diesen Engpässen entgegenzuwirken, sahen sich einige Mitgliedstaaten zur Freigabe ihrer Erdölsicherheitsvorräte veranlasst. Die Entwicklungen werden von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Europäischen Koordinierungsgruppe für Erdöl und Erdölerzeugnisse kontinuierlich überwacht.

    2.2. Diversifizierung der Energieversorgung in der EU

    Als weltweit größter Erdgasimporteur verfolgt die EU seit Langem eine Strategie zur Diversifizierung der Bezugsquellen und zur Einfuhr von Erdgas. Dazu gehört die Anbindung der EU an neue Versorgungsquellen, z. B. über den südlichen Gaskorridor, sowie an neue LNG-Quellen im Mittelmeerraum. Die Diversifizierungsbemühungen sind in jüngster Zeit gut vorangekommen, beispielsweise mit der Ostseepipeline, die von den transeuropäischen Energienetzen unterstützt und am 28. September 2022 eröffnet wurde. Da mit der Ostseepipeline eine neue Importroute von der Nordsee in die EU eröffnet wird, trägt die Pipeline zur Diversifizierung der Gasversorgung in Mittel- und Osteuropa sowie in den baltischen Staaten bei. So wird es künftig möglich sein, jährlich bis zu 10 Mrd. m³ Gas von Norwegen nach Polen einzuführen und 3 Mrd. m³ Gas von Polen nach Dänemark zu transportieren. Eine weitere Verbindungsleitung, die kürzlich (am 1. Oktober) eröffnet wurde, ist diejenige zwischen Griechenland und Bulgarien, die bei der Diversifizierungs- und Resilienzstrategie eine entscheidende Rolle spielt.

    Angesichts des heutigen Energieversorgungsdrucks haben die Kommission und die Mitgliedstaaten die EU-Energieplattform als freiwilligen Koordinierungsmechanismus eingerichtet, womit der Kauf von Erdgas, Flüssigerdgas und Wasserstoff erleichtert und zur Diversifizierung der Gasversorgung beigetragen werden soll. Die EU-Energieplattform baut auf drei Säulen auf: Bündelung der Gasnachfrage für die gemeinsame Beschaffung, Optimierung der Infrastrukturnutzung in der EU zur Unterstützung von Veränderungen in den Lastflussmustern und Koordinierung der Kontakte zu internationalen Partnern.

    Über die Plattform wurden im Eilverfahren Vereinbarungen mit zuverlässigen und vertrauenswürdigen Energiepartnern geschlossen, um die Energieversorgung der EU kurz- und mittelfristig zu diversifizieren und zu sichern. Am 15. Juni 2022 wurde in Kairo ein trilaterales Abkommen zwischen der EU, Ägypten und Israel geschlossen, um die Ausfuhr von Gas aus Israel in die EU über die LNG-Terminals Ägyptens zu unterstützen. Am 18. Juli 2022 unterzeichneten die EU und Aserbaidschan eine Absichtserklärung über eine strategische Partnerschaft im Energiebereich. Während die neue Absichtserklärung eine Verdoppelung der Kapazitäten des südlichen Gaskorridors im Einklang mit dem REPowerEU-Plan auf mindestens 20 Mrd. m³ ab 2027 vorsieht, wird gleichzeitig sichergestellt, dass für die Versorgung der EU mit Erdgas weiterhin attraktive und stabile Bedingungen herrschen, was sich in dem langfristigen Charakter der Energiepartnerschaft zwischen der EU und Aserbaidschan niederschlägt. Darüber hinaus hat die EU den Dialog über vermehrte Gaslieferungen mit ihren vertrauenswürdigen Partnern, darunter die USA, Norwegen und Algerien, verstärkt. Ferner führt sie intensivere Gespräche mit Kanada, um möglicherweise auch von diesem mittelfristig mit Gas versorgt zu werden.

    In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft hat die EU den mutigen und beispiellosen Schritt unternommen, die Notsynchronisierung der Stromnetze der Ukraine und der Republik Moldau mit dem europäischen Netz zu unterstützen und so die Netzstabilität zu wahren und die Voraussetzungen für einen für beide Seiten vorteilhaften Stromhandel zu schaffen. 

    Da die Anregungen von Unternehmen auf dem Gasmarkt für den Erfolg dieses Mechanismus von entscheidender Bedeutung sind, richtet die Kommission zudem ein Branchenkonsultationsgremium ein 16 . Dieses Gremium berät die Kommission dann bei der praktischen Durchführung der gemeinsamen Beschaffung und hinsichtlich der technischen Anforderungen für die gemeinsame Beschaffung entsprechend der Belange der Industrie. Zudem soll das Gremium Vereinbarungen wie bei gemeinsamen Ausschreibungen und die Gründung von Konsortien für den Gasbezug überprüfen.

    Die Zusammenarbeit mit der Industrie zeigt inzwischen erste Ergebnisse. So wurde mit dem offiziellen Start der Industriepartnerschaft für Biomethan (BIP) ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung des REPowerEU-Aktionsplans für Biomethan erreicht. Mit dem Aktionsplan wird das Ziel für 2030, in der EU jährlich 35 Mrd. m³ nachhaltiges Biomethan zu produzieren, leichter erreicht. Von der Industriepartnerschaft für Biomethan wird die Umsetzung des Aktionsplans durch mehrere Task Forces unterstützt, die sich aus Sachverständigen der Industrie, der Behörden des Primärsektors, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zusammensetzen.

    Darüber hinaus wurden im Rahmen der Energieplattform fünf regionale Gruppen eingerichtet, an denen die Kommission, die Mitgliedstaaten und die ermittelten Länder der Energiegemeinschaft beteiligt sind. Diese Gruppen werden sich um ein besseres Verständnis der potenziellen Gasnachfrage bemühen, wovon das Programm zur gemeinsamen Beschaffung nach seiner Einführung profitieren wird.

    Die Diversifizierung der Versorgungswege muss mit einer Diversifizierung der Energiequellen einhergehen, z. B. durch die Förderung erneuerbarer Energien, den beschleunigten Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff, den Ausbau von nachhaltigem Biomethan und die Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe in Industrie und Verkehr, wo eine Senkung der Treibhausgasemissionen nur schwer realisierbar ist, sowie durch beschleunigte Genehmigungsverfahren und die Förderung von Innovationen.

    Was die Nutzung einheimischer Ressourcen betrifft, so konnte im Jahr 2021 17 eine Rekordzahl von 36 GW neu installierter elektrischer Leistung aus erneuerbaren Energiequellen verzeichnet werden. Im Vergleich zur Intensität der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2005 konnte die EU nun dank der vermehrten Nutzung erneuerbarer Energien im Jahr 2020 etwa 164,6 Mio. t RÖE und 2019 etwa 155,6 Mio. t RÖE fossiler Brennstoffe ersetzen. Dies entspricht Einsparungen in der gesamten EU in Höhe von 43,5 Mrd. EUR im Jahr 2019 und 34,6 Mrd. EUR im Jahr 2020 18 , die auf die Vermeidung fossiler Brennstoffe zurückzuführen sind. Da durch den Einsatz erneuerbarer Energien ein hohes Einsparpotenzial für fossile Brennstoffe besteht, das bei der Verwirklichung des für 2030 vorgeschlagenen Ziels von 45 % erneuerbarer Energien noch erheblich steigen würde, könnte es der EU gelingen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland bis 2027 kontinuierlich auf null zu senken.

    Die weit fortgeschrittenen politischen Strategien der EU für den Einsatz erneuerbarer Energiequellen wurden seit der Annahme von REPowerEU erheblich vorangetrieben und tragen dazu bei, dass erneuerbare Energien auch in allen Bereichen des Endverbrauchs immer mehr an Einfluss gewinnen. Ersten Hinweisen zufolge dürfte sich 2022 für den europäischen Markt für Photovoltaik (PV) zu einem Rekordjahr entwickeln, wobei die jährliche Verbreitung in den größten Märkten der EU-Mitgliedstaaten zwischen 17 und 26 % liegt 19 . Insgesamt dürfte der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 37 % im Jahr 2021 20 auf 69 % im Jahr 2030 steigen.

    Mit dem im REPowerEU-Aktionsplan vorgeschlagenen Wasserstoff-Accelerator hat die Kommission eine Schätzung des Investitionsbedarfs und der zusätzlichen Kosten unter besonderer Berücksichtigung einer Abkehr vom Erdgas vorgelegt. In ihrer Rede zur Lage der Union vor dem Europäischen Parlament im September kündigte die Präsidentin der Kommission die Einrichtung der Europäischen Wasserstoffbank an. Mithilfe dieser Wasserstoffbank soll aus dem Wasserstoff-Nischengeschäft ein bedeutender Markt entstehen, indem sowohl Erzeugung als auch Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff vorangetrieben werden und diese beiden Teilbereiche durch die koordinierte Schaffung der erforderlichen Infrastrukturen miteinander verbunden werden.  

    Was den Beitrag der Kernenergie zur Stromversorgungssicherheit in den kommenden Jahren anbelangt, so müssen die Mitgliedstaaten rechtzeitig Entscheidungen über Investitionen treffen, die in den langfristigen Betrieb bestehender Kernkraftwerke und in geeignete Verbesserungen der Sicherheits- und Effizienzstrukturen getätigt werden sollen, wozu auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zählen. Darüber hinaus verstärken die Kommission und die Euratom-Versorgungsagentur (ESA) in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und ihren Behörden ihre Anstrengungen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit alternativer Brennstoffe aus der EU und über zuverlässige internationale Partner, um die Risiken in einigen Mitgliedstaaten 21 im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit bei russischen Kernbrennstoffen und bei Dienstleistungen des Kernbrennstoffkreislaufs sowie bei Ausrüstungen und Technologien zu mindern.

    2.3 Energiebedarf

    Die Verbesserung der Energieeffizienz und die Reduzierung des Energiebedarfs sind von entscheidender Bedeutung, um mögliche Versorgungsstörungen abzuwenden und deren Auswirkungen und Kosten zu minimieren. Dies kann häufig die kostengünstigste, sicherste und sauberste Möglichkeit sein, unsere Abhängigkeit von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland zu verringern und gleichzeitig einen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen und somit zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten.

    Abbildung 2: Reduzierung des Endenergieverbrauchs in Industrie und Verkehr, in Haushalten und bei Dienstleistungen. Quelle: Eurostat, 2022 22 .

    Im Mai 2022 schlug die Kommission eine Reihe von Initiativen vor, allen voran den EU-Plan „Save Energy“, der den Mitgliedstaaten bei der Gestaltung der geeignetsten Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs als Hilfestellung dienen soll. Darüber hinaus hat die Kommission im Juli 2022 ein neues Legislativinstrument und einen Europäischen Plan zur Senkung der Gasnachfrage vorgeschlagen, womit der Gasverbrauch in Europa bis zum nächsten Frühjahr um 15 % gesenkt werden soll, während der Rat am 5. August 2022 die Verordnung zur Senkung der Gasnachfrage 23 angenommen hat. Die Mitgliedstaaten setzen derzeit Maßnahmen zur Verminderung der Nachfrage um, die bei der für Ende Oktober 2022 geplanten Aktualisierung der nationalen Notfallpläne berücksichtigt werden.

    Im Einklang mit den Zielen des REPowerEU-Plans und des Pakets Gaseinsparungen für einen sicheren Winter haben die meisten Mitgliedstaaten Maßnahmen ergriffen, um kurzfristig Energieeinsparungen in Gebäuden, in der Industrie und im Verkehr zu fördern. Viele von ihnen haben Medienkampagnen initiiert. Mehrere Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zur Festlegung von Höchstwerten für Heiztemperaturen und von Mindestwerten für Kühltemperaturen in bestimmten Gebäudekategorien umgesetzt und Empfehlungen für niedrigere Tempolimits auf Autobahnen ausgesprochen. Zudem haben einige Mitgliedstaaten umfassendere und strukturelle Maßnahmen ergriffen, die sich bereits in der kommenden Wintersaison auswirken werden: So sollen entweder bestehende Vorschriften verschärft oder die vorhandenen Fördersysteme für Gebäude, Industrie und Verkehr mit zusätzlichen Mitteln aufgestockt werden.

    Darüber hinaus schlug die Kommission ein höheres EU-Energieeffizienzziel von 13 % für 2030 vor, um private Finanzmittel für Energieeffizienz zu mobilisieren. 2023 wird sie zudem ein hochrangiges europäisches Bündnis zur Energieeffizienzfinanzierung mit dem Finanzsektor ins Leben rufen.

    Mit REPowerEU schlug die Kommission ferner vor, im Rahmen der laufenden Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) sicherzustellen, dass alle neuen Gebäude so konzipiert werden, dass ihr Potenzial zur Erzeugung von Solarenergie optimiert wird. Ziel dieser Überarbeitung ist es, den Gebäudebestand in Europa bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren, Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz festzulegen, um Gebäuderenovierungen zur Erhöhung der Energieeffizienz anzustoßen, ferner die Renovierungsquote bis 2030 zu erhöhen und die Wärmeerzeugung auf der Grundlage fossiler Brennstoffe schrittweise einzustellen sowie das Potenzial für Solarenergie in Gebäuden zu maximieren. Insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen hohen Energiepreise werden solche Maßnahmen vor allem für finanziell schwächere Haushalte von wesentlicher Bedeutung sein.

    Die Überarbeitung und Aktualisierung der bestehenden Verordnungen für energieverbrauchsrelevante Produkte stellen den Hauptteil des Arbeitsprogramms für Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung 24 dar, wobei Heiz- und Kühlgeräte im Vordergrund stehen. Parallel dazu wird derzeit die Ökodesign-Richtlinie überarbeitet, für die weitreichende Änderungen vorgesehen sind. 25

    2.4 Gerechter Übergang, Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit

    Gerechter Übergang und Erschwinglichkeit

    Mit dem politischen Rahmen zur Förderung einer gerechten Energie- und Klimawende sollen in erster Linie Regionen, Branchen und Unternehmen erreicht werden, die von hohen Treibhausgasintensitäten gekennzeichnet sind oder stark von der Förderung fester fossiler Brennstoffe abhängig sind. Regionen, die vom Kohle-, Torf- oder Ölschieferabbau leben, sowie kohlenstoffintensive Regionen, die vom Übergang zur Klimaneutralität am stärksten betroffen sind, können Mittel aus dem Mechanismus für einen gerechten Übergang erhalten. Die Kommission beabsichtigt, bis Ende 2022 alle territorialen Pläne für einen gerechten Übergang anzunehmen, und unterstützt alle Regionen über die Plattform für einen gerechten Übergang und die Initiative „Kohleregionen im Wandel“. Die am 16. Juni 2022 angenommene Empfehlung des Rates zur Sicherstellung eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität bietet einen zusätzlichen gemeinsamen Rahmen für eine umfassende und kohärente Beschäftigungs-, Qualifikations- und Sozialpolitik im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte, damit auch niemand außen vor bleibt.

    Die Auswirkungen hoher, stark schwankender Energiepreise auf Verbraucher, KMU und Wirtschaftszweige in allen EU-Mitgliedstaaten sind zutiefst besorgniserregend. Zwischen 2019 und 2022 stieg der Anteil der Energieausgaben in den EU-Mitgliedstaaten im Durchschnitt 26 um mehr als ein Drittel, in einigen Ländern war er fast doppelt so hoch 27 . Es besteht die Gefahr, dass eine größere Gruppe von Haushalten nicht mehr in der Lage sein wird, ihre Energierechnungen zu begleichen, was nicht nur Haushalte mit niedrigem Einkommen, sondern auch Haushalte mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich betrifft und in einigen Mitgliedstaaten möglicherweise noch größere Kreise zieht. Dadurch könnte sich eine Situation der Energiearmut verschärfen, die bereits solche Ausmaße angenommen hat, dass im Jahr 2020 rund 35 Millionen EU-Bürger (etwa 8 % der EU-Bevölkerung) nicht in der Lage waren, ihre Wohnung ausreichend zu beheizen. Daher ist es für die Mitgliedstaaten umso dringlicher geworden, sowohl die unmittelbaren als auch die „ursprünglichen“ Ursachen der Energiearmut anzugehen, indem gezielte Sofortmaßnahmen mit längerfristigen Initiativen wie Energieeffizienzmaßnahmen kombiniert und mögliche negative Auswirkungen der Klima- und Energiepolitik verringert werden. Um die Mitgliedstaaten beim Erfahrungsaustausch zum Thema Bekämpfung der Energiearmut zu unterstützen, richtete die Kommission im Mai 2022 eine Koordinierungsgruppe 28 „Energiearmut und schutzbedürftige Verbraucher“ ein.

    Darüber hinaus wirken sich die hohen Energiepreise nicht nur auf Haushalte, sondern auch auf Industrie und Gewerbe ungleich aus, weshalb einige Unternehmen und Wirtschaftszweige vor erheblichen Problemen stehen, was die Erschwinglichkeit von Energie betrifft. Im Einklang mit REPowerEU wird in der Änderung des Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen auf die Möglichkeit hingewiesen, Beihilfen für den Brennstoffwechsel zu gewähren. Insbesondere wird der Befristete Krisenrahmen auf Maßnahmen ausgeweitet, mit deren Hilfe der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt und die Dekarbonisierung industrieller Verfahren erleichtert werden kann. Letzteres bedeutet, dass die Mitgliedstaaten Investitionen in die Industrie unterstützen können, um eine schrittweise Abkehr von fossilen Brennstoffen zu erreichen und durch Elektrifizierung, Energieeffizienz und die Umstellung auf erneuerbare Energien und strombasierten Wasserstoff ein Geschäftsumfeld zu schaffen, das von weniger Unsicherheiten geprägt ist.

    Von den Mitgliedstaaten wurde ein breites Spektrum an Unterstützungsmaßnahmen initiiert, darunter Maßnahmen auf der Grundlage des Instrumentariums für Energiepreise. Unter anderem haben die Mitgliedstaaten den Weg für eine direkte Einkommensstützung, für die Senkung von Steuern und Abgaben, für Rabatte auf die Energierechnungen der Verbraucher sowie für Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der lokalen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geebnet. Ferner haben die Mitgliedstaaten bei den Endkundenpreisen für Strom und Gas interveniert. Im Rahmen ihrer Mitteilung „REPowerEU“ 29 vom März 2022 stellte die Kommission Leitlinien für die Anwendung und die Gestaltung staatlicher Eingriffe in die Festsetzung der Stromversorgungspreise bereit, um sicherzustellen, dass diese Eingriffe den Verbrauchern in der aktuellen Krise zugutekommen und den Wettbewerb auf längere Sicht zum Vorteil der Verbraucher verbessern. Wie in der Mitteilung über kurzfristige Marktinterventionen und langfristige Verbesserungen der Strommarktgestaltung dargelegt, hat die Kommission darüber hinaus Rechtsvorschriften vorgelegt, die eine Regulierung der Endkundenpreise für KMU und Haushalte unter den Selbstkosten ermöglichen sollen. Dies wurde auf der außerordentlichen Tagung des Rates (Energie) am 30. September politisch vereinbart. 

    Was das internationale Engagement und die Öffentlichkeitsarbeit anbelangt, so hat die EU im Anschluss an die auf der COP 26 erfolgten Ankündigungen wichtige Fortschritte bei der Umsetzung des „Global Methane Pledge“ und der Partnerschaft mit Südafrika für eine gerechte Energiewende erzielt.

    Nachhaltigkeit

    Um die im Null-Schadstoff-Aktionsplan festgelegten Ziele zu erreichen und auf die anhaltend hohe Zahl vorzeitiger Todesfälle im Zusammenhang mit der Luftverschmutzung zu reagieren, ist eine weitere Verringerung der Luftverschmutzung unerlässlich. Mit dem REPowerEU-Plan und der Aktualisierung der nationalen Energie- und Klimapläne bietet sich eine gute Gelegenheit, die Luftschadstoffemissionen weiter zu senken, wenn die Energieeffizienz verbessert und der Übergang zu nicht brennbaren erneuerbaren Energiequellen, insbesondere Solar- und Windenergie, vorangetrieben wird. Gleichzeitig birgt die Diversifizierung der Versorgung und der Energiequellen – wenn auch nur vorübergehend – Risiken im Zusammenhang mit einer zunehmenden Abhängigkeit von Kohle und Bioenergie, was zu einer höheren Luftverschmutzung führen würde.

    Die Auswirkungen auf die Luftqualität insgesamt dürften geografisch unterschiedlich ausfallen, was im Bericht über den Dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität 30 als Teil des umfassenderen Berichts zum Null-Schadstoff-Überwachungs- und Prospektivrahmen untersucht wird. Eine solche Analyse kann den Mitgliedstaaten bei ihren Umsetzungsentscheidungen als Orientierungshilfe dienen, damit sie vermeiden, dass langfristige Ziele im Bereich der öffentlichen Gesundheit zugunsten von kurzfristigen Erfordernissen eine untergeordnete Rolle spielen.

    Bei der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien sind gute Fortschritte erzielt worden, um die europäischen Luftqualitätsnormen enger an die von der Weltgesundheitsorganisation 2021 angenommenen überarbeiteten Luftqualitätsleitlinien anzugleichen, sodass ein entsprechender Legislativvorschlag voraussichtlich noch vor Jahresende angenommen wird. Dies wird überall in der EU mit weiteren Verbesserungen der Luftqualität einhergehen und mehr denn je eine enge Koordinierung zwischen den Politikbereichen erfordern, um sicherzustellen, dass sich die Bereiche gegenseitig verstärken.

    Zwar wird sich der Gesamtverbrauch an Süßwasser durch den Übergang von der Dampfturbinentechnik zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wie der Solar- und Windkraft verringern, aufgrund der vermehrten Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen werden jedoch, insbesondere auf lokaler Ebene, zusätzliche Süßwassermengen benötigt. Daher ist es wichtig, bei Entscheidungen über den Standort für den Ausbau zusätzlicher Elektrolyseanlagen die Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten.

    3. FORTSCHRITTE BEI DER ENERGIEUNION – BESTANDSAUFNAHME IN ALLEN DIMENSIONEN DER ENERGIE- UND KLIMAPOLITIK

    3.1. Dekarbonisierung und Treibhausgasemissionen

    In den jüngsten Berichten des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) wird bestätigt, dass rasche, transformative Maßnahmen auf globaler Ebene erforderlich sind, um die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen und einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. Die EU ist fest entschlossen, die globale Erwärmung einzudämmen, und arbeitet diesbezüglich konkrete politische Maßnahmen aus, die im Einklang mit den Zielen für 2030 und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stehen. Ferner hat die EU Finanzierungsmechanismen eingerichtet, mit denen ein nachhaltiger, sozial gerechter und kosteneffizienter Übergang sichergestellt werden soll, sowie eine ehrgeizige Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ausgearbeitet.

    Die EU hat ihr für 2020 gesetztes Ziel, die Treibhausgasemissionen um 20 % gegenüber 1990 zu verringern, deutlich übertroffen 31 . Die Gesamttreibhausgasemissionen 32 ohne Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft, einschließlich des internationalen Luftverkehrs, gingen in der EU gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 32 % zurück: Dies entspricht einer Reduzierung von 1,55 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalent bis 2020. Vorläufigen Schätzungen zufolge wird jedoch davon ausgegangen, dass die Treibhausgasemissionen der EU 2021 33 im Vergleich zu ihrem außergewöhnlich niedrigen Wert von 2020 34 wieder ansteigen werden, da sich die Wirtschaft von der Pandemie erholt hat und außergewöhnlich hohe Gaspreise eine vorübergehende Umstellung von Gas auf Kohle nach sich ziehen.

    Fortschritte bei den europäischen Klimamaßnahmen

    Bei der Umsetzung des europäischen Grünen Deals hat die EU erhebliche Fortschritte erzielt. Im Juli 2021 schlug die Kommission ein umfassendes Paket von Rechtsvorschriften in den Bereichen Klima und Energie vor (das durch den jüngsten REPowerEU-Plan weiter ausgebaut wurde), über das derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat verhandelt wird, um sicherzustellen, dass der politische Rahmen der EU für das ehrgeizigere Klimaziel der EU für 2030 geeignet ist. Im Jahr 2022 wurde der europäische wissenschaftliche Beirat für Klimawandel einberufen, der unabhängige wissenschaftliche Beratung zu EU-Maßnahmen und zu den Klimazielen leisten soll. Zudem hat die Kommission Leitlinien für die Sicherung der Klimaverträglichkeit angenommen und ihre Instrumente für eine bessere Rechtsetzung aktualisiert, sodass sichergestellt werden kann, dass bei der Bewertung der Vereinbarkeit von Maßnahmenentwürfen mit der Klimaneutralität und den Fortschritten bei der Anpassung gemäß dem Klimagesetz derselbe Ansatz verfolgt wird.  

    Darüber hinaus verstärkte die EU im Jahr 2022 ihre politischen Maßnahmen in Schlüsselsektoren, als sie einen Legislativvorschlag für eine neue F-Gas-Verordnung einbrachte, mit der bis 2050 zusätzliche kumulative Emissionseinsparungen erreicht werden sollen. Ein weiterer Legislativvorschlag zur Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge soll bis Ende 2022 vorgelegt werden.

    Erneuerbare Energie

    Im Jahr 2020 erreichte die EU 22,1 % für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und lag damit über dem für 2020 festgelegten Zielwert von 20 % 35 . Von 2019 bis 2020 stieg der Gesamtanteil erneuerbarer Energien um 2,2 Prozentpunkte, was durch den geringeren Energieverbrauch aufgrund der COVID-19-Pandemie begünstigt wurde. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger fiel im Jahr 2020 je nach Mitgliedstaat sehr unterschiedlich aus. So konnte Schweden im Jahr 2020 den höchsten Anteil erzielen (60,1 %), gefolgt von Finnland (43,8 %) und Lettland (42,1 %). Unter Berücksichtigung der nationalen Nutzung und der derzeit gemeldeten statistischen Transfers haben abgesehen von Frankreich 36 alle Mitgliedstaaten ihr nationales Ziel für 2020 erreicht. Belgien, Irland, Luxemburg, die Niederlande und Slowenien nutzten statistische Transfers, um ihr Ziel für Energie aus erneuerbaren Quellen gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zu erreichen.

    Abbildung 3: Gesamtanteil erneuerbarer Energien mit/ohne statistische(n) Transfers im Vergleich zu den EE-Zielwerten für 2020. Quelle: Eurostat SHARES; RED-I-Richtlinie

    Mit einem Beitrag von 37,5 % im Jahr 2020 war der relative Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor am höchsten. Im Wärme- und Kältesektor lag der Anteil erneuerbarer Energien 2020 bei 23,1 %. Demgegenüber sind die Anteile im Verkehrssektor relativ niedrig und erreichten 2020 einen Wert von 10,2 %. Mit einem Anteil von 58,1 % an der Gesamtenergie im Jahr 2020 ist Bioenergie nach wie vor die wichtigste Quelle erneuerbarer Energien in der EU. Somit ist Bioenergie im Wesentlichen auch weiterhin die wichtigste erneuerbare Energiequelle in Europa (rund 60 %). Angesichts des Rückgangs der Kohlenstoffsenken und der Notwendigkeit, die biologische Vielfalt zu erhalten, werden mit dem Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie im Paket „Fit für 55“ die Nachhaltigkeitskriterien für die Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung gestärkt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihren Förderregelungen das Kaskadennutzungsprinzip anzuwenden.

    Derzeit wird im Rat und im Europäischen Parlament der Vorschlag zur Anhebung des Gesamtziels für erneuerbare Energiequellen auf 45 % und zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren erörtert. Um die Weiterverbreitung erneuerbarer Energien weiter anzukurbeln, wäre es von entscheidender Bedeutung, wenn dieser Vorschlag im Rahmen der überarbeiteten Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) rasch angenommen würde. Um das neue, im REPowerEU-Plan vorgesehene höhere Ziel von 45 % zu erreichen, wird eine rasante Steigerung beim Einsatz erneuerbarer Energien erforderlich sein, die beinahe einer Verdreifachung des durchschnittlichen jährlichen Anstiegs in den letzten zehn Jahren entsprechen müsste. Für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors können fortschrittliche Biokraftstoffe 37 gemeinsam mit erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs auf nachhaltige Weise dazu beitragen, ein solches Ziel zu erreichen. In der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie ist als Ziel für 2030 ein Anteil fortschrittlicher Biokraftstoffe in Höhe von 3,5 % vorgesehen. Mit 1224 kt RÖE im Jahr 2020 hatte sich die EU-Produktion seit 2016 bereits mehr als verdoppelt. Darüber hinaus wurde in der überarbeiteten Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie als Zielvorgabe für erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs bis 2030 ein Wert von 2,6 % vorgeschlagen.

    Im Bereich Verkehr bildet die Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität die Grundlage dafür, wie der ökologische Wandel des Verkehrswesens der EU vollzogen werden kann. Mehrere Maßnahmen der Strategie wurden bereits abgeschlossen – die Kommission schlug vor, die Versorgung mit und den Einsatz von nachhaltigen Flug- und Schiffskraftstoffen durch die Initiativen FuelEU Maritime und ReFuelEU Aviation zu fördern und die Bereitstellung und Verwendung erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe und der damit verbundenen Infrastruktur mit der Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zu steigern.

    Die dringende und vollständige Umsetzung der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie aus dem Jahr 2018 ist für den Erfolg der Energiewende von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für einen weiteren Ausbau erneuerbarer Energien bildet. Die Kommission überprüft derzeit die Umsetzung und hat gegen alle Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, die sich in unterschiedlichen Phasen befinden.

    3.2. Energieeffizienz

    Vor dem Hintergrund der beispiellosen COVID-19-Situation hat die EU ihre Ziele für 2020 sowohl für den Primär- als auch für den Endenergieverbrauch erreicht. Der Primärenergieverbrauch in der EU belief sich auf 1236 Mio. t RÖE und lag damit 5,8 % unter dem Ziel für 2020. Somit ging dieser Wert im dritten Jahr in Folge zurück und lag 8,7 % unter dem Verbrauch von 907 Mio. t RÖE im Jahr 2019. Der Endenergieverbrauch blieb 5,4 % unter dem Ziel für 2020 und konnte im Vergleich zu 2019 einen Rückgang um 8 % verzeichnen. Dies war das zweite Jahr in Folge, das nach sechs Jahren stetigen Anstiegs von einem eindeutigen Rückgang geprägt war. Im Hinblick auf den Primärenergieverbrauch haben alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Belgiens, Bulgariens und Polens ihre nationalen Beiträge zum Ziel für 2020 erreicht. Die nationalen Beiträge zum Ziel für den Endenergieverbrauch wurden von mehreren Ländern nicht erreicht: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Litauen, Österreich und Schweden.

    Was Artikel 7 der Richtlinie zur Energieeffizienz anbelangt, so betrugen die kumulierten Energieeinsparungen im Zeitraum 2014–2020 für die 24 Mitgliedstaaten, zu denen Daten zur Verfügung stehen, 197,5 Mio. t RÖE, was 103 % der Summe der kumulierten Endenergieeinsparverpflichtungen für den Zeitraum von 2014 bis 2020 (191,7 Mio. t RÖE) – und 97,5 % (202,5 Mio. t RÖE) für 27 Mitgliedstaaten – entspricht. In Abhängigkeit der in den drei fehlenden Mitgliedstaaten erreichten Werte könnte die Summe der von den 27 Mitgliedstaaten geforderten kumulierten Einsparungen für die Einhaltung der Zielvorgaben ausreichen. 14 der 24 Mitgliedstaaten, die die vollständigen Daten zu den erreichten Werten vorgelegt haben, haben ihre Endenergieeinsparverpflichtungen erfüllt, was den zehn übrigen Staaten hingegen nicht gelungen ist.

     

    Abbildung 4: Entwicklung des End- und Primärenergieverbrauchs der EU von 2005 bis 2020 (die Punkte stellen die EU-Energieeffizienzziele für 2020 dar). Quelle: Eurostat, JRC, 2022.

    Der Energieverbrauch im Jahr 2020 wurde zweifellos von der COVID-19-Pandemie beeinflusst. Diese außergewöhnliche Situation führte zu einem leichten Anstieg des Energieverbrauchs im Wohnbereich, da die Menschen mehr Zeit zu Hause verbrachten (Lockdown und Telearbeit), und zu einem Rückgang des Energieverbrauchs in den Sektoren Verkehr, Industrie und Dienstleistungen. Der Verkehrssektor verzeichnete den am stärksten sinkenden Verbrauch, denn es gab nur wenig Aktivität in diesem Bereich, was in erster Linie auf die Reisebeschränkungen während der COVID-19-Pandemie zurückzuführen war.

    Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, zeigte sich im Zeitraum von 2005 bis 2020 für den Energieverbrauch in der EU ein allgemeiner Abwärtstrend. Der sinkende Energieverbrauch ging mit einem allgemeinen Rückgang der Energieintensität und des Pro-Kopf-Energieverbrauchs einher, was eine mögliche Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit widerspiegelt.

    Was die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für 2030 betrifft, so lag der Primärenergieverbrauch in der EU 7,2 % über dem Zielwert für 2030 (der Endenergieverbrauch lag 9,6 % über dem entsprechenden Zielwert). Dies entspricht einer Senkung um 32,5 % gegenüber dem Bezugsszenario für 2007. Um eine strukturelle Verringerung des Energieverbrauchs und das im REPowerEU-Plan vorgeschlagene neue Ziel von 13 % zu erreichen, sind jedoch weit mehr Anstrengungen erforderlich.

    Gebäude und Produkte

    Mehrere Maßnahmen im Rahmen des Aktionsplans für die Renovierungswelle wurden bereits abgeschlossen oder erheblich vorangebracht, um die jährliche Quote der energetischen Renovierung von Gebäuden bis 2030 mindestens zu verdoppeln und umfassendere energetische Renovierungen zu fördern.

    Die Mitgliedstaaten haben ihre nationalen langfristigen Renovierungsstrategien unter Angabe konkreter politischer Maßnahmen vorgelegt, die darauf abzielen, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, Beratungsinstrumente wie zentrale Anlaufstellen zu fördern, die Energiearmut zu bekämpfen, die Energieeffizienz öffentlicher Gebäude zu verbessern und solidere Aufklärungsarbeit zu leisten 38 . Anfang 2021 sind Niedrigstenergiegebäude zur offiziellen Norm für neue Gebäude in der EU geworden.

    Mit der Veröffentlichung der offiziellen Mitteilung über das Neue Europäische Bauhaus (NEB) 39 wurde zum einen der Übergang zwischen der Phase der gemeinsamen Gestaltung und der Umsetzung der Bauhaus-Initiative eingeleitet und zum anderen wurden Maßnahmen eingeführt, die zur Erfüllung der Ziele der Initiative beitragen sollen. Eines der wichtigsten Instrumente ist das NEB-Labor, das Menschen zusammenbringen soll, um an konkreten und greifbaren Projekten zu arbeiten. Seit April 2022 wurden in diesem Rahmen bereits acht Maßnahmen auf den Weg gebracht, darunter die NEB-Kennzeichnungsstrategie, ferner Finanzierungsprogramme, Bildungs- und Regulierungsmaßnahmen.

    Das Ökodesign und die Energieverbrauchskennzeichnung leisten einen wichtigen, zunehmenden Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals und des „Fit für 55“-Pakets sowie für Verbraucher, die mit hohen Energiepreisen konfrontiert sind und deren Rechnungen sonst viel höher ausfallen würden. Die Gesamtenergieeinsparungen, die im Rahmen aller Maßnahmen im Bereich des Ökodesigns und der Energieverbrauchskennzeichnung schätzungsweise erzielt wurden, beliefen sich 2020 auf 1037 TWh/Jahr (bzw. 89 Mio. t RÖE/Jahr) und entsprachen demnach 7,2 % des gesamten Primärenergieverbrauchs der EU im Jahr 2020. Im Vergleich zu der Schätzung für 2020, die in der jüngsten Ausgabe des Berichts über die Auswirkungen des Ökodesigns 40 veröffentlicht wurde (60 Mrd. EUR), dürfte sich die Senkung der Verbraucherausgaben im Jahr 2021 ungefähr verdoppelt haben (mehr als 120 Mrd. EUR) und könnte 2022 sogar noch höher ausfallen 41 . Am 30. März 2022 nahm die Kommission einen aktualisierten Arbeitsplan für Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung energieverbrauchsrelevanter Produkte 42 an, dessen Umsetzung in den kommenden Jahren ein erhebliches Einsparungspotenzial birgt.

    3.3. Energieversorgungssicherheit

    Trotz außerordentlicher Herausforderungen ist die Energieversorgungssicherheit in Europa dank der Belastbarkeit des bestehenden Rahmens, einer verstärkten Vorsorge im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, einer raschen politischen Unterstützung im vergangenen Jahr und der Bereitschaft zur Kooperation mit unseren internationalen Partnern stabil geblieben. Einen wichtigen Beitrag zu dieser soliden Versorgungssicherheit hat die TEN-E-Verordnung geleistet, denn mit ihr wurden die Energiesysteme der Mitgliedstaaten durch Vorhaben von gemeinsamem Interesse miteinander verbunden.

    Die EU hat sich auf verschiedene mögliche Störfallszenarien vorbereitet, indem sie einen umfassenden Überblick über die Vorsorgemaßnahmen erstellt und nationale wie auch europaweite Initiativen auf den Weg gebracht hat, um die Vorsorge und Sicherheit der Energieversorgung zu verbessern. In diesen schwierigen Zeiten werden regionale Zusammenarbeit und Solidarität nach wie vor von entscheidender Bedeutung sein, um die Belastbarkeit der EU zu gewährleisten und sicherzustellen, dass grenzüberschreitende Energieströme und der Zugang zu Speicheranlagen in allen Situationen weiterhin möglich sind. In diesem Zusammenhang koordinieren und überwachen die hochrangigen Gruppen im Rahmen der TEN-E-Verordnung die gemeinsame Durchführung grenzüberschreitender Vorhaben von gemeinsamem Interesse.

    Die sektoralen europäischen Koordinierungsgruppen (für Strom, Gas und Öl) sind regelmäßig zusammengetreten und spielten eine Schlüsselrolle bei der Überwachung der Versorgungssicherheit, dem Informationsaustausch und der Koordinierung von Maßnahmen, um auf alle möglichen Szenarien vorbereitet zu sein.

    Was die Durchführung der Vorschriften für die Gasversorgungssicherheit 43 anbelangt, so haben alle Mitgliedstaaten nationale Notfallpläne ausgearbeitet, mit denen die Auswirkungen von Störungen der Gasversorgung verhindert bzw. abgemildert werden sollen. Im Hinblick auf den Abschluss bilateraler Solidaritätsvereinbarungen haben die Mitgliedstaaten einige Fortschritte erzielt. Mit der Durchführung der Verordnung über die Risikovorsorge 44 wurde die erste Reihe von nationalen Plänen zur Risikovorsorge im Elektrizitätssektor auf den Weg gebracht. In Bezug auf die Sicherheit der Erdölversorgung 45 haben sich 18 Mitgliedstaaten (darunter zwei Mitgliedstaaten, die nicht Mitglieder der Internationalen Energieagentur sind) an gemeinsamen Maßnahmen beteiligt, die am 1. März und 1. April von der Agentur in die Wege geleitet wurden, um Erdölsicherheitsvorräte zur Verfügung zu stellen. Im Juni gab die Kommission eine Empfehlung 46  an die Mitgliedstaaten ab, die Sicherheitsvorräte mindestens bis zum 1. November nicht auf das in der Richtlinie über Erdölvorräte vorgeschriebene Niveau aufzufüllen, um zusätzliche Belastungen auf dem Ölmarkt zu vermeiden.

    Für das künftige Energiesystem werden mehr Flexibilitätsinstrumente wie die nachfrageseitige Steuerung oder die Energiespeicherung erforderlich sein. Die Kommission war damit beschäftigt, wesentliche EU-Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklung einer zukunftssicheren Energiespeicherung als zentrales Flexibilitätsinstrument zu ermitteln.

    Als Folgemaßnahme zu der im Oktober 2021 veröffentlichten Studie 47 hat die Kommission mögliche Engpässe in den Rohstofflieferketten für Energietechnologien, die für die Energieversorgungssicherheit und die Energiewende von entscheidender Bedeutung sind, intensiv beobachtet.

    3.4. Energiebinnenmarkt

    Vor dem Hintergrund drastisch steigender Energiepreise hatte die Europäische Kommission die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) beauftragt, die Vor- und Nachteile der derzeitigen Gestaltung des Stromgroßhandelsmarkts der EU zu bewerten. Im April 2022 48  kam die ACER zu dem Schluss, dass die derzeitige Energiekrise im Wesentlichen einen Gaspreisschock darstellt, der sich auch auf die Strompreise auswirkt.

    Die ACER kam ferner zu dem Schluss, dass der grenzüberschreitende Handel und die großen Anstrengungen zur weiteren Integration der Strommärkte in Europa den Verbrauchern in den letzten zehn Jahren erhebliche Vorteile gebracht haben. Diese belaufen sich Schätzungen zufolge auf rund 34 Mrd. EUR pro Jahr, da der grenzüberschreitende Handel zwischen den Mitgliedstaaten ermöglicht und die Versorgungssicherheit in einem größeren geografischen Gebiet verbessert wurde. In dem Bericht der ACER wird darauf hingewiesen, dass diese Vorteile auch in der derzeitigen Krise zum Tragen kommen, wo doch ein integrierter Markt dazu beiträgt, Beschränkungen bei der Stromversorgung oder Stromausfälle in bestimmten Regionen zu vermeiden.

    Die Marktkopplung (d. h. der Strom sowie die Verbindungskapazitäten für den Transport des Stroms können ganz einfach auf einer gemeinsamen EU-Handelsplattform gehandelt werden) hat sich sowohl auf den Day-Ahead- als auch auf den Intraday-Märkten weiter verbessert. Die Day-Ahead-Marktkopplung wurde erfolgreich auf alle Grenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet. Um die Nutzung der Verbindungsleitungen weiter zu optimieren, arbeitet die Kommission derzeit an einer Ausweitung der Marktkopplung auf die Energiegemeinschaft.

    Vor dem Hintergrund drastisch gestiegener Strompreise hat die Kommission eine Mitteilung über kurzfristige Energiemarktinterventionen und langfristige Verbesserungen der Strommarktgestaltung 49 veröffentlicht. Nachdem die Kommission eingeräumt hat, dass es durchaus Spielraum für eine weitere Optimierung der Gestaltungsmöglichkeiten für den Strommarkt gibt, hat sie eine Folgenabschätzung auf den Weg gebracht und erörtert derzeit mögliche Verbesserungen mit den Mitgliedstaaten. Es müssen nachhaltige Märkte entwickelt werden, die eine bessere Belastbarkeit und Effizienz aufweisen, damit einerseits die Energiewende vorangetrieben und andererseits Verbraucher und kleine Unternehmen besser vor Preisschwankungen geschützt werden können. Dieser Prozess wird auch zur Bewertung des REMIT-Rahmens 50 genutzt, um die Risiken von Marktmissbrauch wirksamer zu mindern, indem die Transparenz, die Qualität der Marktdaten und die Durchsetzung bei Verstößen gegen Vorschriften verbessert werden.

    Die Bemühungen um eine Optimierung der Gestaltungsmöglichkeiten für den Strommarkt sollten die Bemühungen um die Umsetzung des bestehenden Rahmens 51  nicht verzögern. Dazu gehören die Verbesserung der Verbraucherrechte; das Hinwirken auf das Ziel, dass dem Handel im Jahr 2025 mindestens 70 % der Verbindungskapazitäten zur Verfügung stehen; die Strukturierung des Marktes in der Art und Weise, dass die richtigen Impulse zur Lenkung von Investitionen in die Richtung mit dem größten Bedarf ausgesendet werden; die Ermittlung und Beseitigung von regulatorischen Verzerrungen und Fällen von Marktversagen sowie die Förderung der nachfrageseitigen Steuerung und Speicherung.

    Um den Bedarf an Kapazitätsmechanismen zu senken, muss das enorme Potenzial der nachfrageseitigen Flexibilität besser genutzt werden. Daher wurde die ACER von der Kommission ersucht, vorbereitende Arbeiten für die Entwicklung eines Netzkodex zur nachfrageseitigen Flexibilität durchzuführen.

    In der derzeitigen geopolitischen Lage hat der liquide und wettbewerbsorientierte Gasbinnenmarkt eine wichtige Rolle dabei gespielt, Gas für Europa zu gewinnen. Zudem erleben wir, wie heutzutage Gas mit maximaler Kapazität von West- nach Osteuropa fließt, woran zu erkennen ist, dass Preissignale und die zunehmend vernetzten Gasmärkte, die in den letzten zehn Jahren in Europa erschlossen wurden, dazu beitragen, dass Gas dorthin geliefert werden kann, wo es am dringendsten benötigt wird.

    3.5. Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

    Die EU steht vor technologischen und nichttechnologischen Herausforderungen, die sich in hohen Energiepreisen, in Unterbrechungen der Lieferkette für kritische Rohstoffe, einer Knappheit der natürlichen Ressourcen (z. B. Land und Wasser) und einem Fachkräftemangel niederschlagen. Da die Hälfte der 30 von der EU gelisteten kritischen Rohstoffe in Mengen von über 80 % importiert wird, leidet die Wettbewerbsfähigkeit sauberer Energietechnologien unter den steigenden Preisen 52 . Mehr als 70 % der EU-Unternehmen, die an der Herstellung der Anlagen in diesem Bereich beteiligt sind, hatten 2022 mit Materialengpässen zu kämpfen, während im selben Jahr 30 % von ihnen vom Arbeitskräftemangel betroffen waren. Diese Entwicklung zeugt vom wachsenden Risiko, dass die Versorgungskette für saubere Energie gestört wird.

    Um saubere Energie in der EU wettbewerbsfähiger zu machen, muss die EU dort, wo die Versorgung gefährdet ist, selbige sichern und strategische Reserven bilden. Aus diesem Grund verkündete die Kommission ein europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen 53 , mit dessen Hilfe auch strategische Projekte entlang der gesamten Lieferkette (Gewinnung, Veredelung, Verarbeitung und Recycling) ermittelt werden können und sichergestellt werden kann, dass diese Projekte private und öffentliche Investitionen anziehen.

    Das neue Energiesystem, das für die Umsetzung des REPowerEU-Plans erforderlich ist, wird belastbarer, unabhängiger, sicherer und erschwinglicher sein, was dadurch erreicht werden soll, dass die Rohstoffabhängigkeit der EU verringert wird, größere Anstrengungen für die Kreislaufwirtschaft unternommen werden und der Fachkräftemangel überwunden wird. Angesichts der Tatsache, dass für etwa die Hälfte der bis 2050 erwarteten Senkung der Treibhausgasemissionen Technologien erforderlich sind, die noch nicht marktreif sind 54 , sind Forschung und Innovation (FuI) für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals unerlässlich. 

    Auf dem Gebiet der Forschung zu sauberer Energie nimmt die EU eine Spitzenposition ein. Es sind jedoch mehr öffentliche und private Investitionen in Forschung und Innovation sowie Ausbau- und Einführungsmaßnahmen erforderlich.  2022 hat die EU ihre weltweit führende Position in Forschung und Innovation für den Windkraftsektor sowie ihre Position als einer der größten Märkte für Fotovoltaik behauptet, wo in mehreren Segmenten der Wertschöpfungskette nach wie vor ein harter Wettbewerb herrscht. Darüber hinaus steht die EU hinsichtlich verschiedener Technologien an einem Scheideweg. So muss beispielsweise der Ausbau des Sektors für Wärmepumpen noch rascher vorangetrieben werden, wofür die EU-Lieferanten ihre Produktion steigern müssen. Auf dem Gebiet der Batterien stellen der Mangel an heimischen Rohstoffen und fehlende Produktionsstätten für moderne Werkstoffe in der EU trotz laufender Initiativen 55 weiterhin Probleme für die Wettbewerbsfähigkeit der EU dar. Zwar kann sich die EU auf ihr solides ganzheitliches Konzept der Bündelung von Angebot und Nachfrage stützen, dennoch stellen der Anstieg der Strompreise und die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen große Herausforderungen für die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse in der EU dar. 

    Ein stärkeres FuI-System, das durch die EU-Finanzierungsprogramme unterstützt wird, eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten45 und eine kontinuierliche Überwachung der nationalen FuI-Tätigkeiten sind von entscheidender Bedeutung, um einen erfolgversprechenden Weg für Forschung und Innovation festzulegen, die Kluft zwischen FuI und der Markteinführung zu überbrücken, die Möglichkeiten der EU-Technologien für saubere Energie zu nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken.  

    4. EU-FINANZIERUNG FÜR REPOWEREU, BESCHLEUNIGUNG DER ENERGIEWENDE UND DES EUROPÄISCHEN GRÜNEN DEALS

    4.1. Wichtigster Investitionsbedarf und verfügbare EU-Mittel für REPowerEU

    Der Analyse des Investitionsbedarfs der Kommission 56 zufolge wären für die Ausschöpfung des vollen Potenzials zur Reduzierung der Abhängigkeit von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland auf null bis zum Jahr 2030 etwa 300 Mrd. EUR erforderlich. Diese Investitionen sind als Ergänzung zu den Vorschlägen „Fit für 55“ zu sehen und müssen Folgendes umfassen 57 : Photovoltaik und Windkraft (86 Mrd. EUR), erneuerbarer Wasserstoff (27 Mrd. EUR), Energieeffizienz und Wärmepumpen (56 Mrd. EUR), Umstellung der Industrie zugunsten eines geringeren Verbrauchs fossiler Brennstoffe (41 Mrd. EUR), Steigerung der Biomethanproduktion (37 Mrd. EUR), Investitionen in das Stromnetz zur Ermöglichung einer verstärkten Elektrifizierung (29 Mrd. EUR), Investitionen in neue Flüssigerdgas-Infrastrukturen und Gasfernleitungskorridore (10 Mrd. EUR) sowie in Infrastrukturen im Erdölsektor zur Gewährleistung der Ölversorgungssicherheit (1,5 bis 2 Mrd. EUR).

    Bei der Bewältigung dieses Bedarfs wird die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) eine entscheidende Rolle spielen, indem sie im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne verschiedene Maßnahmen umsetzt, einschließlich der REPowerEU-Kapitel. Sowohl der REPowerEU-Plan als auch die REPowerEU-Kapitel in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen sollten sich zudem in der Aktualisierung der nationalen Energie- und Klimapläne (NEKP) niederschlagen (die bis Mitte 2023 vorliegen sollten). Zu diesen Aktualisierungen wird die Kommission Leitlinien bereitstellen. Die Kommission hat zusätzliche Mittel für die Aufbau- und Resilienzfazilität vorgeschlagen und bilaterale Gespräche mit den Mitgliedstaaten aufgenommen, um Reformen und Investitionen zu ermitteln, die für eine Finanzierung im Rahmen der neuen REPowerEU-Kapitel in Frage kommen könnten.

    Bei der Ausarbeitung ihrer REPowerEU-Kapitel werden die Mitgliedstaaten die im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten länderspezifischen Empfehlungen berücksichtigen müssen, zu denen in diesem Jahr auch energiespezifische länderspezifische Empfehlungen gehören, deren Schwerpunkt insbesondere auf dem zusätzlichen Reform- und Investitionsbedarf liegt, der sich daraus ergibt, dass die Energieabhängigkeit verringert und die Energiewende beschleunigt werden muss. Der Rahmen für das Europäische Semester wird bei der Überwachung der REPowerEU-Maßnahmen eine zentrale Rolle spielen. Die REPowerEU-Ziele werden durch die Energiewende unterstützt und auch aus anderen EU-Programmen finanziert und über mehrere EU-Initiativen gefördert (siehe Abschnitt 4.2). Die EU-Förderung stellt eine Ergänzung zu anderen verfügbaren öffentlichen und privaten Mitteln dar, die für die Bereitstellung der für REPowerEU erforderlichen Investitionen von vorrangiger Bedeutung sein werden.

    4.2. Finanzielle Unterstützung der EU für die Energiewende

    Die Energiewende wird im Rahmen verschiedener Programme von der EU unterstützt:

    · Aufbau- und Resilienzfazilität : Die klimabezogenen Investitionen in den 26 genehmigten Aufbau- und Resilienzplänen 58 belaufen sich auf rund 200 Mrd. EUR 59 und liegen damit über der in der ARF-Verordnung 60 festgelegten Verpflichtung von 37 %. Der größte Teil der Mittelzuweisung für Klimainvestitionen ist für saubere Energie, Energieeffizienz und Gebäuderenovierungen vorgesehen (rund 88 Mrd. EUR). Ein weiterer erheblicher Teil ist für den nachhaltigen Verkehr disponiert (rund 70 Mrd. EUR). Etwa 10 Mrd. EUR werden für erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoff bereitgestellt.

    ·Auch mit der  Kohäsionspolitik werden die Energieeffizienz, erneuerbare Energien und die Energieinfrastruktur maßgeblich unterstützt. Im Zeitraum 2014–2020 wurden 27,5 Mrd. EUR für Investitionen bereitgestellt, die im Rahmen von REPowerEU als Priorität anerkannt wurden. Für den Zeitraum 2021–2027 erwartet die Kommission, dass die Mitgliedstaaten weitere 34–36 Mrd. EUR für diese Prioritäten bereitstellen. Im Juni 2022 wurde zusammen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) ein neues Muster-Finanzierungsinstrument zur Unterstützung von REPowerEU ausgearbeitet.

    · Programm „InvestEU“ : Bis Juli 2022 wurden bereits rund 1,6 Mrd. EUR der EU-Garantie im Kontext des Finanzierungsfensters „Nachhaltige Infrastruktur“ zugewiesen, unter anderem für Investitionen in Photovoltaik, Windenergie und Energieeffizienz. Die wichtigsten Initiativen im Rahmen der InvestEU-Beratungsplattform betreffen die Bereiche Energieeffizienz und Wasserstoff:

    oSeit 2011 unterstützt die ELENA-Fazilität die Entwicklung von Projekten in den Bereichen Energieeffizienz und saubere Mobilität. Ihr Katalysatoreffekt von 33 zeugt von einer beeindruckenden Anziehungskraft für private Finanzmittel („crowd-in“). Im Jahr 2021 wurden 35,8 Mio. EUR für 18 neue Projekte bereitgestellt. Voraussichtlich werden damit jährlich etwa 500 GWh an Energie eingespart.

    oZusammen mit der EIB baut die Kommission eine Beratungsfazilität auf, die die Ausarbeitung von Verträgen über den Bezug von erneuerbarem Strom betreut , unter anderem zur Förderung der Nutzung und Elektrifizierung von Wasserstoff in der Industrie.

    ·Über das Programm „Horizont Europa“ wurden 15 Mrd. EUR für die Unterstützung von Forschung und Innovation in den Bereichen Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energieträger, Energieeffizienz, Elektrifizierung der Wärme- und Kälteversorgung und Digitalisierung des Energiesystems bereitgestellt.

    ·Im Rahmen der Connecting-Europe-Fazilität (CEF) Energie werden Finanzmittel bereitgestellt, um den Verbund der Energienetze zu verbessern, damit ein EU-Energiebinnenmarkt entstehen und die Energiewende vollzogen werden kann. Seit 2014 wurden im Rahmen der Connecting-Europe-Fazilität Energie 154 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 5,7 Mrd. EUR unterstützt. Im März 2022 veröffentlichte die Kommission für die CEF die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für grenzüberschreitende Projekte im Bereich erneuerbare Energien. Im Mai 2022 folgte die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für wichtige grenzüberschreitende Energieinfrastrukturprojekte betreffend Vorhaben, die in der fünften EU-Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse enthalten sind.

    · LIFE-Programm für die Energiewende : Im Mai 2022 wurde die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das LIFE-CET-Programm veröffentlicht, im Zuge dessen 98 Mio. EUR für Projekte in den Bereichen Energieeffizienz und saubere Energie bereitgestellt wurden. Diese Aufforderung betrifft die Ziele von REPowerEU, so etwa die Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe für Heizzwecke und den beschleunigten Einsatz von Energieeffizienzlösungen im Wohnungsbau, in Unternehmen und im öffentlichen Sektor.

    ·2022 wird die erste grenzüberschreitende Ausschreibung im Rahmen des Finanzierungsmechanismus für erneuerbare Energien stattfinden. Im Mittelpunkt der Ausschreibung stehen Photovoltaikprojekte. Der Mechanismus wird dazu beitragen, das Potenzial der EU für erneuerbare Energien voll auszuschöpfen, und den Mitgliedstaaten dabei helfen, bei der Verfolgung des Dekarbonisierungsziels besser zusammenzuarbeiten.

    ·Die CO2-Preise stiegen 2021 ebenso wie die Gesamteinnahmen aus dem EU-EHS, die sich auf insgesamt etwa 31 Mrd. EUR beliefen. Mit diesen Mitteln werden der Innovationsfonds und der Modernisierungsfonds unterstützt.

    ·Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Energieinfrastrukturen werden auch von der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefördert, und zwar über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). In Abhängigkeit des ermittelten Bedarfs und der Strategie, die im Rahmen der laufenden Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums oder künftiger GAP-Strategiepläne entwickelt wird, haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Investitionen in die Erzeugung erneuerbarer Energien oder in die Verbesserung der Energieeffizienz von landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch von Unternehmen im ländlichen Raum zu fördern.

    Darüber hinaus unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten über das Instrument für technische Unterstützung, indem sie maßgeschneidertes technisches Fachwissen für die Gestaltung und Umsetzung von Reformen, auch im Bereich der Energiewende, bereitstellt. Insbesondere unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten bei der Ermittlung von Reformen und Investitionen zur schrittweisen Einstellung der Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland.

    Bei der Mobilisierung von Finanzmitteln für die Energiewende spielen laufende EU-Initiativen eine wichtige Rolle: Zu diesen Initiativen gehören:

    ·die Initiative der Investitionsforen für nachhaltige Energie  – eine sehr erfolgreiche Initiative zur Erleichterung des Dialogs zwischen öffentlichen und privaten Interessenträgern, die darauf abzielt, private Finanzmittel für Investitionen in Energieeffizienz und nachhaltige Energie zu mobilisieren

    ·die  Gruppe der in Energieeffizienzmaßnahmen investierenden Finanzinstitutionen , deren Hauptaufgabe darin besteht, Hindernisse für die Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen zu ermitteln und politischen Entscheidungsgremien sowie Finanzinstituten Empfehlungen dazu auszusprechen, wie diese Hindernisse beseitigt werden können 

    ·der Dialog zwischen Investoren im Energiebereich , der 2022 als Plattform der Interessenträger ins Leben gerufen wurde, auf der Energie- und Finanzexperten zusammenkommen, um Investitionshemmnisse für den Energiesektor zu ermitteln, Finanzierungsstrategien und -instrumente zu bewerten und einschlägige Lösungen vorzuschlagen

    Klimaschutz als Querschnittsthema

    Mindestens 30 % des EU-Haushalts für den Zeitraum 2021–2027 sind für den Klimaschutz vorgesehen (gegenüber 20 % für 2014–2020). Für die Klimaschutzausgaben einiger spezifischer Programme gelten Zielvorgaben von mindestens 30 %: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (30 %), Horizont Europa (35 %), Kohäsionsfonds (37 %), Aufbau- und Resilienzfazilität (37 %), Connecting-Europe-Fazilität (60 %), LIFE (61 %) und Fonds für einen gerechten Übergang (100 %). Im Jahr 2021 sahen die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten 40 % für Klimainvestitionen vor, was weit über die regulatorische Verpflichtung von 37 % hinausgeht.

    4.3. Energiesubventionen in der EU

    In den letzten zwei Jahren wurden auf den Energiemärkten unerwartete und plötzliche Entwicklungen verzeichnet, die sich vor dem Hintergrund der mit der COVID-19-Pandemie verbundenen Lockdowns, der Erholung nach der Pandemie und der derzeitigen Phase extrem hoher und stark schwankender Energiepreise erheblich auf den Verbrauch und die Preise von Energieerzeugnissen ausgewirkt haben. Im Bericht über Energiesubventionen 61 , dessen Veröffentlichung für Oktober erwartet wird, werden i) die endgültigen, genaueren Zahlen zur Entwicklung der Energiesubventionen während der COVID-19-Krise 2020 und ii) Prognosen zu den Auswirkungen der weltweiten wirtschaftlichen Erholung und der hohen Energiepreise auf die Energiesubventionen im Jahr 2021 vorgestellt.

    Nach einem Rückgang der Subventionen für fossile Brennstoffe um mehr als 5 % in der EU im Jahr 2020, der auf Ausgangs- und Reisebeschränkungen für Menschen und Unternehmen zurückzuführen war, blieben die Subventionen 2021 relativ stabil, da der Anstieg in den Bereichen Verkehr und Industrie durch den Rückgang der Subventionen für fossile Brennstoffe im Energiesektor ausgeglichen wurde. Die Subventionen für Erdölerzeugnisse, insbesondere im Verkehrssektor, gingen 2020 um 12 % zurück, während die Subventionen für Kohle angesichts eines leichten Rückgangs der Gassubventionen (um 2 %) im Jahresvergleich um 7 % anstiegen, was ihrer Rolle bei der Stromerzeugung geschuldet ist. Im Jahr 2021 wurde bei den Subventionen für Erdöl, Kohle und Gas eine leichte Zunahme verzeichnet, wohingegen die Subventionen für die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen sanken. Seit Herbst 2021 haben mehrere EU-Mitgliedstaaten parallel zu den steigenden Energiepreisen auf den europäischen Märkten Maßnahmen ergriffen, um die Wucht der Energierechnungen von Bürgern und Unternehmen abzumildern, was sich in höheren Subventionen für den Energieverbrauch niedergeschlagen hat.

    Die Subventionen für erneuerbare Energien stiegen 2020 um 7 %, da die seit Langem bestehenden Förderregelungen noch messbare Auswirkungen hatten, 2021 nahmen sie jedoch wieder leicht ab. Nach einer Verringerung der Subventionen für Energieeffizienz im Jahr 2020 stieg dieser Wert 2021 wieder an. Eine weitere Zunahme der Subventionen für die Kernenergie wurde aufgrund von Zahlungen für die vorzeitige Stilllegung von Kernkraftwerken in zwei Mitgliedstaaten festgestellt.

    Abbildung 5: Subventionen für fossile Brennstoffe in verschiedenen Wirtschaftssektoren in der EU. Quelle: „Study on energy subsidies and other government interventions in the European Union 2022“ (Studie über Energiesubventionen und andere staatliche Interventionen in der Europäischen Union 2022)



    Anhang I – Maßnahmen seit Oktober 2021 in Reaktion auf die steigenden Energiepreise

     

    1.Instrumentarium für Energiepreise, 13. Oktober 2021

    ·Unterstützung der Verbraucher, unter anderem durch Einkommensnothilfen für von Energiearmut betroffene Verbraucher; befristete, gezielte Senkungen der Steuersätze für finanziell schwächere Haushalte; Genehmigung vorübergehender Zahlungsaufschübe; Einführung von Schutzvorkehrungen, um Netzabschaltungen zu vermeiden;

    ·Gewährung von Beihilfen für Unternehmen oder Industriezweige im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften;

    ·Verstärkung der Bemühungen um internationale energiepolitische Kooperation, um für mehr Transparenz, Liquidität und Flexibilität auf den internationalen Märkten zu sorgen;

    ·Untersuchung eines potenziell wettbewerbswidrigen Verhaltens auf dem Energiemarkt und verbesserte Überwachung der Entwicklungen auf dem CO2-Markt;

    ·Begünstigung eines breiteren Zugangs zu Verträgen über den Bezug von erneuerbarem Strom und Unterstützung dieser Verträge durch flankierende Maßnahmen.

    2.Mitteilung „REPowerEU“, 8. März 2022

    ·Verbraucher: Leitlinien, mit denen die Möglichkeit einer Preisregulierung unter außergewöhnlichen Umständen bestätigt wird und in denen dargelegt ist, wie die Mitgliedstaaten Einnahmen aus hohen Gewinnen des Energiesektors und dem Emissionshandel an die Verbraucher umverteilen können;

    ·Vorschriften über staatliche Beihilfen: Konsultation der Kommission mit den Mitgliedstaaten über die Notwendigkeit und den Umfang eines neuen vorübergehenden Beihilferahmens zur Gewährung von Beihilfen für von der Krise betroffene Unternehmen, insbesondere für Unternehmen mit hohen Energiekosten;

    ·Ankündigung eines Legislativvorschlags für die Gasspeicherverordnung und den REPowerEU-Plan sowie Bewertung der Möglichkeiten zur Optimierung der Gestaltung des Strommarkts.

    3.Vorschlag für eine Gasspeicherverordnung, 23. März 2022

    ·Legislativvorschlag zur Einführung einer Verpflichtung, die Gasspeicher vor dem nächsten Winter zu mindestens 80 % zu füllen;

    ·Mitteilung, in der die Möglichkeiten für Marktinterventionen auf europäischer und nationaler Ebene dargelegt und die Vorteile und Grenzen jeder dieser Möglichkeiten bewertet wurden;

    ·Annahme einer Verordnung durch das Europäische Parlament und den Rat am 27. Juni.

    4.EU-Energieplattform, 7. April 2022

    ·Freiwillige Teilnahme der Mitgliedstaaten an der gemeinsamen Beschaffung von Gas, um für einen gerechteren Zugang in allen EU-Mitgliedstaaten zu sorgen und die Versorgungssicherheit zu fördern;

    ·Einrichtung eines Branchenkonsultationsgremiums sowie fünf regionaler Taskforces, die sich um ein besseres Verständnis der potenziellen Nachfrage bemühen, was in den gemeinsamen Beschaffungsmechanismus einfließen soll.

    5.REPowerEU-Plan, 18. Mai 2022

    ·Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien:

    oSteigerung des Kernziels für erneuerbare Energien bis 2030 von 40 % auf 45 %;

    oEmpfehlung über eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für größere Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien;

    oGezielte Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, um erneuerbare Energien als überwiegendes öffentliches Interesse anzuerkennen;

    oEU-Strategie für Solarenergie;

    oSolardachinitiative;

    oVerdoppelung des Einsatzes von Wärmepumpen;

    oFestlegung des Ziels für 2030, 10 Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoffs in der EU zu erzeugen;

    oAktionsplan für Biomethan.

    ·Energieeinsparungen:

    oSteigerung des verbindlichen Energieeffizienzziels für 2030 von 9 % auf 13 %;

    oIn der EU-Mitteilung über Energieeinsparungen wird das Sparen von Energie weiter angeregt.

    ·Diversifizierung der Energieversorgung und Unterstützung internationaler Partner:

    oDie Energieaußenpolitik der EU zeichnet sich durch eine Bekräftigung der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und eine Stärkung ihrer Energiediplomatie aus, um die Diversifizierung der Energieversorgung sicherzustellen und den gerechten Übergang zu grüner Energie voranzutreiben.

    6.Gaseinsparungen für einen sicheren Winter, 20. Juli 2022

    ·Verordnung über eine Senkung der Gasnachfrage (Vorschlag), 20. Juli 2022

    oFestlegung des Ziels für alle Mitgliedstaaten, die Gasnachfrage zwischen dem 1. August 2022 und dem 31. März 2023 um 15 % zu senken;

    oEinräumung der Möglichkeit für die Kommission, nach Konsultation der Mitgliedstaaten einen „Unionsalarm“ zur Versorgungssicherheit auszurufen, womit die Senkung der Gasnachfrage für alle Mitgliedstaaten verpflichtend würde;

    oVerordnung auf der Grundlage von 122 AEUV, die vom Rat am 27. Juli angenommen wurde.

    ·Plan zur Senkung der Gasnachfrage, 20. Juli 2022

    oMaßnahmen, Grundsätze und Kriterien für eine koordinierte Verringerung der Gasnachfrage;

    oLeitlinien für die Mitgliedstaaten, die bei der Planung von Einschränkungen zu berücksichtigen sind;

    oAnregung des Konzepts, Gas durch andere Brennstoffe, vorzugsweise durch sauberere Energiequellen, zu ersetzen;

    oAnreize für allgemeine Energieeinsparungen in allen Sektoren.

    7.Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (Vorschlag), 14. September 2022

    ·Vorschlag einer eigenverantwortlichen Zielsetzung der Mitgliedstaaten, den Gesamtstrombedarf bis zum 31. März 2023 um mindestens 10 % zu senken;

    ·Festlegung einer befristeten Obergrenze für Markterlöse inframarginaler Stromerzeuger;

    ·Festlegung eines befristeten Solidaritätsbeitrags für Gewinnüberschüsse aus Tätigkeiten im Öl-, Gas-, Kohle- und Raffineriesektor zur Umleitung an Energieverbraucher;

    ·Erstmalige Zulassung von regulierten Strompreisen unter den Selbstkosten und Ausweitung der regulierten Preise auf kleine und mittlere Unternehmen;

    ·Verordnung auf der Grundlage von 122 AEUV, die vom Rat am 30. September angenommen wurde.

    (1)

    Erklärung von Versailles, angenommen von den Staats- und Regierungschefs (10. und 11. März 2022), Seite 5, Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2022, Nummer 15.

    (2)

    Mitteilung zu REPowerEU (COM(2022) 108 final – 8. März 2022), Seite 2.

    (3)

    COM(2022) 230 final.

    (4)

     JOIN(2022) 23 final.

    (5)

    COM(2022) 135 final.

    (6)

    COM(2022) 360 final.

    (7)

     COM(2022) 473 final.

    (8)

    Dazu zählen keine Treibstoffkosten im Verkehrssektor.

    (9)

     Europäische Kommission (noch nicht erschienen): Bericht 2022 über Energiepreise und ‑kosten.

    (10)

     COM(2021) 660 final.

    (11)

     Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft.

    (12)

     BG, PL, DE, FI, DK, NL, IT, FR, AT, CZ, SK, LV; von LT wurden in Eigeninitiative alle Importe aus Russland eingestellt.

    (13)

    Im Rahmen des Copernicus-Programms wird der Sektor der erneuerbaren Energien vom Copernicus-Dienst zur Überwachung des Klimawandels (C3S) mit speziellen echtzeitnahen Produkten unterstützt, die auf die Photovoltaik-, Wind- und Wasserkrafterzeugung ausgerichtet sind (historische, echtzeitnahe und prognostizierte Daten unter verschiedenen Szenarien).

    (14)

     Neueste Eurostat-Daten: Nuclear energy statistics – Statistics Explained (europa.eu)

    (15)

     Bis 2030 soll die Kernenergie einen Anteil von 16 % an der Bruttostromerzeugung („Fit für 55“-Modellszenarien) und bis 2050 einen Anteil von 15 % an der Stromerzeugung haben (Mitteilung „Ein sauberer Planet für alle“ und Klimazielplan).

    (16)

      https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?lang=de&groupID=3865   

    (17)

    https://www.iea.org/news/renewable-power-is-set-to-break-another-global-record-in-2022-despite-headwinds-from-higher-costs-and-supply-chain-bottlenecks  

    (18)

      https://www.eurobserv-er.org/pdf/20th-annual-overview-barometer/

    (19)

      Global Market Outlook For Solar Power 2022-2026 – SolarPower Europe

    (20)

      European Electricity Review 2022 | Ember (ember-climate.org)

    (21)

    Vier der 13 EU-Mitgliedstaaten, die Kernenergie erzeugen, sind vollständig von Kernbrennstofflieferungen aus Russland abhängig, bei einem liegt eine teilweise Abhängigkeit vor. Einige dieser Länder sind besonders gefährdet, da Kernenergie einen großen Anteil an der Stromerzeugung ausmacht (bis zu 53,8 %) und sie zudem stark auf andere russische Energielieferungen (Gas, Erdöl) angewiesen sind.

    (22)

     Die Grafiken für Haushalte und Dienstleistungen wurden korrigiert, um den klimatischen Bedingungen Rechnung zu tragen. Dieser Klimakorrekturfaktor wird ermittelt, indem der in den einzelnen Jahren gemessene Heizgradtag (G) durch den durchschnittlichen G-Wert im Zeitraum von 1980 bis 2004 dividiert wird.

    (23)

     https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/08/05/council-adopts-regulation-on-reducing-gas-demand-by-15-this-winter/

    (24)

      C/2022/2026, ABl. C 182 vom 4.5.2022, S. 1–12

    (25)

      https://environment.ec.europa.eu/publications/proposal-ecodesign-sustainable-products-regulation_en  

    (26)

    Dazu zählen keine Treibstoffkosten im Verkehrssektor.

    (27)

    Bericht 2022 der Europäischen Kommission über Energiepreise und ‑kosten (noch nicht erschienen).

    (28)

      https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?lang=de&groupID=3849  

    (29)

    COM(2022) 108 final.

    (30)

     Annahme bis Ende 2022.

    (31)

      https://unfccc.int/sites/default/files/resource/European%20Union-BR4_C_2019_8832_and_SWD_2019_432_2.pdf  

    (32)

    Im Rahmen des Copernicus-Programms stellt der Copernicus-Dienst zur Überwachung der Atmosphäre (CAMS) Daten und Produkte für die echtzeitnahe Emissionsüberwachung bereit und leistet Zuarbeit bei der Bewertung von Emissionsreduktionen und der Entfernung zum Ziel, was EU-Vorschriften und internationale rechtsverbindliche politische Instrumente (Übereinkommen von Paris) anbelangt.

    (33)

     Die vorläufigen Schätzungen der Treibhausgasemissionen für 2021 werden von der EUA Ende Oktober 2022 veröffentlicht und in den EUA-Bericht „Trends and projections in Europe 2022“ sowie in den Fortschrittsbericht zum Klimaschutz aufgenommen.

    (34)

    Gemäß Darstellung im EU-Beitrag 2022 zum UNFCCC über die Treibhausgasinventare. Vorläufige Daten werden zusammen mit dem Fortschrittsbericht 2022 über den Klimaschutz vorgelegt, der bis Ende Oktober 2022 veröffentlicht werden soll.

    (35)

     Gemäß Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen.

    (36)

     Frankreich erreichte einen Anteil von 19,1 % und verfehlte sein Ziel somit um 3,9 % Prozentpunkte.

    (37)

    Rohstoffe gemäß Anhang IX der Erneuerbare-Energien-Richtlinie.

    (38)

    Damit die Mitgliedstaaten bewährte Verfahren austauschen können, hat die Kommission eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen entworfen, die eine Analyse der nationalen langfristigen Renovierungsstrategien in den Mitgliedstaaten enthält.

    https://energy.ec.europa.eu/system/files/2021-12/swd-on-national-long-term-renovation-strategies.pdf  

    (39)

      https://new-european-bauhaus.europa.eu/about/about-initiative_en  

    (40)

      https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/568cac02-5191-11ec-91ac-01aa75ed71a1  

    (41)

     Siehe Abschnitt 6 in SWD/2022/0101 final

    (42)

      C/2022/2026, ABl. C 182 vom 4.5.2022, S. 1–12

    (43)

     Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010.

    (44)

     Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor.

    (45)

     Richtlinie 2009/119/EG des Rates vom 14. September 2009 zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten.

    (46)

     Empfehlung (EU) 2022/867 der Kommission vom 1. Juni 2022 zum Inverkehrbringen von Erdölsicherheitsvorräten durch die Mitgliedstaaten nach der Invasion der Ukraine (Abl. L 151, S. 72).

    (47)

     „Study on the resilience of critical supply chains for energy security and clean energy transition during and after the COVID-19 crisis“ (Studie über die Widerstandsfähigkeit kritischer Versorgungsketten für die Energiesicherheit und den Übergang zu sauberer Energie während und nach der COVID-19-Krise) ISBN 978-92-76-38453-3.

    (48)

      https://www.acer.europa.eu/events-and-engagement/news/press-release-acer-publishes-its-final-assessment-eu-wholesale  

    (49)

     COM(2022) 236 final vom 18. Mai 2022.

    (50)

    Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts.

    (51)

    Insbesondere Verordnung (EU) 2019/943 und Richtlinie (EU) 2019/944.

    (52)

    Die Lithium- und Kobaltpreise haben sich 2021 mehr als verdoppelt.

    (53)

    Angekündigt in der Rede zur Lage der Union 2022 am 14. September 2022.

    (54)

    Europäische Kommission, Generaldirektion Forschung und Innovation, „Research and innovation to REPower the EU“, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2022, https://data.europa.eu/doi/10.2777/74947.

    (55)

     Beispiel: die Europäische Batterie-Allianz und wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI).

    (56)

     SWD(2022) 230 final vom 18. Mai 2022.

    (57)

     Schätzwerte aus der Modellanalyse des Investitionsbedarfs.

    (58)

    AT, BG, BE, CY, CZ, DE, DK, EE, EL, ES, FI, FR, HR, IE, IT, LT, LU, LV, MT, NL, PL, PT, RO, SE, SI, SK.

    (59)

    Bei den für die Aufbau- und Resilienzfazilität gemeldeten Ausgaben handelt es sich um Schätzungen der Kommission, denen sie Informationen über die Verfolgung klimabezogener Ausgaben (Teil der veröffentlichten Kommissionsanalysen der Aufbau- und Resilienzpläne) zugrunde gelegt hat. Die gemeldeten Daten beziehen sich auf die 25 nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, die von der Kommission bis zum 17. Juni 2022 bewertet und genehmigt worden waren. Siehe: https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/recovery-coronavirus/recovery-and-resilience-facility_de

    (60)

     Im Einklang mit den Bedingungen laut den Anhängen der Durchführungsbeschlüsse des Rates zur Billigung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne. 

    (61)

     Auf der Grundlage der Governance-Verordnung berichtet die Kommission jedes Jahr über die Entwicklung der Energiesubventionen, insbesondere der Subventionen für fossile Brennstoffe in den Mitgliedstaaten, und über die Maßnahmen, die die Länder ergriffen haben, um einen Fahrplan für die schrittweise Abschaffung dieser Subventionen vorzulegen.

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