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Document 52019PC0623

    Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln

    COM/2019/623 final

    Brüssel, den 12.12.2019

    COM(2019) 623 final

    2019/0273(COD)

    Vorschlag für eine

    VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln


    BEGRÜNDUNG

    1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

    Gründe und Ziele des Vorschlags

    Dieser Vorschlag betrifft eine Änderung der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln 1 (im Folgenden „Durchsetzungsverordnung“ oder „Verordnung“). Ziel der Änderung ist der Schutz der Interessen der Union im Rahmen internationaler Handelsübereinkünfte in Situationen, in denen Drittländer rechtswidrige Maßnahmen treffen und gleichzeitig ein Streitbeilegungsverfahren blockieren. Die Verordnung war ursprünglich nicht auf solche Situationen ausgerichtet, aber aktuelle Entwicklungen, konkret die Blockierung der Streitbeilegung im Rahmen des WTO-Übereinkommens, machen es erforderlich, dass die Union so schnell wie möglich tätig wird, um ihre Interessen zu schützen.

    Der Vorschlag steht im Einklang mit der Priorität der Union, die Rechte der Union im Rahmen internationaler Handelsübereinkünfte wirksam durchzusetzen. In den politischen Leitlinien für die Kommission heißt es: „... wir müssen sicherstellen, dass wir unsere Rechte durchsetzen, gegebenenfalls mit Sanktionen, wenn andere die Lösung eines Handelskonflikts blockieren“ 2 , und diese Formulierung wird im Mandatsschreiben an das für Handel zuständige Kommissionsmitglied 3 aufgegriffen.

    Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der Anwendungsbereich der Durchsetzungsverordnung erweitert, um Maßnahmen in Fällen zu ermöglichen, in denen Streitbeilegungsverfahren blockiert sind. Diese Änderung muss sehr rasch angenommen werden, damit der Schutz der Rechte der Union gewährleistet bleibt. Um eine rasche Verabschiedung durch die beiden Legislativorgane zu erleichtern, werden keine weiteren Änderungen vorgeschlagen.

    Blockierung der Streitbeilegung

    Seit mehr als zwei Jahren ist das WTO-Streitbeilegungsgremium nicht in der Lage, frei gewordene Sitze im WTO-Berufungsgremium zu besetzen. Weil Ernennungen blockiert werden, hat das Berufungsgremium ab dem 11. Dezember 2019 nur noch ein Mitglied. Folglich kann das Berufungsgremium ab diesem Zeitpunkt keine neu eingelegten Rechtsmittel mehr prüfen. Die WTO-Mitglieder haben dann die Möglichkeit, verbindliche Entscheidungen zu verhindern und sich somit ihren internationalen Verpflichtungen zu entziehen, indem sie Panelberichte anfechten. Wenn gegen einen Panelbericht Rechtsmittel eingelegt werden, das Berufungsgremium jedoch funktionsunfähig ist, gerät die Streitigkeit in ein rechtliches Vakuum und wird nicht beigelegt (dies wurde bereits als das Einlegen von Rechtsmitteln „ins Leere“ bezeichnet). Dies bedeutet, dass das WTO-Streitbeilegungssystem in solchen Fällen keine bindende Wirkung entfaltet. Letztlich werden die wirtschaftlichen Interessen der Union beeinträchtigt, wenn sich internationale Handelsregeln nicht wirksam durchsetzen lassen.

    Angesichts dieser sich abzeichnenden Situation arbeitet die Union intensiv in zwei Richtungen: i) Vorlage von Vorschlägen, die den Bedenken des die Ernennungen blockierenden WTO-Mitglieds Rechnung tragen, und anschließend Einbindung aller WTO-Mitglieder in dieser Angelegenheit 4 sowie ii) Entwicklung von Notfallmaßnahmen in Form einer Interimsvereinbarung, die darauf abzielt, das WTO-Berufungsverfahren im Wege eines Schiedsverfahrens nach Artikel 25 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung 5 nachzubilden, bis es wieder funktioniert. Durch solche interimistischen Berufungsschiedsverfahren bleibt die Rechtsmittelprüfung gewahrt; somit kommt es nicht nur zu einer endgültigen Entscheidung nach dem vollständigen Abschluss des aus zwei Phasen bestehenden WTO-Schiedsverfahrens, sondern gleichzeitig auch zu einer nach den WTO-Regeln durchsetzbaren Entscheidung. Es handelt sich um eine Notlösung, die in der Zeit bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit des Berufungsgremiums angewandt werden soll. Die Interimsvereinbarung ist jedoch kein automatischer Mechanismus; sie erfordert die individuelle Zustimmung anderer WTO-Mitglieder.

    Es besteht ferner die Gefahr, dass die Streitbeilegung im Zusammenhang mit anderen internationalen Handelsübereinkünften der Union, einschließlich bilateraler und regionaler, insbesondere älterer Übereinkünfte, möglicherweise behindert wird, wenn ein Drittland nicht im Sinne einer funktionierenden Streitbeilegung kooperiert. So kann es beispielsweise sein, dass das Drittland es versäumt, einen Schiedsrichter zu bestellen, und kein Auffangmechanismus vorgesehen ist, mittels dessen die Streitbeilegung dennoch weitergeführt werden kann. In einem solchen Fall werden die wirtschaftlichen Interessen der Union beeinträchtigt; sie müssen dann ebenfalls wie oben beschrieben geschützt werden. Diese Situation erhält zusätzliche Relevanz dadurch, dass die Union das Augenmerk verstärkt auf die Durchsetzung richtet. Darüber hinaus ist eine stärkere Inanspruchnahme der Streitbeilegung im Rahmen der bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen der Union zu erwarten, da immer mehr dieser Abkommen anwendbar werden und „WTO-plus“-Verpflichtungen enthalten. In der Tat hat die Union vor Kurzem in drei derartigen Fällen erstmals Verfahren eingeleitet.

    Die Durchsetzungsverordnung

    Im Anschluss an den Vertrag von Lissabon verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat die Durchsetzungsverordnung als gemeinsamen Rechtsrahmen für die Durchsetzung der Rechte der Union aus internationalen Handelsübereinkünften, der auf klaren und verlässlichen Regeln für Maßnahmen der Kommission beruht. Die beiden Legislativorgane erteilten der Kommission die Befugnis, Durchführungsrechtsakte nach Artikel 291 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zeitnah innerhalb des in der Verordnung festgelegten Anwendungsbereichs sowie innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der ausdrücklich festgelegten Kriterien zu erlassen.

    Im Rahmen der Verordnung kann die Kommission folgende Arten von handelspolitischen Maßnahmen erlassen: Zölle, mengenmäßige Beschränkungen der Einfuhren und Ausfuhren von Waren sowie Maßnahmen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens. Diese Maßnahmen sollten auf der Grundlage objektiver Kriterien ausgewählt und gestaltet werden; dazu gehören unter anderem ihre Wirksamkeit in dem Sinne, dass sie Drittländer zur Einhaltung internationaler Handelsregeln veranlassen, und ihr Potenzial zur Schaffung von Abhilfe für Wirtschaftsbeteiligte in der Union, die von den Drittlandsmaßnahmen betroffen sind. Dabei wird das Ziel verfolgt, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Union, auch hinsichtlich wesentlicher Rohstoffe, zu minimieren.

    Der Anwendungsbereich der Verordnung umfasst den Erlass, die Aussetzung, die Änderung und die Aufhebung von Durchführungsrechtsakten in Bezug auf

    a)die Durchsetzung der Rechte der Union im Rahmen bindender multilateraler und bilateraler Streitbeilegungsregeln,

    b)Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts im Rahmen multilateraler und bilateraler Schutzklauseln und

    c)Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts, falls ein Drittland seine Zugeständnisse im Rahmen des Artikels XXVIII des GATT 1994 ändert.

    Insbesondere im Hinblick auf die Durchsetzung der Rechte der Union im Rahmen bindender multilateraler und bilateraler Streitbeilegungsverfahren ist die Kommission befugt, handelspolitische Maßnahmen im Falle einer von einem Drittland aufrechterhaltenen rechtswidrigen Maßnahme einzuführen, um zum Schutz der Interessen der Union das Drittland zur Einhaltung der Regeln zu veranlassen. Solche Maßnahmen sind jedoch nur möglich, wenn die Streitbeilegungsverfahren in Bezug auf die Maßnahme des Drittlands erfolgreich abgeschlossen sind.

    Die Verordnung sieht daher keine Befugnisse für Situationen vor, in denen die Streitbeilegungsverfahren nicht funktionieren und daher nicht abgeschlossen werden können, wie es etwa bei einer Blockierung von Streitbeilegungsmechanismen der Fall ist. Mit dem vorliegenden Vorschlag für eine Änderung der Durchsetzungsverordnung wird diese Lücke geschlossen, indem weitere, auf solche Situationen zugeschnittene Auslöser für Maßnahmen im Rahmen der Durchsetzungsverordnung festgelegt werden.

    Politische Erwägungen

    Mit der vorgeschlagenen Änderung soll vor allem im Hinblick auf solche Situationen Abhilfe geschaffen werden, in denen, nachdem es der Union gelungen ist, von einem WTO-Streitbeilegungsgremium eine positive Entscheidung zu erwirken, das Verfahren blockiert wird, weil die andere Partei gegen einen WTO-Panelbericht Rechtsmittel „ins Leere“ eingelegt und einem interimistischen Berufungsschiedsverfahren nach Artikel 25 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung nicht zugestimmt hat. In einer solchen Situation führt das Streitbeilegungsverfahren zu keinem verbindlichen Ergebnis.

    Darüber hinaus werden mit der vorgeschlagenen Änderung ähnliche Situationen berücksichtigt, die im Rahmen anderer internationaler Handelsübereinkünfte, insbesondere regionaler oder bilateraler Übereinkünfte, auftreten können, wenn ein Drittland nicht so kooperiert, wie es für eine funktionierende Streitbeilegung erforderlich ist. So kann es beispielsweise sein, dass das Drittland es versäumt, einen Schiedsrichter zu bestellen, und es keinen Auffangmechanismus gibt, mit dem das Schiedsverfahren dennoch weitergeführt werden kann.

    Aus Gründen der Kohärenz und Effizienz deckt der Vorschlag beide Fälle ab. Beide Situationen haben die gleichen Ursachen und die gleichen negativen Folgen für die wirtschaftlichen Interessen der Union. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass die Union in die Lage versetzt werden sollte, ihre Rechte durchzusetzen, und dass dies so weit wie möglich durch eine unabhängige Entscheidungsfindung geschehen sollte. Wenn dies nicht möglich ist und die andere Partei die Herbeiführung einer verbindlichen unabhängigen Entscheidung blockiert, sollte die Union dennoch über die Möglichkeit verfügen, ihre Rechte durchzusetzen.

    Mit der vorgeschlagenen Änderung der Verordnung wird sichergestellt, dass die Union in einem solchen Fall mit den zum Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen erforderlichen Instrumenten ausgestattet ist. Dieser Ansatz entspricht dem Bekenntnis der Union zum Multilateralismus und zu einer verbindlichen unabhängigen Entscheidungsfindung.

    Sollte sich die Union gegen diese Maßnahme entscheiden, hätte dies in den oben beschriebenen Fällen einer blockierten Streitbeilegung zur Folge, dass die Union ihre Rechte nicht zeitnah schützen könnte. Dies könnte sogar einen Anreiz für Drittländer schaffen, Entscheidungen zu vereiteln, wenn der Union aus einer internationalen Übereinkunft Rechte erwachsen, die von dem Drittland verletzt werden.

    Die Überarbeitung des bereits in Form der Verordnung bestehenden Rechtsrahmens würde sicherstellen, dass die Union in der Lage ist, mit der gebotenen Eile tätig zu werden. Rasches Handeln ist von entscheidender Bedeutung. Diese Vorgehensweise ist daher – ganz im Sinne der der Verordnung innewohnenden Logik – einer Vorgehensweise vorzuziehen, bei der in jedem einzelnen Fall, in dem ein Drittland eine Maßnahme der Art, die routinemäßig Gegenstand einer Streitbeilegung wird, aufrechterhält und das Entscheidungsfindungsverfahren blockiert, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren für den Erlass handelspolitischer Maßnahmen bemüht werden muss.

    Die im Rahmen der Verordnung getroffenen handelspolitischen Maßnahmen dienen insbesondere dazu, ein Drittland zu veranlassen, einen Verstoß gegen eine Handelsübereinkunft der Union zu beenden, nachdem diese den Streitbeilegungsmechanismus erfolgreich in Anspruch genommen hat. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der Union die Möglichkeit eingeräumt, Maßnahmen im Rahmen der Verordnung zu ergreifen, um insbesondere die Beendigung eines Verstoßes auch ohne vollständigen Rückgriff auf ein Entscheidungsfindungsverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten herbeizuführen, wenn das Drittland Letzteres verhindert.

    Die geplanten Maßnahmen wären mit den internationalen Verpflichtungen der Union vereinbar. Das allgemeine Völkerrecht erlaubt unter bestimmten Bedingungen – wie Verhältnismäßigkeit und Vorankündigung – die Verhängung von Gegenmaßnahmen, d. h. von Maßnahmen, die normalerweise den internationalen Verpflichtungen einer verletzten Partei gegenüber dem Land, das für einen Verstoß gegen das Völkerrecht verantwortlich ist, zuwiderlaufen würden und die auf die Beendigung des Verstoßes oder dessen Wiedergutmachung abzielen. Dieses Völkergewohnheitsrecht wurde von der Völkerrechtskommission, einem Gremium der Vereinten Nationen, in ihren Artikelentwürfen zur Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln kodifiziert. 6 Grundsätzlich ist eine Partei, die Gegenmaßnahmen ergreift, nicht von ihren Verpflichtungen im Rahmen eines anwendbaren Streitbeilegungsverfahrens entbunden. 7 Diese Bestimmungen stellen eine lex specialis gegenüber den Bestimmungen des allgemeinen Völkerrechts zu Gegenmaßnahmen dar. 8 Wenn die verantwortliche Partei jedoch nicht nach Treu und Glauben bei dem Streitbeilegungsverfahren kooperiert und die verletzte Partei dadurch daran gehindert wird, ein solches Verfahren abzuschließen, wird die Möglichkeit, im Einklang mit den Anforderungen des allgemeinen Völkerrechts Gegenmaßnahmen zu ergreifen, zwangsläufig wiederhergestellt. Die Völkerrechtskommission hat festgestellt, dass dies der Fall ist, wenn eine Vertragspartei „die Streitbeilegungsverfahren nicht nach Treu und Glauben anwendet“ oder „wenn ein Staat bei der Einsetzung des zuständigen Gerichts nicht mitarbeitet“. 9 Dies sind auch die Fälle, in denen die vorliegende Änderung zum Tragen kommen würde.

    Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

    Der Vorschlag steht im Einklang mit der Priorität der Union, die Rechte der Union im Rahmen internationaler Handelsübereinkünfte wirksam durchzusetzen, um Arbeitsplätze zu sichern und Wachstum in der Union zu fördern. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der bestehende gemeinsame Rechtsrahmen an die neue Situation angepasst.

    Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

    Der Vorschlag steht im Einklang mit der Politik der Union in anderen Bereichen und bekräftigt das Bekenntnis der Union zum Multilateralismus und zu einer unabhängigen Entscheidungsfindung. Es wird vorgeschlagen, die bestehende Durchsetzungsverordnung, die bereits mit der Politik der Union in anderen Bereichen im Einklang steht, zu ändern.

    2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

    Rechtsgrundlage

    Angesichts der Art der erlassenen Maßnahmen und ihres Zwecks, nämlich der Durchsetzung der internationalen Handelsübereinkünfte der Union, betreffen Hauptzweck und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts die gemeinsame Handelspolitik. Die materielle Rechtsgrundlage der vorgeschlagenen Änderung ist daher Artikel 207 AEUV.

    Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

    Entfällt. Die gemeinsame Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Das Subsidiaritätsprinzip gilt nicht in Bereichen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen.

    Verhältnismäßigkeit

    Mit der vorgeschlagenen Änderung der Durchsetzungsverordnung wird das Ziel eines zeitnahen Schutzes der Interessen der Union im Rahmen internationaler Handelsübereinkünfte in Situationen, in denen Drittländer rechtswidrige Maßnahmen treffen und gleichzeitig ein Streitbeilegungsverfahren verhindern, optimal erreicht. Die Änderung beschränkt sich auf die Einführung zweier neuer Auslöser für ein Tätigwerden der Union und geht nicht über das zur Erreichung ihres Ziels erforderliche Maß hinaus. Außerdem müssen auch die im Rahmen der Verordnung erlassenen Maßnahmen selbst verhältnismäßig sein. Für die Fälle, in denen sich dies nicht aus den Bestimmungen der betreffenden internationalen Übereinkunft ergibt, enthält die Änderung eine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne. Dies steht im Einklang mit der Anforderung des allgemeinen Völkerrechts, dass Gegenmaßnahmen verhältnismäßig sein müssen.

    Wahl des Instruments

    Die Kommission hält diese legislative Änderung für angemessen, da damit eine bereits auf der Grundlage von Artikel 207 AEUV erlassene Verordnung geändert wird.

    3.ERGEBNISSE VON KONSULTATIONEN UND FOLGENABSCHÄTZUNGEN

    Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

    Entfällt.

    Konsultation der Interessenträger

    Zu dieser Initiative wurde keine öffentliche Konsultation durchgeführt. Mit den vorgeschlagenen Änderungen würden nur neue Auslöser für die Anwendung der Verordnung in Bezug auf die sich abzeichnende Krisensituation in der WTO festgelegt.

    Für den Erlass handelspolitischer Maßnahmen im Rahmen der Verordnung ist die Kommission bereits jetzt verpflichtet, in jedem einzelnen Anwendungsfall Informationen zu sammeln und einen Durchführungsrechtsakt zu erlassen. Im Rahmen der Informationsbeschaffung wird die Kommission Informationen und Meinungen von Interessenträgern zu den wirtschaftlichen Interessen der Union in bestimmten Sektoren, in denen Gegenmaßnahmen in Betracht gezogen werden könnten, einholen. Die Kommission hat diesen Inputs Rechnung zu tragen. Der durch die Verordnung (EU) 2015/1843 10 eingesetzte Ausschuss wird die Kommission bei der Anwendung der Durchsetzungsverordnung unterstützen. Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten der Union zusammen.

    Einholung und Nutzung von Expertenwissen

    Entfällt. Einzelheiten sind nachstehend aufgeführt.

    Folgenabschätzung

    Angesichts der Art der Maßnahme, nämlich der Durchsetzung und Umsetzung von Rechten im Rahmen internationaler Handelsübereinkünfte, wurde für diese Initiative keine Folgenabschätzung durchgeführt. Die vorgeschlagene Maßnahme hat keine unmittelbaren wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Auswirkungen und die Art der Maßnahmen, die (auf Einzelfallbasis) ergriffen werden können, lässt keine Ex-ante-Bewertung zu.

    Wie bereits erläutert, ist die Kommission für den Erlass handelspolitischer Maßnahmen bereits jetzt verpflichtet, in jedem einzelnen Anwendungsfall Informationen zu sammeln und einen Durchführungsrechtsakt zu verabschieden. Im Rahmen der Informationsbeschaffung wird die Kommission Informationen und Meinungen von Interessenträgern zu den wirtschaftlichen Interessen der Union in bestimmten Sektoren einholen.

    Mit dem Vorschlag wird die Verpflichtung der Kommission, den Anwendungsbereich der Verordnung nach einem bestimmten Zeitraum zu überprüfen, erneuert. Somit wird die Kommission die Auswirkungen der Änderung einer entsprechenden Überprüfung unterziehen können.

    Im Übrigen ist der vorliegende Vorschlag die Reaktion auf eine dringliche Situation, die ein rasches Handeln erforderlich macht.

    Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

    Entfällt.

    Grundrechte

    Entfällt.

    4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

    Keine.

    Die vorgeschlagene Änderung sieht einen Mechanismus zur Durchsetzung der Rechte der Union vor.

    5.WEITERE ANGABEN

    Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

    Entfällt.

    Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

    Der Vorschlag beschränkt sich auf die Einführung einer begrenzten Zahl von Änderungen an der bestehenden Durchsetzungsverordnung.

    Die neuen Bestimmungen betreffen Folgendes:

    In Artikel 3 (Anwendungsbereich) werden die Buchstaben aa und bb eingefügt, damit die Union in Fällen, in denen ein Streitbeilegungsverfahren wegen mangelnder Kooperation der anderen Partei nicht durchgeführt werden kann, bei Handelsstreitigkeiten im Rahmen des WTO-Übereinkommens oder anderer regionaler beziehungsweise bilateraler internationaler Handelsübereinkünfte Maßnahmen ergreifen kann. Soweit es um Streitigkeiten im Rahmen des WTO-Übereinkommens geht, müssen dafür zwei Voraussetzungen erfüllt sein, und zwar dass die Union eine Entscheidung eines WTO-Panels erwirkt hat, in der das Recht der EU zur Ergreifung von Maßnahmen bestätigt wird, und dass keine Einigung über eine Interimsvereinbarung betreffend das Berufungsschiedsverfahren erzielt wurde.

    In Artikel 4 Absatz 2 wird ein Buchstabe bb eingefügt, demzufolge die Gegenmaßnahmen der Union in solchen Situationen nicht über das Maß hinausgehen dürfen, in dem durch eine Maßnahme des Drittlands Vorteile ganz oder teilweise entzogen wurden. Dies ist bereits im bestehenden Rahmen aufgrund der jeweiligen Streitbeilegungsregeln vorgesehen und steht im Einklang mit der Anforderung des allgemeinen Völkerrechts, dass Gegenmaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verstoß stehen müssen, auf den mit ihnen reagiert wird.

    Artikel 10 wird dahin gehend geändert, dass die Kommission nach fünf Jahren erneut verpflichtet ist, den Anwendungsbereich der Verordnung zu überprüfen, wobei die Überprüfungspflicht auch für die vorgeschlagene Änderung gilt.

    2019/0273 (COD)

    Vorschlag für eine

    VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

    gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)Mit der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates 11 wurde ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Ausübung der Rechte der Union aus internationalen Handelsübereinkünften in bestimmten besonderen Situationen geschaffen.

    (2)Eine dieser Situationen steht in Zusammenhang mit den Streitbeilegungsmechanismen, die durch das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, im Folgenden „WTO“) und andere internationale Handelsübereinkünfte, einschließlich regionaler oder bilateraler Übereinkünfte, eingerichtet wurden. Die Verordnung (EU) Nr. 654/2014 ermöglicht es der Union, nach Abschluss eines Streitbeilegungsverfahrens Verpflichtungen auszusetzen.

    (3)Die genannte Verordnung befasst sich jedoch nicht mit Situationen, in denen die Union als Reaktion auf eine von einem Drittland aufrechterhaltene Maßnahme ihrerseits Maßnahmen ergreifen darf, aber die durch eine rechtliche Entscheidung zu erfolgende Streitbeilegung blockiert wird oder deshalb nicht als Option zur Verfügung steht, weil das Drittland, das die Maßnahme erlassen hat, nicht zu einer Zusammenarbeit bereit ist.

    (4)Das WTO-Streitbeilegungsgremium ist seit geraumer Zeit nicht in der Lage, die frei gewordenen Sitze im Berufungsgremium zu besetzen. Das Berufungsgremium kann seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, sobald es weniger als drei Mitglieder hat. Die Union hat sich darum bemüht, bis zur Lösung dieses Problems und im Hinblick auf die Wahrung der wesentlichen Grundsätze und Merkmale des WTO-Streitbeilegungssystems und der Verfahrensrechte der Union in laufenden und künftigen Streitigkeiten Interimsvereinbarungen betreffend das Berufungsschiedsverfahren nach Artikel 25 der WTO-Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (im Folgenden „WTO-Streitbeilegungsvereinbarung“) zu treffen. Dieser Ansatz wurde vom Rat der Europäischen Union am 27. Mai 2019 und am 15. Juli 2019 gebilligt und in einer Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. November 2019 befürwortet. Wenn sich ein WTO-Mitglied weigert, eine solche Vereinbarung zu schließen, und ein Rechtsmittel bei einem nicht funktionsfähigen Berufungsgremium einlegt, wird die Beilegung des Streits de facto blockiert.

    (5)In gleicher Weise kann es im Rahmen anderer internationaler Handelsübereinkünfte, insbesondere regionaler oder bilateraler Übereinkünfte, zu einer ähnlichen Situation kommen, wenn ein Drittland nicht so kooperiert, wie es für eine funktionierende Streitbeilegung erforderlich wäre – wenn es also beispielsweise keinen Schiedsrichter bestellt und kein Mechanismus vorgesehen ist, der das Funktionieren der Streitbeilegung in dieser Situation gewährleisten würde.

    (6)Angesichts der Blockade der Streitbeilegung wird die Union nicht in der Lage sein, internationale Handelsübereinkünfte durchzusetzen. Daher sollte der Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 auf solche Situationen ausgeweitet werden.

    (7)Vor diesem Hintergrund sollte die Union in die Lage versetzt werden, Verpflichtungen aus internationalen Handelsübereinkünften, einschließlich regionaler oder bilateraler Übereinkünfte, umgehend auszusetzen, wenn ein wirksamer Rückgriff auf einen verbindlichen Streitbeilegungsmechanismus nicht möglich ist, weil das Drittland der Union diesen Schritt unmöglich gemacht hat.

    (8)Ferner sollte festgelegt werden, dass in Fällen, in denen Maßnahmen ergriffen werden, um den Handel mit einem Drittland in den betreffenden Situationen zu beschränken, diese Maßnahmen im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Union in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch die Maßnahmen dieses Drittlands verursachten vollständigen oder teilweisen Entzug von Handelsvorteilen der Union stehen müssen.

    (9)Darüber hinaus sollte die Überprüfungsklausel der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 um weitere fünf Jahre verlängert werden und sich auch auf die Anwendung der in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Änderung erstrecken.

    (10)Die Verordnung (EU) Nr. 654/2014 sollte daher entsprechend geändert werden –

    HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Verordnung (EU) Nr. 654/2014 wird wie folgt geändert:

    (1)Artikel 3 wird wie folgt geändert:

    a)Folgender Buchstabe aa wird eingefügt:

    „aa)nach der Verteilung eines WTO-Panelberichts, in dem dem Vorbringen der Europäischen Union ganz oder teilweise stattgegeben wurde, wenn ein Rechtsmittelverfahren nach Artikel 17 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung nicht zum Abschluss gebracht werden kann und das Drittland einem interimistischen Berufungsschiedsverfahren nach Artikel 25 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung nicht zugestimmt hat;“

    b)Folgender Buchstabe bb wird eingefügt:

    „bb)bei Handelsstreitigkeiten im Zusammenhang mit anderen internationalen Handelsübereinkünften, einschließlich regionaler oder bilateraler Übereinkünfte, wenn eine Entscheidung nicht möglich ist, weil das Drittland nicht die für das Funktionieren eines Streitbeilegungsverfahrens erforderlichen Schritte unternimmt;“

    (2)In Artikel 4 Absatz 2 wird folgender Buchstabe bb eingefügt:

    „bb)Werden Maßnahmen ergriffen, um den Handel mit einem Drittland in den Situationen nach Artikel 3 Buchstaben aa oder bb zu beschränken, so müssen diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch die Maßnahmen dieses Drittlands verursachten vollständigen oder teilweisen Entzug von Handelsvorteilen der Union stehen;

    (3)Artikel 10 wird wie folgt geändert:

    a)Absatz 1 erhält folgende Fassung:

    Bis spätestens 1. März 2025 überprüft die Kommission den Anwendungsbereich dieser Verordnung – unter besonderer Berücksichtigung der Änderungen des Anwendungsbereichs mit Wirkung vom [Datum des Inkrafttretens dieser Änderungsverordnung] und der gegebenenfalls erlassenen handelspolitischen Maßnahmen – sowie ihre Durchführung und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über ihre Erkenntnisse.“

    b)Absatz 2 wird wie folgt geändert:

    i)Absatz 2 Unterabsatz 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:

    „Bei der Anwendung von Absatz 1 nimmt die Kommission eine Überprüfung vor mit dem Ziel, im Rahmen dieser Verordnung zusätzliche handelspolitische Maßnahmen zur Aussetzung von Zugeständnissen oder sonstigen Verpflichtungen im Bereich des Handels mit Dienstleistungen ins Auge zu fassen.“

    ii)Unterabsatz 2 wird gestrichen.

    Artikel 2

    Diese Verordnung tritt am […] Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

    Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

    Geschehen zu Brüssel am […]

    Im Namen des Europäischen Parlaments    Im Namen des Rates

    Der Präsident    Der Präsident

    (1)    Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 50).
    (2)    Politische Leitlinien für die künftige Europäische Kommission 2019-2024.     https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/political-guidelines-next-commission_de.pdf  
    (3)    Mandatsschreiben Präsidentin von der Leyens vom 1. Dezember 2019 an das für Handel zuständige Kommissionsmitglied.
    (4)    Geleitet wird das Verfahren vom neuseeländischen Botschafter David Walker, dem derzeitigen Vorsitzenden des WTO-Streitbeilegungsgremiums.
    (5)    Die Initiative wurde am 27. Mai 2019 und am 15. Juli 2019 vom Rat der Europäischen Union gebilligt. Das Europäische Parlament nahm am 28. November 2019 eine Entschließung zur Unterstützung der Initiative an.
    (6)    Siehe Völkerrechtskommission, Artikelentwürfe zur Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln (Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts), November 2001, Generalversammlung, Offizielles Protokoll, 55. Tagung, Beilage Nr. 10 (A/56/10), chp.IV.E.1, Kapitel II und insbesondere Einleitungskommentar 1. 
    (7)    Ebd., Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a.
    (8)    Ebd., Artikel 55.
    (9)    Ebd., Artikel 52 Absatz 3 Buchstabe b und Artikel 52 Absatz 4 sowie Kommentare 2, 8 und 9.
    (10)    Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 2015 zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (kodifizierter Text) (ABl. L 272 vom 16.10.2015, S. 1).
    (11)    Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 50).
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