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Document 52016XC0723(01)
Commission notice — Guidance on ensuring the respect for the Charter of Fundamental Rights of the European Union when implementing the European Structural and Investment Funds (‘ESI Funds’)
Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien zur Sicherstellung der Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei der Durchführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“)
Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien zur Sicherstellung der Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei der Durchführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“)
C/2016/4384
OJ C 269, 23.7.2016, p. 1–19
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
23.7.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 269/1 |
BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION
Leitlinien zur Sicherstellung der Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei der Durchführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“)
(2016/C 269/01)
Inhaltsverzeichnis
1. |
Einleitung | 1 |
2. |
Inhalt und Rechtsnatur der Charta der Grundrechte | 2 |
2.1. |
Inhalt der Charta | 2 |
2.2. |
Rechtsnatur und Anwendbarkeit der Charta | 3 |
2.2.1. |
Rechtsnatur der Charta | 3 |
2.2.2. |
Anwendbarkeit der Charta | 3 |
3. |
Durchführung der ESI-Fonds und der Charta | 3 |
3.1. |
Festlegung der Interventionsstrategie für die ESI-Fonds und Erstellung der Programmplanungsdokumente (Ausarbeitung der strategischen Politikrahmen, Partnerschaftsvereinbarungen, Programme usw.) | 4 |
3.2. |
Einrichtung der Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme | 5 |
3.3. |
Umsetzung der Programme und Ausführung der in der Projektbeschreibung für Arbeiten zur Durchführung der ESI-Fonds dargestellten konkreten Maßnahmen | 5 |
3.4. |
Anwendbarkeit der Charta im Rahmen der Kohäsionspolitik: Warum ist die Charta für die mitgliedstaatlichen Behörden bei der Verwaltung der ESI-Fonds relevant? | 6 |
4. |
Bewertungskriterien für die Einhaltung der Charta — Grundrechte-Prüfliste | 6 |
Anhänge
— |
Anhang I — Beispiele für die Umsetzung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der ESI-Fonds |
— |
Anhang II — Über die Charta hinausgehende Grundrechte in der EU |
— |
Anhang III — Leitfragen |
1. EINLEITUNG
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) erlangte mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Dezember 2009 Rechtsverbindlichkeit für die EU. Die Charta und die EU-Verträge sind jetzt rechtlich gleichrangig. Die Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte ist damit Rechtspflicht für die Organe, Einrichtungen, Agenturen und sonstigen Stellen der EU bei all ihrem Handeln und für die Mitgliedstaaten der EU bei der Durchführung des Rechts der Union.
Dieser Leitfaden soll den Mitgliedstaaten erläutern, wie wichtig die Sicherstellung der Einhaltung der Charta der Grundrechte bei der Durchführung der ESI-Fonds ist, und ihnen ein praktisches Hilfsmittel, nämlich die „Grundrechte-Prüfliste“, an die Hand geben, mit der sie Durchführungsmaßnahmen im Rahmen der ESI-Fonds einem Screening nach Maßgabe der Charta unterziehen können.
Der Leitfaden enthält Erklärungen zu Inhalt, Rechtsnatur und Anwendbarkeit der Charta im Allgemeinen wie auch im Rahmen der ESI-Fonds. Er bietet zudem Erläuterungen für die Durchsetzung der Charta im Zusammenhang mit den ESI-Fonds und zu den möglichen Folgen der Nichteinhaltung der Charta. So enthält der Leitfaden auch Empfehlungen für die maßgeblichen Akteure, wie sie die Konformitätsbewertung der Maßnahmen nach Maßgabe der Charta vornehmen können, und bezeichnet Maßnahmen im Rahmen der ESI-Fonds, die als Maßnahmen zur Umsetzung des Rechts der Union gelten.
2. INHALT UND RECHTSNATUR DER CHARTA DER GRUNDRECHTE
2.1. Inhalt der Charta
Die Charta enthält folgende Rechte und Grundsätze zu den sechs Themenbereichen Würde des Menschen, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte, die in nachstehender Tabelle zusammengefasst sind:
Kapitel I: „Würde des Menschen“ (Artikel 1-5)
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Kapitel II: „Freiheiten“ (Artikel 6-19)
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Kapitel III: „Gleichheit“ (Artikel 20-26)
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Kapitel IV: „Solidarität“ (Artikel 27-38)
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Kapitel V: „Bürgerrechte“ (Artikel 39-46)
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Kapitel VI: „Justizielle Rechte“ (Artikel 47-50)
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Der Wortlaut der Charta ist unter folgender Internetadresse abrufbar:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:12012P/TXT
Die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte bieten einen Leitfaden zum Wesensgehalt der einzelnen Bestimmungen der Charta und sind unter folgender Internetadresse abrufbar:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2007.303.01.0017.01.ENG
Als Beitrag zu einer größeren Sensibilisierung für die Grundrechte hat die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) das benutzerfreundliche Online-Instrument „Charterpedia“ entwickelt, in dem internationales, nationales und EU-Verfassungsrecht auf dem Gebiet der Grundrechte zusammengestellt ist und im Zusammenhang mit den Kernthemen, Kapiteln und Artikeln der Charta dargestellt wird (1).
2.2. Rechtsnatur und Anwendbarkeit der Charta
2.2.1. Rechtsnatur der Charta
Mit dem Vertrag von Lissabon wurde der Charta die gleiche Rechtswirkung verliehen wie den EU-Verträgen. Sie ist rechtsverbindlich, und die Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte ist rechtliches Erfordernis.
Nach Artikel 51 Absatz 1 der Charta gelten ihre Bestimmungen für die Organe, Einrichtungen, Agenturen und sonstigen Stellen der EU unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend haben sie bei der Verabschiedung und der Durchführung von Vorschriften die in der Charta verankerten Rechte zu achten, sich an ihre Grundsätze zu halten und deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten zu fördern. Artikel 6 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 51 Absatz 2 der Charta präzisieren, dass durch die Bestimmungen der Charta die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert werden.
Das rechtliche Erfordernis, die in der Charta festgelegten Rechte zu beachten, ist für die Mitgliedstaaten nur dann rechtsverbindlich, wenn sie im Anwendungsbereich des Rechts der Union handeln. Die Mitgliedstaaten betreffend findet die Charta auf alle „Ausdrucksformen staatlichen Handelns“ Anwendung. Sie gilt somit für zentrale staatliche Behörden genauso wie für regionale, lokale und andere öffentliche Behörden, wenn diese das Recht der Union durchführen
Im Rahmen der Durchführung der ESI-Fonds fallen alle zur Durchführung der einschlägigen Rechtsvorschriften ergriffenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten in den Anwendungsbereich des EU-Rechts. Die Charta gilt also unter Umständen auch für Begünstigte von ESI-Fonds ungeachtet ihrer Rechtsform, denen gemäß einer von einem Mitgliedstaat getroffenen Maßnahme die Zuständigkeit übertragen wurde, eine öffentliche Dienstleistung unter staatlicher Aufsicht zu erbringen, und die zu diesem Zweck besondere Befugnisse haben, die über die für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden üblichen Regelungen hinausgehen.
Auch wenn die Beachtung der in der Charta verankerten Grundrechte rechtliches Erfordernis ist, besteht nach der Charta keine Rechtspflicht dazu, aktiv zu werden und Maßnahmen zur Förderung der in der Charta verankerten Rechte zu treffen; aber den Mitgliedstaaten wird schon empfohlen, solche Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie dies wünschen.
2.2.2. Anwendbarkeit der Charta
Nach Artikel 51 Absatz 1 gilt die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Auslegung dieser Bestimmung bedeutet der Begriff „Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union“ nicht, dass die Mitgliedstaaten automatisch Unionsrecht durchführen, wenn sie im Rahmen der ESI-Fonds Unterstützung vergeben, ohne dass die „nationale Maßnahme“ oder die „nationale Rechtsvorschrift“ hinter der von einem Kläger oder Antragsteller angefochtenen Verfahrenshandlung zu berücksichtigen wären.
Zur Feststellung, ob es sich bei einer nationalen Maßnahme um eine Durchführung des Rechts der Union handelt, ist nach dem Gerichtshof unter anderem zu prüfen,
— |
ob diese nationale Rechtsvorschrift eine Bestimmung des Rechts der Union durchführen soll; |
— |
das Wesen der betreffenden Rechtsvorschrift; |
— |
ob diese nationale Rechtsvorschrift andere als die vom EU-Recht erfassten Ziele verfolgt, auch wenn sie mittelbare Auswirkungen auf das EU-Recht haben kann; |
— |
ob besondere Regelungen des EU-Rechts zu diesem Sachbereich oder Regelungen, die Auswirkungen darauf haben können, bestehen. |
Die vorstehende Beweisführung gelte in sinngemäßer Anwendung für jegliche nationale Maßnahme zur Durchführung des Rechts der Union, ob Rechtsvorschrift oder nicht.
Der Gerichtshof hat ferner bestätigt, dass der Begriff der „Durchführung des Rechts der Union“ in der Kohäsionspolitik wie auch auf anderen Gebieten das Vorliegen eines bestimmten Zusammenhangs voraussetzt, der darüber hinausgeht, dass die fraglichen Sachbereiche benachbart sind oder der eine von ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann.
Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass zu prüfen ist, ob eine nationale Maßnahme in einem konkreten Sachverhalt dazu dient, eine Bestimmung des Rechts der Union durchzuführen.
Die Durchführung des Rechts der Union im Rahmen der Durchführung der ESI-Fonds wird nachstehend im Abschnitt 3 und im Anhang I erklärt.
3. Durchführung der ESI-Fonds und der Charta
Die Bestimmungen der Charta der Grundrechte finden im Rahmen der Durchführung der Kohäsionspolitik zu den nachstehenden Bedingungen Anwendung.
Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung wurde durch die Einführung der Ex-ante-Überprüfung, dass alle erforderlichen Vorkehrungen zur Sicherstellung seiner Einhaltung getroffen wurden, mit der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) (im Folgenden „Dachverordnung“) noch verstärkt.
Nach Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 stellen die Mitgliedstaaten und die Kommission sicher, dass die Grundsätze der Gleichstellung von Männern und Frauen und der Nichtdiskriminierung während der gesamten Vorbereitung und Umsetzung der Programme eingehalten werden.
Was den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aufgrund einer Behinderung und den Grundsatz der Integration von Menschen mit Behinderung anbelangt, so ist die EU bekanntlich Vertragspartei der UN-Behindertenrechtskonvention (UNCRPD) (3). Die Rechtsfolgen, die sich aus der Ratifizierung der UNCRPD durch die Europäische Union für die Verwaltung der ESI-Fonds ergeben, werden nachstehend in Anhang II beschrieben.
Nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 haben die Kommission und die Mitgliedstaaten die Kohärenz der Unterstützung aus den ESI-Fonds mit den relevanten Strategien, den bereichsübergreifenden Grundsätzen gemäß u. a. Artikel 7 dieser Verordnung und den Prioritäten der Union sicherzustellen.
Der für die Kohäsionspolitik geltende Rechtsrahmen wurde weiter verstärkt, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten über ein System für die Bearbeitung von Beschwerden verfügen, so auch von Beschwerden, mit denen eine Verletzung der Charta der Grundrechte geltend gemacht wird.
Die mit den ESI-Fonds zusammenhängenden und mit der Anwendung der Charta verbundenen Vorschriften des EU-Rechts sind in folgenden EU-Verordnungen und Richtlinien zu finden:
1. |
Dachverordnung; |
2. |
den fondsspezifischen Verordnungen; |
3. |
den delegierten Verordnungen und Durchführungsverordnungen der Kommission auf der Grundlage der Dachverordnung oder der fondsspezifischen Verordnungen; |
4. |
sonstigen EU-Verordnungen und Richtlinien, die auf die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Durchführung der ESI-Fonds Anwendung finden. Es würde das Vorhaben dieses Leitfadens sprengen, die nationalen Durchführungsmaßnahmen aller anderen EU-Verordnungen und Richtlinien anzuführen, die auf die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Durchführung der ESI-Fonds Anwendung finden. Jedoch sind die mitgliedstaatlichen Behörden verpflichtet, die Charta auch in diesem Rahmen zu beachten. |
Auf dem Gebiet der ESI-Fonds führen die Mitgliedstaaten das Recht der Union durch, wenn sie im Rahmen der vorstehend unter Ziffern 1-3 zusammengestellten Verordnungen die Interventionsstrategie für die ESI-Fonds festlegen und die Programmplanungsdokumente erstellen (1), die Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme einrichten (2) sowie die Programme umsetzen (3). Daher sollten die Mitgliedstaaten in den folgenden Phasen die Einhaltung der Charta sicherstellen (4):
3.1. Festlegung der Interventionsstrategie für die ESI-Fonds und Erstellung der Programmplanungsdokumente (Ausarbeitung der strategischen Politikrahmen, Partnerschaftsvereinbarungen, Programme usw.)
Bei den Mitgliedstaaten wird davon ausgegangen, dass sie im Anwendungsbereich des Rechts der Union handeln, wenn sie aufgrund einer Verpflichtung aus der Dachverordnung oder aus einem auf ihr beruhenden delegierten Rechtsakt oder Durchführungsrechtsakt nationale Rechtsakte erlassen oder Dokumente erstellen. Dazu gehört beispielsweise auch die Ausarbeitung der Partnerschaftsvereinbarungen oder der operationellen Programme (OP).
Bei der Erstellung solcher Dokumente müssen sie anhand der „Grundrechte-Prüfliste“ sicherstellen, dass der Inhalt des betreffenden Dokuments mit den Bestimmungen der Charta im Einklang steht. Der Inhalt des Dokuments muss die von der Charta geschützten Rechte einhalten und die darin festgeschriebenen Grundsätze wahren.
Die relevantesten Rechte und Grundsätze in diesem Zusammenhang sind die Gleichheit vor dem Gesetz, die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, das Eigentumsrecht und der Umweltschutz.
3.2. Einrichtung der Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme
Bei den Mitgliedstaaten wird davon ausgegangen, dass sie im Anwendungsbereich des Rechts der Union handeln, wenn sie die nach der Dachverordnung erforderlichen Strukturen und Verfahren für die Verwaltung, Begleitung und Kontrolle der ESI-Fonds einrichten, oder, sofern dies nicht ausdrücklich verlangt ist, wenn sie solche Strukturen zur Durchführung der Dachverordnung, der fondsspezifischen Regelungen oder der auf ihnen beruhenden delegierten Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte einrichten. Dazu gehören auch die Benennung der Behörden und zwischengeschalteten Stellen, die Abkommen über die Arbeitsorganisation zwischen ihnen, die Einrichtung eines Begleitausschusses und die Annahme der Verfahrenshandbücher.
Dabei müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Rechte und Grundsätze der Charta eingehalten werden. Die relevantesten Bestimmungen in diesem Zusammenhang sind insbesondere die Artikel 7, 8, 41 und 47 der Charta.
Artikel 47 gewährt das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, einschließlich des Rechts auf rechtliches Gehör. Artikel 7 gewährt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Artikel 8 gewährt das Recht auf Schutz personenbezogener Daten und Artikel 41 verpflichtet die Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (ordnungsgemäßes rechtsstaatliches Verfahren) ist während der gesamten Verfahren sicherzustellen, die zur Durchführung der Bestimmungen der Dachverordnung, der fondsspezifischen Regelungen oder der auf ihr beruhenden delegierten Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte eingeleitet werden.
Beispielsweise galt für das Seirekomitee, Gegenstand der Rechtssache C-562/12 Liivimaa Lihaveis MTÜ gegen Eesti-Läti programmi 2007-2013, im Rahmen des Programms für die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Estland und Lettland Folgendes: Das Seirekomitee, ein aus Vertretern beider Mitgliedstaaten zusammengesetztes gemeinsames Organ, erließ die endgültigen Entscheidungen über die Qualitätsbewertung der Anträge auf Finanzierung von Projekten im Rahmen dieses Programms. Dieser Begleitausschuss hatte auch einen Programmleitfaden angenommen, wonach seine Entscheidungen nicht vor einem nationalen Gericht angefochten werden konnten. Obwohl auf den Erlass eines Programmleitfadens weder in den geltenden Rechtsvorschriften für den Programmplanungszeitraum 2007-2013 noch in einer Durchführungsbestimmung der EU ausdrücklich verwiesen wurde, entschied der EuGH, dass der Programmleitfaden eindeutig zur Durchführung des Rechts der Union erlassen worden und für jedermann rechtsverbindlich war, der einen Beihilfeantrag im Rahmen des besagten Programms stellte. Folglich war festzustellen, dass die Charta einschließlich ihres Artikels 47 in diesem Fall Anwendung findet. Der EuGH stellte auch fest, dass der in einem Programmleitfaden vorgenommene Ausschluss des Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über die Ablehnung eines Beihilfeantrags vor einem nationalen Gericht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes nach Artikel 47 verstößt.
Was die Organisation der Partnerschaft anbelangt, so gehören zu den relevantesten Rechten und Grundsätzen der Charta die Nichtdiskriminierung, die Vielfalt der Sprachen, die Gleichheit von Männern und Frauen und die Integration von Menschen mit Behinderung, während es z. B. in Bezug auf die Formulierung der Mitgliedschaftsregelungen darauf ankommt ist, insbesondere auf die Rechte und Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Vielfalt der Sprachen und der Gleichheit von Männern und Frauen zu achten.
Was die Aufgaben und Pflichten des Begleitausschusses im Rahmen der Einrichtung der Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme anbelangt, so gehören zu den relevantesten Rechten und Grundsätzen der Charta sicherlich der Schutz personenbezogener Daten, die Nichtdiskriminierung, die Vielfalt der Sprachen, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.
3.3. Umsetzung der Programme und Ausführung der in der Projektbeschreibung für Arbeiten zur Durchführung der ESI-Fonds dargestellten konkreten Maßnahmen
Die für die Umsetzung der Programme erforderlichen Maßnahmen sind von der zuständigen Verwaltungsbehörde oder den zwischengestalteten Stellen (5) durchzuführen. Solche Tätigkeiten, wie z. B. die Ausarbeitung und Veröffentlichung von Aufrufen zur Einreichung von Vorschlägen, die Auswahl der Vorhaben, die Unterzeichnung der Finanzhilfevereinbarungen, das Follow-up der Durchführung, die Überprüfung der Auszahlungsanträge der Begünstigten, die Durchführung der Vor-Ort-Überprüfungen der Vorhaben, die Überwachung der Arbeit der zwischengestalteten Stellen, die Versendung der Auszahlungsanträge, die Erstellung und Vorlage der Berichte, sind Maßnahmen zur Durchführung des Rechts der Union.
Auch die Aufgaben der Bescheinigungsbehörden nach Artikel 126 der Dachverordnung umfassen Maßnahmen zur Durchführung des Rechts der Union. So auch die Aufgaben der Prüfbehörden, wenn sie eine Prüfstrategie erstellen, eine Prüfung durchführen, einen Bestätigungsvermerk oder einen Kontrollbericht erstellen.
Außerdem gilt die Charta, wie in Kapitel 2.2, Rechtsnatur der Charta, bereits erklärt wurde, unter Umständen auch für bestimmte Begünstigte von ESI-Fonds, wenn die in Kapitel 2.2 erwähnten Voraussetzungen erfüllt sind (ein Mitgliedstaat trifft eine Maßnahme, mit der diesen Begünstigten ungeachtet ihrer Rechtsform die Zuständigkeit übertragen wird, eine öffentliche Dienstleistung unter staatlicher Aufsicht zu erbringen; zu diesem bestimmten Zweck haben diese Begünstigten dann besondere Befugnisse, die über die für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden üblichen Regelungen hinausgehen) (6).
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben die nationalen Behörden sicherzustellen, dass die Rechte und Grundsätze der Charta eingehalten werden. In diesem Zusammenhang sind die relevantesten Rechte und Grundsätze der Charta das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, der Schutz personenbezogener Daten, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Gleichheit von Männern und Frauen, die Nichtdiskriminierung und die Rechte des Kindes, die Integration von Menschen mit Behinderung und ein hohes Umweltschutzniveau, die Vielfalt der Sprachen, sichere Arbeitsbedingungen, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Bildung, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
3.4. Anwendbarkeit der Charta im Rahmen der Kohäsionspolitik: Warum ist die Charta für die mitgliedstaatlichen Behörden bei der Verwaltung der ESI-Fonds relevant?
Die Verletzung eines in der Charta verankerten Grundrechts unterliegt der richterlichen Überprüfung durch die Gerichte der Mitgliedstaaten und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).
Die Bestimmungen des EU-Rechts und des auf EU-Recht beruhenden nationalen Rechts sind im Einklang mit den Verpflichtungen der Charta auszulegen, um den in ihr garantierten Rechten damit Wirkung und Ausdruck zu verleihen. Hat ein nationales Gericht Zweifel an der Anwendbarkeit der Charta oder der korrekten Auslegung ihrer Bestimmungen, so kann es — und als nationales Gericht letzter Instanz muss es — den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) dazu um Vorabentscheidung ersuchen. Aufgrund der Antworten im Urteil des EuGH ist das nationale Gericht dann in der Lage, die Rechtssache zu Ende zu entscheiden. Die nationalen Gerichte machen von diesem Verfahren regelmäßig Gebrauch. Es trägt dazu bei, die mit der Charta zusammenhängende Rechtsprechung weiterzuentwickeln, und stärkt die Rolle der nationalen Gerichte, die Charta zu beachten und hochzuhalten.
Als Hüterin der Verträge hat die Kommission die Befugnis, einer Verletzung der Charta ein Ende zu setzen. So kann sie wegen der Nichteinhaltung der Charta ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat einleiten.
Da die Charta auf die Mitgliedstaaten nur dann Anwendung findet, wenn sie das Recht der Union durchführen, kann die Kommission ein solches Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichteinhaltung der Charta durch ein nationales Gesetz somit nicht einleiten, wenn das betreffende nationale Gesetz nicht der Durchführung des Rechts der Union dient. Wenn die Charta also keine Anwendung findet, werden die Grundrechte aber weiterhin auf nationaler Ebene im Rahmen der Verfassungen oder der Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und der von ihnen ratifizierten internationalen Übereinkommen garantiert, deren Achtung durch die nationalen Gerichte gewährleistet ist.
Außerdem müssen im Rahmen der ESI-Fonds nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 alle aus den ESI-Fonds geförderten Vorhaben dem geltenden Recht der Union und dem in Bezug auf dessen Umsetzung einschlägigen nationalen Recht entsprechen. Hält sich ein Mitgliedstaat bei seinen Aktionen oder Maßnahmen zur Durchführung des Unionsrechts nicht ordnungsgemäß an die Charta, so stellt dies unter Umständen eine Unregelmäßigkeit durch einen beteiligten Wirtschaftsteilnehmer dar (Artikel 2 Nr. 36 der Dachverordnung). Die Kommission wird daher gegebenenfalls von den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Gebrauch machen, um sicherzustellen, dass die EU-Fonds im Einklang mit der Charta verwendet werden, und in zutreffenden Einzelfällen auch die Unterbrechung der Zahlungsfristen, die Aussetzung der Zahlungen und finanzielle Berichtigungen vornehmen sowie ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV einleiten.
Die Verpflichtung der nationalen Behörden zur Sicherstellung der Einhaltung und des Schutzes der Grundrechte ist insbesondere im Hinblick auf die Beschwerden relevant, die die Mitgliedstaaten in Bezug auf eine etwaige Verletzung der Charta erhalten können. Verbunden mit der Frage der Begleitung der Anwendung und Durchführung der Charta in den Mitgliedstaaten ist nämlich ihre Verpflichtung aus Artikel 74 Absatz 3 der Dachverordnung, wirksame Vorkehrungen für die Überprüfung der von juristischen oder natürlichen Personen eingereichten Beschwerden hinsichtlich der ESI-Fonds getroffen zu haben. Die Beschwerden hinsichtlich der ESI-Fonds können auch direkt an die Kommission gerichtet werden.
4. BEWERTUNGSKRITERIEN FÜR DIE EINHALTUNG DER CHARTA — GRUNDRECHTE-PRÜFLISTE
Die für die Durchführung der ESI-Fonds zuständigen nationalen Behörden sind dazu aufgefordert, sorgfältig zu bewerten, ob die (von ihnen geplanten oder bereits getroffenen) Aktionen und Maßnahmen in den Anwendungsbereich des Rechts der Union fallen, und zu prüfen, ob diese Auswirkungen auf die in der Charta verankerten Grundrechte haben können.
Für die Durchführung dieser Bewertung wird als praktisches Instrument ohne jeden Verwendungszwang folgende Prüfliste vorgeschlagen:
I. PRÜFUNG, ob die vorgesehene nationale Aktion oder Maßnahme eine Maßnahme zur Durchführung des Rechts der Union ist und daher in den Anwendungsbereich der Charta fällt
NB: Diese Prüfung ist für Maßnahmen und Dokumente, die in diesem Leitfaden als Maßnahmen oder Dokumente zur Durchführung des Rechts der Union bezeichnet sind, nicht erforderlich.
a) |
Prüfung, ob neben der Charta auch nach sonstigem EU-Recht, das auf die nationale Aktion oder Maßnahme anzuwenden ist, eine Verpflichtung besteht. |
b) |
Besteht eine solche Verpflichtung nach sonstigem EU-Recht, Prüfung, ob die nationale Aktion oder Maßnahme zu dessen Durchführung dient. |
II. PRÜFUNG, ob eine etwaige Verletzung der Grundrechte vorliegt
1. |
Welche Grundrechte sind betroffen? (Ein Screening der vorgesehenen Aktion oder Maßnahme nach Maßgabe der in der Charta verankerten Grundrechte wie auch die „Leitfragen zu deren Auswirkungen“ im Anhang III liefern erste Hinweise darauf, welche Grundrechte betroffen sein werden). |
2. |
Handelt es sich bei den betreffenden Rechten um absolute Rechte? (Beispiele dafür sind das Verbot der Folter und das Verbot der Sklaverei oder der Zwangsarbeit). |
Kommt man zu der Schlussfolgerung, dass die geprüfte Aktion oder Maßnahme ein absolutes Recht einschränkt, so ist sie bereits in diesem Stadium zu verwerfen, da absolute Rechte nicht eingeschränkt werden dürfen; eine weitergehende Analyse nach Ziffern 3-6 erübrigt sich.
3. |
Welche Auswirkungen hat die vorgesehene Aktion oder Maßnahme, die hier überprüft wird, auf die Grundrechte? Dieser Prüfschritt stellt darauf ab, etwaige positive Auswirkungen (Förderung der Grundrechte) oder etwaige negative Auswirkungen (Einschränkung der Grundrechte) für alle verschiedenen Interessengruppen, die betroffen sein können, zu ermitteln. |
4. |
Hat die vorgesehene Aktion oder Maßnahme je nach den Grundrechten, die davon betroffen sind, sowohl eine vorteilhafte als auch eine nachteilige Auswirkung? (z. B. eine nachteilige Auswirkung auf die Freiheit der Meinungsäußerung und eine vorteilhafte Auswirkung auf das Recht am geistigen Eigentum.) |
Zeigt diese Analyse, dass die vorgesehene Aktion oder Maßnahme keine wesentlichen oder nur vorteilhafte Auswirkungen auf die Grundrechte hätte, so erübrigt sich eine weitergehende Analyse nach Ziffern 5 und 6. Lassen sich aber nachteilige Auswirkungen herausfinden, so sind folgende Fragen zu prüfen:
5. |
Ist die Einschränkung der Grundrechte/nachteilige Auswirkung auf die Grundrechte gesetzlich vorgesehen? Ist sie eindeutig und vorhersehbar? |
6. |
Eine solche Einschränkung/nachteilige Auswirkung,
|
Können alle diese Fragen bejaht werden, dann kann die Einschränkung des betroffenen Grundrechts als rechtmäßig gelten.
Zur Veranschaulichung der Verwendung dieser Prüfliste dient nachstehendes konkretes Beispiel anhand des Sachverhalts in der Rechtssache C-401/11 Blanka Soukupová gegen Ministerstvo zemědělství und dessen Bewertung durch den Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. April 2013.
Der betreffende Mitgliedstaat hatte ein vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) kofinanziertes Programm zur Förderung der vorzeitigen Beendigung der Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch einen Landwirt (Vorruhestandsbeihilfe) aufgelegt. Der Begriff des „Ruhestandsalters“ für eine mögliche Aufnahme in das Programm war im nationalen Recht definiert. Das für den Anspruch auf Altersrente erforderliche Alter war nach den Bestimmungen des innerstaatlichen Rentensystems je nach Geschlecht des Antragstellers und bei Frauen zudem je nach Zahl der aufgezogenen Kinder unterschiedlich hoch festgesetzt.
Bei der Anwendung der Prüfliste auf den vorliegenden Fall sind folgende Fragen zu untersuchen:
1. |
Welche Grundrechte sind betroffen? Das Programm für Vorruhestandsbeihilfe beeinträchtigt die in den Artikeln 20, 21 Absatz 1 und 23 der Charta verankerten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung. |
2. |
Handelt es sich bei den betreffenden Rechten um absolute Rechte? Nein, die in den Artikeln 20, 21 Absatz 1 und 23 der Charta verankerten Rechte sind keine absoluten Rechtes. |
3. |
Welche Auswirkungen hat die vorgesehene Aktion oder Maßnahme, die hier überprüft wird, auf die Grundrechte? Dieser Prüfschritt stellt darauf ab, etwaige positive Auswirkungen (Förderung der Grundrechte) oder etwaige negative Auswirkungen (Einschränkung der Grundrechte) für alle verschiedenen Interessengruppen, die betroffen sein können, zu ermitteln. Aufgrund der Tatsache, dass das „normale Ruhestandsalter“ in Abhängigkeit vom Geschlecht der die Beihilfe für den Vorruhestand in der Landwirtschaft beantragenden Person und, was weibliche Antragsteller betrifft, nach Maßgabe der Zahl der von der Betreffenden aufgezogenen Kinder unterschiedlich festgesetzt wird, hat das Programm für Vorruhestandsbeihilfe negative Auswirkungen auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und benachteiligt weibliche Landwirte in besonderer Weise gegenüber männlichen Landwirten. |
4. |
Hat die vorgesehene Aktion oder Maßnahme je nach den Grundrechten, die davon betroffen sind, sowohl eine vorteilhafte als auch eine nachteilige Auswirkung? Die vorgesehene Maßnahme hat lediglich eine nachteilige Auswirkung auf das betroffene Recht, insbesondere für Frauen, die mehrere Kinder aufgezogen haben. Den Frauen, die mehrere Kinder aufgezogen haben, steht nämlich objektiv eine kürzere Frist zur Verfügung als die Frist, die Männern oder den Frauen, die weniger Kinder aufgezogen haben, gewährt wird, um ihre Aufnahme in das Programm zur Förderung der vorzeitigen Beendigung der Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit (Vorruhestandsbeihilfe) zu beantragen. |
5. |
Ist die Einschränkung der Grundrechte/nachteilige Auswirkung auf die Grundrechte gesetzlich vorgesehen? Ist sie eindeutig und vorhersehbar? Ja, der Begriff „normales Ruhestandsalter“ war im nationalen Recht definiert. |
6. |
Eine solche Einschränkung/nachteilige Auswirkung,
Da diese Fragen nicht bejaht werden können, dann kann die Einschränkung des betroffenen Grundrechts (Gleichbehandlung) nicht als rechtmäßig gelten und bedeutet daher eine Verletzung der Artikel 20, 21 Absatz 1 und 23 der Charta. |
(1) https://infoportal.fra.europa.eu/InfoPortal/infobaseFrontEndCountryHome.do?btnCountryLinkHome_1
(2) Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).
(3) Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (von der UNO-Generalversammlung mit ihrer Resolution 61/106 vom 13. Dezember 2006 verabschiedet, trat es am 3. Mai 2008 nach seiner Ratifizierung durch den 20. Unterzeichnerstaat in Kraft) https://www.un.org/development/desa/disabilities/conference-of-states-parties-to-the-convention-on-the-rights-of-persons-with-disabilities-2.html
(4) Die Beispiele für mitgliedstaatliche Maßnahmen, die als Durchführung des Rechts der Union gelten, sind im Zusammenhang mit dem Rechtsrahmen für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 angegeben. Jedoch sind die Bestimmungen der Charta seit 2009, u. a. im Rahmen des Einsatzes der ESI-Fonds, zu den in diesen Leitlinien aufgeführten Bedingungen anzuwenden.
(5) Beispielsweise von lokalen Aktionsgruppen (LAG) nach Artikel 34 Absatz 1 und Artikel 125 der Dachverordnung, die als zwischengeschaltete Stellen tätig sind.
(6) Die in Kapitel 4 dieses Leitfadens dargestellte Grundrechte-Prüfliste kann zur Bewertung herangezogen werden, ob ein bestimmtes Handeln dieser Begünstigten eine Maßnahme zur Durchführung des Rechts der Union darstellt.
ANHANG I
Beispiele für die Durchführung des Rechts der Union im Rahmen der ESI-Fonds durch die Mitgliedstaaten
In Kapitel 3 dieser Leitlinien sind die drei Phasen der Durchführung der ESI-Fonds dargestellt, die im Einklang mit den Bestimmungen der Charta stehen müssen.
Nachstehend sind auch die relevantesten Bestimmungen der Dachverordnung zusammengestellt, die Maßnahmen und Dokumente einer innerstaatlichen Behörde/Einrichtung (auf der zentralen, regionalen oder lokalen Ebene) vorschreiben. Angeführt sind auch Beispiele für Rechte und Grundsätze der Charta, die in besonderen Fällen relevant sein können, wie auch Beispiele für mögliche Probleme im Zusammenhang mit Grundrechten.
Wann immer die Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union Dokumente erstellen oder Rechtsakte verabschieden (ungeachtet ihrer jeweiligen rechtlichen Form: Gesetz, Entscheidung, Leitfaden, amtliches Schreiben usw.), so hat dies unter Beachtung ihrer Verpflichtungen zur Einhaltung aller in der Charta verankerten Rechte und Grundsätze zu erfolgen.
So sind beispielsweise das Recht auf Nichtdiskriminierung, das Eigentumsrecht, das Recht auf Datenschutz wie auch das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (ordnungsgemäßes rechtsstaatliches Verfahren) bei sämtlichen Verfahren zu gewährleisten, die zur Durchführung der Bestimmungen der Dachverordnung oder der auf ihr beruhenden delegierten Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte in die Wege geleitet werden.
1. Festlegung der Interventionsstrategie für die ESI-Fonds und Erstellung der Programmplanungsdokumente
Hinsichtlich der Ausarbeitung der ESI-Fonds-Interventionsstrategie und der Programmplanungsdokumente sieht die Dachverordnung bestimmte Maßnahmen der Mitgliedstaaten vor, die als nationale Maßnahmen zur Durchführung des Rechts der Union zu qualifizieren sind und im Einklang mit den Bestimmungen der Charta stehen müssen. Als solche Maßnahmen der Mitgliedstaaten gelten
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die Erstellung und Änderung der Partnerschaftsvereinbarungen: die Mitgliedstaaten müssen in diesem Verfahren, das zur Einreichung des jeweiligen Dokuments bei der Kommission führt, wie auch im Dokument selbst die Einhaltung der Bestimmungen der Charta sicherstellen; |
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die Erstellung und Änderung der Programme (Artikel 26 Absatz 2 und Artikel 30 der Dachverordnung, Artikel 4 Absatz 4, Artikel 7, 8, 19 Absatz 1 und Anhang XI der Dachverordnung; EFRE, ESF, KF: Artikel 96 Absatz 2, Absatz 4 Buchstabe a, Absatz 7 und Absatz 10 der Dachverordnung; EFRE: Artikel 8 Absätze 7 und 12 der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (1); ELER: Artikel 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (2); EMFF: Artikel 17, 18 und 20 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sowie die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 771/2014 der Kommission (4) und die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1046/2014 der Kommission (5); |
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die Programme. |
Folgende Rechte/Grundsätze der Charta sind mitunter von besonderer Bedeutung: die Gleichheit vor dem Gesetz, die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, das Eigentumsrecht und der Umweltschutz.
2. Einrichtung der Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme
Den Mitgliedstaaten oder den von ihnen benannten Behörden wird angeraten, bei der Einrichtung der Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsysteme besondere Aufmerksamkeit auf die Einhaltung der Bestimmungen der Charta zu verwenden. Nach Maßgabe der einschlägigen Verordnungen lässt sich folgende nicht erschöpfende Liste von erforderlichen Maßnahmen und Dokumenten aufstellen:
I. Mitgliedstaaten: Relevante Maßnahmen sind die Einrichtung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme für die Programme, die Organisation der Partnerschaft und die Formulierung der Mitgliedschaftsregelungen des Begleitausschusses.
A) |
Einrichtung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme für die Programme (Artikel 74 Absatz 2 der Dachverordnung), Artikel 7, 72, 74 Absatz 2 der Dachverordnung; EFRE, ESF, KF, EMFF: Artikel 123 der Dachverordnung; ELER: Artikel 65 und 66 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 und die relevanten Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (6); EMFF: Artikel 97 und 99 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 sowie die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1014/2014 der Kommission (7). Dokumente in Verbindung mit der Einrichtung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme für die Programme:
Bei der Festlegung der Interventionsstrategie für die ESI-Fonds und der Erstellung der Programmplanungsdokumente müssen die Mitgliedstaaten die in der Charta geschützten Rechte beachten und deren Grundsätze wahren. Die relevantesten Bestimmungen in diesem Zusammenhang sind Artikel 47 der Charta, der das Recht auf einen wirksamen Rechtsschutz und ein unparteiisches Gericht anerkennt, einschließlich des Rechts, gehört zu werden, ferner Artikel 7 mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und Artikel 8 mit dem Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten. |
B) |
Organisation einer Partnerschaft (Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Dachverordnung), Artikel 5, 7, 15 Absatz 1 Buchstaben c und d der Dachverordnung, Artikel 2, 3 und 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 240/2014 der Kommission (9). Relevante Dokumente für die Organisation einer Partnerschaft: Dokumente betreffend die für die Partnerschaft in der Partnerschaftsvereinbarung getroffenen Vorkehrungen und sonstige Dokumente betreffend die Organisation der Partnerschaft. Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a.die Nichtdiskriminierung, die Vielfalt der Sprachen, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung. |
C) |
Formulierung der Mitgliedschaftsregelungen des Begleitausschusses wie auch der Verfahrensregelungen des Begleitausschusses (Artikel 10 Absatz 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 240/2014), Artikel 7, Artikel 47 Absätze 1 bis 3 (10), Artikel 48 Absatz 1 der Dachverordnung. Relevante Dokumente: Dokumente betreffend die Mitgliedschaftsregelungen des Begleitausschusses und die Verfahrensregelungen des Begleitausschusses. Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Vielfalt der Sprachen. |
II. Begleitausschuss:
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Prüfung und Genehmigung der Umsetzung der Kommunikationsstrategie für das operationelle Programm und aller Änderungen dieser Strategie sowie der für die Auswahl der Vorhaben verwendeten Kriterien (Artikel 110 Absatz 2 Buchstaben a und d der Dachverordnung; ELER: Artikel 74 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013). Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten, die Nichtdiskriminierung, die Vielfalt der Sprachen, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung. |
— |
Festlegung zusätzlicher Regeln für die Förderfähigkeit von Ausgaben im Rahmen der Programme für die Europäische territoriale Zusammenarbeit (ETZ), Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013 (ETZ-Verordnung). Relevante Dokumente: Dokument zur Festlegung zusätzlicher Regeln für die Förderfähigkeit von Ausgaben im Rahmen der ETZ-Programme. Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Vielfalt der Sprachen, die Integration von Menschen mit Behinderung, die Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht. |
3. Umsetzung der Programme
Zur Durchführung der Programme ist nachstehend eine Liste von aus der Dachverordnung stammenden Beispielen für Maßnahmen und Dokumente aufgeführt, bei denen die Mitgliedstaaten oder die von ihnen benannten Behörden besondere Aufmerksamkeit auf die Einhaltung der Bestimmungen der Charta verwenden sollten.
I. Verwaltungsbehörde/Zwischengeschaltete Stelle
Relevante Maßnahme: Aufstellung geeigneter Auswahlverfahren und -kriterien und — nach Billigung durch den Begleitausschuss — deren Anwendung, einschließlich der Vorbereitung von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen (Artikel 125 Absatz 3 Buchstabe a der Dachverordnung, Artikel 4 Absatz 4, Artikel 7, Artikel 8, Artikel 34, Artikel 36 Absatz 3, Artikel 47 Absatz 1 der Dachverordnung); EFRE, ESF, KF, EMFF: Artikel 125 Absatz 3 Buchstabe a der Dachverordnung und Delegierte Verordnungen (EU) 2015/288 (11) und (EU) 2015/852 der Kommission (12); ELER: Artikel 49 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013, Artikel 113 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014, Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013 (ETZ-Verordnung) (13), Artikel 19 Absatz 1, Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union.
Relevante Dokumente für diese Maßnahme:
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Dokumente betreffend das Auswahlverfahren; |
— |
Dokumente betreffend die Auswahlkriterien. |
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten, die Vielfalt der Sprachen, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, der Umweltschutz, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, das Recht auf sichere Arbeitsbedingungen.
Relevante Maßnahme: Durchführung von Programmen, Bereitstellung kumulativer Daten für die zur Förderung ausgewählten Vorhaben, Artikel 4 Absätze 4 und 5, Artikel 7, Artikel 8, Artikel 74 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013; EFRE, ESF, KF, EMFF: Artikel 122 und 123 der Dachverordnung, Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013 (ETZ-Verordnung); ELER: Artikel 65 und 66 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 und die relevanten Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013; EMFF: Artikel 97 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 sowie die Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 1242/2014 (14) und (EU) Nr. 1243/2014 der Kommission (15).
Relevante Dokumente für diese Maßnahme:
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Dokumente, aus denen die Bedingungen für die Unterstützung im Rahmen der einzelnen Vorhaben, einschließlich der besonderen Anforderungen hinsichtlich der Produkte und Dienstleistungen, die im Rahmen des Vorhabens zu liefern bzw. zu erbringen sind, der Finanzierungsplan und die Fristen für die Durchführung hervorgehen (Artikel 125 Absatz 3 Buchstabe c der Dachverordnung); |
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Mitteilungen über die ausgewählten Großprojekte (Artikel 102 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Dachverordnung, Artikel 1 und Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1011/2014 der Kommission (16)). |
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Bildung, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, der Umweltschutz, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.
Relevante Maßnahme: Information von potenziellen Begünstigten über Finanzierungsmöglichkeiten (Artikel 115 Absatz 1 Buchstabe c der Dachverordnung): Artikel 7; EFRE, ESF, KF: Artikel 115 Absatz 1 Buchstabe c der Dachverordnung; ELER: Artikel 66 Absatz 1 (i) der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 (17).
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. die Gleichheit vor dem Gesetz und die Nichtdiskriminierung.
Relevante Maßnahme: Führen und Zugänglichmachung der Liste der Vorhaben; diese Liste ist über die einzige Website oder das einzige Internetportal zugänglich (Artikel 115 Absatz 2 der Dachverordnung): EFRE, ESF, KF: Artikel 115 Absatz 2 der Dachverordnung (18); EMFF: Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 763/2014 der Kommission (19).
Relevante Dokumente für diese Maßnahme: Informationen auf der Website oder im Internetportal.
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. die Achtung des Privat- und Familienlebens, der Schutz der personenbezogenen Daten.
II. Begleitausschuss
Relevante Maßnahme: Auswahl der Vorhaben (Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013): Artikel 4 Absatz 4, Artikel 7, Artikel 8, Artikel 29 Absatz 4, Artikel 47 Absatz 1 der Dachverordnung; EFRE, ELER: Artikel 49 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013, Artikel 19 Absatz 1, Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union.
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. die Gleichheit vor dem Gesetz, die Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Männern und Frauen, die Integration von Menschen mit Behinderung, der Umweltschutz, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.
Relevante Maßnahme: Prüfung und Genehmigung des jährlichen Durchführungsberichts.
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehört u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten.
III. Bescheinigungsbehörde
Relevante Maßnahmen: Die Zahlungsanträge erstellen, bescheinigen und vorlegen; die Rechnungslegung erstellen; bescheinigen, dass die Rechnungslegung vollständig, genau und sachlich richtig ist und die verbuchten Ausgaben dem anwendbaren Recht genügen und für Vorhaben getätigt wurden, die gemäß den für das betreffende operationelle Programm geltenden Kriterien zur Förderung ausgewählt wurden und die dem anwendbaren Recht genügen; sicherstellen, dass ein System zur elektronischen Aufzeichnung und Speicherung der Buchführungsdaten jedes Vorhabens besteht (und weitere Aufgaben nach Artikel 126 der Dachverordnung).
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehört u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten.
IV. Prüfbehörde
Relevante Maßnahme: Durchführung der Prüfungen (Artikel 127 Absätze 1 und 2 der Dachverordnung.
Relevante Dokumente: Prüfstrategie (Artikel 127 Absatz 4 der Dachverordnung, Bestätigungsvermerk gemäß Artikel 59 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Haushaltsordnung, Kontrollbericht (Artikel 127 Absatz 5 Buchstaben a und b der Dachverordnung).
Zu den diesbezüglich relevanten Rechten/Grundsätzen der Charta gehören u. a. der Schutz der personenbezogenen Daten, die Achtung des Privat- und Familienlebens, die Nichtdiskriminierung.
(1) ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 259.
(2) ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 487.
(3) ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1.
(4) ABl. L 209 vom 16.7.2014, S. 20.
(5) ABl. L 291 vom 7.10.2014, S. 1.
(6) ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549.
(7) ABl. L 283 vom 27.9.2014, S. 11.
(8) ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.
(9) ABl. L 74 vom 14.3.2014, S. 1.
(10) Für ETC-Programme.
(11) ABl. L 51 vom 24.2.2015, S. 1.
(12) ABl. L 135 vom 2.6.2015, S. 13.
(13) Nach Artikel 12 Absatz 1 der ETZ-Verordnung werden die Vorhaben für die ETZ-Programme vom Begleitausschuss oder gegebenenfalls von dem unter seiner Verantwortung handelnden Lenkungsausschuss ausgewählt.
(14) ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 11.
(15) ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 39.
(16) ABl. L 286 vom 30.9.2014, S. 1.
(17) Nach Artikel 23 Absatz 2 der ETZ-Verordnung ist dies eine Aufgabe des gemeinsamen Sekretariats.
(18) Siehe Fußnote 17.
ANHANG II
Über die Charta hinausgehende Grundrechte in der EU
Die Charta steht mit der im Rahmen des Europarates angenommenen Europäischen Menschenrechtskonvention im Einklang. Soweit Rechte der Charta dieser Konvention entstammen, haben sie die gleiche Bedeutung und Tragweite wie in der Konvention (Artikel 52 Absatz 3 der Charta) (1).
In Bezug auf die Integration von Menschen mit Behinderung (Artikel 26 der Charta) hat die EU im Dezember 2010 das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-Behindertenrechtskonvention, UNCRPD) ratifiziert. Die Bestimmungen dieses UN-Übereinkommens (UNCRPD) bilden folglich einen „integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung“ (2). Ferner haben die von der Europäischen Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge Vorrang vor den Bestimmungen des abgeleiteten Sekundärrechts. Somit sind Letztere in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UNCRPD) auszulegen (3). Da sowohl die EU als auch ihre Mitgliedstaaten eigenständige Vertragsparteien sind und jede von ihnen auf den von der UNCRPD abgedeckten Feldern eine eigene Zuständigkeit besitzt, gilt die UN-Behindertenrechtskonvention im Rahmen der EU als sog. „gemischtes“ Abkommen. Sämtliche Bestimmungen der Behindertenrechtskonvention, die in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen, sind für die EU-Institutionen rechtsverbindlich. Außerdem verpflichtet das EU-Recht die Mitgliedstaaten, die Konvention insofern durchzuführen als ihre Bestimmungen in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen. Die Durchführung der Konvention in Bereichen, die nicht im Zuständigkeitsbereich der EU sind, verbleibt ausschließlich bei den Mitgliedstaaten. Trotz ihrer unterschiedlichen Zuständigkeiten sind die Union und ihre Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus solchen „gemischten“ Abkommen zu einer ernsthaften Zusammenarbeit verpflichtet. Mit ihrer Ratifikationserklärung übergab die EU den Vereinten Nationen eine Liste der Rechtsakte der Union, die „den Umfang des Zuständigkeitsbereichs der Gemeinschaft gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft veranschaulicht. (…)“. Die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (4) wird in dieser Ratifikationserklärung ausdrücklich erwähnt. Um die Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung ihrer Verpflichtungen im Rahmen der Behindertenrechtskonvention zu unterstützen, haben die Dienststellen der Europäischen Kommission zwei Leitfäden (5) und ein Instrumentarium (Toolkit) zur Deinstitutionalisierung (6) ausgearbeitet.
In Bezug auf das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse, der Hautfarbe und der ethnischen oder sozialen Herkunft (Artikel 21 der Charta) hat die Kommission einen Thematischen Leitfaden zur Desegregation im Wohnungs- und im Bildungswesen für marginalisierte Gemeinschaften herausgegeben (7).
In Bezug auf den Umweltschutz und die Verfahrensgrundrechte hat die Europäische Gemeinschaft das Übereinkommen der UNECE über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Aarhus) unterzeichnet und anschließend durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates (8) genehmigt. Deshalb sind die Vorschriften dieses Übereinkommens integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung (9). Ferner haben sie Vorrang vor den Bestimmungen des abgeleiteten Sekundärrechts der EU, und somit ist Letzteres in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen von Aarhus auszulegen (10).
Zudem kann bei der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 EUV genannten Werte der Union durch einen Mitgliedstaat Artikel 7 EUV zur Anwendung gebracht werden. Zu diesen Werten der Union gehören auch die Achtung der Menschenrechte und die Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz. Dieses Verfahren kann zur Aussetzung bestimmter Rechte führen, die sich aus der Anwendung der Verträge auf den betroffenen Mitgliedstaat herleiten.
Abschließend ist zu beachten, dass die von der Rechtsprechung des EuGH aufgestellten allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts eine weitere Grundrechtsquelle im ungeschriebenen Primärrecht der EU darstellen. Im Rahmen von Artikel 6 EUV und der Rechtsprechung des EuGH haben sie Seite an Seite mit der Charta fortlaufende Relevanz für den Schutz der Grundrechte im Rechtssystem der Union.
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze finden neben der Charta immer dann Anwendung, wenn die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Rechts der Union handeln. So stellt z. B. Artikel 41 der Charta mit dem Recht auf eine gute Verwaltung nicht auf die Mitgliedstaaten, sondern nur auf die Union ab. Trotzdem dürfte in den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Rechts der Union tätig werden, noch immer der allgemeine Rechtsgrundsatz der guten Verwaltung anzuwenden sein.
(1) Die Presseabteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs und den dort anhängigen Verfahren nach Themen geordnete Informationsblätter zusammengestellt. Diese thematischen Blätter sind bei Zweifeln über die Auslegung bestimmter Grundrechte sehr nützlich. Sie sind unter folgender Adresse abrufbar:
http://www.echr.coe.int/Pages/home.aspx?p=press/factsheets&c=#n1347890855564_pointer.
Siehe insbesondere das jüngste Informationsblatt zum Thema „Umwelt und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)“ mit einer Übersicht über die damit zusammenhängenden Fragen, so u. a. zu Immissionen (Gerüchen, Lärm und umweltverschmutzenden Abgasen), die in bestimmten Fällen zu einer Verletzung von Artikel 8 EMRK über den Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens führten, der in Artikel 7 der Charta verankert ist (Artikel 8 EMRK und Artikel 7 der Charta haben einen ähnlichen Wortlaut):
http://www.echr.coe.int/Documents/FS_Environment_ENG.pdf.
(2) Siehe z. B. Urteil des EuGH vom 11. April 2011, HK Danmark, verbundene Rechtssachen C-335/11 und C-337/11, Randnr. 30.
(3) Siehe z. B. Urteil des EuGH vom 11. April 2011, HK Danmark, verbundene Rechtssachen C-335/11 und C-337/11, Randnr. 29.
(4) ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25.
(5) Gemeinsame europäische Leitlinien für den Übergang von institutioneller Betreuung zu Betreuung in der lokalen Gemeinschaft, http://www.deinstitutionalisationguide.eu/wp-content/uploads/2016/04/Common-European-Guidelines_German-version.pdf, und Thematischer Leitfaden für den Übergang von institutioneller Betreuung zu Betreuung in der lokalen Gemeinschaft (Deinstitutionalisierung), http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/informat/2014/guidance_deinstitutionalistion.pdf
(6) Toolkit zur Verwendung von EU-Fonds für den Übergang von institutioneller Betreuung zu Betreuung in der lokalen Gemeinschaft, http://www.deinstitutionalisationguide.eu/wp-content/uploads/2016/04/Toolkit_German-version.pdf.
(7) http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/informat/2014/thematic_guidance_fiche_segregation_en.pdf.
(8) ABl. L 124 vom 17.5.2005, S. 1.
(9) Rechtssache C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie [2011], Slg. I-01255, Randnr. 30.
(10) Siehe Fußnote 3.
ANHANG III
Leitfragen
Die nachstehenden Fragen (1) dienen als allgemeine Orientierungshilfe, welche Problemfelder konkret bei der Prüfung zu untersuchen sind, ob die in Anhang 1 aufgeführten Maßnahmen und Dokumente mit den Grundrechten in Einklang stehen.
Auswirkungen auf die Grundrechte |
Leitfragen |
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Allgemein |
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Würde des Menschen |
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Freiheit der Person, Achtung des Privat- und Familienlebens, Gewissensfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung |
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Personenbezogene Daten |
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Asyl und Schutz bei Abschiebung, Ausweisung oder Auslieferung |
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Eigentumsrechte und unternehmerische Freiheit |
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Gleichstellung von Frauen und Männern, Gleichbehandlung und Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung, Rechte der Menschen mit Behinderung |
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Rechte des Kindes |
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Recht auf eine gute Verwaltung/Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf/justizielle Rechte |
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Solidarität und Arbeitnehmerrechte |
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Umweltschutz |
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(1) Diese Fragen wurden von der Kommission für das Folgenabschätzungsscreening im Rahmen des „Pakets für Bessere Rechtsetzung“ erarbeitet und auch verwendet.
(2) Maßnahmen zur Umsetzung von Programmen und Durchführung von konkreten Aktionen nach Maßgabe der Projektbeschreibung für bei der Durchführung der ESI-Fonds auszuführende Arbeiten (Maßnahme).