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Document 52008IP0055

    Vertrag von Lissabon
    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Februar 2008 zu dem Vertrag von Lissabon (2007/2286(INI))

    ABl. C 184E vom 6.8.2009, p. 25–30 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    6.8.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 184/25


    Mittwoch, 20. Februar 2008
    Vertrag von Lissabon

    P6_TA(2008)0055

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Februar 2008 zu dem Vertrag von Lissabon (2007/2286(INI))

    2009/C 184 E/05

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf den am 13. Dezember 2007 unterzeichneten Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

    unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der durch die Einheitliche Europäische Akte sowie die Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza geänderten Fassung,

    unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (1),

    in Kenntnis der Erklärung von Laeken vom 15. Dezember 2001 über die Zukunft der Union,

    unter Hinweis auf den am 29. Oktober 2004 in Rom unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa,

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juni 2007 zur Roadmap für den EU-Verfassungsprozess (2) und seine Entschließung vom 11. Juli 2007 zu der Einberufung der Regierungskonferenz (3),

    gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

    in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für regionale Entwicklung, des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses, des Ausschusses für internationalen Handel, des Haushaltsausschusses, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0013/2008),

    in der Erwägung, dass

    A.

    die Entwicklung der Europäischen Union in den letzten 50 Jahren von grundlegender Bedeutung war für die Schaffung eines Raums von Frieden und Stabilität auf einem zuvor durch Kriege verwüsteten Kontinent, für die Festigung von Demokratie, Freiheit und Bürgerrechten, für die Verbesserung von Wohlstand, Solidarität und Prosperität durch die Schaffung des weltgrößten Binnenmarktes mit gemeinsamen Regeln für Sozialstandards, Umwelt- und Verbraucherschutz und fairen Wettbewerb und mit einer Wirtschafts- und Währungsunion, für die Befähigung der Mitgliedstaaten, sich gemeinsam mit nationale Grenzen überschreitenden Fragen zu befassen, und dass diese Entwicklung wesentlich dafür war, dass Europa in weltpolitischen Fragen stärkeres Gehör findet,

    B.

    anerkannt wird, dass die Strukturen der Union reformiert und gestärkt werden müssen, um diese Errungenschaften zu festigen und die Fähigkeit einer aus 27 — und möglicherweise mehr — Mitgliedstaaten bestehenden Union zu einem wirksamen Funktionieren zu verbessern, damit die Union gemeinsame neue Herausforderungen bewältigen und einer stärkeren demokratischen Kontrolle unterworfen werden kann,

    C.

    diese Notwendigkeit der Ausgangspunkt zu den verschiedenen Reformen war, mit denen seit dem Vertrag von Maastricht — der eine Kehrtwende in der europäischen Integration bedeutete, mit der Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion und dem Übergang von einer im wesentlichen wirtschaftlich ausgerichteten Gemeinschaft zu einer politischen Union — versucht wurde, die institutionelle Struktur der Union zu regeln und die zu der Erklärung von Laeken geführt haben, die auch den Weg zu einem unterschiedlichen Reformprozess ermöglichte, der auf der Methode des Konvents und nicht mehr ausschließlich auf Regierungskonferenzen beruhte,

    D.

    der Vertrag über eine Verfassung für Europa von einem Konvent ausgearbeitet wurde, der sich aus zwei Vertretern jedes nationalen Parlaments, sechzehn Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEP), zwei Vertretern der Kommission und einem Vertreter jeder nationalen Regierung zusammensetzte, die in öffentlichen Beratungen einen Entwurf vorbereiteten, der zu einem Konsensvorschlag führte, welcher von der Regierungskonferenz 2004 kaum abgeändert wurde, während der spätere Vertrag von Lissabon, bei dem einige Aspekte der Verfassung fallengelassen wurden, das Ergebnis traditionellerer Methoden der Regierungszusammenarbeit war, allerdings unter umfassender Einbeziehung von drei Vertretern des Europäischen Parlaments,

    E.

    die früheren Beschlüsse zur Reform der Union, durch die die Verträge durch eine Verfassung ersetzt werden sollten, von einer sehr großen Mehrheit der gewählten Vertreter der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger im Europäischen Parlament unterstützt wurden (4) und von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten ratifiziert, jedoch von zwei Ländern (Frankreich und den Niederlanden) abgelehnt wurden, und dass diese Strategie nach einer Phase des Nachdenkens, in der deutlich wurde, dass die notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten nicht erreicht werden konnte, zugunsten einer Änderung der bereits bestehenden Verträge aufgegeben wurde,

    F.

    durch diese Kehrtwende bei den Methoden und Verfahren zwar viele der geplanten praktischen Anpassungen der institutionellen Struktur der Union in neuer Form aufrecht erhalten wurden, dass dies jedoch dazu führte, dass weniger ehrgeizige Ziele gesteckt und mehrere Aspekte der Verfassung aufgegeben wurden und dass das Inkrafttreten einiger ihrer neuen Mechanismen aufgeschoben wurde und auf verschiedene Mitgliedstaaten zugeschnittene besondere Maßnahmen in die Verträge aufgenommen wurden,

    G.

    die Tatsache, dass jede einzelne nationale Regierung in der Union dem Vertrag zugestimmt hat, dennoch deutlich macht, dass die gewählten Regierungen der Mitgliedstaaten diesen Kompromiss allesamt für eine Grundlage halten, auf der sie in Zukunft zusammenarbeiten wollen und dass jede Regierung politisch alles daran setzen muss, damit die Ratifizierung vor dem 1. Januar 2009 erfolgen kann,

    H.

    es notwendig ist, dass der Vertrag von Lissabon bis Ende 2008 von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert ist, damit die Bürgerinnen und Bürger bei den Wahlen 2009 ihre Stimme in voller Kenntnis des neuen institutionellen Rahmens der Union treffen können,

    Ein positiver Schritt für die Zukunft der Union

    1.

    kommt zu dem Schluss, dass der Vertrag von Lissabon insgesamt eine wesentliche Verbesserung gegenüber den bisherigen Verträgen bedeutet, wodurch eine stärkere demokratische Kontrolle und Entscheidungsfähigkeit in der Union sichergestellt wird (durch die Stärkung der Rollen des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente), die Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Union gestärkt werden und das wirksame Funktionieren der Organe der Union verbessert wird;

    Mehr demokratische Kontrolle

    2.

    begrüßt, dass die demokratische Kontrolle und die Entscheidungsfähigkeit gestärkt werden, wodurch die Bürgerinnen und Bürger eine bessere Kontrolle über die Maßnahmen der Union erhalten, was namentlich auf folgende Verbesserungen zurückzuführen ist:

    a)

    die Annahme aller Rechtsvorschriften der Europäischen Union wird einem Ausmaß der parlamentarischen Kontrolle unterworfen, das es in keiner anderen supranationalen und internationalen Struktur gibt:

    alle europäischen Rechtsvorschriften werden — mit wenigen Ausnahmen — der doppelten und gleichberechtigten Zustimmung des Rates (der sich aus nationalen Ministern zusammensetzt, die ihren Parlamenten gegenüber rechenschaftspflichtig sind) und des Europäischen Parlaments (das sich aus direkt gewählten MdEP zusammensetzt) unterworfen;

    die vorherige Kontrolle aller Rechtsvorschriften der Europäischen Union durch die nationalen Parlamente wird gestärkt, da sie alle europäischen Gesetzgebungsvorschläge so rechtzeitig erhalten, dass sie sie zusammen mit ihren Ministern erörtern können, bevor der Rat einen Standpunkt annimmt, und auch das Recht erhalten, eine erneute Überprüfung eines Vorschlags zu verlangen, wenn sie der Ansicht sind, dass dabei das Subsidiaritätsprinzip nicht gewahrt ist;

    b)

    der Präsident der Kommission wird vom Europäischen Parlament auf Vorschlag des Europäischen Rates gewählt, der dabei das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament berücksichtigt;

    c)

    der Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Europäischen Rat und vom Präsidenten der Kommission ernannt und muss sich — als ein Mitglied der Kommission — im Parlament derselben Investiturprozedur unterwerfen wie jeder andere Kommissar; der Hohe Vertreter wird sich als Vizepräsident der Kommission bei seiner Investitur und bei seiner Amtsausübung den Regeln wie jeder andere Kommissar unterwerfen müssen;

    d)

    ein neues, einfacheres und demokratischeres Haushaltsverfahren mit einer einzigen Lesung wird eingeführt: die Unterscheidung zwischen obligatorischen und nichtobligatorischen Ausgaben wird abgeschafft, womit umfassende Parität zwischen Parlament und Rat bezüglich der Billigung des gesamten Jahreshaushaltsplans sichergestellt wird, während dem Parlament auch das Recht auf Zustimmung zum rechtsverbindlichen mehrjährigen Finanzrahmen eingeräumt wird;

    e)

    die demokratische Kontrolle hinsichtlich der an die Kommission delegierten Rechtsakte wird durch ein neues System der Überwachung gestärkt, nach dem das Europäische Parlament oder der Rat entweder Entscheidungen der Kommission zurücknehmen oder die Befugnisübertragung widerrufen kann;

    f)

    für eine ganze Reihe von durch die der Union unterzeichneten Abkommen, einschließlich derer, die Bereiche betreffen, die dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren innerhalb der Union unterliegen, ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich;

    g)

    der Rat tagt öffentlich, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt, wodurch die Bürgerinnen und Bürger sehen können, wie ihre Regierungen im Rat handeln;

    h)

    Agenturen, insbesondere Europol und Eurojust, werden einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle unterworfen;

    i)

    der Ausschuss der Regionen erhält das Recht, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen, das Mandat seiner Mitglieder wird auf fünf Jahre verlängert und seine Beziehungen zum Europäischen Parlament werden genauer definiert;

    j)

    das Verfahren für die Änderung der Verträge wird in Zukunft offener und demokratischer, da das Europäische Parlament auch die Befugnis erhält, Vorschläge dazu vorzulegen, und die Kontrolle einer jeden vorgeschlagenen Änderung muss durch einen Konvent erfolgen, in dem auch Vertreter der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments vertreten sind, sofern das Parlament nicht der Ansicht ist, dass dies nicht erforderlich ist, während neue vereinfachte Änderungsverfahren eingeführt werden, um einstimmig mit Billigung der nationalen Parlamente bestimmte Vertragsbestimmungen zu ändern;

    Bekräftigung der Werte, Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger, mehr Klarheit

    3.

    begrüßt, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge folgender Verbesserungen gestärkt werden:

    a)

    die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in der alle bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte aufgelistet werden, wird rechtsverbindlich; sie bietet den Bürgerinnen und Bürgern der Union Rechtssicherheit, und es wird sichergestellt, dass alle Bestimmungen des EU-Rechts und alle von den Organen der Europäischen Union ergriffenen oder auf EU-Recht beruhenden Maßnahmen diesen Standards entsprechen müssen, während gleichzeitig das Subsidiaritätsprinzip respektiert wird;

    b)

    die Union soll beantragen, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten, wodurch die Union derselben externen Überprüfung hinsichtlich der Verpflichtung zur Achtung der Bürgerrechte unterliegen würde wie ihre Mitgliedstaaten;

    c)

    aufbauend auf ihrem wichtigen Beitrag zur Vorbereitung des Vertrags wird die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und repräsentativen Verbänden der Zivilgesellschaft an den Beratungen der Union durch neue Bestimmungen erleichtert; der Dialog mit den Sozialpartnern und der Dialog mit den Kirchen, Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen Gemeinschaften wird gefördert;

    d)

    die Einführung einer EU-Bürgerinitiative wird die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es ihrer Ansicht nach eines Rechtsaktes der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen;

    e)

    der rechtliche Schutz der Bürgerinnen und Bürger wird gestärkt, da die Rechtsprechung des Gerichtshofs auf die Bereiche Freiheit, Sicherheit und Justiz sowie auf die vom Europäischen Rat, der Europäischen Zentralbank und den Organen der Union erlassenen Rechtsakte ausgeweitet wird, und gleichzeitig vorgesehen ist, die Möglichkeiten des Zugangs natürlicher und juristischer Personen zu den Verfahren des Gerichtshofs auszuweiten;

    4.

    begrüßt, dass im Vertrag die gemeinsamen Werte aller Mitgliedstaaten, auf denen die Union beruht, sowie die Zielsetzungen der Union und die Grundsätze, von denen ihr Handeln und ihre Beziehungen zu den Mitgliedstaaten getragen sind, klarer und deutlicher herausgestellt werden:

    a)

    es wird eine eindeutige Abgrenzung der Befugnisse der Union gegenüber den Mitgliedstaaten vorgenommen, nach dem Prinzip, dass alle Zuständigkeiten, die nicht durch die Verträge auf die Union übertragen werden, bei den Mitgliedstaaten verbleiben;

    b)

    politische Maßnahmen, von denen die Bürgerinnen und Bürger spürbar profitieren, werden stärker hervorgehoben: es gibt neue allgemein anwendbare Bestimmungen betreffend die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, die Garantie eines angemessenen sozialen Schutzes, die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, ein hohes Bildungs-, Fortbildungs- und Gesundheitsniveau, die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung und die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern; mit neuen Bestimmungen werden die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der Umweltschutz, einschließlich der Bekämpfung des Klimawandels, und die Wahrung der Dienste von allgemeinem Interesse gestärkt; der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt wird als Ziel der Union erneut bekräftigt;

    c)

    die Verwirrung zwischen den Begriffen „Europäische Gemeinschaft“ und „Europäische Union“ wird ein Ende haben, da die Europäische Union eine einheitliche Rechtspersönlichkeit und -struktur erhält;

    d)

    durch eine Solidaritätsklausel zwischen den Mitgliedstaaten können die Bürgerinnen und Bürger damit rechnen, dass sie bei Terroranschlägen oder Naturkatastrophen bzw. von Menschen verursachten Katastrophen von allen Teilen der Union Unterstützung erhalten;

    e)

    der spezifische Charakter des institutionellen Aufbaus der Union wird bekräftigt, der die Mitgliedstaaten bestimmte Befugnisse übertragen, von denen sie glauben, dass sie besser durch gemeinsame Mechanismen ausgeübt werden, während — um alle Zweifel auszuräumen — für ausreichende Garantien gesorgt ist, dass die Union kein zentralisierter übermächtiger Superstaat wird, wie z. B.:

    die Verpflichtung zur Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt, sowie der grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere der Wahrung der territorialen Unversehrtheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der nationalen Sicherheit;

    die Grundsätze der übertragenen Zuständigkeiten (wodurch die Union nur die Zuständigkeiten besitzt, die ihr von den Mitgliedstaaten übertragen werden), der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit;

    die Beteiligung der Mitgliedstaaten selbst am Beschlussfassungssystem der Union und an der Zustimmung zu jeglicher Änderung an diesem System;

    die Anerkennung des Rechtes eines jeden Mitgliedstaats, auf eigenen Wunsch aus der Union auszuscheiden;

    Größere Effizienz

    5.

    begrüßt, dass durch den neuen Vertrag die Fähigkeit der Organe der Union gestärkt wird, ihre Aufgaben effizienter zu erfüllen, insbesondere weil:

    a)

    die Zahl der Bereiche, in denen die Regierungen im Rat mit qualifizierter Mehrheit anstatt einstimmig beschließen, erheblich zunehmen wird, wodurch die aus 27 Mitgliedstaaten bestehende Union in mehr Bereichen funktionieren kann, ohne durch Vetos blockiert zu werden;

    b)

    ein neues System der Abstimmungen mit doppelter Mehrheit die Beschlussfassung im Rat erleichtern wird;

    c)

    der Europäische Rat ein vollwertiges Organ der Europäischen Union wird und seine alle sechs Monate wechselnde Präsidentschaft durch einen Präsidenten abgelöst wird, der von den Mitgliedern des Europäischen Rates für zweieinhalb Jahre gewählt wird, wodurch für mehr Kohärenz bei der Vorbereitung sowie Kontinuität seiner Arbeit gesorgt ist;

    d)

    die Zahl der Kommissionsmitglieder ab 2014 auf zwei Drittel der Anzahl der Mitgliedstaaten verringert wird, wodurch sich die Handlungsfähigkeit der Kommission erhöht und noch deutlicher wird, dass die Kommissionsmitglieder Vertreter des europäischen Interesses und nicht ihrer Herkunftsländer sind, während durch ein Rotationssystem die gleichberechtigte Beteiligung aller Mitgliedstaaten weiterhin gewährleistet bleibt;

    e)

    die Außenwirkung der Union und ihre Fähigkeit zum Handeln als globaler Akteur erheblich verbessert wird:

    die Ämter des Hohen Vertreters der Union für die Außenpolitik und des Kommissionsmitglieds für Außenbeziehungen — zwei Stellen, die Doppelarbeit verursachen und für Verwirrung sorgen — werden zusammengelegt, und es wird das Amt eines Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik geschaffen, der den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ führen wird und im Namen der Union zu den Themen sprechen kann, zu denen der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ einen Gemeinsamen Standpunkt verabschiedet hat, wodurch mehr Kohärenz im außenpolitischen Handeln der Union sichergestellt ist;

    es wird ein einheitlicher auswärtiger Dienst geschaffen, der sich aus Beamten der Kommission und des Rates sowie der nationalen diplomatischen Dienste zusammensetzt und der vom Rat nur mit Zustimmung der Kommission nach Anhörung des Parlaments eingerichtet werden kann; dieser auswärtige Dienst wird vom Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter geleitet, sollte der Kommission angegliedert sein und soll eine größere Kohärenz bei Entwicklung und Durchsetzung der Außenpolitik der Union möglich machen;

    die Fähigkeit der Union, gemeinsame Strukturen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu entwickeln, wird gestärkt, unter anderem durch Aufnahme einer Klausel über die Leistung von gegenseitiger Hilfe und gegenseitigem Beistand im Falle einer bewaffneten Aggression, wodurch das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger gestärkt wird; gleichzeitig wird die notwendige Flexibilität sichergestellt, um unterschiedlichen Herangehensweisen der Mitgliedstaaten an solche Fragen Rechnung zu tragen;

    f)

    die Unterscheidung zwischen legislativen und exekutiven Rechtsakten klargestellt wird, und es durch eine neue Definition der delegierten Rechtsakte möglich wird, die Gesetzgebung der Union zu vereinfachen und wirkungsvoller zu gestalten;

    g)

    die Pfeilerstruktur aufgegeben wird, wodurch ein einheitliches Vorgehen in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen der Union mit vereinfachten Mechanismen und Instrumenten möglich wird, obwohl die spezifische Natur der Außen- und Sicherheitspolitik auch spezifische Verfahren in diesen Bereichen impliziert;

    h)

    die Maßnahmen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ehrgeizigere Zielsetzungen und effizientere Verfahren aufweisen werden, weil nicht mehr eigene Instrumente und Verfahren der Regierungszusammenarbeit angewandt werden, und weil sie einer gerichtlichen Überprüfung unterworfen werden, was spürbare Fortschritte hinsichtlich der Probleme der Rechtsprechung, Sicherheit und Einwanderung verspricht;

    i)

    die Zielsetzungen und Zuständigkeiten der Union in den Bereichen Klimawandel, Kinderrechte, Europäische Nachbarschaftspolitik, humanitäre Hilfe, Energie (einschließlich eines Vermerks im Vertrag betreffend die Solidarität unter den Mitgliedstaaten in diesem Bereich), Weltraum, Forschung, Fremdenverkehr, Sport, öffentliche Gesundheit und Zivilschutz deutlicher definiert werden, und die ausschließliche Zuständigkeit der Union für die gemeinsame Handelspolitik anerkannt wird;

    j)

    es in einer Reihe weiterer Bereiche möglich wird, wirksamere Methoden der Beschlussfassung anzuwenden, sobald der politische Wille dazu vorhanden ist;

    k)

    mehr Raum für flexible Vorkehrungen besteht, wenn nicht alle Mitgliedstaaten bereit oder in der Lage sind, bei bestimmten politischen Maßnahmen gleichzeitig voranzugehen;

    Bedenken

    6.

    ist sich dessen bewusst, dass nach den Ergebnissen der Referenden in Frankreich und den Niederlanden weitgehend bedauert wurde, dass es zur Sicherstellung einer erneuten Einigung unter den 27 Mitgliedstaaten notwendig war,

    vom verfassungsmäßigen Ansatz und von einigen seiner Aspekte wie z. B. vom Verständnis einer auf dem Willen ihrer Bürgerinnen und Bürger und Mitgliedstaaten beruhenden Union, einem einheitlichen und strukturierten Text, einer klareren Terminologie zur Bezeichnung der Rechtsakte, der Verankerung von Flagge und Hymne im Vertrag und der Verwendung des Titels „Außenminister“ anstelle von „Hoher Vertreter“ abzurücken;

    die Umsetzung wichtiger Elemente des neuen Vertrags wie z. B. des Inkrafttretens des neuen Abstimmungssystems im Rat (zusammen mit Sonderbestimmungen für die Aufschiebung von Abstimmungen, dem so genannten „Kompromiss von Ioannina“) aufzuschieben und restriktive Mechanismen wie „Notbremsen“ im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in einigen Zuständigkeitsbereichen hinzuzufügen;

    in den Vertrag spezielle Maßnahmen für bestimmte Mitgliedstaaten aufzunehmen wie z. B. die Ausweitung des „opt-in“-Systems bezüglich der polizeilichen Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit in Strafsachen für zwei Mitgliedstaaten, das Protokoll zur Begrenzung der Auswirkungen der Charta auf das innerstaatliche Recht von zwei Mitgliedstaaten, und den zusätzlichen parlamentarischen Sitz für einen Mitgliedstaat in Abweichung vom Grundsatz der degressiven Proportionalität;

    den Wortlaut verschiedener Textpassagen des Vertrags bzw. der Protokolle und Erklärungen im Anhang zum Vertrag abzuändern, was zu Unrecht zu einer negativen Note führte, wodurch der Eindruck eines Misstrauens gegenüber der Union und ihren Organen erweckt und ein falsches Signal an die Öffentlichkeit gesendet wird;

    Schlussfolgerungen

    7.

    unterstützt den Vertrag und betont die Notwendigkeit, dass alle Mitgliedstaaten der Union ihn so rechtzeitig ratifizieren, so dass er zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann;

    8.

    glaubt, dass der Vertrag von Lissabon einen stabilen Rahmen bietet, der eine künftige Weiterentwicklung der Union ermöglicht;

    9.

    ist sich dessen bewusst, dass ein Änderungsvertrag zwangsläufig weniger klar und schlechter lesbar ist als ein kodifizierter Vertrag; fordert daher die unverzügliche Veröffentlichung der konsolidierten Verträge in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung, wodurch die Bürgerinnen und Bürger einen klareren Grundlagentext über die Union erhalten würden;

    10.

    fordert erneut, dass sowohl von den EU-Organen als auch von den nationalen Behörden in Einklang mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit alle Anstrengungen unternommen werden, um die europäischen Bürgerinnen und Bürger klar und objektiv über den Inhalt des Vertrags zu informieren;

    11.

    beauftragt seinen zuständigen Ausschuss, die notwendigen Änderungen an seiner Geschäftsordnung vorzubereiten und zu bewerten, ob Bedarf nach weiteren Umsetzungsmaßnahmen besteht;

    *

    * *

    12.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Rat, der Kommission und den ehemaligen Mitgliedern des Konvents zur Zukunft Europas zu übermitteln und dafür zu sorgen, dass die Dienststellen des Parlaments, einschließlich seiner Informationsbüros, umfassende Informationen über den Standpunkt des Parlaments zum Vertrag erteilen.


    (1)  ABl. C 303 vom 14.12.2007, S. 1.

    (2)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0234.

    (3)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0328.

    (4)  Mit 500 Stimmen dafür bei 137 Gegenstimmen und 40 Enthaltungen [Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Januar 2005 zum Vertrag über eine Verfassung für Europa (Bericht Corbett/Méndez de Vigo), ABl. C 247 E vom 6.10.2005, S. 88].


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