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Document 52001DC0125

    Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Vollendung des Energiebinnenmarktes

    /* KOM/2001/0125 endg. */

    52001DC0125

    Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Vollendung des Energiebinnenmarktes /* KOM/2001/0125 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Vollendung des Energiebinnenmarktes

    1. Einleitung

    Vor dem Hintergrund des 1985 festgelegten Ziels, bis 1992 einen einheitlichen europäischen Markt ohne Binnengrenzen zu schaffen, erfolgte die Marktöffnung im Energiesektor viel später als in anderen Wirtschaftsbranchen. Die Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien [1], die 1996 und 1998 angenommen wurden und jeweils bis Februar 1999 und August 2000 umgesetzt werden mussten, behoben dieses Manko teilweise und sind ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines Binnenmarktes in diesen Sektoren. Mit den Richtlinien wird das Ziel verfolgt, die Elektrizitäts- und Erdgasmärkte durch die schrittweise Einführung des Wettbewerbs zu öffnen und so die Effizienz im Energiesektor und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft insgesamt zu verbessern.

    [1] Richtlinie 96/92/EG, ABl. L 27 vom 30.1.1997, und Richtlinie 98/30/EG, ABl. L 204 vom 21.7.1998.

    Die vollständige Öffnung der Energiemärkte ist ein Schlüsselfaktor für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und des Wohlergehens der europäischen Bürger. Strom ist der wichtigste Sekundärenergieträger in der Europäischen Union, und die Stromwirtschaft ist eine der größten Wirtschaftsbranchen Europas. Die jährliche Erzeugung beträgt ca. 2 500 Tera wattstunden [2] und erwirtschaftet einen Umsatz von annähernd 150 Mrd. EUR. Erdgas gewinnt als Primärenergieträger für die EU-Energieversorgung insbesondere als Brennstoff der Wahl für die Stromerzeugung an Bedeutung. Schätzungen zufolge beträgt in der EU der Endverkaufswert von Erdgas ca. 100 Mrd. EUR pro Jahr (einschl. Steuern).

    [2] oder 2500 x 109 Kilowattstunden.

    In Europa machen die Energiekosten einen bedeutenden Anteil der Produktionskosten aus. In einem globalen und wettbewerbsfähigen Markt ist es von größter Wichtigkeit, eine effiziente Energieversorgung und wettbewerbsorientierte Energiepreise zu gewährleisten. Die hohen Ölpreise, die in den letzten Monaten zu verzeichnen waren, haben in Verbindung mit der traditionellen Kopplung von Erdgas- und Ölpreisen in Europa die potenziellen Vorteile des Wettbewerbs auf dem Erdgasmarkt - ein Schlüsselelement der Schaffung des Energiebinnen marktes - besonders deutlich zutage treten lassen.

    In der vorliegenden Mitteilung wird der Schluss gezogen, dass die Auswirkungen der Marktöffnung bislang positiv waren, sowohl hinsichtlich der Entwicklung des Marktes an sich als auch hinsichtlich damit verbundener wichtiger Politikbereiche, die zum Beispiel gemeinwirtschaftliche und umweltpolitische Ziele und die Versorgungssicherheit betreffen. Um den Energiebinnenmarkt zu vollenden und seine Vorteile umfassend nutzen zu können, sind jedoch nunmehr weitere Maßnahmen erforderlich. Die dafür notwendigen Impulse und Maßnahmen werden hier aufgezeigt. Sie betreffen den Grad der Marktöffnung (,quantitative Vorschläge") und die Mindestverpflichtungen im Hinblick auf Netzzugang, Verbraucher schutz, Regulierung und Entflechtung von Übertragung/Fernleitung und Verteilung in vertikal integrierten Gas- und Stromunternehmen (,qualitative Vorschläge").

    Auf der Grundlage der diesbezüglichen Schlussfolgerungen hat die Kommission einen offiziellen Vorschlag für die Änderung der Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien vorgelegt. Ferner wird eine Verordnung vorgeschlagen, in der die Grundsätze und Verfahren hinsichtlich der Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromaustausch festgelegt werden.

    Die Mitteilung kommt auf diese Weise der Forderung des Europäischen Rates von Lissabon vom 23./24. März 2000 nach, zügig an der Vollendung des Binnenmarktes für Strom und Gas zu arbeiten Sie entspricht auch der Aufforderung des Europäischen Parlaments, die Kommission sollte einen detaillierten Zeitplan für das Erreichen genau definierter Ziele für eine schrittweise, jedoch vollständige Liberalisierung der Energiemärkte erlassen [3]. Auf der Grundlage einer früheren Mitteilung der Kommission [4], die eine erste Analyse des Sachstands bezüglich der Öffnung des Elektrizitätsmarktes enthielt und in der die für eine Förderung des Funktionierens des Elektrizitätsbinnenmarktes zu treffenden Maßnahmen untersucht wurden, hat der Rat ,Energie" vom 30. Mai 2000 die Aufforderung des Europäischen Rates von Lissabon aufgegriffen [5].

    [3] Entschließung ,Liberalisierung der Energiemärkte" A5-0180/2000 vom 6. Juli 2000.

    [4] KOM(2000) 297 "Die jüngsten Fortschritte bei der Schaffung eines Elektrizitätsbinnenmarktes".

    [5] Diese Mitteilung erfolgt im Anschluss an die Mitteilung vom 16. Mai 2000, in der die Kommission erste Überlegungen zur Vollendung der Liberalisierung des Elektrizitätssektors vorstellte.

    Bei der Ausarbeitung dieser Mitteilung und vor der Formulierung von Schlüssen hielt die Kommission es für wichtig, den Standpunkt aller Beteiligten - Sozialpartner, Elektrizitäts- und Erdgasproduzenten, Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), Verteiler-/Fernleitungsunterneh men, Verbraucher - und andere betroffene Kreise zu hören. Dazu wurde im September 2000 eine öffentliche Anhörung veranstaltet. An die 120 Vereinigungen und Unternehmen nahmen daran teil.

    2. der elektrizitäts- und erdgasbinnenmarkt - bisher erzielte fort schritte

    Rechtsrahmen

    Die EU-Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien (96/92/EG und 98/30/EG) traten am 19. Februar 1997 bzw. am 10. August 1998 in Kraft und sollten grundsätzlich zwei Jahre später in nationales Recht umgesetzt werden.

    Wenngleich die beiden Richtlinien die besonderen technischen und kommerziellen Merkmale der beiden Sektoren widerspiegeln, so beruhen sie doch zu einem großen Teil auf identischen Schlüsselmaßnahmen, die darauf abzielen, die Märkte für den Wettbewerb zu öffnen. Nach der Umsetzung der Richtlinien wurden die ausschließlichen Rechte für die Ein- und Ausfuhr von Erdgas und Elektrizität und für den Bau und Betrieb von Erdgas- und Elektrizitätsanlagen abgeschafft. Im Elektrizitätssektor wurde auch der Bau neuer Erzeugungskapazitäten in vollem Umfang für den Wettbewerb geöffnet.

    Die Richtlinie legt Mindestziele für den Grad der Marktöffnung fest - im Elektrizitätssektor entspricht er 30 % des Inlandsverbrauchs im Jahr 2000 und 35 % im Jahr 2003. Der Gasmarkt muss im Jahr 2000 zu 20 % und im Jahr 2003 zu 28 % geöffnet sein. Dadurch haben die größten Abnehmer die Möglichkeit, ihren Versorger frei zu wählen. Im Erdgassektor haben auch alle gasbefeuerten Stromerzeugungsanlagen unabhängig von ihrem Jahresverbrauch diese Möglichkeit.

    Die Öffnung eines bedeutenden Teils des Marktes (quantitative Öffnung) ist zwar für die Entwicklung des Wettbewerbs von entscheidender Bedeutung, sie bietet jedoch keine Gewähr dafür, dass der Markt in der Praxis funktioniert. In diesem Zusammenhang kommt dem Netzzugang eine Schlüsselfunktion zu, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass das Netz ein natürliches Monopol bleiben dürfte. In den meisten Fällen dürfte es nicht wirtschaftlich sein, die bestehenden Netze zu duplizieren, die somit wesentliche Infrastruktureinrichtungen sind. Daher ist es von größter Wichtigkeit, dass den Marktteilnehmern ein fairer Zugang zu den Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilernetzen einschließlich aller damit verbundenen, erforderlichen Hilfseinrichtungen gewährt wird (,Netzzugang Dritter"). Dies lässt sich eher verwirklichen, wenn die Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilersysteme (die in der Praxis häufig von vertikal integrierten Unternehmen betrieben werden) funktionell von den übrigen Geschäftsinteressen, insbesondere von der Erzeugung/Gewinnung und Versorgung, getrennt werden.

    Im Rahmen der Richtlinien wird den Mitgliedstaaten die Wahl zwischen einem System des Netzzugangs Dritter auf der Grundlage veröffentlichter, standardisierter Tarife, die für alle Kunden gelten (,geregelter Netzzugang"), und einem System geboten, das auf Verhandlungen zwischen den Parteien mit der Veröffentlichung der wesentlichen Geschäftsbedingungen (,Netzzugang auf Vertragsbasis") beruht. Hinsichtlich der Entflechtung sind integrierte Unternehmen verpflichtet, ihre verschiedenen Geschäftsaktivitäten durch die Trennung ihrer Buchführung und durch die vertrauliche Behandlung wirtschaftlich sensibler Informationen mittels ,chinesischer Mauern" (Informationsflussbeschränkungen) zu entflechten. Darüber hinaus ist in der Elektrizitätsrichtlinie als Anforderung vorgesehen, dass ein (zumindest in punkto Management) unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber benannt wird, um sicher zu stellen, dass hinsichtlich der Netznutzung keine Diskriminierung zwischen etablierten Unter nehmen und neuen Marktteilnehmern erfolgt. Um die Nichtdiskriminierung zu gewährleisten, müssen die Mitgliedstaaten ferner eine kompetente und unabhängige Schlichtungsstelle benennen.

    Umsetzung in der Praxis [6]

    [6] Detaillierte Informationen enthalten die Web-Seiten der Kommission über den Elektrizitätssektor http://europa.eu.int/comm/energy/en/elec_single_market/index_en.html. und über den Erdgassektor http://europa.eu.int/comm/energy/en/gas_single_market/index_html.

    Inzwischen haben alle Mitgliedstaaten nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt erlassen. Belgien muss jedoch die für die Anwendung der Bestimmungen erforderlichen sekundären Rechtsvorschriften (Durchführungsverordnungen) noch erlassen.

    Was den Erdgasbinnenmarkt betrifft, so haben die meisten Mitgliedstaaten die Erdgas richtlinie am 10. August 2000 in primäres nationales Recht umgesetzt. Die Kommission prüft derzeit die Umsetzungsvorschriften dieser Länder, um sicherzustellen, dass alle Anforderun gen der Richtlinien im Detail erfuellt wurden. Drei Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich und Luxemburg) müssen diesen Prozess jedoch noch abschließen; Vertragsverletzungs verfahren wurden bereits eingeleitet.

    Dennoch waren die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der Richtlinien ermutigend. In punkto Marktöffnung sind die Mitgliedstaaten größtenteils über das rechtlich geforderte Maß hinausgegangen, und viele haben bereits beschlossen, den Markt schrittweise vollständig zu öffnen.

    Öffnung des Gas- und Strommarktes in der EU - 2000

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Überdies hat eine deutliche Mehrheit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Marktöffnung die strukturellen Maßnahmen gewählt, die sich für eine Förderung eines wirksamen Wettbewerbs am besten eignen dürften. Die meisten Mitgliedstaaten entschieden sich für den geregelten Netzzugang Dritter, das Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Erzeugungs anlagen, die vollständige rechtliche Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber und für die Schaffung unabhängiger Regulierungsbehörden.

    Allerdings ist der Trend zum geregelten Netzzugang Dritter und zur strengen Entflechtung im Erdgassektor weniger ausgeprägt als im Elektrizitätssektor. Lediglich sechs Mitgliedstaaten betreiben eine rechtliche oder auf die Eigentumsverhältnisse bezogene Trennung der Transportaktivitäten und gewerblichen Versorgungsaktivitäten integrierter Unternehmen oder ziehen diese ernsthaft in Erwägung.

    Im derzeitigen Stadium lässt sich daher feststellen, dass der Umsetzungsstand ermutigend ist, wenngleich die Erfahrung in der Praxis gezeigt hat, dass weitere Verbesserungen und Anstrengungen erforderlich sind, um ein reibungsloses Funktionieren der beiden Märkte sicherzustellen.

    Wie bereits dargelegt, gibt es zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Marktöffnungsgrades, wobei dieser Trend anhalten dürfte, wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden. Die Lage ist alles andere als einheitlich, obwohl eine überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten derzeit davon ausgeht, dass die Liberalisierung für alle Elektrizitätskunden bis 2007 und für alle Erdgaskunden bis 2008 verwirklicht werden wird. Bei den meisten Mitgliedstaaten und Marktteilnehmern hat dies zu großer Besorgnis geführt. Sie befürchten, dass wirkliche gleiche Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt nicht entstehen werden, wenn diese Situation über längere Zeit andauert. Die Reziprozitätsbestimmungen der Elektrizitäts- und der Erdgasrichtlinie wurden zeitlich begrenzt dafür konzipiert, die Frage quantitativer Ungleichgewichte bei der Marktöffnung zu behandeln. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass eine solche Klausel es mitunter nicht ermöglicht, allen Aspekten der Schaffung wirklich gleicher Ausgangs bedingungen für die Mitgliedstaaten und Betreiber gerecht zu werden [7].

    [7] Beispiel: Immer ausgeklügeltere Handelsvereinbarungen lassen eine Ermittlung der Herkunft von Gas oder Strom nicht mehr zu.

    Bei der öffentlichen Anhörung haben die Teilnehmer, die ihren Standpunkt vortrugen, mit überwältigender Mehrheit auf die Bedeutung dieses Umstandes hingewiesen. Die große Diskrepanz zwischen den Wettbewerbsbedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten, z. B. hinsichtlich günstigerer Stromankaufsmöglichkeiten für KMU, wurde als erhebliche Wettbewerbsverzerrung betrachtet. Mehr als 80 % derer, die bei der Anhörung ihren Standpunkt äußerten, plädierten für eine kurz- bis mittelfristige vollständige Marktöffnung.

    Die Marktöffnung ist wichtig, doch um in der Praxis wirksam zu sein, muss ein fairer und diskriminierungsfreier Zugang zum Netz gewährleistet sein. Trotz großer Fortschritte, vor allem im Elektrizitätssektor, besteht hier noch Verbesserungsbedarf. Die zahlreichen Beschwerden, die bei der Kommission, den Behörden der Mitgliedstaaten sowie den Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden eingegangen sind, deuten darauf hin, dass das oberste Ziel des diskriminierungsfreien Netzzugangs in der Praxis noch nicht vollständig erreicht wurde. Darüber hinaus haben Unternehmen der Kommission mitgeteilt, dass in Fällen, in denen keine klare und wirksame Entflechtung zusammen mit veröffentlichten Standardtarifen für den Netzzugang Dritter besteht, ein erhebliches Markteintrittshemmnis gegeben ist, da schwer vorstellbar ist, dass ein diskriminierungsfreier Netzzugang wirklich gewährleistet sein wird. Diese Situation ist daher ein erhebliches Hemmnis für die Entwicklung eines wirksamen Energiebinnenmarktes. Die Systeme und Regeln für den Netzzugang Dritter und der Grad der Entflechtung spielen in diesem Zusammenhang eine grundlegende Rolle. Auf diese für die Schaffung eines fairen Wettbewerbs grundlegenden Faktoren wurde auch im jüngsten Grünbuch über die Versorgungssicherheit der EU hingewiesen [8].

    [8] KOM(2000) 769, S. 71.

    Daraus ergibt sich, dass eine wirksame Entflechtung sowie angemessene, faire und diskriminierungsfreie Bedingungen für den Zugang zu den europäischen Erdgas- und Elektrizitätsnetzen erforderlich sind, damit ein echter Wettbewerb entstehen und sowohl für die Versorgungsunternehmen als auch für die Verbraucher konkrete Ergebnisse mit sich bringen kann. Werden diese Voraussetzungen nicht erfuellt, sind Wettbewerbsverzerrungen nach wie vor wahrscheinlich. Im Hinblick auf die Struktur des Gassektors ist die Entwicklung eines echten angebotsseitigen Gaswettbewerbs am vorgelagerten Ende der Erdgasversor gungskette ebenfalls unerlässlich. Bei der Erreichung dieses Ziels spielen sowohl die Gasrichtlinie als auch die Wettbewerbspolitik eine wichtige Rolle.

    Die Teilnehmer der Anhörung wiesen auch auf diese qualitativen Aspekte hin und betonten, sie seien für die Entwicklung eines echten, wirksamen und fairen Wettbewerbs von größter Bedeutung. In mehr als 70 % der bei der öffentlichen Anhörung geäußerten Standpunkte wurde eine Stärkung der bestehenden Entflechtungsbestimmungen befürwortet. Abgesehen von den Vertretern der Erdgaswirtschaft waren nur zwei der vertretenen Organisationen und Unternehmen der Ansicht, dass die derzeitigen Bestimmungen der Richtlinie ausreichen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Hinsichtlich des Netzzugangs Dritter war es sogar so, dass sich keiner der Interessenvertreter in den geäußerten Standpunkten für den in der Richtlinie vorgesehenen Netzzugang Dritter auf Vertragsbasis aussprach.

    Im gleichen Rahmen wiesen zahlreiche Teilnehmer darauf hin, wie wichtig eine unabhängige nationale Regulierungsbehörde sei, und einige Teilnehmer bestanden darauf, dass eine Regulierungseinrichtung auf europäischer Ebene erforderlich sei. Eine Regulierungs einrichtung ist insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung eines diskriminierungs freien Netzzugangs für die Schaffung eines echten Wettbewerbsmarkts wichtig. Regulie rungseinrichtungen sind befugt, Netztarife festzulegen oder zu genehmigen und im Vorfeld auf dem Markt zu intervenieren, anders als Wettbewerbsbehörden, die sich nur nachträglich und gemäß Verfahren, die für die Festsetzung von Tarifen nicht geeignet sind, mit Wettbewerbsproblemen befassen können.

    Des Weiteren gilt es, in dieser Frage zu einer gemeinsamen Herangehensweise auf der Basis hoher Standards zu gelangen, um gleiche Ausgangsbedingungen vor allem im Hinblick auf die Ausarbeitung ähnlicher Vorschriften in den Beitrittsländern zu gewährleisten.

    Abschließend lässt sich daher Folgendes sagen: Wenngleich sich die gerade stattfindende Marktöffnung auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit insgesamt positiv auswirkt, zeichnen sich bereits jetzt, in diesem frühen Stadium, eine Reihe von Schwächen bezüglich des derzeitigen Rechtsrahmens ab, für die Abhilfe geschaffen werden muss, wenn ein voll funktionsfähiger Binnenmarkt für Erdgas und Elektrizität verwirklicht werden soll.

    Preisentwicklung [9]

    [9] Dieses Kapitel beruht im wesentlichen auf Quellen von Eurostat, das zwei Mal pro Jahr Statistiken über die Strom- und Erdgaspreise veröffentlicht.

    Seit der Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie sind die Strompreise für Industriekunden in fast allen Mitgliedstaaten zurückgegangen. Die Preisrückgänge waren im allgemeinen in den Mitgliedstaaten am stärksten ausgeprägt, in denen die Marktöffnung über das gesetzlich geforderte Mindestmaß hinausging und in denen der Markt einem wirksamen Inlands- oder Importwettbewerb ausgesetzt war. Dies geht aus dem folgenden Schaubild hervor, das die Preisentwicklung für Großkunden aus der Industrie seit 1995 zeigt.

    >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

    Quelle: Eurostat Hinweis: Energiesteuern sind in den Preisen nicht enthalten; die MwSt. und Preise wurden deflationiert. "Industrie" wird wie folgt definiert: jährlicher Stromverbrauch von 2 GWh.

    Im Vereinigten Königreich, dem ersten Mitgliedstaat, in dem die Liberalisierung betrieben wurde, waren seit dem Beginn der Marktöffnung erhebliche Preissenkungen im Jahre 1990 zu verzeichnen. Die Preise für Industrieabnehmer wurden zum Beispiel seither im Durchschnitt real um beinahe 35% gegenüber dem Gemeinschaftsmittel von 25 % gesenkt. In Finnland und Schweden, wo die Marktöffnung später einsetzte, gab es ebenfalls erhebliche Preisrückgänge. Sie betrugen in Finnland seit 1995 20 % und in Schweden seit 1996 15 %. Dies ist bemerkenswert, wenn man berücksichtigt, dass die Elektrizitätspreise in diesen beiden Ländern vor der Marktöffnung bereits zu den niedrigsten in Europa gehörten. In Deutschland schließlich, wo mit der Marktöffnung erst vor kurzem begonnen wurde, war ein schneller Preisrückgang - zwischen März 1998 und August 2000 im Durchschnitt um 25 % - zu bemerken.

    Die Elektrizitätspreissenkungen sind nicht auf die Industrie beschränkt, wenngleich sie sich bei den Haushalten weniger stark ausgewirkt haben. Die größten Preisrückgänge finden sich in den Mitgliedstaaten, in denen die Verbraucher den Versorger frei wechseln können und in denen sich der Wechsel in der Praxis leicht bewerkstelligen lässt. Die Erfahrung hat in Finnland und Schweden zum Beispiel gezeigt, dass Haushalte von der Marktöffnung profitieren konnten, als die Anforderung zur Investition in teuere Messgeräte abgeschafft und das Konzept der standardisierter Lastprofile [10] eingeführt wurde. Seit 1998 gingen die durchschnittlichen Preise für Privatkunden in Finnland um 13 % und in Schweden um 16 % zurück [11].

    [10] Bei einem standardisierten Lastprofil wird in puncto Volumen und Nachfragezeitpunkt von einem ange nommenen Stromverbrauch eines Kleinabnehmers ausgegangen. Abweichungen vom Profil werden nach in bestimmten Zeitabständen erfolgenden Ablesungen des Zählers ausgeglichen, weshalb das kostspielige, minutengenaue Ablesen des tatsächlichen Kundenverbrauchs und der Vergleich mit dem vertragsmäßig vereinbarten Volumen nicht erforderlich sind.

    [11] Dem Verband Schwedischer Elektrizitätsvertreiberunternehmen zufolge haben zwischen dem 1. No vember 1999 und dem 31. August 2000 10 % aller Haushalte den Versorger gewechselt. Die Elektrizi tätspreise sind jedoch auch für die übrigen Haushalte zurückgegangen. Der Verband schätzt, dass zwei Drittel aller Elektrizitätsversorgungsunternehmen ihre Preise gesenkt haben.

    Die Strompreisentwicklung war seit dem Beginn der Marktöffnung in der Europäischen Union somit ausgesprochen positiv. Allerdings lässt sich daraus nicht folgern, dass die Preise mit fortschreitender Marktöffnung weiter sinken werden. Einer der wichtigsten Faktoren, der den Strompreis bestimmt, ist der für seine Erzeugung eingesetzte Energieträger. Die Europäische Union hat zum Beispiel wenig Einfluss auf die Entwicklung des Rohölpreises und, zumindest gegenwärtig, auf die Erdgaspreisentwicklung, die in den meisten Mitgliedstaaten an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt ist. Ein echter Wettbewerbsmarkt sorgt jedoch dafür, dass der Preis Angebot und Nachfrage angemessen widerspiegelt und Effizienzsteigerungen erfolgen, die im Rahmen der alten, von nationalen Monopolen beherrschten Marktstruktur nicht stattfanden.

    Im Erdgassektor ist die Lage weniger klar. Die Auswirkung der Marktöffnung auf die Gaspreise wurde durch die gestiegenen Ölpreise und die Entwicklung des Euro/US-Dollar-Wechselkurses erheblich verzerrt. Bis zu einem gewissen Grad spiegelt dies die strukturellen Unterschiede zwischen der Gasgewinnung und der Stromerzeugung sowie die Vertragsvereinbarungen für die Gasversorgung einschließlich der Kopplung der Gaspreise an die Ölpreise wider. Solange kein echter Wettbewerb im Erdgassektor entsteht, werden die Gaspreise die Angebots- und Nachfragesituation auf dem Gasmarkt unabhängig von der Lage auf dem Ölmarkt nicht richtig wiedergeben. Dennoch hat zum Beispiel im Vereinigten Königreich die Einführung des Wettbewerbs zusammen mit anderen Faktoren, wie reichhaltige Brennstoffvorräte und die relativ isolierte Lage des VK-Marktes, anfänglich zu niedrigeren Gaspreisen geführt. Im Vereinigten Königreich gingen zwischen 1990 und 1999 die durchschnittlichen Erdgaspreise für Industriekunden um 45 % und für Privathaushalte um 20 % zurück [12]. Nach der Inbetriebnahme der Verbindungsleitung von Bacton, Vereinigtes Königreich, nach Seebrügge, Belgien, im Oktober 1998, verdoppelten sich allerdings die Erdgaspreise im Vereinigten Königreich im Laufe des Jahres 2000 annähernd als Folge gestiegener Erdgaspreise auf dem europäischen Festland, die an den in den vergangenen 18 Monaten erheblich gestiegenen Ölpreis gekoppelt waren.

    [12] Quelle: Ministerium für Handel und Industrie: "Indikatoren für den UK-Energiesektor 1999".

    Hinsichtlich der Gaspreise bestehen zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede. Dies dürfte für die energieverbrauchende Industrie zu Marktverzerrungen führen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass KMU derzeit in preislicher Hinsicht häufig gegenüber industriellen Großverbrauchern benachteiligt sind, vor allem, wenn sie zur Kategorie der nichtzugelassenen Kunden gehören und den Versorger nicht frei wählen können.

    Die Beobachtung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktes ist wichtig, damit sichergestellt wird, dass sich ein echter Wettbewerb entfaltet und die niedrigeren Strom- und Gaspreise sich nicht auf die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien in den Bereichen erneuerbare Energieträger und Energieeffizienz negativ auswirken. Dies betrifft nicht nur die Stromendpreise, sondern auch Wettbewerbsindikatoren, zum Beispiel die Frage, wie viele Kunden infolge der Marktöffnung den Versorger wechseln, wie sich die Marktanteile ändern und in welchem Umfang Stromunternehmen neu auf dem Markt auftreten. Nicht vergessen werden darf allerdings, dass allein schon die Gefahr des Auftretens neuer Marktteilnehmer ausreichen kann, um etablierte Versorgungsunternehmen zur Senkung ihrer Preise zu bewegen. Da die Analyse der Marktanteile mitunter kein genauer Indikator für die Auswirkungen der Liberalisierung ist, wird ein Benchmarking der gemeinschaftsweiten Übertragungs- und Vertriebstarife wichtig sein, um sicherzustellen, dass die nationalen Regulierungsbehörden über die für den richtigen Vergleich einheimischer Tarife erforderlichen Informationen verfügen. Die Kommission hat vor kurzem eine Studie zu diesem Thema initiiert, die Teil ihrer fortlaufenden Arbeiten sein wird.

    Entwicklung des Handels im Binnenmarkt

    2.1.1. Derzeitige Lage und Trends im Binnenmarkt

    Ziel der Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien ist es, einen wirklich integrierten Binnenmarkt und nicht fünfzehn mehr oder weniger liberalisierte, jedoch weitgehend nationale Märkte zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist es als positives Zeichen zu werten, dass auch der grenzüberschreitende Handel zunimmt. So entspricht das Gesamtvolumen des Elektrizitäts handels rund 8 % der gesamten Elektrizitätserzeugung in der Gemeinschaft. Wie im Grünbuch über die Versorgungssicherheit der EU [13] dargelegt wurde, ist dieser Anteil viel geringer als in anderen Branchen, zum Beispiel in den Sektoren Telekommunikation, Finanzdienstleistungen und Industrieerzeugnisse, die stark vom Binnenmarkt profitiert haben.

    [13] KOM(2000) 769, S. 69.

    In der nachstehenden Tabelle sind die physikalischen Stromexporte und -importe für die einzelnen Länder für das Jahr 1999 angegeben [14]:

    [14] Der Handel mit dem skandinavischen Netz (NORDEL) sowie zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich sind nicht enthalten.

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Der grenzüberschreitende Handel ist zwar noch nicht sehr ausgeprägt, doch bedeutet dies nicht, dass der Wettbewerb keine Wirkung gehabt hat. Wie bereits festgestellt, gingen die Strompreise seit der Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie in nahezu allen Mitgliedstaaten zurück. Sowohl der Wettbewerb in den einzelnen Ländern als auch der Druck der ausländischen Konkurrenz haben trotz physikalischer Schwierigkeiten dazu geführt, dass die Stromerzeuger die Preise senken mussten, um ihre Kunden zu behalten.

    Darüber hinaus sind die Zahl der Kunden, die sich für einen Versorgerwechsel entschieden haben, und die Frage, ob die neue Versorgung von einem Erzeuger mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat stammt, wichtige Indikatoren für den Grad der Entstehung eines wirklich integrierten Binnenmarktes. Daher hat die Kommission damit begonnen, diese Faktoren zu beobachten, und hat diesbezügliche Informationen von der Industrie, den Mitgliedstaaten und den einzelstaatlichen Regulierungsbehörden angefordert. Obwohl noch nicht für alle Mitgliedstaaten Daten vorliegen, lassen sich eine Reihe von Indikatoren ermitteln.

    Den der Kommission derzeit vorliegenden Informationen zufolge ist die Zahl der Kunden, die den Versorger gewechselt haben, in den Mitgliedstaaten am höchsten, in denen die Marktöffnung früh begann. In Finnland haben zum Beispiel an die 20 % bzw. 30 % der Kunden den Versorger gewechselt; in Schweden und im Vereinigten Königreich wird davon ausgegangen, dass die meisten Industriekunden seit der Einführung des Wettbewerbs 1996 den Versorger mindestens einmal gewechselt haben. Doch auch in den Mitgliedstaaten, in denen die Marktöffnung später erfolgte, lässt sich ein Trend zum Versorgerwechsel feststellen. Was Frankreich, Deutschland, Spanien und Portugal betrifft, so wurde geschätzt, dass dort ca. 5 % der zugelassenen Kunden den Versorger gewechselt haben.

    Über das Herkunftsland des von den Kunden gewählten neuen Versorgers liegen nur sehr wenige Informationen vor. Die meisten Kunden scheinen sich jedoch für einen Versorger ihres Landes zu entscheiden, außer in Ländern, in denen ein einziger einheimischer Versorger dominiert. Die Beobachtung der Entwicklungen ist wichtig, wobei sich mehr Informationen darüber mit Hilfe der Indikatoren gewinnen lassen dürften, die die Kommission derzeit von EUROSTAT für die Beobachtung und Bewertung des Funktionierens des Binnenmarktes entwickeln lässt.

    Die aufgezeigten Entwicklungen belegen, dass in der Gemeinschaft ein echter Wettbewerbs markt im Entstehen begriffen ist. Sie zeigen jedoch auch, dass die Entwicklung eines derartigen Marktes alles andere als abgeschlossen ist.

    In Ländern, in denen der Strommarkt von ein oder zwei Erzeugern beherrscht wird, die die gesamte im Land verbrauchte Elektrizität produzieren, kann ein Wettbewerbsumfeld, das heißt ein echter Wettbewerb auf dem Markt, nur erreicht werden, wenn ein hohes Importvolumen möglich ist.

    Falls der grenzüberschreitende Handel weiterhin begrenzt ist und die Märkte im wesentlichen national bleiben, ist überdies damit zu rechnen, dass die Erzeugungskapazitäten in der Union nicht effizient genutzt werden. Bleiben zum Beispiel die physikalisch begrenzten Exportmöglichkeiten bestehen, könnte es sein, dass in einem Land neue Erzeugungsanlagen gebaut werden, obwohl in einem anderen Land ungenutzte Kapazitäten in einer Anlage vorhanden sind, die von der Stillegung bedroht ist. Eine derartige Situation dürfte schließlich Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Union haben, wenn neue Anlagen importierte Energieträger, etwa Erdgas, verwenden, während bestehende, von Schließung bedrohte Anlagen mit Energieträgern betrieben werden, die von der Versorgungssicherheit her weniger problematisch sind, wie erneuerbare Energieträger.

    Für die Bewältigung dieser Probleme ist die Maximierung der Handelsmöglichkeiten von entscheidender Bedeutung. Hierfür gilt es, in drei Hauptbereichen tätig zu werden:

    *Festlegung zweckmäßiger Regeln für die Preisgestaltung im grenzüberschreitenden Handel,

    *Regeln für die Zuweisung und das Management knapper Verbindungskapazität und

    *sofern wirtschaftlich angebracht, Ausbau der vorhandenen physikalischen Verbindungs kapazitäten.

    Alle diese Punkte sind eine wesentliche Ergänzung der Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien.

    2.1.2. Die Arbeit der Florenzer und Madrider Foren

    Zur Behandlung dieser Fragen, insbesondere der ersten beiden Punkte, hat die Europäische Kommission zwei neue Gremien eingerichtet: das Europäische Forum für Elektrizitäts regulierung in Florenz (1998) und das Europäische Forum für Erdgasregulierung in Madrid (1999). Die vorstehenden Themen sind technischer Art, von der Sache her komplex und unterliegen einem raschen Wandel, und die Foren sind ein flexibles Instrument, das geeignet ist, um Fortschritte zu erzielen. Die Foren tagen zwei mal jährlich und bestehen aus Vertretern der Mitgliedstaaten, der nationalen Regulierungsbehörden, der Europäischen Kommission, der Übertragungsnetzbetreiber, Elektrizitäts- und Erdgasversorgungs unternehmen und -händler, Verbraucher, Strom- und Erdgasbörsen.

    Beide Foren haben als erste Maßnahme ein Gremium geschaffen, das die Übertragungs netzbetreiber vertritt. Für den Elektrizitätssektor wurde so die Vereinigung Europäischer Übertragungsnetzbetreiber gegründet, ein gänzlich neues und eigenständiges Gremium, das nicht mit anderen Verbänden oder Gremien der Elektrizitätswirtschaft zusammenhängt. Für den Erdgassektor wurde im Sommer 2000 ein Zusammenschluss von Fernleitungsnetzbetrei bern gegründet. Überdies haben die Elektrizitäts- und Erdgasregulierungsbehörden der Mitgliedstaaten den Rat europäischer Regulierungsbehörden im Energiebereich ins Leben gerufen. Diese Entwicklungen haben sich für die Erarbeitung gemeinsamer Positionen zu einer Reihe von anstehenden Fragen als wichtig erwiesen.

    2.1.3. Übertragungsentgelte für den grenzüberschreitenden Stromhandel

    Als die Richtlinie angenommen wurde, ging jeder Mitgliedstaat die Entgeltbildung für den grenzüberschreitenden Stromhandel auf der Grundlage seines eigenen, nationalen Systems an. Die Folge sind erhebliche Unterschiede zwischen den Entgeltstrukturen in der gesamten Gemeinschaft. In einigen Ländern tragen nur die Verbraucher die Gebühren, während in anderen die Gebühren zum Teil den Erzeugern, zum Teil den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden. Darüber hinaus erheben einige Mitgliedstaaten auf Stromtransitfluesse Gebühren, andere wiederum nicht. Dies führt zu großen Wettbewerbsverzerrungen und in vielen Fällen zur Gebührenkumulierung (Kumulierung der Gebühren aller Länder, die zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher liegen), die mit den entstandenen Kosten in keinem Zusammenhang steht. Die erste Aufgabe des Florenzer Forums war daher die, ein harmonisiertes System für die Entgeltbildung im grenzüberschreitenden Stromhandel zu vereinbaren.

    Im Forum einigte man sich rasch auf die Grundsätze, auf denen ein derartiges Entgeltsystem beruhen sollte: Transparenz, Einfachheit, Kostenorientierung und Diskriminierungfreiheit. Darüber hinaus gelang es, ein Einigung über die Grundlage des für die Umsetzung dieser Grundsätze erforderlichen Mechanismus herbeizuführen.

    *Der Mechanismus muss auf den physikalischen Leistungsfluessen und nicht auf der Entfernung zwischen zwei Vertragsparteien beruhen.

    *Wenn Länder erhebliche Nettostrommengen exportieren, verursachen sie physikalische Leistungsfluesse und Stromtransitfluesse. Diese Transitfluesse verursachen in den Ländern, über die sie abgewickelt werden, Kosten.

    *Diese Durchleitungsländer sollten für die Kosten entschädigt werden, die in ihren Netzen durch die Marktteilnehmer im dafür verantwortlichen Übertragungsnetzbetreibergebiet entstehen.

    *Diese Entschädigung sollte durch Zahlungen zwischen den Übertragungsnetzbetreibern erfolgen.

    Auf der fünften Tagung des Florenzer Forums im März 2000 wurde eine grundsätzliche Einigung darüber erzielt, ein Entgeltbildungssystem für den grenzüberschreitenden Elektrizitätshandel auf der Basis der oben genannten Grundsätze im Rahmen einer vor läufigen, einjährigen Testphase einzuführen. Demnach entschädigen die Übertragungsnetz betreiber einander für Stromtransitfluesse auf der Grundlage von finanziellen Berechnungen, die auf nationaler Ebene vorgeschlagen und überprüft werden. Eine wichtige Frage wurde jedoch der Regelung nach dem Subsidiaritätsprinzip überlassen: die Art und Weise, in der die nationalen Übertragungsnetzbetreiber das Ergebnis der geleisteten und eingenommenen Ausgleichszahlungen in ihrem nationalen Entgeltsystem wiedergeben. Es wurde vereinbart, die Regelung in diesem besonderen Punkt während des vorläufigen Einjahreszeitraums den Mitgliedstaaten anheim zu stellen. Die nationalen Mechanismen sollen jedoch der Gesamtkoordinierung und -überwachung durch die Europäische Kommission unterliegen, um zu gewährleisten, dass die potenziell unterschiedlichen Ansätze der Mitgliedstaaten nicht zu einer unangemessenen Verzerrung des Elektrizitätsbinnenmarktes führen.

    Bislang war die Kommission nicht bereit, das Inkrafttreten des vorläufigen Systems zu billigen. Auf der Grundlage der von allen betroffenen nationalen Regulierungsbehör den/zuständigen Verwaltungen übermittelten Informationen konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die möglicherweise unterschiedlichen Ansätze unangemessene Verzerrungen des Binnenmarktes zur Folge hätten. Die Mitgliedstaaten lassen sich nämlich grob gesprochen in zwei Kategorien einteilen: eine Gruppe beabsichtigt, eine Exportgebühr einzuführen, während die zweite Gruppe plant, sich für ein System zu entscheiden, nach dem die Kosten auf alle Netznutzer aufgeteilt werden. Angesichts dieser Gegebenheiten dürfte die Einführung des vorläufigen Systems zu einer unannehmbaren Diskriminierung zwischen den Betreibern und zu Handelsverzerrungen führen, und dies umso mehr, als die Höhe der von einigen Ländern in Betracht gezogenen Exportgebühr in vielen Fällen erheblich höhere Transaktionskosten als nach den derzeitigen nationalen Entgeltsystemen zur Folge hätte.

    Darauf wiesen auch Vertreter industrieller Großkunden, Händler, zahlreiche Mitgliedstaaten und eine Reihe von nationalen Regulierern hin, die mehrmals erhebliche Bedenken in Bezug auf das Konzept und die Höhe der geplanten Exportgebühr äußerten.

    Die Kommission ist der Ansicht, dass bereits das vorläufige Verfahren, trotz seines temporä ren Charakters, auf Grundsätzen beruhen muss, die ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten, und keine Elemente enthalten darf, die sich auf den Handel hemmend auswirken. Am besten ließe sich dies dadurch erreichen, dass die beiden Mitglied staaten, in denen die Einführung einer Exportgebühr erwogen wird, prüfen, ob von der Einfüh rung abgesehen werden kann oder ob eine erhebliche Senkung der vorgeschlagenen Gebühren höhe möglich ist, um etwaige Handels- und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

    Die Kommission hat mit einzelnen Regulierungsbehörden/nationalen Verwaltungen weitere Gespräche geführt, um diese Frage zwecks baldiger Einführung des vorläufigen Systems zu lösen.

    Im Laufe dieser Gespräche haben sich die betroffenen Mitgliedstaaten, insbesondere Deutschland, bereit erklärt, ihre geplante Exportgebühr zu senken, allerdings nur unter der Bedingung, dass alle anderen Mitgliedstaaten ihrerseits eine Exportgebühr in gleicher Höhe einführen, auch die Staaten, die eine Regelung bevorzugen, nach der die Kosten auf alle Netznutzer verteilt werden. Für diese Mitgliedstaaten und für die Kommission wäre ein derartiger Ansatz jedoch nicht annehmbar. In ihrem (unter Punkt 2.4.5 dargelegten) Vorschlag für ein endgültiges Entgeltsystem regt die Kommission den Grundsatz der Kostenteilung für alle Mitgliedstaaten an, weshalb es nicht folgerichtig wäre, Mitgliedstaaten, die diesem Ansatz bereits im Rahmen des vorläufigen Systems folgen wollen, zu dessen Aufgabe und zur Einführung einer Exportgebühr aufzufordern.

    Die Einführung eines vorläufigen Systems wäre ein bedeutender Fortschritt gewesen, der es ermöglicht hätte, Erfahrung mit dem Ausgleichsmechanismus zwischen den Übertragungs netzbetreibern zu gewinnen und die bestehenden Entgelte abzuschaffen, was ebenfalls zu einfacheren Entgeltstrukturen führen würde.

    Sollte sich jedoch keine zufriedenstellende Lösung finden, werden für die grenzüber schreitende Übertragung weiterhin rein nationale Systeme gelten, bis ein tragfähiges, endgültiges System in Kraft tritt, das dem nachstehend (Punkt 2.4.5) dargelegten Vorschlag entspricht. Die nationalen Übergangssysteme unterliegen jedoch nach wie vor den Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags.

    Doch selbst wenn das vorläufige System schließlich in Kraft treten kann, müssen noch einige wichtige Fragen gelöst werden, bevor ein endgültiges Entgeltsystem geschaffen werden kann, das in vollem Umfang den bereits dargelegten Grundsätzen entspricht. Zu diesen Grundsätzen gehören die genauen Methoden für die Berechnung der Kosten für die Durchleitung von Transitfluessen, die Harmonisierung der Methoden für die Finanzierung der Zahlungen und die Harmonisierung bestimmter, für einen fairen und von Wettbewerbsverzerrungen freien Handel erforderlicher Aspekte der nationalen Entgeltsysteme [15]. Im Rahmen des Florenzer Forums gelang es nicht, diese Fragen zu lösen.

    [15] Insbesondere geht es darum, inwieweit die Netzgebühren zwischen Erzeugern und Verbrauchern aufge teilt werden.

    2.1.4. Engpassmanagement

    Wenngleich der Bau erforderlicher und wirtschaftlich gerechtfertigter neuer Verbindungs leitungen für die Kommission eine hohe Priorität hat, muss doch anerkannt werden, dass auf bestimmten Verbindungsleitungen auf absehbare Zeit Engpässe bestehen werden. Für die Entwicklung des Binnenmarktes ist es daher entscheidend, dass die zur Verfügung stehende Kapazität auf eine Art und Weise zugeteilt wird, die einen vom Wettbewerb geprägten Binnenmarkt am ehesten verwirklicht. Auf dem Florenzer Forum wurde versucht, gemeinsame Leitlinien auszuarbeiten, um dieses Ziel bei der Kapazitätszuweisung durch die Mitgliedstaaten zu erreichen. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die aus Vertretern der Regulierungsbehörden, der Kommission, der Mitgliedstaaten und in bestimmten Fällen der Industrie bestand. Ihre Aufgabe war es, entsprechende Leitlinien zu erarbeiten, die auf der letzten Tagung des Florenzer Forums im November 2000 vereinbart wurden. Insbesondere wurde festgehalten, dass die Kapazität durch marktorientierte Mechanismen zugewiesen werden sollte. Mit der Annahme der Leitlinien wurde ein Fortschritt in der Frage des Engpass managements erzielt. Ihre praktische Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten erfolgt jedoch auf rein freiwilliger Basis.

    2.1.5. Weiterer Handlungsbedarf

    Das Florenzer Forum hat sich als äußerst effizientes Instrument für die Konsensbildung bei hochkomplizierten, sich schnell weiterentwickelnden und kontroversen Fragen erwiesen. In dieser Hinsicht wird es weiterhin ein wichtiges Instrument sein, vor allem, weil es die Vertretung der Branche und der Verbraucher gewährleistet, doch haben die jüngsten Erfahrungen, insbesondere im Zusammenhang mit der geplanten Einführung eines vorläufigen Entgeltsystems, gezeigt, dass dieses Verfahren mit einer Reihe von Nachteilen verbunden ist, wenn es darum geht, bei speziellen Fragen zu konkreten Entscheidungen zu gelangen:

    *Das Verfahren hat informellen Charakter und beruht auf zweitägigen Tagungen, die im Zweijahresrhythmus stattfinden. Insofern ist es für konkrete Entscheidungen zu äußerst detaillierten Fragen, die eingehend erörtert werden müssen, nicht geeignet.

    *Um bei einer Frage vorankommen zu können, ist der uneingeschränkte Konsens aller Parteien erforderlich.

    *Erzielte Beschlüsse können nur dadurch umgesetzt werden, dass alle Parteien sie befolgen; es gibt keine Verfahren, die die Umsetzung sicherstellen.

    *Bestimmte Fragen, etwa die Berechnung der richtigen Höhe der Zahlungen zwischen den Übertragungsnetzbetreibern, machen es erforderlich, regelmäßig ins Detail gehende Entscheidungen zu treffen. Das Forum ist nicht in der Lage, sich in geeigneter Weise mit derartigen Fragen zu befassen.

    Die Kommission ist daher zu dem Schluss gekommen, dass nunmehr ein Rechtsinstrument für einen klaren Entscheidungsfindungsprozess erlassen werden muss, um entscheidende Fortschritte bei der Entgeltbildung für die grenzüberschreitende Übertragung und bei der Bewältigung von Engpässen auf Verbindungsleitungen zu erzielen und um auf den im Rahmen des Forums erzielten Fortschritten aufbauen zu können. Ein solches Instrument ist unerlässlich, sollen die Verbraucher in vollem Umfang vom Binnenmarkt profitieren. Darüber hinaus gewährleistet ein derartiges Instrument die umfassende Beteiligung des Parlaments und des Rates.

    Die Mitgliedstaaten alleine können diese Frage nicht lösen. Die Ausarbeitung eines wirksamen Entgeltsystems setzt eine harmonisierte Vorgehensweise voraus und ist auf nationaler Ebene nicht möglich. Wie bereits dargelegt, wird ein informeller, auf Zusammenarbeit beruhender Ansatz nicht zur Verwirklichung eines zweckmäßigen Systems mit den erforderlichen verfahrensmäßigen und demokratischen Schutzvorschriften führen. Ein Vorschlag, der in die aufgezeigte Richtung geht, entspricht daher im vollen Umfang dem Subsidiaritätsprinzip, das Subsidiaritätsprinzip gebietet sogar einen solchen Vorschlag. Die Kommission hat daher beschlossen, dem Parlament und dem Rat zusammen mit dieser Mitteilung die Annahme einer ,Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel" [16] vorzuschlagen.

    [16] ABl. ...

    2.1.6. Erdgas: Das Madrider Forum

    Das Europäische Forum für Erdgasregulierung (Madrider Forum) trat erstmals 1999 zusammen; bislang fanden insgesamt drei Tagungen statt.

    Die Arbeiten in diesem Sektor sind weniger weit gediehen als im Stromsektor, da die Erdgasrichtlinie 18 Monate nach der Elektrizitätsrichtlinie umgesetzt wurde. Dennoch werden gegenwärtig viele wichtige Fragen im Rahmen des Madrider Forums aktiv angegangen, und werden nennenswerte Fortschritte erzielt. Die dritte Tagung des Forums im Oktober 2000 brachte eine Wende herbei, da die wesentlichen Fragen aufgezeigt und eine Reihe von maßgeblichen Grundsätzen sowie eine klare Agenda für die künftige Arbeit erarbeitet wurden.

    Bei Gas ist eine größere Korrelation zwischen dem physikalischen Weg und dem Vertrags weg gegeben als bei Strom. Dies gilt insbesondere für internationale Transitlieferungen, durch die Gas von den Gewinnungsstätten zu den Verbrauchermärkten transportiert werden. Seit vielen Jahren wird Erdgas zwischen den Mitgliedstaaten und durch diese hindurch transportiert, und mehr als 50 % des in der EU verbrauchten Erdgases passiert mindestens eine Grenze. Tarife für den grenzüberschreitenden Transport, die auf dem tatsächlichen Transportfluss durch die Systeme beruhen, gibt es bereits.

    Die Korrelation zwischen dem tatsächlichen Weg und dem Vertragsweg wird als Folge des Wettbewerbs jedoch schwinden. Daher muss unbedingt gewährleistet werden, dass die europäischen Gastarifsysteme diesem Umstand Rechnung tragen und dass die Tarife für den Zugang Dritter kostenorientiert sind. So sollten die Tarife in Fällen, in denen die tatsächlich entstandenen Transportkosten nicht den vertraglich vereinbarten Weg widerspiegeln (z. B. bei Swap-Geschäften), nicht entfernungsabhängig sein.

    Überdies wird die Engpassproblematik, die bisher keine wesentliche Einschränkung für die Entwicklung des europäischen Erdgasmarktes bedeutete, immer häufiger als potenzielles Handelshemmnis und als Grund für die Zugangsverweigerung angeführt. In einer ersten Etappe auf dem Weg zur Bereitstellung rechtzeitiger und genauer Informationen über die im europäischen Gasnetz verfügbaren Kapazitäten wurden die Gasfernleitungsbetreiber dazu aufgefordert, eine detaillierte Karte des europäischen Gasnetzes auszuarbeiten und zu veröffentlichen, auf der die an allen wichtigen Netzeinspeise- und -entnahmepunkten zur Verfügung stehenden Kapazitäten angegeben sind.

    Schließlich müssen Codes für den diskriminierungsfreien Netzzugang erarbeitet werden, die die Rechte und Pflichten der Netznutzer festlegen, um neuen Teilnehmern den Zugang zum Markt zu erleichtern. Auf dem Madrider Forum wurde dazu aufgerufen, Vereinbarungen zwischen den Fernleitungsbetreibern zu treffen, die den grenzüberschreitenden Handel fördern und als Clearingmechanismus für den Transport zwischen verschiedenen Netzen dienen sollen. Weitere Maßnahmen sind daher eindeutig erforderlich, um sicherzustellen, dass die Vorteile des Binnenmarktes an den Verbraucher weitergegeben werden. Daher gilt es, die im Rahmen des Madrider Forums geleistete Arbeit fortzusetzen und zu ergänzen. Aus den oben genannten Gründen ist es noch nicht angebracht, für Fragen der Entgeltbildung und des Engpass managements im Gassektor den Erlass von Rechtsvorschriften vorzuschlagen. Die Kommission wird nichtsdestoweniger diese Frage weiter im Auge behalten und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen vorschlagen.

    2.1.7. Infrastruktur: Ausarbeitung eines Elektrizitätsinfrastrukturplans und Überarbeitung der TEN-Leitlinien

    - Elektrizitätsinfrastruktur

    Voraussetzung für die Förderung des Stromhandels in der Gemeinschaft ist die optimale Nutzung der zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Verbindungsleitungen, die, wie bereits dargelegt, durch faire und transparente Regeln für die grenzüberschreitende Entgeltbildung und für das Engpass management erreicht werden soll.

    Genauso wichtig ist überdies der Bau neuer Infrastruktureinrichtungen, den es zu fördern gilt. Das europäische Übertragungsnetz ist für die Zwecke eines echten Binnenmarktes mit realen Handelsmöglichkeiten noch nicht ausreichend entwickelt. Dies ist insofern nicht verwunder lich, als die Verbindungsleitungen bislang von vertikal integrierten Monopolunternehmen gebaut wurden, die neben der Verbesserung der Sicherheit ihres eigenen Netzes und der Servicequalität keine weiteren Ziele verfolgten.

    Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Elektrizitätsrichtlinie sind Engpässe auf den folgenden drei Hauptverbindungsleitungen zu verzeichnen:

    -Die Iberische Halbinsel ist wegen unzureichender Verbindungsleitungen nach Frankreich und folglich zum übrigen europäischen Verbundnetz nach wie vor stark isoliert.

    -Die verfügbare Verbindungskapazität in Richtung Italien (von Frankreich, der Schweiz und Österreich aus) ist unzureichend.

    -Das Vereinigte Königreich ist nur über eine Verbindungsleitung begrenzter Kapazität mit Frankreich verbunden. Weitere Verbundprojekte werden geprüft, die Kosten für die Realisierung sind jedoch sehr hoch.

    Engpässe treten jedoch häufig auch an anderen Stellen des europäischen Verbunds auf, zum Beispiel in den Benelux-Ländern und Mitteleuropa sowie zwischen Skandinavien und dem europäischen Festland.

    In vielen Fällen, wie im Fall der französisch-spanischen Grenze, besteht die einzige Lösung für den Handelsausbau darin, neue Leitungen zu bauen oder die Kapazität vorhandener Leitungen, soweit technisch machbar, zu erhöhen.

    In vielen Fällen ist der Bau neuer Infrastruktureinrichtungen kein finanzielles Problem, da die Unternehmen angesichts der Marktnachfrage bereit sind, in neue Netze zu investieren. In der Regel handelt es sich eher um ein politisches Problem. Die Schaffung neuer Verbindungskapazitäten stößt vielfach auf Sachzwänge, die ein Abwägen zwischen dem allgemeinen Interesse - auf der Ebene der Gemeinschaft oder in den einzelnen Mitglied staaten - und den Vorbehalten gegen neue Infrastruktureinrichtungen auf lokaler Ebene erfordern. Der Bau neuer Übertragungsleitungen weckt oft örtlichen Protest an strategischen Stellen, etwa in der Region der Pyrenäen oder Alpen, was die Realisierung schwierig gestaltet.

    Die Gemeinschaft spielt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle, indem sie sicherstellt, dass das Funktionieren des Marktes nicht durch physische Sachzwänge behindert wird. Im Grünbuch über die Sicherheit der Energieversorgung der Union [17] wies die Kommission darauf hin, dass eine unzureichende Netzinfrastruktur die Integration der nationalen Märkte verlangsamen und dadurch die Versorgungssicherheit einschränken kann. Daher sollte der Erweiterung des Binnenmarktes und der dafür erforderlichen zusätzliche Verbindungs kapazität gebührend Rechnung getragen werden.

    [17] KOM(2000) 769, S. 70.

    Zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten gilt es zunächst, die verfügbare Kapazität bestehen der Leitungen auszubauen. Darüber hinaus muss gegebenenfalls der Bau neuer Leitungen gefördert werden. Dazu sollte mit Arbeiten an einem europäischen Verbundplan begonnen werden, der im Rahmen eines neuen Verfahrens Systeme ,von europäischem Interesse" aufzeigt. Ein entsprechender Vorschlag wird in Übereinstimmung mit der bevorstehenden Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäischen Netze vorgelegt werden. Ein derartiger Plan würde dazu beitragen, Schwierigkeiten auf lokaler und nationaler Ebene zu überwinden.

    Als ersten Schritt für die Ausarbeitung dieses Plans wird die Kommission unter Beachtung des Ziels einer besseren Koordinierung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten eine Überprüfung einleiten, die sich mit folgenden Punkten befasst:

    1) Analyse der Definitionen und Kriterien, die sowohl in den Mitgliedstaaten als auch von größeren Netzzusammenschlüssen (UCTE, NORDEL, UK) für die Schätzungen der verfügbaren Kapazität verwendet werden. In bestimmten Fällen könnte eine relative Erhöhung der bekannt gegebenen verfügbaren Kapazität vorgeschlagen werden. Die technischen Betriebsstandards (z. B. maximale Temperatur der Kabel) werden ebenfalls geprüft und Vorschläge für die Überarbeitung und Harmonisierung vorgelegt werden.

    2) Die Möglichkeiten technischer Verbesserungen, etwa die Verstärkung von Transformatoren oder von bestimmten Leitungsabschnitten oder die Einführung neuer Technologien, werden ebenfalls im Hinblick auf den Ausbau der physikalischen Kapazität bestimmter Verbindungsleitungen untersucht werden.

    3) Nach einer Bewertung der Möglichkeiten des Ausbaus der verfügbaren Kapazität bestehender Netze wird die Studie die Kriterien einer für einen funktionsfähigen, echten Binnenmarkt erforderlichen Minimalverbindung zwischen den Netzen festlegen und die erforderlichen neuen Verbindungen aufzeigen.

    Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass durch die Elektrizitätsrichtlinie gewährleistet wird, dass die Mitgliedstaaten über alle Instrumente verfügen, die erforderlich sind, um diese Stärkung zu fordern, und dass derartige Maßnahmen mit der Richtlinie vereinbar sind. In dem Vorschlag für die überarbeitete Richtlinie sind daher Bestimmungen in diesem Sinne enthalten.

    - Erdgasinfrastruktur

    Wie im Stromsektor ist ein gut integriertes Netz eine grundlegende Voraussetzung für einen wirklichen Gasbinnenmarkt und für die Versorgungssicherheit. Die in den letzten zehn Jahren stark wachsende Nachfrage nach Erdgas in der Europäischen Union und die besondere Situation, die im Gefolge der jüngsten Umsetzung der Erdgasrichtlinie entstanden ist, haben diese Notwendigkeit schlaglichtartig beleuchtet.

    Generell entwickelt sich der Zusammenschluss der Erdgasverbundnetze in der EU gut, wobei ein Zusammenspiel aus Marktnachfrage, zusätzlich benötigter Transportkapazität und Erwägungen der Gasversorgungssicherheit der Motor hierfür sind.

    In den letzten Jahren wurden viele große, neue Erdgasleitungen in Betrieb genommen, die das EU-Gasnetz sowohl intern als auch gegenüber den Lieferanten von außerhalb der EU gestärkt und weiter integriert haben. Die Erdgasbetreiberunternehmen haben in den vergangenen Jahren wichtige Infrastruktureinrichtungen für den Erdgastransport geschaffen, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Dazu gehören Projekte im nördlichen Teil der EU (Verbindung UK-Kontinent, neue Versorgungsleitungen von Norwegen aus und entsprechen der Ausbau in Kontinentaleuropa), in der Mitte (mehrere Erdgasleitungen in Deutschland) und im Süden (neue Erdgasnetze in Portugal, in Griechenland und im Westen Spaniens, neue Erdgasleitungen von Algerien aus).

    Allerdings kann die gestiegene Nachfrage und der grenzüberschreitende Handel im Gefolge der Marktöffnung zu Engpässen führen und dazu, dass Engpassprobleme - in ähnlicher Weise wie bereits bei den Elektrizitätsnetzen beschrieben - bewältigt werden müssen, beispielsweise an der niederländischen Grenze, in Irland und in Frankreich (verfluessigtes Erdgas). Daher wird, soweit machbar, bei den Erdgasnetzen hinsichtlich der Ermittlung neuer Verbindungsleitungen, der Festlegung zweckmäßiger Tarife und Mechanismen für die Kapazitätszuweisung ähnlich wie bei den Elektrizitätsnetzen vorgegangen werden.

    - Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäischen Netze

    Im Jahr 1994 hat die Europäische Union den politischen Rahmen für die Förderung der transeuropäischen Netze (TEN) abgesteckt, und 1995 begann das TEN-Programm für die Strom- und Gasnetze. Derzeit gibt es im Elektrizitätssektor 44 Projekte von gemeinschaftsweitem Interesse, die Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern betreffen, und im Erdgassektor 46 Projekte in den Bereichen Ölleitungen, Flüssiggasterminals und Lagerung. Die Schaffung und der Ausbau der transeuropäischen Energienetze leisten einen Beitrag zur Vollendung des Binnenmarktes. Sie stärken auch die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Elektrizitäts- und Erdgasversorgung in der Gemeinschaft und tragen zur Kohäsion bei. Eines der vorrangigen Anliegen der Politik, die im Zusammenhang mit den transeuropäischen Energienetzen verfolgt wird, ist der Ausbau der Verbindungsleitungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Inlandsverbindungen, die deren Verlängerung in den Mitgliedstaaten darstellen. Der Ausbau des Handels im Rahmen des Binnenmarktes hat die Kommission dazu bewogen, eine Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze vorzuschlagen, durch die der Schwerpunkt auf den optimalen Betrieb der Energienetze im Energiebinnenmarkt unter gebührender Berücksichtigung der künftigen Erweiterung gelegt wird.

    Im Hinblick darauf wird die Kommission in Kürze einen Bericht über die Umsetzung der Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze annehmen und diese Leitlinien überarbeiten. In diesem Zusammenhang wird es notwendig sein, sich auf besonders umweltfreundliche Projekt zu konzentrieren und diese zu fördern, sowie insbesondere auf solche, die geeignet sind, Netzverluste zu vermeiden. Im Rahmen der Bearbeitung werden die folgenden Punkte behandelt werden: Problemlösungen für fehlende Teilstücke und Netzengpässe und Aufzeigen neuer Erfordernisse, die sich aus der Umsetzung der Erdgas- und der Elektrizitätsrichtlinie und der wachsenden Zahl von zugelassenen Kunden ergeben.

    2.1.8. Schlussfolgerung

    Die Gestaltung von Bedingungen, die den Strom- und Gashandel fördern, muss und wird auch weiterhin eine der Prioritäten der Kommission sein. Die Annahme des Verordnungs vorschlags betreffend Tarife für die grenzüberschreitende Übertragung und das Engpass management wird ein wichtiger Fortschritt sein. Trotzdem muss diese Initiative, wo dies technisch möglich und wirtschaftlich gerechtfertigt ist, durch den Bau neuer Infrastruktur einrichtungen ergänzt werden. Dieser Aufgabe wird die Kommission besondere Aufmerk samkeit widmen.

    Gemeinwirtschaftliche Ziele

    Im Elektrizitäts- und Erdgassektor betreffen gemeinwirtschaftliche Fragen eine große Band breite von Aspekten, die für die kontinuierliche, sichere und hochwertige Versorgung mit Elektrizität und Erdgas relevant sind. Bisher wurden diese übergeordneten gemeinwirtschaft lichen Ziele in nahezu allen EU-Ländern dadurch verfolgt, dass alle Aufgaben der Elektrizi tätserzeugung, -übertragung und -versorgung sowie alle Erdgasfernleitungs- und -versor gungsaufgaben durch die öffentliche Hand als Eigner und Betreiber wahrgenommen wurden. Unter diesen Rahmenbedingungen war ein gewisses Maß an Regulierung zur Erreichung dieser Ziele notwendig. Im Zuge der Privatisierung und Marktöffnung haben die Regierungen jedoch - in der Regel über sektorspezifische Regulierungsbehörden - Regulierungssysteme ausgearbeitet, die Mindeststandards für gemeinwirtschaftliche Leistungen festlegen.

    In der EU gelten für den Elektrizitäts- und Erdgassektor eine Reihe gemeinsamer gemeinwirtschaftlicher Ziele oder Standards. Im Produktionsbereich betreffen sie die Verpflichtung der Produzenten, Mindestumweltstandards einzuhalten, eine Mindestmenge an Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen oder andere Umweltziele zu erfuellen; gelegentlich betreffen sie die Einhaltung von Mindestregeln für Primärenergieträger, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auf diesen Aspekt wird auch im Grünbuch über die Versorgungssicherheit der Union hingewiesen [18].

    [18] KOM(2000) 769, S. 71.

    Die entscheidenden Fragen im Zusammenhang mit den gemeinwirtschaftlichen Leistungen betreffen die Übertragung/Fernleitung, Verteilung und Versorgung. In vielerlei Hinsicht kann der Betrieb der Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilersysteme selbst als gemeinwirt schaftliche Leistung verstanden werden. Sie stellen ein Monopol und eine wesentliche Dienstleistung für alle Bürger und für die Wirtschaft dar. Dies gilt insbesondere in liberalisierten Märkten, da die Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilersysteme die maßgeblichen Infrastruktureinrichtungen sind, die den Wettbewerb erst ermöglichen. Daher legen alle Mitgliedstaaten den Netzbetreibern bestimmte Mindestbedingungen bezüglich des Netzbetriebs oder der gemeinwirtschaftlichen Leistungen auf, etwa die Verpflichtung, dass die Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilerunternehmen den Anschluss aller Bürger ans Netz zu angemessenen Bedingungen gewährleisten. Darüber hinaus verlangen die Mitgliedstaaten von den Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilerunternehmen häufig und verstärkt die Einhaltung bestimmter Kriterien für einen Minimaldienst, zum Beispiel bezüg lich der Zeit, innerhalb der Reparaturen durchzuführen und Anschlüsse herzustellen sind.

    Schließlich schreiben die Mitgliedstaaten für Unternehmen, die auf ihrem Inlandsmarkt tätig sein wollen, eine entsprechende Genehmigung vor. Zu den Genehmigungsanforderungen gehören bestimmte Mindestkriterien, die ein Betreiber einhalten muss; viele davon sind gemeinwirtschaftlicher Art. Einige Länder schreiben zum Beispiel vor, dass Kunden mit ähnlichen Merkmalen die gleichen Tarife und Verbrauchern mit niedrigem Einkommen Sondertarife angeboten werden müssen und sozial schwachen Kunden vor der Abtrennung vom Netz zu schützen sind; in einigen Ländern werden für die Dienstleistungen auch bestimmte Standards einschließlich Vertragsbedingungen, Regelungen über die Transparenz von Informationen und Beschwerdeverfahren vorgeschrieben.

    Primäres Ziel der Energiepolitik der Gemeinschaft ist es, in diesen Bereichen gemeinwirt schaftliche Leistungen auf höchstmöglichem Niveau zu erreichen. Dies ist Ausdruck eines grundlegenden Ziels der Gemeinschaftspolitik auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, auf das auf dem Europäischen Rat von Nizza am 7./8. Dezember 2000 hingewiesen wurde; Grundlage dafür ist die Mitteilung der Kommission über Leistungen der Daseinsvorsorge [19].. Für die Erreichung dieses Ziels und folglich für die Beibehaltung und Verbesserung der für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen geltenden Standards ist die schrittweise Verwirkli chung des Binnenmarktes wesentlich. Von herausragender Bedeutung ist vor allem, dass alle Bürger der Gemeinschaft ein universelles Recht auf eine Versorgung zu angemessenen Preisen haben und ein Minimum an Verbraucherschutzstandards gewahrt wird. In den Richtlinien sind daher eine Reihe von Bestimmungen, insbesondere der Artikel 3 [20], enthalten, durch die gewährleistet wird, dass die Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht über die erforderlichen Instrumente verfügen.

    [19] Mitteilung, ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4.

    [20] Relevant sind auch die folgenden Artikel: Artikel 9 Absatz 2 der Erdgasrichtlinie (Verpflichtung, Kunden in einem bestimmten Gebiet zu beliefern), Artikel 17 beider Richtlinien (Ablehnung des Zugangs), Artikel 20 der Erdgasrichtlinie, Artikel 21 (Genehmigungen für den Bau von Direktleitun gen) und Artikel 23 der Elektrizitätsrichtlinie sowie Artikel 24 der Erdgasrichtlinie (Schutzmaßnahmen bei plötzlichen Krisen).

    Diese Bestimmungen gewährleisten, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verfolgung legitimer gemeinwirtschaftlicher Ziele mit den Richtlinien vereinbar bleiben, sofern die betreffenden Maßnahmen vernünftig und im Verhältnis zu den verfolgten Zielen angemessen sind. Bislang hat keine der Maßnahmen der Mitgliedstaaten grundlegende Probleme im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Richtlinien aufgeworfen. Keiner der Mitgliedstaaten musste eine Abweichung von den Richtlinienbestimmungen geltend machen, um seine gemeinwirtschaftlichen Ziele zu erreichen.

    Die Wahl der von den Mitgliedstaaten eingeführten gemeinwirtschaftlichen Maßnahmen oder Standards unterliegt grundsätzlich dem Subsidiaritätsprinzip. Da die gemeinschaftsweite Beibehaltung und Ausweitung solcher Standards fester Bestandteil der Energiepolitik der Gemeinschaft ist, hat die Kommission eine Vergleichsuntersuchung (Benchmarking) in die Wege geleitet, um die gemeinwirtschaftlichen Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die entsprechenden Methoden und ihren Erfolg bei der Erreichung hoher Standards zu vergleichen. Die Ergebnisse werden den Mitgliedstaaten bei der Wahrung und Verbesserung der Standards helfen.

    Der erste Teil dieses Projekts - das Ausfuellen detaillierter Fragebögen durch die Verwaltungen und Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten - ist inzwischen abgeschlossen. Auf dieser Grundlage wird die Kommission eine detaillierte Mitteilung ausarbeiten. Anhand der bereits vorliegenden Informationen wird deutlich, dass die Marktöffnung einschließlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs die Mitgliedstaaten keineswegs daran gehindert hat, erfolgreich eine Politik gemeinwirtschaftlicher Leistungen auf hohem Niveau zu verfolgen. Mit fortschreitender Marktöffnung wurde im Wege vorgeschriebener Genehmigungsanforderungen oder -bedingungen ein höheres Niveau gemeinwirtschaftlicher Leistungen erreicht. Die nationalen Regulierungsbehörden überwachen die Einhaltung dieser Bedingungen und verhängen Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung [21]. Diese Vorgehensweise hat es den Mitgliedstaaten ermöglicht, insbesondere in den Bereichen Übertragung/Fernleitung, Verteilung und Versorgung das Niveau der gemeinwirtschaftlichen Leistungen in einem liberalisierten Markt schrittweise und kontinuierlich zu verbessern.

    [21] Gegebenenfalls wird die Genehmigung entzogen.

    Nahezu alle Teilnehmer der öffentlichen Anhörung wiesen auf die Bedeutung dieses Punktes hin. Die überwältigende Mehrheit derer, die sich zu dieser Frage äußerten, bestätigten, die Erfahrung habe gezeigt, dass Standards für gemeinwirtschaftliche Leistungen - insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung des Universaldienstes und des Verbraucherschutzes - in einem wettbewerbsgeprägten Markt nicht nur beibehalten, sondern sogar verbessert werden können.

    Abschließend lässt sich sagen, dass die Schaffung liberalisierter Gas- und Strommärkte keine Verschlechterung der Standards für gemeinwirtschaftliche Leistungen zur Folge hatte, sondern im Gegenteil zusammen mit geeigneten ordnungspolitischen Maßnahmen auf diese aufmerksam gemacht und ihre Qualität verbessert hat. Die derzeit laufende Vergleichs untersuchung (Benchmarking-Projekt) wird es allen Mitgliedstaaten ermöglichen, von den bislang gemachten Erfahrungen zu profitieren, sodass gemeinschaftsweit gemeinwirt schaftliche Leistungen auf höchstmöglichem Niveau erreicht werden können.

    Dennoch deutet die bisherige Erfahrung der Kommission mit der Umsetzung der Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien darauf hin, dass weitere Maßnahmen zur Stärkung der bestehenden Bestimmungen angebracht wären. Zunächst ist die Kommission der Ansicht, das ein grundlegendes gemeinwirtschaftliches Ziel - das Recht der Haushalte auf Versorgung zu angemessenen Bedingungen - als das dem Binnenmarkt und daher der Richtlinie zugrunde liegende Ziel zu verstehen ist. Daher wird vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten dazu zu verpflichten, die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus ist es angebracht, die Mitgliedstaaten zum Erlass geeigneter Maßnahmen zu verpflichten, damit gewährleistet ist, dass eine Reihe von grundlegenden gemeinwirtschaftlichen Zielen erreicht werden. Ihnen sollte daher sowohl für den Strom- als auch für den Gassektor die Verpflichtung auferlegt werden, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Erreichen grundlegender gemeinwirtschaftlicher Ziele zu gewährleisten, insbesondere

    *,Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit"den Schutz der Endabnehmer; Die Mitgliedstaaten müssen z. B. für bestimmte Mindeststandards bezüglich der Vertragsbedingungen und der Transparenz der Information sorgen sowie für kostengünstige und transparente Streitschlichtungsregelungen.

    *den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhalt; Über die Gewährleistung des Universaldienstes hinaus müssen die Mitgliedstaaten, soweit angebracht, geeignete Maßnahmen treffen, um z. B. in Randgebieten die Versorgung und den Anschluss zu angemessenen Preisen sicherzustellen.

    *den Umweltschutz: z.B. Verpflichtungen im Bereich Steuerung der Nachfrageseite sowie Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und Kraft-Wärme Kopplung, und

    *die Versorgungssicherheit, insbesondere dadurch, dass Wartung und Ausbau der Infrastruktureinrichtungen, vor allem der Verbindungsleitungen, in zweckmäßigem Umfang gewährleistet werden.

    Entscheidend ist, dass die zuvor genannten Maßnahmen - Beobachtung und Benchmarking - abgeschlossen und danach regelmäßig fortgeführt werden. In beiden Richtlinien ist in Artikel 3 Absatz 2 derzeit vorgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten der Kommission gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen mitteilen. Dies gilt allerdings nur für Maßnahmen, für die eine Ausnahme von den Richtlinien erforderlich ist. Wie bereits dargelegt, mussten die Mitgliedstaaten zur Erreichung gemeinwirtschaftlicher Ziele nicht von den Richtlinien abweichen. Für die Unterstützung des Benchmarking- und Beobachtungsprozesses wäre die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, der Kommission alle getroffenen Maßnahmen mitzuteilen, eine erhebliche Verbesserung. Die Kommission würde auf der Grundlage dieser Infor mationen alle zwei Jahre einen Bericht herausgeben und gegebenenfalls Maßnahmen empfehlen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung hoher Standards für gemeinwirt schaftliche Leistungen ergreifen sollten.

    Versorgungssicherheit

    Im jüngsten Grünbuch der Kommission ,Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit" (KOM(2000) 769) wird die Versorgungssicherheit und der Zusammenhang zwischen ihr und der Schaffung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktes relativ ausführlich behandelt. In der diesbezüglichen Schlussfolgerung heißt es, dass ,die Integration der Energiemärkte zur Versorgungssicherheit beiträgt, sofern diese Märkte wirklich integriert sind". Im Grünbuch wird hierbei insbesondere darauf hingewiesen, wie unerlässlich die Anerkennung der Versorgungssicherheit als wesentliche gemeinwirt schaftliche Verpflichtung ist. Ferner wird in ihm näher auf die Bestimmungen der Gas- und Stromrichtlinie eingegangen, die gewährleisten, dass die Versorgungssicherheit sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf Gemeinschaftsebene in einem offenen und vom Wettbewerb geprägten Markt gegeben ist.

    Die Richtlinien enthalten im Wesentlichen Bestimmungen, die dafür sorgen, dass alle den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit auch bei Einführung des Wettbewerbs unverändert fortbe stehen. So müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, Ausschreibungen für zusätzliche Erzeugungskapazitäten durchzuführen, die durch Abnahmevereinbarungen ergänzt werden. Ferner behalten sie die Möglichkeit, im Bedarfsfall die Gasabnahme von einem einzigen Lieferanten zu beschränken. Die Schaffung des Binnenmarktes wird auf den Strom- und Gasmärkten einen höheren Verbundgrad und eine größere Zahl von Versorgern mit sich bringen. Vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Überwachung in den Mitgliedstaaten und auf Gemeinschaftsebene und gegebenenfalls Maßnahmen gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien kann die Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnen marktes daher zur Energieversorgungssicherheit der Gemeinschaft beitragen.

    Es sei darauf hingewiesen, dass bei einer korrekten Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten in der EU mit Sicherheit eine Situation vermieden werden wird, wie sie in Kalifornien entstanden ist und deren Merkmale eine ungenügende Versorgung und (künstlich) in die Höhe getriebene Preise waren. In Kalifornien hat ein Zusammenwirken mehrer Faktoren zu der derzeitigen, im Hinblick auf die Versorgungssicherheit prekären und unannehmbaren Lage geführt. Zu nennen sind insbesondere ein obligatorischer Pool, der zu wettbewerbswidrigen, oligopolistischen Preispraktiken sowie dazu geführt hat, dass die Risiken nicht durch langfristige Versorgungsverträge ausgeglichen werden konnten, ein starker Nachfrageanstieg vor allem infolge der Internetexplosion, fehlende neue Erzeugungs kapazitäten wegen eines ungewissen ordnungspolitischen Umfeldes und extrem strenger Planungsauflagen, eingefrorene Großhandelspreise, mangelnde Möglichkeiten für die Übertragungsnetzbetreiber, Ausschreibungen für den Bau neuer Erzeugungsanlagen in Verbindung mit Stromabnahmevereinbarungen durchzuführen, fehlende Verbindungskapazi täten zu und Liefervereinbarungen mit benachbarten Staaten und Fehlen geeigneter Handels vereinbarungen innerhalb des Staates. Die oben genannten Bestimmungen, insbesondere die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, Ausschreibungen durchzuführen, wenn die Nachfrage das Angebot zu übersteigen droht, in Verbindung mit erheblichen und expandierenden Verbindungskapazitäten zwischen den Mitgliedstaaten, wirksamen Handels vereinbarungen und einer genauen Beobachtung auf Gemeinschaftsebene wie auch in den Mitgliedstaaten bedeuten, dass ,kalifornische Verhältnisse" in der EU ausgeschlossen werden können.

    Angesichts der überaus großen Bedeutung dieser Frage - schließlich ist eine kontinuierliche und sichere Elektrizitätsversorgung das wohl herausragendste gemeinwirtschaftliche Ziel -, ist es angebracht, die bestehenden Schutzmaßnahmen der Elektrizitätsrichtlinie in diesem Bereich zu stärken. Insbesondere wäre es sinnvoll, die Mitgliedstaaten zur sorgfältigen Beobachtung folgender Indikatoren zu verpflichten: Lage auf dem heimischen Elektrizitätsmarkt, vor allem bestehendes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, erwartete Nachfrageentwicklung, in der Planung bzw. im Bau befindliche neue Kapazitäten und Grad des auf dem Markt herrschenden Wettbewerbs. Die Mitgliedstaaten sollten dazu verpflichtet werden, jährlich einen Bericht über ihre Erkenntnisse mit Angabe etwaiger geplanter Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu veröffentlichen. Da das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf Gemeinschaftsebene angesichts des hohen Vernetzungsgrades im Elektrizitätsnetz der EU von größter Bedeutung für die Versorgungssicherheit insgesamt ist, sollte die Kommission auf der Grundlage der einzelstaatlichen Berichte und ihrer eigenen Beobachtungen eine entsprechende, die gesamte Gemeinschaft umfassende Mitteilung veröffentlichen.

    Auswirkungen der Öffnung der Energiemärkte auf die Umwelt

    Die Schaffung eines Binnenmarktes für Elektrizität und Erdgas hat in vielerlei Hinsicht wegen der Verbesserungen bei den Erzeugungsanlagen, der gesteigerten betrieblichen Effizienz und eines Umstiegs auf umweltfreundlichere Energieträger bei der Stromerzeugung erwiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. Andererseits könnten sich niedrigere Energiepreise auf die Entwicklung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energieträger ungünstig auswirken.

    Zwischen 1990 und 1998 stieg zum Beispiel die Verwendung von Erdgas für die Stromerzeugung um 128 %, während die Verwendung von festen Brennstoffen um 18 % zurückging. Im gleichen Zeitraum nahm die durchschnittliche Umwandlungseffizienz von Wärmekraftwerken um 6 % zu und die Kohlenstoffintensität (CO2/GWh) um mehr als 15 % ab. Der Trend zu saubereren Stromerzeugungsanlagen dürfte sich mit fortschreitender Marktöffnung beschleunigen. Im Vereinigten Königreich, dem Mitgliedstaat, in dem die Elektrizitäts- und Erdgasmärkte zuerst liberalisiert wurden, war die Entwicklung hin zu einem saubereren Energiesektor besonders ausgeprägt. Dort stieg der Erdgasanteil von 0,5 % 1990 auf 38,5 % im Jahr 1999. Die durchschnittliche Umwandlungseffizienz nahm zwischen 1990 und 1998 um 9,5 % zu. Die aus der Stromerzeugung resultierenden CO2-Emissionen gingen im Vereinigten Königreich um 27 % zurück, während der durchschnittliche Rückgang in der EU im gleichen Zeitraum nur 3 % betrug.

    Die Auswirkungen der Marktöffnung auf die Umwelt müssen jedoch fortlaufend beobachtet werden [22]. Mit der Marktöffnung werden die Elektrizitätspreise sinken, was eine Reihe von Herausforderungen für die Umwelt mit sich bringt, die angegangen werden müssen. Falls der Marktpreis für Elektrizität sinkt, kann die Nachfrage steigen, was zumindest teilweise auf geringere Anstrengungen in den Bereichen Energieeinsparung und Energieeffizienz zurückzuführen wäre. In den Prognosen des Grünbuchs über die Versorgungssicherheit wird davon ausgegangen, dass die Nachfrage infolge niedrigerer Strompreise um 20 % zunehmen könnte [23]. Ebenso könne der vollständige Wettbewerb bedeuten, dass Elektrizität aus neuen und weniger entwickelten Energiequellen (z. B. erneuerbare Energiequellen und Kraft-Wärme-Kopplung) an Attraktivität verliert. Dies könnte die Entwicklung hin zu einem saubereren Brennstoffmix bei der Elektrizitätserzeugung bremsen.

    [22] Die Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Auswirkungen einer Marktöffnung bis zum Jahre 2010 bewertet werden sollen.

    [23] KOM(2000) 769, S. 71.

    Sowohl die Elektrizitäts- als auch die Erdgasrichtlinie bieten den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, diese Fragen anzugehen.

    -In Artikel 3 sowohl der Elektrizitäts- als auch der Erdgasrichtlinie wird den Mitglied staaten die Möglichkeit geboten, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemein interesse einzuführen, die sich unter anderem auf den Umweltschutz beziehen können. So schließen insgesamt niedrigere Stromrechnungen Tarifstrukturen, die die Energieeffizienz fördern, nicht aus. Dies ließe sich durch Senkungen bei den fixen Gebühren verwirklichen, wobei die Preissignale bezüglich des variablen Stromverbrauchs unverändert blieben. Damit solche innovativen Tarifstrukturen entstehen, sind geeignete regulatorische Anreize erforderlich.

    -Aufgrund des Artikels 8 Absatz 3 und des Artikels 11 Absatz 3 der Elektrizitätsrichtlinie können Mitgliedstaaten Betreibern von Übertragungs- und Verteilernetzen zur Auflage machen, dass sie bei der Inanspruchnahme von Erzeugungsanlagen solchen den Vorrang geben, in denen erneuerbare Energieträger oder Abfälle eingesetzt werden oder die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten.

    Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben solche Maßnahmen getroffen und weitere Schritte unternommen, um bei der Produktion von und Versorgung mit Erdgas und Elektrizität hohe Umweltstandards sicherzustellen. Die Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft, insbeson dere die Bestimmungen über staatliche Beihilfen, gelten in der Regel für solche Maßnahmen. Wie die Behandlung solcher Fälle jedoch zeigt, sind diese Maßnahmen grundsätzlich mit den staatlichen Beihilferegeln vereinbar, sofern ihre wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen in keinem Missverhältnis zu dem verfolgten umweltpolitischen Ziel und zu dem Ziel einer verbesserten Versorgungssicherheit der EU stehen [24]. Darüber hinaus wurden vor kurzem Leitlinien erlassen, die Mechanismen für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern besonders fördern.

    [24] KOM(2000) 769, S. 71.

    Zur Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten hat die Kommission eine Reihe von Initiativen gestartet:

    -Erneuerbare Energiequellen. Die Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie [25] zur Förderung von erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt vorgelegt. Durch sie soll sichergestellt werden, dass die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen mit dem vorläufigen Gesamtziel der EU, den Anteil dieser Energieträger am Bruttoinlandsenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln, in Einklang steht. Am 5. Dezember 2000 wurde auf der Tagung des Rates ,Energie" eine politische Einigung über den Vorschlag erzielt, der mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr verabschiedet wird.

    [25] "Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt", KOM(2000) 279 endg. vom 10.5.2000.

    -Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). In der Mitteilung über die Kraft-Wärme-Kopplung [26] von 1997 wurde eine Strategie zur Förderung der KWK umrissen und auch als vorläufiges Ziel die Verdoppelung des KWK-Anteils in der EU bis 2010 vorgeschlagen. Im jüngsten Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz [27] wurde dieses Ziel bekräftigt und wurden eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung der KWK aufgeführt. Der Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie für Stromerzeugungsanlagen sieht auch eine Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung vor. Im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung wurde die Kraft-Wärme-Kopplung als vielversprechender Bereich zur Realisierung von Emissionssenkungen herausgestellt.

    [26] KOM(97) 514 endg. vom 15.10.1997.

    [27] "Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Europäischen Gemeinschaft", KOM(2000) 247 endg. vom 26.4.2000.

    -Emissionsstandards. Für die Emissionen aus Stromerzeugungsanlagen gelten die Richtlinie zur Kontrolle von Emissionen aus Großfeuerungsanlagen (88/609/EWG) und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltver schmutzung [28]. Am 22. Juni 2000 hat der Rat ,Umwelt" einstimmig einen gemeinsamen Standpunkt zum Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie zur Kontrolle von Emissionen aus Großfeuerungsanlagen angenommen. Durch die Überarbeitung soll der Geltungsbereich der Richtlinie ausgedehnt und sollen für neue Anlagen strengere Emissionsgrenzen vorgesehen werden.

    [28] Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Vermin derung der Umweltverschmutzung.

    -Energieeffizienz und Energieeinsparung. Im April 2000 hat die Kommission ihren Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz vorgelegt, in dem eine einprozentige Verbesserung der Energieintensität pro Jahr gegenüber dem ,business-as-usual"-Szenario gefordert wird. Am 30. Mai 2000 forderte der Rat die Kommission auf, detaillierte Vorschläge für die Durchführung des Aktionsplans auszuarbeiten. Die Anstrengungen in diesem Bereich müssen sofort und parallel zum Prozess der vollständigen Marktöffnung unbedingt fortgesetzt werden. Ein vollständig geöffneter Markt setzt eine Internalisierung externer Kosten voraus. Deshalb wird die Kommission in diesem Sinne Initiativen vorschlagen, z.B. eine EU-weite Energie/CO2-Steuer, strenge Regeln über Staatsbeihilfen, auf die Nachfrageseite abzielende Maßnahmen, Maßnahmen zur Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien, die einen Wettbewerbsnachteil haben, solange die externen Kosten nicht voll internalisiert sind. Die Kommission wird im Jahre 2001 die folgenden gesetzgeberischen Maßnahmen in diesem Bereichvorschlagen:

    -Vorschlag für eine Richtlinie über Energieeffizienz in Gebäuden;

    -Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über Umweltaspekte von elektrischen und elektronischen Geräten;

    -Vorschlag für eine Entscheidung des europäischen Parlaments und des Rates über ein Mehrjahresprogramm zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz (2003-2006) (Nachfolge der SAVE und ALTENER Programme)

    Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission, in 2002 Vorschläge im Bereich Kraft-Wärme Kopplung vorzubereiten.

    -Besteuerung von Energieerzeugnissen. Die Kommission hat die Ausdehnung der derzei tigen Mineralölrichtlinie auch auf andere, konkurrierende Energieträger, einschließlich Elektrizität, Erdgas, Stein- und Braunkohle, vorgeschlagen. Ferner haben mehrere Mit gliedstaaten Energie-/Umweltsteuern zur Verringerung des Energieverbrauchs eingeführt.

    -Mögliche künftige Maßnahmen. Auf Ebene der Gemeinschaft wie auch der Mitglied staaten werden gegenwärtig eine Reihe zusätzlicher und ergänzender Maßnahmen geprüft. Dazu gehört zum Beispiel die Frage des Handels mit Treibhausgasemissionen. Die Kommission hat vor dem Hintergrund des Kyoto-Protokolls in einem entsprechenden Grünbuch [29] eine Diskussion über diese Frage eingeleitet. Die verschiedenen Arbeits gruppen des Europäischen Programms zur Klimaänderung, in denen Interessengruppen, Mitgliedstaaten und die Kommission vertreten sind, untersuchen derzeit mögliche Strategien und Maßnahmen, die der Kommission zur Erreichung der EU-Ziele im Bereich des Klimawandels empfohlen werden könnten.

    [29] "Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasen in der Europäischen Union", KOM(2000) 87 endg. vom 8. März 2000.

    Schlussfolgerung

    Die Marktöffnung könnte für die Erreichung der Umweltziele der Gemeinschaft im energiepolitischen Bereich nützlich sein. Der Wettbewerbsdruck hat erwiesenermaßen zu einer schnelleren Einführung von effizienteren und saubereren Wärmekraftanlagen als unter Monopolbedingungen geführt. Wegen der potenziell niedrigeren Preise infolge der Marktöffnung werden bestimmte ergänzende Maßnahmen und Strategien jedoch, wie bereits ausgeführt, immer wichtiger. Die Kommission führt zurzeit eine Studie zur Bewertung der Auswirkungen der Liberalisierung der Energiemärkte auf die Umwelt insgesamt durch. Die Kommission wird die Lage genau beobachten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorschlagen, die gleichzeitig mit den Binnenmarktvorschriften in Einklang stehen.

    Auswirkungen des Wettbewerbs auf die Beschäftigung

    Obwohl die Schaffung des Energiebinnenmarktes mit einer gewissen Verspätung erfolgt, fällt sie unter das Ziel von 1992, einen voll funktionsfähigen Binnenmarkt in der Europäischen Union zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung zum Nutzen der Bürger der Union zu verwirklichen. Verbesserte Energieeffizienz und niedrigere Energiepreise sowie Markt chancen für neue Technologien infolge der Einführung des Wettbewerbs im Energiesektor werden zumindest mittel- und langfristig die Beschäftigung in der europäischen Industrie insgesamt ankurbeln.

    Der Europäische Rat betonte auf seiner Tagung in Lissabon im März 2000 im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Vollendung des Energiebinnenmarktes die Rolle des Binnenmarktes als Schlüsselelement der Strategie der Europäischen Union, damit diese in die Lage versetzt wird, ,wieder die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung zu schaffen", um die Union ,zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen... mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammen halt". Ebenso hat das Europäische Parlament in seiner Entschließung zur Liberalisierung der Energiemärkte vom Juli 2000 zum Ausdruck gebracht, dass der Wettbewerb eine erhebliche Auswirkung auf die Volkswirtschaften und Verbraucher insgesamt hat, etwa ... vermehrte Möglichkeiten zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, und sich mittelfristig positiv auf den Arbeitsmarkt auswirkt.

    Was jedoch die kurzfristige Entwicklung allein im Energiesektor betrifft, so dürfte die Einführung des Wettbewerbs zu einem Rückgang der Beschäftigtenzahl führen, da die nationalen ehemaligen Monopolunternehmen sich durch geeignete Umstrukturierungs maßnahmen auf Unternehmens ebene dem Wettbewerb anpassen müssen.

    Wichtig ist, dass die Arbeitsplatzverluste, die in der Übergangszeit auftreten, während der sich die Unternehmen im Energiesektor an das neue Wettbewerbsumfeld anpassen, erkannt werden und die Politik im nationalen Bereich wie auch auf Gemeinschaftsebene angemessen darauf reagiert.

    Aus diesem Grund und zur Vertiefung ihres Verständnisses der Beschäftigungslage im Energiebereich im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen und mögliche künftige Trends hat die Kommission eine Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie wurde in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Sozialpartner konzipiert und durchgeführt. Auf der Grundlage der zur quantitativen Beschäftigungsentwicklung im Energiesektor vorliegenden Statistiken werden in ihr vor allem die qualitativen Aspekte der Beschäftigungsentwicklung in der Strom- und Gaswirtschaft vor dem Hintergrund der Marktöffnung beschrieben und analysiert.

    Was die Entwicklung des Personalbestandes in den beiden Branchen angeht, so geht aus Statistiken hervor, dass die Zahl der im Elektrizitäts- und Erdgassektor Beschäftigten zwischen 1990 und 1998 rückläufig war [30]. Die Hauptgründe für diesen Rückgang, der in vielen Mitgliedstaaten deutlich vor der Marktöffnung einsetzte, waren der technologische Fortschritt und die Tendenz, bestimmte Aufgaben außerhalb der Unternehmen durchführen zu lassen. Allerdings wurde dieser Prozess - vor allem im Elektrizitätssektor - durch die Marktöffnung beschleunigt.

    [30] Auf der Grundlage vorliegender europäischer und einzelstaatlicher Statistiken wurde geschätzt, dass zwischen 1990 und 1998 im Energiesektor mehr als 250 000 Arbeitsplätze verloren gingen. Die Statistiken zeigen jedoch häufig nur die Beschäftigungsentwicklung der Versorgungsbetriebe insgesamt und unterscheiden im Falle von multifunktionalen Versorgungsunternehmen nicht zwischen den verschiedenen angebotenen Versorgungsleistungen, z. B. Gas-, Strom- und Wasserversorgung.

    Der Abbau des Personalbestandes ging mit einem Wandel des von der Branche geforderten Qualifikationsprofils einher. Die technischen Stellen für angelernte und qualifizierte Arbeitskräfte sowie die Stellen für das mittlere Management und damit verbundene Büroberufe wurden im Laufe der Zeit abgebaut. Neue Stellen wurden in Bereichen wie Marketing, Kundendienstleistungen, Informationstechnik und Dienstleistungen für Unter nehmen geschaffen. Darüber hinaus hat das Entstehen neuer Geschäftstätigkeiten, etwa des Energiehandels, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze geführt.

    Hinsichtlich der Art und Weise, in der das Personal abgebaut wurde, gelang es den zehn Unternehmen im Vereinigten Königreich, in Irland, Schweden, Italien und Deutschland, auf die sich die Fallstudien bezogen, die Umstrukturierung sozialverträglich durchzuführen, z. B. durch freiwillige Frühruhestandsregelungen. Außerdem hatte eine signifikante Zahl der in der Studie untersuchten größeren Unternehmen Umschulungs-/Weiterbildungs- und Wiedereinglie derungsprogramme eingeführt. Im Rahmen solcher Programme wurden Umschulungs-/Weiter bildungsmaßnahmen angeboten, um den Mitarbeitern den Verbleib im Unternehmen an einem neuen Arbeitsplatz zu ermöglichen oder ihnen die Suche nach einem Arbeitsplatz außerhalb des Unternehmens zu erleichtern.

    Die Marktöffnung hat daher sowohl quantitativ als auch qualitativ Auswirkungen auf die Beschäftigungslage in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft. Die herkömmlichen Qualifikationen haben an Bedeutung verloren, während für Qualifikationen in Bereichen wie Marketing und Kundendienstleistungen, die in einem vom Wettbewerb geprägten Umfeld wichtig sind, neue Beschäftigungsmöglichkeiten entstanden sind.

    Wo der Personalabbau unvermeidbar war, wurde er bisher durch Vorruhestandsregelungen und Umschulungs-/Weiterbildungsprogramme sozialverträglich gestaltet. Mit fortschreitender Marktöffnung und anhaltenden Neustrukturierungen müssen jedoch in den Unternehmen alternative, den Umstrukturierungsprozess begleitende Maßnahmen weiter erprobt und ausgebaut werden. Zu solchen Maßnahmen gehören z. B. die Verringerung der Arbeitszeit und vermehrte Umschulungen/Weiterbildungen im Einklang mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie, nach der grundsätzlich Umschulungen/Weiterbildungen und ein anderweitiger Einsatz von Arbeitskräften gegenüber Frühruhestandsregelungen Vorrang haben sollen. Alternative Maßnahmen sind von besonderer Bedeutung, wenn die Unternehmen im Laufe der Zeit immer weniger Möglichkeiten haben, die Umstrukturierung durch Vorruhestandsregelungen zu bewältigen, da das Durchschnittsalter der Mitarbeiter sinkt. Zwischen den Unternehmen und Sozialpartnern sollte diesbezüglich ein Austausch über die besten Verfahrensweisen erfolgen. Die Kommission wird einen derartigen Erfahrungsaustausch fördern, der zum Beispiel im Rahmen des sektorspezifischen Dialogausschusses "Elektrizität" [31] stattfinden könnte.

    [31] Der Ausschuss wurde auf der Grundlage des Beschlusses der Kommission vom 20. Mai 1998 über die Einsetzung von Ausschüssen für den sektoralen Dialog zur Förderung des Dialogs zwischen den Sozialpartnern auf europäischer Ebene eingesetzt.

    Die am 27. November 2000 veröffentlichte gemeinsame Erklärung der Sozialpartner der Elektrizitätswirtschaft ist in diesem Zusammenhang ein erster, ermutigender Schritt [32]. In dieser Erklärung haben sich die europäische Elektrizitätswirtschaft und die Gewerkschaften, die die Beschäftigten dieser Branche vertreten, darauf verständigt, gemeinsam Möglichkeiten zu erforschen, wie die mit der Entwicklung des Binnenmarktes verbundenen Veränderungen zu beiderseitigem Nutzen von Unternehmen und Arbeitnehmern bewältigt und die sozialen Auswirkungen der Umstrukturierung minimiert werden können.

    [32] Einzusehen unter www.emcef.org, www.epsu.org, www.eurelectric.org.

    Die im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie gebotenen Möglichkeiten sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Die Strategie, insbesondere ihre Eckpfeiler ,Anpassungs fähigkeit" und ,Beschäftigungsfähigkeit", bietet den geeigneten Rahmen für die Behandlung sowohl der quantitativen als auch der qualitativen Aspekte der Bewältigung des Wandels. Die Anpassungsfähigkeit bezieht sich auf die Anpassung der Arbeitsorganisation von Unternehmen als Folge des neuen Industrieumfeldes. Ziel der Beschäftigungsfähigkeit ist es, die Fähigkeiten der Arbeitnehmer zur Bewältigung des Wandels zu verbessern; dazu gehören Strategien für das lebensbegleitende Lernen. Maßnahmen, die diesen beschäftigungs politischen Schwerpunkten entsprechen, erfordern eine starke Partnerschaft zwischen öffentlichen und privaten Akteuren auf verschiedenen Ebenen und können über den Europäischen Sozialfonds im Rahmen von zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten vereinbarten Programmen finanziert werden.

    Den Entwicklungen in den Beitrittsländern ist diesbezüglich besondere Beachtung zu schenken. Es ist wichtig, den Energieunternehmen und Regierungen in diesen Ländern bei der sozialverträglichen Umstrukturierung des Energiesektors zu helfen, etwa dadurch, dass die diesbezüglichen Erfahrungen in der Gemeinschaft mit den Beitrittsbewerberländern geteilt werden. Die Kommission wird die Entwicklung weiter beobachten, und die betreffenden Länder werden dazu ermutigt werden, diesen Aspekt im Rahmen des PHARE-Programms auszubauen. Die Auswirkungen der Marktöffnung im Energiesektor auf die Beschäftigung könnten in den Beitrittsbewerberländern allerdings am deutlichsten spürbar werden, nachdem sie in den Binnenmarkt integriert wurden und das PHARE-Programm nicht mehr für sie gilt. Die Kommission wird dafür sorgen, dass diesem Aspekt der Marktöffnung in den Beitrittsbewerberländern auch nach ihrer Aufnahme als Mitglieder in die Europäische Union weiter Beachtung geschenkt wird und diesbezüglich Unterstützung geleistet wird.

    Abschließend lässt sich feststellen, dass der Umstrukturierungsprozess bisher sozialverträg lich gestaltet werden konnte. Es gilt allerdings, mit fortschreitender Marktöffnung und Neustrukturierung der Branche die Lage sorgfältig zu verfolgen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen. Alle maßgeblichen Akteure müssen zu Lösungen beitragen, die die negativen sozialen Folgen der Neustrukturierung der europäischen Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft möglichst gering halten.

    Handel mit Drittländern

    Zwischen der EU und den benachbarten Nicht-EU-Ländern, z. B. zwischen der EU und den Nordel-Mitgliedstaaten, findet seit vielen Jahren Elektrizitätshandel statt. Vor der Marktöffnung wurden Handelsgeschäfte dieser Art von den früheren Versorgungsbetrieben im Rahmen ihrer Monopolposition durchgeführt. Gehandelt wurden allerdings relativ geringe Strommengen, was auf technische Begrenzungen zurückzuführen war, etwa auf geringe Verbindungskapazitäten zwischen den nationalen Netzen und auf unterschiedliche Betriebsstandards.

    Im liberalisierten Binnenmarkt dürfte der Elektrizitätshandel mit Drittländern attraktiver werden. Die Unternehmen verhandeln bereits verstärkt mit Drittländern über künftige Stromlieferungen. Außerdem verbessert sich die Lage in punkto technische Grenzen der Verbindungsleitungen allmählich. Eine Reihe von Projekten zielen darauf ab, die Verbindungen zwischen den östlichen und mitteleuropäischen Länder, einschließlich der Ukraine und Russlands, und den Elektrizitätsnetzen der Gemeinschaft zu verbessern.

    Ein möglicherweise intensivierter Elektrizitätshandel mit den Nachbarländern wäre grundsätzlich eine positive Entwicklung. Dadurch würde der Wettbewerb intensiviert, was Effizienzsteigerungen und möglicherweise neue Investitionschancen für EU-Unternehmen in Nachbarländern zur Folge hätte. Allerdings muss sichergestellt werden, dass eine solche Markterweiterung auf der Grundlage gleicher Ausgangsbedingungen für alle Marktbeteiligten erfolgt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Einführung des gemeinschaftsweiten Wettbewerbs auf dem Elektrizitätsmarkt sind vergleichbare Rahmenbedingungen in allen betroffenen Ländern.

    Mit Blick auf das Potenzial für einen verstärkten Elektrizitätshandel und die Notwendigkeit, an diesen Handel bestimmte Auflagen zu knüpfen, müssen klare rechtliche Regeln vereinbart und ihre Befolgung durchgesetzt werden. Der Erweiterungsprozess und die Absicht, die Marktöffnung zu beschleunigen, haben die Notwendigkeit solcher Rahmenbedingungen noch deutlicher zutage treten lassen. Die Gemeinschaft muss wissen, welche Folgen eine weitere Öffnung des Binnenmarktes für ihre Handelsbeziehungen mit Drittländern voraussichtlich haben wird, und darauf vorbereitet sein. Was die Elektrizitätsunternehmen in Drittländern anbelangt, so müssen sie eine klare Perspektive vor sich sehen, die es ihnen ermöglicht, eine wirksame und kohärente Strategie für ihre Beteiligung am Elektrizitätsbinnenmarkt zu entwickeln.

    Auf den Erdgassektor bezogen ist deutlich erkennbar, dass die externe Dimension des Binnenmarktes genauso wichtig ist. Angesichts einer stärker werdenden Importabhängigkeit sind die Probleme anders gelagert. Eine wechselseitige Öffnung der vor- und nachgelagerten Märkte auf der Grundlage des Freihandels, die Integration der EU- und der Nicht-EU-Märkte sowie eine engere und intensivere Zusammenarbeit sind wichtig. Je nach Entwicklung der Lage wird die Kommission prüfen, ob besondere Maßnahmen erforderlich sind, um die externe Reziprozität zu gewährleisten.

    2.1.9. Schaffung eines zuverlässigen Rechtsrahmens für den Elektrizitätshandel mit Nicht-EU-Ländern

    Für den Handel mit Drittländern muss ein zuverlässiger rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Wie bereits in der Mitteilung der Kommission ,Die jüngsten Fortschritte bei der Schaffung eines Elektrizitätsbinnenmarktes" vom Mai 2000 [33] dargelegt, könnte ein derartiger Rahmen durch den Abschluss regionaler oder bilateraler Abkommen mit den betreffenden Drittländern festgelegt werden, gegebenenfalls im Wege bestehender Rahmenabkommen (z. B. Assoziierungsabkommen mit den Beitrittsbewerberländern). Was Umweltstandards und kerntechnische Sicherheitsnormen betrifft, so wäre es angebracht, die Möglichkeit verbindlicher Zusagen auf der Grundlage des Reziprozitätsprinzips zu prüfen, um in der Gemeinschaft insbesondere potenzielle Gefahren für die Umwelt zu vermeiden. Derartige Abkommen wären ein auf dem Reziprozitätsgrundsatz beruhender Rahmen für den Handel mit Drittländern, die einen gleichwertigen Zugang zum Markt der Gemeinschaft und zu den Märkten der Drittländer sowie die Einhaltung grundlegender Umweltstandards und kern technischer Sicherheitsnormen gewährleisten würden. Falls keine speziellen Vereinbarungen getroffen wurden, finden die geltenden internationalen Handelsregeln Anwendung.

    [33] KOM(2000) 297 endg.

    Der Aktionsplan der Kommission für technische Hilfe zur Heranführung der Beitrittsbewerberländer an den Elektrizitätsbinnenmarkt aus dem Jahr 1998 wird die Erreichung dieses Ziels erleichtern. In ihm wird der Schwerpunkt auf die tatsächlich benötigte Unterstützung bei ordnungspolitischen Fragen, bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, beim Funktionieren des Marktes und der Übertragungs-/Fernleitungsnetze, bei der Einrichtung nationaler Regulierungsbehörden usw. gelegt. Für einen reibungslosen Übergang werden maßgeschneiderte Aktionen organisiert. Im Hinblick auf die vorgeschlagene Beschleunigung der Marktöffnung in der Europäischen Union wird die Kommission den Aktionsplan für technische Hilfe und ihre übrigen Anstrengungen verstärken, um den Beitrittsbewerberländern bei der Anpassung ihres Energiesektors entsprechend den EU-Anforderungen zu helfen.

    2.1.10. Nächste Schritte

    Die Kommission wird - durch die Analyse der verfügbaren Informationen und durch bilaterale Kontakte - Länder ermitteln, die für bilaterale oder regionale Abkom men/Vereinbarungen mit der Gemeinschaft in Frage kommen. Diese Länder müssen grundsätzlich einen Elektrizitätsmarkt aufweisen, der sowohl quantitativ als auch qualitativ (z. B. hinsichtlich des Marktöffnungsgrades, des Zugangs Dritter und der Entflechtung) nach den Grundsätzen der EU-Elektrizitätsrichtlinie organisiert ist, und bereit sein, EU-Unter nehmen Zugang zu ihren Märkten zu gewähren. Ferner muss die dortige Lage bezüglich der für die Elektrizitätserzeugung geltenden Umweltstandards und der kerntechnischen Sicherheitsnormen zufriedenstellend sein.

    Was die Beitrittsländer betrifft, so müssen derartige Abkommen voll und ganz mit den Beitrittsverhandlungen und künftigen Bestimmungen der Beitrittsverträge in Einklang stehen.

    Nach der Ermittlung in Frage kommender Länder würde die Kommission den Rat um Erteilung eines Verhandlungsmandats auf der Grundlage des Verfahrens des Artikels 228 EG-Vertrag ersuchen und die Verhandlungen einleiten. Es wird damit gerechnet, dass Anfang 2001 um die Erteilung der ersten Mandate ersucht wird.

    Darüber hinaus gilt es, die praktischen Auswirkungen der Abkommen zu beobachten. Daher erscheint es angebracht, von den Mitgliedstaaten zu verlangen, dass sie der Kommission regelmäßig die im Rahmen neuer bilateraler oder regionaler Abkommen oder bestehender Abkommen eingeführten Mengen und ihre Herkunft melden. Die Kommission würde anschließend einen Bericht über die gemachten Erfahrungen verfassen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene vorschlagen.

    3. Schlussfolgerungen

    Bei der Entwicklung der Elektrizitäts- und Erdgasmärkte wurden sowohl quantitativ (prozentuale Marktöffnung) als auch qualitativ (strukturelle Entscheidungen hinsichtlich der Entflechtung, des Netzzugangs usw.) wichtige Fortschritte erzielt. Dies hat zu erheblichen Preisrückgängen geführt, die in Ländern mit einem hohen Grad an quantitativer Marktöffnung am stärksten ausgeprägt waren.

    Hinsichtlich der gemeinwirtschaftlichen Standards hat die Erfahrung gezeigt, dass die Marktöffnung, auch die vollständige Öffnung, nicht zur einer Abschwächung dieser Standards geführt hat. Im Gegenteil: die vollständige Marktöffnung hat in Verbindung mit wirksamen ordnungspolitischen Maßnahmen ein ausgeprägteres Bewusstsein für gemeinwirtschaftliche Leistungen und höhere einschlägige Standards zur Folge gehabt. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Wahrung der Standards für gemeinwirtschaftliche Leistungen von größter Wichtigkeit ist. Wenngleich aus allen Daten hervorgeht, dass die gemeinwirtschaftlichen Standards steigen, ist es der Kommission ein Anliegen, festzuschreiben, dass in allen Mitgliedstaaten zumindest der Universaldienst im Elektrizitätssektor sichergestellt werden sollte, das heißt die Versorgung aller Haushalte mit Strom auf einem qualitativ hohen Niveau zu erschwinglichen Preisen, und dass ein Minimum an Standards für den Schutz des Endverbrauchers erlassen wird.

    Die Marktöffnung hat sich auch als mit den Zielen der Gemeinschaft in punkto Versorgungssicherheit und Umweltschutz vereinbar erwiesen, sofern die erforderlichen ergänzenden Maßnahmen und Strategien umgesetzt wurden. Auf Ebene der Gemeinschaft wie auch der Mitgliedstaaten wurden bzw. werden zurzeit zweckdienliche Maßnahmen ausgearbeitet, um sicherzustellen, dass die fortschreitende Verwirklichung des Binnenmarktes einen positiven Beitrag zu den diesbezüglichen Zielen der Gemeinschaft leistet.

    Ferner ist es möglich, Maßnahmen zu treffen, die gewährleisten, dass die notwendige Umstrukturierung der Energiewirtschaft sozialverträglich und in einer mit den beschäftigungspolitischen Zielen der Gemeinschaft vereinbaren Weise erfolgt, und werden solche Maßnahmen bereits ergriffen.

    Nachbarländer partizipieren schon jetzt am Binnenmarkt oder werden dies künftig tun, was jedoch an bestimmte Überlegungen bezüglich der Reziprozität und des Umweltschutzes, die mit den Handelsregeln vereinbar sein und gleiche Ausgangsbedingungen gewährleisten müssen, gekoppelt ist. Als Grundlage für diesbezügliche Fortschritte könnten bilaterale Abkommen dienen.

    Die Entwicklungen in diesen Bereichen sind vielversprechend. Das oberste Ziel eines vollständig integrierten Marktes wurde allerdings noch nicht erreicht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Bestimmungen der Elektrizitäts- und der Erdgasrichtlinie in zwei Haupt punkten überarbeitet und gestärkt werden müssen, um den Binnenmarkt vollenden zu können.

    Was den Marktöffnungsgrad betrifft, so sind die meisten Mitgliedstaaten über das von der Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinie geforderte Maß hinausgegangen. Dennoch ist der Marktöffnungsrad von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat höchst unterschiedlich. Falls diese Situation über längere Zeit anhält, wird sie das Entstehen gleicher Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt verhindern. Mit dieser Entwicklung war nicht gerechnet worden, als die Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien erlassen wurden. Zum damaligen Zeitpunkt war nicht erwartet worden, dass eine überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten ihre Märkte über das rechtlich geforderte Maß hinaus öffnen würden, und schon gar nicht, dass sie sich zu einer vollständigen Öffnung innerhalb kurzer Zeit verpflichten würden. Mit der derzeitigen Wettbewerbsverzerrung - zwischen den Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen und zwischen den Strom- und Gasnutzern - war nicht gerechnet worden. Die Richtlinienbestimmungen betreffend die Reziprozität bieten außerdem keine geeignete Handhabe für die Lösung dieses Problems.

    Die Marktöffnung ist wichtig, doch um in der Praxis wirksam zu sein, muss ein fairer und diskriminierungsfreier Zugang zum Netz gewährleistet sein. Trotz großer Fortschritte, vor allem im Elektrizitätssektor, besteht hier noch Verbesserungsbedarf. Ferner sind die Standards in den Mitgliedstaaten verschieden, was zu ausgeprägteren Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Dass zahlreiche Teilnehmer der öffentlichen Anhörung auf die grundlegende Bedeutung dieser Fragen - Schaffung eines wirksamen Wettbewerbs und gleicher Ausgangsbedingungen - hinwiesen, zeigt, wie wichtig sie sind.

    Die Kommission ist der Ansicht, dass nun die Voraussetzungen für einen weiteren wichtigen Schritt im Marktöffnungsprozess gegeben sind, der zur raschen Vollendung des Binnenmarktes für Elektrizität und Erdgas führen soll. Wie bereits dargelegt, bestätigte eine überwältigende Mehrheit derer, die ihren Standpunkt bei der öffentlichen Anhörung vertraten, die Notwendigkeit, den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt schneller zu vollenden. Ein vollständig liberalisierter Markt hätte, wie diese Vertreter von Unternehmen, Verbrauchern und Organisationen betonten, zahlreiche Vorteile.

    Die vollständige Öffnung der Erdgas- und Elektrizitätsmärkte würde in allen Mitgliedstaaten für alle Akteure des Binnenmarktes gleiche Ausgangsbedingungen schaffen, was mit der Durchführung der derzeitigen Richtlinien, wie bereits dargelegt, nicht zu erwarten ist.

    Insbesondere was den Strompreis betrifft, hat der in diesem Bereich erzielte Wettbewerbsgrad zu erheblichen Preissenkungen geführt. Die Beibehaltung und Verbesserung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie wird die Folge sein. In den meisten Ländern, mit denen Unternehmen aus der EU hauptsächlich konkurrieren, geht die Marktöffnung inzwischen rasch voran. Die Vollendung des Binnenmarktes ist von entscheidender Bedeutung, um mit der Marktentwicklung unserer Handelspartner Schritt halten zu können.

    Ferner wird der Wettbewerb gemeinschaftsweit zu homogeneren Preisen führen und so gleiche Ausgangsbedingungen sowohl für gewerbliche als auch für private Energienutzer entstehen lassen. Von besonderer Bedeutung ist dies für kleine und mittlere Unternehmen, die derzeit gegenüber gewerblichen Großkunden häufig benachteiligt sind, vor allem, wenn es sich dabei um nichtzugelassene Kunden handelt. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht, dass viele derer, die ihren Standpunkt äußerten, betonten, man könne nicht rechtfertigen, dass Großunternehmen in der EU weiterhin gegenüber kleinen Unternehmen bezüglich des Zugangs zu vergleichbaren Strom- und Erdgaspreisen einen Wettbewerbsvorteil genießen. Angesichts der Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen für die Gemeinschaft kann eine derartige Situation der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie der Beschäftigung nur abträglich sein.

    Eine vollständige Marktöffnung kann auch Innovationen und die Durchdringung des Marktes mit neuen Technologien fördern. Im Bereich der Stromerzeugung finden viele neue technische Entwicklungen statt, die vor allem Mikrostromtechnologien und erneuerbare Energieträger betreffen. Mikroturbinen bieten den Kunden verstärkt Alternativmöglichkeiten, und die Brennstoffzellentechnologie wird derzeit eingeführt. Diese Technologien bringen vielen Kunden in punkto Zuverlässigkeit, Auswirkungen auf die Umwelt und häufig auch in punkto Kosten erhebliche Vorteile. Für am Rande der Gemeinschaft gelegene Gebiete sind diese Technologien besonders attraktiv. Die Vollendung des Binnenmarktes wird für alle miteinander konkurrierende Technologien gleiche Ausgangsbedingungen hinsichtlich des Kundenzugangs schaffen und daher die Einführung dieser neuen Technologien beschleunigen.

    Eine weitere Marktöffnung wird voraussichtlich auch das Leistungsniveau zum Vorteil der Kunden, vor allem der Endverbraucher, anheben. Die Qualität der angebotenen Leistungen, z. B. Reparaturen, neue Leistungen, Abrechnungsvereinbarungen, ist einer der Bereiche, in dem Unternehmen miteinander konkurrieren. Dass dies der Fall ist, hat sich bereits in Ländern gezeigt, in denen eine vollständige Marktöffnung erfolgte.

    Die Vollendung des Energiebinnenmarktes würde schließlich den Wettbewerb auf dem Erdgasmarkt weiter fördern. Derzeit ist der Erdgaspreis in Kontinentaleuropa eng an den Ölpreis gekoppelt. In Deutschland zum Beispiel stiegen die Preise für leichtes Heizöl zwischen Juli 1999 und Juli 2000 um 50 %. Im gleichen Zeitraum stiegen im Großhandel die Erdgaspreise um 42 %. Der Grenzpreis für deutsche Erdgaseinfuhren lag im Dezember 2000 im Schnitt um 90 % über dem des Vorjahres. Die kontinuierliche Entwicklung des Wettbewerbs im Erdgassektor, durch den die Erdöl-/Erdgaskopplung durchbrochen wird, ist eindeutig im Interesse der Gemeinschaft, da dadurch die Vielfalt der EU-Energieversorgung verbessert wird. Die Intensivierung des Wettbewerbs im Erdgassektor ist in der Erdgasrichtlinie vorgesehen durch das Recht zugelassener Kunden auf Netzzugang bis hin zum Bohrlochkopf. Immer mehr zugelassene Kunden entscheiden sich nach Wettbewerbskriterien für ihre Versorgungsquelle, weshalb Erdgasproduzenten verstärkt über die Preise miteinander konkurrieren müssen.

    Die Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs im Erdgassektor in Europa kann durch den Umfang langfristiger Liefer- und Transportverträge behindert werden. Eine wirksame Methode, den europäischen Gasmarkt zu öffnen und den Wettbewerb im Erdgassektor zu fördern, wäre die Einführung von Gasfreigabeprogrammen, durch die bestehende, langfristige Exklusivversorgungsverträge für Dritte geöffnet würden. Einige wenige Mitgliedstaaten haben derartige Programme eingeführt; weitere Mitgliedstaaten sollten dazu ermutigt werden, solche Programme in Betracht zu ziehen, die die Liquidität auf dem Gasmarkt verbessern würden.

    Um eine vollständige Marktöffnung herbeizuführen, müssen sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte behandelt werden. Es gilt, den Mitgliedstaaten einen Termin vorzugeben, bis zu dem sie allen (gewerblichen und privaten) Kunden die Möglichkeit einräumen, gemeinschaftsweit Strom und Gas vom Versorger ihrer Wahl zu beziehen. Dadurch wird gewährleistet, dass sich der Binnenmarkt rasch und zum Nutzen aller Bürger der Gemeinschaft entwickelt und auch wirklich gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen in der EU gegeben sind.

    Darüber hinaus gilt es, ein wirksames Marktzugangssystem zu gewährleisten, das sicherstellt, dass die zugelassenen Kunden und Produzenten tatsächlich und diskriminierungsfrei Zugang zum Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilernetz sowie zu anderen wesentlichen Infrastruktureinrichtungen haben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich das oberste Ziel des diskriminierungsfreien Netzzugangs mit den derzeitigen Richtlinienbestimmungen hinsichtlich des Netzzugangs Dritter und des Entflechtungsgrads nicht vollständig erreichen lässt. Vor diesem Hintergrund sollten in allen Mitgliedstaaten unabhängige Regulierungsbehörden eingerichtet werden, da sie eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung diskriminierungsfreier Netzzugangsbedingungen spielen. Sie sollten zumindest befugt sein, die Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilungsentgelte festzulegen oder zu genehmigen.

    Sowohl mit Blick auf die Bedingungen für den Netzzugang Dritter und die Entflechtung gilt es, für hohe Standards zu sorgen, die ein großes Maß an Unabhängigkeit - und folglich Unparteilichkeit - der Netzbetreiber sicherstellen. Grundsätzlich sollten solche Standards in allen Mitgliedstaaten qualitativ vergleichbar sein, um gleiche Ausgangsbedingungen zu bieten und Handelsverzerrungen zu vermeiden.

    Die Kommission ist daher zu dem Schluss gekommen, dass dem Europäischen Rat und dem Parlament nunmehr Vorschläge, die diesen Anforderungen entsprechen, vorgelegt werden sollten. Solche Vorschläge können überdies die derzeitigen Bestimmungen hinsichtlich der gemeinwirtschaftlichen Ziele stärken. Diese qualitativen Vorschläge wurden bereits im Grünbuch der Kommission über die Energieversorgungssicherheit [34] vom November 2000 dargelegt.

    [34] KOM(2000) 769, S. 71 und 72.

    Zwischen der Umsetzung der jetzigen Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien und diesen Vorschlägen ist zwar relativ wenig Zeit vergangen; dennoch gibt es gute Gründe, solche neuen Maßnahmen vorzuschlagen. Erstens ist die Marktöffnung in den meisten Mitglied staaten viel schneller als erwartet vor sich gegangen, was zu größeren Marktverzerrungen als vorhergesehen geführt hat. Zweitens geht aus den bisherigen Erfahrungen hervor, dass gleichwertige und strenge Mindeststandards hinsichtlich der Entflechtung und des Netzzugangs Dritter festgelegt werden müssen, falls sich der Wettbewerb wirklich entfalten soll und gleiche Ausgangsbedingungen entstehen sollen.

    Wichtig ist dennoch, dass die Vollendung des Binnenmarktes das Erreichen der Ziele der Gemeinschaft in anderen wichtigen Bereichen wie Verbraucherschutz, Umweltschutz, Versorgungssicherheit und in anderen gemeinwirtschaftlichen Punkten nicht gefährdet, sondern dazu beiträgt. Die Marktöffnung muss daher, wenn sie an Tempo gewinnt, weiter durch geeignete Maßnahmen in diesem Bereich sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch der Gemeinschaft flankiert werden. Die Kommission wird die diesbezüglichen Entwicklungen genau verfolgen und gegebenenfalls entsprechende Vorschläge ausarbeiten.

    Ferner sei darauf hingewiesen, dass diese nächste legislative Phase nur eine der Maßnahmen ist, die für die Vollendung des Binnenmarktes ergriffen werden müssen. Im Rahmen der Elektrizitäts- und Erdgasforen von Florenz und Madrid wurde zwar viel erreicht, doch müssen weitere Fortschritte, vor allem im Bereich der Entgelte für die grenzüberschreitende Übertragung und das Engpassmanagement im Elektrizitätssektor, erzielt werden. Die Kommission wird die auf dem Elektrizitätsregulierungsforum bislang erzielten Fortschritte durch legislative Maßnahmen formalisieren.

    Insbesondere für den Stromsektor gilt es nunmehr, einen formalen Rechtsrahmen zu schaffen, der auf den Ergebnissen des Regulierungsforums bezüglich des grenzüberschreitenden Zugangs zu Übertragungsnetzen aufbaut. Dadurch ist der Erlass einschlägiger, unmittelbar geltenden Entscheidungen möglich. Die Kommission hat daher beschlossen, dass dem Europäischen Parlament und dem Rat ein entsprechender Vorschlag vorgelegt werden sollte.

    Ferner müssen bezüglich der Anpassung bereits vorliegender Vorschläge im Bereich Umwelt und Steuern weitere Fortschritte erzielt werden. Damit ein hohes Niveau gemeinwirt schaftlicher Leistungen beibehalten und sogar gesteigert wird, wird die Kommission ihre derzeit laufende Vergleichsuntersuchung fortsetzen und im Laufe des Jahres 2001 eine Mitteilung zu diesem Thema annehmen. Außerdem wird sie sich weiter mit Fragen der Versorgungssicherheit befassen. Am 29. November 2000 hat sie ein Grünbuch (KOM(2000) 769) dazu gebilligt; den weiteren Arbeiten in diesem Bereich kommt große Bedeutung zu. Alle diese Fragen werden für die Kommission zusammen mit dem Erlass weiterer Rechtsvorschriften, die auf die Vollendung des Binnenmarktes für Erdgas und Elektrizität abzielen, auch künftig vorrangige Arbeitsbereiche sein.

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