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Document 32004D0420

    2004/420/EG: Entscheidung der Kommission vom 3. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen C. Conradty Nürnberg GmbH, Hoffmann & Co. Elektrokohle AG, Le Carbone Lorraine S.A., Morgan Crucible Company plc, Schunk GmbH und Schunk Kohlenstofftechnik GmbH, gesamtschuldnerisch haftend, sowie SGL Carbon AG (Sache N° C.38.359 — Elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 4457)

    ABl. L 125 vom 28.4.2004, p. 45–49 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2004/420/oj

    32004D0420

    2004/420/EG: Entscheidung der Kommission vom 3. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen C. Conradty Nürnberg GmbH, Hoffmann & Co. Elektrokohle AG, Le Carbone Lorraine S.A., Morgan Crucible Company plc, Schunk GmbH und Schunk Kohlenstofftechnik GmbH, gesamtschuldnerisch haftend, sowie SGL Carbon AG (Sache N° C.38.359 — Elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 4457)

    Amtsblatt Nr. L 125 vom 28/04/2004 S. 0045 - 0049


    Entscheidung der Kommission

    vom 3. Dezember 2003

    in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen C. Conradty Nürnberg GmbH, Hoffmann & Co. Elektrokohle AG, Le Carbone Lorraine S.A., Morgan Crucible Company plc, Schunk GmbH und Schunk Kohlenstofftechnik GmbH, gesamtschuldnerisch haftend, sowie SGL Carbon AG

    (Sache N° C.38.359 - Elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte)(1)

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 4457)

    (Nur der englische, der französische und der deutsche Text sind verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2004/420/EG)

    Am 3. Dezember 2003 erließ die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen. Gemäß Artikel 21 der Verordnung Nr. 17(2) veröffentlicht die Kommission hiermit die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt der Entscheidung, wobei sie den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt. Eine nicht vertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Entscheidung ist in den verbindlichen Sprachen der Wettbewerbssache und den Arbeitssprachen der Kommission auf der Website der GD COMP unter folgender Adresse abrufbar: http://europa.eu.int/comm/ competition/index_de.html.

    I. ZUSAMMENFASSUNG DER ZUWIDERHANDLUNG

    Adressaten der Entscheidung und Art der Zuwiderhandlung

    1. Diese Entscheidung ist gerichtet an die C. Conradty Nürnberg GmbH ("Conradty"), die Hoffmann & Co. Elektrokohle AG ("Hoffmann"), Le Carbone Lorraine S.A. ("Carbone Lorraine"), Morgan Crucible Company plc ("Morgan"), die Schunk GmbH und Schunk Kohlenstofftechnik GmbH, gesamtschuldnerisch haftend, ("Schunk"), sowie die SGL Carbon AG ("SGL").

    2. Die Adressaten dieser Entscheidung nahmen an einer einzigen, fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und - ab 1. Januar 1994 - gegen Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen, für das gesamte Gebiet des EWR teil. Ihnen wird Folgendes zur Last gelegt:

    - Sie vereinbarten und aktualisierten von Zeit zu Zeit eine einheitliche, höchst detaillierte Methode zur Berechnung der Kundenpreise für die wichtigsten Arten von elektrotechnischen und mechanischen Kohlenstoff- und Graphitprodukten sowie für verschiedene Kategorien von Kunden und alle EWR-Länder, in denen eine Nachfrage bestand, um für ein breites Spektrum an Produkten zur Festlegung gleicher oder stark angenäherter Preise zu gelangen.

    - Sie vereinbarten für die verschiedenen Kategorien von Abnehmern regelmäßige prozentuale Preiserhöhungen für die wichtigsten Arten von elektrotechnischen und mechanischen Produkten in den EWR-Ländern, in denen eine Nachfrage bestand.

    - Sie vereinbarten Aufpreise für Kunden, Preisnachlässe für verschiedene Arten von Lieferungen sowie Zahlungsbedingungen.

    - Sie vereinbarten Hauptlieferanten für die wichtigsten Kunden, das Einfrieren der Marktanteile im Hinblick auf diese Kunden, tauschten regelmäßig Preisinformationen für diese Kunden aus und vereinbarten für sie besondere Preisangebote.

    - Sie vereinbarten, sich der Werbung und der Teilnahme an Verkaufsausstellungen zu enthalten.

    - Sie vereinbarten mengenmäßige Beschränkungen, Preiserhöhungen oder Boykottmaßnahmen gegen Wiederverkäufer, die möglicherweise mit ihnen in Wettbewerb treten wollten.

    - Sie vereinbarten Preisunterbietungen im Verhältnis zu Wettbewerbern, und

    - sie betrieben ein hoch differenziertes System zur Überwachung und Durchsetzung ihrer Vereinbarungen.

    Dauer der Zuwiderhandlung

    3. Die nachstehenden Unternehmen nahmen an der Zuwiderhandlung zumindest in den folgenden Zeiträumen teil:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Der Markt für elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte

    4. Kohlenstoffprodukte für die Elektrotechnik werden in erster Linie zur Übertragung von elektrischem Strom eingesetzt. Wichtigste Erzeugnisse dieser Produktgruppe sind Kohlebürsten und Stromabnehmer. Kohlebürsten werden im Fahrzeugbau, in Haushaltsgeräten, in der Industrie und in der Antriebstechnik (öffentlicher Verkehr) eingesetzt. Beispiele für den Einsatz im Fahrzeugbau sind Anlasser, Drehstromgeneratoren, Kraftstoffpumpen, Klimaanlagen und elektrische Fensterheber in Personen- und Lastkraftwagen. Kohlebürsten in Haushaltgeräten werden in Bohrmaschinen, Staubsaugern, Elektrorasierern, Mixern und zahlreichen anderen Geräten und langlebigen Konsumgütern verwendet. Als Beispiel für Industrieanwendungen sind Fertigungsstraßen und Aufzüge zu nennen. Kohlebürsten als Stromabnehmer für den Antriebsbereich werden im Schienenverkehr und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt, hauptsächlich in Lokomotiven und Hilfsaggregaten.

    Mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte sind auch bei hohen Reibungskräften sehr widerstandsfähig, inert, verschleißarm und haben - sofern sie Graphit enthalten - auch sehr gute Schmiereigenschaften. Sie werden hauptsächlich zum Versiegeln/Auskleiden von Behältern für fluessige und gasförmige Stoffe sowie zur Schmierung verschleißarmer Maschinenteile eingesetzt.

    Kohlenstoff- und Graphitprodukte werden auch in Blöcken gehandelt, die einer Nachbehandlung bzw. Weiterverarbeitung bedürfen.

    5. Wie die Kommission festgestellt hat, beschränkt sich der räumliche Produktmarkt weitgehend auf den EWR. Da eine rasche Belieferung der Kunden erforderlich ist, sind lange Transportwege unökonomisch. Im Jahr 1998, dem letzten abgeschlossenen Kalenderjahr, in dem das Kartell vollzählig war, erstreckte sich das Kartell auf über 90 % des relevanten EWR-Markts, dessen Gesamtwert einschließlich des Eigenverbrauchs für das betreffende Jahr auf 291 Mio. EUR geschätzt wurde.

    Funktionsweise des Kartells

    6. In der Zeit zwischen Oktober 1988 und Dezember 1999 fanden nachweislich über 140 Kartellzusammenkünfte statt. Die Funktionsweise des Kartells blieb in diesem Zeitraum im Wesentlichen unverändert.

    - Die leitenden Angestellten der beteiligten Unternehmen aus dem Bereich "Kohlenstoff- und Graphiterzeugnisse" kamen zu regelmäßigen europäischen Gipfeltreffen zusammen. Die Gipfeltreffen fanden zweimal jährlich statt.

    - Die Zusammenkünfte des Technischen Ausschusses fanden auf europäischer Ebene ebenfalls zweimal jährlich im Frühjahr und im Herbst vor den Gipfeltreffen statt. Hauptzweck der Sitzungen des Technischen Ausschusses war die Vereinbarung der Preishöhen und der prozentualen Preiserhöhungen für die verschiedenen Produkte in den einzelnen Ländern. Außerdem wurden dabei Vereinbarungen über konkrete absatzstrategische Aspekte wie z. B. die Harmonisierung der Preise in Europa (nach oben), die gegenüber Großabnehmern anzuwendenden Preishöhen, das Vorgehen gegenüber Wettbewerbern und Aufschläge für die verschiedensten Zwecke getroffen.

    - Regionale Zusammenkünfte fanden nach Bedarf in Italien, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, den Benelux-Ländern, Deutschland und Spanien (einschließlich Portugal) statt. Dabei wurden Preiserhöhungen für das jeweilige Land und die Kundenbeziehungen in diesem Land erörtert.

    - Regelmäßige Kontakte zwischen Vertretern der Kartellmitglieder waren erforderlich, um zu gewährleisten, dass die auf den Zusammenkünften getroffenen Vereinbarungen im Tagesgeschäft von allen Beteiligten befolgt wurden. Außerdem wurden bei regelmäßigen Kontakten der Vertreter einzelne Angebote an Großabnehmer abgestimmt. Diese Kontakte erfolgten wöchentlich und zuweilen täglich über Telefon, Fax oder zuweilen auch auf Zusammenkünften.

    II. GELDBUßEN

    Grundbetrag

    7. Den beteiligten Unternehmen ist nach Ansicht der Kommission eine besonders schwere Zuwiderhandlung anzulasten. Die Zuwiderhandlung ist aufgrund ihrer Art und ihrer geographischen Reichweite als besonders schwerwiegend einzustufen, unabhängig davon, ob die Auswirkungen auf den Markt messbar sind oder nicht.

    Differenzierte Behandlung

    8. Innerhalb der Kategorie der besonders schweren Zuwiderhandlungen ermöglicht die Geldbußenskala eine Differenzierung der Unternehmen, um ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, Wettbewerber und Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, Rechnung zu tragen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet. Carbone Lorraine und Morgan waren 1998 - im letzten abgeschlossenen Kalenderjahr der Kartellaktivitäten - mit Marktanteilen über 20 % die größten Anbieter elektrotechnischer und mechanischer Kohlenstoff- und Graphitprodukte im EWR. Sie wurden deshalb der obersten Kategorie zugeordnet. Schunk und SGL wurden mit Marktanteilen zwischen 10 % und 20 % der zweiten Kategorie zugerechnet. Mit Marktanteilen unter 10 % wurden Hoffmann und Conradty der dritten Kategorie zugeordnet.

    Dauer

    9. Die Unternehmen nahmen an der Zuwiderhandlung zumindest in den folgenden Zeiträumen teil:

    - Carbone Lorraine: von Oktober 1988 bis Juni 1999, d. h. über einen Zeitraum von 10 Jahren und 8 Monaten, was sich in einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags um 105 % niederschlägt;

    - Morgan: von Oktober 1988 bis Dezember 1999, d. h. über einen Zeitraum von 11 Jahren und 2 Monaten, mit einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags um 110 %;

    - Schunk: von Oktober 1988 bis Dezember 1999, d. h. über einen Zeitraum von 11 Jahren und 2 Monaten, mit einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags ebenfalls um 110 %;

    - SGL: von Oktober 1988 bis Dezember 1999, d. h. über einen Zeitraum von 11 Jahren und 2 Monaten, mit einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags ebenfalls um 110 %;

    - Hoffmann: von September 1994 bis Oktober 1999, d. h. über einen Zeitraum von 5 Jahren und 1 Monat, mit einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags um 50 %;

    - Conradty: von Oktober 1988 bis Dezember 1999, d. h. über einen Zeitraum von 11 Jahren und 2 Monaten, mit einer Erhöhung des Geldbußengrundbetrags um 110 %.

    Erschwerende Umstände

    10. Im vorliegenden Fall sind nach Ansicht der Kommission keine erschwerenden Umstände gegeben.

    Mildernde Umstände

    11. Im vorliegenden Fall sind nach Ansicht der Kommission keine mildernden Umstände gegeben.

    Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes

    12. Die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 genannte Geldbußenobergrenze von 10 % des Weltumsatzes findet im Fall von Hoffmann und Conradty Anwendung.

    Anwendung der Kronzeugenregelung von 1996

    Nichtfestsetzung oder wesentlich niedrigere Festsetzung der Geldbuße ("Abschnitt B": Ermäßigung um 75 % bis 100 %)

    13. Gegen Morgan wird keine Geldbuße verhängt, da es das erste Unternehmen war, das der Kommission das Kartell gemeldet hat.

    Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße ("Abschnitt D": Ermäßigung um 10 % bis 50 %)

    14. Carbone Lorraine erhält für die Mitwirkung an den Kommissionsermittlungen eine Ermäßigung von 40 %. Von den Unternehmen, die für eine spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße in Frage kommen, war Carbone Lorraine das erste Unternehmen, das mit der Kommission zusammengearbeitet und den nützlichsten Beitrag geleistet hat. Wie die anderen Unternehmen, die mit der Kommission zusammengearbeitet haben, hat es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht im Wesentlichen bestritten.

    15. Schunk erhält für die Mitwirkung an den Kommissionsermittlungen eine Ermäßigung von 30 %. Schunk legte die Beweismittel zu einem späteren Zeitpunkt vor und arbeitete nicht so umfassend mit der Kommission zusammen wie Carbone Lorraine.

    16. Hoffmann - inzwischen Teil der Schunk Gruppe - kooperierte in derselben Weise wie Schunk. Auch Hoffmann wurde die Geldbuße um 30 % ermäßigt.

    17. SGL hat als letztes Unternehmen mit der Kommission zusammengearbeitet und erhält dafür eine Ermäßigung um 20 %.

    18. Conradty hat mit der Kommission nicht zusammengearbeitet.

    Zahlungsfähigkeit

    Carbone Lorraine

    19. Die von Carbone Lorraine als Beweis für seine Zahlungsunfähigkeit angeführten Argumente wurden zurückgewiesen.

    SGL

    20. Die von SGL als Beweis für seine Zahlungsunfähigkeit angeführten Argumente wurden zurückgewiesen.

    Andere Faktoren

    21. Carbone Lorraine machte geltend, das Unternehmen befinde sich in einer kritischen Finanzlage und sei wegen zeitgleicher Kartellaktivitäten bereits mit einer empfindlichen Geldbuße belegt worden. Beide Argumente wurden als unzutreffend abgewiesen.

    22. SGL wird demgegenüber die Geldbuße um 33 % ermäßigt, da das Unternehmen finanziell stark belastet ist und vor relativ kurzer Zeit von der Kommission mit zwei beträchtlichen Geldbußen wegen zeitgleicher Teilnahme an verschiedenen Kartellaktivitäten belegt worden ist.

    Entscheidung

    1. Es wurden folgende Geldbußen verhängt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    2. Die genannten Unternehmen stellen die Zuwiderhandlungen unverzüglich ab, soweit dies nicht bereits geschehen ist. Sie sehen künftig von der Wiederholung der ihnen in diesem Fall zur Last gelegten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Maßnahmen mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung ab.

    (1) Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten (ABl. C 102 vom 28.4.2004).

    (2) ABl. Nr. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1216/1999 (ABl. L 148 vom 15.6.1999, S. 5).

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