MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Ein EU-System zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung (EU-TFTS) /* COM/2013/0842 final */
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Ein EU-System zum Aufspüren der
Terrorismusfinanzierung (EU-TFTS) Diese an die Mitteilung KOM (2011) 429 vom 13. Juli 2011 anschließende
Mitteilung dient dazu, das Europäische Parlament und den Rat über die
Ergebnisse der Durchführbarkeitsanalyse für ein EU-System zum Aufspüren der
Terrorismusfinanzierung (EU-TFTS) zu informieren.
1.
Kontext
1.1.
Hintergrund dieser Mitteilung und Begriffsabgrenzung
Bei den Verhandlungen über den Abschluss des Abkommens
zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über
die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der
Europäischen Union an die Vereinigten Staaten von Amerika für die Zwecke des
Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus[1] (nachfolgend
„SWIFT-Abkommen“) wurde insbesondere erörtert, wie personenbezogene Daten und
Grundrechte im Rahmen des Abkommens optimal geschützt werden können. Einige
Verhandlungsparteien argumentierten, durch den Umstand, dass die
Datenextraktion im Hoheitsgebiet der EU erfolge, würden die an die USA
übermittelten Datenmengen begrenzt und somit ein besserer Datenschutz garantiert.
Ein Teil der Mitgliedstaaten hielt es für sinnvoll, langfristig ein EU-eigenes System
zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung zu entwickeln. Das Europäische Parlament
ersuchte den Rat und die Kommission, alle erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen, um eine dauerhafte und rechtlich fundierte europäische Lösung für
die Frage der Extraktion angeforderter Daten auf europäischem Boden zu finden. Der
Rat und das Europäische Parlament forderten die Kommission bei der Annahme des SWIFT-Abkommens
auf, spätestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Abkommens einen rechtlichen
und technischen Rahmen für die Extraktion der Daten auf dem Gebiet der EU und
binnen drei Jahren nach dem Inkrafttreten des Abkommens einen Bericht über den
Fortschritt bei der Entwicklung eines vergleichbaren EU-Systems vorzulegen[2]. Artikel 11 Absatz 1
des SWIFT-Abkommens sieht zudem vor, dass die Kommission während der Laufzeit
des Abkommens eine Studie über die mögliche Einführung eines vergleichbaren,
eine gezieltere Datenübermittlung erlaubenden EU-Systems durchführt. Für die Zwecke dieser Mitteilung sollte zwischen
einem vergleichbaren EU-System und einem Rahmen für die Datenextraktion auf dem
Gebiet der EU unterschieden werden. Unter einem Rahmen für die
Datenextraktion auf dem Gebiet der EU wird ein System verstanden, dass im
Hoheitsgebiet der EU durchzuführende Suchabfragen unter den gegenwärtig von der
EU an die USA übermittelten Daten ermöglicht. Ein vergleichbares EU-System
hingegen wäre ein EU-eigenes System zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung
durch den Zugriff auf die Daten bezeichneter Anbieter, durch Suchabfragen unter
diesen Daten und durch die Analyse dieser Daten. Im Falle der Einführung eines
solchen EU-Systems müsste das SWIFT-Abkommen geändert werden.
1.2.
Durchgeführte Maßnahmen
Im
Dezember 2010 gab die Kommission hierzu eine Studie in Auftrag. Diese wurde im
Juli 2011 ausgeweitet, um die zusätzliche Option der Einführung einer Regelung
für die Datenvorhaltung und -extraktion zu prüfen. Im Zuge der Studie
veranstaltete die Kommision vier Zusammenkünfte für Sachverständige, darunter
Vertreter von Europol, der Europäische Datenschutzbeauftragte, der nach Maßgabe
des SWIFT-Abkommens bezeichnete Anbieter von Zahlungsverkehrsdiensten[3] und zahlreiche
Sachverständige aus interessierten Ministerien, Strafverfolgungs- oder
Nachrichtendiensten und Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten. Am
13. Juli 2011 stellte die Kommission in einer an das Europäische Parlament
und den Rat gerichteten Mitteilung (nachfolgend „Mitteilung von 2011“) fünf
von ihr ermittelte Optionen für ein EU-System zum Aufspüren der
Terrorismusfinanzierung vor. Drei dieser Optionen wurden für umsetzbar
gehalten. Durch die Mitteilung von 2011 sollte eine Diskussion über das weitere
Vorgehen in Gang gebracht werden, und die Ergebnisse sollten in die
erforderliche Folgenabschätzung einfließen. Die
Optionen wurden im Oktober 2011 auf der Tagung des Rates „Justiz und Inneres“
sowie im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des Europäischen Parlaments
vorgestellt. Da
weder von den Mitgliedstaaten noch vom Europäischen Parlament eine eindeutige
Präferenz für eine der Optionen zum Ausdruck gebracht wurde, wurde beschlossen,
sämtliche Optionen im Rahmen einer von der Kommission durchgeführten
Folgenabschätzung zu prüfen und die Optionen durch Ausarbeitung von
Unteroptionen näher auszuführen. Auf dieser Folgenabschätzung[4] baut
die vorliegende Mitteilung auf.
2.
Zentrale Grundsätze und
Optionen
2.1.
Die zentralen Grundsätze der unter dem
schwedischen Ratsvorsitz angenommenen Strategie für das
Informationsmanagement im Bereich der inneren Sicherheit
Bei
ihrer Analyse der Vorschläge für das weitere Vorgehen hat die Kommission die
zentralen Grundsätze berücksichtigt, die in der Strategie für das
Informationsmanagement im Bereich der inneren Sicherheit von 2009[5]
festgelegt und in ihren Mitteilungen „Überblick über das Informationsmanagement
im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht“ (2010)[6] und
„Stärkung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU: Das
Europäische Modell für den Informationsaustausch“ (2012)[7] näher
ausgeführt wurden. Von
zentraler Bedeutung hierbei sind die Grundsätze der Wahrung der Grundrechte,
der Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit und der Kostenwirksamkeit. Bei
der Ausarbeitung neuer Vorschläge, die die Verarbeitung personenbezogener Daten
auf dem Gebiet der inneren Sicherheit berühren, misst die Kommission der Wahrung
der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschriebenen
Grundrechte und insbesondere dem Recht auf den Schutz der Privatsphäre und der
personenbezogenen Daten zentrale Bedeutung bei. Im Einzelnen sieht die Charta
vor, dass jede Person das Recht auf „Achtung ihres Privat- und Familienlebens“
(Artikel 7) und auf „Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten“
(Artikel 8) hat. Ebenso wird in Artikel 16 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union, der für alle Mitgliedstaaten sowie EU‑Organe,
‑Einrichtungen, -Ämter und -Agenturen bindend ist, bekräftigt, dass jede
Person „das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten“ hat.
Nach Artikel 52 der Charta unterliegen etwaige Einschränkungen der Ausübung der
in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit und dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich
sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen
oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer
tatsächlich entsprechen. Ein
Eingriff in das Recht auf Privatsphäre gilt dann als notwendig, wenn er einem
zwingenden gesellschaftlichen Erfordernis entspricht, wenn er im Vergleich zu
dem verfolgten Ziel verhältnismäßig ist und wenn die staatliche Behörde den
Eingriff „ausreichend begründet“. Auch
wenn sich die durch Terrorismus verursachten Kosten finanziell nur schwer
bemessen lassen, gilt der Grundsatz der Kostenwirksamkeit. Ein kostenwirksamer
Ansatz berücksichtigt bestehende Lösungen, um Doppelarbeit weitestgehend zu
reduzieren und möglichst viele Synergien zu schaffen. Außerdem gilt es jeweils
zu bewerten, inwieweit es möglich ist, die Ziele eines gegebenen Vorschlags
durch eine bessere Nutzung bestehender Instrumente zu verwirklichen.
2.2.
Ansatz
Die
Kommission hat im Lichte der oben genannten Grundsätze geprüft, ob ein EU-eigenes
TFTS notwendig und im Vergleich zur gegenwärtigen Situation in Bezug auf die
mit ihm verbundenen Kosten, seine Vorzüge und seine Auswirkungen auf die
Grundrechte angemessen wäre. Was
die Vorzüge eines EU-eigenen Systems anbelangt, so könnte letzteres die
Zugriffsmöglichkeien der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf sachdienliche Daten
erhöhen und die Möglichkeiten, Terroristen durch die Analyse von
Finanztransaktionen zu verfolgen und zu identifizieren, verbessern. Da
Finanztransaktionen wertvolle, aus anderen Quellen möglicherweise nicht
einholbare Informationen liefern können, wäre diese Möglichkeit von besonderem
Wert für die Aufdeckung terroristischer Handlungen und der an diesen
beteiligten Personen. Insbesondere wenn es mehrere Anbieter von Finanzdaten und
mehrere Transaktionsarten abdecken würde, könnte ein EU-eigenes TFTS somit ein
zusätzliches Instrument für die Informationsbeschaffung und die
Ermittlungsarbeit zur Terrorbekämpfung sowie für die Verbesserung der inneren
Sicherheit in der EU sein. Gleichwohl gilt es die Vorzüge eines EU-eigenen TFTS
gegen die geschätzten Einführungs- und Instandhaltungskosten eines solchen
Systems einschließlich der finanziellen Belastung, die der EU, den
Mitgliedstaaten und den bezeichneten Anbietern der betreffenden Daten entstehen
würden, abzuwiegen.
2.3.
Die Optionen im Einzelnen
Sowohl
für einen Rahmen für die Datenextraktion auf dem Gebiet der EU als auch für ein
vergleichbares EU-System sind mehrere Optionen geprüft worden:
2.3.1.
Ein Rahmen für die Datenextraktion auf dem
Gebiet der EU
Ein Rahmen für die Datenextraktion auf
dem Gebiet der EU könnte in Form eines Systems für die Vorhaltung und
Extraktion von Daten des bezeichneten Anbieters geschaffen werden, das einen
direkten Zugriff auf die Daten ermöglicht, die derzeit im Rahmen des SWIFT-Abkommens
an die Vereinigten Staaten übermittelt werden. Ein solcher direkter Zugang
würde mit entsprechenden Befugnissen ausgestatteten US-amerikanischen Analytikern
oder Sachverständigen gewährt. Eine Möglichkeit bei dieser Option
bestünde darin, die betreffenden Daten auf dem Server des bezeichneten
Anbieters für einen bestimmten Zeitraum vorzuhalten und die Suchabfragen
unmittelbar auf diesem Server vorzunehmen. Der derzeitige im Rahmen des SWIFT-Abkommens
bezeichnete Anbieter hat allerdings starke Datenschutz- und
Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, die keine Ermittlung von in den Verkehrsdaten
erwähnten Personen zulassen, so dass in seinen Datenbanken keine Suchabfragen
anhand personenbezogener Daten durchgeführt werden können. Mithin müsste eine
separate Datenbank geschaffen werden. Alternativ könnten die Daten
extrahiert und an einem anderen sicheren Ort in der EU aufbewahrt werden. Die
zur Durchführung der Suchabfragen ermächtigten US-amerikanischen Analytiker und
Sachverständigen könnten entweder vor Ort in den Räumlichkeiten des bezeichneten
Anbieters oder aber per Fernzugang auf die Daten zugreifen. In jedem Fall müssten
unabhängig vom Aufbewahrungsort der Daten umfassende und zuverlässige, auf die
konkrete Systemarchitektur zugeschnittene Sicherheitsvorkehrungen getroffen
werden.
2.3.2.
Ein vergleichbares EU-System
In Bezug auf die Einführung eines
vergleichbaren EU-Systems sind verschiedene (in der Mitteilung von 2011
vorgestellte) Optionen in Betracht gezogen worden: ein vollständig zentrales
System auf EU-Ebene, ein dezentrales System auf Ebene der Mitgliedstaaten und
drei Hybridsysteme, an denen sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten beteiligt
wären. Bei jeder Option bestehen mehrere Möglichkeiten in
Bezug auf den Umfang des EU-Systems. Es gilt jeweils zu entscheiden, welche
Mitteilungsarten abgedeckt und welche Anbieter bezeichnet werden sollen. So
könnte bei einem vergleichbaren EU-System an den im SWIFT-Abkommen festgelegten
Finanzmitteilungsarten und bezeichneten Anbietern festgehalten oder aber
darüber hinausgegangen werden.
Die
Option eines vollständig zentralen Systems auf EU-Ebene würde bedeuten,
dass eine gemeinsame EU-Stelle sämtliche Schlüsselfunktionen des Systems
erfüllen würde: Anfordern der Datenextraktion, Datenspeicherung, Durchführung
von Suchabfragen und Datenanalysen, Schutz und Überwachung des Systems und
Übermittlung von Ermittlungshinweisen an die Mitgliedstaaten. Diese Option
ist jedoch rechtlich nicht gesichert, da gegen Artikel 72 AEUV verstoßen
würde, welcher besagt, dass für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit in erster Linie die
Mitgliedstaaten zuständig sind. Für die Mitgliedstaaten wäre ein solches
System weder machbar noch akzeptabel, weil eine zentrale EU-Stelle für die
Datensammlung und -auswertung geschaffen werden müsste.
Die
Option eines vollständig dezentralen Systems auf Ebene der
Mitgliedstaaten würde bedeuten, dass das System von den zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten betrieben und keine Funktion auf EU-Ebene
wahrgenommen würde. Die betreffenden Daten könnten somit gleichzeitig an
alle 28 Mitgliedstaaten übermittelt und von diesen parallel durchsucht
werden. Der Datenstrom würde dadurch vervielfacht, wodurch hohe Kosten
entstünden. Auch würde sich die Gefahr erhöhen, dass die Daten nicht
einheitlich behandelt und uneinheitliche Datenschutzverfahren eingeführt
werden. Daher wird auch diese Option für nicht realisierbar erachtet.
Diese beiden Optionen wurden daher nicht weiter
geprüft. Die drei übrigen Optionen für ein vergleichbares
EU-System (Hybridsysteme) beinhalten jeweils die Aufteilung der verschiedenen
Funktionen auf unterschiedliche Stellen auf EU- und nationaler Ebene. Bei allen drei Hybridsystemen müssten die Daten
fortlaufend und jedes Mal neu per Anfrage an den bezeichneten Anbieter
abgerufen, extrahiert und in einer an einem sicheren Ort in der EU befindlichen
Datenbank gespeichert werden. Die Suchabfragen würden sodann unter den in
dieser zentralen Datenbank gespeicherten Daten durchgeführt. Bei allen drei
Optionen müssten geeignete Datenschutzvorkehrungen getroffen werden.
A)
Für das erste Hybridsystem, einem Koordinierungs- und Analysedienst im
Rahmen eines EU-Systems zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung, müsste
eine zentrale EU-Stelle geschaffen werden. Diese hätte die Aufgabe, Daten
von den bezeichneten Anbietern anzufordern, Suchabfragen und Datenanalysen
durchzuführen und die Ergebnisse weiterzuleiten. Im Unterschied zu einem
vollständig zentralen System hätten die Mitgliedstaaten direkten Zugang zu
dem System und könnten Suchabfragen beantragen, die dann in ihrem Namen
von der Zentralstelle oder aber von ihren eigenen Analytikern durchgeführt
würden.
B)
Für das zweite Hybridsystem, einem Datenextraktionsdienst im Rahmen
eines EU-Systems zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung, wäre
ebenfalls die Schaffung einer zentralen EU-Stelle erforderlich. Diese
würde jedoch lediglich Suchabfragen auf Antrag der Mitgliedstaaten
durchführen und die extrahierten Daten ohne Analyse an die Mitgliedstaaten
weiterleiten. Zusätzlich könnte diese EU-Stelle von sich aus Suchabfragen
durchführen und deren Ergebnisse analysieren.
C)
Beim dritten Hybridsystem, einer Koordinierungsstelle für die zentralen
Meldestellen zur Entgegennahme von Geldwäsche-Verdachtsanzeigen (Financial
Intelligence Units – FIU)[8],
würde eine Ad-hoc-Plattform auf EU-Ebene geschaffen. Dabei würde es sich
aber nicht um ein ständiges Gremium handeln, sondern um eine Gruppe von
Experten auf dem Gebiet der Analyse von Finanzinformationen, die je nach
Bedarf Zusammenkünfte abhalten würde. Zu diesem Zweck könnte die
bestehende FIU-Plattform erweitert werden: Jeder Mitgliedstaat würde einen
in seinem Namen handelnden Vertreter benennen. Dieses Ad-hoc-Gremium würde
die Anfragen der zentralen Meldestellen der einzelnen Mitgliedstaaten
bündeln und entsprechende Datenanfragen an die bezeichneten Anbieter
richten. Die Vertreter der einzelnen Mitgliedstaaten hätten die Aufgabe,
im Namen ihres Mitgliedstaats Suchabfragen und Datenanalysen durchzuführen
und die Ergebnisse entsprechend weiterzuleiten. Anschließend wäre es Sache
der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Ermittlungshinweise zu
nutzen und auf nationaler Ebene weiterzuleiten.
2.3.3.
Status quo: SWIFT-Abkommen
Zurzeit
können die EU und die Mitgliedstaaten im Rahmen des SWIFT-Abkommens zwischen
der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die
Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der
Europäischen Union an die Vereinigten Staaten von Amerika für die Zwecke des
Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) von US-Beamten
durchzuführende Suchabfragen beantragen. Das
TFTP wurde von den Vereinigten Staaten als Reaktion auf die Terroranschläge vom
11. September 2001 entwickelt. Sein Kernpunkt ist die Durchführung von
Suchabfragen unter den vom bezeichneten Anbieter übermittelten Daten, die auch
die aus der EU übermittelten Daten einschließen. Das
SWIFT-Abkommen regelt detailliert, wie die US-Behörden etwaige Ersuchen um
Daten zu stellen haben. Europol überprüft jeweils, ob die aus den Vereinigten
Staaten eingehenden Ersuchen im Einklang mit dem Abkommen stehen und so eng wie
möglich gefasst sind, um die zu übermittelnde Datenmenge auf ein Minimum zu
reduzieren. Die sichere Verarbeitung, Speicherung und Löschung der Daten ist
durch zahlreiche Bestimmungen geregelt. Die übermittelten Daten werden an einem
sicheren Ort aufbewahrt und von anderen Daten getrennt gespeichert. Das
Abkommen sieht eine Vorhaltezeit von fünf Jahren und eine regelmäßige
Überprüfung der Notwendigkeit, die Daten weiterhin aufzubewahren, vor. Zwei der
unabhängigen Prüfer in den Vereinigten Staaten wurden von der EU ausgewählt.
Sie kontrollieren fortlaufend, wie das System betrieben wird, und sie können
jede von den Beamten des US-Finanzministeriums durchgeführte Suchabfrage
überprüfen, um sich zu vergewissern, dass die betreffende Suchabfrage
tatsächlich im Zusammenhang mit einer terroristischen Handlung oder deren
Finanzierung steht. Das
Abkommen enthält zudem Bestimmungen über den Zugang zu personenbezogenen Daten,
über deren Berichtigung und über Rechtsbehelfe. Es sieht vor, dass jede Person,
die der Ansicht ist, dass ihre personenbezogenen Daten unter Verstoß gegen das
Abkommen verarbeitet wurden, das Recht hat, gemäß den Rechtsvorschriften der
Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten beziehungsweise der Vereinigten
Staaten einen wirksamen administrativen und gerichtlichen Rechtsbehelf
einzulegen. Zudem schreibt das Abkommen vor, dass allen Personen ohne
Ansehen der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzlands nach dem Recht der
Vereinigten Staaten ein Verfahren zur Verfügung stehen muss, mit dem sie einen
gerichtlichen Rechtsbehelf gegen ein sie beschwerendes Verwaltungshandeln
einlegen können. Der
Rechtsbehelf gegen ein beschwerendes Verwaltungshandeln des Finanzministeriums
im Zusammenhang mit gemäß dem SWIFT-Abkommen übermittelten personenbezogenen
Daten ist insbesondere durch den Administrative Procedure Act und den Freedom
of Information Act geregelt. So sieht der Administrative Procedure Act vor,
dass Personen, die infolge einer Handlung der US-Regierung Schaden erlitten
haben, Rechtsmittel dagegen einlegen können. Im Freedom of Information Act ist
zudem festgeschrieben, dass alle Personen einen administrativen oder
gerichtlichen Rechtsbehelf einlegen können, um staatliche Aufzeichnungen
einsehen zu können. Die geltenden, von der Kommission, den US-Behörden und der
Artikel-29-Datenschutzgruppe vereinbarten einheitlichen Verfahren für den
Zugang zu personenbezogenen Daten und/oder deren Berichtigung, Löschung oder
Sperrung sollen den EU-Bürgern die Ausübung dieser Rechte erleichtern. Die Anwendung
des Abkommens und der darin vorgesehenen Sicherheitsgarantien und Kontrollen muss
nach Artikel 13 des Abkommens regelmäßig überprüft werden. Bei den beiden
bisherigen Überprüfungen in den Jahren 2011[9]
und 2012[10]
wurde jeweils der Schluss gezogen, dass das Abkommen ordnungsgemäß umgesetzt
worden war. Die dritte Überprüfung ist für das Frühjahr 2014 geplant. Der gemäß
Artikel 6 des Abkommens vorgelegte gemeinsame Bericht über den Nutzen der
bereitgestellten Daten hat gezeigt, wie nützlich das TFTP für die Verhütung und
Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung ist und dass mehrere
Mitgliedstaaten auf das TFTP zurückgegriffen haben. Dank der für das TFTP bereitgestellten
Daten und ihrer Genauigkeit können weltweit Netze von Terroristen und ihrer
Unterstützer aufgedeckt und verfolgt werden. Durch das Programm werden die
bestehenden Finanzstrukturen terroristischer Organisationen ans Licht gebracht
und Möglichkeiten zur Aufdeckung neuer Ströme an finanzieller Unterstützung und
zur Ermittlung der beteiligten Personen eröffnet.
3.
Bewertung
Bei
der Prüfung der Frage, ob sie einen Vorschlag zur Schaffung eines EU-TFTS ausarbeiten
sollte, muss die Kommission den unterschiedlichen Standpunkten und Erwartungen
in Bezug auf die Zielsetzungen für ein solches System gerecht werden. So
bestehen unter den verschiedenen Akteuren ebenso wie bei den
Entscheidungsträgern unterschiedliche Auffassungen darüber, welchen konkreten
Zielen das System dienen sollte. Die Kommission hat jeweils für beide Szenarien
geprüft, welche Möglichkeiten und Folgen diese in Bezug auf die bestehenden
Grundsätze für die Entwicklung und Umsetzung der weiter oben näher ausgeführten
politischen Maßnahmen mit sich bringen würden. Insbesondere wurden alle
Optionen nach den Kriterien der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und
Kostenwirksamkeit gewichtet.
3.1.
Ein Rahmen für die Datenextraktion auf dem
Gebiet der EU
Wie
in Abschnitt 2.3.1. beschrieben, würde die Option einer Regelung für die
Datenvorhaltung und -extraktion die Möglichkeit schaffen, Daten, die
derzeit nach Maßgabe des SWIFT-Abkommens in die Vereinigten Staaten übermittelt
werden, auf dem Gebiet der EU zu sammeln und zu speichern und unter ihnen Suchabfragen
durchzuführen. Was etwaige Ermittlungshinweise anbelangt, würden dadurch im
Vergleich zur gegenwärtigen Situation keine zusätzlichen Vorteile für die EU
oder die Mitgliedstaaten entstehen. Im Gegenteil: Dadurch, dass die im Rahmen
des TFTP erhobenen Daten teils in den Vereinigten Staaten und teils in der EU
gespeichert würden, würde eine sich möglicherweise negativ auf die Zahl und die
Qualität der Ermittlungshinweise und somit auf die Wirksamkeit des TFTP auswirkende
Aufsplitterung der Suchabfragen entstehen, die ja gegenwärtig unter einer
einzigen im Rahmen des TFTP zusammengetragenen Datenmenge erfolgen. Auch könnte
sich der Analysevorgang erheblich verlangsamen, da es zur Verfolgung von
Ermittlungshinweisen erforderlich sein könnte, mehrere aufeinander folgende
Suchvorgänge unter an zwei unterschiedlichen Orten gespeicherten TFTP-Daten
durchzuführen. Für Ermittlungen über terroristische Handlungen ist ein rasches
Vorgehen jedoch oftmals von wesentlicher Bedeutung. Würden
die Daten nicht in den Vereinigten Staaten, sondern auf EU-Gebiet extrahiert,
wäre nicht automatisch ein besserer Schutz personenbezogener Daten
gewährleistet. Unabhängig vom Aufbewahrungsort ist für eine ordnungsgemäße
Datenbehandlung entscheidend, wie gut diese vor dem Zugriff geschützt sind. Deshalb
müssten solide Schutzmaßnahmen ergriffen werden, durch die garantiert würde,
dass die Daten jeweils den erforderlichen Anforderungen entsprechend behandelt
und verarbeitet würden. So müsste das System mit einer Kontrollfunktion zur
Verifizierung der Ersuchen um Durchführung von Suchabfragen und ihrer
Begründung versehen werden. Bei der Sicherstellung, dass die Daten nur zu den
begrenzten, im Abkommen über die Einführung des Systems festzulegenden Zwecken
verwendet werden, käme den unabhängigen Prüfern eine entscheidende Rolle zu. Auch
müssten Maßnahmen zur Verhinderung des Datenzugriffs oder der Datenoffenlegung
durch Unbefugte (z.B. Aufbewahrung an einem sicheren Ort) ergriffen und
Verfahren für den Zugang zu personenbezogenen Daten und deren Berichtigung
festgelegt und diesbezügliche Rechtsbehelfe vorgesehen werden. Außerdem müsste
ein externes Audit vorgesehen werden, durch das sichergestellt wird, dass das
System ordnungsgemäß betrieben wird. Im
Rahmen des SWIFT-Abkommens haben die Vereinigten Staaten keineswegs zu
sämtlichen Daten des bezeichneten Anbieters Zugang, sondern nur zu den
Datensätzen, um deren Bereitstellung sie auf der Grundlage früherer oder
laufender Analysen über Terrorrisiken ersuchen und zu deren Übermittlung Europol
seine Zustimmung erteilt. Falls kein ähnlicher Mechanismus zur Eingrenzung
derartiger Datenübermittlungsersuchen eingeführt würde, hätte die Erlaubnis,
unmittelbare Suchabfragen unter sämtlichen Daten des bezeichneten Anbieters
durchzuführen, eine weitere Exponierung der Daten mit entsprechenden
Auswirkungen auf die Datenschutzrechte zur Folge. Daher müssten erhebliche
Änderungen an der Arbeitsweise des bezeichneten Anbieters und der Speicherung
seiner Daten vorgenommen werden. Die Finanzmitteilungen, die Gegenstand des
Abkommens sind, werden derzeit in einer Form aufbewahrt, die keine Identifizierung
der in den Mitteilungen erwähnten Personen zulässt. Jede Finanzmitteilung wird verschlüsselt
und kann lediglich anhand der Metadaten (Versanddatum, Mitteilungsart, Name der
Absender- und der Empfängerbank) einer Suchabfrage unterzogen werden. Der
bezeichnete Anbieter hat starke Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen
ergriffen, um die Daten seiner Kunden in der ganzen Welt zu schützen. Um
unmittelbare Suchabfragen auf dem Server des derzeitigen bezeichneten Anbieters
zu ermöglichen, müssten folglich alle Mitteilungen zunächst entschlüsselt
werden. Dies würde jedoch einen übermäßigen, nicht angemessenen Aufwand mit
sich bringen, da der Server des bezeichneten Anbieters mehr Mitteilungen
enthält als für die Zwecke der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung
erforderlich sind. Ein direkter Zugang für die Durchführung von Suchabfragen würde
zudem in nicht zulässigem Umfang den täglichen Geschäftsbetrieb des
bezeichneten Anbieters belasten und erhebliche Risiken in Bezug auf den
Betrieb, die Sicherheit und das System mit sich bringen. Deshalb müsste eine
separate Datenbank auf EU-Gebiet für die erforderlichen Daten des bezeichneten
Anbieters geschaffen werden. Um
das System einführen und seine Übereinstimmung mit den Sicherheitsvorschriften
garantieren zu können, wären umfangreiche Investitionen erforderlich. Die
Räumlichkeiten des bezeichneten Anbieters oder andere sichere Räumlichkeiten
müssten an die spezifischen Anforderungen angepasst werden, IT- und technische
Lösungen müssten entwickelt und unterhalten werden, und es müsste hinreichend
qualifiziertes Personal für die Verwaltung und Beaufsichtigung des Systems
eingestellt und geschult werden. Bei
dieser Option hätten die EU und die Mitgliedstaaten sämtliche Nachteile und Kosten
eines ausschließlich dem TFTP dienenden Instruments, das einem Drittland
gehört, zu tragen. Der Rückgriff auf diese Option scheint zum gegenwärtigen
Zeitpunkt weder notwendig noch verhältnismäßig oder kostenwirksam zu sein, da
er keine zusätzlichen Vorteile für die Gewinnung von Ermittlungshinweisen mit
sich bringen würde, die Umsetzung sehr kostspielig und anspruchsvoll wäre und
möglicherweise Risiken für den Schutz personenbezogener Daten entstehen würden.
3.2.
Ein vergleichbares EU-System
Die
Option eines vollständig zentralen EU-TFTS wurde von einer weiteren Prüfung
ausgeschlossen, da es ihr an einer Rechtsgrundlage fehlt und nur wenig
wahrscheinlich ist, dass die Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle der EU in einem
in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallenden Bereich zulassen würden. Die
Option eines vollständig dezentralen Systems wurde ausgeschlossen, weil sie mit
enormen Kosten verbunden wäre und vielfache Auswirkungen auf die
Datenschutzrechte hätte. Die drei näher geprüften Hybridsysteme würden den
Mitgliedstaaten eine unterschiedlich starke Kontrolle über die von ihnen und
der zentralen EU-Stelle durchgeführten Suchabfragen ermöglichen. Durch
die Ausweitung eines vergleichbaren EU-Systems auf automatisierte
Clearingstellen, elektronisches Geld und andere Nichtfinanzdaten würden
Vorteile für die Gewinnung von Ermittlungshinweisen entstehen, da die
Möglichkeiten der EU zur Verfolgung des innerhalb der EU erfolgenden
Zahlungsverkehrs verbessert würden. Auch wäre ein solches System möglicherweise
„zukunftssicherer“ als ein System, das sich ausschließlich auf Finanzmitteilungen
erstreckt. Gleichwohl würde sich mit jedem hinzukommenden bezeichneten Anbieter
die Gefahr der Verletzung von Datenschutzrechten erhöhen und somit die
Einführung strenger Bedingungen, Sicherheitsgarantien und Kontrollmaßnahmen
notwendig werden. Auch würde sich der Verwaltungsaufwand für die bezeichneten
Anbieter erhöhen. Durch die Schaffung eines derart komplexen und
organisatorisch und technisch anspruchsvollen, weil auf mehrere Datenanbieter
und Mitteilungsarten ausgeweiteten Systems würden zudem die Kosten beträchtlich
zunehmen. Da
die Vorteile einer Ausweitung auf mehrere Datenarten und -anbieter nach dem
Dafürhalten der Kommission die beträchtlichen Kosten, die dabei den privaten
Unternehmen entstehen würden, und die durch ein solches System verursachten
Beeinträchtigungen der in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und den
Datenschutz geltenden Rechte nicht aufwiegen können, wäre folglich nur ein sich
ausschließlich auf Finanzmitteilungsdaten erstreckendes EU-TFTS machbar. Ein
solches EU-eigenes System würde sich mithin nur auf denselben bezeichneten
Anbieter und dieselbe Mitteilungsart wie das TFTP erstrecken und wäre sowohl in
Bezug auf die Menge und die Qualität der gewonnenen Ermittlungshinweise als
auch in Bezug auf die Exponierung der Daten mit dem bestehenden, im
SWIFT-Abkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten vereinbarten System
vergleichbar. Wie
bereits gesagt, kommen für ein solches vergleichbares EU-System drei Optionen
in Frage: A) ein Koordinierungs- und Analysedienst im Rahmen eines
EU-Systems zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung, B) ein Datenextraktionsdienst
im Rahmen eines EU-Systems zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung und C)
eine Koordinierungsstelle für die zentralen Meldestellen. Option
A würde sich wahrscheinlich positiv im Hinblick auf die Prävention von
Terrorismus und die Erhöhung der Sicherheit in der EU auswirken. Wenn sowohl EU-
als auch mitgliedstaatliche Teams die Suchabfragen durchführen und deren
Ergebnisse analysieren würden, wäre in gewissem Umfang sichergestellt, dass die
einschlägigen Anforderungen der EU und der Mitgliedstaaten für die
Informationsbeschaffung und -auswertung in vollem Umfang erfüllt würden und das
System jeweils auf die spezifische „EU-weite Bedrohung” zugeschnitten wäre. Diese
Verbesserung hinge jedoch von einer gesteigerten Bereitschaft und Fähigkeit der
Mitgliedstaaten ab, mittel- bis langfristig Informationen weiterzugeben und zu
analysieren. Es ist nicht klar, inwieweit auf eine solche Zunahme des
Informationsflusses vertraut werden kann. Da die Mitgliedstaaten weiterhin die
Möglichkeit hätten, die US-Behörden um Durchführung von Suchabfragen im Rahmen
des TFTP zu ersuchen, würde ein solches System, um einen kohärenteren Überblick
über die Situation in der EU liefern zu können, außerdem umfangreiche
Investitionen der Mitgliedstaaten und ein hohes Maß an Zusammenarbeit erfordern.
Option
B könnte sich ebenfalls in gewissem Umfang positiv im Hinblick auf die
Prävention von Terrorismus und die Erhöhung der Sicherheit in der EU auswirken.
Mit dem System wäre eine genauere Reaktion auf die Bedrohungsanalysen der EU möglich,
weil die Suchabfragen nach Maßgabe des spezifischen Informationsbedarfs der
Mitgliedstaaten durchgeführt würden. Allerdings wäre die Rolle der zentralen
EU-Stelle auf die Durchführung von Suchabfragen und die Übermittlung der
ermittelten Daten an den ersuchenden Mitgliedstaat somit in erster Linie auf
die Zugangskontrolle beschränkt: Es würden keine Analysen auf EU-Ebene
durchgeführt, und im Hinblick auf ein kohärentes Bild der Bedrohungslage in der
EU wäre man bei einem solchen System gänzlich darauf angewiesen, dass die
Mitgliedstaaten außerhalb des Systems miteinander Analyseergebnisse
austauschen. Da bei einem solchen System keine einheitliche Herangehensweise an
die Definition von Suchabfragen gewährleistet wäre, würde sich die
Wahrscheinlichkeit falscher Positive und damit von Verstößen gegen das Recht
auf den Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten erhöhen. Option
C wäre auf den spezifischen Informationsbedarf der Mitgliedstaaten
zugeschnitten und könnte sich daher in gewissem Umfang positiv im Hinblick auf
die Prävention von Terrorismus und die Erhöhung der Sicherheit in der EU
auswirken. Da jedoch die zentralen Meldestellen für die Suchabfragen und die
Analysen ihrer Mitgliedstaaten zuständig wären, würden die gleichen Nachteile
wie bei Option B bestehen: Ein klares Bild der Bedrohungslage in der EU ließe
sich nur erstellen, wenn die Mitgliedstaaten außerhalb des Systems verstärkt
zusammenarbeiten würden. Zudem befassen sich die zentralen Meldestellen
ausschließlich mit Finanzdaten, und die Trennung zwischen Finanz- und sonstigen
ermittlungsrelevanten Daten könnte es erschweren, Zusammenhänge zu erkennen und
Fälle von Terrorismusfinanzierung aufzudecken. Auch wäre bei dieser Option nur
eine sehr geringe Mitwirkung der EU möglich, und verbesserte Möglichkeiten
würden vor allem auf nationaler Ebene geschaffen. All
diese Optionen würden erhebliche Kosten für die EU, die Mitgliedstaaten und den
bezeichneten Anbieter mit sich bringen (beispielsweise für die Entwicklung von
IT- Infrastruktur, für Sicherheitseinrichtungen und für die Einstellung und
Besoldung von zig, wenn nicht gar Hunderten von Bediensteten für die Verwaltung
des Systems und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen). Gleichwohl
könnten auch alle Systeme zu einer besseren Sicherheitslage in der EU
beitragen, da sie sich auf speziell auf die europäischen Bedürfnisse
zugeschnittene Bedrohungsanalysen stützen würden. Wenn
es ein EU-eigenes Instrument für die Informationsbeschaffung und -auswertung zur
Gewinnung von Ermittlungshinweisen auf europäischem Boden gäbe, würde die
Notwendigkeit entfallen, Daten zu diesem Zweck in die Vereinigten Staaten zu
übermitteln. Gleichwohl wären bei wie auch immer gearteten EU-TFTS umfangreiche
Datenschutzvorkehrungen und Kontrollen wie beim bestehenden SWIFT-Abkommen erforderlich,
die zudem den geltenden Datenschutzvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten
genügen müssen. Bei jedem Ersuchen um Durchführung von Suchabfragen unter in
EU-Systemen gespeicherten Daten müsste geprüft werden, ob die vorgeschriebene
strenge Zweckbegrenzung auf die Bekämpfung von Terrorismus und seiner
Finanzierung eingehalten wird und eine Datenübermittlung gerechtfertigt ist. Insbesondere
würden unabhängige Prüfer benötigt, die bei jeder auf EU-Ebene oder in den Mitgliedstaaten
durchgeführten Suchabfrage überprüfen, ob für diese eine ordnungsgemäße
Ermächtigung vorliegt und ob diese Suchabfrage für die Zwecke der Bekämpfung
des Terrorismus und seiner Finanzierung erforderlich war. Ferner müsste eine
sichere Verarbeitung und Speicherung der Daten gewährleistet und verhindert
werden, dass Unbefugte auf die Daten zugreifen können. Auch wäre ein externes
Audit des Betriebs des Systems und aller Sicherheitsvorkehrungen erforderlich.
Alle erforderlichen Verfahren für den Zugang zu personenbezogenen Daten und für
deren Berichtigung sowie für diesbezügliche Rechtsbehelfe müssten in das System
integriert werden. Fazit:
Die Kommission hat der Aufforderung von Seiten des Europäischen Parlaments
und des Rates entsprechend die für die Einführung eines EU-TFTS in Frage
kommenden Optionen einschließlich einer Regelung für die Datenvorhaltung und
-extraktion geprüft. Die
vorliegende Bewertung trägt den Grundsätzen der unter dem schwedischen
Ratsvorsitz angenommenen Strategie für das Informationsmanagement im Bereich
der inneren Sicherheit Rechnung. Jedes in Frage kommende System müsste den
Grundsätzen der Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit und der
Kostenwirksamkeit genügen und die Grundrechte wahren. Die oben und in der
Folgenabschätzung durchgeführte Analyse der Kommission hat ergeben, dass mit jeder
realisierbaren Option Vor- und Nachteile verbunden sind. Die nicht realisierbaren
Optionen wurden von der Kommission aus den genannten Gründen nicht näher
geprüft. Die
zusammengetragenen Informationen legen den Schluss nahe, dass derzeit keine
klare Notwendigkeit besteht, einen Vorschlag zur Schaffung eines EU-eigenen
TFTS vorzulegen. Die
Kommission wäre dem Europäischen Parlament und den Rat dankbar, wenn sie zu
dieser Mitteilung Stellung nehmen würden. [1] ABl. L 195 vom 27.7.2010, S. 5. [2] Beschluss des Rates vom 13. Juli 2010 (ABl. L 195 vom 27.7.2010, S. 3).
[3] Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT). [4] SWD(2013) xx vom … [5] Schlussfolgerungen
des Rates vom 30. November 2009 zu einer Strategie für das
Informationsmanagement im Bereich der inneren Sicherheit (Ratsdokument 16637/09). [6] KOM(2010) 385 vom 20. Juli 2010. [7] COM(2012) 735 vom 7. Dezember 2012. [8] Beschluss des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine
Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim
Austausch von Informationen. [9] SEC(2011)438 vom 30. März 2011. [10] SWD(2012)454 vom 14. Dezember 2012.