Richtlinie 91/296/EWG des Rates vom 31. Mai 1991 über den Transit von Erdgas über große Netze
Amtsblatt Nr. L 147 vom 12/06/1991 S. 0037 - 0040
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 12 Band 2 S. 0143
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 12 Band 2 S. 0143
RICHTLINIE DES RATES vom 31. Mai 1991 über den Transit von Erdgas über grosse Netze (91/296/EWG) DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100 a, auf Vorschlag der Kommission (1), in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (2), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3), in Erwägung nachstehender Gründe: Es ist angezeigt, die Maßnahmen zur schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarktes im Zeitraum bis zum 31. Dezember 1992 zu erlassen. Der Europäische Rat hat wiederholt die Notwendigkeit der Schaffung eines einzigen Binnenmarktes unterstrichen, so auch auf seiner Tagung in Rhodos für den Energiesektor. Zur Verwirklichung des Binnenmarktes im Energiesektor und speziell im Erdgassektor bedarf es einer energiepolitischen Strategie der Gemeinschaft, die den Forderungen insbesondere - der Versorgungssicherheit, - des Umweltschutzes Rechnung trägt. Die Verwirklichung des Binnenmarktes setzt voraus, daß der europäische Energiemarkt besser integriert wird. Erdgas hat einen wesentlichen Anteil an der Energiebilanz der Gemeinschaft. Im Rahmen der Streuung der Energiequellen ist ein verstärkter Einsatz von Erdgas wünschenswert. Die Verwirklichung des Binnenmarktes auf dem Gebiet der Energie und insbesondere im Erdgasbereich wird dem Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts Rechnung tragen. Das Ziel des Binnenmarktes für Erdgas besteht darin, ohne inakzeptable Behinderungen des Wettbewerbs hohe Schwellen der Rentabilität, der Umweltfreundlichkeit und der Versorgungssicherheit durch den freien Handelsaustausch zu begünstigen. Bei der Verfolgung dieses Ziels muß, wenn es erreicht werden soll, den spezifischen Eigenheiten des Erdgassektors Rechnung getragen werden. Bei der Verwirklichung des Binnemarktes für Erdgas sind nicht nur die vergleichbaren Elemente in den Mitgliedstaaten zu sehen, sondern auch die zum Teil erheblichen Unterschiede. Zwischen den grossen Hochdruck-Gasleitungsnetzen der europäischen Länder besteht bereits ein Austausch von Erdgas, dessen Bedeutung von Jahr zu Jahr zunimmt und der Auswirkungen auf die einstweiligen Investitionen hat. Der Betrieb der Verbundnetze gestattet es, die Vesorgungssicherheit der Gemeinschaft bei Erdgas zu erhöhen und zugleich die Kosten dieser Energieform zu senken. Dem Erdgasaustausch zwischen den grossen Hochdruck-Gasleitungsnetzen kommt solche Bedeutung zu, daß die einschlägigen Transitanträge und deren weitere Behandlung der Kommission regelmäßg bekannt gemacht werden sollten. Es ist möglich und wünschenswert, den Erdgasaustausch zwischen den grossen Netzen zu steigern, ohne die Sicherheit und die Qualität der Versorgung mit Erdgas zu vernachlässigen. Untersuchungen haben gezeigt, daß eine Zunahme des Erdgasaustausches zwischen grossen Netzen geeignet ist, die Investitionskosten auf ein Mindestmaß zu senken. In den kommenden Jahren sind zusätzliche Netzverbindungen zwischen mehreren Mitgliedstaaten herzustellen, um eine angemessene Versorgung der Verbraucher mit Gas zu ermöglichen. Die Ausweitung des Erdgasaustausches zwischen grossen Netzen würde ausserdem die Konzertierung zwischen den erdgasbefördernden Unternehmen über die Optimierung ihrer Anlagen begünstigen. Eine solche Optimierung wird einen zusätzlichen Wirtschaftlichkeitsfaktor bilden. Einer Zunahme des Erdgasaustausches zwischen grossen Netzen stehen heute noch Hindernisse im Wege. Diese Hindernisse - soweit sie nicht aus dem Stand der Technik und der Auslegung der Netze resultieren - lassen sich abbauen, wenn die Verpflichtung, den Transit von Erdgas über die grossen Netze zu ermöglichen, eingehalten und eine auf die Besonderheiten des Erdgassektors zugeschnittene Einrichtung geschaffen wird, mit der die Einhaltung dieser Pflicht überwacht werden kann. Diese Verpflichtung und diese Überwachung gelten für denjenigen Transit von Erdgas, der dem Austausch von gemeinschaftlichem Interesse, d. h. dem Transit über die grossen Hochdruck-Netze entspricht. Die finanziellen, technischen und rechtlichen Bedingungen für diesen Transit müssen normalerweise durch unmittelbare Vereinbarung zwischen den beteiligten Netzen festgelegt werden. Die Transitbedingungen müssen fair sein und dürfen direkt oder indirekt nichts enthalten, was den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln entgegensteht. Um den Abschluß von Transitvereinbarungen zu erleichtern, sieht die Kommission die Schaffung eines Schlichtungsverfahrens vor, das auf Antrag einer Partei eingeleitet werden muß, dessen Ergebnis aber rechtlich nicht verbindlich ist. Es ist notwendig, die den Transit von Erdgaslieferungen berührenden Vorschriften der Mitgliedstaaten anzugleichen. Die Verwirklichung des Binnenmarktes für Erdgas dürfte zu einem dynamischen Prozeß der schrittweisen Integration der nationalen Erdgasnetze führen. Dabei könnte durch gezielte Aktionen im Infrastrukturbereich die Anbindung der Rand- und Inselregionen der Gemeinschaft an das grosse Verbundnetz beschleunigt werden. Die Verflechtung der grossen europäischen Netze erfolgt in einem geographischen Gebiet, das sich nicht mit dem Gebiet der Gemeinschaft deckt. Es besteht ein unmittelbares Interesse, in diesem Bereich die Zusammenarbeit mit den Drittstaaten des europäischen Netzverbundes anzustreben - HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 Die Mitgliedstaaten erlassen die notwendigen Bestimmungen, damit der Erdgastransit zwischen grossen Hochdruck-Beförderungsnetzen in ihrem Hoheitsgebiet unter den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen erleichtert wird. Artikel 2 (1) Unbeschadet besonderer zwischen der Gemeinschaft und Drittländern geschlossener Übereinkünfte ist unter Erdgastransit zwischen grossen Netzen im Sinne dieser Richtlinie jede Beförderung von Erdgas zu verstehen, die folgende Voraussetzungen erfuellt: a) Die Beförderung wird im Gebiet eines Mitgliedstaats von der (den) in dem jeweiligen Mitgliedstaat für ein grosses Hochdrucknetz zuständigen Gesellschaft(en) durchgeführt, die am Verbund der europäischen Hochdrucknetze beteiligt ist (sind); Verteilungsnetze sind ausgenommen; b) das Ausgangsnetz bzw. das Endabnahmenetz liegt im Hoheitsgebiet der Gemeinschaft; c) bei dieser Beförderung wird mindestens eine innergemeinschaftliche Grenze überschritten. (2) Diese Richtlinie gilt für die grossen Hochdruck-Beförderungsnetze in den Mitgliedstaaten und die dafür zuständigen Gesellschaften, deren Verzeichnis im Anhang enthalten ist. Dieses Verzeichnis wird bei Bedarf von der Kommission nach Konsultierung des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen der Ziele dieser Richtlinie und insbesondere unter Berücksichtigung von Absatz 1 Buchstabe a) auf den neuesten Stand gebracht. Artikel 3 (1) Die Verträge über den Erdgastransit zwischen grossen Netzen werden zwischen den Gesellschaften, die für die beteiligten Netze sowie für die Qualität der Lieferungen verantwortlich sind, ausgehandelt, gegebenenfalls mit den in den Mitgliedstaaten für Ein- und Ausfuhren von Erdgas verantwortlichen Gesellschaften. (2) Die Transitbedingungen müssen entsprechend den Bestimmungen des Vertrages für alle betroffenen Parteien nichtdiskriminierend und angemessen sein, dürfen keine mißbräuchlichen oder ungerechtfertigten Beschränkungen enthalten und dürfen die Versorgungssicherheit und die Dienstleistungsqualität nicht gefährden, wobei insbesondere auf die Nutzung der Reservekapazitäten der Erzeugung und der Vorratshaltung sowie auf eine möglichst effiziente Auslastung der bestehenden Systeme zu achten ist. (3) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden, im Anhang aufgeführten Gesellschaften unverzueglich - der Kommission und den zuständigen einzelstaatlichen Behörden jeden Antrag auf Transit mitteilen; - Verhandlungen über die Bedingungen des beantragten Erdgastransits aufnehmen; - die Kommission und die zuständigen einzelstaatlichen Behörden über den Abschluß eines Transitvertrags unterrichten; - der Kommission und den zuständigen einzelstaatlichen Behörden, falls die Verhandlungen zwölf Monate nach der Mitteilung des Antrags nicht zum Abschluß eines Vertrages geführt haben, die Gründe dafür mitteilen. (4) Jede der betroffenen Gesellschaften kann beantragen, daß die Transitbedingungen einer von der Kommission eingesetzten Schlichtungsstelle unterbreitet werden, in der die Kommission den Vorsitz führt und in der die für die grossen Netze der Gemeinschaft verantwortlichen Gesellschaften vertreten sind. Artikel 4 Erscheint die Begründung für das Ausbleiben einer Einigung über einen beantragten Transit nicht gerechtfertigt oder nicht ausreichend, so leitet die Kommission auf Beschwerde des Antragstellers oder von sich aus die im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Verfahren ein. Artikel 5 Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie vor dem 1. Januar 1992 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in diesen selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Sie regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 6 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 31. Mai 1991. Im Namen des Rates Der Präsident A. BODRY ANHANG Verzeichnis der Gesellschaften und der Erdgas-Hochdrucknetze >PLATZ FÜR EINE TABELLE> Gasversorgung Süddeutschland Gasversorgung Südhannover/Nordhessen Hamburger Gaswerke Landesgasversorgung Niedersachsen Main-Gaswerke AG Schleswag AG Südhessische Gas und Wasser AG Technische Werke der Stadt Stuttgart AG Thüga AG GASAG, Berlin >PLATZ FÜR EINE TABELLE> wichtige Endverbraucher >PLATZ FÜR EINE TABELLE>