URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

19. Dezember 2013 ( *1 )

„Rechtsmittel — Nichtigkeitsklage — Art. 263 Abs. 4 AEUV — Recht zur Erhebung einer Klage — Klagebefugnis — Natürliche oder juristische Personen — Handlung, die sie individuell betrifft — Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht — Entscheidung, mit der eine Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird — Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz“

In der Rechtssache C‑274/12 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. Juni 2012,

Telefónica SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: J. Ruiz Calzado und J. Domínguez Pérez, abogados, sowie Rechtsanwalt M. Núñez Müller,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch P. Němečková und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten T. von Danwitz, E. Juhász und A. Borg Barthet, der Richter G. Arestis, E. Levits, A. Arabadjiev, der Richterin A. Prechal sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. März 2013

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Telefónica SA (im Folgenden: Telefónica) die Nichtigerklärung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 21. März 2012, Telefónica/Kommission (T‑228/10, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung 2011/5/EG der Kommission vom 28. Oktober 2009 über die steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts- oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen C 45/07 (ex NN 51/07, ex CP 9/07) in Spanien (ABl. 2011, L 7, S. 48, im Folgenden: streitige Entscheidung) als unzulässig abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Art. 12 Abs. 5 der Ley 43/1995 del Impuesto sobre Sociedades (Gesetz Nr. 43/1995 über die Körperschaftsteuer) vom 27. Dezember 1995 (BOE Nr. 310 vom 28. Dezember 1995, S. 37072) sah vor, dass unter bestimmten Bedingungen beim Erwerb einer Beteiligung an einem nicht in Spanien ansässigen Unternehmen ein sogenannter Geschäfts- oder Firmenwert gebildet und in dem anschließenden Zeitraum von bis zu 20 Jahren abgeschrieben werden kann, wodurch sich die steuerliche Belastung des Käufers verringerte (im Folgenden: fragliche Regelung).

3

Da die Europäische Kommission diese Regelung, die beim Erwerb einer Beteiligung an in Spanien ansässigen Unternehmen nicht anwendbar war, als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG einstufte, eröffnete sie mit Beschluss vom 10. Oktober 2007 das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG und forderte das Königreich Spanien und etwaige durch diese Regelung Begünstigte zur Stellungnahme auf.

4

Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission die streitige Entscheidung.

5

In Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung wird festgestellt, dass die fragliche Regelung unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG angewendet worden und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.

6

Die Kommission räumte allerdings ein, dass sie vor Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens und auf die Erklärungen hin, die zwei Mitglieder der Kommission vor dem Europäischen Parlament abgegeben hatten, konkrete, unbedingte und übereinstimmende Zusicherungen gemacht habe, die bei den Begünstigten der genannten Regelung begründete Erwartungen hätten wecken können, dass diese Regelung in dem Sinne rechtmäßig sei, dass sie aufgrund ihrer fehlenden Selektivität nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen falle. Demzufolge hätten die Begünstigten davon ausgehen können, dass die Beihilfe nicht zurückgefordert würde. Die Kommission beschloss daher, es unter bestimmten Voraussetzungen bei den Vergünstigungen zu belassen, die vor dem 21. Dezember 2007 ‐ dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Entscheidung der Kommission über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union – gewährt worden waren.

7

Deshalb heißt es in Art. 1 Abs. 2 der streitigen Entscheidung, dass die fragliche Regelung unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes auf vor dem genannten Zeitpunkt eingegangene Beteiligungen weiter geltend gemacht werden könne.

8

Das Königreich Spanien hat gemäß Art. 4 Abs. 1 der streitigen Entscheidung die in deren Art. 1 Abs. 1 bezeichneten, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen von den Begünstigten zurückzufordern, es sei denn, die Beteiligungen an ausländischen Unternehmen, die diese Begünstigten im Rahmen innergemeinschaftlicher Erwerbe eingegangen sind, erfüllen die in Art. 1 Abs. 2 dieser Entscheidung genannten Voraussetzungen.

9

Art. 5 der streitigen Entscheidung sieht vor, dass die Beihilfen unverzüglich und tatsächlich zurückgefordert werden und dass das Königreich Spanien sicherstellt, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wird.

10

Art. 6 der streitigen Entscheidung schließlich bestimmt, dass das Königreich Spanien der Kommission eine Reihe von Informationen zu übermitteln und sie über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung zu unterrichten hat. Insbesondere ist das Königreich Spanien gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Entscheidung verpflichtet, der Kommission eine Liste der Begünstigten zu übermitteln, die aufgrund der fraglichen Regelung eine Beihilfe erhalten haben. Es steht fest, dass Telefónica auf dieser Liste stand.

11

Telefónica hatte in den Jahren 2005 und 2006 nach der fraglichen Regelung zwei Beteiligungen erworben, eine an einer Gesellschaft mit Sitz in der Tschechischen Republik, die andere an einer Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich. In beiden Fällen waren diese Beteiligungen vor dem in Art. 1 Abs. 2 der streitigen Entscheidung festgelegten Zeitpunkt eingegangen worden.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

12

Mit Klageschrift, die am 21. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, wandte sich Telefónica gegen die fragliche Entscheidung und beantragte, deren Art. 1 Abs. 1 für nichtig zu erklären.

13

Mit besonderem Schriftsatz, der am 30. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts. Sie trug vor, die Klage sei unzulässig, weil Telefónica weder ein Rechtsschutzinteresse nachgewiesen habe, noch, dass sie von der streitigen Entscheidung individuell betroffen sei. Telefónica reichte auf diese Unzulässigkeitseinrede hin schriftliche Erklärungen ein.

14

Das Gericht wies die von Telefónica erhobene Klage aufgrund der zweiten der beiden von der Kommission geltend gemachten Einreden der Unzulässigkeit als unzulässig ab. Es stellte in Randnr. 41 des angefochtenen Beschlusses fest, dass Telefónica von der streitigen Entscheidung nicht individuell betroffen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV sei, und in Randnr. 45 desselben Beschlusses, dass diese Entscheidung nicht als ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, im Sinne des letzten Satzteils dieser Bestimmung anzusehen sei. Folglich wies das Gericht die Klage von Telefónica ab, ohne die erste Einrede der Unzulässigkeit zu prüfen, die auf die fehlende Klagebefugnis gestützt war.

Vorbringen der Parteien

15

Telefónica beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

die Nichtigkeitsklage in der Rechtssache T‑228/10 für zulässig zu erklären und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Gericht zurückzuverweisen;

der Kommission sämtliche Kosten der Verfahren über die Zulässigkeit in beiden Rechtszügen aufzuerlegen.

16

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Telefónica die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

17

Telefónica stützt ihr Rechtsmittel auf drei Gründe. Erstens wirft sie dem Gericht vor, ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz missachtet zu haben. Zweitens habe das Gericht Art. 263 Abs. 4 AEUV fehlerhaft ausgelegt, als es festgestellt habe, dass sie von der streitigen Entscheidung nicht individuell betroffen sei. Drittens habe das Gericht den in derselben Vorschrift (am Ende) enthaltenen Begriff „Rechtsakt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht“ fehlerhaft ausgelegt.

18

Die Frage, ob der Anspruch von Telefónica auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz durch den angefochtenen Beschluss in Frage gestellt wird, stellt sich lediglich dann, wenn das Gericht die von Telefónica erhobene Klage in zutreffender Auslegung von Art. 263 Abs. 4 AEUV für unzulässig erklärt hat. Deshalb ist der erste Rechtsmittelgrund von Telefónica erst nach ihren beiden anderen Rechtsmittelgründen zu prüfen, mit denen sie eine rechtsfehlerhafte Auslegung der genannten Vorschrift durch das Gericht rügt.

19

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV zwei Fälle anführt, in denen einer natürlichen oder juristischen Person die Befugnis zuerkannt wird, gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung Klage zu erheben. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft.

20

Handelt es sich bei der streitigen Entscheidung um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, wie Telefónica mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund geltend macht, braucht sie nicht nachzuweisen, dass sie durch diese Entscheidung individuell betroffen ist, wie sie im Rahmen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes geltend macht. Als Erstes ist daher der dritte Rechtsmittelgrund zu prüfen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

21

Telefónica macht geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, Entscheidungen über staatliche Beihilfen wie die streitige Entscheidung zögen Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil nach sich.

22

Sie vertritt die Auffassung, eine Entscheidung, mit der festgestellt werde, dass eine Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, habe unmittelbare Wirkung und bedürfe keiner Durchführungsmaßnahmen, da sie sofort zur Rechtswidrigkeit der gewährten Beihilfen führe und gewöhnlich mit der Verpflichtung des betroffenen Mitgliedstaats einhergehe, diese zurückzufordern. Maßnahmen, die nach einer derartigen Entscheidung getroffen würden und notwendig sein könnten, um der Verpflichtung nachzukommen, die Beihilfen von bestimmten Begünstigten zurückzufordern – wie die Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 2 der streitigen Entscheidung, auf die das Gericht in Randnr. 43 des angefochtenen Beschlusses abgestellt habe –, beträfen lediglich eine Nebenverpflichtung, die die unmittelbare Wirkung der Artikel des verfügenden Teils dieser Entscheidung nicht in Frage stellen könne. Wenn jede beliebige Maßnahme ‐ so geringfügig sie auch sein möge ‐, die ein Mitgliedstaat zur Durchführung eines Rechtsakts der Union ergreifen müsse, eine Durchführungsmaßnahme im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil sein könnte, wie das Gericht meine, wäre eine Vielzahl von Rechtsakten mit Verordnungscharakter automatisch vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgeschlossen. Dies würde dem vom Unionsgesetzgeber angestrebten Ziel zuwiderlaufen, Einzelpersonen, deren Interessen durch Maßnahmen nichtlegislativer Art der Unionsorgane beeinträchtigt seien, den Zugang zum Gericht zu erleichtern.

23

Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht keinen Rechtsfehler mit seiner Feststellung begangen, die streitige Entscheidung sei nicht als Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, einzustufen.

24

Da der Begriff „Durchführungsmaßnahmen“ in den Verträgen nicht definiert sei, sei es sinnvoll, ihn wörtlich auszulegen, d. h., davon auszugehen, dass er sich auf jeden Rechtsakt beziehe, der zur Durchführung eines anderen Rechtsakts erforderlich sei. Die wörtliche Bedeutung dieses Begriffs entspreche der, für die sich Generalanwalt Jacobs in Nr. 43 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Unión de Pequeños Agricultores/Rat (Urteil vom 25. Juli 2002, C-50/00 P, Slg. 2002, I-6677) ausgesprochen habe, als er auf eine mögliche Lücke im Rechtssystem der Union hingewiesen habe. Aus den Unterlagen über die Arbeiten des Europäischen Konvents, der mit der Erarbeitung des Vertrags über eine Verfassung für Europa (ABl. 2004, C 310, S. 1) beauftragt gewesen sei, ergebe sich, dass der verfassungsgebende Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Vorschrift, die in der Folge zu Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil geworden sei, diese mögliche Lücke im Rechtssystem der Europäischen Union habe schließen wollen. Die Kommission sei daher der Auffassung, dass die Ausweitung der Bedingungen für die Klagebefugnis dem Wunsch entspreche, Einzelpersonen gegen Maßnahmen von allgemeiner Tragweite einen unmittelbaren Rechtsbehelf zu gewähren, allerdings begrenzt auf die Fälle, in denen es diesen Einzelpersonen nicht möglich sei, die Gültigkeit einer Durchführungshandlung anzufechten.

25

Wenn ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter einer Durchführungsmaßnahme bedürfe, sei es eine nationale Maßnahme oder eine Maßnahme auf Unionsebene, sei der gerichtliche Rechtsschutz des Einzelnen dadurch gewährleistet, dass er die Rechtmäßigkeit der Durchführungsmaßnahme anfechten könne, gegebenenfalls dadurch, dass er die Rechtswidrigkeit des zugrunde liegenden Basisrechtsakts, auf dem eine derartige Maßnahme beruhe, geltend mache. Es sei daher nicht erforderlich, dass der Einzelne klagebefugt sei, um den Basisrechtsakt unmittelbar anfechten zu können.

26

Was die streitige Entscheidung angehe, stehe außer Frage, dass eine Entscheidung, mit der ein Mitgliedstaat verpflichtet werde, Beihilfen zurückzufordern, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden seien, Durchführungsmaßnahmen erfordere. Eine derartige Entscheidung sei ausschließlich an den betroffenen Mitgliedstaat gerichtet und könne auf Seiten der Begünstigten keine unmittelbare Zahlungsverpflichtung begründen. Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Beschlüsse gemäß Art. 288 Abs. 4 Satz 2 AEUV, wenn sie an bestimmte Adressaten gerichtet seien, nur für diese verbindlich seien. Um eine Verpflichtung auf Seiten der Begünstigten zu begründen, müsse der Mitgliedstaat Durchführungsmaßnahmen erlassen, durch die die Begünstigten zur Rückzahlung der zu Unrecht empfangenen Beihilfen aufgefordert würden. Im Übrigen verpflichte die streitige Entscheidung das Königreich Spanien neben der Verpflichtung zur Rückforderung zu weiteren Durchführungsmaßnahmen, z. B. dazu, die fragliche Regelung zu beenden.

Würdigung durch den Gerichtshof

27

Wie die Generalanwältin in den Nrn. 40 und 41 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist der Begriff „Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die … keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4 (am Ende) AEUV vor dem Hintergrund des Ziels dieser Vorschrift zu sehen, das, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, darin besteht, zu verhindern, dass ein Einzelner gezwungen ist, gegen das Recht zu verstoßen, um Zugang zu den Gerichten zu erlangen. Wenn sich daher ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter auf die Rechtsstellung einer natürlichen oder einer juristischen Person unmittelbar auswirkt, ohne dass Durchführungsmaßnahmen erforderlich sind, bestünde die Gefahr, dass diese Person, wenn sie vor dem Unionsrichter keinen unmittelbaren Rechtsbehelf einlegen könnte, um die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts mit Verordnungscharakter anfechten zu können, keinen wirksamen Rechtsschutz hätte. In Ermangelung von Durchführungsmaßnahmen könnte nämlich eine natürliche oder juristische Person ‐ obwohl sie von dem fraglichen Rechtsakt unmittelbar betroffen ist ‐ eine gerichtliche Überprüfung desselben erst, nachdem sie gegen die Bestimmungen dieses Rechtsakts verstoßen hat, erwirken, indem sie im Rahmen der gegen sie vor den nationalen Gerichten eingeleiteten Verfahren die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen geltend macht.

28

Dazu ist erstens klarzustellen, dass die gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Unionsrechts, wenn ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, unabhängig davon gewährleistet ist, ob die genannten Maßnahmen von der Union oder den Mitgliedstaaten erlassen wurden. Natürliche oder juristische Personen, die aufgrund der nach Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter der Union nicht unmittelbar vor dem Unionsrichter anfechten können, sind durch die Möglichkeit, die Durchführungsmaßnahmen anzufechten, die dieser Rechtsakt nach sich zieht, davor geschützt, dass ein derartiger Rechtsakt ihnen gegenüber angewendet wird.

29

Obliegt die Durchführung dieser Maßnahmen den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, können natürliche oder juristische Personen unter den in Art. 263 Abs. 4 AEUV festgelegten Voraussetzungen vor den Unionsgerichten unmittelbar gegen die Durchführungsmaßnahmen klagen und sich zur Begründung dieser Klage nach Art. 277 AEUV auf die Rechtswidrigkeit des fraglichen Basisrechtsakts berufen. Obliegt diese Durchführung den Mitgliedstaaten, können diese Personen die Ungültigkeit des betreffenden Basisrechtsakts der Union vor den nationalen Gerichten geltend machen und diese veranlassen, sich gemäß Art. 267 AEUV mit Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof zu wenden (Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, Randnr. 93).

30

Zweitens ist, wie die Generalanwältin in Nr. 48 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, auf die Stellung der Person abzustellen, die sich auf ihre Klageberechtigung nach Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil beruft. Die Frage, ob der fragliche Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen im Hinblick auf andere Personen nach sich zieht, spielt deshalb keine Rolle.

31

Drittens muss sich die Prüfung, ob der angegriffene Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, ausschließlich am Klagegegenstand orientieren. Falls ein Kläger lediglich die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts begehrt, sind nur diejenigen Durchführungsmaßnahmen gegebenenfalls zu berücksichtigen, die dieser Teil des Rechtsakts möglicherweise nach sich zieht.

32

Im Licht dieser Feststellungen ist der dritte von Telefónica geltend gemachte Rechtsmittelgrund zu prüfen.

33

Wie die Generalanwältin in Nr. 33 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, war die von Telefónica erhobene Klage allein darauf gerichtet, die in Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung festgestellte teilweise Unvereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt anzufechten, nicht jedoch, die in Art. 4 Abs. 1 dieser Entscheidung angeordnete Rückforderung der Beihilfen und die dem Königreich Spanien in Art. 6 Abs. 2 der Entscheidung erteilten Auflagen in Frage zu stellen.

34

Erstens ist den Ausführungen der Generalanwältin in Nr. 48 ihrer Schlussanträge folgend festzustellen, dass die in Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung getroffene Feststellung der teilweisen Unvereinbarkeit der fraglichen Regelung mit dem Gemeinsamen Markt lediglich an den Mitgliedstaat ‐ im vorliegenden Fall das Königreich Spanien ‐ gerichtet ist, der Adressat der Entscheidung ist, so dass diese gemäß Art. 288 Abs. 4 AEUV für andere Personen nicht verbindlich ist.

35

Zweitens dient Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung ausschließlich dazu, die Unvereinbarkeit der fraglichen Regelung mit dem Gemeinsamen Markt festzustellen. Er nennt nicht die spezifischen Folgen, die diese Feststellung für jeden Steuerpflichtigen hat und die sich in Form eines Verwaltungsakts, z. B. eines Steuerbescheids, konkretisieren werden, der als solcher eine Durchführungsmaßnahme darstellt, die Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil „nach sich zieht“.

36

Demzufolge hat das Gericht in Randnr. 44 des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass es sich bei den Maßnahmen, mit denen die Unvereinbarkeitsentscheidung umgesetzt werden soll ‐ insbesondere der Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der fraglichen steuerlichen Vorteile, die die Rechtsmittelführerin ebenfalls vor dem nationalen Gericht anfechten kann ‐, um Maßnahmen zur Durchführung der streitigen Entscheidung handelt.

37

Schon allein diese Feststellung rechtfertigt es, das Vorbringen von Telefónica vor dem Gericht, dass die angefochtene Entscheidung keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, zurückzuweisen.

38

Folglich hat das Gericht in Randnr. 45 des angefochtenen Beschlusses zu Recht entschieden, dass im vorliegenden Fall ‐ unabhängig davon, ob die angefochtene Entscheidung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstellt ‐ die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil nicht erfüllt sind.

39

Nach alledem ist der dritte von Telefónica geltend gemachte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

40

Nach Ansicht von Telefónica hat das Gericht den Begriff des tatsächlich Begünstigten einer Beihilferegelung, die Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sei, rechtsfehlerhaft zu eng ausgelegt, wie sich insbesondere aus dem Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C-71/09 P, C-73/09 P und C-76/09 P, Slg. 2011, I-4727), ergebe. Entgegen den Feststellungen, die das Gericht in den Randnrn. 24 und 25 des angefochtenen Beschlusses getroffen habe, komme es nicht darauf an, ob eine Partei, die die fragliche Beihilfe tatsächlich erhalten habe, zu denjenigen gehöre, die diese Beihilfe mit Sicherheit zurückzahlen müssten. Es genüge vielmehr, dass die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Interessen bestehe, was z. B. der Fall wäre, wenn sie diese Beihilfe zurückzahlen müsste.

41

Nach Ansicht von Telefónica besteht für sie in zweifacher Hinsicht die Gefahr, die erhaltenen Beihilfen zurückzahlen zu müssen, obwohl die Kommission ein berechtigtes Vertrauen von Telefónica anerkannt habe. Zum einen sei die in Art. 1 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung vorgesehene Ausnahme von der Verpflichtung zur Rückzahlung Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, die derzeit vor dem Gericht in der Rechtssache Deutsche Telekom/Kommission (T‑207/10) anhängig sei. Sollte diese Klage Erfolg haben, könnte Telefónica zur Rückzahlung der erhaltenen Beihilfen verpflichtet sein. Zum anderen sei es aufgrund der in derselben Entscheidung getroffenen Feststellung, dass die Regeln über die Abschreibung des Geschäfts‑ oder Firmenwerts eine rechtswidrige Beihilfe darstellten, möglich, dass mit den Beihilfeempfängern in Wettbewerb stehende Dritte vor den nationalen Gerichten auf Schadensersatz klagten.

42

Die Kommission vertritt demgegenüber die Ansicht, dass nach der Rechtsprechung zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit ein Kläger unter Umständen wie den vorliegenden individuell betroffen sei. Erstens müsse er tatsächlich Empfänger einer im Rahmen einer Beihilferegelung gewährten Einzelbeihilfe sein. Zweitens müsse er zur Rückzahlung der fraglichen Beihilfe verpflichtet oder zumindest der Gefahr ausgesetzt sein, sie zurückzahlen zu müssen. Es reiche jedoch entgegen dem Vorbringen von Telefónica nicht aus, dass für den Kläger allgemein die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung seiner Interessen bestehe. Die Ansicht, ein Kläger sei bereits dadurch individuell betroffen, dass er Begünstigter einer Beihilferegelung sei, habe der Gerichtshof in den Urteilen vom 2. Februar 1988, Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnr. 15), und vom 7. Dezember 1993, Federmineraria u. a./Kommission (C-6/92, Slg. 1993, I-6357, Randnrn. 11 bis 16), zurückgewiesen.

43

Im vorliegenden Fall bestehe jedenfalls keine Gefahr, dass Telefónica die ihr gezahlten Beihilfen zurückzahlen müsse, und nicht einmal die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung ihrer Interessen, denn es sei offensichtlich, dass sie sich seit dem Erlass der streitigen Entscheidung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes stützen könne.

Würdigung durch den Gerichtshof

44

Es ist daran zu erinnern, dass Telefónica nicht Adressat der streitigen Entscheidung ist, die ‐ wie sich aus den Randnrn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils ergibt ‐ Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht.

45

Eine natürliche oder juristische Person kann gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung, die Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, nur klagen, wenn diese Handlung sie unmittelbar und individuell betrifft.

46

Hinsichtlich der zweiten dieser Voraussetzungen, d. h. des individuellen Betroffenseins, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass eine Person, die nicht Adressat einer Entscheidung ist, nur dann geltend machen kann, von ihr individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann u. a./Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, Randnr. 52, sowie Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, Randnr. 72).

47

Wie das Gericht in Randnr. 28 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung auch, dass der Umstand, dass die Rechtssubjekte, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs bedeutet, dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern diese Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2001, Antillean Rice Mills/Rat, C-451/98, Slg. 2001, I-8949, Randnr. 52).

48

Dies trifft auf Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung zu, dessen Nichtigerklärung Telefónica begehrt und in Bezug auf den folglich ihre Klagebefugnis zu prüfen ist. Art. 1 Abs. 1 ist auf objektiv bestimmte Tatbestände anwendbar und erzeugt Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen. Deshalb kann Telefónica nicht behaupten, von dieser Vorschrift individuell betroffen zu sein.

49

Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung bewirkt lediglich, dass sich künftig niemand auf die fragliche Regelung berufen kann. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Unternehmen eine Entscheidung der Kommission, mit der eine Beihilferegelung verboten wird, grundsätzlich nicht anfechten, wenn es von ihr nur wegen seiner Zugehörigkeit zu dem fraglichen Sektor und seiner Eigenschaft als durch diese Regelung potenziell Begünstigter betroffen ist (Urteil vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission, C-15/98 und C-105/99, Slg. 2000, I-8855, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung)

50

Folglich hat das Gericht in Randnr. 41 des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass Telefónica von Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung nicht individuell betroffen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV ist.

51

Nach alledem ist auch der zweite von Telefónica vorgebrachte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

52

Telefónica macht geltend, das Gericht habe dadurch, dass es ihre Klage als unzulässig abgewiesen habe, ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt, der sich aus den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie aus Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe.

53

Insbesondere sei es ihr nicht möglich, im Wege einer Einrede eine gerichtliche Kontrolle von Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung dadurch zu erwirken, dass sie es zu einem Rechtsstreit mit der Steuerverwaltung kommen lasse und sich auf die fragliche Regelung ‐ obwohl sie nicht mehr geltendes spanisches Recht sei ‐ berufe, damit das zuständige nationale Gericht dem Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV eine Frage nach der Gültigkeit zur Vorabentscheidung vorlege. Dies würde nämlich voraussetzen, dass sie einen Rechtsverstoß beginge, d. h., dass sie bewusst den geltenden Rechtsvorschriften zuwiderhandele. Dadurch würde sie jedoch nicht nur gegen Verhaltenskodexe verstoßen, die einzuhalten sie sich verpflichtet habe, sondern sich auch in gewisser Weise der Gefahr aussetzen, dass die spanische Steuerverwaltung, gestützt auf eine Reihe einschlägiger Steuerrechtsvorschriften, ihre Sanktionsbefugnis ausübe.

54

Die Kommission erinnert daran, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der AEU-Vertrag mit seinen Art. 263 und 277 einerseits und mit seinem Art. 267 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen habe, das die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe gewährleisten solle, und mit dieser Aufgabe den Unionsrichter betraut habe.

55

Die Ansicht von Telefónica, wonach das Gericht hätte prüfen müssen, unter welchen Voraussetzungen es tatsächlich möglich gewesen wäre, den nationalen Rechtsweg zu beschreiten, sei im Übrigen zurückzuweisen. Es könne keine Auslegung des Rechtsschutzsystems zugelassen werden, nach der eine Direktklage mit dem Ziel der Nichtigerklärung beim Unionsrichter eröffnet sei, wenn nach einer konkreten Prüfung der nationalen Verfahrensvorschriften durch diesen Richter nachgewiesen sei, dass diese Vorschriften es dem Einzelnen nicht gestatteten, eine Klage zu erheben, mit der er die Gültigkeit der streitigen Unionshandlung in Frage stellen könne. Eine solche Regelung würde nämlich erfordern, dass der Unionsrichter das nationale Verfahrensrecht prüfte und auslegte, was seine Zuständigkeit im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Unionsorgane überschreiten würde. Es sei einem Einzelnen jedenfalls nicht möglich, vor dem Unionsrichter eine Nichtigkeitsklage zu erheben, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die nationalen Verfahrensvorschriften ihm erst dann das Recht einräumten, die Gültigkeit des beanstandeten Rechtsakts der Union in Frage zu stellen, wenn er gegen diesen verstoßen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

56

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Union eine Rechtsunion ist, in der ihre Organe der Kontrolle daraufhin unterliegen, ob ihre Handlungen insbesondere mit den Verträgen, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und den Grundrechten im Einklang stehen (Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, Randnr. 91).

57

Die gerichtliche Kontrolle der Wahrung der Rechtsordnung der Union wird, wie sich aus Art. 19 Abs. 1 EUV ergibt, durch den Gerichtshof und die Gerichte der Mitgliedstaaten gewährleistet. Zu diesem Zweck hat der AEU-Vertrag mit seinen Art. 263 und 277 einerseits und mit seinem Art. 267 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen, das die Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionshandlungen gewährleisten soll, mit der der Unionsrichter betraut ist (Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, Randnrn. 90 und 92).

58

Wie sich aus den Randnrn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils ergibt, zieht die streitige Entscheidung im betroffenen Mitgliedstaat Durchführungsmaßnahmen in Bezug auf Telefónica nach sich.

59

Deshalb kann Telefónica, auch wenn sie die streitige Entscheidung aufgrund der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht unmittelbar vor dem Unionsrichter anfechten kann, die Ungültigkeit dieser Entscheidung vor den nationalen Gerichten geltend machen und diese veranlassen, dem Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, insbesondere wenn sie vor diesen Gerichten den Verwaltungsakt anficht, durch den ihr der Vorteil einer Abschreibung im Rahmen der fraglichen Regelung verweigert wird.

60

Demzufolge ist der erste von Telefónica geltend gemachte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

61

Da keiner der drei von ihr geltend gemachten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist ihr Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

62

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

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Da Telefónica mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Telefónica SA trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.