Rechtssache C‑399/09

Marie Landtová

gegen

Česká správa socialního zabezpečení

(Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší správní soud)

„Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Soziale Sicherheit – Zwischen zwei Mitgliedstaaten vor ihrem Beitritt zur Europäischen Union geschlossenes Abkommen über soziale Sicherheit – Für die Feststellung der Beitragszeiten zuständiger Mitgliedstaat – Altersrente – Zulage, die nur den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat gewährt wird“

Leitsätze des Urteils

1.        Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Gemeinschaftsregelung – Zwischen der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik vor ihrem Beitritt geschlossenes Abkommen betreffend die Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik – Altersrente – Berücksichtigung der Beitragszeiten vor der Teilung

(Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Anhang III Teil A Nr. 6 und Art. 7 Abs. 2 Buchst. c)

2.        Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Gleichbehandlung – Regelung eines Mitgliedstaats, wonach eine Zulage zu einer Leistung bei Alter nur an seine Staatsangehörigen mit Wohnsitz in seinem Gebiet gezahlt werden kann – Unzulässigkeit – Wirkungen

(Verordnung Nr. 1408/07 des Rates, Art. 3 Abs. 1 und Art. 10)

1.        Die Bestimmungen von Anhang III Teil A Nr. 6 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 629/2006 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 Buchst. c dieser Verordnung stehen einer innerstaatlichen Regel nicht entgegen, die die Zahlung einer Zulage zu einer Leistung bei Alter vorsieht, wenn der Betrag dieser nach Art. 20 des am 29. Oktober 1992 unterzeichneten bilateralen Abkommens zwischen der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik betreffend Maßnahmen zur Regelung der Situation nach der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik am 31. Dezember 1992 gewährten Leistung geringer ist als der, der bezogen worden wäre, wenn die Altersrente nach den Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik berechnet worden wäre.

Da eine solche Anpassung nämlich nur stattfindet, wenn diese Leistung höher ausfällt als die nach den Bestimmungen des Abkommens errechnete, handelt es sich weder um die Gewährung einer parallelen tschechischen Leistung bei Alter noch um eine doppelte Berücksichtigung ein und derselben Versicherungszeit, sondern nur um die Ausfüllung einer objektiv festgestellten Differenz zwischen Leistungen unterschiedlicher Herkunft.

(vgl. Randnrn. 37-38, 40, Tenor 1)

2.        Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 629/2006, steht einer innerstaatlichen Regel entgegen, wonach eine Zulage zur Leistung bei Alter nur tschechischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik gezahlt werden kann, was aus der Sicht des Unionsrechts nicht zwangsläufig zur Folge hat, dass einer Person, die diese beiden Voraussetzungen erfüllt, diese Zulage zu entziehen ist.

Zum einen nimmt eine solche Regel nämlich eine auf die Staatsangehörigkeit gestützte Diskriminierung vor. Zum anderen enthält diese Regel eine Wohnsitzvoraussetzung, die im Wesentlichen Wanderarbeitnehmer betrifft, die im Gebiet anderer Mitgliedstaaten als dem ihres Herkunftsstaats wohnen. Sie verletzt daher den in Art. 3 Abs. 1 niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung, der nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit der nach den Systemen der sozialen Sicherheit leistungsberechtigten Personen, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung verbietet, die durch Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen.

Hinsichtlich der praktischen Folgen für aufgrund der Anwendung dieser Regel benachteiligte Personen kann die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt. Was die Folgen für Personen angeht, die zur Gruppe der durch diese Diskriminierung begünstigten Personen gehören, steht das Unionsrecht vorbehaltlich der Einhaltung der allgemeinen Rechtsgrundsätze dieses Rechts zwar Maßnahmen, durch die die Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bis dahin bevorzugten Personen wiederhergestellt wird, nicht entgegen; vor dem Erlass solcher Maßnahmen verlangt das Unionsrecht jedoch nicht, eine Zulage der sozialen Sicherung der Personengruppe zu entziehen, die bereits in den Genuss dieser Vergünstigung kommt.

(vgl. Randnrn. 43-44, 46, 49, 51, 53-54, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

22. Juni 2011(*)

„Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Soziale Sicherheit – Zwischen zwei Mitgliedstaaten vor ihrem Beitritt zur Europäischen Union geschlossenes Abkommen über soziale Sicherheit – Für die Feststellung der Beitragszeiten zuständiger Mitgliedstaat – Altersrente – Zulage, die nur den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat gewährt wird“

In der Rechtssache C‑399/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 23. September 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Oktober 2009, in dem Verfahren

Marie Landtová

gegen

Česká správa sociálního zabezpečení

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richter K. Schiemann (Berichterstatter) und L. Bay Larsen, der Richterin A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: K. Malaček, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Landtová, vertreten durch V. Vejvoda, advokát,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,

–        der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Walkerová und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. März 2011

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 12 EG, der Art. 3 Abs. 1, 7 Abs. 2 Buchst. c, 10 und 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 629/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 (ABl. L 114, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), und von Anhang III Teil A Nr. 6 der Verordnung Nr. 1408/71.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Landtová, einer Staatsangehörigen der Tschechischen Republik, die in diesem Mitgliedstaat wohnt, und der Česká správa sociálního zabezpečení (tschechischer Träger der sozialen Sicherheit, im Folgenden: Správa) hinsichtlich der Höhe der Teilrente, die diese ihr bewilligt hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Der achte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

„Für Arbeitnehmer und Selbständige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, soll jeweils das System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats gelten, so dass eine Kumulierung anzuwendender innerstaatlicher Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen vermieden werden.“

4        Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor: „Die Personen, für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen.“

5        Art. 6 der Verordnung bestimmt:

„Soweit die Artikel 7, 8 und 46 Absatz 4 nichts anderes bestimmen, tritt diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs an die Stelle folgender Abkommen über soziale Sicherheit:

a)      Abkommen, die ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten in Kraft sind;

…“

6        Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„Ungeachtet des Artikels 6 bleiben anwendbar:

c)      einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung geschlossen wurden, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist, soweit diese Bestimmungen in Anhang III aufgeführt sind.“

7        In Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 heißt es:

„Die Geldleistungen bei … Alter …, auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist, dürfen, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen … werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“

8        Nach Anhang III dieser Verordnung („Bestimmungen aus Abkommen über soziale Sicherheit, die ungeachtet des Artikels 6 der Verordnung weiterhin anzuwenden sind – Bestimmungen aus Abkommen über soziale Sicherheit, deren Geltungsbereich nicht alle Personen umfasst, auf welche die Verordnung anzuwenden ist“), Teil A Nr. 6 (Tschechische Republik – Slowakei) bleibt u. a. Art. 20 des am 29. Oktober 1992 geschlossenen bilateralen Abkommens zwischen der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik betreffend Maßnahmen zur Regelung der Situation nach der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik am 31. Dezember 1992 (im Folgenden: Abkommen) in Kraft.

 Das Abkommen

9        Art. 20 Abs. 1 des Abkommens sieht vor: „Die vor dem Tag der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten gelten als Versicherungszeiten des Vertragsstaats, in dessen Gebiet der Arbeitgeber des Staatsbürgers am Tag der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik oder bis unmittelbar vor diesem Tag seinen Sitz hatte.“

 Nationales Recht

10      Art. 89 Abs. 2 der Verfassung der Tschechischen Republik (Verfassungsgesetz Nr. 1/1993) bestimmt: „Rechtskräftige Entscheidungen des Ústavní soud sind für alle Organe und Personen bindend.“

11      Nach § 28 des Gesetzes Nr. 155/1995 über die Rentenversicherung „[hat] der Versicherte … Anspruch auf eine Altersrente, wenn er die erforderliche Versicherungszeit zurückgelegt und das vorgeschriebene Alter erreicht hat [und] gegebenenfalls weitere in diesem Gesetz vorgesehene Voraussetzungen erfüllt“.

12      Der Ústavní soud (Verfassungsgerichtshof) befand in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2005 (III. ÚS 252/04, im Folgenden: Entscheidung des Ústavní soud): „Wenn ein Bürger der Tschechischen Republik die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Rentenanspruchs erfüllt und dieser Anspruch nach dem nationalen (tschechischen) Recht höher wäre als der Anspruch nach dem [Abkommen], hat [die Správa] dafür zu sorgen, dass Rentenleistungen in einer solchen Höhe bezogen werden, die dem nach den nationalen Rechtsvorschriften höheren Anspruch entspricht, bzw. über die Aufstockung der von der anderen Vertragspartei bezogenen Rente zu entscheiden; sie berücksichtigt [dabei] die gemäß dem [Abkommen] von der anderen Vertragspartei bezogene Rente in der Weise, dass es nicht zu einem doppelten Bezug zweier Renten derselben Art kommt, die aus denselben Gründen von zwei unterschiedlichen [Trägern der sozialen Sicherheit] gewährt werden.“

13      Neben der Voraussetzung der tschechischen Staatsangehörigkeit unterwirft der Ústavní soud den Anspruch auf die vorgenannte Berechnungsart einer weiteren, kumulativen Voraussetzung, nämlich der Voraussetzung, dass der Anspruchsteller seinen Wohnsitz im Gebiet der Tschechischen Republik hat.

 Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

14      Frau Landtová, die tschechische Staatsangehörige ist und im Gebiet der Tschechischen Republik wohnt, hatte von 1964 bis zum 31. Dezember 1992 im Gebiet der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik gearbeitet. Nach der Teilung dieses Staates arbeitete sie bis zum 31. August 1993 im Gebiet der Slowakischen Republik und dann seit dem 1. September 1993 im Gebiet der Tschechischen Republik.

15      Am 20. Juni 2006 erkannte die Správa Frau Landtová eine teilweise Altersrente (im Folgenden: Leistung bei Alter) ab 31. März 2006 zu.

16      Die Správa setzte die Höhe der Leistung bei Alter gemäß Art. 20 des Abkommens fest und gelangte zu dem Ergebnis, dass die Versicherungszeit, die Frau Landtová bis zum 31. Dezember 1992 zurückgelegt habe, nach dem slowakischen System der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen sei, weil ihr Arbeitgeber seinen Sitz im Gebiet der Slowakischen Republik gehabt habe.

17      Am 14. August 2006 erhob Frau Landtová beim Městský soud v Praze (Stadgericht Prag) Klage gegen die Höhe der ihr gewährten Leistung bei Alter mit der Begründung, die Správa habe die von ihr insgesamt zurückgelegten Versicherungszeiten nicht berücksichtigt.

18      Am 23. Mai 2007 hob der Městský soud v Praze die Entscheidung der Správa unter Heranziehung der Entscheidung des Ústavní soud auf, wonach die Správa verpflichtet ist, den Bezug einer Leistung in Höhe des höheren Anspruchs zu garantieren, wenn ein tschechischer Staatsangehöriger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Leistung bei Alter erfüllt und er nach den nationalen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine Leistung hat, die höher ist als die nach dem Abkommen berechnete. In Anknüpfung daran gelangte der Městský soud v Praze zu dem Schluss, dass die Frau Landtová von der Správa gezahlte Leistung bei Alter anzupassen sei, um den Betrag zu erreichen, auf den die Klägerin Anspruch gehabt hätte, wenn sie die gesamte Versicherungszeit vor dem 31. Dezember 1992 im System der sozialen Sicherheit der Tschechischen Republik zurückgelegt hätte.

19      Die Správa legte Kassationsbeschwerde beim Nejvyšší správní soud (Oberster Verwaltungsgerichtshof) ein.

20      Am 16. Januar 2008 hob der Nejvyšší správní soud das Urteil des Městský soud v Praze auf und verwies es zur weiteren Entscheidung an ihn zurück. Der Nejvyšší správní soud hatte Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Entscheidung des Ústavní soud und der danach tschechischen Staatsangehörigen zu gewährenden bevorzugten Behandlung mit dem in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung.

21      Der Městský soud v Praze blieb bei seiner Auffassung und befand unter Bezugnahme auf die fragliche Entscheidung des Ústavní soud, dass die Správa den Betrag der der Klägerin des Ausgangsverfahrens gewährten Leistung bei Alter anpassen müsse, um den Betrag zu erreichen, den sie hätte beziehen können, wenn sie vollständig dem tschechischen System der sozialen Sicherheit angehörte.

22      Die Správa legte erneut Kassationsbeschwerde beim Nejvyšší správní soud ein und machte geltend, dass die Verpflichtung zur Erhöhung der Leistungen bei Alter allein für tschechische Staatsangehörige mit Wohnsitz im Gebiet der Tschechischen Republik, für die die unter der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zurückgelegte Versicherungszeit nach Art. 20 des Abkommens berechnet werde, gegen den in Art. 3 der Verordnung Nr. 1408/71 niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße. Darüber hinaus bedeute eine solche Verpflichtung auch die Berücksichtigung slowakischer Versicherungszeiten zum Zweck der Erhöhung des Betrags der tschechischen Leistung bei Alter, obwohl die doppelte Berücksichtigung ein und derselben Versicherungszeit nach Art. 12 der Verordnung Nr. 1408/71 verboten sei.

23      Der Nejvyšší správní soud führt aus, dass die Správa bei Heranziehung der Entscheidung des Ústavní soud die vom Anspruchsteller im System der sozialen Sicherheit der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zurückgelegte Versicherungszeit berücksichtige, obwohl insoweit nach Art. 20 des Abkommens der slowakische Träger der sozialen Sicherheit zuständig sei. Ein solches Vorgehen könne nicht nur zu einer Veränderung des Kriteriums führen, das den für die Berücksichtigung der fraglichen Versicherungszeiten zuständigen Staat bestimmen solle, sondern auch zu einer doppelten Berücksichtigung ein und derselben Versicherungszeit.

24      Auch wenn das vorlegende Gericht nicht bestreitet, dass Frau Landtová alle für die Erhöhung des Betrags der Leistung bei Alter erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, hält es die Voraussetzung der tschechischen Staatsangehörigkeit, die naturgemäß die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten benachteilige, sofern sie die anderen Voraussetzungen für die Entstehung des fraglichen Anspruchs auf die Leistung bei Alter erfüllten, für einen Verstoß gegen Art. 12 EG und Art. 3 der Verordnung Nr. 1408/71. Es stelle sich auch die Frage der Vereinbarkeit der Voraussetzung des Wohnsitzes mit Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71.

25      Unter diesen Umständen hat der Nejvyšší správní soud das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Anhang III Teil A Nr. 6 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1408/71, der das zur Bestimmung des Nachfolgestaats, der für die Berücksichtigung der von Arbeitnehmern bis zum 31. Dezember 1992 im System der sozialen Sicherheit der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten zuständig ist, anwendbare Kriterium aufrechterhält, dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer innerstaatlichen Regel entgegensteht, wonach der tschechische Träger der sozialen Sicherheit für die Entstehung des Anspruchs auf die Leistung und die Festsetzung ihrer Höhe in vollem Umfang die im Gebiet der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik bis zum 31. Dezember 1992 zurückgelegte Versicherungszeit berücksichtigt, auch wenn nach dem erwähnten Kriterium der Träger der sozialen Sicherheit der Slowakischen Republik für deren Berücksichtigung zuständig ist?

2.      Sofern die erste Frage verneint wird: Sind Art. 12 EG und Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 und Art. 46 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, dass sie es ausschließen, dass die im System der sozialen Sicherheit der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik bis zum 31. Dezember 1992 zurückgelegte Versicherungszeit, die bereits einmal in demselben Umfang für Leistungszwecke im System der sozialen Sicherheit der Slowakischen Republik berücksichtigt wurde, nach der oben genannten innerstaatlichen Regel in vollem Umfang für den Anspruch auf Leistung bei Alter und die Festsetzung der Höhe der Leistung nur für Staatsangehörige der Tschechischen Republik mit Wohnsitz in ihrem Gebiet berücksichtigt wird?

 Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

26      Die Slowakische Republik äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlagefragen und macht geltend, dass die Auslegung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, um die das vorlegende Gericht ersuche, keine Auswirkung auf die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits habe und in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand dieses Rechtsstreits stehe, da Frau Landtová alle für die Zahlung einer Zulage zur Leistung bei Alter erforderlichen Voraussetzungen, wie sie in der Entscheidung des Ústavní soud aufgestellt seien, erfülle und daher in keiner Weise diskriminiert werde.

27      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen hat, die es dem Gerichtshof stellt (vgl. u. a. Urteil vom 15. Juni 2006, Acereda Herrera, C‑466/04, Slg. 2006, I‑5341, Randnr. 47).

28      Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 38, und vom 10. März 2009, Hartlauer, C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 24). Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das dem Gerichtshof vorgelegte Problem rein hypothetischer Natur ist oder wenn die Auslegung einer Unionsvorschrift oder die Prüfung ihrer Gültigkeit, um die das vorlegende Gericht ersucht, in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert, C‑92/09 und C‑93/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 40).

29      Wie der Generalanwalt in Nr. 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verhält es sich hier nicht so. Obwohl Frau Landtová durch die Entscheidung begünstigt wird, ist diese Entscheidung sowohl von der Správa als auch vom vorlegenden Gericht in Frage gestellt worden.

30      Daher ist das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig zu erklären.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

31      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Bestimmungen von Anhang III Teil A Nr. 6 der Verordnung Nr. 1408/71 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 2 Buchst. c einer innerstaatlichen Regel wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die die Zahlung einer Zulage zu einer Leistung bei Alter vorsieht, wenn der Betrag dieser nach Art. 20 des Abkommens gewährten Leistung geringer ist als der, der bezogen worden wäre, wenn die Altersrente nach den Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik berechnet worden wäre.

32      Es ist darauf hinzuweisen, dass die oben erwähnten Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 zur Folge haben, dass Art. 20 des Abkommens in Kraft bleibt, wonach das Kriterium für die Bestimmung des anwendbaren Systems und des für die Gewährungen von Leistungen der sozialen Sicherheit zuständigen Trägers das Land des Sitzes des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ist.

33      Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass der ersten Frage die Besorgnis zugrunde liegt, die Anwendung der Entscheidung des Ústavní soud könnte zu einer doppelten Berücksichtigung ein und derselben Versicherungszeit führen und das Kriterium, das sich aus diesem Art. 20 des Abkommens ergibt, ändern.

34      Wie sich aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten ergibt, ist Art. 20 des Abkommens nach Ansicht des Ústavní soud dahin auszulegen, dass die Správa dafür zu sorgen hat, dass, wenn ein tschechischer Staatsangehöriger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Rentenanspruchs erfüllt, der nach tschechischem Recht höher wäre als der nach dem Abkommen vorgesehene, der Betrag der Altersrente, der ihm tatsächlich gewährt wird, die Höhe des Betrags erreicht, die dem höheren Anspruch nach den nationalen Rechtsvorschriften entspricht, und somit die von der anderen Vertragspartei gezahlte Altersrente aufzustocken hat, sofern dies erforderlich ist. Die Správa wäre danach auch verpflichtet, die von der anderen Vertragspartei gemäß dem Abkommen bezogene Rente zu berücksichtigen, um zu vermeiden, dass es zu einem doppelten Bezug zweier Renten derselben Art kommt, die aus denselben Gründen von zwei unterschiedlichen Trägern der sozialen Sicherheit gewährt werden.

35      Aus der Rechtsprechung des Ústavní soud ergibt sich eindeutig, dass die durch Art. 20 des Abkommens eingeführte Regel zur Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem tschechischen und dem slowakischen Träger der sozialen Sicherheit für die Berücksichtigung der vor dem Tag der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten weder in Frage gestellt noch geändert wird, da die Rechtsprechung des Ústavní soud nur darauf abzielt, den gemäß dem Abkommen gewährten Betrag der tschechischen Leistung bei Alter zu erhöhen, um den Betrag zu erreichen, der bei Anwendung allein des innerstaatlichen Rechts gewährt worden wäre.

36      Wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die im Ausgangsverfahren fragliche Zulage zu der Leistung weder das anwendbare System noch die Zuständigkeit der im Abkommen bestimmten Behörden in Frage, sondern erlaubt es nur, in Anwendung des Abkommens bei einem anderen Träger der sozialen Sicherheit eine zusätzliche Leistung zu beantragen, die neben die allgemeine Leistung tritt.

37      Wie die Kommission ausführt, beschränkt sich der Ústavní soud auf die Feststellung, dass es notwendig sei, den Betrag der nach Art. 20 des Abkommens gewährten tschechischen Leistung bei Alter auf den Betrag zu erhöhen, den ein Versicherter hätte erhalten können, wenn die Höhe dieser Leistung allein nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften berechnet worden wäre, sofern diese Leistung höher ausfällt als die nach den Bestimmungen des Abkommens errechnete.

38      Daher handelt es sich weder um die Gewährung einer parallelen tschechischen Leistung bei Alter noch um eine doppelte Berücksichtigung ein und derselben Versicherungszeit, sondern nur um die Ausfüllung einer objektiv festgestellten Differenz zwischen Leistungen unterschiedlicher Herkunft.

39      Es ist festzustellen, dass sich mit einem solcher Ansatz die Kumulierung der anzuwendenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften entsprechend dem im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1408/71 zum Ausdruck kommenden Ziel vermeiden lässt und er nicht dem in Art. 20 des Abkommens aufgestellten Kriterium der Zuständigkeitsverteilung zuwiderläuft, einem Kriterium, das nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1408/71 in Verbindung mit Anhang III Teil A Nr. 6 dieser Verordnung aufrechterhalten bleibt.

40      Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass die Bestimmungen von Anhang III Teil A Nr. 6 der Verordnung Nr. 1408/71 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 2 Buchst. c einer innerstaatlichen Regel wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die die Zahlung einer Zulage zu einer Leistung bei Alter vorsieht, wenn der Betrag dieser nach Art. 20 des Abkommens gewährten Leistung geringer ist als der, der bezogen worden wäre, wenn die Altersrente nach den Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik berechnet worden wäre.

 Zur zweiten Frage

 Zum Vorliegen einer Diskriminierung

41      Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen ermitteln, ob die Entscheidung des Ústavní soud, wonach eine Zulage zur Leistung bei Alter nur tschechischen Staatsbürgern, die im Gebiet der Tschechischen Republik wohnen, gezahlt werden kann, zu einer mit Art. 12 EG und Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 unvereinbaren Diskriminierung führt.

42      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 entsprechend Art. 39 EG zugunsten der Personen, für die die Verordnung gilt, die Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit dadurch sicherstellen soll, dass er alle Diskriminierungen beseitigt, die sich insoweit aus den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben (Urteil vom 18. Januar 2007, Celozzi, C‑332/05, Slg. 2007, I‑563, Randnr. 22).

43      Aus den Akten ergibt sich zweifelsfrei, dass die Entscheidung des Ústavní soud eine auf die Staatsangehörigkeit gestützte Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten vornimmt.

44      Zur Voraussetzung des Wohnsitzes im Gebiet der Tschechischen Republik ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 niedergelegte Grundsatz der Gleichbehandlung nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit der nach den Systemen der sozialen Sicherheit leistungsberechtigten Personen, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung verbietet, die durch Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen (Urteil Celozzi, Randnr. 23).

45      Als mittelbar diskriminierend sind daher Voraussetzungen des nationalen Rechts anzusehen, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit gelten, aber im Wesentlichen oder ganz überwiegend Wanderarbeitnehmer betreffen, sowie unterschiedslos geltende Voraussetzungen, die von inländischen Arbeitnehmern leichter zu erfüllen sind als von Wanderarbeitnehmern, oder auch solche, bei denen die Gefahr besteht, dass sie sich besonders zum Nachteil von Wanderarbeitnehmern auswirken (vgl. Urteil Celozzi, Randnr. 24).

46      Dies ist bei einer Wohnortvoraussetzung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, der Fall, die im Wesentlichen Wanderarbeitnehmer betrifft, die im Gebiet anderer Mitgliedstaaten als dem ihres Herkunftsstaats wohnen.

47      Vor dem Gerichtshof ist kein Gesichtspunkt dargetan worden, der eine solche diskriminierende Behandlung rechtfertigen könnte.

48      Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 den Grundsatz der Beseitigung von Wohnortklauseln aufstellt, indem die Betroffenen vor Nachteilen geschützt werden, die aus der Verlegung ihres Wohnorts von einem Mitgliedstaat in einen anderen erwachsen könnten.

49      Daraus folgt, dass die Entscheidung des Ústavní soud eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie ein mittelbare, sich aus dem Wohnortkriterium ergebende Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit gegenüber denjenigen enthält, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben.

 Zu den Folgen der Feststellung einer Diskriminierung

50      Nachdem festgestellt worden ist, dass die sich aus der Entscheidung des Ústavní soud ergebende Regel diskriminierend ist, sind die mit ihr verbundenen praktischen Konsequenzen sowohl für die Personen, die infolge der Anwendung dieser Regel benachteiligt wurden, als auch für diejenigen, die, wie Frau Landtová, aus ihr Vorteile gezogen haben, zu prüfen.

51      Hinsichtlich der Folgen einer Nichtbeachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewährleistet werden kann, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. Urteil vom 26. Januar 1999, Terhoeve, C‑18/95, Slg. 1999, I‑345, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Was die Folgen für Personen wie Frau Landtová angeht, die zur Gruppe der Personen gehört, die durch die sich aus der Entscheidung des Ústavní soud ergebende Regel begünstigt werden, Folgen, die die Feststellung des diskriminierenden Charakters dieser Entscheidung mit sich bringt, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Stand des nationalen Rechts die für die Gewährung der Rente zuständige Behörde zwar die Leistung der Zulage benachteiligten Personen rechtmäßig nicht verwehren kann, dabei aber nichts dagegen spricht, dass sie diesen Anspruch zugunsten der Personen, die gemäß der innerstaatlichen Regel die Zulage bereits beziehen, aufrechterhält.

53      Vorbehaltlich der Einhaltung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts steht dieses Maßnahmen, durch die die Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bis dahin bevorzugten Personen wiederhergestellt wird, nicht entgegen (vgl. Urteil vom 28. September 1994, Coloroll Pension Trustees, C‑200/91, Slg. 1994, I‑4389, Randnr. 33). Vor dem Erlass solcher Maßnahmen verlangt das Unionsrecht jedoch nicht, eine Zulage der sozialen Sicherung wie die im Ausgangsverfahren fragliche der Personengruppe zu entziehen, die bereits in den Genuss dieser Vergünstigung kommt.

54      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 einer innerstaatlichen Regel wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach eine Zulage zur Leistung bei Alter nur tschechischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik gezahlt werden kann, ohne dass dies jedoch aus der Sicht des Unionsrechts zur Folge haben muss, dass einer Person, die diese beiden Voraussetzungen erfüllt, diese Zulage zu entziehen ist.

 Kosten

55      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Bestimmungen von Anhang III Teil A Nr. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 629/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006, in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 Buchst. c dieser Verordnung stehen einer innerstaatlichen Regel wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, die die Zahlung einer Zulage zu einer Leistung bei Alter vorsieht, wenn der Betrag dieser nach Art. 20 des am 29. Oktober 1992 unterzeichneten bilateralen Abkommens zwischen der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik betreffend Maßnahmen zur Regelung der Situation nach der Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik am 31. Dezember 1992 gewährten Leistung geringer ist als der, der bezogen worden wäre, wenn die Altersrente nach den Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik berechnet worden wäre.

2.      Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 629/2006, steht einer innerstaatlichen Regel wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach eine Zulage zur Leistung bei Alter nur tschechischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik gezahlt werden kann, was aus der Sicht des Unionsrechts nicht zwangsläufig zur Folge hat, dass einer Person, die diese beiden Voraussetzungen erfüllt, diese Zulage zu entziehen ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Tschechisch.