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Document 32008D0333

2008/333/EG: Entscheidung der Kommission vom 4. März 2008 zur Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 774)

OJ L 123, 8.5.2008, p. 1–38 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Croatian: Chapter 19 Volume 005 P. 59 - 96

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 13/03/2013; Aufgehoben durch 32013D0115 Das Ende des Gültigkeitszeitraums richtet sich nach dem Datum der Veröffentlichung des aufhebenden Rechtsakts, der am Datum der Bekanntgabe wirksam wird. Der aufhebende Rechtsakt wurde bekannt gegeben, doch das Datum der Bekanntgabe ist auf EUR-Lex nicht verfügbar, sodass stattdessen das Datum der Veröffentlichung verwendet wird.

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2008/333/oj

8.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 123/1


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 4. März 2008

zur Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 774)

(Nur der bulgarische, deutsche, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und der ungarische Text sind verbindlich)

(2008/333/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 4, Artikel 9 Absatz 1, Artikel 20 Absatz 3, Artikel 22 Buchstabe a, Artikel 36 Absatz 4 und Artikel 37 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 gilt für die am SIS 1+ beteiligten Mitgliedstaaten ab den vom Rat mit Zustimmung aller Mitglieder, die die Regierungen der am SIS 1+ beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, festzusetzenden Zeitpunkten. Die Zeitpunkte werden festgesetzt, nachdem die Kommission die erforderlichen Durchführungsbestimmungen erlassen hat.

(2)

Diese Bestimmungen betreffen technische Aspekte des SIS II, die ein hohes Maß an Genauigkeit und eine regelmäßige Aktualisierung erfordern und daher durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 nicht erschöpfend geregelt werden.

(3)

Die Durchführungsbestimmungen umfassen unter anderem das SIRENE-Handbuch, das genaue Vorschriften für den Austausch von Zusatzinformationen enthält. Zusatzinformationen sind nicht im SIS II gespeicherte, aber mit SIS-II-Ausschreibungen verknüpfte Informationen, die in folgenden Fällen ausgetauscht werden: bei Eingabe einer Ausschreibung, damit die Mitgliedstaaten einander konsultieren und benachrichtigen können; nach einem Treffer, damit die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden können; in Fällen, in denen die erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen werden können; bei Fragen der Qualität der SIS-II-Daten; bei Fragen der Kompatibilität und Priorität von Ausschreibungen; bei Fragen des Auskunftsrechts.

(4)

Weitere Durchführungsbestimmungen betreffen: Protokolle und technische Verfahren, die die Kompatibilität des N.SIS II mit der CS-SIS gewährleisten; technische Vorschriften für die Eingabe, Löschung und Abfrage von Daten; Bestimmungen über die spezielle Qualitätsprüfung zur Gewährleistung der Einhaltung von Mindestqualitätsstandards bei der Eingabe von Lichtbildern und Fingerabdrücken in das SIS II; technische Vorschriften für die Eingabe und Verarbeitung ergänzender Daten zur Behandlung von Fällen des Missbrauchs der Identität einer Person sowie technische Vorschriften für die Verknüpfung von Ausschreibungen.

(5)

Das SIRENE-Handbuch soll dem SIRENE-Bedienungspersonal als wichtiges Werkzeug für die tägliche Nutzung des SIS II dienen. Es sollte die Form eines Praxishandbuchs haben und die Arbeit des gesamten SIRENE-Büros erleichtern.

(6)

Da sich bestimmte technische Regeln direkt auf die Arbeit der Endbenutzer in den Mitgliedstaaten auswirken, ist es angebracht, diese Regeln in einem Dokument zusammenzufassen.

(7)

Die vorliegende Entscheidung bildet die Rechtsgrundlage für die Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) in Bezug auf Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft („EG-Vertrag“) fallen. Der Beschluss 2008/334/JI der Kommission (2) zur Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) bildet die Rechtsgrundlage in Bezug auf Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich des Vertrags über die Europäische Union („EU-Vertrag“) fallen. Obgleich die Rechtsgrundlage für die Annahme des SIRENE-Handbuchs und anderer Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) aus zwei gesonderten Rechtsakten besteht, sind die Durchführungsbestimmungen grundsätzlich die Gleichen. Der Klarheit halber sollten die Bestimmungen beiden Rechtsakten als Anlage beigefügt werden.

(8)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligte sich Dänemark nicht an der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006, die somit für Dänemark weder bindend noch anwendbar ist. Da mit der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 der Schengen-Besitzstand in Anwendung der Bestimmungen von Titel IV des dritten Teils des EG-Vertrags weiterentwickelt wird, hat Dänemark jedoch gemäß Artikel 5 des genannten Protokolls mit Schreiben vom 15. Juni 2007 die Umsetzung dieser Vorschriften in sein nationales Recht notifiziert. Es ist daher völkerrechtlich zur Umsetzung dieser Entscheidung verpflichtet. Daher sollte Dänemark eine Ausfertigung dieser Entscheidung erhalten.

(9)

Diese Entscheidung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, die gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (3), keine Anwendung auf das Vereinigte Königreich finden; das Vereinigte Königreich beteiligt sich somit nicht am Erlass dieser Entscheidung, die für das Vereinigte Königreich weder bindend noch anwendbar ist. Daher sollte sich diese Entscheidung nicht an das Vereinigte Königreich richten.

(10)

Diese Entscheidung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, die gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (4) keine Anwendung auf Irland findet; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Entscheidung, der somit für Irland weder bindend noch anwendbar ist. Daher richtet sich diese Entscheidung nicht an Irland.

(11)

Diese Entscheidung stellt einen auf den Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 und des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 dar.

(12)

Für Island und Norwegen stellt diese Entscheidung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (5) dar, die unter Artikel 1 Buchstabe G des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (6) zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen fallen.

(13)

Für die Schweiz stellt diese Entscheidung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die unter Artikel 1 Buchstabe G des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 2004/860/EG des Rates (7) über die Unterzeichnung dieses Abkommens im Namen der Europäischen Gemeinschaft und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens fallen.

(14)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des nach Artikel 51 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In Bezug auf Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags fallen, gilt das in der Anlage beigefügte SIRENE-Handbuch und die ebenfalls beigefügten anderen Durchführungsbestimmungen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II).

Artikel 2

Diese Entscheidung ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an das Königreich Belgien, die Republik Bulgarien, die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, Rumänien, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland und das Königreich Schweden gerichtet.

Brüssel, den 4. März 2008

Für die Kommission

Franco FRATTINI

Vizepräsident


(1)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4.

(2)  Siehe Seite 39 dieses Amtsblatts.

(3)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(4)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(5)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(6)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(7)  ABl. L 370 vom 17.12.2004, S. 78.


ANLAGE

SIRENE-Handbuch und andere Durchführungsbestimmungen (1)

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

Der Schengen-Besitzstand

Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)

Zusatzinformationen

1.

DIE SIRENE-BÜROS UND SIS II

1.1.

Das SIRENE-Büro

1.2.

SIRENE-Handbuch

1.3.

Weitere Durchführungsbestimmungen

1.4.

Grundsätze

1.4.1.

Ständige Verfügbarkeit

1.4.2.

Kontinuität

1.4.3.

Sicherheit

1.4.4.

Geheimhaltung

1.4.5.

Zugang zu Informationen

1.4.6.

Kommunikation

1.4.7.

Transliterationsregeln

1.4.8.

Datenqualität

1.4.9.

Strukturen

1.4.10.

Archive

1.5.

Personal

1.5.1.

Kenntnisse

1.5.2.

Personaleinstellung

1.5.3.

Fortbildung

1.5.4.

Austausch von Personal

1.6.

Technische Infrastruktur

1.6.1.

Datenaustausch zwischen SIRENE-Büros

1.7.

Fortbildungsmaßnahmen in anderen Behörden

2.

ALLGEMEINE VERFAHREN

2.1.

Begriffsbestimmungen

2.2.

Mehrfachausschreibungen (Artikel 34 Absatz 6 SIS-II-Verordnung und Artikel 49 Absatz 6 SIS-II-Beschluss)

2.2.1.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen und Rangordnung

2.2.2.

Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen

2.2.3.

Eingabe von Mehrfachausschreibungen

2.3.

Informationsaustausch im Trefferfall

2.3.1.

Übermittlung weiterer Informationen

2.4.

Unmöglichkeit der Durchführung der erbetenen Maßnahme im Trefferfall (Artikel 48 SIS-II-Beschluss und Artikel 33 SIS-II-Verordnung)

2.5.

Verarbeitung der Informationen zu anderen Zwecken als jenen, zu denen die Ausschreibung in das SIS II eingegeben wurde (Artikel 46 Absatz 5 SIS-II-Beschluss)

2.6.

Kennzeichnung (Artikel 24 und 25 SIS-II-Beschluss)

2.6.1.

Konsultation der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Kennzeichnung

2.6.2.

Bis 1.1.2009 gültige Klausel: Ersuchen um systematische Kennzeichnung bei der Ausschreibung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats

2.7.

Unrechtmäßig gespeicherte oder unrichtige Daten (Artikel 34 SIS-II-Verordnung und Artikel 49 SIS-II-Beschluss)

Austausch von Informationen bei Bekanntwerden neuer Fakten

2.8.

Recht auf Auskunft und Berichtigung unrichtiger Daten (Artikel 41 SIS-II-Verordnung und Artikel 58 SIS-II-Beschluss)

2.8.1.

Ersuchen um Auskunft oder Berichtigung von Daten

2.8.2.

Informationsaustausch über Ersuchen um Auskunft über Ausschreibungen anderer Mitgliedstaaten

2.8.3.

Informationsaustausch bei Anträgen auf Berichtigung oder Löschung von Daten, die von anderen Mitgliedstaaten eingegeben wurden

2.9.

Löschung, wenn die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Ausschreibung nicht mehr gegeben sind

2.10.

Eingabe von Eigennamen

2.11.

Identitätskategorien

2.11.1.

Missbräuchlich verwendete Identität (Artikel 36 SIS-II-Verordnung und Artikel 51 SIS-II-Beschluss)

2.11.2.

Eingabe eines Aliasnamens

2.11.3.

Weitere Informationen zur Feststellung der Identität einer Person

2.12.

Informationsaustausch bei verknüpften Ausschreibungen

2.12.1.

Technische Vorschriften

2.12.2.

Operationelle Regeln

2.13.

SIRPIT (SIRENE PIcture Transfer) sowie Format und Qualität der biometrischen Daten im SIS II

2.13.1.

Weiterverwendung der ausgetauschten Daten, einschließlich Archivierung

2.13.2.

Technische Anforderungen

2.13.3.

Verwendung des Formulars L

2.13.4.

SIRPIT-Verfahren

2.13.5.

Format und Qualität der biometrischen Daten

2.14.

Kompetenzüberschneidungen von Interpol und SIRENE

2.14.1.

Vorrang von SIS-II-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen

2.14.2.

Wahl des Kommunikationskanals

2.14.3.

Nutzung und Verbreitung von Interpol-Ausschreibungen in Schengen-Staaten

2.14.4.

Treffer und Löschung einer Ausschreibung

2.14.5.

Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB von Interpol

2.14.6.

Übermittlung von Informationen an Drittstaaten

2.15.

Verhältnis von SIRENE zu Europol

2.16.

Verhältnis von SIRENE zu Eurojust

2.17.

Besondere Fahndungsarten

2.17.1.

Örtlich begrenzte Fahndung

3.

AUSSCHREIBUNGEN VON PERSONEN ZUM ZWECKE DER ÜBERGABE- ODER AUSLIEFERUNGSHAFT (ARTIKEL 26 SIS-II-BESCHLUSS)

3.1.

Eingabe einer Ausschreibung

3.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Ausschreibungen von Personen zwecks Verhaftung

3.3.

Missbräuchlich verwendete Identität

3.4.

Eingabe eines Aliasnamens

3.5.

Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten

3.5.1.

Übermittlung von Zusatzinformationen zu einem Europäischen Haftbefehl

3.5.2.

Zu übermittelnde Zusatzinformationen in Bezug auf eine vorläufige Festnahme

3.6.

Kennzeichnung

3.7.

Tätigwerden der SIRENE-Büros bei Erhalt der Ausschreibung einer Person zwecks Verhaftung

3.8.

Informationsaustausch im Trefferfall

4.

AUSSCHREIBUNGEN ZUR EINREISE- ODER AUFENTHALTSVERWEIGERUNG (ARTIKEL 24 SIS-II-VERORDNUNG)

4.1.

Eingabe einer Ausschreibung

4.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung

4.3.

Missbräuchlich verwendete Identität

4.4.

Eingabe eines Aliasnamens

4.5.

Datenaustausch im Trefferfall

4.5.1.

Informationsaustausch bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa

4.5.2.

Informationsaustausch bei der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung aus dem Schengener Gebiet

4.6.

Informationsaustausch bei einem Treffer im Fall eines das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft genießenden Drittstaatsangehörigen

4.7.

Löschung der Ausschreibung eines EU-Bürgers

5.

VERMISSTENAUSSCHREIBUNGEN (ARTIKEL 32 SIS-II-BESCHLUSS)

5.1.

Eingabe einer Ausschreibung

5.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Vermisstenausschreibungen

5.3.

Missbräuchlich verwendete Identität

5.4.

Eingabe eines Aliasnamens

5.5.

Kennzeichnung

5.6.

Informationsaustausch im Trefferfall

6.

AUSSCHREIBUNGEN VON PERSONEN IM HINBLICK AUF IHRE TEILNAHME AN EINEM GERICHTSVERFAHREN (ARTIKEL 34 SIS-II-BESCHLUSS)

6.1.

Eingabe einer Ausschreibung

6.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren

6.3.

Missbräuchlich verwendete Identität

6.4.

Eingabe eines Aliasnamens

6.5.

Informationsaustausch im Trefferfall

7.

AUSSCHREIBUNGEN ZUM ZWECKE DER VERDECKTEN ODER DER GEZIELTEN KONTROLLE (ARTIKEL 36 SIS-II-BESCHLUSS)

7.1.

Eingabe einer Ausschreibung

7.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zwecks Kontrollen

7.3.

Missbräuchlich verwendete Identität

7.4.

Eingabe eines Aliasnamens

7.5.

Benachrichtigung anderer Mitgliedstaaten bei der Eingabe von Ausschreibungen auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen (Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Beschluss)

7.6.

Kennzeichnung

7.7.

Informationsaustausch im Trefferfall

8.

SACHFAHNDUNGSAUSSCHREIBUNGEN ZUR SICHERSTELLUNG ODER BEWEISSICHERUNG (ARTIKEL 38 SIS-II-BESCHLUSS)

8.1.

Eingabe einer Ausschreibung

8.2.

Mehrfachausschreibungen

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung

8.3.

Informationsaustausch im Trefferfall

9.

STATISTIKEN

10.

ÄNDERUNG DES SIRENE-HANDBUCHS UND ANDERER DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

EINLEITUNG

Der Schengen-Besitzstand

Am 14. Juni 1985 unterzeichneten die Regierungen des Königreichs Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, des Großherzogtums Luxemburg und des Königreichs der Niederlande im luxemburgischen Schengen ein Übereinkommen mit dem Ziel, das „freie Überschreiten der Binnengrenzen durch alle Angehörigen der Mitgliedstaaten“ und den „freien Waren- und Dienstleistungsverkehr“ zu verwirklichen.

Dem am 19. Juni 1990 von den fünf Erstunterzeichnerstaaten geschlossenen Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (2) traten am 27. November 1990 die Italienische Republik, am 25. Juni 1991 das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik, am 6. November 1992 die Hellenische Republik, am 28. April 1995 die Republik Österreich und am 19. Dezember 1996 das Königreich Dänemark, das Königreich Schweden und die Republik Finnland bei.

Das Königreich Norwegen und die Republik Island unterzeichneten am 19. Dezember 1996 ein Kooperationsabkommen mit den Mitgliedstaaten, um ebenfalls dem Übereinkommen beizutreten.

Seit dem 26. März 1995 wird der Schengen-Besitzstand in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien und Portugal (3) vollständig angewendet. In Österreich und Italien ist dies seit dem 31. März 1998 (4), in Griechenland seit dem 26. März 2000 (5) und in Norwegen, Island, Schweden, Dänemark und Finnland schließlich seit dem 25. März 2001 der Fall (6).

Das Vereinigte Königreich (VK) und Irland wenden gemäß dem Beschluss 2000/365/EG bzw. dem Beschluss 2002/192/EG nur einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands an.

Die Bestimmungen, zu deren Anwendung sich das Vereinigte Königreich entschloss (mit Ausnahme des SIS), gelten seit dem 1. Januar 2005 (7).

Der Schengen-Besitzstand wurde durch Protokolle, die 1999 dem Vertrag von Amsterdam (8) beigefügt wurden, in den Rechtsrahmen der Europäischen Union aufgenommen. Am 12. Mai 1999 erging ein Beschluss des Rates, mit dem gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union die Rechtsgrundlage für jede der Bestimmungen oder Beschlüsse, die den Schengen-Besitzstand ausmachen, festgelegt wurde.

Seit dem 1. Mai 2004 ist der Schengen-Besitzstand, der durch das Protokoll zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft („Schengen-Protokoll“) und den darauf aufbauenden oder anderweitig damit in Verbindung stehenden Rechtsakten in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen wurde, für die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik verbindlich. In der Republik Bulgarien und in Rumänien gilt er seit dem 1. Januar 2007.

Einige Schengen-Bestimmungen gelten in den neuen Mitgliedstaaten der EU ab ihrem Beitritt. Andere Bestimmungen sind nur mit einem entsprechenden Beschluss des Rates auf diese Mitgliedstaaten anwendbar. Der Rat beschließt die Aufhebung der Grenzkontrollen, nachdem er nach den geltenden Schengen-Bewertungsverfahren und nach Konsultation des Europäischen Parlaments geprüft hat, ob die Voraussetzungen für die Anwendung aller einschlägigen Bestimmungen des Besitzstandes in dem jeweiligen Mitgliedstaat erfüllt sind.

2004 unterzeichnete die Schweizerische Eidgenossenschaft das Abkommen mit der Europäischen Union sowie der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (9), das in Verbindung mit dem Beschluss 2004/860/EG zu sehen ist.

Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)

Das SIS II, das durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) und den Beschluss 2007/533/JI des Rates (11) (nachstehend zusammen „SIS-II-Rechtsakte“ genannt) eingerichtet wurde, ist ein gemeinsames Informationssystem, über das die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Informationen austauschen und so zusammenarbeiten können. Es ist ein wichtiges Instrument für die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Rahmen der Europäischen Union. Es ersetzt das Schengener Informationssystem der ersten Generation, das 1995 in Betrieb genommen und danach zweimal (2005 und 2007) erweitert wurde.

Das SIS II hat gemäß Artikel 1 der genannten Rechtsakte zum Ziel, „[…] anhand der über dieses System mitgeteilten Informationen ein hohes Maß an Sicherheit in dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts der Europäischen Union, einschließlich der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie des Schutzes der Sicherheit im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zu gewährleisten und die Bestimmungen des dritten Teils Titel IV des (EG-)Vertrags (nachstehend ‚EG-Vertrag‘ genannt) im Bereich des Personenverkehrs in ihrem Hoheitsgebiet anzuwenden“.

Gemäß den SIS-II-Rechtsakten haben im SIS II folgende Behörden durch ein automatisiertes Abfrageverfahren Zugriff auf Personen- und Sachfahndungsausschreibungen:

a)

für Grenzkontrollen zuständige Behörden nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (12),

b)

für sonstige polizeiliche und zollrechtliche Überprüfungen im Inland sowie für die Koordinierung dieser Überprüfungen zuständige Behörden,

c)

nationale Justizbehörden sowie ihre Koordinierungsstellen,

d)

für die Erteilung von Visa zuständige Behörden, für die Prüfung von Visumanträgen zuständige zentrale Behörden, für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zuständige Behörden und für die Handhabung der Bestimmungen zu Drittstaatsangehörigen im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand im Bereich des Personenverkehrs zuständige Behörden,

e)

für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständige Behörden (gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (13)).

Gemäß dem SIS-II-Beschluss haben auch Europol und Eurojust Zugriff auf bestimmte Ausschreibungskategorien. Sowohl Europol als auch Eurojust können nach Maßgabe des Artikels 26 (Ausschreibung von Personen zum Zweck der Übergabe- oder Auslieferungshaft) und 38 (Sachfahndungsausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung) auf das SIS II zugreifen. Zudem hat Europol auch Zugriff nach Artikel 36 (Sachfahndungsausschreibungen zum Zweck der verdeckten oder gezielten Kontrolle). Eurojust ist der Zugriff auf Daten möglich, die nach Artikel 32 (Ausschreibungen von Vermissten) und Artikel 34 (Ausschreibungen von Personen, die im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht werden) eingegeben wurden.

Das SIS II besteht aus folgenden Einheiten:

1.

einem zentralen System („zentrales SIS II“), zu dem folgende Elemente gehören:

2.

eine technische Unterstützungseinheit („CS-SIS“), die eine Datenbank, die „SIS-II-Datenbank“, enthält,

3.

eine einheitliche nationale Schnittstelle („NI-SIS“),

4.

einem nationalen System („N.SIS II“) in jedem einzelnen Mitgliedstaat, das aus den nationalen, mit dem zentralen SIS II kommunizierenden Datensystemen besteht. Jedes N.SIS II kann einen Datenbestand („nationale Kopie“) umfassen, der eine vollständige oder Teilkopie der SIS-II-Datenbank enthält;

5.

einer Infrastruktur für die Kommunikation zwischen dem CS-SIS und der NI-SIS (die „Kommunikationsinfrastruktur“), die ein verschlüsseltes virtuelles Netz speziell für SIS-II-Daten und den nachstehend definierten Austausch von Daten zwischen den SIRENE-Büros bietet.

Zusatzinformationen

Das SIS II enthält nur die unerlässlichen Informationen (also Ausschreibungsdaten) zur Identifizierung einer Person oder einer Sache sowie die zu ergreifenden Maßnahmen. Damit bestimmte in den SIS-II-Rechtsakten vorgesehene Maßnahmen ergriffen werden können und das SIS II reibungslos funktionieren kann, tauschen die Mitgliedstaaten darüber hinaus gemäß diesen Rechtsakten auf bilateraler oder multilateraler Basis mit der Ausschreibung im Zusammenhang stehende Zusatzinformationen aus.

Die Struktur für den Austausch dieser Zusatzinformationen wurde „SIRENE“ genannt, ein Kürzel der in dem Dokument auf Englisch formulierten Definition: Supplementary Information REquest at the National Entries.

Nach den SIS-II-Rechtsakten werden in folgenden Fällen Zusatzinformationen ausgetauscht:

a)

bei Eingabe einer Ausschreibung, damit die Mitgliedstaaten einander konsultieren und benachrichtigen können (z. B. bei Eingabe einer Ausschreibung von Personen zwecks Übergabe- oder Auslieferungshaft),

b)

nach einem Treffer, damit die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden können (positiver Abgleich),

c)

in Fällen, in denen die erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen werden können (z. B. Kennzeichnung),

d)

bei Fragen der Qualität der SIS-II-Daten (z. B. wenn Daten unrechtmäßig gespeichert wurden oder unrichtig sind),

e)

bei Fragen der Kompatibilität und Priorität von Ausschreibungen (z. B. bei der Suche nach Mehrfachausschreibungen),

f)

bei Fragen des Auskunftsrechts.

1.   DIE SIRENE-BÜROS UND SIS II

1.1.   Das SIRENE-Büro

Nach Artikel 7 Absatz 2 der SIS-II-Rechtsakte bestimmt jeder Mitgliedstaat ein „SIRENE-Büro“. Mitgliedstaaten, die Zusatzinformationen benötigen, richten sich an diese Kontaktstelle. Ihre Hauptaufgaben sind (14):

1.

die Gewährleistung des Austauschs aller Zusatzinformationen im Einklang mit den Bestimmungen des SIRENE-Handbuchs gemäß Artikel 8 der SIS-II-Rechtsakte,

2.

die Koordinierung der Überprüfung der Qualität der in das SIS II eingegebenen Informationen.

Im SIS II werden Informationen prinzipiell nicht zwischen den nationalen Systemen, sondern ausschließlich über die zentrale Einheit (C.SIS) ausgetauscht.

Damit das SIS II reibungslos funktionieren kann, müssen jedoch zwischen den Schengen-Mitgliedstaaten die zur Anwendung einiger Bestimmungen der SIS-II-Rechtsakte erforderlichen Zusatzinformationen auf bilateraler oder multilateraler Ebene ausgetauscht werden können.

1.2.   SIRENE-Handbuch

Das SIRENE-Handbuch enthält Weisungen für die Bediensteten der SIRENE-Büros mit einer detaillierten Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den bilateralen oder multilateralen Austausch der Zusatzinformationen. Es ist ein wichtiges Instrument für die Benutzung des SIS II gemäß den SIS-II-Rechtsakten.

Vorschriften für den Austausch der Zusatzinformationen werden nach dem Verfahren des Artikels 51 Absatz 2 SIS-II-Verordnung und Artikel 67 SIS-II-Beschluss in Form des so genannten SIRENE-Handbuchs erlassen.

1.3.   Weitere Durchführungsbestimmungen

Bestimmte technische Aspekte des SIS II, die ein hohes Maß an Genauigkeit und eine regelmäßige Aktualisierung erfordern, wie die technischen Vorschriften für die Eingabe, einschließlich der für die Eingabe einer Ausschreibung erforderlichen Daten, die Aktualisierung, Löschung und Abfrage von Daten, Vorschriften über die Kompatibilität und Priorität von Ausschreibungen, die Hinzufügung von Kennzeichnungen, Verknüpfungen zwischen Ausschreibungen und den Austausch von Zusatzinformationen können durch die SIS-II-Verordnung und den SIS-II-Beschluss nicht erschöpfend geregelt werden. Die Durchführungsbefugnisse für diese Aspekte sollten daher der Kommission übertragen werden.

Da sich bestimmte technische Regeln direkt auf die Arbeit der Endbenutzer in den Mitgliedstaaten auswirken, ist es angebracht, sie in das SIRENE-Handbuch aufzunehmen. Daher enthalten die Anhänge 1, 2 und 4 dieses Handbuches Transliterationsregeln, Codetabellen und sonstige technische Bestimmungen für die Datenverarbeitung.

1.4.   Grundsätze

Die Zusammenarbeit über die SIRENE-Büros beruht auf folgenden Grundsätzen:

1.4.1.   Ständige Verfügbarkeit

Das nationale SIRENE-Büro muss 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche voll funktionsfähig sein. Es muss auch für technische Analysen, Unterstützung und Problemlösungen 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche zur Verfügung stehen.

1.4.2.   Kontinuität

Jedes SIRENE-Büro muss über eine interne Struktur verfügen, welche die Kontinuität des Managements, der personellen Besetzung und der technischen Infrastruktur garantiert.

Die Leiter der einzelnen SIRENE-Büros kommen mindestens zweimal jährlich zusammen, um die Qualität der Zusammenarbeit zwischen ihren Diensten zu bewerten, um die im Falle von Schwierigkeiten erforderlichen technischen oder organisatorischen Maßnahmen zu besprechen und gegebenenfalls Verfahren zu klären.

1.4.3.   Sicherheit

Nach Artikel 10 Absatz 2 der SIS-II-Rechtsakte treffen die Mitgliedstaaten für den Austausch von Zusatzinformationen Sicherheitsmaßnahmen, die den in Absatz 1 für das N.SIS II vorgesehenen Maßnahmen entsprechen.

Die in Band 2 des „EU-Schengen-Katalogs: Schengener Informationssystem, SIRENE“ festgelegten Empfehlungen und optimalen Verfahren sollten so weit wie möglich in der Praxis angewandt werden.

Für ernste Notsituationen sollte das SIRENE-Büro über einen Back-up-Computer und ein Back-up-Datenbanksystem an einem anderen Ort verfügen.

Zum Schutz der SIRENE-Bürogebäude sind materielle und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Für die Gebäude sind nach Maßgabe der SIS-II-Rechtsakte geeignete Sicherheitsvorschriften zu erlassen. Diese spezifischen Vorschriften können voneinander abweichen, da sie an die Gefährdungen im unmittelbaren Umfeld und den jeweiligen Standort des SIRENE-Büros angepasst sein müssen. Sie können daher folgende Bestimmungen umfassen (die Liste ist nicht erschöpfend):

Sicherheitsglas in den Außenfenstern,

gesicherte und verschlossene Türen,

Stein- bzw. Betonwände rund um das SIRENE-Büro,

Einbruchalarm einschließlich der Erfassung von Personen beim Zugang und Verlassen des Gebäudes und von außergewöhnlichen Vorfällen,

Wachpersonal vor Ort oder schnell verfügbar,

Feuerlöschsystem und/oder direkte Verbindung zur Feuerwehr,

getrennte Räumlichkeiten, um zu vermeiden, dass Personal, das nicht an Maßnahmen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit beteiligt ist oder keinen Zugang zu Unterlagen haben muss, die SIRENE-Büros betreten oder sie durchqueren muss,

eine ausreichende Reservestromversorgung.

Jeder Mitgliedstaat bestimmt, welche Maßnahmen er in Anwendung von Artikel 10 Absatz 2 der SIS-II-Rechtsakte jeweils ergreift. Die Mitgliedstaaten überwachen die Wirksamkeit dieser Sicherheitsmaßnahmen und treffen die organisatorischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der internen Überwachung, um die Einhaltung der SIS-II-Rechtsakte sicherzustellen.

1.4.4.   Geheimhaltung

Gemäß Artikel 11 der SIS-II-Rechtsakte unterliegt das gesamte SIRENE-Personal den innerstaatlichen Vorschriften über die berufliche Schweigepflicht bzw. einer vergleichbaren Geheimhaltungspflicht. Diese Pflicht besteht auch nach dem Ausscheiden dieser Personen aus dem Amt oder Dienstverhältnis.

1.4.5.   Zugang zu Informationen

Um die erforderlichen Zusatzinformationen liefern zu können, muss das SIRENE-Personal direkten oder indirekten Zugang zu allen im Land vorhandenen einschlägigen Informationen haben und Fachleute zu Rate ziehen können.

1.4.6.   Kommunikation

Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der SIS-II-Rechtsakte verwenden die SIRENE-Büros zur Kommunikation ein verschlüsseltes virtuelles Netz speziell für SIS-II-Daten und für den Austausch der Daten zwischen SIRENE-Büros. Nur wenn das Netz nicht verfügbar ist, darf ein geeignetes ebenso gut geschütztes anderes Kommunikationsmittel verwendet werden. Die Wahl des Kommunikationsmittels ist von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten und der jeweiligen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen zu treffen.

Es gibt zwei Arten schriftlicher Mitteilungen: Freitext und Standardformulare. Letztere sind als Anhang 3 beigefügt.

Damit das SIRENE-Personal möglichst gut mit dem Personal eines anderen SIRENE-Büros kommunizieren kann, ist eine Sprache zu verwenden, die beiden Seiten geläufig ist.

Das SIRENE-Büro beantwortet alle Auskunftsersuchen, die von einem anderen Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro eingereicht werden, so schnell wie möglich, spätestens aber zwölf Stunden nach Eingang der Anfrage.

Nach der Ausschreibungskategorie und der Bedeutung des Falles werden Prioritäten für die Tätigkeiten des Büros festgelegt.

Außerdem verwenden die SIRENE-Büros für den Austausch von Informationen eigens dafür eingerichtete gesicherte E-Mail-Verbindungen, soweit sie nicht die Formulare verwenden.

1.4.7.   Transliterationsregeln

Die Transliterationsregeln in Anhang 1 sind zu beachten.

1.4.8.   Datenqualität

Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der SIS-II-Rechtsakte koordinieren die SIRENE-Büros die Überprüfung der Qualität der in das SIS II eingegebenen Daten. Die Mitgliedstaaten übertragen den SIRENE-Büros die dazu notwendigen Befugnisse. Zu diesem Zweck ist ein angemessenes nationales Datenqualitätsaudit einschließlich einer Überprüfung der Trefferquote bei den Ausschreibungen und des Dateninhalts vorzusehen.

Die SIRENE-Büros müssen die erforderliche IT-Unterstützung und Rechte erhalten, um ihre Aufgabe als Koordinierungsstelle für die Datenqualitätsüberprüfung wahrnehmen zu können.

1.4.9.   Strukturen

Alle für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit verantwortlichen nationalen Behörden, einschließlich der SIRENE-Büros, sollten in eine Struktur eingebunden sein, so dass Kompetenzstreitigkeiten mit anderen nationalen Einrichtungen, die ähnliche Funktionen wahrnehmen, sowie unnötige Doppelarbeit vermieden werden.

1.4.10.   Archive

a)

Jeder Mitgliedstaat schafft die Voraussetzungen für die Speicherung von Informationen.

b)

Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats hält für die anderen Mitgliedstaaten sämtliche Informationen zu den von ihm eingegebenen Ausschreibungen zur Verfügung, darunter die Entscheidung, die der Ausschreibung zugrunde liegt.

c)

Die Informationen sind in jedem SIRENE-Büro so zu archivieren, dass ein schneller Zugriff möglich ist und die sehr knappen Fristen für die Informationsübermittlung eingehalten werden können.

d)

Die SIRENE-Büros speichern die bei einem Informationsaustausch erhaltenen personenbezogenen Daten nur so lange wie für den Zweck der Datenübermittlung erforderlich. In der Regel sind diese Informationen zu löschen, sobald die entsprechende Ausschreibung aus dem SIS II gelöscht ist, spätestens aber ein Jahr danach. Allerdings kann nach dem Recht eines Mitgliedstaats eine längere Speicherung von Daten zu der Ausschreibung dieses Mitgliedstaats oder zu einer Ausschreibung, in deren Zusammenhang Maßnahmen in seinem Hoheitsgebiet ergriffen wurden, erlaubt sein.

e)

Von anderen Mitgliedstaaten übermittelte Zusatzinformationen werden vom Empfänger-Mitgliedstaat nach Maßgabe innerstaatlicher Datenschutzbestimmungen gespeichert. Die einschlägigen Bestimmungen der SIS-II-Rechtsakte, die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (15) sowie das Übereinkommen SEV Nr. 108 des Europarates (16) sind dabei ebenfalls zu beachten.

f)

Der Zugang zu den Archiven ist zu kontrollieren und ist dazu befugten Personen vorzubehalten.

1.5.   Personal

1.5.1.   Kenntnisse

Das Personal der SIRENE-Büros muss möglichst viele Fremdsprachen abdecken können; das Dienst habende Personal muss mit allen SIRENE-Büros kommunizieren können.

Die Bediensteten müssen über Kenntnisse in folgenden Bereichen verfügen:

nationales, europäisches und internationales Recht,

ihre nationalen Strafverfolgungsbehörden und

nationale und europäische Justizsysteme und einwanderungsbehördliche Systeme.

Sie müssen die Befugnis haben, jeden neuen Fall selbstständig zu bearbeiten.

Bedienungspersonal, das außerhalb der normalen Öffnungszeiten des Büros Dienst hat, muss dieselben Fähigkeiten, Kenntnisse und Befugnisse haben. Außerdem ist ein Bereitschaftsdienst vorzusehen, damit jederzeit Experten konsultiert werden können.

Die SIRENE-Büros müssen routinemäßig und in Ausnahmefällen auf juristische Fachkenntnisse zurückgreifen können. Je nach Fall können SIRENE-Bedienstete mit einem entsprechenden juristischen Hintergrund oder Experten aus den Justizbehörden eine solche Unterstützung leisten.

1.5.2.   Personaleinstellung

Bei der Einstellung von Personal müssen die zuständigen nationalen Einstellungsbehörden auf die vorgenannten Fähigkeiten und Kenntnisse achten und Fortbildungskurse oder Seminare auf nationaler sowie europäischer Ebene organisieren.

Je mehr Erfahrung das Personal hat, desto besser ist es in der Lage, eigenverantwortlich und effizient zu arbeiten. Daher ist eine geringe Personalfluktuation wünschenswert. Dies setzt voraus, dass das Management dezentralisierte Arbeitsstrukturen uneingeschränkt unterstützt.

1.5.3.   Fortbildung

Nationale Ebene

Auf nationaler Ebene soll mit angemessenen Schulungen sichergestellt werden, dass die in diesem Handbuch festgelegten personellen Anforderungen erfüllt werden. Bevor ein Bediensteter die Berechtigung erhält, im SIS II gespeicherte Daten zu verarbeiten, muss er in Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes geschult und über alle einschlägigen Straftatbestände und Strafen informiert werden.

Europäische Ebene

Um die Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros zu verbessern, sind mindestens einmal jährlich gemeinsame Schulungen zu organisieren. Dabei treffen die SIRENE-Bediensteten ihre Kollegen aus den anderen SIRENE-Büros und tauschen Informationen über nationale Arbeitsmethoden aus. Dadurch werden die Kenntnisse in den Büros aneinander angeglichen und den Bediensteten wird vermittelt, wie wichtig ihre Tätigkeit ist und wie sehr es im Interesse der Sicherheit aller Mitgliedstaaten auf Solidarität ankommt.

1.5.4.   Austausch von Personal

Soweit möglich, sollten auch mindestens einmal im Jahr Mitarbeiter mit anderen SIRENE-Büros ausgetauscht werden. Ein solcher Austausch soll den Bediensteten Einblick in andere Arbeitsmethoden geben, ihnen zeigen, wie andere SIRENE-Büros organisiert sind, und ermöglichen, persönliche Kontakte mit Kollegen in anderen Mitgliedstaaten zu knüpfen.

1.6.   Technische Infrastruktur

Jedes SIRENE-Büro verfügt über ein computergestütztes Managementsystem, wodurch sich ein Großteil der Arbeitsabläufe automatisieren lässt.

1.6.1.   Datenaustausch zwischen SIRENE-Büros

Die technischen Spezifikationen für den Informationsaustausch zwischen SIRENE-Büros sind dem Dokument „Data exchange between SIRENE Bureaux“ zu entnehmen (17).

1.7.   Fortbildungsmaßnahmen in anderen Behörden

Die SIRENE-Büros sollten in die Ausarbeitung nationaler Vorgaben für die Schulung von Endbenutzern in Sachen Datenqualitätsgrundsätze und Praktiken sowie in Schulungen für das Personal von Behörden, die Ausschreibungen eingeben, einbezogen werden. Schwerpunkte solcher Schulungen sind die Datenqualität, Datenschutzanforderungen und die optimale Nutzung des SIS II.

2.   ALLGEMEINE VERFAHREN

Die nachstehenden Verfahren gelten für alle Ausschreibungskategorien. Verfahren speziell für einzelne Ausschreibungskategorien sind den einschlägigen Teilen dieses Handbuchs zu entnehmen.

2.1.   Begriffsbestimmungen

„Ausschreibender Mitgliedstaat“

Mitgliedstaat, der die Ausschreibung in das SIS II eingegeben hat

„Vollziehender Mitgliedstaat“

Mitgliedstaat, der nach einem Treffer die geeignete Maßnahme vollzieht

„Treffer“

Wenn ein Endbenutzer bei einer Abfrage des SIS II feststellt, dass die eingegebenen Daten mit den Daten einer Ausschreibung übereinstimmen und weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen

„Kennzeichnung“

Aussetzung einer Ausschreibung zwecks Verhaftung, einer Vermisstenausschreibung oder einer Ausschreibung zwecks Kontrolle, wenn ein Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass der Vollzug der in einer Ausschreibung vorgesehenen Maßnahme mit seinem innerstaatlichen Recht, mit völkerrechtlichen Verpflichtungen oder wesentlichen nationalen Interessen nicht vereinbar ist. Wird eine Kennzeichnung hinzugefügt, so wird die aufgrund der Ausschreibung verlangte Maßnahme im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats nicht vollzogen.

2.2.   Mehrfachausschreibungen (Artikel 34 Absatz 6 SIS-II-Verordnung und Artikel 49 Absatz 6 SIS-II-Beschluss)

Es kann vorkommen, dass verschiedene Länder eine Ausschreibung zur gleichen Person oder Sache eingeben. Dies darf nicht zur Verwirrung führen; Endbenutzer müssen genau wissen, was sie zu tun haben, wenn sie eine Ausschreibung eingeben wollen oder wenn ein Treffer erzielt wird. Daher sind Verfahren zur Auffindung bereits vorhandener Ausschreibungen zur gleichen Person oder Sache (Mehrfachausschreibungen) und eine Rangordnung dieser Ausschreibungen für die Eingabe in das SIS II festzulegen.

Folgende Maßnahmen sind zu ergreifen:

vor Eingabe einer Ausschreibung muss geprüft werden, ob dieselbe Person bzw. derselbe Gegenstand bereits im SIS II ausgeschrieben ist,

die anderen Mitgliedstaaten müssen konsultiert werden, wenn die Eingabe einer Ausschreibung zu Mehrfachausschreibungen führt, die nicht miteinander vereinbar sind.

2.2.1.   Vereinbarkeit von Ausschreibungen und Rangordnung

Für jede Person bzw. Sache darf nur eine Ausschreibung pro Mitgliedstaat in das SIS II eingegeben werden.

Soweit erforderlich, sind daher nach Möglichkeit die zweite und alle nachfolgenden Ausschreibungen zu derselben Person bzw. derselben Sache im jeweiligen Mitgliedstaat zur Verfügung zu halten, so dass sie eingegeben werden können, sobald die erste Ausschreibung erlischt oder gelöscht wird.

Mehrere Mitgliedstaaten dürfen eine Ausschreibung zu derselben Person oder Sache eingeben, wenn die Ausschreibungen miteinander vereinbar sind.

Ausschreibungen von Personen zwecks Übergabe- oder Auslieferungshaft (Art. 26 SIS-II-Beschluss) sind mit Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise (Art. 24 SIS-II-Beschluss), Vermisstenausschreibungen (Art. 32 SIS-II-Beschluss) und Ausschreibungen von Personen, die im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht werden (Art. 34 SIS-II-Beschluss), vereinbar. Sie sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zum Zweck der Kontrolle (Art. 36 SIS-II-Beschluss).

Ausschreibungen zwecks Einreiseverweigerung sind mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung vereinbar. Nicht vereinbar sind sie mit Vermisstenausschreibungen, Ausschreibungen zwecks Kontrolle oder Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren.

Ausschreibungen von Vermissten sind vereinbar mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren. Nicht vereinbar sind sie mit Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise und Ausschreibungen zwecks Kontrolle.

Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren sind vereinbar mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung und Ausschreibungen von Vermissten. Nicht vereinbar sind sie mit Ausschreibungen zwecks Kontrolle und Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise.

Ausschreibungen zwecks Kontrolle sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen von Personen zwecks Verhaftung, Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise, Vermisstenausschreibungen und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren.

Ausschreibungen zur „verdeckten Kontrolle“ sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur „gezielten Kontrolle“.

Verschiedene Kategorien von Sachfahndungsausschreibungen sind nicht miteinander vereinbar (siehe Vereinbarkeitstabelle unten).

Die Rangordnung von Personenfahndungsausschreibungen ist wie folgt:

Festnahme zum Zwecke der Übergabe oder Auslieferung (Artikel 26 SIS-II-Beschluss);

Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung im Schengen-Gebiet (Artikel 24 SIS-II-Verordnung);

Ingewahrsamnahme (Artikel 32 SIS-II-Beschluss);

gezielte Kontrolle (Artikel 36 SIS-II-Beschluss);

verdeckte Kontrolle (Artikel 36 SIS-II-Beschluss);

Mitteilung des Aufenthalts (Artikel 32 und 34 SIS-II-Beschluss).

Bei Sachfahndungsausschreibungen ist die Rangordnung wie folgt:

Beweissicherung (Artikel 38 SIS-II-Beschluss);

Sicherstellung (Artikel 38 SIS-II-Beschluss);

gezielte Kontrolle (Artikel 36 SIS-II-Beschluss);

verdeckte Kontrolle (Artikel 36 SIS-II-Beschluss).

Im Benehmen mit den Mitgliedstaaten kann wegen wesentlicher nationaler Belange von dieser Rangfolge abgewichen werden.

Tabelle: Vereinbarkeit von Personenfahndungsausschreibungen

Rangordnung

Ausschreibung von Personen zwecks Verhaftung

Ausschreibung zwecks Einreiseverweigerung

Vermisstenausschreibung (Schutz)

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Ausschreibung zur verdeckten Kontrolle

Vermisstenausschreibung (Aufenthaltsermittlung)

Ausschreibung von Personen im Hinblick auf ein Gerichtsverfahren

Ausschreibung von Personen zwecks Verhaftung

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung zwecks Einreiseverweigerung

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Vermisstenausschreibung (Schutz)

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Nein

Nein

Nein

Ja

Nein

Nein

Nein

Ausschreibung zur verdeckten Kontrolle

Nein

Nein

Nein

Nein

Ja

Nein

Nein

Vermisstenausschreibung (Aufenthaltsermittlung)

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung von Personen im Hinblick auf ein Gerichtsverfahren

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja


Tabelle: Vereinbarkeit von Sachfahndungsausschreibungen

Rangordnung

Ausschreibung zur Beweissicherung

Ausschreibung zur Sicherstellung

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Ausschreibung zur verdeckten Kontrolle

Ausschreibung zur Beweissicherung

Ja

Ja

Nein

Nein

Ausschreibung zur Sicherstellung

Ja

Ja

Nein

Nein

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Nein

Nein

Ja

Nein

Ausschreibung zur verdeckten Kontrolle

Nein

Nein

Nein

Ja

2.2.2.   Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen

Wenn der Verdacht auf Mehrfachausschreibungen besteht, ist sorgfältig zwischen Personen bzw. Sachen zu unterscheiden, die ähnliche Merkmale aufweisen. Wichtig ist, dass die SIRENE-Büros einander konsultieren und zusammenarbeiten. Jeder Mitgliedstaat muss angemessene technische Verfahren zur Auffindung bereits vorhandener Ausschreibungen zur gleichen Person oder Sache festlegen, bevor eine Eingabe getätigt wird.

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Stellt sich bei einem Ersuchen um Eingabe einer Ausschreibung heraus, dass im SIS II bereits eine Person bzw. ein Gegenstand ausgeschrieben ist, auf die dieselben Identifizierungsmerkmale zutreffen, wird vor der Eingabe der Ausschreibung eine genauere Überprüfung vorgenommen.

b)

Bei einer Personenfahndungsausschreibung ersucht das SIRENE-Büro gegebenenfalls den ausschreibenden Mitgliedstaat um Klärung der Frage, ob sich die Ausschreibung auf die gleiche Person bezieht (Formular E).

c)

Stellt sich bei der Überprüfung heraus, dass die Angaben identisch sind und sich auf dieselbe Person bzw. Sache beziehen könnten, leitet das SIRENE-Büro das Verfahren für die Eingabe einer Mehrfachausschreibung in die Wege. Stellt sich bei der Überprüfung heraus, dass sich die Angaben auf zwei verschiedene Personen bzw. Gegenstände beziehen, genehmigt das SIRENE-Büro das Ersuchen um Eingabe der Ausschreibung.

Folgende Identifizierungsmerkmale werden bei der Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen zu einer Person verglichen:

Familienname,

Vorname,

Geburtsdatum,

Geschlecht,

Nummer des Personalausweises,

Vor- und Familiennahme der Eltern,

Geburtsort,

Fingerabdrücke,

Lichtbilder.

Folgende Identifizierungsmerkmale werden bei der Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen zu einem Fahrzeug verglichen:

Fahrzeugidentifizierungsnummer (VIN),

Kennzeichen und Land der Eintragung,

Marke,

Typ.

Wenn sich bei der Eingabe einer Ausschreibung herausstellt, dass die VIN-Nummer und/oder das Kennzeichen bereits im SIS II enthalten ist/sind, ist davon auszugehen, dass Mehrfachausschreibungen zu demselben Fahrzeug vorliegen. Diese Überprüfungsmethode funktioniert allerdings nur, wenn die gleichen Beschreibungsmerkmale verwendet werden. Daher ist der Vergleich nicht immer möglich.

Das SIRENE-Büro weist den Benutzer im Mitgliedstaat auf die Probleme hin, die entstehen können, wenn nur eine der Nummern verglichen wird. Ein positives Ergebnis bedeutet nicht unbedingt einen Trefferfall und ein negatives bedeutet nicht, dass es keine Ausschreibung zu dem Fahrzeug gibt.

Bei anderen Gegenständen können Mehrfachausschreibungen am besten über die Pflichteingaben ermittelt werden, die vom System automatisch verglichen werden.

2.2.3.   Eingabe von Mehrfachausschreibungen

Ist ein Ausschreibungsersuchen mit einer Ausschreibung desselben Mitgliedstaats nicht vereinbar, stellt das nationale SIRENE-Büro nach dem innerstaatlichen Verfahren sicher, dass nur eine Ausschreibung im SIS II enthalten ist.

Stammen die Ausschreibungen von verschiedenen Mitgliedstaaten, ist folgendes Verfahren anzuwenden:

a)

Sind die Ausschreibungen vereinbar, so sind keine Konsultationen zwischen den SIRENE-Büros erforderlich.

b)

Sind die Ausschreibungen nicht vereinbar oder bestehen Zweifel an ihrer Vereinbarkeit, konsultieren die SIRENE-Büros einander mit dem Formular E, damit letztlich nur eine Ausschreibung eingegeben wird.

c)

Ausschreibungen zwecks Verhaftung werden unverzüglich eingegeben, ohne die Ergebnisse der Konsultation anderer Mitgliedstaaten abzuwarten.

d)

Wird einer Ausschreibung, die mit bereits bestehenden Ausschreibungen unvereinbar ist, nach Konsultation Vorrang eingeräumt, werden bei Eingabe der neuen Ausschreibung die vorherigen Ausschreibungen durch die Mitgliedstaaten, die diese eingegeben haben, gelöscht. Streitigkeiten werden von den Mitgliedstaaten über ihre SIRENE-Büros beigelegt. Kann auf der Grundlage der festgelegten Rangordnung keine Einigung erzielt werden, verbleibt die zuerst eingegebene Ausschreibung im SIS II.

e)

Mitgliedstaaten, die eine Ausschreibung nicht eingeben konnten, können sich vom CS-SIS benachrichtigen lassen, wenn die Ausschreibung gelöscht wurde.

f)

Das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der eine Ausschreibung nicht eingeben konnte, kann das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der die Ausschreibung eingegeben hatte, ersuchen, es über Treffer zu informieren.

2.3.   Informationsaustausch im Trefferfall

Ein Treffer bedeutet, dass ein Endbenutzer bei einer Abfrage des SIS II feststellt, dass die eingegebenen Angaben mit den Daten einer Ausschreibung übereinstimmen und weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Benötigt der Endbenutzer nach dem Treffer Zusatzinformationen, setzt sich das SIRENE-Büro so schnell wie möglich mit dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats in Verbindung und fordert die nötigen Informationen an. Gegebenenfalls vermitteln die SIRENE-Büros zwischen den nationalen Behörden. Sie geben Zusatzinformationen zur fraglichen Ausschreibung und tauschen solche Informationen aus.

Im Regelfall ist der ausschreibende Mitgliedstaat über den Trefferfall und dessen Ergebnis zu unterrichten.

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Unbeschadet des Abschnitts 2.4 dieses Handbuchs ist ein Treffer bei der Abfrage des Systems nach einer Person oder Sache im Prinzip mit dem Formular G dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats zu melden.

Dabei ist der einschlägige Artikel der SIS-II-Rechtsakte in der Rubrik 090 des Formulars anzugeben.

Gegebenenfalls übermittelt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats einschlägige Informationen und gibt an, welche besonderen Maßnahmen vom SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, das den Trefferfall festgestellt hat, zu ergreifen sind.

Bei einer zur Festnahme ausgeschriebenen Person unterrichtet das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, in dem der Abgleich ein positives Ergebnis erbrachte, gegebenenfalls das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats nach Absendung des Formulars G telefonisch von dem Trefferfall.

b)

Die SIRENE-Büros der ausschreibenden Mitgliedstaaten werden bei Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise nicht unbedingt systematisch über Trefferfälle informiert; dies kann aber in Ausnahmefällen geschehen. Ein Formular G kann in jedem Fall geschickt werden, beispielsweise wenn Zusatzinformationen erforderlich sind. Es ist grundsätzlich zu senden, wenn es um eine Person geht, die nach dem Gemeinschaftsrecht Freizügigkeit genießt.

2.3.1.   Übermittlung weiterer Informationen

Die Aufgaben, mit denen die SIRENE-Büros aufgrund innerstaatlicher Vorschriften zur Umsetzung anderer Rechtsvorschriften der Europäischen Union betraut sind, insbesondere aufgrund der Vorschriften zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates (18), sowie der Austausch von Informationen im Rahmen der Rechtshilfe bleiben durch den Austausch von Informationen nach Maßgabe der SIS-II-Rechtsakte unberührt.

2.4.   Unmöglichkeit der Durchführung der erbetenen Maßnahme im Trefferfall (Artikel 48 SIS-II-Beschluss und Artikel 33 SIS-II-Verordnung)

Gemäß Artikel 48 SIS-II-Beschluss und Artikel 33 SIS-II-Verordnung ist wie folgt vorzugehen:

a)

Wenn ein Mitgliedstaat nicht in der Lage ist, die in der Ausschreibung vorgesehene erbetene Maßnahme auszuführen, unterrichtet er den ausschreibenden Mitgliedstaat über das SIRENE-Büro unverzüglich darüber und gibt die Gründe in Formular H an.

b)

Die betroffenen Mitgliedstaaten einigen sich unter Beachtung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Bestimmungen der SIS-II-Rechtsakte gegebenenfalls auf die zu ergreifende Maßnahme.

2.5.   Verarbeitung der Informationen zu anderen Zwecken als jenen, zu denen die Ausschreibung in das SIS II eingegeben wurde (Artikel 46 Absatz 5 SIS-II-Beschluss)

Die in der SIS II gespeicherten Daten dürfen nur für die Zwecke verarbeitet werden, die für die jeweilige Ausschreibungskategorie festgelegt sind.

Mit vorheriger Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats können die Daten jedoch zu anderen Zwecken als jenen, zu denen sie eingegeben wurden, verarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr einer schwerwiegenden und unmittelbar bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder aus schwerwiegenden Gründen der Sicherheit des Staates oder zur Verhütung einer Straftat mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist.

Möchte ein Mitgliedstaat in der SIS II enthaltene Informationen zu anderen Zwecken als jenen, zu denen sie eingegeben wurden, verarbeiten, so gelten folgende Regeln für den Informationsaustausch:

a)

Der Mitgliedstaat, der die Informationen zu einem anderen Zweck verwenden möchte, unterrichtet den ausschreibenden Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro unter Verwendung des Formulars I von den Gründen für die zweckentfremdete Datenverarbeitung.

b)

Der ausschreibende Mitgliedstaat prüft so schnell wie möglich, ob er dem Ersuchen stattgeben kann, und teilt dem anderen Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro seine Entscheidung mit.

c)

Gegebenenfalls kann der ausschreibende Mitgliedstaat seine Zustimmung mit bestimmten Auflagen für die Nutzung der Daten erteilen.

Nach Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats verwendet der andere Mitgliedstaat die Daten ausschließlich zu dem von ihm angegebenen Zweck, für den die Zustimmung erteilt wurde. Er hat sich an die Auflagen des ausschreibenden Mitgliedstaats zu halten.

2.6.   Kennzeichnung (Artikel 24 und 25 SIS-II-Beschluss)

Auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats ist eine Kennzeichnung hinzuzufügen.

Nach Artikel 24 und 25 SIS-II-Beschluss kann ein Mitgliedstaat den Vollzug einer erbetenen Maßnahme in seinem Hoheitsgebiet jederzeit verweigern, indem er eine Ausschreibung zwecks Verhaftung (Artikel 26), eine Vermisstenausschreibung (Artikel 32) oder eine Ausschreibung zur verdeckten oder spezifischen Kontrolle (Artikel 36) kennzeichnen lässt, wenn er der Auffassung ist, dass die Durchführung der Ausschreibung mit seinem nationalen Recht, mit völkerrechtlichen Verpflichtungen oder wesentlichen nationalen Interessen nicht vereinbar ist. Dabei sind die Gründe für das Ersuchen anzugeben.

Ein alternatives Verfahren ist nur für Ausschreibungen zur Verhaftung vorgesehen. Die Mitgliedstaaten prüfen so schnell wie möglich, welche Ausschreibungen eine Kennzeichnung erfordern können.

Haben die in Artikel 24 Absatz 1 bzw. Artikel 25 SIS-II-Beschluss genannten Umstände keinen Bestand mehr, beantragt der Mitgliedstaat, der um die Kennzeichnung ersucht hat, so schnell wie möglich die Löschung der Kennzeichnung.

2.6.1.   Konsultation der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Kennzeichnung

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Benötigt ein Mitgliedstaat eine Kennzeichnung, so ersucht er den ausschreibenden Mitgliedstaat unter Verwendung von Formular F um die Kennzeichnung und gibt die Gründe hierfür an.

b)

Der ausschreibende Mitgliedstaat fügt diese Kennzeichnung umgehend ein.

c)

Nach Austausch der Informationen muss die Ausschreibung auf der Grundlage der Informationen, die der um Kennzeichnung ersuchende Mitgliedstaat im Konsultationsverfahren vorgelegt hat, gegebenenfalls unverzüglich geändert oder gelöscht werden bzw. das Ersuchen muss gegebenenfalls zurückgezogen werden.

2.6.2.   Bis 1.1.2009 gültige Klausel: Ersuchen um systematische Kennzeichnung bei der Ausschreibung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats

Folgende Vorgehensweise wurde vereinbart:

a)

Ein Mitgliedstaat kann das SIRENE-Büro des anderen Mitgliedstaats um systematische Kennzeichnung der Ausschreibungen eigener Staatsangehöriger zwecks Verhaftung ersuchen.

b)

Jeder Mitgliedstaat, der von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will, übermittelt ein schriftliches Ersuchen an den Mitgliedstaat, von dem er eine systematische Kennzeichnung wünscht.

c)

Jeder Mitgliedstaat, an den ein solches Ersuchen gerichtet wird, kennzeichnet die Ausschreibungen für den fraglichen Mitgliedstaat sofort nach der Eingabe.

d)

Dieses Verfahren gilt bis zur Aufhebung durch eine entsprechende schriftliche Anweisung.

2.7.   Unrechtmäßig gespeicherte oder unrichtige Daten (Artikel 34 SIS-II-Verordnung und Artikel 49 SIS-II-Beschluss)

Wird festgestellt, dass im SIS II gespeicherte Daten unrichtig sind oder unrechtmäßig gespeichert wurden, sind Zusatzinformationen nach Maßgabe des Artikels 34 Absatz 2 SIS-II-Verordnung und Artikel 49 Absatz 2 SIS-II-Beschluss auszutauschen, wobei nur der ausschreibende Mitgliedstaat Daten ändern, ergänzen, berichtigen, aktualisieren oder löschen kann.

Der Mitgliedstaat, der einen Fehler oder die Unrechtmäßigkeit der Datenspeicherung festgestellt hat, setzt den ausschreibenden Mitgliedstaat so rasch wie möglich, spätestens aber zehn Tage, nachdem er auf Anhaltspunkte für den Fehler aufmerksam geworden ist, über das SIRENE-Büro davon in Kenntnis. Für den Austausch der Informationen ist Formular J zu verwenden.

a)

Je nach Ergebnis der Konsultationen muss der ausschreibende Mitgliedstaat Daten gegebenenfalls löschen oder berichtigen, was nach den innerstaatlichen Verfahren zur Berichtigung der fraglichen Angaben erfolgt.

b)

Können sich die Mitgliedstaaten nicht binnen zwei Monaten einigen, so empfiehlt das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der den Fehler oder die Unrechtmäßigkeit der Datenspeicherung festgestellt hatte, der zuständigen Behörde seines Landes, den Fall dem Europäischen Datenschutzbeauftragten vorzulegen, der gemeinsam mit den zuständigen nationalen Kontrollinstanzen vermittelt.

Austausch von Informationen bei Bekanntwerden neuer Fakten

Wenn ein anderes SIRENE-Büro als das des ausschreibenden Mitgliedstaats auf neue Fakten im Zusammenhang mit einer Ausschreibung aufmerksam wird, teilt es diese Informationen unter Verwendung des Formulars J so bald wie möglich dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit, damit die Datenqualität und die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung gewährleistet werden. Das könnte beispielsweise erforderlich sein, wenn einem Drittstaatsangehörigen, der zur Verweigerung der Einreise oder des Aufenthalts ausgeschrieben ist, nach Eingabe der Ausschreibung das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft erteilt wird.

2.8.   Recht auf Auskunft und Berichtigung unrichtiger Daten (Artikel 41 SIS-II-Verordnung und Artikel 58 SIS-II-Beschluss) (19)

Für die Wahrnehmung des Rechts von Personen, über die gemäß den SIS-II-Rechtsakten zu ihrer Person in das SIS II gespeicherten Daten Auskunft zu erhalten, gilt das Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet das Auskunftsrecht beansprucht wird.

Der Betroffene wird so schnell wie möglich informiert, spätestens jedoch 60 Kalendertage nach Stellung seines Antrags auf Auskunft oder früher, wenn die nationalen Rechtsvorschriften dies vorsehen.

Ein Mitgliedstaat, der die Ausschreibung nicht eingegeben hat, darf Auskunft zu diesen Daten nur erteilen, wenn er vorher dem ausschreibenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

Jeder hat das Recht, auf seine Person bezogene sachlich unrichtige Daten berichtigen oder unrechtmäßig gespeicherte Daten zu seiner Person löschen zu lassen.

Der Betroffene wird so schnell wie möglich, spätestens jedoch drei Monate nach Stellung seines Antrags auf Berichtigung oder Löschung davon in Kenntnis gesetzt, welche Maßnahmen zur Wahrung dieses Rechts getroffen wurden. Er wird früher in Kenntnis gesetzt, wenn die nationalen Rechtsvorschriften dies vorsehen.

2.8.1.   Ersuchen um Auskunft oder Berichtigung von Daten

Unbeschadet innerstaatlicher Vorschriften findet der Informationsaustausch bei der Information der nationalen Behörden über ein Ersuchen um Auskunft oder Berichtigung der Daten nach den folgenden Regeln statt:

a)

Jedes SIRENE-Büro wendet die innerstaatlichen Vorschriften für das Recht auf Auskunft über personenbezogene Daten an. Je nach Umständen übermitteln die SIRENE-Büros nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften den zuständigen nationalen Behörden die ihnen übermittelten Ersuchen um Auskunft oder Berichtigung der Daten bzw. sie befinden über diese Ersuchen, soweit sie dazu befugt sind.

b)

Wenn sie durch die nationalen zuständigen Behörden darum gebeten werden, übermitteln die SIRENE-Büros der betroffenen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts Informationen über die Ausübung dieses Auskunftsrechts.

2.8.2.   Informationsaustausch über Ersuchen um Auskunft über Ausschreibungen anderer Mitgliedstaaten

Der Austausch von Informationen im Zusammenhang mit Ersuchen um Auskunft über eine Ausschreibung, die von einem anderen Mitgliedstaat in das SIS II eingegeben wurde, erfolgt nach Möglichkeit über die nationalen SIRENE-Büros unter Verwendung des Formulars K.

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Das Ersuchen um Auskunft wird dem ausschreibenden Mitgliedstaat unverzüglich zugeschickt, damit dieser dazu Stellung nehmen kann.

b)

Der ausschreibende Mitgliedstaat übermittelt dem Mitgliedstaat, an den das Ersuchen gerichtet wurde, seinen Standpunkt.

c)

Dabei wird den Fristen Rechnung getragen, die der Mitgliedstaat, an den das Ersuchen gerichtet wurde, für die Bearbeitung des Ersuchens festgelegt hat.

Wenn der ausschreibende Mitgliedstaat dem SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, an den das Ersuchen gerichtet wurde, seinen Standpunkt übermittelt hat, befindet das SIRENE-Büro nach innerstaatlichen Vorschriften und nach Maßgabe seiner Befugnisse über das Ersuchen oder leitet es den Standpunkt so schnell wie möglich an die entscheidungsbefugte Behörde weiter.

2.8.3.   Informationsaustausch bei Anträgen auf Berichtigung oder Löschung von Daten, die von anderen Mitgliedstaaten eingegeben wurden

Die von einer Person beantragte Berichtigung oder Löschung von Daten kann nur von dem ausschreibenden Mitgliedstaat vorgenommen werden. Richtet die Person ihr Gesuch an einen anderen Mitgliedstaat als den ausschreibenden, so teilt das SIRENE-Büro des ersuchten Mitgliedstaats der Person mit, dass sie sich an den ausschreibenden Mitgliedstaat wenden muss, und gibt die Kontaktadresse der zuständigen Behörde des ausschreibenden Mitgliedstaats an.

2.9.   Löschung, wenn die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Ausschreibung nicht mehr gegeben sind

Ausschreibungen dürfen nur so lange im SIS II gespeichert werden, bis der Zweck der Ausschreibung erfüllt ist.

Abgesehen von den Trefferfällen wird eine Ausschreibung entweder automatisch über das C-SIS (wenn die Frist abgelaufen ist) oder direkt von der Behörde gelöscht, die die Ausschreibung in das SIS II eingegeben hat (wenn die Voraussetzungen für die Ausschreibung nicht mehr gegeben sind).

In beiden Fällen wird die Löschmeldung des C-SIS von den N.SIS II automatisch verarbeitet.

Die Mitgliedstaaten können sich automatisch über die Löschung einer Ausschreibung eines anderen Mitgliedstaats benachrichtigen lassen.

2.10.   Eingabe von Eigennamen

Soweit es die einzelstaatlichen Vorschriften für die Eingabe von Daten zulassen, werden Eigennamen (Vornamen und Familiennamen) in einer Form (Schrift und Orthografie) in das SIS II eingegeben, die der in den amtlichen Ausweisdokumenten verwendeten Form möglichst gleicht. Die Mitgliedstaaten verwenden für Eingaben in das SIS II im Allgemeinen das lateinische Alphabet, wobei die Transliterations- und Transkriptionsregeln des Anhangs 1 zu verwenden sind.

2.11.   Identitätskategorien

Bestätigte Identität (nachgewiesene Identität)

Bestätigte Identität (nachgewiesene Identität) bedeutet, dass die Identität anhand von Ausweispapieren, Pässen oder durch eine Erklärung der zuständigen Behörden bestätigt wurde.

Nicht bestätigte Identität

Eine nicht bestätigte Identität bedeutet, dass keine hinreichenden Nachweise für die Identität vorliegen.

Missbräuchlich verwendete Identität

Von missbräuchlich verwendeter Identität (Nachname, Vorname, Geburtsdatum) spricht man, wenn eine Person die Identität einer anderen echten Person benutzt. So kann beispielsweise ein Dokument zum Nachteil des echten Besitzers verwendet werden.

Aliasname

Von Aliasname spricht man, wenn eine Person eine fingierte Identität verwendet.

2.11.1.   Missbräuchlich verwendete Identität (Artikel 36 SIS-II-Verordnung und Artikel 51 SIS-II-Beschluss)

Sobald feststeht, dass die Identität einer Person missbräuchlich verwendet wurde, werden mit der Zustimmung dieser Person ergänzende Daten in das SIS II eingegeben, um negativen Auswirkungen einer falschen Identifizierung vorzubeugen. Die Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wurde, kann der zuständigen Behörde nach innerstaatlichen Verfahren die in Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Verordnung und Artikel 51 Absatz 3 SIS-II-Beschluss aufgeführten Daten übermitteln. Personen, deren Identität missbräuchlich verwendet wurde, haben das Recht, ihre Zustimmung zur Verarbeitung der Informationen zurückzuziehen.

Stellt ein Mitgliedstaat fest, dass bei der von einem anderen Mitgliedstaat eingegebenen Ausschreibung einer Person ein Identitätsmissbrauch vorliegt, so setzt er das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats unter Verwendung des Formulars Q davon in Kenntnis, damit die Daten in der SIS-II-Ausschreibung ergänzt werden können.

Die Daten der Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wurde, dürfen nur herangezogen werden, um die Identität der überprüften Person festzustellen; sie dürfen keinesfalls zu einem anderen Zweck verwendet werden. Informationen über die missbräuchlich verwendete Identität sind gleichzeitig mit der Ausschreibung oder früher zu löschen, wenn die betroffene Person das beantragt.

In Anbetracht des Zwecks der Eingabe von Daten dieser Art sollten der Ausschreibung auch Lichtbilder und Fingerabdrücke der Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wurde, hinzugefügt werden. Auf dem Formular Q bezieht sich nur die Schengen-Nummer auf die Person, nach der mit der Ausschreibung im SIS II gefahndet wird. Rubrik 052 (Datum der Ausstellung) muss ausgefüllt werden.

Wenn festgestellt wird, dass eine im SIS II ausgeschriebene Person die Identität einer anderen Person missbräuchlich verwendet, prüft der ausschreibende Mitgliedstaat, ob die missbräuchlich verwendete Identität in der SIS-II-Ausschreibung beibehalten werden muss (um die gesuchte Person finden zu können).

2.11.2.   Eingabe eines Aliasnamens

Um die Datenqualität zu gewährleisten, informieren die Mitgliedstaaten einander soweit möglich über Aliasnamen und tauschen sämtliche einschlägigen Informationen über die tatsächliche Identität der gesuchten Person aus.

Der ausschreibende Mitgliedstaat ist für die Eingabe von Aliasnamen zuständig. Stößt ein anderer Mitgliedstaat auf einen Aliasnamen, so informiert er den Mitgliedstaat, der die Ausschreibung eingegeben hat.

Bei einer Ausschreibung zwecks Verhaftung kann der Mitgliedstaat, der einen Aliasnamen ergänzt, alle anderen Mitgliedstaaten unter Verwendung des Formulars M darüber informieren.

2.11.3.   Weitere Informationen zur Feststellung der Identität einer Person

Reichen die Informationen im SIS II zur Feststellung der Identität einer Person nicht aus, können nach Konsultation, auf eigene Initiative oder auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats vom SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats weitere Informationen übermittelt werden. Hierzu wird Formular L verwendet. Bei diesen Informationen handelt es sich insbesondere um folgende Angaben:

Herkunft des Passes oder Ausweises, über den die gesuchte Person verfügt,

Nummer, Ausstellungsdatum und -ort, ausstellende Behörde sowie Gültigkeitsdauer des Passes oder Ausweises,

Beschreibung der gesuchten Person,

Name und Vorname des Vaters und der Mutter,

letzte bekannte Adresse.

Die SIRENE-Büros halten diese Informationen nach Möglichkeit zur Verfügung oder stellen sicher, dass sie jederzeit sofort Zugriff darauf haben, so dass sie schnell weitergeleitet werden können.

Das gemeinsame Ziel muss darin bestehen, das Risiko möglichst gering zu halten, dass eine Person, deren Personalien denen der ausgeschriebenen Person ähnlich sind, fälschlicherweise festgehalten wird.

2.12.   Informationsaustausch bei verknüpften Ausschreibungen

Nach Artikel 37 SIS-II-Verordnung und Artikel 52 SIS-II-Beschluss können Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres nationalen Rechts Verknüpfungen zwischen Ausschreibungen herstellen, um die Verbindung zwischen im SIS II ausgeschriebenen Personen und Sachen deutlich zu machen. Solche Verknüpfungen sind allerdings nur zulässig, wenn hierfür eine eindeutige operationelle Notwendigkeit besteht.

2.12.1.   Technische Vorschriften

Durch eine solche Verknüpfung werden zwei oder mehr Ausschreibungen miteinander in Verbindung gebracht.

Eine Verknüpfung von Ausschreibungen im SIS II kann nur von dem ausschreibenden Mitgliedstaat hergestellt werden, und nur der Mitgliedstaat, der die Verknüpfung hergestellt hat, kann diese ändern oder aufheben. Verknüpfungen sind nur erkennbar, wenn der betreffende Benutzer auf mindestens zwei der verknüpften Ausschreibungen Zugriff hat. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass nur der berechtigte Zugriff auf die Verknüpfungen möglich ist.

2.12.2.   Operationelle Regeln

Bei Verknüpfungen zwischen Ausschreibungen sind keine besonderen Verfahren für den Austausch von Zusatzinformationen zu beachten. Zu befolgen sind jedoch folgende Grundsätze:

Bezieht sich ein Treffer auf zwei oder mehrere verknüpfte Ausschreibungen, so übermittelt das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats für jede dieser Ausschreibungen ein Formular G.

Zu einer Ausschreibung, die zwar mit der Ausschreibung, zu der ein Treffer erzielt wurde, verknüpft ist, auf die sich der Treffer aber nicht bezieht, wird kein Formular übermittelt. Dies gilt nicht, wenn mit der verknüpften Ausschreibung, zu der der Abgleich kein positives Ergebnis erbrachte, nach einer festzunehmenden oder vermissten Person (Schutz) gefahndet wird. In diesem Fall wird mit dem Formular M mitgeteilt, dass eine verknüpfte Ausschreibung vorhanden ist.

2.13.   SIRPIT (SIRENE PIcture Transfer) sowie Format und Qualität der biometrischen Daten im SIS II

Fingerabdrücke und Lichtbilder sind, soweit vorhanden, in der SIS-II-Ausschreibung hinzuzufügen.

Die SIRENE-Büros müssen Fingerabdrücke und Lichtbilder zur Ergänzung der Ausschreibung austauschen können. Wenn ein Mitgliedstaat im Besitz des Lichtbildes oder der Fingerabdrücke einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgeschriebenen Person ist, kann er diese über SIRPIT übermitteln, so dass der ausschreibende Mitgliedstaat diese in der Ausschreibung ergänzen kann.

Dies lässt den Austausch im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates unberührt.

2.13.1.   Weiterverwendung der ausgetauschten Daten, einschließlich Archivierung

Jede weitere Verwendung von Lichtbildern und Fingerabdrücken, die über SIRPIT ausgetauscht werden, einschließlich der Archivierung, muss mit den SIS-II-Rechtsakten, der Richtlinie 95/46/EG, dem Übereinkommen 108 des Europarates sowie den einschlägigen Vorschriften der betreffenden Mitgliedstaaten in Einklang stehen.

2.13.2.   Technische Anforderungen

Die Einzelheiten der Erfassung und Übermittlung der Fingerabdrücke und Lichtbilder sind in den Durchführungsvorschriften für die Eingabe biometrischer Daten in das SIS II festgelegt.

Jedes SIRENE-Büro muss die technischen SIRPIT-Anforderungen erfüllen.

Fingerabdrücke und Lichtbilder müssen als Anlage über einen Eingabeschirm versendet werden, der speziell für SIRPIT konzipiert wurde.

2.13.3.   Verwendung des Formulars L

Die Übermittlung über SIRPIT ist mit dem Formular L durch die üblichen Kanäle für die Übermittlung von SIRENE-Formulare anzukündigen. Das Formular L wird zeitgleich mit Fingerabdrücken und/oder Lichtbildern versendet.

2.13.4.   SIRPIT-Verfahren

Das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, das im Besitz von Fingerabdrücken oder Lichtbildern der von einem anderen Mitgliedstaat ausgeschriebenen Person ist, wird als das „bereitstellende SIRENE-Büro“ bezeichnet.

Das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der die Ausschreibung in das SIS II eingegeben hat, wird als „SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats“ bezeichnet.

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Das bereitstellende SIRENE-Büro verschickt auf dem üblichen elektronischen Weg ein Formular L und vermerkt in Feld 083 des Formulars, dass die Fingerabdrücke und Lichtbilder zur Ergänzung der Ausschreibung im SIS II übermittelt werden.

b)

Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats fügt die Fingerabdrücke oder Lichtbilder zur Ausschreibung im SIS II hinzu oder schickt diese an die zuständige Behörde, die sie hinzufügt.

2.13.4.1.   Eingabeschirm

Die Eingabemaske enthält folgende Felder:

1.

Schengen-ID-Nummer (*) (1)

2.

Kennnummer (*) (1)

3.

Datum der Abnahme der Fingerabdrücke

4.

Ort der Abnahme der Fingerabdrücke

5.

Datum der Lichtbildaufnahme

6.

Grund der Abnahme der Fingerabdrücke

7.

Familienname (*) (2)

8.

Vorname (*) (2)

9.

Geburtsname

10.

Identität nachgewiesen?

11.

Geburtsdatum (*)

12.

Geburtsort

13.

Staatsangehörigkeit

14.

Geschlecht (*)

15.

Weitere Angaben

Bemerkungen:

(*)

Pflichtangabe

(1)

Eintrag entweder in Feld 1 oder in Feld 2.

(2)

Es kann die Option „unbekannt“ eingegeben werden.

Soweit bekannt, sind Ort und Datum der Abnahme der Fingerabdrücke einzugeben.

2.13.5.   Format und Qualität der biometrischen Daten

Alle in das System eingegebenen biometrischen Daten werden einer speziellen Qualitätsprüfung unterzogen, um Mindestqualitätsstandards zu garantieren, die für alle SIS-II-Benutzer gelten.

Vor der Eingabe werden auf nationaler Ebene Kontrollen durchgeführt, um sicherzustellen, dass

die Fingerabdruckdaten dem ANSI/NIST-ITL 1-2000-Format entsprechen, das von Interpol verwendet und für SIRPIT angepasst wurde;

Lichtbilder, die ausschließlich zur Bestätigung der Identität einer Person herangezogen werden, deren Aufenthaltsort durch eine alphanumerische Abfrage im SIS II ermittelt wurde, folgenden Anforderungen entsprechen: Frontalaufnahme des Gesichts möglichst mit einem Seitenverhältnis von 3:4 oder 4:5. Soweit möglich sollte das Bild eine Auflösung von mindestens 480 × 600 Pixel und eine Farbtiefe von 24 Bit haben. Wenn das Bild eingescannt wurde, sollte die Bildgröße rund 200 kByte möglichst nicht überschreiten.

2.14.   Kompetenzüberschneidungen von Interpol und SIRENE (20)

Das SIS II soll Interpol weder ersetzen noch soll eine Parallelstruktur gebildet werden. Zwar überschneiden sich einige Aufgaben, doch unterscheiden sich die Grundsätze für das Tätigwerden und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen von Schengen deutlich von denen bei Interpol. Daher sind Regeln für die Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB (Interpol-Zentralstellen) auf nationaler Ebene festzulegen.

Folgende Grundsätze gelten:

2.14.1.   Vorrang von SIS-II-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen

Ausschreibungen von Mitgliedstaaten im SIS II und der diesbezügliche Informationsaustausch haben immer Vorrang vor Ausschreibungen und dem Informationsaustausch über Interpol. Dies kommt besonders bei widersprüchlichen Ausschreibungen zum Tragen.

2.14.2.   Wahl des Kommunikationskanals

Der Grundsatz, dass Schengen-Ausschreibungen Vorrang vor Interpol-Ausschreibungen von Mitgliedstaaten haben, ist zu befolgen, und es ist sicherzustellen, dass die NZB der Mitgliedstaaten sich ebenfalls daran halten. Wurde die Ausschreibung in das SIS II eingegeben, läuft die gesamte Kommunikation im Zusammenhang mit dieser Ausschreibung, dem Eingabezweck und dem Vollzug der zu ergreifenden Maßnahme über SIRENE-Büros. Möchte ein Mitgliedstaat die Kommunikationskanäle wechseln, sind die anderen Parteien vorab zu konsultieren. Eine solche Änderung des Kanals ist nur in Sonderfällen möglich.

2.14.3.   Nutzung und Verbreitung von Interpol-Ausschreibungen in Schengen-Staaten

Angesichts des Vorrangs von SIS-II-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen sind Interpol-Ausschreibungen auf Ausnahmefälle zu beschränken (d. h. auf die Fälle, in denen im Durchführungsübereinkommen die Eingabe einer Ausschreibung in das SIS II nicht vorgesehen ist oder die Eingabe technisch nicht möglich ist oder in denen nicht alle für eine SIS-II-Ausschreibung erforderlichen Informationen vorliegen). Die gleichzeitige Ausschreibung einer Person oder Sache im SIS II und bei Interpol ist im Schengen-Raum möglichst zu vermeiden. Über den Interpol-Kanal verbreitete Ausschreibungen, die den gesamten Schengen-Raum oder einen Teil davon betreffen, müssen den folgenden Vermerk enthalten: „ausgenommen die Schengen-Staaten“.

2.14.4.   Treffer und Löschung einer Ausschreibung

Damit die SIRENE-Büros ihre Aufgabe der Koordinierung der Datenqualitätsüberprüfung im SIS II wahrnehmen können, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die SIRENE-Büros und die NZB einander über Treffer und die Löschung von Ausschreibungen informieren.

2.14.5.   Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB von Interpol

Jeder Mitgliedstaat ergreift geeignete innerstaatliche Maßnahmen, um auf nationaler Ebene einen effektiven Informationsaustausch zwischen seinem SIRENE-Büro und den NZB sicherzustellen.

2.14.6.   Übermittlung von Informationen an Drittstaaten

a)

Im SIS II verarbeitete Daten

Nach Artikel 39 SIS-II-Verordnung und Artikel 54 SIS-II-Beschluss dürfen Daten, die im SIS II gemäß diesen Rechtsakten verarbeitet werden, Drittstaaten oder internationalen Organisationen nicht übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden. Artikel 55 SIS-II-Beschluss sieht unter bestimmten Bedingungen eine Ausnahmeregelung für den Datenaustausch mit Interpol über gestohlene, unterschlagene, abhanden gekommene oder ungültig gemachte Pässe vor.

b)

Zusatzinformationen

Gemäß dem „Grundsatz des Eigentums an den Daten“ des Artikels 4 Absatz 2 der SIS-II-Rechtsakte werden Zusatzinformationen durch den Mitgliedstaat, der „Eigentümer“ der Daten ist, an Drittstaaten übermittelt. Wird ein SIRENE-Büro eines anderen als dem ausschreibenden Mitgliedstaats um Zusatzinformationen zu einer bestimmten Ausschreibung ersucht, so informiert das Büro den ausschreibenden Mitgliedstaat über das Ersuchen um Zusatzinformationen, so dass dieser aufgrund der geltenden Vorschriften, einschließlich der Datenschutzvorschriften, über eine Datenübermittlung entscheiden kann. Die Nutzung des Interpol-Kanals erfolgt nach den nationalen Bestimmungen und Verfahren.

2.15.   Verhältnis von SIRENE zu Europol

Europol kann nach Artikel 26, 36 und 38 SIS-II-Beschluss Auskunft über die in das SIS II eingegebenen Daten einholen und diese unmittelbar abfragen. Europol kann nach Maßgabe des Europol-Übereinkommens den betreffenden Mitgliedstaat um weitere Informationen ersuchen. Nach einzelstaatlichem Recht ist eine Zusammenarbeit mit der nationalen Europol-Stelle (ENU) aufzubauen, so dass das SIRENE-Büro stets über den Austausch von Zusatzinformationen zu Ausschreibungen im SIS II zwischen Europol und der ENU informiert ist. Geht ein Informationsaustausch auf nationaler Ebene zu einer SIS-II-Ausschreibung von der ENU aus, muss dies den Endbenutzern klar sein.

2.16.   Verhältnis von SIRENE zu Eurojust

Die nationalen Mitglieder von Eurojust und ihre Assistenten können nach Artikel 26, 32, 34 und 38 SIS-II-Beschluss Auskunft über die in das SIS II eingegebenen Daten einholen und diese unmittelbar abfragen. Nach einzelstaatlichem Recht ist eine Zusammenarbeit mit ihnen aufzubauen, damit ein reibungsloser Informationsaustausch im Trefferfall sichergestellt werden kann. Das SIRENE-Büro dient insbesondere als Kontaktstelle für nationale Mitglieder von Eurojust und ihre Assistenten für die Einholung von Zusatzinformationen zu Ausschreibungen im SIS II.

2.17.   Besondere Fahndungsarten

2.17.1.   Örtlich begrenzte Fahndung

Von einer örtlich begrenzten Fahndung spricht man, wenn eine Suche durchgeführt wird und ein Mitgliedstaat konkrete Anhaltspunkte über den Aufenthaltsort einer gesuchten Person oder den Verbleib einer Sache in einem bestimmten Raum hat. Unter solchen Umständen kann einem Ersuchen der Justizbehörde unmittelbar nach dessen Eingang entsprochen werden.

Örtlich begrenzte Fahndungen im Schengen-Raum werden auf der Grundlage einer Ausschreibung im SIS II durchgeführt. Ist der Aufenthaltsort einer mit Haftbefehl gesuchten Person bekannt, so sind Angaben darüber in Feld 061 von Formular A zu machen. In allen anderen Fällen, darunter auch zur Meldung des Verbleibs gesuchter Sachen, ist das Formular M (Feld 83) zu verwenden. Eine Personenfahndungsausschreibung wird in das SIS II eingegeben, damit umgehend auf ein Ersuchen um das sofortige Ergreifen der erforderlichen Maßnahme reagiert werden kann (Artikel 64 des Schengen-Übereinkommens, Artikel 9 Absatz 3 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl).

Eine Ausschreibung im SIS II erhöht die Chancen auf einen Fahndungserfolg, wenn es innerhalb des Schengener Raums zu einem unerwarteten Ortswechsel der Person oder der Sache kommt; der Verzicht auf die Eingabe der gesuchten Person oder der Sache in das SIS II ist daher nur unter besonderen Umständen möglich (z. B. im Fall von Artikel 23 Absatz 1 SIS-II-Verordnung und SIS-II-Beschluss, wenn nicht genügend Informationen vorliegen, um eine Ausschreibung zu erstellen).

3.   AUSSCHREIBUNGEN VON PERSONEN ZUM ZWECKE DER ÜBERGABE- ODER AUSLIEFERUNGSHAFT (ARTIKEL 26 SIS-II-BESCHLUSS)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

missbräuchlich verwendete Identität,

Eingabe eines Aliasnamens,

Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten,

Kennzeichnung,

Tätigwerden des SIRENE-Büros bei Erhalt der Ausschreibung einer Person zwecks Verhaftung,

Informationsaustausch im Trefferfall.

3.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Bei den meisten Ausschreibungen einer Person zwecks Verhaftung wird gleichzeitig ein Europäischer Haftbefehl (European Arrest Warrant — EAW) ausgestellt. Bei einer Ausschreibung mit Haftbefehl ist jedoch auch eine vorläufige Festnahme bis zum Erhalt eines Auslieferungsersuchens (Extradition Request — ER) möglich.

Der Europäische Haftbefehl/das Auslieferungsersuchen muss von einer dazu befugten Justizbehörde des ausschreibenden Mitgliedstaats ausgestellt sein.

Bei der Ausschreibung einer Person, nach der zum Zwecke der Übergabehaft gefahndet wird, wird im SIS II eine Kopie des EAW als Anlage beigefügt. Übersetzungen des EAW in einer oder mehreren Amtssprachen der EU können ebenfalls eingegeben werden.

Darüber hinaus werden Lichtbilder und Fingerabdrücke der gesuchten Person eingegeben, wenn vorhanden.

Die einschlägigen Informationen, darunter der Europäische Haftbefehl und das Auslieferungsersuchen, zur Person, die zwecks Übergabe- oder Auslieferungshaft gesucht wird, müssen dem SIRENE-Büro bei Eingabe der Ausschreibung zur Verfügung stehen. Es ist zu prüfen, ob die Informationen vollständig sind und den formalen Anforderungen entsprechen.

Die Mitgliedstaaten können mehr als einen Europäischen Haftbefehl pro Ausschreibung eingeben. Die Mitgliedstaaten sind für die Löschung eines Haftbefehls zuständig, wenn dieser ungültig geworden ist. Sie müssen außerdem prüfen, ob der Ausschreibung andere Europäische Haftbefehle beigefügt sind und müssen die Ausschreibung gegebenenfalls verlängern.

Ausschreibungen zwecks Verhaftung können für jeden Europäischen Haftbefehl eine Binärdatei enthalten. Die Mitgliedstaaten können allen Europäischen Haftbefehlen, die sie einer Ausschreibung zwecks Verhaftung hinzufügen, gegebenenfalls in getrennten Binärdateien Übersetzungen beifügen.

Für eingescannte PDF-Dokumente, die einer Ausschreibung beigefügt sind, ist eine Auflösung von mindestens 150 dpi zu verwenden.

3.2.   Mehrfachausschreibungen

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.2 beschrieben.

Zusätzlich gelten folgende Regeln:

Mehrere Mitgliedstaaten können eine Ausschreibung zwecks Verhaftung zu derselben Person eingeben. Wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten die gleiche Person zur Festnahme ausschreiben, entscheidet die vollstreckende Justizbehörde des Mitgliedstaats, in dem die Festnahme erfolgt, darüber, welcher Haftbefehl bei einer Festnahme vollstreckt wird.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen von Personen zwecks Verhaftung

Ausschreibungen zwecks Verhaftung sind vereinbar mit Ausschreibungen zwecks Einreiseverweigerung, Vermisstenausschreibungen und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren. Sie sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur Kontrolle.

Ausschreibungen zwecks Verhaftung werden unverzüglich eingegeben, ohne die Ergebnisse der Konsultation anderer Mitgliedstaaten abzuwarten.

3.3.   Missbräuchlich verwendete Identität

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.1.

3.4.   Eingabe eines Aliasnamens

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.2.

3.5.   Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten

Zusatzinformationen zu einer Ausschreibung sind bei der Eingabe allen Mitgliedstaaten zuzuschicken.

Die in den Abschnitten 3.5.1 und 3.5.2 genannten Informationen sind über den schnellsten Kommunikationskanal an die anderen SIRENE-Büros zu versenden. Alle weiteren Informationen, die zu Identifizierungszwecken erforderlich sind, werden nach einer Konsultation und/oder auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats übermittelt.

Liegen mehrere Europäische Haftbefehle oder Auslieferungsersuchen zu einer Person vor, sind für jeden Haftbefehl bzw. für jedes Auslieferungsersuchen getrennte A-Formulare auszufüllen.

In dem Europäischen Haftbefehl bzw. Auslieferungsersuchen sowie im Formular A müssen genaue Angaben enthalten sein (insbesondere EAW-Abschnitt e: „Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat(en) begangen wurde(n), einschließlich Tatzeit und -ort“ und Formular A, Feld 044: „Beschreibung des Sachverhalts“), damit andere SIRENE-Büros die Ausschreibung überprüfen können. Es dürfen jedoch nur die Informationen ausgetauscht werden, die erforderlich sind.

3.5.1.   Übermittlung von Zusatzinformationen zu einem Europäischen Haftbefehl

Das Formular A muss mindestens die Informationen des Europäischen Haftbefehls enthalten. In Feld 044 ist der Sachverhalt kurz zusammenzufassen.

Angaben im Formular A:

239: angeben, dass sich das Formular nur auf einen Europäischen Haftbefehl bezieht;

272: laufende Nummer des Europäischen Haftbefehls eingeben, um zwischen verschiedenen Haftbefehlen für die gleiche Person unterscheiden zu können;

006-013, 266, 275, 237-238 und 050-061: die einschlägigen Informationen, die im SIS II enthalten sind und Abschnitt a des EAW entsprechen;

030-033 und 251-259: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt i;

240-241 und 035-037: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt b;

034, 038, 039: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt c;

243-244: die Informationen aus dem EAW-Abschnitt d; wenn kein Abwesenheitsurteil ergangen ist, sind die Felder frei zu lassen. In Feld 244 kann eine einfache Beschreibung eingetragen werden. Auf eine Wiedergabe des genauen Wortlauts der Rechtsvorschrift ist zu verzichten;

245, 247, 040-045 und 047: die Informationen aus dem EAW-Abschnitt e;

267: die Informationen aus dem EAW-Abschnitt f; auf eine Wiedergabe des genauen Wortlauts der einschlägigen Rechtsvorschriften ist zu verzichten;

249: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt g; wird nicht um Sicherstellung ersucht, ist das Feld frei zu lassen;

250: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt g; soweit bekannt, ist auch der Verbleib der Sache anzugeben;

268: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt h;

260-264: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt i;

269-271: die einschlägigen Informationen aus dem EAW-Abschnitt i, aber nur, wenn sie sich von den Angaben in den Feldern 251, 252 und 032 unterscheiden;

400 und 403: weitere Unterlagen können beigefügt werden.

3.5.2.   Zu übermittelnde Zusatzinformationen in Bezug auf eine vorläufige Festnahme

3.5.2.1.   Bei einer Ausschreibung, der sowohl ein Europäischer Haftbefehl als auch ein Auslieferungsersuchen zugrunde liegt

Bei der Eingabe einer Ausschreibung zwecks Auslieferungshaft sind an alle Mitgliedstaaten mit dem Formular A Zusatzinformationen zu schicken. Reichen die Angaben in der Ausschreibung und die an die Mitgliedstaaten geschickten Zusatzinformationen im Zusammenhang mit einem Europäischen Haftbefehl für eine Auslieferung nicht aus, so sind weitere Informationen vorzulegen.

In Feld 239 ist anzugeben, dass sich das Formular sowohl auf einen Europäischen Haftbefehl als auch auf ein Auslieferungsersuchen bezieht.

3.5.2.2.   Ausschreibung mit einem Auslieferungsersuchen

Bei der Eingabe einer Ausschreibung zwecks Auslieferungshaft sind an alle Mitgliedstaaten mit dem Formular A Zusatzinformationen zu schicken.

In Feld 239 ist anzugeben, dass sich das Formular auf ein Auslieferungsersuchen bezieht.

3.6.   Kennzeichnung

Die allgemeinen Regeln sind Abschnitt 2.6 zu entnehmen.

Wenn mindestens einer der Europäischen Haftbefehle oder eines der Auslieferungsersuchen vollstreckt werden kann, wird die Ausschreibung nicht gekennzeichnet.

Wenn eine solche Ausschreibung gekennzeichnet wird, wird davon ausgegangen, dass um die Ermittlung des Aufenthaltsorts der ausgeschriebenen Person ersucht wird.

3.7.   Tätigwerden der SIRENE-Büros bei Erhalt der Ausschreibung einer Person zwecks Verhaftung

Wenn ein SIRENE-Büro ein Formular A erhält, durchsucht es so bald wie möglich alle vorhandenen Quellen, um den Aufenthaltsort der Person zu ermitteln. Reichen die vom ausschreibenden Mitgliedstaat gelieferten Informationen dem ersuchten Mitgliedstaat nicht aus, ist dies kein Grund, keine Suche durchzuführen.

Wird die Ausschreibung einer Person zwecks Verhaftung für rechtens erklärt und die Person im Mitgliedstaat ausfindig gemacht bzw. festgenommen, so sind die im Formular A enthaltenen Informationen an die zuständige Behörde des Mitgliedstaats zu übermitteln, die den Haftbefehl bzw. das Auslieferungsersuchen vollstreckt. Wird das Original des Haftbefehls oder des Auslieferungsersuchens angefordert, so schickt die Justizbehörde, die dieses ausgestellt hat, dies der vollziehenden Justizbehörde direkt zu (es sei denn, die innerstaatlichen Vorschriften des ausschreibenden oder vollstreckenden Mitgliedstaats sehen etwas anderes vor).

3.8.   Informationsaustausch im Trefferfall

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.3.

Außerdem wird folgendes Verfahren angewandt:

a)

Ein Trefferfall bei der Kontrolle einer zur Festnahme ausgeschriebenen Person ist stets umgehend dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mitzuteilen. Nach Übermittlung des Formulars G ist der Treffer darüber hinaus dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats telefonisch mitzuteilen.

b)

Gegebenenfalls teilt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats alle einschlägigen Informationen zu besonderen Maßnahmen mit, die das SIRENE-Büro des vollstreckenden Mitgliedstaats zu ergreifen hat.

Außerdem informiert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular M alle anderen SIRENE-Büros über den Treffer, wenn der Treffer innerhalb von zwei Wochen nach der Eingabe der Ausschreibung erzielt wurde. Danach werden diese Informationen nur den Mitgliedstaaten mitgeteilt, die dies beantragt haben.

4.   AUSSCHREIBUNGEN ZUR EINREISE- ODER AUFENTHALTSVERWEIGERUNG (ARTIKEL 24 SIS-II-VERORDNUNG)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

missbräuchlich verwendete Identität,

Eingabe eines Aliasnamens,

Informationsaustausch im Trefferfall,

Sonderfall von Familienangehörigen von EU-Bürgern.

4.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Nach Artikel 24 SIS-II-Verordnung kann ein Drittstaatsangehöriger zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung im SIS II ausgeschrieben werden, wenn eine nationale Ausschreibung aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder die nationale Sicherheit ergangen ist.

Eine Ausschreibung kann auch aus dem Grund eingegeben werden, weil ein Drittstaatsangehöriger wegen Verletzung der nationalen Rechtsvorschriften über die Einreise oder den Aufenthalt ausgewiesen, zurückgewiesen oder abgeschoben worden ist, diese Maßnahme nicht aufgehoben oder ausgesetzt wurde und das Verbot der Einreise oder des Aufenthalts beinhaltet oder damit verbunden ist.

Nach Artikel 26 SIS-II-Verordnung wird ein Drittstaatsangehöriger, gegen den eine restriktive Maßnahme im Einklang mit Artikel 15 des Vertrags über die Europäische Union erlassen wurde, mit der seine Einreise in das Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten oder seine Durchreise durch dieses Hoheitsgebiet verhindert werden soll, unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls ausgeschrieben.

Nach Artikel 25 SIS-II-Verordnung gelten für Drittstaatsangehörige, die das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (21), genießen, besondere Bestimmungen. Das SIRENE-Büro muss nach Möglichkeit in der Lage sein, die Informationen, die zur Entscheidung über die Ausschreibung einer das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft genießenden Person zwecks Verweigerung der Einreise oder des Aufenthalts verwendet wurden, zur Verfügung zu stellen (22).

4.2.   Mehrfachausschreibungen

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.2.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung

Ausschreibungen zwecks Einreiseverweigerung sind mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung vereinbar. Nicht vereinbar sind sie mit Vermisstenausschreibungen, Ausschreibungen zwecks Kontrolle oder Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren.

4.3.   Missbräuchlich verwendete Identität

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.1.

4.4.   Eingabe eines Aliasnamens

Die allgemeinen Regeln sind Abschnitt 2.11.2 zu entnehmen.

4.5.   Datenaustausch im Trefferfall

Für die Informationsverfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes und für die Konsultationsverfahren nach Artikel 25 des Übereinkommens von Schengen sind die mit den Grenzkontrollen und der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa betrauten Behörden zuständig. Im Prinzip werden die SIRENE-Büros einbezogen, wenn es um die Übermittlung von Zusatzinformationen geht, die direkt mit den Ausschreibungen (z. B. Mitteilung eines Trefferfalls, Klärung der Identität) oder mit ihrer Löschung zusammenhängen.

Die SIRENE-Büros können jedoch auch Zusatzinformationen übermitteln, die für die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen oder die Verweigerung seiner Einreise erforderlich sind bzw. die sich aus diesen Maßnahmen ergeben.

4.5.1.   Informationsaustausch bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Unbeschadet des besonderen Verfahrens für den Informationsaustausch gemäß Artikel 25 des Schengener Durchführungsübereinkommens und unbeschadet des Abschnitts 4.6 zum Datenaustausch bei einem Treffer im Fall eines Drittstaatsangehörigen, der das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft genießt (in diesem Fall muss das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats konsultiert werden), kann bei einer Ausschreibung zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung der vollziehende Mitgliedstaat dem ausschreibenden Mitgliedstaat mitteilen, dass bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung oder eines Visums der Abgleich ein positives Ergebnis erbrachte. Der ausschreibende Mitgliedstaat kann andere Mitgliedstaaten gegebenenfalls unter Verwendung des Formulars M in Kenntnis setzen.

b)

Wenn sie darum gebeten werden, können die SIRENE-Büros der betroffenen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts die erforderlichen Informationen an die für die Erteilung von Aufenthaltstiteln und Visa zuständigen Stellen übermitteln.

Besondere Verfahren gemäß Artikel 25 des Schengener Durchführungsübereinkommens

Verfahren nach Artikel 25 Absatz 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens

Stellt ein Mitgliedstaat vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels fest, dass der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist, konsultiert er den ausschreibenden Mitgliedstaat über die SIRENE-Büros. Hierzu wird Formular N verwendet. Die Ausschreibung wird gelöscht, wenn der Mitgliedstaat nach der Konsultation bei seiner Entscheidung bleibt, den Aufenthaltstitel zu erteilen. Die Person kann jedoch in das nationale Ausschreibungsverzeichnis zwecks Einreiseverweigerung eines Mitgliedstaats eingetragen werden.

Verfahren nach Artikel 25 Absatz 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens

Stellt ein Mitgliedstaat, der eine Person zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben hat, fest, dass die ausgeschriebene Person über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt, konsultiert er den Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, über die SIRENE-Büros unter Verwendung des Formulars O. Die Konsultation über die SIRENE-Büros unter Verwendung des Formulars O ist auch erforderlich, wenn der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, später feststellt, dass die Person im SIS II zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist (23).

Stellt ein anderer Mitgliedstaat (also weder der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, noch der ausschreibende Mitgliedstaat) fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der über einen Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats verfügt, ausgeschrieben ist, so informiert sein SIRENE-Büro unter Verwendung des Formulars H die SIRENE-Büros sowohl des ausschreibenden Mitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat.

Hat das Verfahren nach Artikel 25 des Schengener Übereinkommens die Löschung einer Ausschreibung zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung zur Folge, so leisten die SIRENE-Büros nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts Unterstützung, soweit sie darum gebeten werden.

4.5.2.   Informationsaustausch bei der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung aus dem Schengener Gebiet

Folgende Vorgehensweise ist zu beachten:

a)

Unbeschadet des besonderen Verfahrens für den Informationsaustausch gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstaben a und c des Schengener Grenzkodexes und unbeschadet des Abschnitts 4.6 zum Datenaustausch bei einem Treffer im Fall eines Drittstaatsangehörigen, der das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft genießt (in diesem Fall muss das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats konsultiert werden), kann ein Mitgliedstaat beantragen, über Treffer bei seinen Ausschreibungen zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung informiert zu werden.

Jeder Mitgliedstaat, der von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will, übermittelt den anderen Mitgliedstaaten sein Ersuchen schriftlich.

b)

Der vollziehende Mitgliedstaat kann auf eigene Initiative den ausschreibenden Mitgliedstaat über einen Treffer und die Einreiseverweigerung oder die Ausweisung des ausgeschriebenen Drittstaatsangehörigen aus dem Schengener Gebiet unterrichten.

c)

Greift ein Mitgliedstaat einen ausgeschriebenen Drittstaatsangehörigen in seinem Hoheitsgebiet auf, übermittelt der ausschreibende Mitgliedstaat die für die Rückführung der Person erforderlichen angeforderten Informationen. Diese Informationen müssen, soweit der vollziehende Mitgliedstaat sie benötigt und sie im ausschreibenden Mitgliedstaat verfügbar sind, Folgendes umfassen:

die Art und den Grund der Ausweisungsverfügung,

die verfügende Behörde,

das Datum der Verfügung,

das Datum der Zustellung (Datum, an dem die Verfügung zugestellt wurde),

das Datum der Vollstreckung,

das Datum des Ablaufs der Verfügung oder die Gültigkeitsdauer.

Wird eine ausgeschriebene Person an der Grenze aufgegriffen, wird die im Schengener Grenzkodex vorgesehene und vom ausschreibenden Mitgliedstaat erbetene Maßnahme durchgeführt.

In Einzelfällen kann auch der Austausch von Zusatzinformationen über die SIRENE-Büros zur eindeutigen Identifizierung einer Person dringend erforderlich sein (siehe Abschnitt 2.8.3).

Besondere Verfahren gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstaben a und c des Schengener Grenzkodexes

Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a

Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a des Schengener Grenzkodexes wird Drittstaatsangehörigen, die zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben wurden, aber Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels oder Rückreisevisums sind, die Einreise in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Durchreise zur Erreichung des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats gestattet, der das Dokument ausgestellt hat. Die Einreise kann verweigert werden, wenn sie auf der nationalen Ausschreibungsliste des letzteren Mitgliedstaats mit einer Anweisung ausgeschrieben sind, ihnen die Einreise oder die Durchreise zu verweigern.

Der Mitgliedstaat, der die Ausschreibung in das SIS II eingegeben hat, kann dem betreffenden Drittstaatsangehörigen die Einreise verweigern. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde konsultiert das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats jedoch das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, das den Aufenthaltstitel erteilt hat, mit dem Formular O, damit die zuständige Behörde entscheiden kann, ob genügend Gründe für den Entzug des Aufenthaltstitels vorliegen. Wird der Aufenthaltstitel nicht entzogen, so wird die Ausschreibung im SIS II gelöscht, wobei der Betroffene jedoch in das nationale Ausschreibungsverzeichnis zwecks Einreiseverweigerung eingetragen werden kann.

Er darf in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, einreisen, jedoch schickt das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats auf Ersuchen der zuständigen Behörde ein Formular O an das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats, damit die zuständige Behörde über den Entzug des Aufenthaltstitels bzw. die Löschung der Ausschreibung entscheiden kann.

Stellt ein dritter Mitgliedstaat, der weder die Ausschreibung eingegeben noch den Aufenthaltstitel erteilt hat, fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der in diesen Staat einreisen will, im SIS II ausgeschrieben ist, er aber über einen Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats verfügt, erlaubt er diesem die Einreise zur Durchreise in den Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel erteilt hat. Die Einreise kann verweigert werden, wenn die betreffende Person in das nationale Ausschreibungsverzeichnis dieses dritten Mitgliedstaats eingetragen ist. In beiden Fällen informiert das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats auf Ersuchen der zuständigen Behörde die SIRENE-Büros der beiden anderen Mitgliedstaaten anhand eines Formulars H über die widersprüchliche Regelung und fordert sie auf, im gegenseitigen Einvernehmen entweder die Ausschreibung im SIS II zu löschen oder den Aufenthaltstitel zu entziehen. Es kann auch beantragen, über die Ergebnisse der Konsultationen informiert zu werden.

Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c

Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c kann ein Mitgliedstaat aus humanitären Gründen oder Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen vom Grundsatz abweichen, dass einer Person, die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, die Einreise verweigert wird. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde informiert das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der die Einreise gestattet hat, das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats anhand eines Formulars H darüber.

4.6.   Informationsaustausch bei einem Treffer im Fall eines das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft genießenden Drittstaatsangehörigen

Wird beim Datenabgleich bei einem Drittstaatsangehörigen, der das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG (24) genießt, ein Treffer erzielt, gelten besondere Bestimmungen.

a)

Auf Ersuchen der zuständigen Behörde fordert das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats anhand eines Formulars G unverzüglich vom SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats Informationen an, um umgehend über die zu ergreifende Maßnahme entscheiden zu können.

b)

Bei Erhalt eines Auskunftsersuchens stellt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats unverzüglich die angeforderten Informationen zusammen und schickt sie so bald wie möglich an das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats.

c)

Der vollziehende Mitgliedstaat informiert über sein SIRENE-Büro das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats darüber, ob die erbetene Maßnahme ausgeführt wurde (mit dem Formular G) oder nicht (mit dem Formular H).

4.7.   Löschung der Ausschreibung eines EU-Bürgers

Erhält ein Drittstaatsangehöriger, der zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben wurde, die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats, wird die Ausschreibung gelöscht. Wenn das SIRENE-Büro eines anderen als des ausschreibenden Mitgliedstaats auf die Änderung der Staatsangehörigkeit aufmerksam wird, übermittelt dieses dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats ein Formular J nach dem Verfahren für die Berichtigung und Löschung unrechtmäßig gespeicherter oder unrichtiger Daten (siehe Abschnitt 2.7).

5.   VERMISSTENAUSSCHREIBUNGEN (ARTIKEL 32 SIS-II-BESCHLUSS)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

missbräuchlich verwendete Identität,

Eingabe eines Aliasnamens,

Kennzeichnung,

Informationsaustausch im Trefferfall.

5.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Auf Ersuchen der zuständigen Behörde werden die Daten folgender Personenkategorien (Minderjährige und Volljährige) zur Ermittlung ihres Aufenthaltsorts oder zur Ingewahrsamnahme in das SIS II eingegeben:

Vermisste, die

i)

im Interesse ihres eigenen Schutzes oder

ii)

zur Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen werden müssen, und

Vermisste, deren Aufenthaltsort festgestellt werden muss, die aber nicht in Gewahrsam genommen werden müssen.

Bei der Einleitung der Suche sind die einzelstaatlichen Bestimmungen darüber zu beachten, wer eine Vermisstenfahndung beantragen kann und wie das zu tun ist.

Gemäß Artikel 23 Absatz 2 SIS-II-Beschluss werden Lichtbilder und Fingerabdrücke der gesuchten Person eingegeben, wenn vorhanden.

5.2.   Mehrfachausschreibungen

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.2.

Vereinbarkeit von Vermisstenausschreibungen

Ausschreibungen von Vermissten sind vereinbar mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren. Nicht vereinbar sind sie mit Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise und Ausschreibungen zwecks Kontrolle.

5.3.   Missbräuchlich verwendete Identität

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.1.

5.4.   Eingabe eines Aliasnamens

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.2.

5.5.   Kennzeichnung

Nach einem Treffer kann um Kennzeichnung ersucht werden. Das erfolgt nach den allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.6.

Alternative Maßnahmen sind bei Vermisstenausschreibungen nicht vorgesehen.

5.6.   Informationsaustausch im Trefferfall

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.3.

Zusätzlich gelten folgende Regeln:

a)

Die SIRENE-Büros teilen so weit wie möglich die erforderlichen ärztlichen Informationen über die betreffenden Vermissten mit, wenn Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.

Die übermittelten Informationen werden nur so lange wie unbedingt nötig aufbewahrt und ausschließlich im Rahmen der ärztlichen Behandlung der betreffenden Person verwendet.

b)

Das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats teilt dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats stets den Aufenthaltsort mit.

c)

Gemäß Artikel 33 Absatz 2 SIS-II-Beschluss bedarf die Mitteilung des Aufenthaltsorts volljähriger aufgefundener Personen an die Person, die den Betroffenen als vermisst gemeldet hat, der Einwilligung des Betroffenen. Die zuständigen Behörden können jedoch der Person, die die Meldung abgegeben hat, die Tatsache mitteilen, dass die Ausschreibung gelöscht wurde, weil die Person aufgefunden wurde.

6.   AUSSCHREIBUNGEN VON PERSONEN IM HINBLICK AUF IHRE TEILNAHME AN EINEM GERICHTSVERFAHREN (ARTIKEL 34 SIS-II-BESCHLUSS)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

missbräuchlich verwendete Identität,

Eingabe eines Aliasnamens,

Informationsaustausch im Trefferfall.

6.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Auf Ersuchen der zuständigen Behörde werden die Daten folgender Personenkategorien zur Mitteilung des Wohnsitzes oder des Aufenthalts in das SIS II eingegeben:

Zeugen,

Personen, die im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Taten, derentwegen sie verfolgt werden, vor Gericht geladen sind oder die zum Zwecke der Ladung gesucht werden,

Personen, denen ein Strafurteil oder andere Schriftstücke im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Taten, derentwegen sie verfolgt werden, zugestellt werden müssen,

Personen, denen die Ladung zum Antritt einer Freiheitsentziehung zugestellt werden muss.

Gemäß Artikel 23 Absatz 2 SIS-II-Beschluss werden Lichtbilder und Fingerabdrücke der gesuchten Person eingegeben, wenn vorhanden.

6.2.   Mehrfachausschreibungen

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.2.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren

Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren sind vereinbar mit Ausschreibungen zwecks Verhaftung und Ausschreibungen von Vermissten. Nicht vereinbar sind sie mit Ausschreibungen zwecks Kontrolle und Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise.

6.3.   Missbräuchlich verwendete Identität

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.1.

6.4.   Eingabe eines Aliasnamens

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.2.

6.5.   Informationsaustausch im Trefferfall

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.3.

Zusätzlich gelten folgende Regeln:

a)

Zur Ermittlung des tatsächlichen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts werden sämtliche Maßnahmen ergriffen, die im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats, in dem die Person aufgefunden wurde, zulässig sind.

b)

Im Gegensatz zu Vermisstenausschreibungen bedarf die Mitteilung des Aufenthaltsorts oder Wohnsitzes an die zuständige Behörde nicht der Einwilligung des Betroffenen.

7.   AUSSCHREIBUNGEN ZUM ZWECKE DER VERDECKTEN ODER DER GEZIELTEN KONTROLLE (ARTIKEL 36 SIS-II-BESCHLUSS)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

missbräuchlich verwendete Identität,

Eingabe eines Aliasnamens,

Informationsaustausch auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen,

Kennzeichnung,

Informationsaustausch im Trefferfall.

7.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Auf Ersuchen der zuständigen Behörde können Informationen zu Personen und Sachen (Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge und Container) in das SIS II zur verdeckten oder gezielten Kontrolle eingegeben werden.

Bei einer gezielten Kontrolle werden Personen, Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge und Luftfahrzeuge sorgfältig überprüft. Eine verdeckte Kontrolle erfolgt ohne Wissen der Betroffenen.

Solche Ausschreibungen können zur Strafverfolgung und zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit in den in Artikel 36 Absatz 2 SIS-II-Beschluss aufgeführten Fällen eingegeben werden.

Ausschreibungen zur verdeckten oder gezielten Kontrolle können nach Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Beschluss auch auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen ergehen.

Nach Artikel 37 Absatz 4 SIS-II-Beschluss wird die gezielte Kontrolle für einen Mitgliedstaat automatisch durch eine verdeckte Kontrolle ersetzt, wenn erstere nach dem Recht dieses Mitgliedstaats nicht zulässig ist.

Gemäß Artikel 23 Absatz 2 SIS-II-Beschluss werden Lichtbilder und Fingerabdrücke der gesuchten Person eingegeben, wenn vorhanden.

7.2.   Mehrfachausschreibungen

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.2.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zwecks Kontrollen

Personenfahndungsausschreibungen zwecks verdeckter oder gezielter Kontrolle sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen von Personen zwecks Übergabe- oder Auslieferungshaft, Ausschreibungen zwecks Verweigerung der Einreise, Ausschreibungen von Vermissten und Ausschreibungen von Personen, die im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht werden.

Sachfahndungsausschreibungen zum Zwecke der verdeckten oder gezielten Kontrolle sind mit anderen Ausschreibungskategorien nicht vereinbar.

Ausschreibungen zwecks verdeckter Kontrolle sind nicht mit Ausschreibungen zwecks gezielter Kontrolle vereinbar.

7.3.   Missbräuchlich verwendete Identität

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.1.

7.4.   Eingabe eines Aliasnamens

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.11.2.

7.5.   Benachrichtigung anderer Mitgliedstaaten bei der Eingabe von Ausschreibungen auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen (Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Beschluss)

Bei der Eingabe einer Ausschreibung auf Veranlassung der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen informiert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular M alle anderen SIRENE-Büros darüber. Im Formular ist die Bezeichnung der Behörde, die um die Ausschreibung ersucht hat, sowie ihre Kontaktadresse anzugeben.

Die Vertraulichkeit bestimmter Informationen wird nach dem innerstaatlichen Recht gewährleistet. So werden die Kontakte zwischen den SIRENE-Büros und den für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen von allen anderen Kontakten getrennt.

7.6.   Kennzeichnung

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.6.

Alternative Maßnahmen sind bei Ausschreibungen zwecks verdeckter oder gezielter Kontrolle nicht vorgesehen.

Sollte die für die Sicherheit des Staates zuständige Stelle im vollziehenden Mitgliedstaat darüber hinaus beschließen, dass die Ausschreibung einer Gültigkeitskennzeichnung bedarf, setzt sie sich mit dem nationalen SIRENE-Büro in Verbindung und teilt ihm mit, dass die angeforderte Maßnahme nicht durchgeführt werden kann. Das SIRENE-Büro fordert daraufhin mit dem Formular F das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats auf, eine Kennzeichnung vorzunehmen. Eine Begründung für die Kennzeichnung ist nicht erforderlich.

7.7.   Informationsaustausch im Trefferfall

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.3.

Zusätzlich gelten folgende Regeln:

Wenn ein Abgleich bei einer Ausschreibung nach Artikel 36 Absatz 3 SIS-II-Beschluss ein positives Ergebnis erbringt, informiert das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular G darüber (entweder für die verdeckte oder die gezielte Kontrolle). Gleichzeitig informiert das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats die für die Sicherheit des Staates zuständigen nationalen Stellen.

8.   SACHFAHNDUNGSAUSSCHREIBUNGEN ZUR SICHERSTELLUNG ODER BEWEISSICHERUNG (ARTIKEL 38 SIS-II-BESCHLUSS)

Folgende Aspekte werden nachstehend behandelt:

Eingabe einer Ausschreibung,

Mehrfachausschreibungen,

Informationsaustausch im Trefferfall.

8.1.   Eingabe einer Ausschreibung

Zu folgenden Sachen können zum Zweck der Sicherstellung oder Beweissicherung in Strafverfahren Daten in das SIS II eingegeben werden:

Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 50 ccm, Wasserfahrzeuge und Luftfahrzeuge,

Anhänger mit einem Leergewicht von mehr als 750 kg, Wohnwagen, industrielle Ausrüstungen, Außenbordmotoren und Container,

Feuerwaffen,

gestohlene, unterschlagene oder sonst abhanden gekommene Blankodokumente,

gestohlene, unterschlagene, sonst abhanden gekommene oder ungültig gemachte ausgefüllte Identitätsdokumente wie z. B. Pässe, Personalausweise, Führerscheine, Aufenthaltstitel und Reisedokumente,

gestohlene, unterschlagene, sonst abhanden gekommene oder ungültig gemachte Fahrzeugscheine und Kfz-Kennzeichen,

Banknoten (Registriergeld),

gestohlene, unterschlagene, sonst abhanden gekommene oder für ungültig erklärte Wertpapiere und Zahlungsmittel wie Schecks, Kreditkarten, Obligationen, Aktien und Anteilspapiere.

8.2.   Mehrfachausschreibungen

Zum allgemeinen Verfahren siehe Abschnitt 2.2.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung

Ausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur Kontrolle.

8.3.   Informationsaustausch im Trefferfall

Die SIRENE-Büros übermitteln auf Ersuchen so schnell wie möglich mit dem Formular P Zusatzinformationen, wenn mit einem Formular G ein Trefferfall bei einer Ausschreibung zur Sicherstellung oder Beweissicherung eines Fahrzeugs, Wasserfahrzeugs, Luftfahrzeugs oder Containers nach Artikel 36 SIS-II-Beschluss gemeldet wurde.

Da die Informationen dringend gebraucht werden und nicht alle Informationen umgehend zusammengestellt werden können, müssen nicht alle Felder des Formulars P ausgefüllt werden. Folgende Felder sollten jedoch nach Möglichkeit ausgefüllt werden: 041, 042, 043, 162, 164, 165, 166, 167 und 169.

9.   STATISTIKEN

Einmal im Jahr legen die SIRENE-Büros der Verwaltungsbehörde und der Kommission Statistiken vor. Die Statistiken sind auf Anfrage auch an den Europäischen Datenschutzbeauftragten und die nationalen Datenschutzbehörden zu schicken.

Aus ihnen muss zu ersehen sein, wie viele Formulare jedes Typs an jeden Mitgliedstaat geschickt wurden. Insbesondere muss die Anzahl der Treffer und Kennzeichnungen verzeichnet sein. Es ist zu unterscheiden zwischen Trefferfällen zu Ausschreibungen eines anderen Mitgliedstaats und Trefferfällen, die durch einen Mitgliedstaat zu eigenen Ausschreibungen erzielt wurden.

10.   ÄNDERUNG DES SIRENE-HANDBUCHS UND ANDERER DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

Das Handbuch und die anderen Durchführungsbestimmungen werden überarbeitet, wenn zur reibungslosen Durchführung der erforderlichen Maßnahmen Bestimmungen geändert werden müssen.


(1)  Diese Anlage ist identisch mit der Anlage zum Beschluss 2008/334/JI der Kommission (siehe Seite 41 dieses Amtsblatts).

(2)  ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

(3)  Beschluss des Exekutivausschusses vom 22. Dezember 1994 über das Inkraftsetzen des Schengener Durchführungsübereinkommens (SCH/Com-ex (94) 29, 2. Rev.) (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 130).

(4)  Beschlüsse des Exekutivausschusses vom 7. Oktober 1997 (SCH/com-ex 97(27) Rev. 4) für Italien und (SCH/com-ex 97(28) Rev. 4) für Österreich.

(5)  Beschluss 1999/848/EG des Rates vom 13. Dezember 1999 über die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands in Griechenland (ABl. L 327 vom 21.12.1999, S. 58).

(6)  Beschluss 2000/777/EG des Rates über die Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands in Dänemark, Finnland und Schweden sowie in Island und Norwegen (ABl. L 309 vom 9.12.2000, S. 24).

(7)  Beschluss 2004/926/EG des Rates vom 22. Dezember 2004 über das Inkraftsetzen von Teilen des Schengen-Besitzstands durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (ABl. L 395 vom 31. 12.2004, S. 70).

(8)  ABl. C 340 vom 10.11.1997.

(9)  ABl. L 370 vom 17. 12.2004.

(10)  Nachstehend „SIS-II-Verordnung“ genannt.

(11)  ABl. L 205 vom 7.8.2007, S. 63. Nachstehend „SIS-II-Beschluss“ genannt.

(12)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(13)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 1.

(14)  Die SIRENE-Büros können aufgrund anderer Bestimmungen im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit (z. B. in Anwendung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89)) auch mit anderen Aufgaben betraut werden.

(15)  ABl. L 281 vom 23. 11.1995, S. 31.

(16)  Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und Änderungen des Übereinkommens.

(17)  Doc. 16375/07.

(18)  Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

(19)  Auf folgender Website der Kommission sind Informationen über den Zugang und Berichtigungsverfahren in den Mitgliedstaaten zu finden: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/index_de.htm.

(20)  Siehe auch EU Schengen-Katalog, Band 2: Schengener Informationssystem, SIRENE: Empfehlungen und bewährte Praktiken, Dezember 2002.

(21)  ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77. Berichtigte Fassung im ABl. L 229 vom 29.6.2004, S. 35.

(22)  Nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/38/EG sind bei der Einreiseverweigerung dem Betroffenen die Gründe, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit des Staates dieser Mitteilung entgegenstehen.

(23)  Zu beachten ist, dass vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels an Familienangehörige von EU-Bürgern das SIS II nicht systematisch nach Ausschreibungen zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung abgefragt werden darf. In Artikel 10 der Richtlinie 2004/38/EG sind die Voraussetzungen dafür aufgeführt, dass ein Familienangehöriger eines Unionsbürgers, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, einen mehr als drei Monate gültigen Aufenthaltstitel in einem Mitgliedstaat erwerben kann. Die erschöpfende Liste sieht eine routinemäßige Abfrage des SIS vor Erteilung des Aufenthaltstitels nicht vor. Nach Artikel 27 Absatz 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten andere Mitgliedstaaten lediglich um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. (also nicht um Auskünfte über alle SIS-II-Daten). Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen.

(24)  Gemäß der Richtlinie 2004/38/EG kann einer Person, die nach dem Gemeinschaftsrecht Freizügigkeit genießt, die Einreise oder der Aufenthalt aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nur dann verwehrt werden, wenn das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Kriterien des Artikels 27 Absatz 2 der Richtlinie erfüllt sind. Darin heißt es: „Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.“ Weitere Schranken für die Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung von Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, enthält Artikel 28 Absatz 2 der Richtlinie, wonach schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dafür vorliegen müssen.


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